Sonntag, 22. April 2018
Politisch korrekte Laberköppe im DB-Zug
Ich sitze in einem IC und verfolge das Gespräch meiner Abteilnachbarn. Das heißt ich muss es verfolgen weil ich das geräuschmäßig nicht ausblenden kann und die ununterbrochen reden, ohne Punkt und Komma. Es handelt sich offensichtlich um eine Technoband. Sie diskutieren ob sie den Bandnamen wechseln sollten,wie das neue Cover aussehen soll und mit welchen Suchalgorithmen Google das Album finden soll, thematisieren damit fortwährend ihren Umgang miteinander, die aufzulösenden Hierarchien untereinander und die gesellschaftliche Verortung des ganzen. Etwas, was sich anhört wie eine Mischung aus Therapiegruppe, IT-Nerd-Special-Interest-Diskussion und Politdiskurs. Das ganze in einem politisch so korrekten Sprachduktus wie bei der Mädchenmannschaft. Vegan sind sie laut eigener Aussage auch noch. Auch nach stundenlanger Diskussion ist nichts dabei herausgekommen. Hmm. Unsereins brauchte für solche Entscheidungen, ob man, um Arbeitsplätze und Geschäftsfelder zu retten aus einer insolventen Firma unter Unterschlagung eines Teils der Insolvenzmasse eine neue Firma gründet eine Viertelstunde, für die Entscheidung, ob bei einer Blockadedemo die Bullen anzugreifen seien um von einer militanten Aktion einer anderen Gruppe abzulenken 5 Minuten. Möglicherweise fühle ich mich deshalb solchen Naseweis-Diskutanten so unendlich überlegen, auch wenn ich die Idee, alle Interna wirklich auszudiskutieren oder im Gespräch den herrschaftsfreien Diskurs zu suchen ja gut finde. Aus meiner Sicht als alter Sack wirkt das Äußere der jungen Männer irritierend: Tätowiert, gepierct, mit Ray-Ban-Brillen, Basecaps, Edelstahlhalsketten und Stachelgürteln. Als ich in deren Alter war wechselte man bei solchen Leuten die Straßenseite um nix auffe Fresse zu bekommen. Aber da waren die braven Jungs noch gar nicht geboren, noch nicht einmal gebohrt.

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