Erst viel später stellte ich fest, dass da was nicht stimmte. Ich hatte mir bis dahin unbekannte Schmerzen und war in meiner Beweglichkeit eingeschränkt. Meine liebe Mutter, die instinktiv wusste, was da nicht stimmte, schickte mir zum Trost meine beiden alten Teddys aus der Kindheit.
Ich ließ mir einen Termin beim Chirurgen geben, aber dazu kam es nicht mehr. Auf offener Straße brach ich zusammen und hatte dann einen ausgekugelten Arm. Ich bestellte mit dem Handy einen Rettungswagen und ließ mich saudummerweise stehend - nicht liegend - ins Klinikum einliefern. Da wartete ich dann vier Stunden in der Notaufnahme vor Schmerzen brüllend auf die OP. Die Aufsichtsfrau meinte, ich sollte leiser schreien, mein Gebrüll verunsichere die Kinder. Leute, die sich das Knie aufgeschlagen hatten wurden vor mir rangenommen, weil sie vor mir eingetroffen waren, eine alte Frau, die sehr schwer verletzt war und bei der ich fürchtete, dass sie sterben könnte wartete hinter mir. Neben mir unterhielt sich eine Kurdin mit ihrem ebenfalls schwer verletzten Sohn auf Kurdisch und ich fragte sie, ob sie Sorani oder Kirmanschih sprechen würde, sie erwiderte: „Sorani! Woher kennen sie diese Unterschiede, und wieso kennt ein Deutscher Kurdisch?“, und ich erläuterte ihr meine eigene Kurdistan-Solidaritätsgeschichte, bis ich vor Schmerzen nicht mehr sprechen konnte.
Als ich endlich in den OP kam wurde ich gefragt, ob man mir den Arm sofort ohne Betäubung einrenken solle, und ich sagte, am ganzen Körper zitternd, nee, gebt mir erstmal eine Spritze Ketanest. Sehr viel später wachte ich auf, zwei Zivis brachten mich vom OP auf die Intensivstation, und als ich denen erzählte, ich sei ein Bergsteiger und Klettersteiggeher meinte Einer, das könnte ich nie wieder machen.
Von der Intensiv auf die Normal gebracht erfuhr ich dann, dass ich einen vierfachen Trümmerbruch und anderthalb Liter Blut verloren hatte. Auf der Normalstation war ich der schwerstverletzte Patient, aber jammern taten Andere. Ich glaube, dass meine Verachtung für die Jammerlappen meinen Heilungsprozess wesentlich voranbrachte. Und dabei meinte telefonisch mein damaliger Chef, ich sei ja stimmlich und vom rechten Arm her nicht beeinträchtigt, da könne ich vom Krankenbett ja telefontechnisch arbeiten. Da steckten noch zwei Schläuche in mir drin. Es folgten weitere OPs, mir wurden eine Titanplatte und ein Knochentransplantat eingebaut, das von meinem Körper abgestoßen wurde. Die Schrauben, mit denen die Platte befestigt war schabten schmerzhaft in meiner Gelenkpfanne. Schließlich war es so weit, dass ich eine Totalprothese bekommen sollte. Ich fragte meinen Chefoperateur, ob ich damit noch klettern könnte, und er meinte, das wäre völlig unmöglich. Da erwiderte ich, dass es dann gut wäre, wenn ich aus der Narkose nicht wieder aufwachte, Klettern sei mein Lebensinhalt. Man setzte mir keine Prothese ein, sondern entfernte nur das implantierte Material. Ein halbes Jahr nach dieser OP war ich bei der öffentlichen Erstbegehung eines neuen Klettersteigs in den Alpen dabei. Ein Jahr nach der OP sagte mein Chirurg: „Wir operieren keine Befunde, keine interessanten Fälle und keine Diagnosen, wir operieren Menschen mit Interessen und Bedürfnissen."
Inzwischen hat sich, nach jahrelangem hartem Training und guter Physiotherapie, meine Schulter weitgehend selbst repariert, mein Röntgenbild war als medizinisches Wunder auf diversen Orthopädenkongressen, mein Arzt, der sich an einer Prothese eine goldene Nase verdienen könnte, verschreibt mir bis zum Lebensende Physiotherapie, und ich bin Sportkletterer. So geht es auch.
Das möchte ich als Sieg bezeichnen. Und bin da sehr stolz auf mich.
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Dafür zum Ausgleich scheint heute Spätsommer zu sein. Draußen unterwegs gewesen, und das war ja geredezu idiyllisch. Überall händchenhaltende und knutschende Pärchen unterwegs, Frau und Mann, Mann und Frau, Mann und Mann, Frau und Frau, alle Kombinationen, dazu kühne Mountainbiker, die in Vollausrüstung den Berg herunterrasen, auch Longboarder, haufenweise Hunde, die sich austoben. Temporäres Idyll.








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http://www.gmx.net/themen/wissen/weltraum/748frmm-einsteins-theorie-wackelt
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http://www.gmx.net/themen/nachrichten/panorama/128f6o4-v-mann-war-kleiner-adolf
http://www.spd-fraktion-niedersachsen.de/imperia/md/content/ltf/pressemitteilungen/pressemitteilungen/2011/16-3380_leuschner_bachmann_sch__nemann_rechtsverst__ndnis.pdf
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Diskussions- und Informationsveranstaltung
am Mittwoch, den 14.12. 13 bis 17 Uhr
im kargah, Hannover.
Veranstalterinnen sind:
Flüchtlingsrat Niedersachsen, Frauenhaus Hannover Frauen helfen Frauen e.V:, kargah, Kobra-Phoenix e.V., NTFN e.V., Rafaels-Werk, Stiftung Leben & Umwelt, VNB e.V.
Die Veranstaltung wird gefördert durch den Europäischen Flüchtlingsfond
Als Referentin ist Susanne Schröder, Deutscher Anwaltsverein, Rechtanwältin aus Hannover eingeladen, Kern der Veranstaltung sind drei thematische fallbezogene Workshops. .
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http://www.gmx.net/themen/nachrichten/ausland/528ewlc-jubel-ueber-berlusconi-abtritt
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Schön, so etwas auch mal aus diesem Spektrum zu lesen.
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http://www.masf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.268922.de
Pressemitteilung aus dem Ministerium
04.11.2011Asylbewerber sollen Bargeld statt Gutscheine erhalten | 117/2011
*Die Auszahlung von Bargeld an Asylbewerberinnen und Asylbewerber ist
mit dem Asylbewerberleistungsgesetz vereinbar. Das stellt das
Sozialministerium mit einem neuen Runderlass jetzt noch einmal klar, der
Mitte November im Amtsblatt veröffentlicht wird. Sozialminister Günter
Baaske: „Alle Kreise und kreisfreien Städte, die Geld an Asylbewerber
auszahlen, handeln rechtskonform. Ich wünsche mir sogar ausdrücklich,
dass in ganz Brandenburg Bargeld grundsätzlich den Vorrang erhält. Denn
das veraltete Gutscheinsystem ist für die Betroffenen in der Regel
völlig ungeeignet, zu teuer und auch diskriminierend.“*
Asylbewerber, die bereits länger als vier Jahre in Deutschland sind und
in einer eigenen Wohnung leben, erhalten in der Regel Bargeld. Baaske:
„Hier gibt es nur einen sehr eingeschränkten Ermessensspielraum. Ein
abweichendes Verwaltungshandeln kommt nur in ganz besonderen
Ausnahmesituationen in Frage.“
Er weist zugleich darauf hin, dass auch Bewerber, die kürzer in
Deutschland sind oder in Gemeinschaftsunterkünften leben, Barleistungen
erhalten können. Diese Entscheidung obliege dem Kreis oder der
kreisfreien Stadt. In Brandenburg zahlen mittlerweile fast alle
Landkreise und kreisfreien Städte an Asylbewerber Geldleistungen aus.
Baaske: „Die Rechtslage hat sich nicht verändert, aber mit dem neuen
Runderlass schaffen wir zusätzliche *Rechtssicherheit*.“
Baaske weiter: „Die Praxis hat eindeutig gezeigt, dass es viele Umstände
gibt, die für Bargeld sprechen. Das Gutscheinsystem ist für die
Verwaltung in der Regel aufwändiger. Den Asylbewerbern steht zum
Einlösen der *Gutscheine* oft nur eine kleine Anzahl an Läden zur
Verfügung, die nicht immer leicht erreichbar sind. Auf die Gutscheine
kann nicht immer Wechselgeld herausgegeben werden und damit geht Geld
verloren. Das alles sind gute Gründe, die eine Auszahlung von Geld im
Sinne des Asylbewerberleistungsgesetzes rechtfertigen.“
Unabhängig davon müsse das Asylbewerberleistungsgesetz dringend vom Bund
überarbeitet werden. Baaske: „Vor allem die *Regelsätze*, die noch aus
dem Jahr 1993 stammen, gehören endlich auf dem Prüfstand. Darüber hinaus
müssen endlich auch Bildungs- und Teilhabeleistungen für die Kinder von
Asylbewerberinnen und -bewerbern im Gesetz verankert werden“.
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Werde dann mal meine Kontakte in die Anthropologie nutzen.
Aus guten Gründen der Link in gebrochener Form:
http://de. metapedia.org/
wiki/Negride
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am 10.11.2011 soll es wieder eine Sammelabschiebung von Deutschland (Düsseldorf) nach Kosovo (Priština) geben.
Seit auf der Hut und findet raus, wer in eurer Umgebung betroffen sein könnte.
Wehrt euch, greift ein, geht dazwischen, schafft Öffentlichkeit!
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Mete Tuncer wurde auf Grund eines Auslieferungsantrages der Türkei am 25. Oktober 2011 in Recklinghausen verhaftet.
Mete Tuncer war im Rahmen des TIKB-Verfahrens (Bund revolutionärer Kommunisten der Türkei) bereits 11 Jahre lang im Gefängnis und kam im März 2009 frei, da sein Verfahren über 10 Jahre andauerte und er noch nicht rechtskräftig Verurteilt war. Im Mai 2010 wurde er von der türkischen Justiz zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Anschließend floh er im September 2010 nach Deutschland und beantrage politisches Asyl. Sein Asylprozess ist noch nicht abgeschlossen.
Nach seiner Inhaftierung wurde die „Freiheit für Mete Tuncer, Freiheit für alle politischen Gefangenen!“ Kampagne gestartet. Gemeinsam mit diesem Fall wurde gegen die Repressalien aufgerufen, die politische Asylbewerber der letzten Jahre erleiden mussten. Parteien und Abgeordnete, Juristen und Journalisten, Menschenrechtsbewegungen und Revolutionäre haben gemeinsam für die Freilassung Mete Tuncers mobilisiert.
Auch Mete Tuncer hat gegen diesen Angriff und diese Ungerechtigkeit protestiert, in dem er trotz seiner Diabetes-Erkrankung von dem ersten Tag seiner Inhaftierung an in einen Hungerstreik getreten ist.
Alle Anstrengungen und Bemühungen haben an diesem 2. November 2011 ihre Früchte getragen: Mete Tuncer wurde Freigelassen.
Wir danken allen Genossinnen und Genossen und unseren Freunden für die tatkräftige Unterstützung in diesem Fall. Wir danken all jenen, die mit ihrer Unterschrift ihre Stimme gegen diese Ungerechtigkeit erhoben haben und wir danken allen, die mit uns vor der JVA in Bochum Schulter an Schulter protestiert haben.
Dies ist unser gemeinsamer Sieg!
http://www.metetuncer.tk/
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Darf einem libanesischen Flüchtling, der im Vorschulalter mit seinen Eltern nach Deutschland floh und seit 26 Jahren in Deutschland lebt, unter Hinweis auf angebliche türkische Vorfahren ein Aufenthaltsrecht verweigert werden? Darf seiner ihm nach islamischem Ritus angetrauten Ehefrau, die im Jahr 2005 - nach siebzehnjährigem Aufenthalt in Deutschland - von ihrem Mann und ihren älteren Kindern getrennt und trotz einer bestehenden Schwangerschaft mit der einjährigen Tochter abgeschoben wurde, auch noch sieben Jahre später die Rückkehr zu ihrer Familie verweigert werden? Der Fall der Familie Siala / Salame aus Schellerten bei Hildesheim bietet einen tiefen Einblick in die Abgründe deutscher Ausländerpolitik. Die Geschichte handelt von dem Leid einer Flüchtlingsfamilie und von einem sozialdemokratischen Landrat, der auszuloten versucht, wie viel Unmenschlichkeit unser Rechtssystem zuzulassen bereit ist.
Die Familien Salame und Siala gehören der Minderheit der Mhallami an. Viele Angehörige dieser ursprünglich aus der Türkei stammenden arabischen Minderheit flohen ab 1920 vor der agressiven Türkisierungspolitik unter Atatürk in den Libanon, wo sie (fälschlich) als Kurden betrachtet, aber geduldet wurden und sich niederließen.
Im Zuge der Eskalation des libanesischen Bürgerkriegs suchten in den 1980er Jahren viele Mhallami - Familien erneut ihr Heil in der Flucht: Manche kehrten in die Türkei zurück, andere flohen nach Syrien. Einige Familien, die es im Libanon zu Ansehen und Besitz gebracht hatten, kämpften um eine Perspektive im Libanon. Wieder andere flohen nach Europa.
Die Familien Salame und Siala versuchten Mitte der 80er Jahre, der „Hölle von Beirut“ zu entkommen. Während Familie Siala bereits 1985 eine damals bestehende Lücke im europäischen Flüchtlingsabwehrsystem nutzte und per Direktflug aus Beirut nach Berlin floh, begab sich die Familie Salame 1987/88 auf den weitaus mühseligeren Fluchtweg über die Türkei nach Deutschland. Als „staatenlose Kurden“ erhielten beide Familien hier im Rahmen der niedersächsischen Bleiberechtsregelung von 1990 ein Aufenthaltsrecht.
Gazale Salame und Ahmed Siala waren zum Zeitpunkt ihrer Flucht sechs bzw. sieben Jahren alt. Sie absolvierten in Deutschland die Schule, lernten sich kennen und lieben und gründeten eine Familie. Wahrscheinlich wären sie längst eingebürgert, wenn der Landkreis Hildesheim ihnen – wie andere Ausländerbehörden in vergleichbaren Fällen – ihr Aufenthaltsrecht weiter verlängert hätte. Der Landkreis Hildesheim jedoch witterte Betrug: In aufwendigen Recherchen suchte die Ausländerbehörde nach Belegen dafür, dass die Vorfahren der Familien Siala und Salame aus der Türkei stammen könnten – und wurde fündig: Auszüge aus dem türkischen Personenstandsregister belegten nach Auffassung des Landkreises, dass die Väter bzw. Großväter von Ahmed und Gazale in der Türkei registriert seien und daher (auch) die türkische Staatsangehörigkeit besäßen. Daraufhin verweigerte der Landkreis Hildesheim im Jahr 2000 bzw. 2001 – ein ganzes Jahrzehnt nach der erstmaligen Erteilung eines Bleiberechts – die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und drohte beiden Bürgerkriegsflüchtlingen samt ihren Kindern die Abschiebung an. Die Familie wurde fortan nur noch „geduldet“.
Die Eltern der beiden seien, so der Landkreis zur Begründung, in der Türkei registriert. Als Kinder eines türkischen Vaters seien sie dem Staatsangehörigkeitsrecht der Türkei zufolge ebenfalls als türkische Staatsangehörige anzusehen und hätten daher ein Bleiberecht im Jahr 1990 zu Unrecht erhalten, denn dieses habe nur für libanesische und staatenlose Flüchtlinge gegolten. Das Argument, die beiden seien als unschuldige Kinder nach Deutschland gekommen und könnten doch nicht für ein etwaiges Fehlverhalten ihrer Eltern haftbar gemacht werden, ließ die Behörde nicht gelten, ebenso wenig den Hinweis, dass die Familie Siala im Jahr 1994 – neun Jahre nach ihrer Flucht aus dem Libanon also – auf ihren Antrag aus dem Jahr 1953 hin im Libanon eingebürgert wurde: Entscheidend sei nicht die aktuelle Staatsangehörigkeit, so der Landkreis, sondern die Staatsangehörigkeit im Jahr 1990.
Am 10. Februar 2005 ließ die Ausländerbehörde die zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alte Gazale Salame in die Türkei abschieben. Die Polizei überraschte die schwangere Frau in ihrer Wohnung, während ihr Ehemann gerade die Töchter Nura und Amina (7 und 8) zur Schule brachte. Gazale habe bei ihrer Einreise nach Deutschland im Jahr 1988 über ihre Identität getäuscht und ihre türkische Staatsangehörigkeit verschleiert, so der Landkreis in einer Presseerklärung. Allein mit der kleinen Tochter Schams (1) konnte Gazale nichts gegen die Abschiebung ausrichten. Am Abend lag sie bereits bei der Istanbuler Flughafen-Polizei auf dem nackten Betonfussboden, ohne ihren Mann und die beiden Töchter noch einmal gesehen zu haben. Gazale kam zunächst bei entfernten Bekannten der Eltern in Izmir unter. Unter erbärmlichen Umständen brachte sie am 31. August 2005 ihren Sohn Gazi zur Welt.
In Gazales Heimat Hildesheim wurde die Botschaft ihrer Deportation mit Erschrecken aufgenommen. Das Auseinanderreißen einer jungen Familie, die Situation des Vaters und der Töchter, die nach Hause kamen und das Verschwinden der Mutter und der kleinen Schwester feststellen mussten, rief spontanes Mitgefühl vieler Menschen und Empörung über die Ausländerbehörde hervor. Dieselbe gab sich allerdings vollkommen ungerührt. Die Abschiebung der jungen Frau sei vollkommen rechtmäßig gewesen, hieß es. Protesten und Demonstrationen begegnete die Behörde mit kaltschnäuziger Ignoranz. Auch die Trennung der Familie sei rechtmäßig gewesen, so der Landkreis. Vater Ahmed Siala und die verbliebenen Töchter müssten ebenfalls bald das Land verlassen. Offensichtlich spekulierte die Ausländerbehörde darauf, dass die Abschiebung Gazales ihren Ehemann zu einer „freiwilligen Ausreise“ in die Türkei bewegen würde. Dessen Verfahren war nämlich beim Verwaltungsgericht Hannover noch anhängig.
In vielen anderen Fällen wäre der Plan des Landkreises wahrscheinlich aufgegangen, und der Ehemann wäre seiner Frau in das ihm fremde Land gefolgt, dessen Sprache er nie gelernt hat. Aber Ahmed, der in Deutschland mit großen Begriffen wie Demokratie und Rechtsstaat aufgewachsen ist, entschloss sich, nicht klein beizugeben und für seine Rechte und die seiner Familie zu kämpfen – natürlich in der Hoffnung, vor Gericht Recht zu bekommen und eine Rückkehr von Gazale bald auf juristischem Weg zu erreichen.
Am 21. Juni 2006 entschied das Verwaltungsgericht Hannover zu seinen Gunsten: „Das ist sehr dünn“, urteilte der Vorsitzende Richter über die vom Landkreis angegebenen Gründe für den Entzug der Aufenthaltserlaubnis. Zur Herkunft der Familie führte das Verwaltungsgericht in bemerkenswerter Klarheit aus, dass aufgrund der vorliegenden Dokumente von einem jahrzehntelangen Aufenthalt der Familie im Libanon auszugehen sei. Auch sei die Aussage des vaters plausibel, dass er im Libanon geboren sei. „Daraus, dass die Nationalität der Eltern des Klägers in deren libanesischen Reiseausweisen mit „a l’étude“ eingetragen worden ist und diese Reiseausweise zur Rückkehr in den Libanon berechtigten, kann geschlossen werden, dass die Großeltern des Klägers sich und ihre Kinder im Anschluss an die Aufforderung bei der Volkszählung der Jahre 1951/1952 in die in den Jahren 1952/1953 angelegten Spezialregister für Staatsangehörigkeitsbewerber bei der Generaldirektion der Sicherheit (Sûreté Générale) in Beirut haben eintragen lassen ...“
Die Hildesheimer Landrätin Ingrid Baule kündigte nach Prüfung der Entscheidung an, eine möglichst schnelle und unkomplizierte Rückkehr seiner Frau und seiner beiden Kinder zu ermöglichen. Sie schrieb persönliche Briefe an den Innenminister und bat ihn dringend, eine Familienzusammenführung zuzulassen. Doch die Landrätin und die erleichterten Unterstützer hatten die Rechnung ohne den Wirt, Innenminister Schünemann, gemacht. Der wies den Landkreis kurzerhand an, gegen das Urteil Berufung zu beantragen, da es sich um einen „Präzedenzfall“ handele. Gegen daraufhin öffentlich laut werdende Vorwürfe setzte er sich in der lokalen Presse mit den Worten zur Wehr, er sei weder „eiskalt“ noch „erbarmungslos“, aber er müsse „eine rechtsstaatliche Lösung umsetzen“.
Zunächst sah freilich alles danach aus, als würde die Familie schnell zu ihrem Recht kommen: Nachdem Gazales Anwältin deren kurzfristige Wiedereinreise beim Verwaltungsgericht Hannover beantragt hatte, schlug der Richter am Verwaltungsgericht der Ausländerbehörde am 09. November 2006 vor, die Rückkehr aus verfassungsrechtlichen Gründen zu ermöglichen und Frau Salame sowie ihren Kindern eine befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG zu erteilen. Dies war nach der Rechtsauffassung des Gerichts verfassungsrechtlich geboten, da der inzwischen 15 Monate alte, in der Türkei geborene gemeinsame Sohn Gazi seinen Vater Ahmed Siala noch nie gesehen hatte. Diese Zeitspanne der Trennung sei, so das Verwaltungsgericht, nicht mehr mit Art. 6 GG (Schutz der Familie) vereinbar, da eine bisher nicht vorhandene Vater-Sohn-Beziehung die Entwicklung des Kindes nachhaltig stören könne.
Diesem richterlichen Hinweis hätte der neue Landrat Reiner Wegner, der noch im Wahlkampf öffentlich versprochen hatte, zugunsten der Familie „politisch Druck zu machen und mal energisch mit dem Innenminister zu verhandeln“, schlicht folgen und damit eine schnelle Deeskalation herbeiführen können. Stattdessen bat er den Innenminister um eine Stellungnahme, die erwartungsgemäß negativ ausfiel: Die Erteilung eines Aufenthaltsrechts an Gazale oder ihre Kinder komme „nicht in Betracht“, so das Land. Verfassungsrechtliche Bedenken des Richters bezüglich der Familientrennung würden nicht geteilt. Ahmed Siala habe „jederzeit die uneingeschränkte Möglichkeit“, die Beziehung zu seinen Kindern in der Türkei aufzunehmen. Er sei somit „selbst für die Familientrennung verantwortlich“, so der Innenminister. Der Landkreis schloss sich der Stellungnahme des Innenministers an und erklärte sich bereit, Ahmed Siala „bei der Beschaffung der notwendigen Ausreisepapiere zu unterstützen“.
Daraufhin verpflichtete das Verwaltungsgericht Hannover am 30. November 2006 den Landkreis Hildesheim, Gazale mit ihren Kindern die Einreise zu ermöglichen und ihr eine befristete Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Da das Verfahren von Ahmed Siala sich weiter in die Länge ziehen könne, sei eine Trennung das Familie nach Auffassung des Gerichts nicht mehr vertretbar. Gazale Salame und die Kinder sollten daher, so das Gericht, eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, bis das Verfahren von Ahmed Siala abgeschlossen und entschieden sei, ob ihm ein Aufenthaltsrecht zustehe.
Auch gegen diese Entscheidung erhob der Landkreis Hildesheim nach Rücksprache mit dem Innenministeriums Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht – und hatte damit Erfolg: Im Dezember 2006 hob das niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wieder auf und urteilte, dass Gazale nur im Rahmen der originären Visumsverfahrens – über einen Antrag an die deutsche Botschaft – nach Deutschland zurückkehren könnte. Ein Familiennachzug sei jedoch nur möglich, wenn ihr Mann Ahmed ein gesichertes Aufenthaltsrecht besitze. Die gegen diese Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht ohne jede Begründung nicht zur Entscheidung angenommen.
Am 27. September 2007 ereilte die Familie die nächste juristische Niederlage: Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht hob die Entscheidung der Verwaltungsgerichts auf und erklärte die Verweigerung einer Aufenthaltserlaubnis an Ahmed Siala mit der Begründung für rechtmäßig, Ahmed habe türkische Vorfahren und dies auch gewusst. Insofern habe er über seine Herkunft „getäuscht“ bzw. müsste das entsprechende Handeln seiner Eltern sich zurechnen lassen. Den Beweisantrag der Rechtsanwältin auf Feststellung, dass libanesische Dokumente den tatsächlichen, jahrzehntelangen Aufenthalt der Familie seit 1952 im Libanon belegten, lehnte der Vorsitzende Richter mit dem Hinweis ab, die Echtheit dieser Dokumente könne unterstellt werden. Auch ein Bleiberecht käme nicht in Frage, weil Ahmed im Jahr 2004 wegen Schlachtens ohne Hinzuziehung eines Veterinärs zu einer Strafe von 100 Tagessätzen verurteilt wurde. Mit einer perfiden, fast bösartigen Zirkelschlusslogik hielt das Gericht ihm ein fragwürdiges Verhältnis zum Rechtsstaat vor, weil er sich starrsinnig weigere zu akzeptieren, dass er Türke sei. Gegen diese verheerende Entscheidung legte die Anwältin Silke Schäfer Revision beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht fand am 27.01.2009 statt. In der mündlichen Verhandlung drängte Gerichtspräsidentin Frau Eckertz-Höfer darauf, Ahmed Siala nach den eindeutigen Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention zum Schutz des Privatlebens (Art. 8 EMRK) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die erstrebte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, um weitere jahrelange Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. “Der Fall schreit geradezu nach einer Lösung im Wege des Vergleichs”, so die oberste Verwaltungsrichterin. Wer seit 24 Jahren im Bundesgebiet lebe und sein Herkunftsland gar nicht kenne, habe ein nachvollziehbares Interesse daran, im Lande zu bleiben.
Als Revisionsinstanz befasste sich das Bundesverwaltungsgericht nicht mit der Feststellung der Sachlage, sondern nur noch mit ihrer juristischen Bewertung. Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellte „Täuschung“ über eine angebliche türkische Staatsangehörigkeit wurde vom Bundesverwaltungsgericht insofern als Faktum unterstellt, dürfe jedoch, so das BverwG, nicht herangezogen werden, um dem Sohn die Aufenthaltserlaubnis ohne eine Prüfung und Bewertung der Verwurzelung in Deutschland und der Bindungen an das angebliche Herkunftsland zu verweigern. Es könne und dürfe nicht sein, dass eine gut integrierte Person durch alle Maschen des humanitären Aufenthaltsrechts falle. Im Hinblick auf die bislang versäumte konkrete Bewertung der Integrationsleistungen von Ahmed Siala wies das Bundesverwaltungsgericht den Fall wieder an das Oberverwaltungsgericht zurück.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hinterließ bei Ahmed und Gazale wie auch bei den UnterstützerInnen eine gewisse Ratlosigkeit: Sollte man weitere Jahre ins Land gehen lassen und auf eine neue, diesmal vielleicht positivere Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts hoffen? Der Rechtsstreit könnte sich weitere Jahre hinziehen, wenn das Oberverwaltungsgericht bei seiner äußerst restriktiven Linie bleiben und – vielleicht mit etwas anderer Begründung – an einer Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis festhalten würde. Nach monatelangen Verhandlungen kam es Ende 2009 endlich zu einem Kompromiss mit dem Innenministerium zur Ermöglichung einer politischen Lösung über die niedersächsische Härtefallkommission: Sollte diese eine Annahme empfehlen, würde der niedersächsische Innenminister sich der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht widersetzen, so die Vereinbarung.
Der Versuch, die Tragödie der Familie durch diesen politischen Deal endlich zu beenden, endete in einem Fiasko: Von den sieben anwesenden Mitgliedern der Härtefallkommission stimmten in der entscheidenden Sitzung im Frühsommer 2011 vier für eine Annahme des Falls, zwei stimmten dagegen, ein Mitglied enthielt sich der Stimme. Das erforderliche positive Quorum von mindestens zwei Drittel der anwesenden Mitglieder war damit knapp verfehlt. Wie dies geschehen konnte ist ungeklärt. Es spricht viel für eine politische Intrige, da fünf Mitglieder der Kommission ihre Zustimmung zur Annahme des Falls erklärt hatten. Sicherlich spielte auch eine zweite Verurteilung von Ahmed Siala wegen „Nötigung“ zu 20 Tagessätzen eine Rolle – dieser lag eine verbale Auseinandersetzung mit der Lehrerin seiner Töchter zugrunde, deren Diskriminierung Ahmed beklagt hatte. Ein weiteres Nachbohren lohnt sich jedoch kaum: Die Mitglieder der niedersächsischen Härtefallkommission wurden vom Innenministerium mit Bedacht ausgewählt. Natürlich ist das Gremium politisch besetzt, und seine Entscheidungen spiegeln dies wider. Niedersachsen hat im Bundesvergleich weiterhin mit Abstand die geringste Quote an Härtefallentscheidungen: Nur rund 22 von 1 Mio. Einwohnern/innen in Niedersachsen sind Härtefälle. In Berlin sind es 592, im Saarland 266 und in Thüringen immerhin noch 184. Die Entscheidung der niedersächsischen Härtefallkommission im Fall Siala sagt insofern mehr über die fragwürdigen Kriterien der Entscheidungsfindung dieser Kommission aus als über den Fall selbst.
Erst nach der Entscheidung der Härtefallkommission wurden neue Fakten bekannt, die die Entscheidung der Härtefallkommission womöglich beeinflusst hätten und in jedem Fall für neuen Gesprächsstoff sorgten: Denn die Registrierung im türkischen Personenstandsregister, die nach Auffassung des Landkreises die türkische Herkunft von Ahmeds Vater Gazi belegen soll, enthält gravierende Fehler:
- ein DNA-Test kommt zu dem Ergebnis, dass ein auf dem Registerauszug genannter, angeblicher Bruder des Vaters kein Bruder sein kann,
- der Vater von Ahmed wird in dem Registerauszug als „ledig“ geführt, obwohl er zum Zeitpunkt seiner Registrierung längst verheiratet und Vater von sieben Kindern war, die alle im libanesischen Personenstandsregister geführt und registriert wurden.
Inzwischen liegt eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Bückeburg vom 13. September 2011 im Strafverfahren gegen einen im türkischen Register als Bruder von Ahmeds Vater geführten Mann vor. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Zeugenaussage sowie den Reisebericht eines Mitarbeiters der Hildesheimer Ausländerbehörde aus dem Jahr 2001 stellt das Landgericht fest, dass
- Einträge in türkische Personalregister auch von Dritten (z.B. Schulleitern) vorgenommen wurden,
- viele Personen offiziell gemeldet sind, die gar nicht in der Türkei gelebt haben,
- selbst Kinder in der Türkei registriert wurden, die in Deutschland geboren sind,
- das türkische Personenregister nicht verlässlich ist,
- der Vorwurf der „Identitätstäuschung“ daher unberechtigt und eine türkische Staatsangehörigkeit nicht gegeben sei.
Wenn jedoch die Einträge in das türkische Personenstandsregister derartig zwielichtig und fragwürdig sind, die libanesischen Papiere jedoch anerkanntermaßen den faktischen Aufenthalt der Familie Siala im Libanon belegen, wie kann dann noch der Vorwurf der „Täuschung“ aufrecht erhalten werden? Vor dem Hintergrund der neuen Fakten machten sich die Unterstützer/innen große Hoffnungen auf eine Neubewertung des Falls durch den Landkreis Hildesheim: Die Entscheidung aus dem Jahr 2001, der Familie die Aufenthaltserlaubnis wegen „Identitätstäuschung“ zu entziehen und Gazale im Jahr 2005 abzuschieben, musste nach Überzeugung der UnterstützerInnen aufgehoben werden.
Leider wurden diese Hoffnungen erneut enttäuscht: Auf 11 Seiten führte der Landkreis in einer Presseerklärung vom 20.10.2011 aus, warum der Landkreis trotz der o.g. Fakten an der Annahme einer türkischen Staatsangehörigkeit festhält (freilich ohne den infamen Täuschungsvorwurf zu wiederholen) und ein Aufenthaltsrecht nicht verdient habe. Auf die eigentlich entscheidende Frage aber gibt der Landkreis keine Antwort: Was hat Ahmed Siala mit der Türkei zu tun? Er hat dort nie gelebt, er hat das Land nie betreten. Der Landkreis behauptet dies auch gar nicht. Nach wie vor unwidersprochen ist die Feststellung des Verwaltungsgerichts Hannover aus dem Jahr 2006, dass die Familie Siala bereits Anfang der 50er Jahre im Libanon gelebt haben muss, und dass wahrscheinlich schon Ahmeds Vater 1945 im Libanon geboren wurde. Ahmeds Mutter und ihre Familie ist ausschließlich im Libanon registriert, es gibt hier keine Hinweise auf türkische Vorfahren (die, nebenbei bemerkt, natürlich alle früher einmal dem osmanischen Reich zugehörten). Belegt ist auch, dass alle 11 Geschwister von Ahmed in Beirut geboren sind, die Familie also durchgängig dort gelebt hat. Mit dem Verweis von Ahmed Siala auf das angebliche Herkunftsland seiner Großeltern verfolgt der Landkreis eine Vertreibungspolitik, die völkisch-rassistische Züge trägt und nach menschenrechtlichen Maßstäben inakzeptabel und verurteilungswürdig ist. Die Hauptleidtragende in diesem unerträglichen Drama ist Gazale Salame, die nach der Bekanntgabe der erneuten negativen Entscheidung vollkommen zusammengebrochen ist. Seit Jahren wird ihr erzählt, dass es bald zu einer Rückkehr kommen wird – vergeblich.
Was soll jetzt geschehen? Ahmed Siala hat immer wieder überlegt, zu seiner Familie in die Türkei zu gehen. Anfangs gab es die begründete, durch positive verwaltungsgerichtliche Entscheidungen beflügelte Hoffnungen auf eine schnelle Familienzusammenführung in Deutschland. Ein wesentlicher Hinderungsgrund war die in der Türkei fehlende Existenzgrundlage: Dem in der Türkei fremdem, sprachunkundigen und beziehungslosen Familienvater Ahmed Siala wäre eine Lebensunterhaltssicherung in diesem Land nicht möglich. Sämtliche weitere Geschwister, auch seine schwerkranken Eltern, leben in Deutschland. Vor allem aber wollen die mit Ahmed lebenden, mittlerweile 14- und 12-jährigen Töchter von einem Leben in der Türkei nichts wissen – auch sie fühlen sich als Deutsche.
Die Verantwortlichen im Landkreis Hildesheim, die die Abschiebung von Gazale im Jahr 2005 angeordnet haben, sind bis heute in ihren Funktionen. Sie werden vom Landrat und dem niedersächsischen Innenministrerium politisch gedeckt und führen ein Rückzugsgefecht um jeden Meter. Der Landrat selbst ist unerbittlich. Es ist nicht zu erwarten, dass er beim Tranchieren der Gänseleber über den eigentlichen Sinn des Weihnachtsfestes nachdenken und sich zu menschlichen Entscheidungen durchringen wird. Der politische Fall Gazale Salame geht also in die nächste Runde.
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«Verlassenserlaubnis»
Gericht stoppt den Saalekreis
VON DIRK SKRZYPCZAK, 01.11.11, 21:50h, aktualisiert 01.11.11, 23:43h
MERSEBURG/MZ. Juristische Niederlage für den Saalekreis: Die Behörde darf keine Gebühr verlangen, wenn geduldete Ausländer oder Asylbewerber Anträge stellen, weil sie Sachsen-Anhalt verlassen wollen, um innerhalb Deutschlands zu reisen. Pro sogenannter "Verlassenserlaubnis" hat der Kreis bislang zehn Euro kassiert. Die Regelung wurde jetzt vom Oberverwaltungsgericht (OVG) in Magdeburg für unzulässig erklärt. Der 2. Senat bestätigte damit ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle von 2010. Dagegen hatte der Saalekreis seinerzeit Berufung eingelegt.
"Ich begrüße das Urteil. Mir ist aus der ganzen Bundesrepublik kein Fall bekannt, in dem eine Behörde eine ähnliche Gebühr erhebt", sagte Karamba Diaby. Der gebürtige Senegalese ist Vorsitzender des Zuwanderungs- und Integrationsrates in Deutschland und SPD-Stadtrat in Halle. "Die Praxis des Saalekreises ist für unsere Bemühungen um Integration kontraproduktiv." Diaby forderte die Ausländerbehörde auf, die Entscheidung des Gerichtes zu akzeptieren. "Sonst nimmt das Ansehen des Kreises Schaden." Ähnlich äußerte sich Sebastian Lüdecke, Landeschef der Grünen. Das OVG habe die Rechte von Flüchtlingen gestärkt. "Nun muss ein Verfahren gefunden werden, wie das unrechtmäßig erhobene Geld zügig und unkompliziert zurückgezahlt werden kann." Nach seinen Angaben verfügen Asylbewerber nur über 20 Euro Taschengeld im Monat.
Komi E. aus Togo hatte 2007 den Stein ins Rollen gebracht, als der Alt-Saalkreis von dem heute 32-Jährigen die Reisegebühr verlangte. Dagegen war der Mann, der mittlerweile in Berlin lebt, zu Felde gezogen. Mit der Kreisgebietsreform 2007 hatte der Saalekreis die Regelung übernommen. Komi E. zeigte sich erleichtert: "Mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts dürfte wenigstens eine der Willkür-Praxen der Ausländerbehörden enden", verbreitete er am Dienstag über das Internet.
Der Saalekreis wollte sich nicht äußern und beantwortete auch keine Anfragen, wie viel Geld durch die Gebühr bereits eingenommen wurde. Begründung: Das Urteil sei noch nicht zugeschickt worden. Deshalb hält sich auch das Innenministerium mit einer Beurteilung zurück. "Wir sehen noch keinen Handlungsbedarf", so Sprecherin Anke Reppin. Gleichwohl habe das Ministerium vom Kreis eine Stellungnahme angefordert. So hatte der Kreis während der Berufung an der Gebühr festgehalten.
"Das Urteil wurde nicht öffentlich verkündet, das Ergebnis ist den Beteiligten aber sehr wohl bekannt", sagte OVG-Sprecherin Claudia Schmidt. Eine Revision habe das OVG nicht zugelassen. Der Kreis könne aber Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen. Im Saalekreis leben 234 geduldete Ausländer und Asylbewerber. Edward Sulek, Integrationskoordinator des Saalekreises, will das Gespräch mit der Ausländerbehörde suchen, "damit das Thema ein Ende findet".
http://www.mz-web.de/artikel?id=1319787628175
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Abschiebehaft auf dem Flughafen BBI verhindern! Abschiebeknast Grünau schließen!
Demonstration zum Abschiebeknast Grünau am 10. Dezember 2011 15 Uhr S-Bhf Spindlersfeld
Seit 1993 ist das Recht auf Asyl in Deutschland praktisch abgeschafft. Um 10.000 Abschiebungen pro Jahr sicherzustellen, wird massenhaft „polizeiliche Abschiebehaft“ angeordnet. Neben dem Abschiebeknast Berlin-Grünau, der 1994 eingerichtet wurde, soll nun im Transitbereich des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg-International (BBI) in Schönefeld eine weitere Haftanstalt gebaut werden. Unsere Demonstration am 10. Dezember richtet sich gegen das System der Abschiebehaft und gegen den Neubau auf dem BBI. Wir wollen uns mit einer großen Kundgebung vor dem Abschiebegefängnis Grünau mit den Inhaftierten solidarisieren.
:: Das System Abschiebehaft ::
In der Abschiebehaft werden Menschen eingesperrt, die keine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland besitzen. Die Haftanträge der Ausländerbehörden werden von den Amtsgerichten routiniert bestätigt – ein Recht auf anwaltliche Unterstützung gibt es nicht. Die Haft kann auf bis zu 18 Monate verlängert werden, wenn die Häftlinge den Behörden nicht helfen ihre eigene Abschiebung zu befördern. Faktisch handelt es sich bei der Abschiebehaft um eine Inhaftierung ohne Strafverfahren – um Haft ohne Straftat.
Abschiebehaft ist die konsequente Fortführung des gesellschaftlichen Ausschlusses von Migrant_innen und Flüchtlingen. Durch rassistische Sondergesetze werden Beschränkungen in allen Lebensbereichen auferlegt: Ein undurchsichtiges Netz von Gesetzen und Länderverordnungen, die durch Willkür und Entrechtung Migrant_innen abschrecken und ihren Zuzug verhindern sollen. Nach den Pogromen gegen Flüchtlingsunterkünfte vor 20 Jahren wurde dem Standortnationalismus mit der Grundgesetzänderung 1993 (dem sog. Asylkompromiss) in Richtung „Bedarfsorientierte Zuwanderung“ Rechnung getragen. Nicht mehr das Recht auf Asyl, sondern die Verwertbarkeit für die deutsche Wirtschaft steht im Vordergrund. Durch die EU-Osterweiterung, eine damit einhergehende europäisierte Abschottungspolitik und die sog. „Drittstaatenregelung“ wird es für Flüchtlinge immer schwieriger, die Bundesrepublik zu erreichen. So konnten letztes Jahr mit 41.332 Asylanträgen gerade einmal ein Zehntel derer von 1992 gestellt werden.
:: Berlin und Brandenburg bauen einen neuen Abschiebeknast ::
Großbaustelle Flughafen BBI: Was für viele das neue Tor in den Urlaub ist, soll für andere zum exterritorialen Endpunkt ihrer Flucht werden. Denn wie erst im Oktober bekannt wurde, soll auf dem neuen Großflughafen ein Abschiebeknast mit 30 Haftplätzen gebaut werden. Dieser ist eine späte Folge des Gesetzespakets von 1993, das beschleunigte Asylverfahren für fünf internationale Flughäfen vorsah und nun von Berlin und Brandenburg umgesetzt wird. Im sog. Flughafenverfahren werden über die Asylanträge von ankommenden Flüchtlingen bereits im Transitbereich entschieden. Nach einem außergerichtlichen Schnellverfahren soll ein Großteil der Flüchtlinge wieder abgeschoben werden. Als „hastig, unfair, mangelhaft“ bezeichnet Pro Asyl die jährlich rund 300 Flughafenverfahren auf dem Flughafen Frankfurt am Main.
Hand in Hand mit der Bundesregierung forcieren Berlin und Brandenburg auf dem BBI nicht nur den Ausbau des rechtlich umstrittenen Flughafenverfahren, sondern außerdem auch die Teilprivatisierung von Knästen. Denn mit der Versorgung und Betreuung wurde die Sicherheitsfirma B.O.S.S. beauftragt, die schon für den Abschiebeknast und die Zentrale Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge (ZAST) in Eisenhüttenstadt zuständig ist.
:: Abschiebeknast Grünau ::
Wie das System Abschiebehaft in Berlin umgesetzt wird, kann man im Abschiebeknast Grünau beobachten: Enge Zellen, miserable Versorgung, kaum Beschäftigung, stattdessen verordnetes Nichtstun. Zwar dürfen Handys benutzt werden, doch es fehlt an Geld für Telefongespräche, für die notwendigen Anwält_innen oder für Bücher und Anderes, um die erdrückende Langweile zu überbrücken. Besonders perfide hieran ist, dass jeder Tag im Knast die Häftlinge 65,26 Euro kostet. Dieser Betrag – zusammen mit den Kosten für die Abschiebung – ist von den ehemaligen Häftlingen zu begleichen, sollten sie noch einmal in die BRD einreisen. Ist eine erneute legale Einreise ohnehin nahezu unmöglich, wird sie so auch noch unbezahlbar.
Skandalös ist auch die medizinische Versorgung in der Berliner Abschiebehaft: Schwerkranke werden erst nach langen Verzögerungen behandelt, Menschen mit gefährlichen Infektionskrankheiten teilen Zellen mit gesunden Häftlingen und Suizidgefährdete werden in Einzelzellen isoliert, was die Suizidgefahr deutlich erhöht. Was auf den ersten Blick nach bedauerlichen Mängeln aussieht, hat Methode: Im Knast gibt es kein unabhängiges medizinisches Personal, sondern lediglich den polizeiärztlichen Dienst, dessen Hauptaugenmerk nicht auf der Gesundheit der Häftlinge, sondern auf deren „Reise- und Verwahrfähigkeit“ liegt.
Viele der hier genannten Punkte bemängelte auch die Länderkommission zur Verhütung von Folter im Oktober 2011. Das Ziel kann jedoch nicht die graduelle „Verbesserung“ oder die „Humanisierung“ des menschenverachtenden Systems der Abschiebehaft sein, sondern nur dessen ersatzlose Abschaffung. Statt sich für die Abschaffung der Abschiebehaft im Bund einzusetzen und bis dahin zumindest auf Landesebene nach Regelungslücken zu suchen (wie es in Rheinland Pfalz von rot-grün zumindest diskutiert wird) lässt sich Berlin die Haft was kosten: In Grünau werden gerade 18 Personen festgehalten, bei einer Gesamtzahl von 214 Haftplätzen und 192 Mitarbeiter_innen.
:: Widerstand im Knast::
Immer wieder gibt es Widerstand von Inhaftierten in Grünau. Zuletzt in die Öffentlichkeit geriet der Fall von Victor Atoe. Wie er treten immer wieder Abschiebehäftlinge in Hungerstreik oder sehen sich dazu gezwungen, sich selbst zu verletzen, um eventuell aus der Haft entlassen zu werden. Im Sommer 2005 kam es zu kollektiven Widerstandsaktionen, zeitweise verweigerten mehr als 60 Insassen das Essen in der Haftanstalt. Die Antirassistische Initiative Berlin dokumentierte innerhalb dieses dreimonatigen Streiks 44 Selbstverletzungen, darunter Suizidversuche. Der Haftalltag ging regulär weiter, Häftlinge kamen in Isolierzellen und wurden abgeschoben.
:: Solidarität!::
Mit der Demonstration richten wir uns gegen Abschiebehaft und den Ausbau des Flughafenverfahrens. Solidarisch sein kann neben der Demo auch heißen, den Inhaftierten den Zugang zu Ressourcen zu verschaffen, die sie für ein schnelles Rauskommen benötigen: Geld für Anwält_innen, Handy und Gesprächsguthaben, aber auch Bücher und DVD's, um die Langweile zu überbrücken und nicht an den Bedingungen kaputt zu gehen. Wir rufen deshalb auf, regelmäßig Geld oder Sachspenden (funktionsfähige Handys, Telefonkarten, Bücher, DVD's in den Sprachen der Inhaftierten) bei der Initiative gegen Abschiebehaft abzugeben. Mit unserem Protest reihen wir uns auch in den gegen weitere migrations- und sicherheitspolitische Verschärfungen ein, wie sie am 8. und 9. Dezember in Wiesbaden auf der 193. Innenministerkonferenz in die Wege geleitet werden sollen. Auch Silvester wollen wir mit einer Kundgebung vor dem Abschiebeknast ziehen, um unserer Wut und Solidarität Ausdruck zu verleihen.
Infoveranstaltung: Freitag, 2. Dezember 2011, 18 Uhr, K9 (Kinzigstr. 9) Veranstaltung zur Abschiebehaft und dem neuen Abschiebeknast auf dem BBI
Demonstration zum Abschiebeknast Grünau: Samstag, 10. Dezember 2011, 15 Uhr S-Bhf Spindlersfeld:
Mit: Krach und Musik gegen den Abschiebeknast, Grüße nach Drinnen und Draußen, Wunschdisco und Polit-Projektionen, Vokü und Getränke, Aktionen und Infos, Live-Act.
Geldspenden können überwiesen werden werden an:
Name: Flüchtlingsrat Berlin
Verwendungszweck: „In den Knast“
Kto. Nr.: 311 68 03
BLZ: 100 205 00 (Bank für Sozialwirtschaft)
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Dienstag, 1. November 2011
Talibo, 7 Jahre alt wird Donnerstag abgeschoben !
Er und seine Familie: der herzkranke Vater, die Mutter, die große
Schwester.
Sie sollen aus ihrem Alltag, aus ihren Schulklassen raus, in den Flieger und
nach Serbien abgeschoben werden.
Wo sie als Romakinder kaum Chancen auf Unterricht mehr haben werden.
Wo der Vater garantiert keine medizinische Versorgung mehr erleben wird.
Donnerstag früh werden sie abgeholt aus ihrer Unterkunft obwohl der Vater Herzbeschwerden hat.
Dieser kleiner Junge der innerhalb eines jahres deutsch gelernt hat und
sich hier zuhause fühlt,
zeigt die Perversität der politischen Entscheidungen. Olaf Scholz sagte
gestern dass alle kinder die deutsch können, integriert sind und
arbeiten, sollten ein deutschen pass beantragen.
Und aus andere länder sollten wieder arbeitskräfte geholt werden.
Gleichzeitig sollten die kleine und große Talibos, die hier leben, und
sich zuhause fühlen,
abgeschoben werden.
wir sagen: wir wollen mit den Talibos ,Salijanas, Marijas, Drajkos
zusammenleben!
Alle bleiben!
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1. Veranstaltungsrundreise mit drei malischen AktivistInnen im November:
Ab nächste Woche werden drei AktivistInnen des malischen Flügels von „Afrique-Europe-Interact“ auf zahlreichen Veranstaltungen über soziale Kämpfe in Westafrika berichten – inklusive Prozessbeobachtung am 10.11. beim Oury Jalloh-Prozess in Magdeburg. Eigens hervorgehoben sei ein eintägiger Workshop in Berlin, bei dem es unter anderem um die Frage gehen soll, wie die Umbrüche in der arabischen Welt in Mali bzw. Westafrika aufgenommen wurden.
Die Termine im Einzelnen:
09. November (MI): Berlin – Abend-VA im Rahmen des „globale Filmfestivals“ (Näheres: siehe unten)
10. November (DO): Magdeburg – Prozessbeobachtung beim Oury Jalloh-Prozess mit Kundgebung (Zeit: 9 Uhr)
11. November (FR): Biesenthal (Kulturbahnhof Biesenthal, Bahnhofsplatz 1, Zeit: 19:00 Uhr)
12. November (SA): Berlin/Tagesseminar (Näheres: siehe unten)
13. November (SO): Bremen (Mediencoop-Bremen/Etage 3, Schildstrasse 12-19, Zeit: 16:00 Uhr)
15. November (DI): Amsterdam (De Nieuwe Liefde, Da Costakade 102, Zeit: 19:30 Uhr)
16. November (MI): Köln (Naturfreunde-Haus Köln-Kalk, Kapellenstraße 9a, Zeit: 19:30 Uhr)
17. November (DO): Göttingen (Zeit & Ort wird noch bekannt gegeben: www.afrique-europe-interact.net)
18 bis 20. November (FR-SO): NoBorder-Konferenz in Frankfurt/Main (vgl. http://conference.w2eu.net/)
21. November (MO): Freiburg (Zeit & Ort wird noch bekannt gegeben: www.afrique-europe-interact.net)
22. November (DI): München (Hausprojekt Ligsalzstraße 8, Zeit: 19.30 Uhr)
23. November (MI): Wien/Film (Schikaneder-Kino, Margaretenstraße 24, Zeit wird noch bekannt gegeben – Publikumsgespräch zum Film "...denn wir leben von der gleichen Luft“.)
24. November (DO): Wien (Campus-Gelände der Uni Wien, Spitalgasse/Ecke Alserstraße, Zeit: 18 Uhr)
2. Neue Broschüre von Afrique-Europe-Interact:
Pünktlich zur Rundreise wird am 11.11. eine neue Broschüre unseres Netzwerks erscheinen (zweisprachig deutsch/französisch, 124 Seiten): Unter dem Titel „Mouvements autour des frontiérs/Grenzbewegungen“ werden ausgehend von der Bamako-Dakar-Karawane im Januar/Februar 2011 Berichte, Interviews, Analysen, Bilder etc. zu den drei Bereichen „Migrationsbewegungen“, „Gerechte Entwicklung“ und „Transnationale Organisierung“ erscheinen. Die Broschüre kann gegen Spende bei nolagerbremen@yahoo.de bestellt werden.
3. NoBorder-Konferenz vom 18. bis 20. November in Frankfurt/Main:
Während der Rundreise werden wir uns als Afrique-Europe-Interact auch an der NoBorder-Konferenz in Frankfurt beteiligen, geplant sind Workshops (teilweise zusammen mit Dritten) zu Kämpfen von Frauen in Westafrika, zu Selbstorganisierung von Abgeschobenen in Mali und zu Landgrabbing. Aber auch jenseits dieser Workshops sei ausdrücklich zur Teilnahme an der Konferenz eingeladen: http://conference.w2eu.net/
4. Spenden:
Transnationale Organisierung ist nicht ganz billig – zumal Solidarität und politische Intervention eng zusammen gehören. Afrique-Europe-Interact ruft daher zu (steuerlich absetzbaren) Dauer- oder Einmalspenden auf – wobei ausdrücklich darauf hingewiesen sei, dass jeder Betrag willkommen ist!!! Mehr Informationen zur aktuellen Spendenkampagne „11 x 1.000 Euro: Umverteilung praktisch angehen! Spendenkampagne für Basisintiativen in Mali“. finden sich auf www.afrique-europe-interact.net
5. Webseite:
Wer mehr über diese Dinge wissen möchte (inklusive Hintergrund-Analysen, Videos etc.), möge bitte jene Webseite besuchen: www.afrique-europe-interact.net
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dieStaatsanwaltschaft ein neues Jury Verfahren beantragen, um die Hinrichtung Mumias zu erreichen.
Dadie Staatsanwaltschaft keine Rechtsmittel dagegen einlegte, hat dieAntragsphase (180 Tage) für ein solches Jury Verfahren inzwischenbegonnen. Obwohl es hierbei noch nicht um die Freilassung von
Mumiageht, markiert diese Entscheidung einen Meilenstein im Kampf umMumias Leben. Die Staatsanwaltschaft müßte riskieren, Mumia vor einer neugewählten Jury und mit der Möglichkeit neuer Beweisanträgeerneut zum Tode verurteilen zu lassen. Auch wenn das einzige anderemögliche Strafmaß hier
Lebenslänglich ohne Bewährung wäre,besteht aus Sicht der Behörden die große Wahrscheinlichkeit, dieHaltlosigkeit ihrer Anschuldigungen gegen
Mumia juristisch bestätigtzu bekommen. Ausführliche Hintergründe zu diesem Szenario findensich hier:
http://de.indymedia.org/2011/10/318374.shtml
MumiaAbu-Jamal hat die Lage selbst in einem Radio Interview erklärt.Neben seiner Situation redet er dort auch über die Justiz im allgemeinen, die Anti-Todesstrafenbewegung oder den Gefangenenhungerstreik in Kalifornien.
(http://www.prisonradio.org/10-23-11InterviewJR.html).
MumiasVerteidigung kündigte an, nun endlich ein neues Verfahrendurchsetzen zu wollen. Dazu ist es nötig, einen völlig neuenVerfahrensstrang zu
eröffnen, da alle vorangegangenen Bemühungenvon der Justiz z.T. unter Bruch der US Verfassung abgelehnt wordensind. Momentan durchsucht eine
"Law Firma" die gesamtenAkten aus Mumias fast 30-jähriger Rechtsgeschichte, um neue Ansätzezu formulieren, unterbliebene forensische
Untersuchungen nachzuholen,neue Zeug_innen zu suchen etc. Ziel ist es, noch 2012 einen neuen Verfahrensantrag einzureichen.
Dasalles kostet sehr viel Geld. Mumias Verteidigung kalkuliert mitungefähr 100.000$, von denen momentan nur ein Bruchteil vorhandenist. In Absprache mit Mumias Verteidigung und der National LawyersGuild aus den USA sammelt die Rote Hilfe in der Bundesrepublik Spenden genau dafür:
RoteHilfe e.V.
Konto-Nr:19 11 00 462
BLZ:440 100 46
PostbankDortmund
Stichwort:Mumia
Wirmöchten euch alle bitten, nach euren Möglichkeiten dafür zuspenden und
auch Freunde und Bekannte darum zu bitten.
Parallelzu den neuen juristischen Entwicklungen hat eine Freilassungskampagnefür Mumia Abu-Jamal begonnen (siehe auch "Nachrichten
aus derBewegung" weiter unten). In den kommenden Monaten gibt es vieleGelegenheiten, auf Mumias anhaltende Haft, die Lage der
politischenLangzeitgefangenen, die Gefängnisindustrie und die Abschaffung derTodesstrafe aufmerksam zu machen:
-Mumias 30. Haftjahrestag am 9. Dezember 2012
-UN Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 2012
-Tag der politischen Gefangenen am 18. März 2012
-Mumias (voraussichtlich) 30. Geburtstag in Haft am 24. April 2012
Gemäßder Parole "Wir sind nicht alle - es fehlen die Gefangenen"wird Mumia in den nächsten Wochen auch bei den Protesten gegen dieCastortransporte,
den anhaltenden Krieg in Afghanistan und diedazugehörige Konferenz in Bonn oder auf der Rosa-Luxemburg-Konferenzdurch Beiträge und olidaritätsaktionen präsent sein.
Genauwie zu den Spenden für die Verteidigung möchten wir euch
alleaufrufen, zu überlegen, wo und wann ihr die Forderung nach
MumiasFreilassung in eure eigene Arbeit aufnehmen könnt.
Solltedie Todesstrafe für Mumia bald vom Tisch sein, werden wir
allegemeinsam ihn endlich aus dem Hochsicherheitstrakt holen: FREE
MUMIA!http://www.freiheit-fuer-mumia.de
"OnDecember 9, 1981, the police attempted to execute me in the street.This
trial is a result of their failure to do so." - MumiaAbu-Jamal
Undgenauso halten wir an der Forderung nach Abschaffung der
Todesstrafefest. In der kommenden Woche plant der US Bundesstaat Texas,
denGefangenen Hank Skinner zu ermorden, obwohl Gerichte angeordnethaben,
die Vorwürfe gegen ihn komplett neu zu untersuchen. Esbestehen massive
Zweifel an der Schuld des wegen Mordes zum Tode Verurteilten.
Hintergründe, Flyervorlagen und wichtige Adressen:
http://de.indymedia.org/2011/10/319093.shtml
Zumweiteren Inhalt:
1.***Nachrichten aus der Bewegung
2.***Termine
3.***Abschaffung der Todesstrafe - jetzt und überall!
4.***Solidarität mit Gefangenen
-----------------------------------
1.***Nachrichten aus der Bewegung
(Video)30 Jahre im Todestrakt - Freiheit für Mumia Abu-Jamal!
http://www.youtube.com/watch?v=HhE_C6libEY
Act-Invor der Frankfurter Buchmesse (Artikel, Audios, Video,
Fotos,Redebeiträge)
http://freiheit-fuer-mumia.de/actin.htm
Spendenfür Mumias Verteidigung auf das Konto der Roten Hilfe e.V.
http://www.rote-hilfe.de/index.php/77-news/69-free-mumia
FreeMumia Abu-Jamal Now: 30 Unconstitutional Years on Death Row areEnough!
(23.10.11 - engl) http://thiscantbehappening.net/node/866
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Malcolm X featuring Eldridge Cleaver.
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http://www.noahsow.de/blog/2011/10/27/festival-du-racisme-in-fulda/
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26.10.2011
An die Öffentlichkeit,
Mete Tuncer wurde am 25. Oktober 2011 in Recklinghausen verhaftet, vor einen Strafrichter gestellt
und befindet sich nun im Gefängnis.
Auf Grund eines Suchbefehls der Interpol soll Mete Tuncer dem türkischen Staat ausgeliefert werden.
Begründet wird dies mit der „Gefahr, die von ihm gegen den Staat“ ausginge. Diese Auslieferung
würde sich an eine Serie von Abschiebungen fortschrittlicher und revolutionärer Menschen
durch europäische Staaten an die Türkei reihen. Yusuf Karaca, Süleyman Şahin, Zeynep Yeşil,
Veysel Çınar, Binali Yıldırım und Muzaffer Ayata sind nur einige Beispiele von vielen.
Mete Tuncer war im Rahmen des TIKB (Bund revolutionärer Kommunisten der Türkei) Verfahrens
bereits 11 Jahre lang im Gefängnis und kam im März 2009 frei, da sein Verfahren über 10 Jahre andauerte
und er noch nicht rechtskräftig Verurteilt war. Im Mai 2010 wurde er von der türkischen
Justiz zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Anschließend floh er im September 2010 nach
Deutschland und beantrage politisches Asyl. Sein Asylprozess ist noch nicht abgeschlossen. Im Fall
einer Auslieferung droht ihm eine lebenslange Haftstrafe in der Türkei, obwohl er in Folge der Folter
und harten Gefängnisbedingungen, schwerwiegende gesundheitliche Probleme hat. Dies und die
ihm drohende Folter in türkischen Gefängnissen machen diesen Umstand lebensgefährlich.
Der deutsche Staat, der in den EU Verhandlungen gerne auf das Demokratiedefizit der Türkei aufmerksam
macht und die bis heute andauernde Folter in türkischen Gefängnissen kritisiert, unterstützt
willkürliche Auslieferungen von fortschrittlichen und revolutionären Menschen an die türkische
Justiz.
Die Verhaftung von Mete Tuncer und seine Inhaftierung sind willkürlich. Wir rufen die Öffentlichkeit
dazu auf, gegen diese Maßnahme zu reagieren und den Fall aufmerksam zu verfolgen. Wir rufen
zu Solidarität mit Mete Tuncer, zu Protesten gegen diese willkürliche Verhaftung und für die
Freilassung von Mete Tuncer zu demokratischen Aktionen auf.
*Freiheit für Mete Tuncer!
*Mete Tuncer soll sofort entlassen werden!
Lebenswerte Welt (Die Türkische Zeitung)
Lebenshaus e.V
Yek-Kom (Föderation Kurdischer Verein in Deutschland)
ATIF (Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland)
International Solidarität Komitee mit dem Politische Gefangenen
ADHK (Konföderation für Demokratische Rechte in Europa)
AGIF (Föderation der ArbeitsimmigrantInnen in Deutschland)
Kontakt: yasanacakdunya@yahoo.com
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Die Sparkassentante erwiderte, er sei doch aber schon vor ein paar Tagen dagewesen und habe das Geld bestellt. "Nein", erwiderte James, ich habe den Termin telefonisch gemacht." "Dann war das ihr Freund. Macht aber auch gar nichts, zwischen allen diesen Ländern sind das ja nur ein paar Cent Unterschied."
Aua. Da war irgendein Schwarzer in der Bank gewesen, der mit James überhaupt nichts zu tun hatte. Der Halbsatz "zwischen allen diesen Ländern sind das ja nur ein paar Cent Unterschied." kam James wie die völlige Entwertung seiner Identität vor. Frau Sparkasse wird der Auffassung sein, dass sie es nur gut gemeint habe, jaja.
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http://de.wikipedia.org/wiki/Die_120_Tage_von_Sodom_(Film)
Um es vorweg zu nehmen: Ich halte diese Film für ein Meisterwerk. Nicht nur als Umsetzung des Buchs von de Sade, sondern als Parabel auf den Faschismus, dessen Stützen der Gesellschaft in Form der Viererbande verkörpert sind, mit je Tätergruppe un terschiedlichen Vorlieben und Gewohnheiten (z.B. hält sich der Monsignore beim Vergewaltigen und Foltern eher zurück und übernimmt die Rolle des Voyeurs, ist aber trotzdem eine der treibenmden Kräfte, was sowohl der Rolle der katholischen Kirche im Faschismus als auch der der Priester bei der Inquistion entspricht.
Es gibt Leute, die mein Interesse an diesem Film teilen, teilweise zu Symbolik und Hintergründen der Charaktere viel mehr wussten als ich und mir mit ihrem Wissen und ihrer Beobachtungsgabe sehr auf die Sprünge halfen, andere schreckte die exzessive Gewalt und Dinge wie Scheiße fressen einfach nur ab.
Gar nicht diskutieren konnte man diesen Film mit dem Großteil meines engeren Szeneumfelds. In meiner letzten WG dachte ein Wohngenosse und damals enger Freund, es handele sich schlicht um einen Hardcoreporno, wobei er auch noch die 120 Tage und Fellinis Stadt der Frauen für ein und densdelben Film hielt. Als ich ihm Inhalte und Unterschiede erklärte war er entsetzt. Entsetzt darüber, dass ich diese beiden Filme gesehen hatte, denn für ihn war eisenhart klar, dass ein Linker sich so etwas nicht ansieht. Die Antipornohaltung mancher GenossInnen war analog der Einstellung, die ein Mensch des 14. Jahrhunderts zum Teufel gehabt hätte. Noch nicht einmal Brian de Palmas "Der Tod kommt zweimal" war in Szenekreisen sehbar, da nach Auffassung einiger Leute bereits die ersten 5 Minuten so voller Sexismus starrten, dass lautstark "abschalten!" verlangt wurde.
Völlig anders reagierten ein paar aus Indien stammende Kumpel auf die 120 Tage von Sodom: Die fanden ihn gut, nahmen ihn aber als gutgemachte Mischung aus Porno und Splatterfilm wahr. Dies waren neben den für sie im Mittelpunkt und Vordergrund stehenden Bollywood-Produktionen die Filmsorten, die sie am Meisten konsumierten, und die gesamte europäische Geschichte war ihnen völlig unbekannt, sie konnten auch mit dem Namen Mussolini nichts anfangen (Hand aufs Herz: wer weiß schon, was Jainas sind oder was die Yogacaras war?). Tja, es gehört halt ein bestimmter kultureller Kontext dazu, innerhalb dessen man einen Film schaut.
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von Hilfe zum Lebensunterhalt in Form von Bargeld um: Rund 70% der
Flüchtlinge in Deutschland erhalten mittlerweile Barleistungen, 15%
bekommen Gutscheine, 15% Sachleistungen.
Allein diese Zahlen verdeutlichen, wie absurd die Argumentation des nds.
MI ist, die Auszahlung von Bargeld an Asylsuchende und Geduldete nach
AsylbLG sei "rechtswidrig". Auch weiterhin hält das Land Niedersachsen
freilich nicht nur starrsinnig an seiner Rechtsauffassung fest, sondern
verpflichtet auch die Landkreise und kreisfreien Städte zur Ausgabe von
Gutscheinen.
Wir hatten es zumindest in einzelnen Kommunen schon mal hinbekommen, die Gutscheinregelung durch massenweisen Umtausch gegen Bargeld und öffentlich inszenierte Großeinkäufe von Deutschen mit Gutscheinen und zeitgleichem Storno an sämtlichen Kassen mehrerer Supermärkte gleichzeitig zu kippen. Nun denn, auf einen solidarisch bewegten Herbst!
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http://metalust.wordpress.com/2011/10/25/die-macht-kommt-von-unten/#comment-15338
hierhin, wichtige Informationen dazu, was gerade andernorts abgeht (was unterscheidet Europa eigentlich noch von Nordafrika? Vielleicht, dass hier Demokratiebewegungen keinen Erfolg haben?)
http://aureliane.blog.de/
und hierhin, einfach nur schön, aber auch ein wichtiger Kommentar zu den Themen, die ja auch hier von großer Bedeutung sind
http://rebellmarkt.blogger.de/stories/1918654
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