Mittwoch, 3. Oktober 2018
Weibsvolk
Die Diskussionen in der feministischen Bloggosphäre verfolge ich seit Jahren mit Aufmerksamkeit und Interesse, oft aber auch mit einem gewissen Unbehagen. Wobei ich weniger mit feministischen Positionen an sich Schwierigkeiten habe als vielmehr mit der ahistorischen, von der politischen Ökonomie losgekoppelten, moralischen und weinerlichen Weltsicht die hier überwiegend gepflegt wird. Die Geschichte der Frauenbewegung wird kaum gekannt, die Tatsache dass Diskussionen um Belästigung und mögliche Gegenwehr weit hinter das zurückfallen was in den 1980er und 90er Jahren Stand der Debatte war wird einfach nicht gewusst. Dabei erscheinen Frauen vornehmlich als mehr oder weniger wehrlose Opfer sexualisierter Gewalt. Als Genossin Netbitch lang und breit thematisierte dass Gegenwehr möglich ist und es mal Frauen-schlagt-zurück-Kampagnen und Anti-Vergewaltiger-Patrouillen aus mit Eisenstangen bewaffneten Frauen in nächtlichen Parks gegeben hatte und eigentlich alle jüngeren feministischen Frauen Kampfsport betrieben wurde dies nicht als konstruktiver Debattenbeitrag gewertet sondern als Victimblaming.

https://netbitch1.twoday.net/stories/483768170/#496357719

https://twitter.com/der_welle/status/329160930069987329

https://distels.wordpress.com/2013/05/02/schnaps-zur-hand/



Verglichen mit den Frauen, die sich in den 1970ern im Stern mit „Wir haben abgetrieben“ outeten und sich damals noch zu einer Straftat bekannten, verglichen gar mit einer Ingrid Strobl die eine lange Beugehaft in Kauf nahm um einen Genossen nicht zu verraten wirken diese Frauen unselbstbewusst, weit entfernt von materiellen Realitäten und larmoyant. Ein Zusammenhang zwischen Frauenunterdrückung und Kapitalismus wird nicht mehr gezogen, noch nicht einmal so etwas wie „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist ein Thema, und das Frauenbild dieser Feministinnen ist, abgesehen von der Auflösung von Geschlechterrollen in einer sehr weit getriebenen, aus meiner Sicht überzogenen Gendertheorie ist jedenfalls nicht das von souverän ihr Leben meisternden, emanzipierten Frauen. Eher das von Opfern die es zu beschützen gilt.

Nun hat es den Opferdiskurs immer schon gegeben, was hinsichtlich Vergewaltigung und sonstiger sexualisierter Gewalt gegen Frauen ja auch begründet ist. In linken Diskursen war Sexualität mal ein zentrales Thema unter dem Aspekt dass es zur linken Utopie gehört dass in der befreiten Gesellschaft nicht nur angstfreier sondern auch häufiger, variantenreicher und tabuloser gevögelt würde als in der bestehenden. Seit der Porno-Debatte der späten 1980er hat sich das ins Gegenteil verkehrt: Von Sexualität ist in linken Diskursen eigentlich nur noch dann die Rede wenn es um sexualisierte Gewalt oder Prostitution und Frauenhandel geht. Schon damals brachte das in der Zeitschrift „Ästhetik und Kommunikation“ Maria Wieden in ihrem großartigen Essay „Wider den linken Moralismus von Sexualität“ genial auf den Punkt:

„Nicht die sexpositive, lustvolle, erfahrungshungrige Frau prägt das feministische Frauenbild, sondern die Maria Immaculata. Schwänze tun Frauen was Böses.“

Na ja, und vergleiche ich meine eigenen früheren und heutigen Lebenswelten mit dem, was ich so vom Up-to-date-Feminismus mitbekommen habe klaffen da Welten auseinander. Dunnemals erzählte in meiner alten Basisgruppe die Veronika ( Namen geändert) sie könne an der nächsten Klausurtagung nicht teilnehmen, sie hätte da eine Abtreibung. Darauf fragte Karl: „Wann ist denn das freudige Ereignis?“ „Am Mittwoch“. „Dann nimm doch bis Sonntag teil, diskutier mit uns über Hartmann und Bourdieu, sauf und kiff und tanz mit uns und halte Dich von trüben Gedanken und unvermeidlich kommenden Ängsten fern.“ Was sie denn auch tat. Ein solcher Tonfall war für uns damals selbstverständlich.



Als kürzlich in meinem Fitnesscenter/Dojo/Sportclub eine von mir hochverehrte Frau


https://che2001.blogger.de/STORIES/2634656/
 
 
erzählte, dass sie Männer die mit leichteren Hanteln trainierten als "Mädels" nicht ernstnehmen könne, das seien keine Männer sondern Mäuschen, worauf eine Trainingspartnerin zu ihr sagte "Du bist ja auch voll das Tier."  bestätigte sich mir mal wieder dass die starken Frauen die ich kenne und schätze von der larmoyanten Art des Feminismus weit entfernt sind. Ich schätze kein Mann würde es wagen diese Frau sexuell zu belästigen weil man ihr ansieht dass sie ihn sofort niederschlagen würde, sie macht ja auch Kickboxen. Und dann versuchte ich mir die PC-Moralinfeministinnen oder wie Netbitch die nennt Jammerelsen daneben vorzustellen - was nicht ging. Ich glaube dass die von wirklicher individueller Emanzipation oftmals besonders weit entfernt sind, umso intensiver pflegen sie eine möglichst zwanghafte Ideologie.
 
 
Dann traf ich kürzlich auf einer Party eine Frau wieder gegenüber der ich mich im Zusammenhang mit einem Onenightstand vor Jahren einmal grenzüberschreitend verhalten hatte. In der PCMoralsphäre hätte das wahrscheinlich zu endlosen hochmoralisierten Debatten geführt. Nun, die Genossin sah das anders und freute sich ausgesprochen darüber mich wiederzusehen. Wir hatten ein sehr herzliches Gespräch.

Ein anderer Fall war eine Party auf der eine Frau mich nach einem Husten- oder Asthmamittel fragte und ich gab ihr Tabletten gegen Pollenallergie. Als sie die geschluckt hatte fragte sie ob das auch keine KO-Droge sei die sie willenlos machen sollte und ich erwiderte "Probiers aus, jetzt ist es eh zu spät!" Als die Party zu Ende war und ich nach Hause gehen wollte sagte sie "Ich bin jetzt willenlos!" und zerrte mich in ihren Schlafsack. Nachdem wir es eine Weile getrieben hatten sagte sie jetzt müsse Schluss sein sie müsste am nächsten Morgen noch mit dem Auto nach Hamburg was sie nicht könne wenn ich sie die ganze Nacht durchnudle, worauf ich erwiderte dann würde ich sie hinfahren und zurücktrampen, außerdem sei sie ja willenlos. Wir hatten dann noch viel Spaß miteinander.

In der Welt in der ich lebe wird heftig geflirtet, mit Komplimenten wie mit Anzüglichkeiten und dirty talking, auch in solch körperbetonten Umgebungen wie der Sauna – in der politisch korrekten Welt „da draußen“ hängt eine Sawsan Chebli einem Mann der sie mit „schöne Frau“ grüßt eine Anzeige wegen sexueller Belästigung an.
 
In meiner Welt tummeln sich überwiegend selbstbewusste sexpositive Frauen die sich ganz bestimmt nicht als Opfer sehen und nicht immer aber überwiegend als Feministinnen definieren. Aber mit dem Schuld-und-Buße-Denken und den Sprachumerziehungsdiskursen der feministischen Öffentlichkeit hat das keinerlei Berührungspunkte.

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