Freitag, 6. November 2015
Antirassistische Hausbesetzung in Göttingen
In Göttingen haben wir ja eine gute und lange Hausbesetzungstradition. Ich erinnere nur an die Kämpfe um die Augenklinik, bei denen zur Abwechslung auch mal Bullen von den Unsrigen festgesetzt wurden, und an die als "anachronistisch" wahrgenommenen Nochmal-Besetzungen 1986 (die mir meine erste Festnahme einbrachten). Jetzt wurde eine Hausbesetzung im Zusammenhang der aktuellen Flüchtlingssolidarität durchgeführt:

Seit heute Mittag ist das seit 2009 leerstehende Haus in der Oberen
Maschstraße 10 in Göttingen besetzt. Weitere aktuelle Infos gibt es am
Info-Pavillon vor dem Haus, auf dem Blog http://omzehn.noblogs.org sowie
über twitter und facebook!
Kommt vorbei und solidarisiert euch!

Angesichts des akuten Mangels an bezahlbarem Wohnraum, der unhaltbaren
Zustände im Erstaufnahmelager in Friedland und geplanten
Massenunterbringungen von Geflüchteten in Turnhallen, ist der jahrelange
Leerstand des Gebäudes weder zu rechtfertigen noch weiter hinzunehmen.
In Friedland, das für 700 Personen ausgelegt ist, sind derzeit über 3500
Menschen untergebracht und in der Göttinger Voigtschule müssen sich
aktuell sieben Personen ein Zimmer teilen.

Wir – Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Spektren –
öffnen mit der Besetzung einen Raum für solidarisches Leben und Wohnen
für Flüchtlinge und andere Menschen. Wir setzen der jahrelangen
verfehlten Wohnungspolitik, die erheblich zu der Bestandsreduzierung von
günstigem Wohnraum beigetragen hat, einen Kontrapunkt.

Wir stellen uns gegen eine weitere Militarisierung der Grenzen, gegen
Zwangsinternierung in Lagern, gegen die beschlossenen weiteren
Asylrechtsverschärfungen, gegen die angekündigten Abschiebungen in neu
erklärte „sichere Herkunftsländer“.
Die Slogans „Offene Grenzen“, „sichere Fluchtkorridore“ und „Bleiberecht
für alle“ haben für uns Gültigkeit, besonders angesichts der
ungebrochenen Destabilisierungs- und Kriegspolitik, an der sich unsere
Regierung aktiv beteiligt.

Wir erinnern den DGB daran, dass sie das Gebäude einst von der Jüdischen
Gemeinde als auch vom Hitlerfaschismus verfolgte Organisation erhalten
hat. Wir erinnern den DGB an ihre eigenen Aufrufe in den letzten Monaten
und Wochen von lokaler Ebene bis zum Bundesvorstand: „bessere
Integration“, „mehr konkrete Unterstützung“, „Recht auf Respekt und
gleiche Teilhabechancen“, „kein Leerstand von Wohnraum“. Wir fordern den
DGB auf, ihre eigenen Aussagen ernst zu nehmen und umzusetzen.

Wir fordern:
* Bedingungsloses Nutzungsrecht für das Gebäude in der OM10
* Finanzielle Unterstützung der Instandsetzungsmaßnahmen und Übernahme
der Betriebskosten durch Kommune bzw. Eigentümer
* Keine Räumung und keine Kriminalisierung der Aktivist_innen
* Sofortige Nutzbarmachung leerstehenden Wohnraums und Schaffung
bezahlbarer menschenwürdiger Wohnungen, die dauerhaft in öffentlichem
Besitz bleiben

In den kommenden Tagen werden vor dem Haus kulturelle und politische
Aktivitäten stattfinden, um über die Besetzung und die aktuelle
Wohnraumsituation zu informieren. Wir freuen uns über Solidarisierungen,
aber auch kleine Spenden für die Aufrechterhaltung des Betriebs nehmen
wir gerne entgegen. Eine große Hilfe in einer solchen Situation können
schon kleine Dinge sein: Werkzeug, Geschirr, Einrichtungsgegenstände,
Lebensmittel – von Kuchen über Obst, Gemüse und Backwaren und Suppe,
Getränke. Kommt einfach vorbei und seid kreativ!
Solange noch eine Räumungsgefahr besteht, ist für uns eine breite
öffentliche Unterstützung wichtig. Nur so wird die
Eigentümergesellschaft einsehen, dass gehandelt werden muss. Im Falle
einer Räumung werden sich viele Menschen vor dem Gebäude versammeln, um
ihre Solidarität auszudrücken und die Besetzer*innen zu schützen.

Our House OM10
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Web: http://omzehn.noblogs.org
E-mail: presse-om10@riseup.net
Handy (Pressekontakt): 0176 836 421 66

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