Sonntag, 16. März 2008
Those were the days oder die Ballade von Knall
In meiner Jugend und Studentenzeit haben wir viel gekifft. Es gehörte zum Ehrenkodex, Shit bei Dealern zu kaufen, die nichts mit harten Drogen zu tun hatten und eher zur Subkultur als zur Halbwelt gehörten. Einer davon war Knall, eine etwas verrückter lieber Hippie. Als Dealer war er leider sehr erfolgreich. Leider, denn er wurde von einer Quelle aus dem Zuhältermillieu bei der Schmiere denunziert, und man fand sein Haschischdepot - so große Mengen, dass es für mehrere Jahre Knast ausgereicht hätte. Wen man nicht fand war Knall, der im wahrsten Sinne des Wortes in den Untergrund ging. Er versteckte sich in einem Bombentrichter, den er mit einem Bretterdach und tarnnetz abdeckte, und mein Freund A. versorgte ihn mit einer LKW-Batterie zur Stromversorgung und Koks.


Also, kein Kokain, sondern aus dem Stahlwerk abgezweigtes Koks, mit dem er heizen konnte, ohne dass es eine weithin sichtbare Rauchfahne gab. 6 Monate hauste Knall in seinem Trichter, dann, als die Bullei ihn längst im Ausland wähnte, reiste er tatsächlich aus: Im Clownskostüm am Steuer eines Traktors, der einen knallbunt bemalten Zigeunerwohnwagen zog über die Grenze nach frankreich, getreu dem Motto, dass die beste Tarnung die Auffälligste ist. Er wurde nie von der deutschen Justiz belangt.

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Der eiserne Vorhang steht und wird täglich neu ausgebaut
Keine 20 Jahre nach der Öffnung der Grenzen Osteuropas gibt es einen neuen eisernern Vorhang, an dem jedes Jahr mehr Menschen starben als während der gesamten Existenz der DDR an deren Westgrenze gestorben sind. Sie fliehen nach Europa, weil Europa ihnen in ihrer Heimat die Lebensgrundlagen nimmt. Ein Bauer in Kamerun kann 15 Stunden am Tag schuften, das nützt ihm gar nichts, weil die subventionierten EU-Agrarprodukte auf dem Markt seines eigenen Landes billiger sind als die im Land erzeugten. Das große Bauernlegen, das mit der Grünen Revolution in den 1950er und 60ern begonnen hatte, nimmt weiterhin zu, und in den afrikanischen Großstädten türmt sich das Elend zu Gebirgen.

Vor Mauretanien und Senegambien oder Guinea-Bissau haben kanadische, portugiesische und japanische Fischereigesellschaften die Fanggründe gepachtet, den einheimischen Fischern bleiben Hunger, Piraterie oder Migration. Die Situation in manchen afrikanischen Ländern ist so verzweifelt, dass Nachrichten über das Ausbrechen eines Krieges in einem anderen afrikanischen Staat als Hoffnungszeichen begriffen werden, weil man sich als Söldner Geld verdienen kann.

War das Entstehen der globalisierten Weltwirtschaft in ihrer aktuellen Form und die Aufgabe des Organisierens ökonomischer Interessenssphären in geographisch voneinander abgeschotteten Räumen noch mit Kriegen verbunden gewesen, die dem Aufbrechen von Entwicklungsblockaden, dem Freisetzen von für die new world order benötigten Potenzialen und der Inwertsetzung bestimmter Regionen für die kapitalistische Entwicklung dienten (Golf II, auch Golf GTI - Globaler Transatlantischer Imperialismus - genannt, Yugoslawien), so dienen die Kriege heute ganz direkt dem Zugriff auf Rohstoffe und der Vernichtung überflüssiger Esser (Sierra Leone, Liberia, Kongo). In der europäischen Peripherie werden unter deutscher Regie (Herr Schily war da mal federführend und Bosnien-Herzegowina das Experimentierfeld für Nordafrika) riesige Internierungslager eingerichtet, um zu verhindern, dass Flüchtlinge in die EU gelangen, und EU-Neubeitreter wie Bulgarien werden dazu verpflichtet, das EU-Grenzregime zu übernehmen. Hunger, Lager, Deportation, das bedeuten die Wörter “Schengen” und “Dublin” für Schwarzafrika und Teile des Kaukasus.

Aminata Traoré sagte hierzu auf dem Weltsozialforum in Nairobi 2007: “Die menschlichen, finanziellen und technologischen Mittel, die Europa gegen die Migrationswellen aus Afrika einsetzt, sind in Wahrheit die Werkzeuge eines Krieges zwischen dieser Weltmacht und jungen Afrikanern aus Stadt und Land, deren Recht auf Bildung, wirtschaftliche Betätigung, Arbeit und Nahrung in ihren Herkunftsländern unter der Knute der strukturellen Anpassung vollkommen missachtet wird. Als Opfer makroökonomischer Entscheidungen, für die sie in keiner Weise verantwortlich sind, werden sie gejagt, aufgespürt und gedemütigt, sobald sie einen Ausweg in der Emigration suchen.”

Völkermord gegen soziale Emanzipation, das ist das Ergebnis europäischer Entwicklungspolitik. Interessiert hierzulande aber niemanden, sind ja nur Neger.

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Ming Mang
Falls ich doch noch mal ein eigenes Haus baue, sollte sein Eingang von alten Ming-Löwen bewacht sein.



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Frühling in der Stadt
Ich lustwandelte gestern nachmittag bei schönem Wetter durch mein schönes Viertel. Dieser Stadtteil mit seinem Ausländeranteil von 45 Prozent und einem Bevölkerungs-Drittelmix aus Akademikern, Arbeitern und Kleingewerbetreibenden und ohne sichtbare soziale Spannungen gefällt mir einfach auch rein architektonisch richtig gut.











Präsentierte sich schon der November überwiegend nicht grau in grau,


so war gestern der Frühling schon zu atmen. Ich sehe einen großen, vierschrötigen Mann, der langsam dahinradelt. Plötzlich kommt eine kleine rothaarige Frau mit schwarzer Lederjacke mit hoher Geschwindigkeit auf ihrem Mountainbike angezischt, ruft laut "hey", klatscht dem Mann im vorbeiradeln mit der flachen Hand auf den Hintern und überholt.

Ja, es ist Frühling!

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Wort der Woche
“Wir wollen nicht die Kerkermeister unserer Brüder sein.”

Abdelasis Bouteflika zur Weigerung Algeriens, Auffanglager für afrikanische Flüchtlinge einzurichten

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