http://maedchenmannschaft.net/die-einkaufsgenossenschaft-antirassistischen-widerstandes-edewa-oeffnet-ihre-pforten/
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04.-07. Dezember 2012 | Rostock: Innenminister beraten über ein Bleiberecht für geduldete Flüchtlinge. Von der Abschiebung bedrohte Jugendliche veranstalten ein Protestprogramm und wählen den Abschiebeminister 2012.
Anton darf nichts lernen und nicht arbeiten. Er ist 18 Jahre alt, spricht vier Sprachen und wäre gerne Arzt. „Höre auf mit der Träumerei, sagt seine Mutter“. Die Familie haust in einem Lager, das Essen wird zugeteilt, in die nächste große Stadt fahren ist verboten. Als Antons Bruder eine Blinddarmentzündung bekam, starb er fast, weil er Angst hatte, zu sagen, er habe Bauchschmerzen. „Ich kriege doch keinen Krankenschein für Bauchschmerzen“, sagt er und guckt aus dem Fenster in die trostlose Landschaft des Lagers. Was ist da los, fragt man sich. Was hat Anton getan? Antons Problem ist ganz einfach, dass er gar nicht Anton heißt, sondern Ahmed oder Shaban. Seine Eltern sind vor 10 Jahren nach Deutschland geflohen vor Granaten und Minen, vor Vergewaltigung und Terror und seitdem werden sie in Deutschland nur geduldet. Denn die Behörden hoffen noch immer auf eine Abschiebung. „Ich dachte, in Deutschland bin ich endlich frei“, sagt Anton bzw. Ahmed.
Von 85.000 Geduldeten in Deutschland lebt die Hälfte schon länger als 6 Jahre mit einer Duldung, der sogenannten „Kettenduldung“. Unter Ihnen sind 12.000 Minderjährige. Ein Leben mit Duldung bedeutet neben der permanenten Angst vor der Abschiebung, ein Ausbildungs- und Arbeitsverbot, Residenzpflicht, Wohnen in Lagern, Ernährung durch Essenspakete und weitere diskriminierende Sonderregelungen per Gesetz.
Menschen ohne Papiere werden auf diese Weise grundlegende Menschenrechte wie der Zugang zur Bildung, eine Gesundheitsversorgung und der Anspruch auf Sozialleistungen verweigert.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 2012 das Asylbewerberleistungsgesetz für verfassungswidrig erklärt und einen ersten wichtigen Schritt in Richtung einer Gleichbehandlung von Flüchtlingen gemacht. Nun müssen auch Ausbildungs- und Arbeitsverbote, die Residenzpflicht und das Wohnen in Lagern abgeschafft werden.
Eine wirkliche Perspektive und Gleichbehandlung kann jedoch erst mit einem Bleiberecht für alle auf den Weg gebracht werden. Obwohl bereits mehrere Bleiberechtsregelungen in den vergangenen Jahren beschlossen wurden, ist das Leben mit einer „Kettenduldung“ immer noch für viele betroffene Menschen eine ernüchternde Praxis. Die Regelungen der Vergangenheit zeigen die Einsicht der Politik, hieran etwas ändern zu müssen, gleichzeitig verdeutlichen sie aber auch ihre Unfähigkeit, wirkliche Lösungen zu finden. Es werden tagtäglich immer noch viele geduldete Flüchtlinge abgeschoben, obwohl sie seit mehreren Jahren in Deutschland leben und ihre Kinder hier geboren oder aufgewachsen sind.
Um gegen diese entwürdigenden Zustände zu kämpfen und endlich eine Bleiberechtsregelung für alle durchzusetzen, treffen wir - Jugendliche ohne Grenzen (JoG) – uns wieder zur Innenministerkonferenz (IMK). Diesmal ist der Schauplatz unserer Aktivitäten Rostock. Wir wollen mit euch zusammen mit vereinigten Kräften für ein echtes Bleiberecht demonstrieren. Lasst uns gemeinsam Kettenduldungen abschaffen und ein Bleiberecht für alle erlangen!
Unter dem Motto „Recht auf Bleiberecht! Dulden heißt beleidigen“ veranstalten wir unsere Jugendkonferenz vom 04.12 – 07.12.2012. Am 06.12. wird bei einer Gala der „Abschiebeminister 2012“ gewählt und der Initiativenpreis 2012 an Menschen verliehen, die sich besonders für unsere Rechte eingesetzt haben.
Am 05.12.2012 laden wir euch alle zur unserer Demonstration in Rostock für ein „Recht auf Bleiberecht“ ein, denn „Dulden heißt Beleidigen“!!!
Wir fordern:
Bleiberecht für alle!
Recht auf Gleichberechtigung von Flüchtlingen und Migranten_innen!
Recht auf Bildung, Ausbildung und Arbeit!
Recht auf Kinderrechte, auch für Flüchtlinge!
Recht auf Bewegungsfreiheit und selbstbestimmtes Leben ohne diskriminierende Sonderregelungen!
Recht auf Legalisierung von Menschen ohne Papiere!
Recht auf Rückkehr für unsere abgeschobenen Freunde!
Wenn Sie uns gerne unterstützen möchten, aber leider nicht durch Ihre Anwesenheit beehren können, dürfen Sie natürlich gerne etwas spenden!!!
Spendenkonto:
Bundesfachverband UMF e.V. Bundesfachverband UMF e.V.
Nymphenburger Str. 47 Bank für Sozialwirtschaft
80335 München BLZ 700 205 00
Konto 88 99 807
Stichwort: JOG
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"Dulden heisst beleidigen", unter diesem Motto findet die 10.Jugendkonferenz von Jugendlichen ohne Grenzen von Dienstag 04.12.2012 bis Freitag 07.12.2012 parallel zu der Innenministerkonferenz (IMK) in Rostock statt.
50 Jugendliche Flüchtlinge aus verschiedenen Bundesländern können daran teilnehmen.
Schon bei den letzten Innenministerkonferenzen hat sich Jugendliche ohne Grenzen (JOG), ein Zusammenschluss von betroffenen Jugendlichen, für ein weit reichendes Bleiberecht und das gleiche Recht auf Bildung eingesetzt.
05.12.2012 Wie in den vergangen Jahren werden wir den Innenminister auf unserer Demo lautstark entgegentreten um gegen die entwürdigenden Zustände für Flüchtlinge anzugehen und endlich eine Bleiberechtsreglung für Alle durchzusetzen und Gleichberechtigung zu fordern.
06.12.2012 am Nikolaustag veranstalten wir unsere große GALA dort zeichnen wir Initiativen für ihr Engagement für Flüchtlinge mit dem JoG Preis aus. Und verteilen wie jedes Jahr Geschenke an die Innenminister: den Abschiebeminister 2012 mit einem Abschiebekoffer.
Wenn ihr an der JoG-Konferenz teilnehmen wollt, meldet euch bei uns an. Im Anhang findet Ihr die Anmeldungs- und Einladungsformulare für die JoG-Konferenz 2012 in Rostock- Warnemünde.
10. JOG Jugendkonferenz in Rostock-Warnemünde
"Recht auf Bleiberecht! Dulden heißt beleidigen"
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http://entdinglichung.wordpress.com/2012/11/02/michael-staudenmaier-truth-and-revolution-a-history-of-the-sojourner-truth-organization-1969-1986/
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Der Ausgang beider gerichtlicher Verfahren zugunsten der "Kontrollopferseite" bedeutet nicht, dass sich Jedermann nunmehr gegen solche verdachtsunabhängigen Personenkontrollen durch Polizeikräfte "zur Wehr setzen" oder sich gar solchen Kontrollen ignorant entziehen kann. Vielmehr wird befürchtet, dass diese Kontrollen wie bisher konsequent fortgeführt werden und der ihnen innewohnende "rassistische Blick" und der "strukturelle Rassismus" nur sprachlich anders "verpackt" werden.
Eine Ungleichbehandlung z.B. von Reisenden im Zug und auf den Bahnhöfen auf Grund der Merkmale "Rasse" und "Hautfarbe" sind jedoch als unzulässige Diskriminierung zu erkennen. Dass die Polizeien des Bundes und der Länder dies nunmehr tatsächlich verinnerlichen und in entsprechende dienstlliche Handlungsanweisungen umsetzen, wird nicht genügen. Vielmehr sind der Bundes- und die Landesgesetzgeber gefordert, der folgend zitierten, eher plakativ wirkenden Aussage der Bundesregierung eine nachprüfbare und nachlesbare Glaubhaftigkeit mittels entsprechender Gesetzestextänderungen zu verleihen:
"Eine unterschiedliche Behandlung von Personen in Abhängigkeit von Rasse, Herkunft oder Religion ist im BPolG sowie den weiteren für die Bundespolizei geltenden Vorschriften und Erlassen schon deshalb nicht enthalten, weil solche Methoden unvereinbar mit dem Verständnis von Polizeiarbeit in einem demokratischen Rechtsstaat sind." (aus der Bt-Drucks. 17/6778)
Dass Jedermann sich alltäglich aufgefordert sehen möge, bei solchen Kontrollen nicht wegzuschauen, versteht sich (hoffentlich) von selbst.
(Th.A.)
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Rassistische Fahndungsraster
Michael Plöse, 01.11.2012
Oberverwaltungsgericht erklärt Personenkontrollen aufgrund der Hautfarbe als unzulässige Diskriminierung, kaum vorstellbar ist jedoch, dass damit auch diese Praxis ein Ende haben wird.
Sie zählt zu den augenfälligsten Zynismen des deutschen Polizeirechts und ist schon seit langem ein juridisches Füllhorn für Diskriminierungserfahrungen von Menschen mit nicht-deutschem Aussehen und anderen "Norm-Abweichlern": die sogenannte anlasslose, verdachtsunabhängige Personenkontrolle (auch Schleierfahndung genannt). Angeblich ohne besonderen Verdacht dürfen auf dieser in mehreren Polizeigesetzen der Länder und des Bundes verankerten Rechtsgrundlage Personen nach ihren Absichten und ihrer Herkunft befragt, ihre Personalien verlangt und mit dem Fahndungsbestand abgeglichen sowie ihre Sachen durchsucht werden.
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http://bersarin.wordpress.com/2012/10/31/brandenburger-tor-und-protest
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um gegen die rassistische Asylgesetzgebung zu protestieren. Dieser
Protest findet zur Zeit in den Medien kaum Aufmerksamkeit und die Zahl
der aktivern Unterstützer_innen ist gering.
Die Hungerstreikenden protestieren gegen die rigiden Gesetze, mit denen in
Deutschland Asylsuchende gegängelt und diskriminiert werden.
Unterbringung in Lagern, Residenzpflicht, Gutscheinsystem und die hohen
Hürden, die vor der Anerkennung als Flüchtling stehen und die dafür
sorgen, dass nur ein geringer Prozentsatz überhaupt eine Chance hat,
anerkannt zu werden, müssen endlich abgeschafft werden.
Stattdessen wird in Deutschland munter weiter gegen Geflüchtete Stimmung
gemacht, werden Überfremdungsängste und Ressentiments gegen angebliche
„Wirtschaftsflüchtlinge“, die sich angeblich von deutschen
Steuerzahler_innen „durchfüttern“ lassen wollen, geschürt.
Lasst uns gegen diese rassistische Politik kämpfen und mit den
Geflüchteten und den Hungerstreikenden solidarisch sein!
Um den Pariser Platz haben sich mehrere Polizeibusse postiert. Am Tag tut
die Polizei recht wenig, da genügend Menschen anwesend sind. Nachts und am
frühen Morgen unternimmt die Polizei Repressionen. So gibt es ständig
wechselnde und sich verschärfende Auflagen, die den Menschen im
Hungerstreik den Schlaf unmöglich machen und diese schikanieren.
Wir rufen euch dazu auf, in den nächsten 3 Nächten zum Pariser Platz zu
kommen um eure Unterstützung zu zeigen und dem Handeln der Polizei
entgegen zu treten. Dazu haben wir einen doodle mit 2-Stunden-Schichten
eingerichtet, tragt euch bitte ein, wann ihr zum Pariser Platz kommt.
Doodle: http://www.doodle.com/mhc8se3u8v8hi5ak
Wir rufen euch auf, am Tag am Pariser Platz vorbeizukommen und euch die
Situation anzuschauen. Sprecht mit den Menschen, macht euch selber ein
Bild!
Unsere Solidarität gegen den rassistischen Alltag!
Schickt diese Mail über alle Kanäle, die ihr habt.
Informationen unter: http://www.refugeetentaction.net
Facebook: https://www.facebook.com/Refugeemarch?fref=ts
Twitter: #refugeecamp
Solidarische Grüße
Erklärung zum Unbegrenzten Hungerstreik der Asylsuchenden
Berlin, den 24. Oktober 2012
In den sieben Monaten unseres Protestes gegen die Asylpolitik haben wir
gezeigt, dass nicht nur wir das unmenschliche Asylgesetz nicht anerkennen.
Insbesondere durch die breite Unterstützung der deutschen Öffentlichkeit
für unseren Fußmarsch von Würzburg nach Berlin, wo wir die
Sammelunterkünfte boykottiert und die uns auferlegte Residenzpflicht
aberkannt haben, aber auch durch die überwältigende Teilnahme an der
Demonstration am 13.10.2012, ist deutlich geworden, dass wir mit unseren
Forderungen nicht alleine sind.
Unser Protest hört nicht hier auf, sondern setzt sich fort bis zur
Abschaffung der geltenden Asylgesetze.
Unser Protest richtet sich gegen die Regierung, die heute nach 70 Jahren
die unmenschlichen Taten der Nationalsozialist_innen entschuldigt, die
eine halbe Million Roma und Sinti das Leben gekostet hat.
Die heutige Veranstaltung findet nur zwei Wochen nach dem Beschluss des
deutschen Innenministers fest, Sinti und Roma innerhalb kürzester Zeit
abzuschieben.
Dieser Protest richtet sich gegen die Regierung, die durch die Asylpolitik
systematisch psychischen Druck auf die Flüchtlinge ausübt und sie oftmals
in den Suizid treibt.
Wir fordern die Abschaffung des Abschiebungsgesetzes und solidarisieren
uns mit den Sinti und Roma, die auch hier in Deutschland in prekären
Verhältnissen leben.
Wir wenden uns gegen die diskriminierende Politik der Bundesrepublik
Deutschland, die uns ein menschenwürdiges Leben in diesem Land verweigert.
Wir sehen keine weitere politische Möglichkeit, als in den unbegrenzten
Hungerstreik zu treten, um der deutschen Politik vor Augen zu führen, zu
welchen Konsequenzen ihre Gesetze führen.
Wir wollen keine nachträglichen Entschuldigungen und Erklärungsversuche,
sondern verlangen die sofortige Umsetzung unserer Forderungen und die
Ausweitung der Rechte für alle Menschen, die in diesem Land Asyl suchen.
Unsere Forderungen sind:
Abschaffung des Abschiebegesetzes
Anerkennung ALLER Asylsuchenden als Politische Flüchtlinge
Abschaffung der Residenzpflicht
Abschaffung der Lager und Sammelunterkünfte für Flüchtlinge.
Die hungerstreikenden Geflüchteten in Berlin
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nachgeordneten Einbürgerungsbehörden an, sich gegenüber
kosovarischen Einbürgerungsbewerbern RASSISTISCH zu verhalten:
Der Erlaß vom 03.06.2005 gilt immer noch und wird von den
Einbürgerungsstellen weiterhin zum Anlaß genommen, intensiv nach der
ETHNIE (damit auch nach der Hautfarbe) der sich um Einbürgerung
bemühenden kosovarischen Staatsbürger zu forschen.
Wer "ethnischer Albaner" ist, der wird eingebürgert, wenn er durch
eine Urkunde der Republika e Kosovës nachweist, daß er aus der
kosovarischen Staatsbürgerschaft entlassen worden ist.
Wer "Ashkali" oder - was offenbar noch schlimmer ist - "Roma" ist,
von dem wird zusätzlich verlangt, sich aus der Staatsbürgerschaft
der "Republika Srbija" ausbürgern zu lassen - aus einer
Staatsangehörigkeit, die die Kosovaren nie erworben haben:
Kosovaren waren früher Staatsangehörige der "Socialisticka
Republika Srbija" - also eines ANDEREN Staates - eines Staates, der
seit dem Putsch von Milosevic (23.03.1989) im Koma lag, dann von der
UN "interim" verwaltet worden ist und der mit der Staatsgründung der
Republika e Kosovës kein Territorium mehr hat, auf dem seine
Rechtsordnung noch ernst genommen wird, der also "untergegangen"
ist.
Der Minister hält wohl alle Kosovo-Roma für mit Kriegsverbrechern
kollaborierende Arschlöscher. Er scheint zu meinen, alle Roma und
Ashkali seien 1999 hinter den serbischen Truppen hergelaufen, hätten
für die Serben die Drecksarbeit erledigt, die Leichen der
albanischen Opfer zu begraben und würden also in Serbien schon zu
ihrem "Recht" kommen. Also meint er, den oft dunkelhäutigen Roma und
Ashkali einen Kontakt zu den Nachfolgern dieser Kriegsverbrecher
zumuten zu können - zu Leuten, die das gesamte Staatsvolk der von
Deutschland anerkannten Republik Kosovo völkerrechtswidrig als
"eigenes" reklamieren und damit als revanchistische Kriegstreiber
angesehen werden müssen.
Das Verwaltungsgericht Osnabrück (dort klagt jemand, der als "Roma
oder Ashkali" angesehen wird und der seine Ausbürgerung aus der
kosovarischen Staatsangehörigkeit erledigt hat) wird entscheiden
müssen, ob die Hautfarbe eines ehemaligen kosovarischen
Staatsangehörigen (der im Kosovo geboren wurde und niemals in
Zentralserbien gewohnt hat) Anlaß sein darf, ihm die Einbürgerung zu
verweigern.
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A.
Anlass für ihn, die BRD zu verklagen, war eine Personenkontrolle durch zwei Beamten der Bundespolizei-Inspektion Kassel im Regionalexpress von Kassel in Richtung Frankfurt/Main am 3. Dez. 2010, der er sich unverhofft ausgesetzt gesehen hatte.
Während der Zugreise hatte er - der spätere Kläger - seinen Sitzplatz und seine Reisegruppe kurzzeitig verlassen, um sich bei dem Getränke- und Imbißverkäufer, welcher "weiter hinten im Zug" unterwegs war, einen heißen Tee zu kaufen. Mit dem offenen Becher in der Hand befand er sich auf dem Rückweg, als er im Durchgangs- bzw. Einstiegsbereich ("zwischen zwei Waggons") auf die beiden Polizeibeamten stieß. Sie standen anscheinend recht entspannt da herum, schienen "eine Pause eingelegt" zu haben. Auf die "unverhofft" an ihn gerichtete Frage "Guten Tag, junger Mann, darf ich fragen, wohin die Reise geht?" und "Bitte weisen Sie sich aus!" eines der Beamten habe - laut Zeugenaussage desjenigen Beamten bei Gericht - der Kläger "unwirsch" - nämlich "nicht" und mit dem Versuch weiterzugehen, sodann mit wenig freundlichen Bemerkungen und Nachfragen nach der Rechtmäßigkeit des polizeilichen Handelns - reagiert, was in dem Beamten den erhöhten Verdacht einer Straftat - nämlich den der illegalen Migration - erregte.
In der Folge verringerte sich in dem Beamten der Verdacht der illegalen Migration, da der Kläger ein akzentfreies Deutsch sprach. Jedoch konnte der Kläger beim Hinzukommen des Fahrkartenkontrolleurs und aufgrund dessen Frage nach dem Fahrtausweis einen solchen nicht vorzeigen, sodass in dem Beamten der Verdacht der Beförderungserschleichung entstand.
Im Anschluß wurde der Kläger von den beiden BPol-Beamten zu seinem Sitzplatz und zu seiner Reisegruppe begleitet - unter reger Anteilnahme der allen bislang Beteiligten unbekannten übrigen Reisenden -. Während dieses Wegstrecke sprach der Kläger, dies erinnere ihn an "damalige Zeiten" und auf Nachfrage des Beamten - an "Methoden aus der NS-Zeit".
Dies erregte in dem Beamten den Verdacht einer weiteren, nunmehr der dritten Straftat, der Beleidigung - "Das wird teuer!"
Die folgende Durchsicht des Rucksacks des Klägers durch den BPol-Beamten war insoweit nicht erfolgreich gewesen, als sich auf die Schnelle kein persönliches Identifikationsdokument des Klägers finden ließ. Das nachhaltige bzw. anhaltende Weigern des Klägers, seinen Namen zu nennen oder einen Ausweis vorzuzeigen, hatte zwischenzeitlich in dem BPol-Beamten den (in der Summe vierten) Verdacht des Verbergens einer ansonsten unbekannten Straftat, aufgrund welcher er - der Kläger - möglicherweise zur Fahndung ausgeschrieben sein könnte, erregt.
Da der Zug mittlerweile den Bahnhof Schwalmstadt-Treysa erreicht hatte, "brüllte" der BPol-Beamte Reisende und den Zugschaffner an, die Einstiegstüre offenzuhalten, weil der Kläger hinaus müsse. Die folgenden Ereignisse waren für das OVG nicht von Interesse.
B.
Nach Zeugenbefragung (Kläger, zwei BPol-Beamte) und Erörterung der Sach- und Rechtslage kann als Ergebnis der gerichtlichen Verhandlung festgehalten werden:
1. Die "erste Ansprache" und die "erste Aufforderung" durch den BPol-Beamten verletzte den Kläger in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 3 GG - Diskriminierungsverbot -, weil er einzig aufgrund seiner Hautfarbe angesprochen worden war. Hierfür hat sich die Bundesrepublik Deutschland bei dem Kläger entschuldigt.
2. Das Gericht stellte fest, dass die Hautfarbe eines Menschen nicht als einziges oder als ausschlaggebendes Kriterium für die Durchführung einer Personenkontrolle gem. § 22 Abs. 1a BPolG angewandt werden darf. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland sieht dies auch so - daher die Entschuldigung beim Kläger -.
3. Das Urteil des VG Koblenz (Vorinstanz) sei wirkungslos.
4. Der Kläger erklärte hierauf das Verfahren in der Hauptsache für erledigt.
5. Durch Beschluss des OVG wurde aus Billigkeitsgründen entschieden, dass die beklagte Bundesrepublik Deutschland sämtliche Verfahrenskosten beim und beim OVG trage; Streitwert: 5.000 Euro.
Das "ausländische Aussehen" von Zugreisenden ist und bleibt nach wie vor ein wesentliches, mitunter sicherlich auch das einzige Kriterium für die BPol-Beamtinnen und -Beamten bei der Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgabe der Personenkontrolle im Zug. "Man" wird sich zukünftig sprachlich anders ausdrücken, ansonsten wird bei der BPol (fast) alles so wie bisher bleiben.
Die amtliche Behauptung, die Bahnstrecke Frankfurt/Main nach Kassel und (wie in diesem Fall) in Gegenrichtung sei ein territorialer Raum bzw. Bereich, welcher zur illegalen Einreise - d.h. zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet - genutzt werde, bleibt "blöde", da diese Bahnstrecke kein ausländisches Territorium berührt oder durchquert.
Die polizeiliche Tätigkeit gegen die illegale Migration beinhaltet auch das gezielte Suchen nach behördlich gemeldeten und registrierten Asylsuchenden sowie nach ausländischen Staatsangehörigen mit einer "Duldung" des Aufenthaltes, welche der "Residenzpflicht" unterliegen und ohne die "erforderliche 'Verlassensgenehmigung'" reisen. Leider hat es sich juristisch nicht angeboten, im vorliegenden gerichtlichen Verfahren auch dies zu thematisieren.
Das gezielte Abfangen ausländischer Flüchtlinge kurz vor dem Erreichen der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen durch BPol und Hessische Landespolizei ist und bleibt - freundlich gesagt - höchst fragwürdig.
Diese weiteren Gesichtspunkte stellen nach wie vor ein wichtiges politisches und justizielles Handlungsfeld dar.
Thomas Aleschewsky
Mitglied im Sprechergremium des Hessischen Flüchtlingsrats -hfr-
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Pressemitteilung Anwaltskanzlei Sven Adam, Göttingen, 30.10.2012
Bundesrepublik Deutschland entschuldigt sich bei Kläger. Kontrolle wegen der Hautfarbe verstößt gegen das Grundgesetz
Entscheidung des VG Koblenz vom 28.02.2012 zu "racial profiling" wirkungslos
Die durch Bundespolizeibeamte durchgeführte Kontrolle eines heute 26-jährigen Studenten aus Kassel einzig wegen seiner Hautfarbe im Dezember 2010 verstößt gegen das Diskriminierungsverbot aus Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes. So endete heute nach mündlicher Verhandlung ein viel beachtetes Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland Pfalz in Koblenz. Das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz vom 28.02.2012, das die Kontrolle des jungen Mannes wegen der Hautfarbe noch für zulässig erachtet hatte, wurde für vollständig wirkungslos erklärt. Voraus gegangen war ein eindeutiger richterlicher Hinweis der Vorsitzenden Richterin Dagmar Wüsch, wonach eine Kontrolle einzig oder ausschlaggebend wegen der Hautfarbe gegen das Diskriminierungsverbot verstoße. Daraufhin erkannte die Bundespolizei für die Bundesrepublik Deutschland die Rechtswidrigkeit der Befragung und Personalienfeststellung an und entschuldigte sich bei dem Kläger.
"Dieses Ergebnis ist ein Meilenstein für die juristische Einordnung des so genannten Racial Profiling als rechtswidrig. Dieses Verfahren hat weitreichende Signalwirkung für die Praxis der Bundespolizei", so der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam, der den Kläger vertritt, über den Erfolg des Verfahrens. Der Kläger selbst äußerte sich erfreut über den Ausgang des Verfahren: "Ich bin froh, dass die Entscheidung des VG Koblenz für wirkungslos erklärt wurde. Wir haben lange dafür streiten müssen, dass sich die Bundespolizei auch an dem Diskriminierungsverbot messen lassen muss".
Für Rückfragen steht Ihnen der Göttinger Rechtsanwalt des Klägers, Sven Adam, zur Verfügung. Weitere Stellungnahmen, Dokumente und Informationen zum Thema entnehmen Sie bitte unserer Sonderseite: www.anwaltskanzlei-adam.de/index.php?vg-koblenz
Link:
Bundesrepublik Deutschland entschuldigt sich bei Kläger. Kontrolle wegen der Hautfarbe verstößt gegen das Grundgesetz - Entscheidung des VG Koblenz vom 28.02.2012 zu "racial profiling" wirkungslos
http://www.anwaltskanzlei-adam.de/index.php?id=63,817,0,0,1,0
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Gemeinsame Pressemitteilung, Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V. (ISD) und Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. (BUG), 29.10.2012
Personenkontrollen aufgrund der „Hautfarbe“ vom Oberverwaltungsgericht als unzulässig erklärt. Bundesrepublik Deutschland entschuldigt sich beim Kläger.
Am heutigen Montag, den 29.10.2012, hat vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland Pfalz in Koblenz die Berufungsverhandlung zur Rechtmäßigkeit von Personenkontrollen bei Bahnreisenden aufgrund phänotypischer Merkmale stattgefunden. Das Oberverwaltungsgericht erklärte im Fall des Klägers das Kriterium der „Hautfarbe“ als Legitimation für eine Kontrolle als Verstoß gegen das Grundgesetz und damit die polizeiliche Maßnahme für nicht zulässig.
Das Gericht sprach sich damit klar gegen die Praxis des „Racial/Ethnic Profiling" * aus. „Für die Befragung und die Aufforderung, Ausweispapiere vorzulegen - nach Paragraph 22 Absatz 1a Bundespolizeigesetz - im vorliegenden Fall, ist der Anknüpfungspunkt der Hautfarbe nicht zulässig. Die Maßnahmen verstoßen gegen das Diskriminierungsverbot nach Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz, so dass sie ermessen-fehlerhaft waren“, erklärte Richterin Dagmar Wünsch. Das Urteil habe eine bestimmte, direktive Wirkung für zukünftige Fälle, sagte Richter Doktor Stahnecker.
Mit seiner Entscheidung erklärte das Gericht auch das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom Februar 2012 für wirkungslos. Es hatte in erster Instanz entschieden, dass die Beamten „die Auswahl der anzusprechenden Personen auch nach dem äußeren Erscheinungsbild vornehmen“ dürfen. Im konkreten Fall war der heute 26-Jährige Schwarze deutsche Kläger aus Kassel im Dezember 2010 auf einer Regionalstrecke von Kassel nach Frankfurt/Main von zwei Bundespolizisten kontrolliert worden. Er hatte gegen die polizeiliche Maßnahme geklagt.
Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) begrüßt das heutige Urteil, das die rassistisch konnotierten Arbeitsmethoden der Bundespolizei rügt. „Seit Jahren kämpfen wir für eine öffentliche Wahrnehmung dieser Praxis. Polizeikontrollen dieser Art sind kein Einzelfall. Sie beschreiben die Alltagserfahrung vieler Schwarzer Menschen und People of Color in Deutschland. Durch die polizeiliche Praxis werden sie als Verdächtige gekennzeichnet und kriminalisiert. Wir hoffen daher auf ein grundsätzliches politisches Signal durch dieses Urteil“, sagt Tahir Della, Vorstandsmitglied der ISD. Das Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. (BUG) hatte dem Oberverwaltungsgericht ein Rechtsgutachten bezüglich des im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatzes und “Racial/Ethnic Profiling“ als Methode bei Polizeikontrollen vorgelegt. „Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes muss ein zentraler Aspekt der Polizeiarbeit sein. Jetzt bleibt abzuwarten, ob durch die Entscheidung die zukünftige Polizeipraxis nachhaltig geändert wird“, äußert Vera Egenberger, Geschäftsführerin des BUG nach der Verhandlung. Die ISD und das BUG werden weiterhin beobachten, ob Menschenrechtsstandards bei Personenkontrollen durch die Polizei respektiert werden.
*Die Praxis des sogenannten „Racial/Ethnic Profiling“ beschreibt die diskriminierende Verwendung von Zuschreibungen (wie ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe, nationale Herkunft oder Religion) als Grundlage für Identitätskontrollen und Durchsuchungen ohne konkretes Indiz durch die Polizei.
Bei Rückfragen:
Hadija Haruna (für ISD): 0179 47 03 876
Vera Egenberger (für BUG): 015 77 522 17 83
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Aha. Das erklärt echt Alles. Und ist viel relevanter als manch ausufernde Diskussion.
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Trotz allem ist Britt der erste Anlaufpunkt. Sie wohnt alleine in einer Zwei-Zimmer-Wohnung, Altbau, in Poppenbüttel. Erfreut, wenn auch ziemlich überrascht über den unerwarteten Besuch, der sicherheitshalber nicht telefonisch angekündigt wurde, empfängt sie die Genossen. Und nachdem sie beim Kaffee in ihrer Küche erfahren hat, worum es geht, hat sie sofort eine Idee parat. "Wenn es ums Verstecken geht, sind die Connections von Franco erste Sahne. Bei ihm selber oder seinen engsten Freunden geht es nicht, weil die Bullen offensichtlich ein Auge auf ihn geworfen haben. Aber er weiß bestimmt eine Möglichkeit."
Franco weiß. In einer WG in St.Georg findet Azad ein Unterkommen. Die Leute, die dort wohnen, sind so schrill wie fast alle Bekannten von Franco, aber polizeilich gänzlich unbekannt und auch in keiner Politszene. Es handelt sich um Miranda (die eigentlich ganz harmlos Maike heißt), Lutz und Volker. Miranda arbeitet in einer Töpferwerkstatt, ist früher einmal Fotomodell gewesen und gibt nebenbei Taekwon-Do-Kurse in einer Kampfsportschule. Entsprechend unkonventionell sieht ihr Zimmer aus, das mit fertigen und halbfertigen Krügen, Vasen und Amphoren vollgestellt ist, neben Punchingbällen, Hanteln, asiatischen Kampfstöcken und allerlei koreanischem Nippes. Lutz ist ein Bär von Mann, über und über tätowiert und sieht wie eine Kiezgestalt aus, ist aber Diplom-Sozialwirt, der eine Umschulung zum Tätowierer macht. Volker schließlich ist Comiczeichner und ein eher stiller und unauffälliger Mensch. Alle drei erscheinen Azad auf Anhieb sympathisch, wenn auch von allen etwas Fremdartiges, Bizarres ausgeht. Azad kann so lange bei ihnen wohnen, wie nötig ist. Geld wollen sie dafür keins sehen.
Die WG ist geräumig und komfortabel. Außer den Zimmern der drei Leute gibt es noch ein Wohn- und ein Gästezimmer, das Azad bezieht. Platz ist also genug vorhanden. Henning bleibt vorerst bei Britt, während Alfie bei Massoud, einem Freund von Ibrahim, unterschlüpfen kann. Der bringt auch Manfreds Wagen zurück.
Der erste Morgen in der neuen Wohnung. Ein Sonntag. Azad ist gerade aufgestanden, als er kurze, kräftige Schreie und Schläge aus Mirandas Zimmer hört. Alarmiert läuft er hin, reißt die Zimmertür auf, ohne anzuklopfen - und prallt förmlich zurück. Vor ihm steht Miranda, nackt bis auf die Unterhose, schweißüberströmt, vor einem Punchingball. "Was ist?" fragt sie ihr Gegenüber. Azad zerläuft fast vor Verlegenheit. "Äh, ich wollte nicht stören...ich hab dich gehört und dachte, hier passiert etwas...na..was Schlimmes!" "Nein, ich trainiere nur!" entgegnet sie gleichmütig und kickt mit ihrem Fuß gegen den Punchingball, daß es nur so wackelt. Fasziniert sieht Azad das Spiel ihrer durchgebildeten Muskeln - eine derartig muskulöse Frau hat er noch nie gesehen - gleichzeitig ist es ihm fürchterlich peinlich, überhaupt hinzusehen. Fluchtartig verläßt er das Zimmer.
Später, beim gemeinsamen WG-Frühstück, bringt Miranda das Ereignis schmunzelnd zur Sprache. "Also, wenn du dich schämst, meine Intimsphäre verletzt zu haben, vergiß es einfach!" meint sie. "Du bist neu hier, also kannst du nicht wissen, wie es hier zugeht. Franco hat mir schon erzählt, daß die neuen Freunde von Britt alle ein bißchen brav sind." Protest will sich in Azad regen. Die hardcore-politfighter-Szene und brav! Aber er kommt nicht zum Zuge. "Also" - Miranda beginnt die meisten ihrer Sätze mit einem ruhig-überlegenen `Also' - "wir sind hier ein etwas wilder Haufen. Wir gehen sehr offen miteinander um, und die normaloüblichen Etiketten und Berührungsängste sind hier nicht angesagt. Es kann dir passieren, daß Lutz einen Kunden zum Tätowieren da hat, dann benimm dich diskret und fall nicht weiter auf. Ansonsten sei locker. Wir fressen dich nicht, und solange du keinen Scheiß baust, will niemand wissen, woher du kommst und was du tust. Und klopf vorher an die Tür. Alles klar, Alter?!" Sie lacht ihn an, und Azad wirft sein charmantestes Grinsen zurück. Tolle Frau!
Am gleichen Nachmittag ist Ina zu Besuch, die Freundin von Volker. Sie wirkt weit weniger locker als die WG, eher klassisch-moralisch-PC-mäßig, wie Azad aus seiner heimischen Szene nur Allzuviele kennt. Heimisch! - dabei ist seine Heimat ganz woanders. Mit einem Mal erscheint ihm diese streckenweise durchgeknallte Studiszene, in die er sich nie so richtig integrieren konnte, fast als sein Millieu. Zu fremd ist ihm diese WG in Hamburg St.Georg, deren Räumlichkeiten er sicherheitshalber nicht verläßt.
Und im späterem Verlauf des Abends, nach einigen Joints, vertraut er sich Ina an und erzählt ihr unter vier Augen von der Hausbesetzung und warum er hier ist. Er berichtet ihr auch von der morgendlichen Begegnung mit Miranda und davon, daß ihm das Ganze immer noch hochnotpeinlich ist. Ein verhängnisvoller Fehler.
Szenenwechsel. Wir sind in Alfies WG, eine Woche später. Für Alfie, Heike und Kalle sind Vorladungen von der Bullei gekommen, für die sich der Papierkorb als einzig angemessener Platz erwies. Kunze-Schröder macht plötzlich die Wilde. Nachdem sie offensichtlich von der Polizei die Adresse der WG erhalten hat, hat sie die Leute angeschrieben und wegen "baulicher Veränderungen" Schadensersatz zu dem Phantasiepreis von 17.000 Mark verlangt. Es soll beratschlagt werden, was zu tun ist. Außer der WG sind Herbert, Dorit, Ines und Curt anwesend. Und die Ex-Freundin von Curt, Ina, wegen eines früheren Jobs auf einer Baumwollfarm in den USA Cotton-Ina genannt. Ina lebt eigentlich in Hamburg, war aber plötzlich, nachdem sie über ein Jahr nichts von sich hatte hören lassen, bei Curt aufgetaucht und hatte ihm von ihrer Begegnung mit Azad berichtet. Kurz entschlossen hatte Curt sie zu dem Treffen mitgenommen.
"Also, es ist ja wohl arschklar, daß wir auf nichts reagieren werden!" erklärt die wie üblich in solchen Situationen wortführende Heike. "Solange wir keine Anklageschrift haben oder eine Vorladung vor den Ermittlungsrichter, können die Bullen uns sonstwo. Kunze-Schröder hat ein Rad ab. Mal unabhängig von der absurden Höhe ihrer Forderungen, kann sie nur dann gegen uns vorgehen, wenn wir rechtmäßig wegen der Hausbesetzung verknackt sind, über ein anschließendes Zivilverfahren. Das dauert. Wir haben also viel Zeit."
"Problematischer ist die Rock-Geschichte und vor allem die Sache mit Azad." wirft Kalle ein.
Das ist das Stichwort für Cotton-Ina. "Für Azad würde ich keinen Finger krümmen." schaltet sie sich ein. "Das ist ein Sexistenarsch." "Wie bitte?" blankes Entsetzen und völliges Unverständnis in den Gesichtern der Anderen.
Heike poltert los. "Was erzählst'n da für eine Scheiße? Der ist ein alter und sehr guter Freund von mir, den ich kenne wie meine Westentasche. Ständig bekomme ich mit, daß Leute auf ihm rumhacken. Letztlich, weil er kein Deutscher ist. Und irgend einen besonderen arabischen Machismo findest du bei ihm jedenfalls nicht."
"Vielleicht nicht in dieser Stadt, wo er unter euren Augen ist." erwidert Ina bedächtig. "Aber in Hamburg hat er eine Frau sexuell belästigt. In der WG, wo er untergetaucht ist. Er hat's mir selber erzählt und war stolz darauf. Die Frau ist völlig eingeschüchtert und bringt kein Wort heraus."
Die Reaktionen sind ebenso unterschiedlich wie bezeichnend.
Dorit entfährt: "So ein Schwein!", Herbert: "Der braucht was auf die Fresse!", während Heike wortlos den Kopf schüttelt und der Rest nichts sagt, sondern erstmal nachdenkt. Nach einigen Minuten beklommenen Schweigens ergreift Ines das Wort. "Also, ich finde, wir sollten das so nicht stehen lassen." meint sie. "Ehe ich die betroffene Frau und Azad nicht gehört habe, verändert sich für mich nichts." "Verstehst du nicht?!" fuchtet Ina los. "Die Frau kann nicht darüber reden! Sie ist viel zu eingeschüchtert!" "Woher weißt du es denn?" "Habe ich schon gesagt, Azad hat es mir selbst erzählt. Und ich habe das Gesicht der Frau gesehen. Die ist fertig mit der Welt." "Ich kenne dich nicht." mischt sich Heike ein. "Ohne mit den Betroffenen gesprochen zu haben, fälle ich kein Urteil, da schließ'
ich mich Ines an. Es muß also jemand von uns nach Hamburg und die Sache klären." Und da bekommt Ina plötzlich weiche Knie. Sie weigert sich jedenfalls konsequent, "diesem Schwein" nochmal gegenüber zu treten. So sind es Heike, Kalle und Curt, die am folgenden Wochenende mit dem Zug nach Hamburg fahren. Unterwegs erzählt Curt ein paar Sachen über Ina, die kein so gutes Licht auf die Frau werfen. "Also, in unserer Beziehung hat es so ein paar Punkte gegeben, wo ich mich fragte, spinne ich jetzt oder sie.
Ständig mußte ich mich für irgendetwas schuldig fühlen, sie sagte mir aber nie, warum. Stattdessen hieß es immer: `Wenn du das nicht selber weißt, kann ich dir auch nicht helfen.'
Die Frau ist so moralisch, wie kein anderer Mensch, den ich je gekannt habe. Aber moralisch nicht so Jeanne D'Arc-mäßig, ehrlich, aufrichtig, kämpferisch, sondern auf 'ne verquere Art. Alle Welt ist böse und schuldig und weiß es selber nicht - anders kann ich es nicht ausdrücken." "Etwas konfus!" bemerkt Heike sachlich. "Du hast sie nicht erlebt." entgegnet Curt. "Ich müßte sehr ins Detail gehen, um es näher zu erklären. Die Frau ist gleichzeitig moralisch und tückisch. Sie hat mir zum Beispiel von dieser ganzen Azad-Geschichte erstmal gar nichts erzählt, sondern nur, daß sie ihn in seiner Unterschlupf-WG kennengelernt und die Geschichte gehört hat, warum er da ist. Deswegen wollte sie mit zu unserem Treffen." "Um kalt berechnend die Bombe platzen zu lassen!" ergänzt Kalle. "Scheint so!" "Nevertheless," beendet Heike vorerst die Debatte, "ich will die Frau hören, ich will Azad hören, und dann sehen wir weiter. Vorher maße ich mir kein Urteil an."
Nachdem Britt die drei mit Azad und Miranda zusammengebracht hat und sie die Ina-Story erzählt haben, gibt es ein großes Hallo. Miranda lacht sich kaputt.
Verschüchtert und fertig wirkt sie wirklich nicht, eher gut aufgelegt und extrem selbstbewußt.
"Also, das war völlig anders." erklärt sie spöttisch. "Ich habe in meinem Zimmer am Punchingball Taekwondo-Tritte trainiert, und die Geräuschkulisse alarmierte Azad." Ich dachte, in ihrem Zimmer geht ein Kampf ab." setzt dieser hinzu. "Deshalb stürzte er herein, ohne anzuklopfen, sah, daß ich fast nackt war, starrte mich verdutzt an, schaute aber wohl auch ganz gerne hin und verließ dann fluchtartig mein Zimmer, um meine Intimsphäre nicht weiter zu stören." "Und das Ganze war mir unheimlich peinlich." ergänzt wieder Azad. "Diese Begebenheit habe ich am nächsten Abend Ina erzählt." "Und wohl Einiges mehr." setzt Kalle sachlich hinzu. "Sie weiß alles über deine Flucht und die Vorgeschichte." "Stimmt."
"Das war ein schwerer Fehler." stellt Curt fest. "Ich war mal mit der Frau zusammen und kenne sie sehr gut. Sie hat ein loses Mundwerk und ist mit Sexismus-Vorwürfen immer schnell bei der Hand. Außerdem kann sie Situationen und Stimmungen schlecht beurteilen. Anders ausgedrückt: Die ist ein lebendes Pulverfaß."
"Dann ist es das Beste, wir machen eine Ausnahme von der Regel, nicht zu Hause anzurufen." wirft Heike ein. "Wir sollten schnell eine Entwarnung durchgeben, ehe da eine furchtbare Spackenaktion vom Zaun gebrochen wird. Ich hab's im Urin, daß was im Busche ist."
Heikes Intuition bestätigt sich.
Als sie bei Ines anruft, hat sie statt ihrer Ibrahim am Apparat. "Hör zu," erklärt sie kurz angebunden, um keine unnötigen Informationen rauszulassen. "Wir sind in Hamburg und haben die Belästigungs-Angelegenheit abgeklärt. Da ist nichts dran. Ein harmloses Mißverständnis. Sag bitte allen Bescheid, daß die Story nicht stimmt und hier alles bestens läuft!" "Dafür ist es zu spät!" gibt Ibrahim zurück. "Ina hat zusammen mit Herbert und Dorit eine Art Steckbrief gebastelt, wenn auch ohne Bild. Die fordern dazu auf, den Mann nicht zu unterstützen, weil er ein Vergewaltiger wäre. Über seinen Aufenthaltsort steht zum Glück nichts drin." "Was?! Sind die wahnsinnig? Wie kommen die Spinner dazu?" Heike verliert die Nerven. Sind die denn gänzlich übergeschnappt? "Ich habe versucht, sie zu hindern." antwortet Ibrahim hilflos. "Da mußte ich mir was von arabischer Macker-Solidarität anhören. Die plakatieren das Ding in mehreren Kneipen." "Das ist doch nicht zu glauben!" wütet Heike. "Sind die von allen guten Geistern verlassen? Diese Spackenpäpste! Wir kommen sofort zurück und stellen das richtig! Und sag denen schon mal, daß sie sich auf einen ziemlichen Einlauf gefaßt machen können! Ist das klar?" "Klar." erwidert Ibrahim matt. "Nun denn. Wir rollen an."
Auf der Rückfahrt sind Britt und Miranda mit dabei. Miranda hatte auch Volker aufgefordert, mitzukommen, doch der will eine solche Konfrontation mit seiner Freundin nicht haben.
Curt ist deswegen auch etwas klamm zumute, aber er hat die Absicht, diese Sache auszutragen. Zu lange hat er sich vor Inas überzogenem Moralismus versteckt.
Auf der Fahrt bringen sie sich gegenseitig in Rage.
"Jetzt gehören endlich mal ne ganze Menge Sachen aufgearbeitet, die in unserer Szene rumspuken." meint Heike. "Dieser verlogene Antisexismus von Männern wie Herbert, die privat die größten Machos sind, und sich nach außen als Antipat-Helden gebärden, ebenso wie die dumpfe Klischeedrescherei von Dorit. Versteht mich recht: das sind nicht nur die, das ist eine ganze Struktur, die dahintersteht." "Nur zu oft selbst erlebt." bekräftigt Britt. "Ich weiß, warum ich in Szenestrukturen nur noch teilweise verkehre. Es könnte so vieles gut laufen, wenn es diese Pseudomoralfraktion nicht gäbe. Und wenn wirklich harte Sachen passieren, wo sich Intervention lohnt, verkrümeln sie sich. Alles mit den Huren erlebt." "Das ist nicht die Szene, das ist Ina." wirft Curt ein. "Ich kenne sie gut genug. Die hat ganz persönlich 'nen Schatten. Das Dumme ist, daß du es nicht so schnell merkst." "Im Zweifelsfall kriegt sie von mir was aufs Maul." äußert sich Miranda. "Dann kann sie mal über den Unterschied zwischen Opfer und Täterin meditieren!"
Als sie "Spackentown", wie Heike die Stadt auf der wutentbrannten Heimfahrt getauft hat, eintreffen, düsen sie sofort in die zentrale Szenekneipe, die Operngrotte. Prompt werden sie fündig: Der Steckbrief prangt neben dem Eingang. Britt reißt ihn kurzentschlossen ab. Es mag eine jener absoluten Unwahrscheinlichkeiten sein, die das Leben so richtig spannend machen, aber in diesem Augenblick kommt Dorit aus dem Schankraum.
"Was macht ihr da für eine Scheiße?" schreit Heike sie an. "Hat euch wer ins Gehirn geschissen? Azad ist völlig unschuldig!" Dorit ist total überrumpelt. Hilflos starrt sie Heike an. "Ich bin die Frau, um die es geht." sagt Miranda ruhig und gefaßt. "Azad hat mich nicht belästigt. Das Ganze ist entweder ein Mißverständnis oder eine Intrige."
Dorit braucht einen Augenblick, um die Situation zu checken. Dann meint sie: "Besprecht das mit Ina. Die hat die ganze Aktion vom Zaun gebrochen. Sie sitzt drinnen."
"Laßt sie mir!" entscheidet Miranda und geht rein. Ina sitzt mit Herbert und ASTA-Jörg am Tisch und kehrt Miranda den Rücken zu. Diese schleicht sich heran, baut sich hinter ihr auf und sagt mit schneidender Schärfe: "Hier ist die, die so verschüchtert ist, daß sie kein Wort mehr rausbringt!" Ina dreht sich um und starrt Miranda an, als ob sie ein drittes Auge auf der Stirn hätte. "Ich zitierte dich wörtlich. Lügen haben kurze Beine." fährt Miranda so laut fort, daß alle Leute an den Nebentischen sie trotz der Kneipenmusik hören können. "Also, für alle zum Mitschreiben: Azad hat mich weder sexuell noch sonstwie belästigt und du hast ein Rad ab!"
Ina steht langsam auf und macht ihren falschesten Fehler. "Ich weiß nicht, wer du bist!" ruft sie ebenso laut. "Ach nee? Aber den Volker, den kennst du wohl noch?! Ich hielt es bis eben immer noch für möglich, daß da ein Mißverständnis vorliegen könnte, aber das scheint nicht der Fall zu sein. Gut, dann gehen wir mal raus und regeln das unter Frauen. Ich meine damit: unter vier Fäusten!"
Eine absurde Szene: Eine Frau, groß, kräftig gebaut, kurze, schwarze Haare, in für diese Szene-Kneipe zu eleganter Kleidung, steht in aggressiver Haltung, die Hände wie bei einer Western-Showdown-Szene in die Hüften gelegt, vor einer etwas dicklichen, wesentlich kleineren Frau mit langen, rot gefärbten Haaren in abgewetzter Jeanskluft. Die ganze Kneipe blickt auf die beiden. Im Eingang stehen Britt, Kalle, Curt, Heike und Dorit, die die ganze Szene neugierig beobachten. Patrick, der Thekenmann, fragt laut in den Raum "Noch'n Bier?", was völlig unpassend kommt.
Ina geht langsam zurück. "Laß mich in Ruhe!" ruft sie. "Ich habe dir nichts getan!" "Kommt dir in den Kopf, daß du wem anderem sehr viel angetan hast?" brüllt Miranda zurück. "Und mich als Opfer einer Vergewaltigung zu bezeichnen, wie ihr mittlerweile in eurem Schwachsinnsschrieb behauptet - dafür brauchste was auf die Fresse!" Ina versucht, die Kneipe zu verlassen, wird aber von Britt und Co zurückgehalten.
"Okay!" faucht sie, den Tränen nahe. "Ich gebe zu, daß ich Scheiße gebaut habe. Aber ich bitte euch, laßt uns drüber reden." "Hier gibts nicht mehr viel zu reden." erwidert Miranda eisig. Jetzt interveniert Heike. "Leute, bitte alle etwas mehr Sensibilität!" wirft sie ein. "Gehen wir an einen ruhigen Ort und besprechen das. Vorher müssen wir diese blödsinnigen Steckbriefe entfernen. Wo überall habt ihr sie aufgehängt?"
Dorit und Ina sagen es ihnen. Gemeinsam ziehen sie los und reißen sie überall ab. In der Kneipe kocht an diesem Abend die Gerüchteküche wie ein Geysir.
Zwei Stunden später sind sie in der WG von Kalle, Heike, Henning und Alfie versammelt. Herbert, den Dorit telefonisch verständigt hat, ist auch dabei.
Die beiden sind sichtlich bestürzt und genau so wütend auf Ina wie der Rest. Immerhin haben sie die Aktion guten Glaubens mitgemacht. "Also, dann pack mal aus!" fordert Miranda sie auf. Ina zittert am ganzen Leib und ist am Stottern. "Ich,...ich...äh, ich habe ernsthaft geglaubt, daß...daß...daß das alles so war!" "Wie, so war?" "Na, wie ich's erzählt habe!" "Und woher kommt dann der Scheiß, daß ich völlig eingeschüchtert wäre?" fragt Miranda zurück.
"Ich hab's mir zusammengereimt. Da war dieser Abend. Ich war schon etwas angehauen, weil ich gekifft hatte. Und da habe ich Azads Erzählung so interpretiert, daß er dich massiv sexuell belästigt hätte. Anders konnte ich mir nicht erklären, wieso ihm das Ganze so furchtbar peinlich war." "Du lügst immer weiter!" kommt es jetzt ausgerechnet von Dorit. "Uns hast du erzählt, er wäre stolz drauf!" "Ja, um euch zu motivieren, etwas zu tun! Ohne ein Feindbild macht doch niemand eine Aktion." "Also, das ist schlicht und einfach schäbig!" stellt Miranda richtigerweise fest. "Und ich will genau von dir wissen, warum du mich für verschüchtert hieltest." "Diese Fighter-Frau kann es scheint's nicht verknusen, als unstraight wahrgenommen zu werden!" schießt es Heike durch den Kopf. Ein schneller Blick zu Britt. Die scheint das Gleiche zu denken, denn sie verdreht die Augen und schaut kurz in die Runde, mit einem Gesichtsausdruck wie: "Muß das jetzt sein?"
"Du hast nichts davon gesagt." erklärt Ina. "Eben!" "Laß mich doch mal ausreden! Du warst an dem Abend da und hast dich ganz normal benommen. Daraus schloß ich, daß du die ganze Geschichte verdrängt hättest. Wie die meisten Mißbrauchsopfer, die nicht in der Lage sind, über das zu reden, was ihnen angetan wurde." "Mein Gott! Du hättest mich fragen können. Stattdessen setzt du Gerüchte in die Welt." "Es tut mir leid!" erwidert Ina, und diesmal rinnen ihr tatsächlich Tränen übers Gesicht.
"Hört zu," sagt sie nach einer allgemeinen Pause, ich bringe das in Ordnung, soweit es noch geht."
"Und was hast du vor?" fragt Britt in fast versöhnlichem Tonfall. "Ich muß mich ja wohl jetzt selber outen." erklärt Ina traurig. "Ich werde einen Gegenbrief verfassen, den ich überall da aushänge, wo wir den Steckbrief plakatiert haben. Ich bin bereit, die Gegendarstellung namentlich zu unterzeichnen. Und dann verschwinde ich nach Hamburg. Ich werde eure Kreise nie wieder stören."
Die Runde reagiert etwas überrascht und ist erstmal sprachlos. "Das ist alles, was man verlangen kann." meint dann Miranda.
Ina hält Wort. Am nächsten Abend wirbelt sie herum und verklebt überall eine namentlich unterzeichnete Erklärung, in der sie die ganze Angelegenheit als "Mißverständnis" und "Überreaktion" bezeichnet und sich bei allen Beteiligten entschuldigt. Einen Tag später verschwindet sie nach Hamburg, wie auch Miranda, Heike und Curt, die sorgsam darauf geachtet haben, mit einem anderen Zug zu fahren.
Am nächsten Abend findet in Mirandas WG eine erneute Besprechung statt.
"Nach allem, was vorgefallen ist, halte ich dieses Versteck, oder überhaupt Hamburg, nicht mehr für sicher." eröffnet Heike. "Azad, kennst du eine Alternative?" "Leider nicht." erwidert dieser. Er wirkt nervös, sogar zittrig. "Fest steht, daß ich mich nicht stellen werde." "Wie wäre es mit einem mittelfristigen Abstecher ins Ausland?" schlägt Alfie vor. "Ich habe einen Freund in London. Wir könnten mit der Fähre rüber, und Azad kann dort vielleicht ein paar Wochen oder Monate unterschlüpfen." "Ich weiß nicht." zweifelt Britt. "Das ist sehr aufwendig. Wir müßten erst falsche Papiere besorgen. Kann Franco natürlich, aber so wat dauert..." "Und wenn wir's auf die billige Tour machen?" antwortet Alfie. "Ich besorg' mir einen unauffälligen Wagen mit großem Kofferraum, verzichte auf das bequeme Schiff von hier aus, fahre stattdessen nach Calais und setze dort über. An den Grenzen und bei der Überfahrt geht Azad hinten auf Tauchstation. Ungemütlich und riskant, kann aber klappen."
Nach eineinhalbstündiger Diskussion, in der die Fürs und Widers erwogen und verschiedene alternative Ideen gewälzt werden, ist Alfies Vorschlag beschlossene Sache. Ein geeignetes Auto wird zwei Tage später beschafft. Es handelt sich um einen älteren Mercedes-Diesel, der Massouds Cousine gehört.
Die Fahrt verläuft ohne Zwischenfälle. Falls die Bullen Alfie auf dem Schirm haben, reicht es zumindest für eine Durchgabe an den BGS oder gar Interpol nicht aus. Selbst die Überfahrt mit dem Hovercraft verläuft problemlos.
Die größte Schwierigkeit während der gesamten Reise stellt tatsächlich der britische Linksverkehr und insbesondere das unsägliche Chaos in der Londoner Innenstadt dar; vor allem, weil Alfies Freund Ocko, oder Phänotypus, wie sein Spitzname lautet, so zentral wohnt, wie irgend denkbar: mitten in Soho.
In einer Seitenstraße der Wardour Street ist seine Wohnung. Alfie hatte seine Ankunft telefonisch angekündigt, sicherheitshalber von einem öffentlichen Apparat, aber wohlweislich vermieden, zu erwähnen, warum er Phänotypus besuchen will und daß er nicht allein kommt.
Phänotypus ist gebürtiger Holländer, lebt aber seit etlichen Jahren in London. Als gelernter Grafiker finanziert er sich hauptsächlich über das Entwerfen von Logos für Polit- und Menschenrechtsgruppen, das Erstellen von Computersimulationen zur Darstellung sozialer Entwicklungen und die Produktion von Plakatvorlagen. Daneben ist er noch zu spezielleren Sachen befähigt. Direkter gesprochen, ist er ein Fälscher für alles, was gebraucht wird. Er empfängt Azad und Alfie herzlich, wie immer verschmitzt grinsend und mit einer großen Kanne Phänotypus-Spezial-Kaffee, Cappucino mit Salz und Kandis am Start.
Azads Geschichte ist schnell erzählt. Phänotypus hat keine Probleme damit, ihn für ein paar Wochen zu beherbergen. Außerdem fallen ihm auf Anhieb sehr hilfreiche Dinge ein. "Ich kann dir einen englischen Paß machen, wenn du willst." schlägt er vor. "Kein Problem. Aber was mich viel mehr interessiert: Warum sind sie wirklich hinter dir her?"
Azad ist etwas baff. "Was heißt das? Ich habe keine Ahnung!" "Echt nicht? Also, ich habe hier meine Kontakte zu linken Widerstandskreisen aus verschiedenen nordafrikanischen Ländern. Und ich weiß, daß es so eine Art Todesliste - nein, sagen wir besser - Fangliste des marokkanischen Geheimdienstes gibt. Die suchen vor allem Leute, die die Polisario mit Waffen beliefern." Azad kaut angestrengt an seinen Nägeln, dann entfährt es ihm: "Natürlich! Atif Ben Badir!" "Wer?" fragt Alfie verblüfft, während Phänotypus zustimmend nickt. "Das ist ein ganz omimeser Typ!" "Ominöser!" verbessert Alfie überflüssigerweise. Manchmal kann er das akademen und Deutschsein nicht lassen. Azad fährt unbeirrt fort. "Ein Waffenhändler, der die Polisario über viele Jahre illegal beliefert hat. Soll angeblich in Deutschland unter falschem Namen leben. Es gibt ein Auslieferungsersuchen von Marokko gegen ihn." "Du denkst an eine einfache Namensverwechslung?" fragt Alfie erstaunt. "Geheimdienste sind nicht immer schlau." antwortet Phänotypus an Azads Stelle. "Die gucken erstmal in den Computer. Gut möglich, sowas." "Azad Sadir, Atif Ben Badir... als Tarnname taugt der Unterschied nicht, aber ne Verwechslung wäre möglich." sinnt Alfie. "Dann müßten die aber ziemlich blöd sein!" "So blöd auch wieder nicht!" erwidert Azad. "In irgendeiner Westsahara-Widerstandsdatei bin ich ja wohl ohnehin drin!"
"Wir müßten also ziemlich genaue Informationen zusammentragen, um zu erfahren, was in punkto Westsahara-Waffenhandel und deutsch-marokkanische Kooperation im Augenblick so läuft." folgert Phänotypus. "Auf der Grundlage läßt sich dann vielleicht Azads Unschuld beweisen, ohne denen einen Tip in Richtung Ben Badir zu geben." "Klingt erstmal sehr abstrakt und theoretisch." meint Alfie. "Trotzdem ein gutes Vorhaben. 'Müssen uns überlegen, wie wir das umsetzen."
"Mal was anderes!" meint Phänotypus mit lustigem Augenzwinkern. "Wir sind in Soho, dem spannendsten Stadtviertel Europas! Laßt uns auf Tour gehen! Alfie, wie lange hast du Zeit?" "In zwei Wochen beginnt mein Semester." antwortet dieser. "Ich muß langsam mal Examen machen - klingt dumm bei all den Ereignissen, ist aber so.
Das heißt, ich werde übermorgen zurückfahren. Aber für einen Zug durch Soho bin ich immer zu haben!" "Alles klar." entgegnet Phänotypus und wendet sich an Azad. "Nun zu dir. Hast du Geld?" Azad ist etwas irritiert. Mit der Frage hätte er nicht gerechnet, und der Tonfall von Phänotypus ist teilweise etwas rauh und abrupt. "Ich...weiß nicht, was die Frage soll." antwortet er daher vorsichtig. "Na, ganz, einfach. Du kannst, wie ich schon gesagt habe, für'n paar Wochen bei mir wohnen. Aber ich würd's schon okay finden, wenn du dein Essen selber bezahlst und mir für den englischen Paß eine kleine Aufwandsentschädigung gibst. Sagen wir, fünfzig Pfund." Azad lächelt zurück. "Kein Problem, mein Freund! Soviel hab' ich dabei."
"Gut. Dann laßt uns losgehen, in die Stadt! Soho erwartet uns."
Soho ist so faszinierend, wie ein Stadtteil nur sein kann. Rund um den Bereich Piccadilly-Circus/Leicester Square stoßen mehrere Stadtviertel zusammen, die eigentlich nicht so sehr viel miteinander zu tun haben, aber eine heiße Mischung abgeben. Da ist zum einen Chinatown, das einzige zusammenhängende genuin chinesische Stadtviertel Europas, und direkt daneben ein Rotlichtbezirk, der nach Frankfurter oder gar Hamburger Maßstäben erstens klein und zweitens etwas provinziell, fast brav wirkt, dafür aber seine wirklich dunklen Ecken hat. Beides grenzt wiederum an Theatreland, wo Schauspielhäuser, Opernbühnen und luxuriöse Kinopaläste, alles in bombastischem Neoklassizismus, so dicht gestreut sind, wie gleich nebenan, in der Kneipenmeile von Covent Garden, die Pubs. Es herrscht ein Menschengewimmel wie beim Sommerschlußverkauf, und jede zweite Person, die herumläuft, ist außereuropäischer Herkunft. Afghanen in Turban und besticktem Jutemantel, Schwarzafrikaner, Malayinnen, Chinesen, ein Ghurka im grünen Dschungeldress, ernste, würdevolle Inder im Maßanzug, zerlumpte JamaicanerInnen im Raggamuffin-Outfit, das ganze Commonwealth auf wenigen Quadratkilometern.
Es stimmt; hier fällt Azad niemandem auf, geht unter in einer babylonischen, millionengesichtigen Masse.
"Das müßt ihr erst mal nachts sehen!" ruft Phänotypus gutgelaunt. "Dann wird es hier wirklich spannend. Aber laßt uns etwas essen, und danach schauen wir uns Speaker's Corner an."
Gegessen wird in einem Deep-Pan-Restaurant, ganz brav Pizza mit grünem Salat, bevor es mit der Subway weiter Richtung Hide-Park geht.
An Speaker's Corner ist Einiges los. Ein halbes Dutzend Redner und Rednerinnen wetteifert um die Aufmerksamkeit des Publikums mit Beiträgen zu politischen, religiösen und sozialen Themen, die Bandbreite schwankt zwischen "brilliant" und "durchgeknallt". Der Tonfall zwischen den Vortragenden und dem sich heftig beteiligenden Publikum ist rauh und sarkastisch. "Where you' re going?" fragt beispielsweise einer der Redner, als sein bisheriger Hauptkontrahent unter den Zuhörenden sich plötzlich abrupt abwendet. "To call your ambulance!" entgegnet dieser heftig. "You have to be knocked down!" Natürlich ist das alles Show, die Spielregeln stehen fest, und das Amüsement ist auf allen Seiten. Azad, der nur arabisch, französisch und deutsch versteht, läßt sich von Phänotypus und Alfie übersetzen. Er amüsiert sich köstlich.
Von speaker's corner aus bummeln sie durch den Hide Park, durch Knightsbridge und Chelsea und fahren am frühen Abend zurück nach Soho. Nach einem tibetanischen Abendessen in Chinatown geht es zum Saufen in die Nähe von Covent Garden.
Am Schluß steht für Alfie wie für Azad fest, daß es einer der großartigsten Abende der letzten Zeit war. Azad, das zweite Mal in seinem Leben auf der Flucht und im Exil, hatte bis jetzt unter einer bis an die Grenze zum körperlichen Schmerz stehenden Anspannung gestanden. Nun erst wird er wieder locker. Der Streß von Wochen ebbt ab. Und in seinem Fall läßt sich wohl wirklich sagen, daß er sich heute sinnvoll besäuft.
Wie er angekündigt hat, fährt Alfie am übernächsten Morgen zurück.
Die lange, einsame Fahrt nimmt ihn mit. Kurz vor Oldenburg bekommt er einen Kreislaufkasper; die Straße verschwimmt vor seinen Augen, er hat das Gefühl, in rasender Geschwindigkeit ständig blinzeln zu müssen, und die Autobahngeräusche scheinen Lichtjahre entfernt zu sein. Für einen Moment ist Alfie von akuter Todesangst erfüllt; dann schafft er es, sich abzufangen und soweit die Beherrschung zu behalten, daß er es bis zu einem wenige Hundert Meter entfernten Parkplatz schafft. Völlige Übermüdung. Erst mal ein Müsliriegel, ein Isostar und ein kurzer Spaziergang, dann geht es wieder weiter. Nach insgesamt mehr als zwölfstündiger Fahrt kommt er restlos erschöpft in Hamburg an. Zu einem Gespräch mit Massoud, der wissen möchte, wie es gewesen ist, fühlt er sich nicht mehr in der Lage. "Alles morgen!" murmelt er schwach.
Am nächsten Tag erstattet er gleich der ganzen Bagage Bericht, die sich bei Franco trifft.
Bei der Ben-Badir-story arbeitet es im Gesicht des Gastgebers. "Das müßte sich rausfinden lassen." wirft er ein. "In die Waffendealerkreise habe ich lange Drähte. Ich kann nicht sagen, ob ich an Ben Badir herankomme, aber zumindest Infos über ihn werden sich beschaffen lassen."
"Traumhaft!" erwidert Alfie beeindruckt. Er weiß nicht so sehr viel über Franco und seine Verbindungen, so daß ihn dessen Reaktion erstaunt. "Franco, unser Mann bei der Mafia!" ruft Miranda lachend in den Raum. Franco grummelt etwas unwillig, Britt und Henning feixen zurück.
Am folgenden Morgen fahren Alfie und Curt nach Hause zurück. Auf Alfies Schreibtisch wartet eine Vorladung vor den Ermittlungsrichter wegen der Hausbesetzung.
Szenenwechsel. Wir befinden uns im Hohenbuchenpark in Hamburg-Poppenbüttel. Es ist einer der letzten warmen Septemberabende. Vor etwa einer viertel Stunde ist ein leichter Sprühregen gefallen, und über der jenseits der Alster, die hier ein schmales Flüsschen ist, untergehenden Sonne ist ein feiner Regenbogen zu sehen. Das nur noch schwache Licht läßt ihn zerfasert und unvollständig erscheinen. Ein lauer und stiller Abend in einem kleinen, im Augenblick wenig frequentierten Park. Die richtige Stimmung für Liebespaare.
Britt und Henning stehen engumschlungen am Rand eines der links der Alster gelegenen Teiche und betrachten den Sonnenuntergang, genießen die romantische Athmosphäre. Britts Kopf liegt auf Hennings Schulter, er streichelt ihr sanft übers Haar. Sie dreht ihr Gesicht langsam um und küßt ihn. "Ich hätte Lust, es hier draußen zu machen!" flüstert sie. "Wie?" Henning ist etwas irritiert. "Das ist doch viel zu naß!" Sie lächelt. "Wir müssen nicht." erwidert sie sanft. Und küßt ihn nochmal.
In diesem Augenblick werden sie durch ein sehr vernehmliches Räuspern aus unmittelbarer Nähe gestört. Als sie sich umwenden, steht da in wenigen Metern Abstand ein mittelgroßer, etwas korpulenter Mittvierziger mit graumeliertem Haar und Schnauzbart, Maßanzug vom Teuersten. "Ich hätte nicht gedacht, sie hier zu treffen, Frau Maschnik!" versetzt er mit dröhnendem Baß. "Brückner!" faucht Britt zurück, angespannt wie ein Raubtier. Ihr Gesicht ist kreidebleich. "Was haben sie hier zu suchen? Schnüffeln sie mir nach?" "Nana, ein solch halbseidenes Früchtchen wie sie hat wenig Grund, rechtschaffenen Bürgern Vorhaltungen zu machen." entgegnet er überheblich. "Aber es trifft sich gut, daß wir uns gerade jetzt begegnen. Ich möchte ihnen ein Geschäft zum beiderseitigem Vorteil vorschlagen. Hier ist wohl weder Ort noch Zeit dazu. Ich lasse ihnen in ein paar Tagen eine Nachricht zukommen. Haben sie keine Angst. Sie können von dem Deal sehr profitieren - und was noch viel wichtiger ist, ein ausländischer Mitbürger, der in der Klemme ist, auch. Ansonsten wünsche ich ihnen noch viel Vergnügen mit dem Kunden da! Oder ist das ihr Freund?" Süffisant grinsend, macht er sich von dannen.
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Also hier Sexismus auf dem Bau.
Drei Studentinnen hatten sich auf einer Baustelle verdingt. Sie fanden die Arbeit zwar hart und anstrengend, es machte ihnen aber auch Spaß, sich körperlich selber zu fordern und sie genossen die vielen Komplimente der Baumalocher, die ständig mit ihnen flirteten. Grobe Anmache gab es da nicht, eher ein Angehimmeltwerden, so empfanden sie das jedenfalls. So waren sie denn auch ganz verblüfft, als der Chef sie zu einem Gespräch bat und da sagte, es könne so nicht weitergehen, sie gefährdeten das Arbeitsklima. Als sie erwiderten dass sie doch ganz fleißig arbeiteten meinte der, das sei nicht der Punkt, es sei vielmehr ein Problem, dass überhaupt Frauen auf der Baustelle arbeiten würden, damit kämen diese sehr simpel strukturierten Männer nicht zurecht. Da antworteten die Studentinnen, sie würden von den Männern zuvorkommend freundlich behandelt, da gäbe es gar keine Probleme. Der Chef wand sich wie ein Aal, wurde rot und erklärte dann, das Problem bestünde darin, dass eine bestimmte Sorte von Kalksandsteinen, die mit dem ovalen Loch in der Mitte, in das sich so praktisch reingreifen ließe aufgrund des Lochs von den Männern "Fotzen" genannt würden, und seit drei Frauen auf der Baustelle arbeiteten traue sich niemand mehr "Ey Volker, schieb mal ne saftige Ladung Fotzen rüber!" zu brüllen, und deshalb sei das Material nie am Platz.
Es gibt Probleme in der Arbeitswelt, zu denen fällt Einem NICHTS mehr ein.
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30 Jahre musste geforscht werden, um festzustellen, dass Muttermilch gut für Babies ist.
http://somluswelt.wordpress.com/2012/10/01/30-jahre/
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Kommt ein Hase und trinkt es aus.
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"Alle Heten sind natürlich negativ auf Schwule bezogen, was denn sonst? Das meint doch Heteronormativität.
Und Du wirst keine noch so homofreundliche Hete treffen, die nicht bei der Vorstellung der passiven Rolle – ich meine nicht Oralverkehr – das ganze Repertoire von Ekel, Angst usw. abspult. Weil “Mann” halt “Penetrierer” heißt" ------ Habe noch niemals in der Hinsicht überhaupt Ekel, Angst oder irgendwas in der Art empfunden. Unter "Heterosexualität" würde ich zunächst einfach mal die Tatsache verstehen, dass jemand sich sexuell zum anderen und nicht zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlt. Und das kam zumindest in meiner Sozialisation nicht durch Abgrenzung zum Schwulsein zustande, abgesehen davon, dass die meisten heterosexuellen Männer, ich auch, in der Pubertät mal eine schwule oder zumindest latent homophile Phase durchlebt haben. Da setzt jemand traumatische Erfahrungen, die längst nicht alle gemacht haben als allgemeingültig voraus.
Also gut, Earendil, hier ist der Link:
http://metalust.wordpress.com/2012/10/19/katrin-ronicke-und-der-wohlfuhlantirassismu
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Eines Abends schaut auch Matthias im Haus vorbei. Er scheint sich wieder etwas gefangen zu haben; zumindest wirkt er nüchtern und weder ängstlich noch aggressiv. Alfie und auch Heike empfangen ihn ausgesprochen freundlich, und es entwickelt sich ein lustiges, allgemein gehaltenes Klön-Gespräch. Doch plötzlich geht eine Veränderung durch sein Gesicht, seinen ganzen Körper. Ruckartig scheinen bei ihm alle Zeichen auf Rotalarm zu gehen. Panik im Blick, starrt er auf Rock. Entsetzen macht sich auch in dessen Ausdruck breit. "Was ist?" fragt Alfie erstaunt. "Ich glaube, ich muß gehen." meint Matthias tonlos, steht auf und verläßt den Raum, vorbei an Rock, der dasteht wie eine Salzsäule. Alfie will hinterher, doch Heike hält ihn zurück. "Was wird hier gespielt?" fragt sie Rock. "Ihr kennt euch?" Rock nickt schwer. "Von früher, aus Amsterdam. Der Typ war mal auf H. Ich dachte, er wäre seit langem tot. Mir hat man erzählt, er hätte sich den goldenen Schuß gegeben. Ich habe mir damals Vorwürfe gemacht, weil mich Leute gebeten hatten, mich um ihn zu kümmern und ich es nicht getan habe." "Nun, zumindest lebt er noch. Vielleicht erleichtet das ja dein Gewissen, hm ?" entgegnet Heike und legt ihm den Arm um die Schulter. Er scheint etwas Aufmunterung zu brauchen. Noch immer ist er kreidebleich.
Am nächsten Tag fahren Rock und Britt zusammen mit Alfies Wagen nach Hamburg. Sie muß wieder arbeiten, und Rock meint, er hätte dringend etwas zu erledigen.
Während der Fahrt ist Rock sehr aufgekratzt, redet über alles Mögliche. Es scheint, er müsse irgend etwas überspielen. Britt, die am Steuer sitzt und sich bei regennasser Fahrbahn aufs Fahren konzentrieren muß, ist etwas genervt. Völlig aus den Socken haut es sie aber, als Rock sie plötzlich ohne Umschweife fragt, ob er Franco mal kennenlernen könne, er würde mit ihm gerne einen guten Deal machen. Herrgottarschlochverdammt, woher weiß der davon, wer Franco ist und was der macht? Sie hatte Henning um absolute Diskretion gebeten. "Wer hat dir denn von Franco erzählt?" fragt sie mühsam beherrscht zurück. "Na, Alfie!" versetzt Rock unschuldig. "Sind das nicht gute Kumpels?" "Nein, die kennen sich gar nicht. Und Franco schätzt keine zufälligen Besucher!" "Oh, das habe ich nicht gewußt! Tschuldige!" "Ist schon in Ordnung. Kannst du ja nichts für!" entgegnet Britt versöhnlich, aber innerlich kocht sie. Männer! Sicherlich hat Henning weitergetratscht, und Alfie hat daraus dann in Alkohollaune irgend eine falsche story gemacht. Na warte, der kriegt nen Einlauf!
Mittlerweile ist Matthias nochmal im Haus vorbeigekommen. Er will Alfie sprechen - unter vier Augen.
"Was ist los, Alter?" will dieser wissen. "Du wirkst so gehetzt?" "Ja, weißt du denn nicht, wer das ist?" "Wer, Rock?" "Ich weiß nicht, wie er sich jetzt nennt - wenn das der Typ von gestern ist." "Vor dem du weggerannt bist..." "Ja, ganz recht. Was hat er euch denn erzählt, wer er wäre?" "Er sagte, daß er dich von früher kennen würde." "Das hat er sogar zugegeben?!" fragt Matthias empört. "Ja," erwidert Alfie ruhig, "und er hat gesagt, daß du mal Heroin genommen hast und er glaubte, du wärest längst tot." "Das ist ja wohl unglaublich!" faucht Matthias. "Hätte er wohl gern. Ich wär imstande, ihn umzubringen!" "Was ist denn nun los?" fragt Alfie, noch immer ruhig und freundlich. "Also, dieser Typ hat mir eine Ladung Heroin in die Klamotten geschmuggelt und dann bei den Bullen verpfiffen. Hätte mich um ein Haar mein Jura-Studium gekostet. Nur ein aufwendiges medizinisches Gutachten, das bewies, daß ich nie harte Drogen genommen habe, und die unsaubere Vorgeschichte von dem Typen haben mich gerettet. Ist ein alter Ganove, der schon seit längerer Zeit als V-Mann fürs RD arbeitete. Ist dann abgetaucht. Eigentlich heißt er Roland Hansen, stellte sich mir aber als Peter Schmiedt vor - Schmiedt mit ie und dt." In Alfie arbeitet es. Zwei Geschichten, die sich gegenseitig ausschließen. Matthias soll aus einer medizinischen Untersuchung als clean hervorgegangen sein - ein schlechter Witz, wenn mensch sich den Zustand ansieht, in dem er ihn kennenlernte. Andererseits - damit wäre klar, wer der Spitzel ist.
Es hilft nichts, er muß Heike und Henning hinzuziehen. Obwohl er sich erst heftig sträubt, stimmt Matthias schließlich zu.
Henning ist erstmal sauer, daß er von der Spitzel-Geschichte nicht unterrichtet wurde. Typisch! Dem kleinen Henning traut wohl niemand zu, die härteren Komponenten des Lebens aushalten zu können. "Ich denke, ich bin einer eurer engsten Freunde?" protestiert er. "Warum habt ihr mich nicht eingeweiht?" "Auch Azad und Kalle wissen nichts." antwortet Heike. "Wir hielten es für besser. Nun spiel nicht beleidigte Leberwurst!"
"Wir müssen Britt warnen!" sagt Alfie mit finsterem Blick. Mittlerweile ist ihm klar, daß Matthias die Wahrheit sagt. Auf seine Intuitionen ist Verlaß, Logik hin oder her. "Sie sitzt mit diesem Schwein in einem Auto und hat ihre Wumme dabei. Wenn die sie hoppsnehmen, ist sie geliefert!" "Ich rufe sie an!" meint Henning spontan. "Besser, wenn ich das tue." antwortet Alfie bedächtig. "Schließlich habe ich die ganze Geschichte etwas näher mitgekriegt. Ist authentischer!" "Macker!" denkt Henning."Will wohl den Retter spielen und ist neidisch, weil er sie nicht abgekriegt hat.", sagt aber nichts. Wie immer bei Konflikten mit Alfie oder Kalle fügt er sich.
Am frühen Abend, nach mehreren vergeblichen Anrufen, erreicht Alfie Britt. Die ist geladen wie ne Haubitze. "Was bildest du dir ein, Rock Geschichten über Franco zu erzählen?!" schreit sie ihn an. "Wer ist Franco?" fragt Alfie zurück. "Hör zu, es ist etwas im Busche.." "Das glaube ich allerdings auch!"wütet Britt zurück "Du Arsch!" "Was ist los?" fragt Alfie verblüfft. Sein Tonfall macht sie stutzig. Besorgt, erregt, aber nicht im Allermindesten schuldbewußt. "Also," antwortet sie etwas gefaßter, "Rock hat mich nach Franco gefragt und gesagt, du hättest ihn als deinen Kumpel bezeichnet." "Kenne keinen Franco." gibt Alfie knapp zurück. "Können wir offen sprechen? Ich meine, bist du allein?" "Ja." entgegnet Britt. "Gut. Also, Rock ist offensichtlich ein Bullenspitzel. Matthias, der gestern abend da war, kennt ihn von früher. Es wurde ein Funkspruch abgefangen, nach dem die Bullen einen Informanten bei uns haben." "Dieses Schwein!" braust Britt auf. "Natürlich! Deshalb wollte er zu Franco! Er sagte, du hättest mir von ihm erzählt, weil ihm niemand von euch was gesagt hat.Du bist einer der tonangebenden Leute, also konnte er nichts falsch machen. Er ist hinter Franco her. Wie sicher ist das Telefon, von dem du sprichst?" "Überhaupt nicht."erwidert Alfie. "Es ist das von meiner WG. Wenn die Gegenseite es abhört, wird sie gezwungen sein, zu reagieren," "Gut."meint Britt. "Ich weiß, was ich zu tun habe."
Am gleichen Abend düst sie zu Franco und informiert ihn. Knarren einsteckend, fahren sie nach Altona zu Rocks Addresse. Er hat nie da gewohnt.
Morgens, vier Uhr dreißig. Ein dröhnendes Krachen weckt Alfie. Er schreckt auf und sieht aus dem Fenster. Mehrere Bullenwannen und überall Blaulicht.
Dann fliegt die Zimmertür auf. Behelmte Cops im Kampfanzug. Scheiße! Nichts zu machen.
"Leisten sie keinen Widerstand! Wir haben hier einen Durchsuchungsbefehl, eine Räumnungsklage und einen Haftbefehl. Nehmen sie die Hände hoch! Sie sind vorläufig festgenommen."
Alfie ist wie betäubt. Schwerfällig steht er auf und nimmt die Hände über den Kopf. "Haftbefehl?" fragt er zurück. "Gegen wen?" "Wir stellen hier die Fragen. Wenn sie schön ruhig bleiben, passiert ihnen nichts."
Die Bullen durchwühlen das ganze Haus. Offensichtlich suchen sie nach etwas ganz Bestimmtem. Zwar finden sie dummerweise auch ein paar Gramm Dope, das scheint sie aber nicht weiter zu interessieren. Von den HausbewohnerInnen wehrt sich niemand. Zu massiv und zu überraschend kam der Überfall. Die Leute werden zur erkennungsdienstlichen Behandlung in eine Bullenwanne verfrachtet, einzeln nacheinander. Währenddessen räumen die Beamten die Zimmer leer und schmeißen Mobiliar und persönliche Sachen der BesetzerInnen auf die Straße, wobei so Manches zu Bruch geht. Nach erfolgter ED-Behandlung werden die Festgenommenen freigelassen und sammeln sich vor dem Bus auf der Straße. Nervös blicken sie sich an, fragen einander, wie es war, muntern sich auf, nehmen einander in die Arme. Dorit kommt als Letzte aus dem ED-Bus. Nun, während die Bullen bisher kaum ein überflüssiges Wort von sich gegeben gegeben haben, wendet sich der Einsatzleiter an die Geräumten. "Wir suchen Herrn Azad Sadir." erklärt er. "Wo ist er?" "Der ist nicht hier!" erwidert Dorit spontan. Alfie könnte sie erwürgen. Sanft und unauffällig gibt er ihr einen Rippenstoß. "Wer ist das?" schaltet er sich ein. "Ich habe diesen Namen noch nie gehört." "Leute, ich lasse mich nicht verscheissern!" antwortet der Oberbulle. "Ich weiß, daß der zu Ihnen gehört. Wir haben einen Haftbefehl gegen den Herrn und außerdem einen Durchsuchungsbefehl wegen Gefahr im Verzuge. Wir wissen, daß sich in diesem Haus eine scharfe Schußwaffe befindet. Sie können uns helfen oder uns Schwierigkeiten machen, das liegt bei ihnen. Wir haben ihre Daten. Gehen sie nach Hause und denken sie ein bißchen nach. Wir werden hier alles auf den Kopf stellen. Gegen sie liegt nichts vor, außer Hausfriedensbruch. Und auch für Herrn Sadir wäre es das Beste, wenn er sich selber stellt."
"Viel Spaß beim Suchen." verabschiedet sich Alfie salopp und geht 'rüber zum Haus, um seine Habseligkeiten zusammenzuklauben. Die Übrigen schließen sich an, und überraschenderweise lassen die Bullen sie gewähren.
Azad hat Glück, daß er weder in der Kohnstraße noch in seiner WG anzutreffen ist. Elke hat eine neue Wohnung und ist dort gestern eingezogen. Er hat ihr beim Umzug geholfen, und nachdem die Einräumerei sehr lange dauerte, dort auch gepennt. Dummerweise hat niemand Elkes neue Addresse. Früh am Morgen düst Ines zu dem Laden, wo Elke arbeitet, um sie so früh wie möglich abzufangen. Es klappt. Laut Elkes Auskunft knackt Azad noch. "Und wenn er nicht schnellstens abtaucht, wird er nicht nur knacken, sondern auch brummen!" versetzt Ines sarkastisch. "Was werfen die ihm denn vor?" "Das weiß von uns niemand. Ibrahim meint, es müßte was mit der Polisario zu tun haben. Wir müssen ihn wegschaffen, ehe die Bullen erfahren, wo er ist."
"Meine Wohnung kennt niemand." erwidert Elke unerwartet cool. "Ich glaube, er kann eine Weile hierbleiben, ehe jemand etwas merkt. Inzwischen überlegen sich alle, wo ein auf Dauer sicheres Versteck ist. Ist zu der Räumung was geplant?" "Ja, heute nachmittag machen wir eine kleine Kundgebung am Markt." "Gut. Ich werde dort also nicht auftauchen. Niemand von euch geht von da aus direkt zu mir!" "Schon in Ordnung, aber wo und wann sollen wir uns treffen?" Elke zuckt die Schultern. "Weiß ich das? Schickt vielleicht jemanden vorbei, der am Schluß nicht im Haus gewesen ist, zum Beispiel Herbert. Oder irgendwer von euch geht nach der Kundgebung in eine Kneipe, in zwei, drei andere, und kommt spät abends hier vorbei. Irgendwas fällt uns schon ein." Jetzt, wo es wirklich ums Ganze geht, ist Elke absolut straight. Die Tatsache, daß sie keine Szenefrau ist, macht sie nicht zur harmlosen Bürgerin; und vor allem steht sie mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Realität.
Am Nachmittag ist die Kundgebung. Es haben sich etwa 300 Leute versammelt. Von den Bullen sieht mensch nur ein Sixpack mit vier Bepos, die in ihrem Wagen bleiben, und zwei Streifenwagen mit je zwei Schirmmützenträgern, darunter auch ein grauhaariger Polizeirat. Die Mützenträger steigen aus, halten sich aber zurück. Lediglich der Graumelierte fragt kurz, wer denn hier "der Veranstalter" sei, gibt sich aber mit der Erklärung, dies sei eine spontane Kundgebung, zufrieden. In einiger Entfernung ist noch ein Ziviwagen zu sehen. Insgesamt wirkt es so, als sei die Staatsgewalt sehr auf Deeskalation bedacht, hielte aber für den Fall des Falles etwas in der Hinterhand. Bitte.
Können sie haben. Alfies Rede wird perfide genug sein. Während Heike und Jörg vom ASTA ihm ihre Megas hinhalten, fängt er an.
"Heute morgen um vier Uhr dreißig ist das von uns seit einunddreißig Tagen besetzte Haus Kohnstraße 14 von den Bullen geräumt worden. Es geschah unter dem Vorwand, wir würden eine scharfe Schußwaffe im Haus verborgen halten und einen Menschen verstecken, der per Haftbefehl gesucht wird. Natürlich sind solche Vorwürfe absurd. Sie haben Tradition als Mittel der staatlichen Propaganda gegen Hausbesetzungen. Wir kennen dies von der Hamburger Hafenstraße und der Düsseldorfer Kiefernstraße, wo regelmäßig das abgesckmackte Märchen von der RAF im besetzten Haus ausgekramt wurde.
Der wirkliche Hintergrund für die Räumung ist der, daß die Polizei einen Spitzel im Haus eingeschleust hatte und es uns gelungen war, ihn zu enttarnen."
Lächelnd macht Alfie eine Kunstpause. Natürlich entspricht das, was er sagt, so nicht ganz der Wahrheit, aber das interessiert ihn nicht. Auf die Wirkung kommt es an. Der Beitrag ist nur mit Heike, Henning und Kalle abgesprochen. Die Moralischen wurden sicherheitshalber gar nicht gefragt.
Die Wirkung im Publikum läßt sich deutlich spüren. Aufgeregtes Geraune, wütende Gesichter, allgemeines Entsetzen. Wahrscheinlich werden die Bullen hinten schon unruhig. Bei denen müßte das Gesagte noch ganz anders 'reinknallen. "Leider hat sich der Spion nach Hamburg-Altona abgeseilt, ehe wir mit ihm Tacheles reden konnten. Um ihren V-Mann zu decken und um uns von der Verfolgung abzuhalten, haben sie das Haus heute nacht geräumt und uns dabei erkennungsdienstlich behandelt. Damit wird weder am Wohnungsproblem in dieser Stadt was geändert, noch uns unser Mut und unsere Entschlossenheit genommen. Um zu zeigen, daß wir uns nicht einschüchtern lassen, geben wir hier nun Name und Beschreibung des Spitzels durch. Wir wollen ihn innerhalb unserer eigenen Kreise gewissermnaßen zur Fahndung ausschreiben, denn ich denke, er hat noch viel zu erzählen - nicht nur den Bullen, sondern auch uns." Jetzt regt sich was bei der Staatsgewalt. Der Polizeirat versucht hektisch, sich einen Weg durch die Menge zum Redner zu bahnen. Umsonst. Die Leute stoßen ihn weg, ein Typ droht ihm Prügel an. Er weicht zurück, doch schon sind seine Bepos neben ihm, Helm auf, doch noch ohne Knüppel in der Hand. "Also, der Typ heißt Roland Hansen und läuft auch als Peter Schmiedt und als Rock herum. Unter dem Namen Rock war er in dieser Stadt bekannt." Es folgt eine genaue Beschreibung seines Aussehens und die Aufforderung, ihn zu erwischen und, notfalls unter Gewaltandrohung, zur Rede zu stellen. Der Polizeihäuptling ist außer sich. Er greift seinerseits zum Megaphon, erklärt die Versammlung für aufgelöst und fordert Alfie auf, zu einem Gespräch zu ihm zu kommen. "Ein solches Gespräch hatte ich bereits letzte Nacht mit einem ihrer Kollegen. Vielen Dank auch. Wir machen jetzt eh Schluß." Darauf stimmt die Menschenmenge den Chor an: "Stasi Ost und Stasi West, überall dieselbe Pest!" Dann fliegt die erste volle Bierdose an den Helm eines der Bepos. Auch gezückte Schlagstöcke machen bei dem Zahlenverhältnis keinen Eindruck. "Ich bin nichts, ich kann nichts, gebt mir eine Uniform!" hallt es über den Platz, ein Pflasterstein landet in der Windschutzscheibe von dem Sixpack. Die Bullen müssen ziemlich schlagartig die Beine in die Hand nehmen. Als ein mit Tonfas und Knüppelschutzwesten ausgerüsteter Zug SEK aus einer Seitenstraße auftaucht und vorrückt, beginnt die Menge sich aufzulösen, nicht ohne ein fröhliches "Bürger, macht euch keine Sorgen, plündern tun wir morgen!". Zu weiteren Zusammenstößen kommt es nicht. Scheinbar sind die Bullen zu überrumpelt, um gezielt Leute abzugreifen.
Während Alfie sich bei der Nachbereitung der Aktion im Jugendzentrum einiges an Tadel für sein "verantwortungslos eskalierendes Verhalten" anhören muß, verdrücken sich Heike und Kalle auf Schleichwegen in Elkes Wohnung.
Nach etwa zwei Stunden Besprechung ist klar, was zu geschehen hat. Azad wird vorerst nach Hamburg verschwinden, Alfie und Henning sollen ihn mit dem unverdächtigen Wagen von Elkes Bruder Manfred dorthin bringen und bei der Gelegenheit Alfies Auto zurückholen. Heike hatte erst was gegen Hamburg, weil sie dabei in erster Linie an Britt dachte und daran, daß die Bullen sie wegen der Knarre auf dem Schirm haben könnten. Azad hat diese Bedenken zerstreut. Er muß sich nicht bei Britt oder deren unmittelbaren Kumpeln verstecken. Ibrahim hat auch Bekannte in Hamburg, und generell ist die Stadt wunderschön groß und unübersichtlich, vor allem, was St.Pauli und St.Georg angeht.
Zwei Tage später dübeln die Jungs los. Manfreds Wagen ist praktischerweise ein Bulli mit fensterlosem Fond, so daß Azad von außen nicht zu sehen ist. Auch Alfie und Henning werden einige Zeit in Hamburg bleiben; Alfie, um sich der vermutlich gesteigerten Aufmerksamkeit der heimischen Bullei nach seinem Redebeitrag zu entziehen, Henning aus Herzensgründen. Wie weit die Reise für Azad und Alfie tatsächlich werden soll, ahnt noch niemand.
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Zu dem Thema "Eisenbahnromantik" hatte ich keinerlei Berührung, jetzt aber kann ich es nachvollziehen.







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Dauerproblem in der politischen Bloggosphäre.
via Kadda:
http://blog.katrin-roenicke.net/?p=1520
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Einer organisiert vom Regierungspräsidium Karlsruhe, ab Flughafen
Stuttgart und einer ab Flughafen Düsseldorf, organisiert von der ZAB
Bielefeld. In Düsseldorf und auch in Stuttgart finden die Abschiebungen
Mitte November statt. Genügend Zeit also, dass sich die Info weit
verbreiten kann...
Verbreitet die Information - Widerstand ist nötig!
Keine Abschiebung nirgendwohin!
Di 13.11.2012 Sammelabschiebung ab Flughafen Düsseldorf nach Belgrad
Sehr wahrscheinlich ein von FRONTEX koordinierter Flug.
Do 15.11.20112 Sammelabschiebung ab Stuttgart in den Kosovo
Sehr wahrscheinlich ein von FRONTEX koordinierter Flug.
Achtet auf weitere Hinweise.
Stopp aller Abschiebungen!
Kontakt: abschiebestop [at] riseup.net
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Was gibt es nur für blöde Sackgesichter!
http://blog.katrin-roenicke.net/?p=1495
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