Montag, 18. Januar 2010
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Those were the Days 2: Politische Sozialisation
Ich mache hier gleich mal zweigleisig weiter, im Kommentarbereich bei Momorulez und auf der Heimseite:


Aufewachsen im Arbeiter- und Studentenviertel, ein Drittel meiner Sandkasten- und Schulkumpels Türken, und in wir waren halt richtige Jungs. Das hieß, als wir in der 2. Klasse in den Zoo gingen und unsere Lehrerin sich freute, mit uns auf die Streichelwiese zu gehen und Kaninchen und Zicklein in den Arm zu nehmen, hat meine Clique aus mehrheitlich Jungs und ein paar toughen Mädchen sich verachtungsvoll abgewandt und ist zum Schimpansenkäfig gegangen, um mit dem Affen um die Wette zu rennen und ihn zu reizen und zu Wutanfällen zu provozieren, schließlich war jeder von uns Tarzan. Erst später, so kurz vor der Pubertät, führte die Tatsache, dass ich außerschulisch durch meine Mutter und zwei große Schwestern geprägt wurde dazu, dass ich in vielen Dingen anders mich verhielt als meine männlichen Altersgenossen, in Mann-Frau-Konflikten identifiziere ich mich bis heute meist instinktiv mit der Frau (was ein männlicher Freund sogar mal als "Entsolidarisierung" mit sich wahrnahm), und so mit 20 sagte ein psychologisches Gutachten über mich, ich gäbe eine klassische weibliche Selbstschilderung ab. Das änderte sich dann im Verlauf meiner 20er und vor allem jenseits der 30, nachdem ich die Entscheidung getroffen hatte, tougher zu werden, und auch durch Sportarten wie Karate und Bergsteigen und militantes Demotum. In der linken Szene erlebten mich Männer eher als Macho.

Btw: Das mit „rot“ war nochmal was Spezielles. In meiner Familie war ja der Großteil der Eltern- und Großeltern-Generation aktive Nazis gewesen, und während der Schleyer-Entführung waren die politischen Meinungsunterschiede zwischen Vater und meiner Lieblingschwester so groß, dass im Streit ein Locher geworfen wurde, zum Glück, ohne zu treffen. Gewalt hat mich immer umgeben, wenn auch niemals als Mittel der Erziehung. Die Grünen habe ich dann unterstützt, als sie aufkamen und wegen ihres Konservatismus wieder gebrochen. Es gab damals im grünen Umfeld eine Konservatismus-Debatte, in der zwischen Wertkonservatismus, Normkonservatismus und Strukturkonservatismus unterschieden wurde. Wertkonservativ war demzufolge das Erhalten erhaltenswerter materieller oder ideeller Werte, von Umweltschutz über Denkmalschutz bis Brauch- und Volkstumspflege, normkonservativ hingegen autoritätsgebundene Verhaltensweisen und Umgangsformen wie Knicks und Verbeugung sowie Achtung traditioneller Hierarchien, strukturkonservativ hingegen Aufrechterhaltung tradierter Produktionsweisen, aber auch Machtverhältnisse, ohne dass dies an offen normkonservative Verhaltensweisen gebunden wäre. Viele Grüne sahen sich damals als Wertkonservative, Normliberale und Strukturprogressive. Konservativ wären nurLeute, die alles drei zusammen wären. Ich hielt das alles für Mumpitz und Umweltschutz nicht für wertkonservativ begründbar, sondern eine pure Überlebensfrage, Denkmalschutz für eine Frage der Achtung vor der Geschichte und Brauch- und Volkstumspflege für pillepalle bis reaktionären Scheißdreck. Ich selbst fand im Oberstufenalter meine wichtigen Politkontakte vor allem bei iranischen und palästinensischen Exilanten, das waren meist Leute, die bewaffneten Guerrillakampf hinter sich hatten, und ihrer deutschen UnterstützerInnenszene sowie bei der Devrimci Yol, aus der unter anderem die PKK sich abspaltete, und sah da definitiv überhaupt keine Gemeinsamkeit mit irgendeiner Spielart von Konservatismus. Zum endgültigen Bruch kam es dann, als auf einer der großen Antikriegsdemos in Krefeld die Cops den antiimperialistischen Block zusammenprügelten und die Kellys und Schoppes dieser Welt das erst ignorierten und Leuten, die auf dem Podium der schön außerhalb von Krefeld auf die grüne Wiese verlegten Kundgebung über dieses Ereignis berichten wollten die Lautsprechr abdrehten und dann dazu aufforderten, Autonome, Antiimps und Anarchos den Bullen auszuliefern. Da war mir klar: Die waren nicht „wert“, die waren konservativ.

Zur Alternativen Liste gab es damals dann den schönen Antiwahlaufkleber: „Von Krefeld bis zum Kirchentag – Die LiberALen.“ Damit war durchaus auch der Kommunistische Bund gemeint. Ich war im Lager der Autonomen angekommen – die durchaus nicht durch die Bank gewalttätigen Protestformen verbunden waren, wie das von grün bis braun immer dargestellt wurde.

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