Mittwoch, 31. Oktober 2012
Aufruf zur Unterstützung - noch immer ist Solidarität eine Waffe
Seit dem 24.10. sind am Pariser Platz einige Refugees im Hungerstreik,
um gegen die rassistische Asylgesetzgebung zu protestieren. Dieser
Protest findet zur Zeit in den Medien kaum Aufmerksamkeit und die Zahl
der aktivern Unterstützer_innen ist gering.

Die Hungerstreikenden protestieren gegen die rigiden Gesetze, mit denen in
Deutschland Asylsuchende gegängelt und diskriminiert werden.
Unterbringung in Lagern, Residenzpflicht, Gutscheinsystem und die hohen
Hürden, die vor der Anerkennung als Flüchtling stehen und die dafür
sorgen, dass nur ein geringer Prozentsatz überhaupt eine Chance hat,
anerkannt zu werden, müssen endlich abgeschafft werden.

Stattdessen wird in Deutschland munter weiter gegen Geflüchtete Stimmung
gemacht, werden Überfremdungsängste und Ressentiments gegen angebliche
„Wirtschaftsflüchtlinge“, die sich angeblich von deutschen
Steuerzahler_innen „durchfüttern“ lassen wollen, geschürt.
Lasst uns gegen diese rassistische Politik kämpfen und mit den
Geflüchteten und den Hungerstreikenden solidarisch sein!

Um den Pariser Platz haben sich mehrere Polizeibusse postiert. Am Tag tut
die Polizei recht wenig, da genügend Menschen anwesend sind. Nachts und am
frühen Morgen unternimmt die Polizei Repressionen. So gibt es ständig
wechselnde und sich verschärfende Auflagen, die den Menschen im
Hungerstreik den Schlaf unmöglich machen und diese schikanieren.

Wir rufen euch dazu auf, in den nächsten 3 Nächten zum Pariser Platz zu
kommen um eure Unterstützung zu zeigen und dem Handeln der Polizei
entgegen zu treten. Dazu haben wir einen doodle mit 2-Stunden-Schichten
eingerichtet, tragt euch bitte ein, wann ihr zum Pariser Platz kommt.

Doodle: http://www.doodle.com/mhc8se3u8v8hi5ak

Wir rufen euch auf, am Tag am Pariser Platz vorbeizukommen und euch die
Situation anzuschauen. Sprecht mit den Menschen, macht euch selber ein
Bild!

Unsere Solidarität gegen den rassistischen Alltag!

Schickt diese Mail über alle Kanäle, die ihr habt.

Informationen unter: http://www.refugeetentaction.net
Facebook: https://www.facebook.com/Refugeemarch?fref=ts
Twitter: #refugeecamp

Solidarische Grüße

Erklärung zum Unbegrenzten Hungerstreik der Asylsuchenden
Berlin, den 24. Oktober 2012

In den sieben Monaten unseres Protestes gegen die Asylpolitik haben wir
gezeigt, dass nicht nur wir das unmenschliche Asylgesetz nicht anerkennen.
Insbesondere durch die breite Unterstützung der deutschen Öffentlichkeit
für unseren Fußmarsch von Würzburg nach Berlin, wo wir die
Sammelunterkünfte boykottiert und die uns auferlegte Residenzpflicht
aberkannt haben, aber auch durch die überwältigende Teilnahme an der
Demonstration am 13.10.2012, ist deutlich geworden, dass wir mit unseren
Forderungen nicht alleine sind.

Unser Protest hört nicht hier auf, sondern setzt sich fort bis zur
Abschaffung der geltenden Asylgesetze.
Unser Protest richtet sich gegen die Regierung, die heute nach 70 Jahren
die unmenschlichen Taten der Nationalsozialist_innen entschuldigt, die
eine halbe Million Roma und Sinti das Leben gekostet hat.
Die heutige Veranstaltung findet nur zwei Wochen nach dem Beschluss des
deutschen Innenministers fest, Sinti und Roma innerhalb kürzester Zeit
abzuschieben.
Dieser Protest richtet sich gegen die Regierung, die durch die Asylpolitik
systematisch psychischen Druck auf die Flüchtlinge ausübt und sie oftmals
in den Suizid treibt.
Wir fordern die Abschaffung des Abschiebungsgesetzes und solidarisieren
uns mit den Sinti und Roma, die auch hier in Deutschland in prekären
Verhältnissen leben.

Wir wenden uns gegen die diskriminierende Politik der Bundesrepublik
Deutschland, die uns ein menschenwürdiges Leben in diesem Land verweigert.
Wir sehen keine weitere politische Möglichkeit, als in den unbegrenzten
Hungerstreik zu treten, um der deutschen Politik vor Augen zu führen, zu
welchen Konsequenzen ihre Gesetze führen.
Wir wollen keine nachträglichen Entschuldigungen und Erklärungsversuche,
sondern verlangen die sofortige Umsetzung unserer Forderungen und die
Ausweitung der Rechte für alle Menschen, die in diesem Land Asyl suchen.
Unsere Forderungen sind:

Abschaffung des Abschiebegesetzes
Anerkennung ALLER Asylsuchenden als Politische Flüchtlinge
Abschaffung der Residenzpflicht
Abschaffung der Lager und Sammelunterkünfte für Flüchtlinge.

Die hungerstreikenden Geflüchteten in Berlin

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Schünemann hält seine Beamten zu fortgesetztem Rassismus an
Der Niedersächsische Innenminister hält weiterhin seine
nachgeordneten Einbürgerungsbehörden an, sich gegenüber
kosovarischen Einbürgerungsbewerbern RASSISTISCH zu verhalten:

Der Erlaß vom 03.06.2005 gilt immer noch und wird von den
Einbürgerungsstellen weiterhin zum Anlaß genommen, intensiv nach der
ETHNIE (damit auch nach der Hautfarbe) der sich um Einbürgerung
bemühenden kosovarischen Staatsbürger zu forschen.

Wer "ethnischer Albaner" ist, der wird eingebürgert, wenn er durch
eine Urkunde der Republika e Kosovës nachweist, daß er aus der
kosovarischen Staatsbürgerschaft entlassen worden ist.

Wer "Ashkali" oder - was offenbar noch schlimmer ist - "Roma" ist,
von dem wird zusätzlich verlangt, sich aus der Staatsbürgerschaft
der "Republika Srbija" ausbürgern zu lassen - aus einer
Staatsangehörigkeit, die die Kosovaren nie erworben haben:

Kosovaren waren früher Staatsangehörige der "Socialisticka
Republika Srbija" - also eines ANDEREN Staates - eines Staates, der
seit dem Putsch von Milosevic (23.03.1989) im Koma lag, dann von der
UN "interim" verwaltet worden ist und der mit der Staatsgründung der
Republika e Kosovës kein Territorium mehr hat, auf dem seine
Rechtsordnung noch ernst genommen wird, der also "untergegangen"
ist.

Der Minister hält wohl alle Kosovo-Roma für mit Kriegsverbrechern
kollaborierende Arschlöscher. Er scheint zu meinen, alle Roma und
Ashkali seien 1999 hinter den serbischen Truppen hergelaufen, hätten
für die Serben die Drecksarbeit erledigt, die Leichen der
albanischen Opfer zu begraben und würden also in Serbien schon zu
ihrem "Recht" kommen. Also meint er, den oft dunkelhäutigen Roma und
Ashkali einen Kontakt zu den Nachfolgern dieser Kriegsverbrecher
zumuten zu können - zu Leuten, die das gesamte Staatsvolk der von
Deutschland anerkannten Republik Kosovo völkerrechtswidrig als
"eigenes" reklamieren und damit als revanchistische Kriegstreiber
angesehen werden müssen.

Das Verwaltungsgericht Osnabrück (dort klagt jemand, der als "Roma
oder Ashkali" angesehen wird und der seine Ausbürgerung aus der
kosovarischen Staatsangehörigkeit erledigt hat) wird entscheiden
müssen, ob die Hautfarbe eines ehemaligen kosovarischen
Staatsangehörigen (der im Kosovo geboren wurde und niemals in
Zentralserbien gewohnt hat) Anlaß sein darf, ihm die Einbürgerung zu
verweigern.

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Racial Profiling vor Gericht 2: "In Grenzen legal"
Am vorgestrigen Nachmittag fand vor dem OVG Rheinland-Pfalz in Koblenz die Verhandlung des in Deutschland geborenen 26j. Kasseler Studenten G. (dessen Eltern aus Eritrea nach Deutschland geflüchtet waren) gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Polizeirechts statt. G. ist deutscher Staatsangehöriger. Der Ausgang des Verfahrens ist von bundesweiter Bedeutung.


A.

Anlass für ihn, die BRD zu verklagen, war eine Personenkontrolle durch zwei Beamten der Bundespolizei-Inspektion Kassel im Regionalexpress von Kassel in Richtung Frankfurt/Main am 3. Dez. 2010, der er sich unverhofft ausgesetzt gesehen hatte.

Während der Zugreise hatte er - der spätere Kläger - seinen Sitzplatz und seine Reisegruppe kurzzeitig verlassen, um sich bei dem Getränke- und Imbißverkäufer, welcher "weiter hinten im Zug" unterwegs war, einen heißen Tee zu kaufen. Mit dem offenen Becher in der Hand befand er sich auf dem Rückweg, als er im Durchgangs- bzw. Einstiegsbereich ("zwischen zwei Waggons") auf die beiden Polizeibeamten stieß. Sie standen anscheinend recht entspannt da herum, schienen "eine Pause eingelegt" zu haben. Auf die "unverhofft" an ihn gerichtete Frage "Guten Tag, junger Mann, darf ich fragen, wohin die Reise geht?" und "Bitte weisen Sie sich aus!" eines der Beamten habe - laut Zeugenaussage desjenigen Beamten bei Gericht - der Kläger "unwirsch" - nämlich "nicht" und mit dem Versuch weiterzugehen, sodann mit wenig freundlichen Bemerkungen und Nachfragen nach der Rechtmäßigkeit des polizeilichen Handelns - reagiert, was in dem Beamten den erhöhten Verdacht einer Straftat - nämlich den der illegalen Migration - erregte.

In der Folge verringerte sich in dem Beamten der Verdacht der illegalen Migration, da der Kläger ein akzentfreies Deutsch sprach. Jedoch konnte der Kläger beim Hinzukommen des Fahrkartenkontrolleurs und aufgrund dessen Frage nach dem Fahrtausweis einen solchen nicht vorzeigen, sodass in dem Beamten der Verdacht der Beförderungserschleichung entstand.

Im Anschluß wurde der Kläger von den beiden BPol-Beamten zu seinem Sitzplatz und zu seiner Reisegruppe begleitet - unter reger Anteilnahme der allen bislang Beteiligten unbekannten übrigen Reisenden -. Während dieses Wegstrecke sprach der Kläger, dies erinnere ihn an "damalige Zeiten" und auf Nachfrage des Beamten - an "Methoden aus der NS-Zeit".

Dies erregte in dem Beamten den Verdacht einer weiteren, nunmehr der dritten Straftat, der Beleidigung - "Das wird teuer!"

Die folgende Durchsicht des Rucksacks des Klägers durch den BPol-Beamten war insoweit nicht erfolgreich gewesen, als sich auf die Schnelle kein persönliches Identifikationsdokument des Klägers finden ließ. Das nachhaltige bzw. anhaltende Weigern des Klägers, seinen Namen zu nennen oder einen Ausweis vorzuzeigen, hatte zwischenzeitlich in dem BPol-Beamten den (in der Summe vierten) Verdacht des Verbergens einer ansonsten unbekannten Straftat, aufgrund welcher er - der Kläger - möglicherweise zur Fahndung ausgeschrieben sein könnte, erregt.

Da der Zug mittlerweile den Bahnhof Schwalmstadt-Treysa erreicht hatte, "brüllte" der BPol-Beamte Reisende und den Zugschaffner an, die Einstiegstüre offenzuhalten, weil der Kläger hinaus müsse. Die folgenden Ereignisse waren für das OVG nicht von Interesse.


B.

Nach Zeugenbefragung (Kläger, zwei BPol-Beamte) und Erörterung der Sach- und Rechtslage kann als Ergebnis der gerichtlichen Verhandlung festgehalten werden:

1. Die "erste Ansprache" und die "erste Aufforderung" durch den BPol-Beamten verletzte den Kläger in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 3 GG - Diskriminierungsverbot -, weil er einzig aufgrund seiner Hautfarbe angesprochen worden war. Hierfür hat sich die Bundesrepublik Deutschland bei dem Kläger entschuldigt.

2. Das Gericht stellte fest, dass die Hautfarbe eines Menschen nicht als einziges oder als ausschlaggebendes Kriterium für die Durchführung einer Personenkontrolle gem. § 22 Abs. 1a BPolG angewandt werden darf. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland sieht dies auch so - daher die Entschuldigung beim Kläger -.

3. Das Urteil des VG Koblenz (Vorinstanz) sei wirkungslos.

4. Der Kläger erklärte hierauf das Verfahren in der Hauptsache für erledigt.

5. Durch Beschluss des OVG wurde aus Billigkeitsgründen entschieden, dass die beklagte Bundesrepublik Deutschland sämtliche Verfahrenskosten beim und beim OVG trage; Streitwert: 5.000 Euro.


Das "ausländische Aussehen" von Zugreisenden ist und bleibt nach wie vor ein wesentliches, mitunter sicherlich auch das einzige Kriterium für die BPol-Beamtinnen und -Beamten bei der Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgabe der Personenkontrolle im Zug. "Man" wird sich zukünftig sprachlich anders ausdrücken, ansonsten wird bei der BPol (fast) alles so wie bisher bleiben.

Die amtliche Behauptung, die Bahnstrecke Frankfurt/Main nach Kassel und (wie in diesem Fall) in Gegenrichtung sei ein territorialer Raum bzw. Bereich, welcher zur illegalen Einreise - d.h. zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet - genutzt werde, bleibt "blöde", da diese Bahnstrecke kein ausländisches Territorium berührt oder durchquert.

Die polizeiliche Tätigkeit gegen die illegale Migration beinhaltet auch das gezielte Suchen nach behördlich gemeldeten und registrierten Asylsuchenden sowie nach ausländischen Staatsangehörigen mit einer "Duldung" des Aufenthaltes, welche der "Residenzpflicht" unterliegen und ohne die "erforderliche 'Verlassensgenehmigung'" reisen. Leider hat es sich juristisch nicht angeboten, im vorliegenden gerichtlichen Verfahren auch dies zu thematisieren.

Das gezielte Abfangen ausländischer Flüchtlinge kurz vor dem Erreichen der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen durch BPol und Hessische Landespolizei ist und bleibt - freundlich gesagt - höchst fragwürdig.

Diese weiteren Gesichtspunkte stellen nach wie vor ein wichtiges politisches und justizielles Handlungsfeld dar.



Thomas Aleschewsky
Mitglied im Sprechergremium des Hessischen Flüchtlingsrats -hfr-
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Pressemitteilung Anwaltskanzlei Sven Adam, Göttingen, 30.10.2012


Bundesrepublik Deutschland entschuldigt sich bei Kläger. Kontrolle wegen der Hautfarbe verstößt gegen das Grundgesetz

Entscheidung des VG Koblenz vom 28.02.2012 zu "racial profiling" wirkungslos


Die durch Bundespolizeibeamte durchgeführte Kontrolle eines heute 26-jährigen Studenten aus Kassel einzig wegen seiner Hautfarbe im Dezember 2010 verstößt gegen das Diskriminierungsverbot aus Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes. So endete heute nach mündlicher Verhandlung ein viel beachtetes Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland Pfalz in Koblenz. Das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz vom 28.02.2012, das die Kontrolle des jungen Mannes wegen der Hautfarbe noch für zulässig erachtet hatte, wurde für vollständig wirkungslos erklärt. Voraus gegangen war ein eindeutiger richterlicher Hinweis der Vorsitzenden Richterin Dagmar Wüsch, wonach eine Kontrolle einzig oder ausschlaggebend wegen der Hautfarbe gegen das Diskriminierungsverbot verstoße. Daraufhin erkannte die Bundespolizei für die Bundesrepublik Deutschland die Rechtswidrigkeit der Befragung und Personalienfeststellung an und entschuldigte sich bei dem Kläger.


"Dieses Ergebnis ist ein Meilenstein für die juristische Einordnung des so genannten Racial Profiling als rechtswidrig. Dieses Verfahren hat weitreichende Signalwirkung für die Praxis der Bundespolizei", so der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam, der den Kläger vertritt, über den Erfolg des Verfahrens. Der Kläger selbst äußerte sich erfreut über den Ausgang des Verfahren: "Ich bin froh, dass die Entscheidung des VG Koblenz für wirkungslos erklärt wurde. Wir haben lange dafür streiten müssen, dass sich die Bundespolizei auch an dem Diskriminierungsverbot messen lassen muss".

Für Rückfragen steht Ihnen der Göttinger Rechtsanwalt des Klägers, Sven Adam, zur Verfügung. Weitere Stellungnahmen, Dokumente und Informationen zum Thema entnehmen Sie bitte unserer Sonderseite: www.anwaltskanzlei-adam.de/index.php?vg-koblenz

Link:
Bundesrepublik Deutschland entschuldigt sich bei Kläger. Kontrolle wegen der Hautfarbe verstößt gegen das Grundgesetz - Entscheidung des VG Koblenz vom 28.02.2012 zu "racial profiling" wirkungslos
http://www.anwaltskanzlei-adam.de/index.php?id=63,817,0,0,1,0

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Gemeinsame Pressemitteilung, Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V. (ISD) und Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. (BUG), 29.10.2012

Personenkontrollen aufgrund der „Hautfarbe“ vom Oberverwaltungsgericht als unzulässig erklärt. Bundesrepublik Deutschland entschuldigt sich beim Kläger.

Am heutigen Montag, den 29.10.2012, hat vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland Pfalz in Koblenz die Berufungsverhandlung zur Rechtmäßigkeit von Personenkontrollen bei Bahnreisenden aufgrund phänotypischer Merkmale stattgefunden. Das Oberverwaltungsgericht erklärte im Fall des Klägers das Kriterium der „Hautfarbe“ als Legitimation für eine Kontrolle als Verstoß gegen das Grundgesetz und damit die polizeiliche Maßnahme für nicht zulässig.

Das Gericht sprach sich damit klar gegen die Praxis des „Racial/Ethnic Profiling" * aus. „Für die Befragung und die Aufforderung, Ausweispapiere vorzulegen - nach Paragraph 22 Absatz 1a Bundespolizeigesetz - im vorliegenden Fall, ist der Anknüpfungspunkt der Hautfarbe nicht zulässig. Die Maßnahmen verstoßen gegen das Diskriminierungsverbot nach Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz, so dass sie ermessen-fehlerhaft waren“, erklärte Richterin Dagmar Wünsch. Das Urteil habe eine bestimmte, direktive Wirkung für zukünftige Fälle, sagte Richter Doktor Stahnecker.

Mit seiner Entscheidung erklärte das Gericht auch das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom Februar 2012 für wirkungslos. Es hatte in erster Instanz entschieden, dass die Beamten „die Auswahl der anzusprechenden Personen auch nach dem äußeren Erscheinungsbild vornehmen“ dürfen. Im konkreten Fall war der heute 26-Jährige Schwarze deutsche Kläger aus Kassel im Dezember 2010 auf einer Regionalstrecke von Kassel nach Frankfurt/Main von zwei Bundespolizisten kontrolliert worden. Er hatte gegen die polizeiliche Maßnahme geklagt.

Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) begrüßt das heutige Urteil, das die rassistisch konnotierten Arbeitsmethoden der Bundespolizei rügt. „Seit Jahren kämpfen wir für eine öffentliche Wahrnehmung dieser Praxis. Polizeikontrollen dieser Art sind kein Einzelfall. Sie beschreiben die Alltagserfahrung vieler Schwarzer Menschen und People of Color in Deutschland. Durch die polizeiliche Praxis werden sie als Verdächtige gekennzeichnet und kriminalisiert. Wir hoffen daher auf ein grundsätzliches politisches Signal durch dieses Urteil“, sagt Tahir Della, Vorstandsmitglied der ISD. Das Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. (BUG) hatte dem Oberverwaltungsgericht ein Rechtsgutachten bezüglich des im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatzes und “Racial/Ethnic Profiling“ als Methode bei Polizeikontrollen vorgelegt. „Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes muss ein zentraler Aspekt der Polizeiarbeit sein. Jetzt bleibt abzuwarten, ob durch die Entscheidung die zukünftige Polizeipraxis nachhaltig geändert wird“, äußert Vera Egenberger, Geschäftsführerin des BUG nach der Verhandlung. Die ISD und das BUG werden weiterhin beobachten, ob Menschenrechtsstandards bei Personenkontrollen durch die Polizei respektiert werden.

*Die Praxis des sogenannten „Racial/Ethnic Profiling“ beschreibt die diskriminierende Verwendung von Zuschreibungen (wie ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe, nationale Herkunft oder Religion) als Grundlage für Identitätskontrollen und Durchsuchungen ohne konkretes Indiz durch die Polizei.

Bei Rückfragen:
Hadija Haruna (für ISD): 0179 47 03 876
Vera Egenberger (für BUG): 015 77 522 17 83

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