Montag, 29. Oktober 2012
Notizen aus der Knochenmühle 1
Als ich dieses Blog begann hatte ich die Absicht, neben vielen anderen Sachen hier Sozialkritiken zu veröffentlichen, die sich aus eigenen Lebenserfahrungen speisen. Damals war ich durch Dotcomtod noch eingebunden in Kritik an Arbeitsschikanen, Wirtschaftssauereinen und betrügerische Unternehmensmachenschaften in Form von Whistleblowing. Dies hat sich mehr und mehr verflüchtigt, aber, tata: die Flüchtlingsthemen wurden immer wichtiger, während Systemkritik sich hier mehr und mehr, auch durch den Kontakt zu Anderen auf eher abstrakten Diskursebenen abspielte. Ich will nun zurückkehren zu einer eher empirischen, stärker an der Erscheinungsebene festgemachten Kapitalismuskritik, indem ich unmittelbare Erfahrungen aus der Arbeitswelt beschreibe. Und das ist nicht unbedingt die Arbeitswelt der programmierenden, kulturschaffenden oder schreibenden Zunft. Ich bekomme ja genug mit aus der Welt der körperlich Arbeitenden, war lange selbst z.B. in der Bauwirtschaft tätig. Nicht selbst auf dem Bau, aber was da so passiert bekomme ich ja mit.

Also hier Sexismus auf dem Bau.


Drei Studentinnen hatten sich auf einer Baustelle verdingt. Sie fanden die Arbeit zwar hart und anstrengend, es machte ihnen aber auch Spaß, sich körperlich selber zu fordern und sie genossen die vielen Komplimente der Baumalocher, die ständig mit ihnen flirteten. Grobe Anmache gab es da nicht, eher ein Angehimmeltwerden, so empfanden sie das jedenfalls. So waren sie denn auch ganz verblüfft, als der Chef sie zu einem Gespräch bat und da sagte, es könne so nicht weitergehen, sie gefährdeten das Arbeitsklima. Als sie erwiderten dass sie doch ganz fleißig arbeiteten meinte der, das sei nicht der Punkt, es sei vielmehr ein Problem, dass überhaupt Frauen auf der Baustelle arbeiten würden, damit kämen diese sehr simpel strukturierten Männer nicht zurecht. Da antworteten die Studentinnen, sie würden von den Männern zuvorkommend freundlich behandelt, da gäbe es gar keine Probleme. Der Chef wand sich wie ein Aal, wurde rot und erklärte dann, das Problem bestünde darin, dass eine bestimmte Sorte von Kalksandsteinen, die mit dem ovalen Loch in der Mitte, in das sich so praktisch reingreifen ließe aufgrund des Lochs von den Männern "Fotzen" genannt würden, und seit drei Frauen auf der Baustelle arbeiteten traue sich niemand mehr "Ey Volker, schieb mal ne saftige Ladung Fotzen rüber!" zu brüllen, und deshalb sei das Material nie am Platz.

Es gibt Probleme in der Arbeitswelt, zu denen fällt Einem NICHTS mehr ein.

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