Sonntag, 19. Oktober 2008
Ist Wikipedia eine Sekte?
che2001, 13:17h
So ganz ernst ist die Frage nicht gemeint, aber wenn ich dort Diskussionen zu Artikeln lese kann ich nur den Kopf schütteln. Das ist ja eine regelrechte Geheimsprache, in der die da miteinander reden. So heißt es "POV", wenn "subjektive Meinung" gemeint ist, ein "Gesamtthema" heißt "Lemma" usw. Hauptsache, Außenstehende können es nicht verstehen :-)
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entdinglichung,
Montag, 20. Oktober 2008, 12:27
denke, da handelt es sich eher um schlechte bzw. nicht-Übersetzungen aus dem Englischen, welche in die Hände von sozial isolierten Computer-Nerds, welche den Kern von de.wikipedia.org stellen, gefallen sind ... vergleichbar mit der SpAD und ihrer inflationären Verwendung des Begriffes "wiederschmieden" ... der Unterschied zwischen Wikipedia und religiösen wie politischen Sekten ist, dass letztere Menschen aus ihren bisherigen sozialen Zusammenhängen isolieren, Wikipedia aber isolierten, unter sozio-ökonomischen Wahrnehmungsstörungen leidenden Menschen eine "Community" verschafft
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che2001,
Montag, 20. Oktober 2008, 13:17
Das würde zumindest erklären, dass bei politischen oder historischen Themen meist recht eigenartige Sichtweisen, die sich in keinem Fachbuch so finden lassen überwiegen, während gerade Computerthemen in einer Genauigkeit abgehandelt werden, mit der kein normales Lexikon mitkommt.
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entdinglichung,
Montag, 20. Oktober 2008, 17:28
ansonsten interessant dazu (wenn auch zuweilen ein wenig über das Ziel hinausschiessend): http://nazipedia.twoday.net/
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che2001,
Montag, 20. Oktober 2008, 18:05
Na, ich habe vielmehr den Eindruck, da toben sich neben den Nerds eher Hayek- und v.Mises-Fans aus und sehr junge Leute, für die Quellen von vor 2005 bereits veraltet sind und daher unbedingt durch neueste Texte ersetzt werden müssen. Und außerdem unheimlich viele Experten für alle nur denkbaren Spielarten von Pop- Rock- und U-Musik, die Sachkenntnis auch noch der entlegensten Bands ist ja wirklich erstaunlich.
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christian_s,
Samstag, 1. November 2008, 00:17
Das würde zumindest erklären, dass bei politischen oder historischen Themen meist recht eigenartige Sichtweisen, die sich in keinem Fachbuch so finden lassen überwiegen
Kannst Du dazu auch konkrete Beispiele nennen? Das ist mir noch nicht aufgefallen.
Kannst Du dazu auch konkrete Beispiele nennen? Das ist mir noch nicht aufgefallen.
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che2001,
Samstag, 1. November 2008, 17:34
Die Beispiele finden sich massenweise
Dazu gleich noch etwas Grundsätzliches, zwei Einzelbeispiele habe ich: Che Guevara und Hayek. Bei Che ist sehr auffällig, wie fernab von Lexikon-Neutralität mit dem Thema umgegangen wird, und das sage ich jetzt nicht, weil ich selber so heiße ;-). Der Artikel wurde eine Zeitlang alle paar Wochen komplett umgeschrieben, zeitweise waren da Sachen zu lesen in der Art, dass er offenkundige Freude am Erschießen von Menschen gehabt hätte, ohne dass das irgendwie belegt wurde. Lange Zeit wurde der Artikel damit eingeleitet, dass die einen ihn als Mörder und Terroristen, die anderen als großartigen Revolutionär betrachten würden. Ziemlich ausführlich wird auf Kritiken an Guevara eingegangen, die teils von Konservativen und liberalen, teils von libertär-linken Kritikern vorgebracht wurde. die Diskussion der Kritik an Guevara nahm zeitweise fast so viel Platz ein wie die Beschreibung seiner Person. Inzwischen ist das gut gelöst worden, der Artikel ist ausführlich sachlich und neutral, und die vorher durch den Artikel sozusagen mäandrierende Kritik wurde in zwei eigene Abschnitte "Wertung" und "Kritik" verlagert, aber das war eben nicht immer so. In normale Lexika wie Brockhaus und Meyer steht überhaupt keine Wertung. Die Tatsache, dass es sich um einen linksradikalen Guerrillaführer handelte reicht den normalen Lexika vollkommen aus, es muss da nicht eigens erwähnt werden, dass die Einen ihn bewundern und die Anderen als Mörder betrachten, da traut das konventionelle Lexikon seinem Leser mehr Grundbildung und gesunden Menschenverstand zu als die Wikipedia.
Zu Hayek ist in den meisten Lexika zu lesen, dass er ein bedeutender liberaler Theoretiker, einer der Begründer des Neoliberalismus und ein Antisozialist war, vor allem wird aber auf seine Bedeutung als Wirtschaftswissenschaftler, vor allem als Finanztheoretiker hingewiesen, und genau da liegt ja auch seine Bedeutung und liegen seine Verdienste. Immerhin bekam er dafür den Nobelpreis. Auch als Wissens- und Wissenschaftstheoretiker ("Wissensgesellschaft", "Spieltheorie") ist Hayek von Bedeutung, mit der Mt.Pelerin Society brachte er auch eine wichtige neoliberale Denkschule auf den Weg. Die unmittelbaren politischen Ansichten Hayeks und seine Einschätzungen zu konkreten Zeitfragen werden dort nicht abgehandelt. Nur in der Wikipedia werden seinem Werk "Der Weg zur Knechtschaft" und seinen politischen Ansichten größerer Platz eingeräumt. In "Der Weg zur Knechtschaft hatte Hayek unter dem Eindruck des Nationalsozialismus, des Stalinismus und der Zwangsverwaltungswirtschaft in den keynesianisch orientierten Ökonomien der Westallierten während des Zweiten Weltkriegs vor jeder Art von Staatsdirigismus gewarnt und dabei den Nationalsozialismus, Stalinismus und sozialdemokratisch-keynesianische Wirtschaftsweisen miteinander verglichen, denen er den Liberalismus entgegensetzte, eine in dieser Zuspitzung in der Geschichtssschreibung marginale, aus der damaligen Situation heraus aber verständliche Sichtweise.
Nun erlebte der für die Neokonservativen im angelsächsischen Raum bedeutende, in Europa aber praktisch vergessene Hayek in den 1990ern
in Deutschland eine gewisse Renaissance im liberalen Lager. Seit etwa 2005 gibt es eine liberale Bloggosphäre, die sich nicht nur extrem stark auf Hayek bezieht, sondern seine Zitate aus jedem historischen Zusammenhang herausgerissen an allen möglichen Stellen anwendet. Die Sichtweise seines Buchs "Der Weg zur Knechtschaft" aus dem Jahr 1944 wird ungebrochen auf heutige Verhältnisse übertragen. Für die heutigen Hayekianer gilt Hayek als Weltenweiser, der zu Fragen außerhalb seiner eigenen Profession, der Ökonomie eben auch die wesentlichen antworten hat, und so wird Hayeks "Weg zur Knechtschaft" als Standardwerk zu Nationalsozialismus und Sozialismus gelesen, geschichtswissenschaftliche Literatur zu der Thematik hingegen ignoriert. Und auch in der Wikipedia darf im Kapitel zum Thema Nationalsozialismus die Ansicht von Hayek nicht fehlen, obwohl der für die Geschichswissenschaft nun wirklich völlig bedeutungslos ist. Mit Hayek fanden in der liberalen Bloggosphäre auch sein Lehrer v. Mises (der ist Wissenschaftsgeschichte und für heutige politische Theorie so wichtig wie Gottsched oder Klopstock für heutige Literatur) und Frédéric Bastiat, ein französischer Vormärz-Politiker und Ökonom ihre Anhänger. Bastiat verfasste Parabeln zu populären Meinungen und Vorurteilen bezüglich der Ökonomie auf dem Niveau von Kinderfabeln und ist ebenfalls bei den Tories und US-Neocons sehr populär, in Frankreich und Deutschland hingegen längst vergessen. Die Standpunkte Hayeks, v. Mises und auch Bastiats werden in der liberalen Bloggosphäre im Allgemeinen wie unumstößliche Wahrheiten und Glaubenssätze gehandhabt. Das findet sich in der Wikipedia zwar nicht, sie werden aber durchwegs weitaus ausführlicher behandelt als in normalen Lexika. In der Wikipedia stehen seine Fabeln, insbesondere die "Broken Windows Fallacy" (m.E. ökonomische Trivialliteratur) im Mittelpunkt (die wiederum zu den Lieblingsthesen der Neocons, Thatcheristen und Blogliberalen gehört), nicht hingegen sein Hauptwerk "Volkswirtschaftliche Harmonien". Das sieht die sonstige Lexikographie genau umgekehrt.
So, und diese Prinzipen lassen sich auf die Entstehungeschichte vieler Wikipedia-Kapitel übertragen. Linke, Wirtschaftsliberale und Neue Rechte versuchen immer wieder, Personen, die ihnen lieb und teuer sind auf- oder abzuwerten und weltanschauliche Sichtweisen zur verallgemeinern, andere steuern dagegen, und heraus kommen Artikel, die austarierte Kompromisse zwischen verschiedenen subjektiven bzw. ideologischen Sichtweisen sind. Typisch für Wikipedia ist der sog. Edit-War: Jemand schreibt einen Beitrag, den er aus seiner Überzeugung für richtig hält, jemand mit abweichender Gesinnung löscht diesen, und dann wird raufeditiert und runtergelöscht, bis Einer aufgibt. Es lohnt sich, bei Wikipedia-Artikeln zu politischen oder Neuzeit-historischen Themen die Diskussion hinter dem Artikel und die Versiongeschichte des Beitrags zu lesen. Und man sollte die Beiträge in der Wikipedia mit dem Brunner/Conze/Koselleck (Lexikon der politischen Grundbegriffe), Pipers Lexikon der Politikwissenschaft und den ganz normalen Enzyklopädien abgleichen, dann fallen einem manche Pferdefüße auf.
Zu Hayek ist in den meisten Lexika zu lesen, dass er ein bedeutender liberaler Theoretiker, einer der Begründer des Neoliberalismus und ein Antisozialist war, vor allem wird aber auf seine Bedeutung als Wirtschaftswissenschaftler, vor allem als Finanztheoretiker hingewiesen, und genau da liegt ja auch seine Bedeutung und liegen seine Verdienste. Immerhin bekam er dafür den Nobelpreis. Auch als Wissens- und Wissenschaftstheoretiker ("Wissensgesellschaft", "Spieltheorie") ist Hayek von Bedeutung, mit der Mt.Pelerin Society brachte er auch eine wichtige neoliberale Denkschule auf den Weg. Die unmittelbaren politischen Ansichten Hayeks und seine Einschätzungen zu konkreten Zeitfragen werden dort nicht abgehandelt. Nur in der Wikipedia werden seinem Werk "Der Weg zur Knechtschaft" und seinen politischen Ansichten größerer Platz eingeräumt. In "Der Weg zur Knechtschaft hatte Hayek unter dem Eindruck des Nationalsozialismus, des Stalinismus und der Zwangsverwaltungswirtschaft in den keynesianisch orientierten Ökonomien der Westallierten während des Zweiten Weltkriegs vor jeder Art von Staatsdirigismus gewarnt und dabei den Nationalsozialismus, Stalinismus und sozialdemokratisch-keynesianische Wirtschaftsweisen miteinander verglichen, denen er den Liberalismus entgegensetzte, eine in dieser Zuspitzung in der Geschichtssschreibung marginale, aus der damaligen Situation heraus aber verständliche Sichtweise.
Nun erlebte der für die Neokonservativen im angelsächsischen Raum bedeutende, in Europa aber praktisch vergessene Hayek in den 1990ern
in Deutschland eine gewisse Renaissance im liberalen Lager. Seit etwa 2005 gibt es eine liberale Bloggosphäre, die sich nicht nur extrem stark auf Hayek bezieht, sondern seine Zitate aus jedem historischen Zusammenhang herausgerissen an allen möglichen Stellen anwendet. Die Sichtweise seines Buchs "Der Weg zur Knechtschaft" aus dem Jahr 1944 wird ungebrochen auf heutige Verhältnisse übertragen. Für die heutigen Hayekianer gilt Hayek als Weltenweiser, der zu Fragen außerhalb seiner eigenen Profession, der Ökonomie eben auch die wesentlichen antworten hat, und so wird Hayeks "Weg zur Knechtschaft" als Standardwerk zu Nationalsozialismus und Sozialismus gelesen, geschichtswissenschaftliche Literatur zu der Thematik hingegen ignoriert. Und auch in der Wikipedia darf im Kapitel zum Thema Nationalsozialismus die Ansicht von Hayek nicht fehlen, obwohl der für die Geschichswissenschaft nun wirklich völlig bedeutungslos ist. Mit Hayek fanden in der liberalen Bloggosphäre auch sein Lehrer v. Mises (der ist Wissenschaftsgeschichte und für heutige politische Theorie so wichtig wie Gottsched oder Klopstock für heutige Literatur) und Frédéric Bastiat, ein französischer Vormärz-Politiker und Ökonom ihre Anhänger. Bastiat verfasste Parabeln zu populären Meinungen und Vorurteilen bezüglich der Ökonomie auf dem Niveau von Kinderfabeln und ist ebenfalls bei den Tories und US-Neocons sehr populär, in Frankreich und Deutschland hingegen längst vergessen. Die Standpunkte Hayeks, v. Mises und auch Bastiats werden in der liberalen Bloggosphäre im Allgemeinen wie unumstößliche Wahrheiten und Glaubenssätze gehandhabt. Das findet sich in der Wikipedia zwar nicht, sie werden aber durchwegs weitaus ausführlicher behandelt als in normalen Lexika. In der Wikipedia stehen seine Fabeln, insbesondere die "Broken Windows Fallacy" (m.E. ökonomische Trivialliteratur) im Mittelpunkt (die wiederum zu den Lieblingsthesen der Neocons, Thatcheristen und Blogliberalen gehört), nicht hingegen sein Hauptwerk "Volkswirtschaftliche Harmonien". Das sieht die sonstige Lexikographie genau umgekehrt.
So, und diese Prinzipen lassen sich auf die Entstehungeschichte vieler Wikipedia-Kapitel übertragen. Linke, Wirtschaftsliberale und Neue Rechte versuchen immer wieder, Personen, die ihnen lieb und teuer sind auf- oder abzuwerten und weltanschauliche Sichtweisen zur verallgemeinern, andere steuern dagegen, und heraus kommen Artikel, die austarierte Kompromisse zwischen verschiedenen subjektiven bzw. ideologischen Sichtweisen sind. Typisch für Wikipedia ist der sog. Edit-War: Jemand schreibt einen Beitrag, den er aus seiner Überzeugung für richtig hält, jemand mit abweichender Gesinnung löscht diesen, und dann wird raufeditiert und runtergelöscht, bis Einer aufgibt. Es lohnt sich, bei Wikipedia-Artikeln zu politischen oder Neuzeit-historischen Themen die Diskussion hinter dem Artikel und die Versiongeschichte des Beitrags zu lesen. Und man sollte die Beiträge in der Wikipedia mit dem Brunner/Conze/Koselleck (Lexikon der politischen Grundbegriffe), Pipers Lexikon der Politikwissenschaft und den ganz normalen Enzyklopädien abgleichen, dann fallen einem manche Pferdefüße auf.
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christian_s,
Samstag, 1. November 2008, 20:28
Mit so einer ausführlichen Antwort habe ich nicht gerechnet. ;)
Und klar, wenn man sich ernsthaft informieren will, dann lässt man die Finger von Wikipedia. Bin ich völlig Deiner Meinung.
Speziell den Hayek-Artikel finde ich nicht wirklich einseitig, aber ich bin auch kein Hayek-Experte und kann das leider nicht bewerten.
Ich persönlich nutze Wikipedia gerne, wenn ich von einem Thema noch gar keine Ahnung habe. Wenn ich zu dem Thema aber eigentlich mehr wissen müsste/sollte/will, schlage ich im betreffenden Fachlexikon/Handbuch nach, völlig klar.
Und klar, wenn man sich ernsthaft informieren will, dann lässt man die Finger von Wikipedia. Bin ich völlig Deiner Meinung.
Speziell den Hayek-Artikel finde ich nicht wirklich einseitig, aber ich bin auch kein Hayek-Experte und kann das leider nicht bewerten.
Ich persönlich nutze Wikipedia gerne, wenn ich von einem Thema noch gar keine Ahnung habe. Wenn ich zu dem Thema aber eigentlich mehr wissen müsste/sollte/will, schlage ich im betreffenden Fachlexikon/Handbuch nach, völlig klar.
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che2001,
Samstag, 1. November 2008, 23:27
Ich habe nicht gesagt, dass der Hayek-Artikel einseitig sei, er hat nur einen gewissen Dreh. Und die Erwähnung Hayekischer Ansichten zu Themen, die mit Hayek nichts zu tun haben fällt auf.
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rayson,
Sonntag, 2. November 2008, 16:18
@Che
"Die Standpunkte Hayeks, v. Mises und auch Bastiats werden in der liberalen Bloggosphäre im Allgemeinen wie unumstößliche Wahrheiten und Glaubenssätze gehandhabt. "
Das ist natürlich Unfug. Dort werden (mit ein, zwei Ausnahmen vielleicht, die beim Rest auch nicht besonders ernst genommen werden) viele dieser Standpunkte *geteilt*, aber nicht *geglaubt*. Das Gegenteil zu behaupten, mag im blog-politischen Kampf normal sein, ist aber als Gegenposition nicht weniger flach als das, wogegen es sich (angeblich) wendet.
Dass "Der Weg zur Knechtschaft" bei unsereins als Hayeks Hauptwerk gelte, ist eine Erfindung von dir. Der Grundgedanke, nämlich dass zentrale Steuerung systematisch immer noch mehr Kontrollen und Einschränkungen zur Folge hat, ist allerdings auch heute noch aktuell, und das nicht nur in der wirtschaftspolitischen Diskussion... In der politischen Diskussion ist für mich vor aber allem "Die Verfassung der Freiheit" die Bereicherung, die Hayeks Wert ausmacht - übrigens ausschließlich als Bereicherung, und nicht etwa als umfassende, unumstößliche Wahrheit. Was sich anders auch gar nicht belegen ließe, nebenbei gesagt...
Der Grund für Bastiats Popularität in unseren Kreisen ist tatsächlich sein Talent, populäre ökonomische Irrtümer aufzuspießen und zu widerlegen. Man möge es uns verzeihen, wenn wir sein sonstiges Werk weitgehend ignorieren, aber das wäre nur dann ein Lapsus, wenn wir, was bei euch irgendwie Grundausstattung zu sein scheint, uns in irgendeiner Form auf ihn "berufen" müssten. Aber so, wie es m.E. völlig normal ist, von einem Künstler nur bestimmte Werke zu schätzen, so ist es auch normal, die Beiträge eines Autors, Forschers oder Publizisten ganz unterschiedlich für sich zu nutzen.
Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, das alles schon mal irgendwo von dir und von mir gelesen zu haben, was ein schlagender Beweis für die Unfähigkeit der politischen Blogosphäre zu sinnvoller Kommunikation zwischen den Gräben wäre. Sich der eigenen intellektuellen und erkenntnistheoretischen Überlegenheit zu vergewissern, das funktioniert jeweils in der Regel ganz ausgezeichnet, alles andere weniger. Politisch Bloggen ist offensichtlich also eine Art Dauerwahlkampf. Auch ne Erkenntnis.
"Die Standpunkte Hayeks, v. Mises und auch Bastiats werden in der liberalen Bloggosphäre im Allgemeinen wie unumstößliche Wahrheiten und Glaubenssätze gehandhabt. "
Das ist natürlich Unfug. Dort werden (mit ein, zwei Ausnahmen vielleicht, die beim Rest auch nicht besonders ernst genommen werden) viele dieser Standpunkte *geteilt*, aber nicht *geglaubt*. Das Gegenteil zu behaupten, mag im blog-politischen Kampf normal sein, ist aber als Gegenposition nicht weniger flach als das, wogegen es sich (angeblich) wendet.
Dass "Der Weg zur Knechtschaft" bei unsereins als Hayeks Hauptwerk gelte, ist eine Erfindung von dir. Der Grundgedanke, nämlich dass zentrale Steuerung systematisch immer noch mehr Kontrollen und Einschränkungen zur Folge hat, ist allerdings auch heute noch aktuell, und das nicht nur in der wirtschaftspolitischen Diskussion... In der politischen Diskussion ist für mich vor aber allem "Die Verfassung der Freiheit" die Bereicherung, die Hayeks Wert ausmacht - übrigens ausschließlich als Bereicherung, und nicht etwa als umfassende, unumstößliche Wahrheit. Was sich anders auch gar nicht belegen ließe, nebenbei gesagt...
Der Grund für Bastiats Popularität in unseren Kreisen ist tatsächlich sein Talent, populäre ökonomische Irrtümer aufzuspießen und zu widerlegen. Man möge es uns verzeihen, wenn wir sein sonstiges Werk weitgehend ignorieren, aber das wäre nur dann ein Lapsus, wenn wir, was bei euch irgendwie Grundausstattung zu sein scheint, uns in irgendeiner Form auf ihn "berufen" müssten. Aber so, wie es m.E. völlig normal ist, von einem Künstler nur bestimmte Werke zu schätzen, so ist es auch normal, die Beiträge eines Autors, Forschers oder Publizisten ganz unterschiedlich für sich zu nutzen.
Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, das alles schon mal irgendwo von dir und von mir gelesen zu haben, was ein schlagender Beweis für die Unfähigkeit der politischen Blogosphäre zu sinnvoller Kommunikation zwischen den Gräben wäre. Sich der eigenen intellektuellen und erkenntnistheoretischen Überlegenheit zu vergewissern, das funktioniert jeweils in der Regel ganz ausgezeichnet, alles andere weniger. Politisch Bloggen ist offensichtlich also eine Art Dauerwahlkampf. Auch ne Erkenntnis.
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che2001,
Sonntag, 2. November 2008, 17:30
Eigentlich hatte ich mich ja mit der Wikipedia auseinandergesetzt, nicht mit Eurem Gruppenblog. Und dass es außer euch noch andere liberale Blogs gibt dürfte auch bekannt sein.
Wobei ich nicht so genau weiß, ob die trunkenen Gerstensaftblogger, Libertas Cara, Freilich CH, Kapitalismus blogg und wen es da noch so alles gibt mit den Standpunkten von Euch Bloggies mehr oder weniger übereinstimmen, und wer auf Eurem Blog nun stärkerer oder weniger starker Hayek-Anhänger ist. Es interessiert mich an dieser Stelle ehrlich gesagt im Moment auch nicht.
Mein Thema ist die Tatsache, dass das, was ich über die Bedeutung und Rolle Hayeks an der Uni gelernt habe und was Kollegen dazu im Offline-Real-Life sagen und das, was zum gleichen Thema durch die Online-Welten rauscht nicht deckungsgleich sind. Und da ist die Wikipedia, immerhin ein Lexikon mit Neutralitätsanspruch, den Blogwelten näher als der papiernen Literatur. Wenn Du aus diesen Beobachtungen, die etwas mit der Rekonstruktion von Realität im virtuellen Raum zu tun haben (was für sich genommen noch nichts mit Machenschaften irgendwelcher Leute zu tun hat, sondern zunächst damit, wie Kommunikation und Realitätswahrnehmung funktionieren) und mit den politischen Richtungskämpfen hinter den Kulissen der Wikipedia - ich schrieb ja auch, dass neben Liberalen auch Linke und Neu-Rechte versuchen würden, die Diskurshegemonie durch Umbügelung politischer Wirklichkeit nach eigenem Weltbild zu erlangen, und das sind nur politische Richtungen, von denen ich das weiß, es mag noch andere geben - einen Angriff gegen Euer Gruppenblog ableitest, dann mutet mir Dein Blickwinkel aber sehr verquer an.
Von Dauerwahlkampf kann bei mir schon deshalb nicht die Rede sein, weil mein politisches Spektrum mehrheitlich aus Nichtwählern besteht.
Wobei ich nicht so genau weiß, ob die trunkenen Gerstensaftblogger, Libertas Cara, Freilich CH, Kapitalismus blogg und wen es da noch so alles gibt mit den Standpunkten von Euch Bloggies mehr oder weniger übereinstimmen, und wer auf Eurem Blog nun stärkerer oder weniger starker Hayek-Anhänger ist. Es interessiert mich an dieser Stelle ehrlich gesagt im Moment auch nicht.
Mein Thema ist die Tatsache, dass das, was ich über die Bedeutung und Rolle Hayeks an der Uni gelernt habe und was Kollegen dazu im Offline-Real-Life sagen und das, was zum gleichen Thema durch die Online-Welten rauscht nicht deckungsgleich sind. Und da ist die Wikipedia, immerhin ein Lexikon mit Neutralitätsanspruch, den Blogwelten näher als der papiernen Literatur. Wenn Du aus diesen Beobachtungen, die etwas mit der Rekonstruktion von Realität im virtuellen Raum zu tun haben (was für sich genommen noch nichts mit Machenschaften irgendwelcher Leute zu tun hat, sondern zunächst damit, wie Kommunikation und Realitätswahrnehmung funktionieren) und mit den politischen Richtungskämpfen hinter den Kulissen der Wikipedia - ich schrieb ja auch, dass neben Liberalen auch Linke und Neu-Rechte versuchen würden, die Diskurshegemonie durch Umbügelung politischer Wirklichkeit nach eigenem Weltbild zu erlangen, und das sind nur politische Richtungen, von denen ich das weiß, es mag noch andere geben - einen Angriff gegen Euer Gruppenblog ableitest, dann mutet mir Dein Blickwinkel aber sehr verquer an.
Von Dauerwahlkampf kann bei mir schon deshalb nicht die Rede sein, weil mein politisches Spektrum mehrheitlich aus Nichtwählern besteht.
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rayson,
Sonntag, 2. November 2008, 20:25
Ja, eigentlich... Aber du hast sehr gut die Kurve gekriegt ;-)
Die anderen von dir genannten Blogs lese ich gar nicht mal... Bis auf "Libertas Cara", aber die sind eher konservativ und werden auf das von dir Angeführte kaum eingehen können. Wahrscheinlich kennen die Hayek, Bastiat und Mises noch nicht einmal.
Nein, ich habe keinen Angriff auf uns als konkreten Blog abgeleitet, aber zur liberalen Blogwelt fühlen wir uns schon noch zugehörig. In dieser winzigen Nische nehmen das A'Team, die FdoGs und wir meiner Beobachtung nach schon noch eine dominierende Rolle ein, und da glaube ich konstatieren zu können, dass deine Charakterisierung auf diese drei Blogs bezogen reichlich unzutreffend sein dürfte.
Was die Defizite von Wikipedia allein betrifft, kann ich dir insofern zustimmen, als dass Skepsis angebracht ist. Aber wer wüsste das nicht. In den Gebieten, in denen ich mich sehr gut auskenne, ist Wikipedia allerdings meistens eine sehr gute Quelle, spätestens dann, wenn man das englischsprachige Original zusätzlich heranzieht, was ich bei politisch umstrittenen Themen sowieso jedem raten würde.
Von mir aus kannst du den "Dauerwahlkampf" übrigens auch durch "Dauerklassenkampf" ersetzen, ich bin da nicht kleinlich ;-) "Wahlkampf" ist für mich eher eine Metapher für eine Einstellung, die "Auseinandersetzung" wörtlich nimmt.
Die anderen von dir genannten Blogs lese ich gar nicht mal... Bis auf "Libertas Cara", aber die sind eher konservativ und werden auf das von dir Angeführte kaum eingehen können. Wahrscheinlich kennen die Hayek, Bastiat und Mises noch nicht einmal.
Nein, ich habe keinen Angriff auf uns als konkreten Blog abgeleitet, aber zur liberalen Blogwelt fühlen wir uns schon noch zugehörig. In dieser winzigen Nische nehmen das A'Team, die FdoGs und wir meiner Beobachtung nach schon noch eine dominierende Rolle ein, und da glaube ich konstatieren zu können, dass deine Charakterisierung auf diese drei Blogs bezogen reichlich unzutreffend sein dürfte.
Was die Defizite von Wikipedia allein betrifft, kann ich dir insofern zustimmen, als dass Skepsis angebracht ist. Aber wer wüsste das nicht. In den Gebieten, in denen ich mich sehr gut auskenne, ist Wikipedia allerdings meistens eine sehr gute Quelle, spätestens dann, wenn man das englischsprachige Original zusätzlich heranzieht, was ich bei politisch umstrittenen Themen sowieso jedem raten würde.
Von mir aus kannst du den "Dauerwahlkampf" übrigens auch durch "Dauerklassenkampf" ersetzen, ich bin da nicht kleinlich ;-) "Wahlkampf" ist für mich eher eine Metapher für eine Einstellung, die "Auseinandersetzung" wörtlich nimmt.
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che2001,
Sonntag, 2. November 2008, 23:05
Nun ja, ich würde das A-Team, die FDOGs und die Bissigen Liberalen noch nicht einmal über einen Kamm scheren und Jo@chim tendenziell links von Dir, die FDOGs hingegen eher als Schnittstelle zwischen liberal, rechtslibertär und antideutsch beschreiben. Was für meine Wahrnehmung von Standpunkten allerdings eine große Rolle spielt, sind nicht einmal die Blogbetreiber, sondern die Kommentatoren - für die Ihr natürlich nichts könnt, nichts für ungut.
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rayson,
Sonntag, 2. November 2008, 23:56
Nein, über einen Kamm scheren kann man uns nicht, aber was deine Einlassungen zu den genannten Autoren betrifft eint uns die Nichtbetroffenheit...
Jo@chim ist übrigens keinesfalls "links von mir", sondern "libertär von mir" - das entzieht sich jeglicher Links-Rechts-Schemata (z.B. wäre ich sicher für mehr Regulierung allerorten als er). Eure Nähe dürfte eher aus derr z.T. gemeinsamen Erfahrung und politischen Herkunft herrühren.
Was die Kommentatoren angeht, da wollen wir bewusst ein breites Spektrum. Und ich denke, das haben wir auch. Frag mal Parker8 oder Markus nach Hayek & Co....
Warum ziehe ich mich daran hoch? Weil ich es für sinnvoll halte, wenn man die "Gegenseite" wenigstens intern für das nimmt, was sie ist, und nicht für das, was man Dritten gegenüber aus ihr machen möchte. Diese Welt wäre eine bessere, wenn weniger Menschen versuchten, Gegenüber in bereits vorhandene Schablonen einzupassen.
Jo@chim ist übrigens keinesfalls "links von mir", sondern "libertär von mir" - das entzieht sich jeglicher Links-Rechts-Schemata (z.B. wäre ich sicher für mehr Regulierung allerorten als er). Eure Nähe dürfte eher aus derr z.T. gemeinsamen Erfahrung und politischen Herkunft herrühren.
Was die Kommentatoren angeht, da wollen wir bewusst ein breites Spektrum. Und ich denke, das haben wir auch. Frag mal Parker8 oder Markus nach Hayek & Co....
Warum ziehe ich mich daran hoch? Weil ich es für sinnvoll halte, wenn man die "Gegenseite" wenigstens intern für das nimmt, was sie ist, und nicht für das, was man Dritten gegenüber aus ihr machen möchte. Diese Welt wäre eine bessere, wenn weniger Menschen versuchten, Gegenüber in bereits vorhandene Schablonen einzupassen.
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noergler,
Montag, 3. November 2008, 01:08
Manche fühlen sich mit der subjektiven Wertlehre doch gut frisiert.
Überfinanzierungskrise – die Frisur hält!
Überfinanzierungskrise – die Frisur hält!
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che2001,
Montag, 3. November 2008, 11:23
Diejenigen, die da die Marxsmithsche Arbeitswertlehre aufsatteln nennt man die Geföhnten.
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stasipedia,
Dienstag, 18. November 2008, 00:40
Hmm naja...
Wikipedia hat teilweise schon einen sehr sektenhaften Charakter. Manche Autoren sind Admins mittlerweile regelrecht hörig. Es wurden teilweise Methoden eingeführt, die an Scientology erinnern - a'la "Wer keine Artikel schreibt kann gleich wieder gehen". Finde schon dass sich da einige zu sehr verrennen...
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che2001,
Montag, 1. Dezember 2008, 12:07
Das zeigt ja wohl schlagend die Tatsache, dass Du Dein Blog dichtmachst.
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