Dienstag, 1. Dezember 2009
Brief eines US-Deserteurs, der in Deutschland Asyl beantragt hat
Liebe Freunde und Freundinnen, liebe Unterstützer und Unterstützerinnen,
Was war das für ein Jahr! Ich kann gar nicht glauben, dass so viel Zeit
vergangen ist, seit ich
meinen Asylantrag stellte. Ich möchte heute Euch allen herzlich für Eure
Liebe und
Unterstützung in dieser schwierigen, aber aufregenden Zeit danken.
Zunächst möchte ich Euch über den aktuellen Stand des Verfahrens
informieren. Im Moment
führt das Bundesamt für Migration immer noch Nachforschungen durch, um eine
Entscheidung darüber zu treffen, ob ich Asyl erhalte oder nicht. Ich weiß,
dass sich viele von
Euch fragen, warum diese Entscheidung so viel Zeit braucht. Wir müssen aber
begreifen,
dass eine Entscheidung dieser Tragweite nicht leichtfertig getroffen wird.
Macht Euch bewusst, dass ein Ja faktisch dem Eingeständnis gleichkäme, dass
der "Krieg
gegen den Terror" illegal und unmoralisch ist. Die Auswirkungen einer
solchen Entscheidung
wären ungeheuerlich, insbesondere, weil die Entscheidung von einem wichtigen
Verbündeten der USA käme. Ein Ja könnte auch dafür sorgen, dass es einen
sicheren Platz
für KriegsgegnerInnen in Europa gäbe, was die Behörden in höchstem Maße in
Verlegenheit
bringen würde. Es könnte auch den Druck auf die US-Regierung erhöhen,
Kriegsverbrechen
gegen die Menschlichkeit gerichtlich zu ahnden, anstatt weiter Kriegsgegner
zu verfolgen, die
eine begründete moralische Entscheidung getroffen haben.
Wenn die deutsche Regierung Nein sagt, haben wir eine ganz merkwürdige
Situation, da es
reichlich Beweise gibt, dass dieser Krieg ein Angriffskrieg ist und er
US-amerikanisches,
deutsches und internationales Recht verletzt. Es wäre sehr interessant, die
Erklärung für
solch eine Entscheidung zu erfahren und zu sehen, wie die Welt darauf
reagieren würde.
Ich sehe, dass dies möglicherweise eine politische Zeitbombe ist angesichts
der langen
Geschichte der Freundschaft zwischen den beiden Staaten. Trotzdem glaube ich
an wahre
Gerechtigkeit und auch daran, dass es unter Freunden möglich sein muss, die
Fehler des
anderen offen zu benennen.
Im Lauf dieses Jahres bin ich durchs Land gereist, habe Veranstaltungen
gemacht und
Vorträge gehalten, um Aufmerksamkeit für dieses wichtige Thema zu gewinnen.
Es gab ein
großes Echo in den Medien wie auch im Internet, dank der Hilfe einiger
Unermüdlicher.
Wenn ich zurückschaue, denke ich, dass wir erfolgreich waren; trotzdem
müssen wir weiter
dran bleiben, um möglichst weite Teile der Bevölkerung zu erreichen. Dem
gewöhnlichen
Menschen fällt es schwer, eine Verbindung zu den Kriegen in Irak,
Afghanistan und Pakistan
herzustellen, einfach weil sie so weit weg sind. Ziel unserer Arbeit muss es
sein, diese Leute
zu erreichen, damit sie verstehen, was in jenen Ländern geschieht, und wir
endlich den dort
herrschenden Wahnsinn stoppen können. Ich muss auch betonen, dass uns die
Völker jener
Länder nicht etwa wegen unserer "Freiheit" und unseres Glaubens hassen. Sie
sind einfach
deshalb gegen uns, weil wir ihre Länder besetzt haben. Wie würden wir denn
handeln, wenn
fremde Streitkräfte unsere Heimatstädte besetzen würden? Wir würden mit
Klauen und
Zähnen kämpfen, um sie zu vertreiben. Und genau das tun die Menschen dort
auch.
Ich bin nicht glücklich darüber, dass unsere Soldaten aus Gründen sterben,
die ihnen selbst
gar nicht bewusst sind. Niemand sollte sinnlos sterben müssen, erst recht
nicht unter
falschen Vorwänden. Mein Herz blutet für die Männer, Frauen und Kinder, die
auf allen
Seiten des Konfliktes leiden, weil sie alle Opfer einer perversen Politik
sind.
Um die Botschaft weiter zu verbreiten, fordere ich jede und jeden auf:
Berichtet über meinen
Asylantrag und bittet Eure Freunde und Kollegen, die deutsche und die
US-Regierung
aufzufordern, sich sofort aus diesen Ländern zurückzuziehen! Nur gemeinsam
können wir
hoffen, Erfolg zu haben. Deshalb bitten wir Euch weiter um Eure
Unterstützung in dieser sehr
wichtigen Sache.
Heute ist in den USA Erntedankfest (Thanksgiving). Ich möchte das zum Anlass
nehmen,
Euch allen zu danken, dass ihr mich in meinem Kampf so unermüdlich
unterstützt habt.
Dadurch, dass Ihr Zeit, Kraft und Geld investiert habt, war es uns möglich,
Dinge zu
erreichen, die wir noch vor einem Jahr gar nicht für möglich gehalten
hätten. Vom Winter
Soldier Hearing in Freiburg im März dieses Jahres bis zur Veranstaltung von
Ethecon am
letzten Wochenende in Berlin: Wir haben unsere Botschaft überall an die
Menschen bringen
können. Besonders wichtig ist mir, dass wir vor Schulkindern darüber
sprechen konnten, was
es wirklich bedeutet, Soldat zu sein. Das ist enorm wichtig, da junge
Menschen bereits als
Schüler eine Entscheidung treffen müssen, die vielleicht Auswirkungen auf
den Rest ihres
Lebens hat. Wir müssen ihnen richtige und sachgemäße Informationen geben,
damit sie
selbst eine gute Entscheidung für ihr Leben treffen können. Wir haben uns
viel zu lange
einreden lassen, was wir glauben und was wir über die Welt um uns herum
denken sollen.
Es ist Zeit für uns, aufzuwachen und die Welt so zu sehen, wie sie wirklich
ist, indem wir
unsere eigenen Köpfe gebrauchen.
Insbesondere möchte ich mich bedanken bei Connection e.V., dem Military
Counseling
Network, Iraq Veterans Against the War (in den USA und Europa), den Tübingen
Progressive Americans, der DFG-VK, Stop the War Brigade und Ethecon, die mir
dabei
geholfen haben, die Botschaft des Friedens weiterzutragen. Es gibt noch
viele andere
Organisationen und Einzelpersonen, die ich jetzt nicht genannt habe, die
aber ebenfalls viel
dazu beigetragen haben. Herzlichen Dank Euch allen! Möge Gott Euch eine gute
Zukunft
schenken.
Leider wird der US-amerikanische Krieg gegen die Menschheit fortgesetzt.
Präsident Obama
ist dabei, weitere 38.000 Soldaten nach Afghanistan zu entsenden und den
versprochenen
Rückzug aus dem Irak aufzugeben. Die Zahl der Todesopfer wächst stetig und
Soldaten aus
vielen Ländern sind durch diesen ungerechten Krieg traumatisiert. Die
Menschen aus den
betroffenen Ländern fliehen massenhaft, weil sie einen sicheren Ort zum
Leben suchen. Die
Grundversorgung in jenen Ländern reicht nicht einmal annähernd aus, um ein
normales
Funktionieren der Gesellschaft zu ermöglichen.
Angesichts dieser Situation mag man versucht sein, zu verzweifeln. Aber es
gibt Grund zur
Hoffnung. Die Stimme der Opposition wird von Tag zu Tag stärker, da immer
mehr
Menschen aus der ganzen Welt diese ständigen Verbrechen nicht länger mit
ansehen wollen
und sich auf unsere Seite stellen. Wir dürfen nicht nachlassen, wir müssen
weiterkämpfen.
Nur wenn wir zusammenstehen und gemeinsam fordern, dass die Kriege beendet
werden,
können wir die Wunden der Vergangenheit heilen und eine bessere Welt für
unsere Kinder
aufbauen.
Ich wünsche Euch allen Glück und Gottes Segen.

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Habe jetzt einen neuen Klingelton
Aus gegebenem Anlass, vgl. Schweiz ruft jetzt der Muezzin ans Telefon;-

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Pressekonferenz in Bremen: Flüchtlingsinitiativen kritisieren Innenministerkonferenz
3.12.09 um 10.00 Uhr | Pressekonferenz | Gemeindehaus St. Stephani
Stephanikirchhof 8, 28195 Bremen

Vertretene Organisationen:
• Pro Asyl
• Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge
• Jugendliche ohne Grenzen (JOG)
• Flüchtlingsrat Bremen
• Roma-Verbände


Für Flüchtlinge in Deutschland wird dieses Jahr ein Weihnachten in
Angst. Roma-Flüchtlingen droht die Abschiebung in den Kosovo, eine
Abschiebewelle in den Folterstaat Syrien rollt an und 30.000
Bleibeberechtigten droht der Rückfall in den Angstzustand Duldung.
Gleichzeitig leben 100.000 Menschen immer noch ohne Lebensperspektive in
Deutschland, sie werden nur Geduldet. Das heißt: Sie haben kein
Aufenthaltsrecht, können nicht abgeschoben werden. Ihre Heimatländer
nehmen sie nicht zurück, es herrscht Bürgerkrieg oder die Papiere
fehlen. Sie leben mit Arbeits- und Ausbildungsverbote, oft in
Sammellagern und sind ausgeschlossen von Integrationsmaßnahmen wie
Sprachkursen. Die meisten schon seit über 6 Jahren.

Die bisherigen Vorschläge von Unions- und SPD-Innenministern sind mehr
als enttäuschend. Lediglich für die 30.000 Probe-Bleibeberechtigten soll
etwas nach gebessert werden. Damit sie nicht in die Duldung
zurückfallen, will die Union Ihnen zwei Jahre mehr Zeit geben Arbeit zu
finden. Lediglich Niedersachsen Innenminister Uwe Schünemann will
darüber hinaus auch jungen Geduldeten eine Chance geben. Die
Jugendlichen Ohne Grenzen, junge Flüchtlinge aus ganz Deutschland,
veranstalten daher ein viertägiges Protestprogramm: Für ein echtes
Bleiberecht und gegen Abschiebungen.

„Wir fordern ein Bleiberecht für Alle! Die Mogelpackungen bei den
Innenministerkonferenzen sind wir Leid. Wir leben hier und werden
sowieso bleiben.“, erklärt Mohammed Jouni von der
Flüchtlingsjugendinitiative JOG.


2. bis 5.12.2009 | Flüchtlings-Jugendkonferenz | Jugendherberge Bremen
2.12.2009 | Bleiberechtsdemo | Bürgerweide, Bremen
3.12.2009 | Gala „Abschiebeminister und Initiativenpreis“ | St.
Stephani-Gemeinde, Bremen
4.12.2009 | Jugendworkshops | Jugendherberge Bremen

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