Samstag, 28. März 2009
Solidarität im neuen Format
Das war schon Klasse heute. Nicht nur eine gute Demo, sondern ein weltweiter Zusammenhang, ein internationaler Großkampftag sozusagen. Hoffe mal, dass das erst der Auftakt für einen heißen Frühling war!


http://www.28maerz.de/

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Webseite
FYI: Die 28. März Seite war übrigens ein merkwürdiger Alleingang von attac, die eigentliche Mobilisierungsseite des Bündnisses ist kapitalismuskrise.org

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wieso eigentlich kapitalismuskrise.org?
Weil attac einfach zu differenziert geworden ist und "4-beiner sind gut, 2-beiner schlecht" einfach das bessere "warm fuzzy feeling" erzeugt?
Wer glaubt, mit solchen Aufrufen eine Mehrheit in einer produktiven, differenzierten und vergleichsweise sozialen postindustriellen Gesellschaft wie der der Bundesrepublik Deutschland zu erreichen, hat nicht mehr alle an der Marmel.

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Attac "zu differenziert"? Wenn es so weit ist, haben wir wirklich eine extistenzielle Krise...

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die "extistenzielle" Krise seid Ihr,
nulldimensionalen Labersäcke.

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Zunächst einmal finde ich es rassistisch, das kapitalismuskrise.org völlig undifferenziert vom globalen Süden als die Marktwirtschaft deligitimierendes Opfer spricht.
Brasilien, Uruguay und Chile haben sich so gut wie nie in ihrer Geschichte von einer solchen globalen Wirtschaftskrise abgekoppelt. Beide fahren umfangreiche und sozial orientierte expansive Fiskalpolitiken, die sie sich auch leisten können. Im Falle Brasilien etwa ein spektakuläres 12.5 Mrd Euro Paket zum Bau von Sozialwohnungen.
Aufgrund vorheriger Krisenerfahrung, gab es sowohl in Asien als auch in Lateinamerika robuste Bankengesetzgebungen. Die sehr kostspieligen Rettungen von Banken oder schlimmeren (durchgeknallte Investment-Banken) sind dort nicht nötig. Les dazu gerade House of Cards: A Tale of Hubris and Wretched Excess on Wall Street von William D. Cohan. Sehr zu empfehlen.

Im Gegensatz zu Brasilien, Chile und Uruguay, fährt Venezuela eine pro-zyklische Fiskalpolitik. Man senkt dort etwa den realen Mindestlohn um 10% (nominal +20% - 30% interanuale Inflation = -10%), erhöht die Mehrwertssteuer von 9 auf 12% und senkt die Staatsausgaben, da bald nix mehr da ist. So viel zu kapitalismuskritischen Regierungen. Solche nerdy Details haben die pendejos sin fronteras nie interessiert. Und wenn dann in Venezuela die Hölle losbricht, kann man das irgendwie immer noch argumentativ den USA in die Schuhe schieben.

Kapitalismuskrise.org enthält sehr wenig inhaltliche Arbeit und dafür sehr viel Marketing-Klimbim (Jingles, Flyer, Videos). So einfach ist es nicht.
Attac ist da argumentativ deutlich weiter.
Die Zeiten der Angleichung der Lebensverhältnisse in Nordamerika und West-Europa in den 50er und 60er Jahren (great compression) waren dadurch geprägt, dass rechts wie links moderate Politiker nach praktikablen Lösungen suchten. Attac nimmt irgendwie am Diskurs teil, kapitalismuskrise.org nicht.

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"Wer glaubt, mit solchen Aufrufen eine Mehrheit in einer produktiven, differenzierten und vergleichsweise sozialen postindustriellen Gesellschaft wie der der Bundesrepublik Deutschland zu erreichen, hat nicht mehr alle an der Marmel."
In der Tat, aber a) wer glaubt denn das und b) was können die Aufrufer für die Dummheit der Mehrheitsgesellschaft?

"Zunächst einmal finde ich es rassistisch, das kapitalismuskrise.org völlig undifferenziert vom globalen Süden als die Marktwirtschaft deligitimierendes Opfer spricht."

Ist ja schön, dass du um Differenzierung bemüht bist und völlig richtig feststellst, dass weder alle Gewinner des Kapitalismus im "Norden" noch alle Verlierer im "Süden" hausen, aber festzuhalten, dass es extreme Unterschiede in der Reichtumsverteilung zwischen beiden gibt, hat nix mit Rassismus zu tun. Die behaupten ja nicht, dass das daran läge, dass "der Neger" zu faul zum arbeiten sei, oder so.
Wo die Verlierer zu gerade zu Hause sind, ändert aber nichts daran, dass sie den Kapitalismus, der zwangsläufig - Krise oder nicht - (wenige) Gewinner und (viele) Verlierer produziert, "delegitimieren".

"Attac nimmt irgendwie am Diskurs teil, kapitalismuskrise.org nicht."
Letzteres will ich auch schwer hoffen. Wer noch einigermaßen bei Verstand ist, sucht keine Lösung für die Krise, sondern Wege zu einer Ökonomie, die sich nicht von den Launen des Marktes (mit den bekannten Folgen) abhängig macht.
Außerdem finde ich den Aufruf gar nicht so dogmatisch und schwarz-weiß-malend, wie du das mit "4-beiner gut, 2-beiner schlecht" unterstellst, sondern im Gegenteil recht unscharf, offen und integrierend (was ja nicht schlecht sein muss). Und tiefschürfende Argumente ausgerechnet bei einem Demoaufruf zu suchen, geht irgendwie fehl. Dafür gibt's doch nun wirklich genug andere linke Publikationen.

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Korrekt!
Danke für den kleinen Rundumschlag!

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Wo habe ich gesagt, dass der "Neger zu faul zum arbeiten wäre"?
Wer noch einigermaßen bei Verstand ist,
Sind solche Stellungnahmen zielführend in Hinblick auf einen respektvollen und pluralistischen Diskurs?

Der Markt hat in einer Menge Entwicklungs- und Schwellenländern gerade in den letzten Jahren das Entstehen einer ausbildungs-gestützten Mittelschicht überhaupt erst ermöglicht (Indien, China, Taiwan, Südkorea, Thailand, Brasilien, Chile, Argentinien, etc.)
Die Länder "des Südens" unterscheiden sich immer stärker. Wenn du in Frankfurt in ein Flugzeug einsteigst und in Santiago de Chile aussteigst, ist der Unterschied geringer, als wenn du von Chile nach Bolivien über die Grenze fährst.
Bin gegen einen radikalen Kapitalismus. Die Finanzmarktkrise zeigt deutlich, dass wir starke staatliche Regulierungen benötigen.
Nur ist es komplet irrwitzig völlig auf den Markt zu verzichten. Insbesondere da Regierungen, die großmäulig gegen den Markt poleminisiert haben, in der Vergangenheit in aller Regel auf eine ökonomische Katastrophe zugesteuert sind und in der Gegenwart gerade wieder dabei sind.
Aktuell zeigen bezogen auf Lateinamerika die makroökonomischen und fiskalischen Daten relativ eindeutig in die Richtung, dass die anti-Markt Polemiker (Bolivien, Ecuador, Venezuela und in einem geringeren Maße Argentinien) auf eine Katastrophe zusteuern, während die vergleichsweise sozialdemokratischen Regierungen Chiles und Brasiliens in der Lage sind, die Auswirkungen der Krise für ihre Bevölkerungen zu lindern.

Ich bin sehr für ein klares Umsteuern in einigen Bereichen der Politik gegenüber ärmeren Staaten, auf den Finanzmärkten, in der Sozialpolitik und bei sogenannten Steueroasen. Nur ist der Markt eben ein effektives Mittel zur effektiven Allokation von Ressourcen, auf den man nicht verzichten kann. Auf der anderen Seite ist der Markt natürlich auch kein übergeordnetes Ziel, nach dessen Implementierung automatisch kübelweise Liebe und permanent gute Laune ausbricht.
Attac nennt in vielen Punkten zumindest Argumente, denen man zustimmen oder die man verwerfen kann. kapitalismuskrise.org sagt einfach: Der Markt ist gescheitert. Wir wissen es besser. Die anderen sind doof.

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"Wo habe ich gesagt, dass der "Neger zu faul zum arbeiten wäre"?"
Und wo habe ich behauptet, du hättest das gesagt? Lies bitte nochmal; ich habe lediglich deinen Rassismusvorwurf an die Demo-Aufrufer zurückgewiesen.

Trotz Anti-Markt-Polemik sind auch links regierte Staaten dem Weltmarkt ausgeliefert und ihre Handlungsspielräume dementsprechend gering. Wenn Chavez bspw. versucht, die Öleinnahmen ein bisschen gerechter zu verteilen, ist das ja nicht schlecht, aber wenn der Ölpreis sinkt, funktioniert das Modell nicht mehr so gut.

Wegen der Abhängigkeit vom Weltmarkt, die ja heute noch weit stärker ist als früher, gab's mal das Konzept von der Weltrevolution: Eben aus dem Wissen, dass man in einer ansonsten kapitalistischen Welt weder in einem einzelnen Staat noch in einer Kommune o.ä. Kommunismus machen kann (es sei denn Steinzeitkommunismus).

Weiter würde ich nie behaupten, der Markt sei gescheitert (hab ich auch bei kapitalismuskrise.org nicht gelesen). Er funktioniert durchaus als effektive Allokation von Reichtum - mal mehr, mal (derzeit) weniger gut. WIE er funktioniert, mit Herrschaft, Ausbeutung, Konkurrenz, Arbeitswahn, Ungleichheit, Naturzerstörung und und und, das stört mich. Und wenigstens noch ein paar andere, die noch einigermaßen bei V... ok, keine Polemik mehr: Du bist ja nicht doof, du denkst nur falsch.

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Wenn Chavez bspw. versucht, die Öleinnahmen ein bisschen gerechter zu verteilen
Darum ging es Chavez nie.
Es ging um ein neues, tragfähiges Entwicklungsmodell für die venezoelanische Gesellschaft.
So neu war das aber leider nicht. Er hat im Prinzip die selben Fehler wiederholt, die in Venezuela während der hohen Ölpreise der 70er begangen wurden:
Kein sinnvoller Ausbau der inländischen Produktion, keine Verbesserung der katastrophalen Ausbildungssituation, Importe bis zum Abwinken, viel Mittelabfluß durch Korruption und ein paar Brotkrumen für die Armen.
Hinzu kamen noch völlig aberwitzige Militärausgaben und der Versuch zu einer Regionalmacht zu werden. Eine Polarisierung der Gesellschaft, die zwar von "pendejos sin fronteras" begeistert gefeiert wird, aber niemals zu etwas guten führen wird. Ein faschistischer politischer Diskurs, gemäß dem "große" Menschen den Willen des "Volkes" repräsentieren und jenseits von Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit oder Demokratie stehen.
Chile und Brasilien leiden ähnlich unter den Absinken der Preise ihrer Exportgüter. Trotzdem sind diese Regierungen in der Lage, ihre Gesellschaften ohne Huracán durch diese Krise zu lotsen.

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"Wenn Chavez bspw. versucht, die Öleinnahmen ein bisschen gerechter zu verteilen, ist das ja nicht schlecht, aber wenn der Ölpreis sinkt, funktioniert das Modell nicht mehr so gut."

Immer wenn es konkret wird, geht es in die Grütze.
Das "Modell",wenn es denn eines gibt, funktioniert immer ... oder eben nicht. Der Ölpreis ist in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen - die nächste Dolchstoßlegende vorzubereiten, ist wenig hilfreich. Zu erklären, ein soziales Modell funktioniere nur, wenn es sog. "windfall profits" aufgrund kfr. angestiegener Rohstoffpreise gibt, ist praktisch der Gegenbeweis.

"Wegen der Abhängigkeit vom Weltmarkt, die ja heute noch weit stärker ist als früher, gab's mal das Konzept von der Weltrevolution:"

Nö. Das hieß "Importsubstitution" statt "Exportförderung" = "Abkopplung vom Weltmarkt".
Dummerweise behauptet man heute, "Dolchstoßlegende Nr. 1.733", daß Kubas Wirtschaftsprobleme aufgrund eines "Boykotts der USA" (=Abkopplung vom US-Markt) existieren.

Herrschaft, Ausbeutung, Naturzerstörung...
"Zurück in die Zukunft", die 80iger sind wieder da !

Die gleichen Sprüche wie vor 20, 25 Jahren.
.., und auch schon in den 80iger wußten die Wohlmeinenden, daß sie selbst natürlich nicht teilen könnten. Im Zweifelsfall war es z.B. der "Konsumterror", der sie daran hindere ... das Gerede von der "abrutschenden Mittelschicht" deutet ja darauf, daß natürlich niemand im Ernst ein "Teilen" erwägt, was an den "Studiengebühren" zu beweisen war..

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Gähn
Zum Thema "Wohlmeinende", "abrutschende Mittelschicht" usw. will ich Dir ja nicht die Evidenz Deiner eigenen Erfahrungen absprechen. Aber die sind halt auch nicht alles, wie aus dem unteren Abschnitt dieses Threads recht eindrucksvoll hervorgehen dürfte.

http://shiftingreality.wordpress.com/2009/03/01/die-subjektive-wissenschaft/#comments

"Weltrevolution/permanente Revolution" und "Abkopplung vom Weltmarkt/Sozialismus in einem Land/Autarkie bei Austerität" waren zwei einander entgegengesetzte Konzepte.


Fair Trade plus Bewahrung regionaler Strukturen plus Aufrechterhaltung einer Rest-Subsistenz, ohne das Konzept des Weltmarkts grundsätzlich aufgeben zu wollen wäre dann nochmal etwas Anderes.

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Der Antikommi vom Dienst natürlich auch noch... So ganz kapier ich zwar nicht, was dein wirres Geschreibsel aussagen soll - du scheinst mal wieder gegen Auffassungen anzukämpfen, die hier gar nicht auftauchen - aber gut:

In den vergangenen Jahren, bei hohen Ölpreisen, hat das venezolanische Modell auch ganz gut funktioniert. Die Armut wurde stark verringert, die medizinische Versorgung weiter Schichten verbessert, Alphabetisierungskampagnen gestartet (wie kommt das Salzherz eigentlich auf "keine Verbesserung der katastrophalen Ausbildungssituation"?), Land verteilt, basisdemokratische Ansätze geschaffen bzw. gefördert u.a.m. Ist wie gesagt alles nicht schlecht, hat nur nix mit Sozialismus zu tun. Gibt da auch die üblichen Probleme von Ölstaaten wie Korruption und einseitige Wirtschaftsausrichtung, was eben die Abhängigkeit vom Weltmarkt verstärkt - nur kann man die kaum allein Chavez ankreiden. Man kann Chavez auch wegen Nationalismus, hohen Militärausgaben, Regionalmachtstreben und Machtgier kritisieren - sind aber auch nicht grade venezolanische Spezifika, und den spezifischen Kontext - die reale Bedrohungssituation - sollte man auch nicht ganz vernachlässigen. Aber wie gesagt - man soll nicht so tun, als ob man damit den Sozialismus kritisiert.

Noch kurz zu zwei weitere Sachen vom Salzherz:

"Importe bis zum Abwinken"
Trifft eher auf die USA zu, die bekanntlich seit Jahrzehnten von Linkspopulisten beherrscht wird. Venezuela hat nen mächtigen Exportüberschuss, auch wenn der fast allein auf dem Öl beruht. Aber dank der einseitig ausgerichteten Wirtschaft, die Chavez ja nun nicht geschaffen hat (ok, auch nicht grundlegend verändert hat), bleibt, wenn man die Bevölkerung einigermaßen versorgen will, nur der Rückgriff auf Importe übrig.

"erhöht die Mehrwertssteuer von 9 auf 12%"
... welche vor Chavez' Amtsantritt bei 16,5% lag.
Eine antizyklische Wirtschaftspolitik dürfte auch nur dort Sinn ergeben, wo von der Binnennachfrage einiges abhängt - in einem Ölstaat also nicht.

Was bemerkenswert differenziertes zu Venezuela gab's übrigens im linken Hetzblatt "Die Zeit": http://www.zeit.de/online/2009/08/interview-venezuela-chavez?page=1

Kuba: Dass dessen Wirtschaftsprobleme zu erheblichen Teilen mit dem US-Embargo zusammenhängen, ist doch wohl unstrittig und hat nichts mit Dolchstoßlegende zu tun. Die kubanische Wirtschaft war vor Castro extrem auf die USA audgerichtet, wie später auf die SU.

"gab's mal das Konzept von der Weltrevolution:"

Nö."

Nö, gab's nie, hab ich eben erfunden... schon klar.
Dass es auch zunächst aus der Not (weil's mit der Weltrevo nicht recht klappen wollte) geborene Konzepte wie "Sozialismus in einem Land" oder Juche-Ideologie gab/gibt, dass die sich auch verselbständigt haben, in reformistischer Form als Protektionismus auftraten... ja klar. Nur hab ich ja grade versucht zu verdeutlichen, dass das, gerade in kleinen Staaten/Gemeinschaften (SU war da noch was anderes), nicht funzt.

"Die gleichen Sprüche wie vor 20, 25 Jahren."
Ja, teilweise dieselben wie vor 100 Jahren! Könnte vielleicht auch daran liegen, dass man sich heute teilweise mit derselben Scheiße wie vor 20, 25 oder gar 100 Jahren herumärgern muss. Kleiner Tipp: Herrschaft, Ausbeutung, Naturzerstörung... sind in den letzten 20, 25 Jahren nicht einfach verschwunden - du hast dich nur daran gewöhnt. Oder es hat dich noch nie gejuckt.

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Ganz einfach:
Es gibt kein Modell, daß bei steigenden Erlösen (Preisen) seine Funktionstüchtigkeit nachgewiesen hätte.

Diese steigenden Preise ermöglichen ja das "Schmieren" potentiellen Widerstands gegen sozialpolit. Maßnahmen und deshalb kann Venezuela kein "Modell" sein - wie wir in den nächsten 5 Jahren sehen werden.
... das war ja auch der Grund für die Begeisterung für "wir wollen alles mit der ´dritten Welt´ teilen", die mit dem Soli und ab ´98 mit der roten Heidi zu Grabe getragen wurde. :-)

Im übrigen müssen sich bei Einschränkung des Weltmarktes, "regionaler Wirtschaft", Verzicht auf Wachstum, Verhinderung von "Naturzerstörung" die Einnahmen zwangsläufig verringern, gelle ?

Zudem hat "Fair Trade" über Bananen und Kaffee hinausgehend sowieso keinen Ansatz für die "Entwicklung" der Lebensverhältnisse in großen Teilen Afrikas oder Asiens.

"Kuba: Dass dessen Wirtschaftsprobleme zu erheblichen Teilen mit dem US-Embargo zusammenhängen,..."

Du muß doch merken, daß Du in die selbst aufgestellte Falle gehst. Wenn die ausbeuterischen Beziehungen so ausbeuterisch sind, kann ein "Embargo" keine schädlichen Auswirkungen haben. Es ist doch bemerkenswert, daß die Argumentation von der "schädlichen Auswirkung des Embargos" erst in den letzten 10, 15 Jahren auftauchte: "Abkopplung vom Weltmarkt" war doch eine sehr eindeutige Marschroute... und eine, die nicht so doll funktionierte, sonst müßte man nicht die nicht vorhandene Ausbeutung durch die USA zitieren. Das ist doch wohl unstrittig ;-)

@che, "Weltrevolution" dürfte in den 80igern wohl nur selten auf der Agenda aufgetaucht sein. "Abkopplung" plus naive Vorstellungen vom "dritten Weg" und der Machbarkeit (internationaler) Planung, wie z.B. die Begeisterung für Ota Sik waren doch eher en vogue.

Herrschaft, Ausbeutung, Naturzerstörung... sind in den letzten 20, 25 Jahren nicht einfach verschwunden ... werden nur von denen völlig akzeptiert, die vorher doch so ganz doll betroffen waren ... und in 20 Jahren sieht es ähnlich aus. q.e.d.

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In den vergangenen Jahren, bei hohen Ölpreisen, hat das venezolanische Modell auch ganz gut funktioniert.
Das ist eben genau die Frage.
Die Armutszahlen wurden in allen lateinamerikanischen Ländern seit den 90ern gesenkt. Nur was sagt das aus? Die Armutsdefinition für Venezuela ist höchst fragwürdig. Im übrigen hat sie jetzt noch nicht mal den Wert erreicht, den sie Anfang der 80er (also gegen Ende des letzten Ölbooms) hatte. Und in Chile ist diese Zahl auch deutlich gesunken, ohne dass ein Großteil der geringeren Kupfer-Einkünfte für den Import von subventionierten Lebensmitteln ausgeben. Übrigens genau das, was an der EU IMMER KRITISIERT WIRD, nur andersherum. Aber wenn son fetter Typ in rot Lebensmittelimporte subventioniert ist das gut. Und wenn die EU Lebensmittelexporte subventioniert, ist das böse.

Die ärztliche Versorgung für die Armen hat sich verbessert. Aber zu welchem Preis? Die Ärzte sind sehr günstig. Dafür bekommt die kubanische Regierung eine Menge Erdöl für diese Dienstleistung ihrer Leute, die sich dann btw. auch gerne vom Acker machen.
Die Alphabetisierungskampagne fand in einem Land statt, das bereits ZU 92% ALPHABETISIERT war. Hört sich gut an für Eurotontos, die glauben, dass die alle nicht lesen und schreiben können. Seit mindestens den 50ern gibts aber in Venezuela wie praktisch überall in Lateinamerika ein gutbesuchtes öffentliches Schulsystem. D.h. die meisten Analphabeten waren über 60. Und diese Mittel fehlen dann für die Verbesserung der v.a. im mathematischen Bereich katastrophalen öffentlichen Schulen. Gerade hier unternehmen Brasilien und Chile aber ernsthafte Anstrengungen.
Die Landbesetzungen fanden meist von irgendwelchen semi-kriminellen Besetzern statt. Das sind keine Bauern. Die Importe von landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind dann unter Chávez deutlich gestiegen. Bei den sehr niedrigen administrierten internen Preisen ist die nach wie vor niedrige inländische Produktion auch nicht weiter verwunderlich.
Basisdemokratische Ansätze? Venezuela ist ein immer zentralisierterer Staat, zugeschnitten auf einen Herrn. Ähnlich wie Kuba.
Nationalismus? Die haben in den letzten Jahren hunderte Millionen für verbilligtes Erdöl an London, die Bronx, Nicaragua, Cuba sowie Schecks an Politiker in Bolivien, Peru, Argentinien und Mittelamerika ausgegeben.
Anfang der 90er gabs eine Autoteile-Industrie, die z.T. sogar in die Karibik exportierte. Dies alles wurde von Chávez plattgemacht, da er private unternehmerische Initiative durch ein völlig auf Staatseinnahmen ausgerichtetes Wechselkursregime erdrückt hat.
Venezuela hat seit dem 4. Quartal 2008 eine sehr negative Handelsbilanz.
Eine antizyklische Wirtschaftspolitik dürfte auch nur dort Sinn ergeben, wo von der Binnennachfrage einiges abhängt - in einem Ölstaat also nicht.
Das müsstest du mir jetzt aber ein wenig erläutern. Infolge der Krise schrumpft die venezoelanische Wirtschaft, Firmen gehen pleite und dann macht es keinen Sinn, dass der Staat per verstärkte Ausgaben die Spitzen der Krise abfedert? Bist du irgendwie von der österreichischen Schule?
Die kubanische Wirtschaft war vor Castro extrem auf die USA audgerichtet, wie später auf die SU.
... und wieso bekommt es Kuba dann nicht auf die Reihe ein bischen WENIGER als 80% der im Land nach wie vor RATIONIERTEN Lebensmittel. Wenn über 50% der Böden nicht bewirtschaftet werden?

Nein. Freunde der Blasmusik. Ich erwarte für den Nordsommer sehr üble Bilder aus Venezuela, Bolivien und Ecuador. Nicht aus Chile oder Brasilien.

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@Herold: Deinen ersten Absatz versteh ich leider immer noch nicht. "Es gibt kein Modell, daß bei steigenden Erlösen (Preisen) seine Funktionstüchtigkeit nachgewiesen hätte." Was meinst du damit?

Kuba: Ok, ist es halt strittig. (Aber das ist wenigstens unstrittig, ja? ;-)) Die Abkoppelung vom Weltmarkt, um sich dem Einfluss der imperialistischen Mächte sowie den Zwängen des Marktes zu entziehen, war ja als Ankoppelung an den RGW-"Markt" gedacht und gemacht. Es ist auch keineswegs absurd, "die nicht vorhandene Ausbeutung durch die USA" für manche Probleme verantwortlich zu machen. Denn nicht nur für einzelne Menschen, auch für Gruppen, Staaten usw. gilt: Schlimmer noch, als im Kapitalismus ausgebeutet zu werden, ist im Kapitalismus NICHT ausgebeutet zu werden. (Wenn Menschen im Kapitalismus verhungern, dann ja i.d.R. nicht, weil sie so schrecklich ausgebeutet werden, sondern weil sich ihre Ausbeutung nicht lohnt, sie also überflüssig für den Markt sind.) Dem Weltmarkt kann man sich nicht entziehen, den muss man beseitigen. Es wäre aber unsinnig, Castro, Chavez & Co. vorzuwerfen, dass sie das nicht geschafft haben :-)

Das soll allerdings nicht heißen, dass ALLES, was in Kuba schief läuft, auf die USA & den Weltmarkt zurückzuführen ist. (Saltoftheheart hat ja bspw. die brachliegenden Böden angeführt)

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@Saltoftheheart:

"Aber wenn son fetter Typ in rot Lebensmittelimporte subventioniert ist das gut. Und wenn die EU Lebensmittelexporte subventioniert, ist das böse."

Ja logisch: Wenn zur Versorgung der Bevölkerung Lebensmittel eingeführt und billig weiterverkauft werden, ist das was völlig anderes, als wenn langfristige Überproduktion subventioniert wird, durch deren Export Bauern in weniger entwickelten und subventionierenden Ländern die Existenz genommen wird und diese Länder so auch noch im sensibelsten Bereich, der Nahrungsmittelproduktion, von den Schwankungen des Weltmarkts abhängig gemacht werden.
Bleibt also deine Aversion gegen dicke, rotgekleidete Männer. Na schön, Geschmackssache - kann ja nicht jedes Land von so sexy Leuten wie Merkel und Müntefering regiert werden.

"Die Landbesetzungen fanden meist von irgendwelchen semi-kriminellen Besetzern statt."
Ja sicher ist das illegal (="kriminell" - wieso eigentlich nur semi?). Legal dagegen ist es, Land brachliegen zu lassen und auch jedem anderen dessen Nutzung zu verweigern, weil in irgendeinem Grundbuch der eigene Name eingetragen ist. (Brachliegendes Land ist bekanntlich nur in Kuba ein Skandal.)

Aber wegen der administrierten Niedrigpreise haben die ja gar kein Interesse an der Landwirtschaft. Hm, fragt sich nur, was die dann mit dem Land wollen, das sie sich so kriminell angeeignet haben?

"D.h. die meisten Analphabeten waren über 60."
Und solche Opis und Omis brauchen ja nun weder Hüftgelenke noch lesen und schreiben lernen, sind ja eh volkswirtschaftlich überflüssig.

"Venezuela ist ein immer zentralisierterer Staat, zugeschnitten auf einen Herrn. Ähnlich wie Kuba."
Also von bolivarischen Zirkeln, direktdemokratischen Verfassungselementen, Abwahlreferenden gegen den Präsidenten u.ä. hab ich aus Kuba noch nichts gehört. Aber in der Tat ist das ne recht widersprüchliche Entwicklung, denn die Machtfülle von Chavez ist schon enorm und weiter am wachsen.

"Infolge der Krise schrumpft die venezoelanische Wirtschaft, Firmen gehen pleite und dann macht es keinen Sinn, dass der Staat per verstärkte Ausgaben die Spitzen der Krise abfedert?"
Ok, wenn die Binnen- und Staatsnachfrage ne bedeutende Rolle für die Wirtschaftskrise spielt, hat's vielleicht schon Sinn. Aber so genau kenn ich die Verhältnisse von Venezuelas Ökonomie auch nicht.

Bin übrigens in Deutschland zur Schule gegangen. Und Blasmusik mag ich auch nicht.

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Ein starker Anstieg des (Öl-)Preises wirkt wie "exogener Schock" ... etwas, da von außen kommt. Für die Exporte bedeutet dies zusätzliche Einnahmen, die aber nichts über "Wirtschaft" oder "Gesellschaft"aussagen.

Daß Chavez höhere Einnahmen für seine Klientel ausgibt, mag gut,schlecht oder sonst etwas sein. Es sagt aber nichts über die Wirksamkeit eines "Modell". Ich gehe davon aus, daß es nicht lange dauert, bis angesichts geringerer Öleinnahmen Chavez als Opfer der Finanzkrise" beschrieben wird.

"Die Abkoppelung vom Weltmarkt, ..., war ja als Ankoppelung an den RGW-"Markt" gedacht und gemacht."
Nein, das stimmt nicht.
Die "Grundüberlegung" galt für alle Länder und bspw. Mexiko interpretierte "Importsubstitution" als "hohe Importzölle" ... die wollten sicherlich keine Maschinen oder Kleidung aus der Sowjetunion.

Ob Kuba nun unbedingt die USA benötigt, da mit allen anderen Ländern Wirtschaftsbeziehungen geführt werden, wage ich zu bezweifeln.

"Weltmarkt beseitigen" hätte aber nun die gleiche Auswirkung wie ein Embargo=keine Handelsbeziehungen. Bisher ist mir noch keine Lösung bekannt, nach der die Industrie-Staaten größere Teile ihres BSP anderen Länder abgeben, obwohl die heute Regierenden i>vor 20, 25 Jahren anderes forderten. ;-)

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a logisch: Wenn zur Versorgung der Bevölkerung Lebensmittel eingeführt und billig weiterverkauft werden, ist das was völlig anderes, als wenn langfristige Überproduktion subventioniert wird, durch deren Export Bauern in weniger entwickelten und subventionierenden Ländern die Existenz genommen wird und diese Länder so auch noch im sensibelsten Bereich, der Nahrungsmittelproduktion, von den Schwankungen des Weltmarkts abhängig gemacht werden.
Wieso ist das logisch? Die von Venezuela subventioniert importierten Lebensmittel verdrängen die lokale Produktion genauso wie die von der EU subventionierten Lebensmittel.
Der Unterschied besteht lediglich darin, dass hier sogar noch die Subvention mit venezoelanischen Geld bezahlt wird. Die staatlich festgelegten Preise für landwirtschaftliche Produkte in Venezuela geben nicht gerade Anreize für eine Ausweitung der Produktion.

Das besetzte Land war z.T. sogar bebaut. Wenn das wirklich funktionieren soll, muß die Regierungen den Leuten Landwirtschafts-Berater, verbilligtes Saatgut, etc. zur Verfügung stellen. Das alles passiert nicht.
Und solche Opis und Omis brauchen ja nun weder Hüftgelenke noch lesen und schreiben lernen, sind ja eh volkswirtschaftlich überflüssig.
Natürlich. Aber die Kinder brauchen es nötiger. Im übrigen wurd um die Aktion ein gewaltiger Wirbel veranstaltet. Viel Nutzen bringt sie dem wirklich armen Land mit der bei weitem höchsten Mordrate Lateinamerikas nichts.
Also von bolivarischen Zirkeln, direktdemokratischen Verfassungselementen,
Diese "basisdemokratischen" Zirkel sagen: Hacemos lo que manda nuestro Comandante en Alopresidente".
Übers: Wir machen, was uns der Präsident in einer Sonntags-Mittags-TV Show befiehlt.

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@ Herold: Ein "Modell", in dem Sozialprogramme (und Rüstungsausgaben, ja) aus Öleinnahmen finanziert werden, "funktioniert" nur bei hohen Ölpreisen gut. Ja, hab ich denn je was anderes behauptet? Der Fehler war höchstens, als "Modell" zu bezeichnen, was ja nur den pragmatischen (liebt ihr doch so...) Umgang mit den Gegebenheiten der venezolanischen Ökonomie darstellt. WAS mit den Öleinnahmen gemacht wird, ob - plakativ gesagt - Sozialprogramme (Venezuela) oder Protzbauten (Dubai) finanziert werden, sagt schon etwas über Politik und Gesellschaft aus.

"Ankoppelung an den RGW" bezog sich auf Kuba. Was du meinst, ist allgemein Protektionismus, was ja nun keine spezifisch linke Idee ist. Das gab's schon (recht erfolgreich übrigens) im feudalistisch-frühkapitalistischen Frankreich des Sonnenkönigs.

Was "Weltmarkt beseitigen" für Auswirkungen hätte, hängt schon davon ab, was man stattdessen machen würde.

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Lieber earendil,

Ich hab in meinem Leben vielleicht 100 Stunden alopresidente (Hugo Chávez seine sonntägliche Propagandasendung) gesehen. Er redet nicht von der Verteilung der Erdöleinnahmen, sondern von einem Aufbau der eigenen Wirtschaft.
- Subventionierte Lebensmittelimporte, die die Wachstumschancen der eigenen Landwirtschaft beschränken
- Rüstungsimporte in einem Land, in dem es seit ungefähr 100 Jahren keinen Krieg mehr gegeben hat. In einer Region, in der die USA militärische Interventionen aufgegeben hat.

Tolle Sache!
Wieso ist das eine pragmatische Anpassung an die venezoelanischen Realitäten? Weil die lebensfrohen Naturburschen dort überhaupt keine eigene Produktion aufbauen können?

Kein Land hat jemals seine Wirtschafts-Politik auf Sozialprogramme fokussiert. Im übrigen kannst du davon ausgehen, dass in Deutschland ein wesentlich größerer Anteil des BIP umverteilt wird als in Venezuela. Von den absoluten Mitteln möchte ich gar nicht sprechen.

Die in Venezuela tätigen Unternehmen haben sich unter Chávez halbiert. Die Währung ist ähnlich wie zu extrem neolib Zeiten im Menem Argentiniens fest an den Dollar gebunden und extrem überbewertet. Das hat u.a. den Tourismus fast zum erliegen gebracht.

Mit Pragmatismus hat das alles wirklich nichts zu tun. Was ist daran pragmatisch keine Ersparnisse in schwierigen Zeiten zu haben?
Ich bin ganz sicher NICHT liberal. Ich bin FÜR Eingriffe des Staates, Umverteilung und Regulierung. Nur eben auch kritisch und auf die realen Verhältnisse bezogen, die ich aus langjährigen persönlichen Kontakten ganz gut kenne. Und ich nehm lateinamerikanische Politiker ernst. So schlecht sind die oft nämlich nicht.
Lula da Silva sagt Dinge wie: "Die Krise wurde verursacht von weißen Männern in blauen Anzügen, die vorher alles wußten und nun gar nichts mehr." Ich find das großartig. Viel besser als die zahlreichen dummen Sprüche und chaotischen Aktionen von Hugo Chávez, Evo Morales und dem Rest des Zirkus.

Hochtönende Verlautbarungen von wegen ALBA (Wirtschaftspakt). Wenn man sich das dann mal in der Latino-Presse ein bischen genauer anschaut, dann findet dort kaum Handel statt. In gemeinsame Fonds will keiner Geld einzahlen. Etc. Aber die linke Presse feiert das als ganz großen neuen Ansatz.

Aber einer großen Menge europäischer Linke gehts halt sowieso nur um die pathetischen Sprüche und nicht um eine nachhaltige Entwicklung.

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@saltoftheheart: Dass die Importe die einheimische Landwirtschaft verdrängen, hab ich noch nicht gehört. M.W. wurden vor Chavez übrigens genauso viel Lebensmittel importiert; das einzige, was sich z.T. geändert hat, ist der Preis für die Endverbraucher. Und nach Jahren des billigen Lebensmittelimports werden ja nun, seit die Weltmarkt-Preise gestiegen sind, verstärkt Anstrengungungen zum Ausbau der Landwirtschaft unternommen.

Aber ob nun subventionierte Importe oder Bemühungen um Nahrungssouveränität: Es stört dich halt, dass die da nicht den "gesunden" Markt im Kopf haben, sondern tatsächlich die Versorgung der Bevölkerung, unabhängig von deren Kaufkraft, gell?

"Das besetzte Land war z.T. sogar bebaut."
Ja, z.B. mit Eukalyptus: http://www.amerika21.de/nachrichten/inhalt/2009/maerz/versorgungssouveranitat-im-fokus/

"Wenn das wirklich funktionieren soll, muß die Regierungen den Leuten Landwirtschafts-Berater, verbilligtes Saatgut, etc. zur Verfügung stellen. Das alles passiert nicht."
???
"Der Präsident rief dazu auf, die Lebensmittelproduktion in Venezuela weiter zu steigern. Mittel dazu seien der neue gegründete Sozialistische Agrarfond (Fondo Agrario Socialista, Fondas), staatlich subventionierte Erzeugerpreise, zinsvergünstigte Kredite und optimiertes Saatgut, wie es das Florentino-Zentrum entwickelt. Auch werde die Regierung neue Traktoren aus Argentinien importieren. Der Bau einer eigenen Traktorenfabrik mit technischer Unterstützung des Iran ist geplant." (http://www.amerika21.de/nachrichten/inhalt/2008/mai/venezuela-mehr-mais)
"In Venezuela werden seit Jahren kleine und mittelständische Agrarunternehmen unterstützt. Landwirtschaftliche Produzenten bekommen bei der Gründung von Kooperativen staatliche Hilfe." (http://www.amerika21.de/nachrichten/inhalt/2008/okt/ernaehrung-gesichert)

"Er redet nicht von der Verteilung der Erdöleinnahmen, sondern von einem Aufbau der eigenen Wirtschaft."
Ich schrieb ja auch über das, was gemacht wird, nicht was Chavez redet. Aber gut: Aufbau der eigenen Wirtschaft, um von der einseitigen Orientierung auf den Ölexport wegzukommen - war's nicht das, was du eingefordert hast?

"Rüstungsimporte in einem Land, in dem es seit ungefähr 100 Jahren keinen Krieg mehr gegeben hat. In einer Region, in der die USA militärische Interventionen aufgegeben hat."
Nein, es gab keine Putschversuche, es gibt keinen war on drugs und gegen die Guerilla im benachbarten Kolumbien unter aktiver Mitwirkung der USA, keine Konfrontationspolitik seitens der USA... Mag sein, dass Chavez die Bedrohung etwas hochstilisiert, aber vorhanden ist sie ganz sicher. Ansonsten hab ich eher den Eindruck, dass die Rüstungspolitik das Militär fester an den Offizier Chavez binden sol, was auch die einzige Gewähr für ihn ist, nicht wie Allende zu enden. (Eigentlich schade, oder? Dann könnten deine geliebten Sozialdemokraten irgendwann die Früchte des Terrors ernten, wenn endlich diese ganzen Populisten und Semikriminellen "verschwunden" sind...)

"Im übrigen kannst du davon ausgehen, dass in Deutschland ein wesentlich größerer Anteil des BIP umverteilt wird als in Venezuela."
Und nachts ist es kälter als draußen. Vielleicht vergleichst du mal Venezuela heute und in den Neunzigern, oder Venezuela und umliegende Länder, ergäbe bisschen mehr Sinn. Außerdem solltest du dich mal entscheiden, ob jetzt deiner Ansicht nach zu viel oder zu wenig umverteilt wird.

"Die Währung ist ähnlich wie zu extrem neolib Zeiten im Menem Argentiniens fest an den Dollar gebunden und extrem überbewertet."
Und auch hier: Ist jetzt die Inflation so schlimm oder die Maßnahmen dagegen?

"Diese "basisdemokratischen" Zirkel sagen: Wir machen, was uns der Präsident in einer Sonntags-Mittags-TV Show befiehlt."
Und da rege sich noch jemand über einseitige und klischeehafte Darstellungen von links auf... kann die "goldene Mitte" doch genauso gut.

"Lula da Silva sagt Dinge wie: "Die Krise wurde verursacht von weißen Männern in blauen Anzügen, die vorher alles wußten und nun gar nichts mehr." Ich find das großartig."
Sprüche auf dem Niveau von Günter Ogger findest du also "großartig". Dazu fällt mir nun nichts mehr ein.

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PS: Randnotiz zu Rüstungsausgaben: "Ganz vorne bei den Rüstungsausgaben dabei war mit 2,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2005 ausgerechnet Chile, das als demokratisches Musterland gelobt wird." (http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,2058124,00.html)

Ich bin schockiert: CHILE? Da ist doch alles super, das sind die Guten! Stimmt doch, Salzherz, oder? Bitte!

Aber wahrscheinlich ist die Bedrohungslage von Chile auch enorm...

(Gibt's eigentlich mal irgendwo statistische Überblicke zu den Rüstungsausgaben von Venezuela im regionalen und zeitlichen Vergleich?)

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Lieber earendil,

Chile kann sich das auch leisten.
Das völlig schuldenfreie Chile benutzt Mittel für sozial orientierte Sozialprogramme. In Venezuela kann PVDSA nicht mal mehr Vertragspartner in der Erdölförderung bezahlen. Der reale Mindestlohn und die Staatsausgaben wurden gekürzt. In Chile werden die Staatsausgaben erhöht.

Es existiert zumindest ein Disput zwischen der Meeresgrenze vor der Küste zwischen Tacna (Peru) und Arica (Chile) , der aktuell in Den Haag verhandelt wird.
Ausserdem spielen populistische Regierungen in Bolivien immer wieder die revanchistische Karte für Gebietsverluste nach dem Pazifikkrieg so um 1870 (in Buchstaben -> Achtzehn Hundert Siebzig). Einen Krieg den Bolivien und Peru übrigens selbst begonnen haben.
Chile war sogar mehrfach bereit zu Verhandlungen. Sogar unter Pinochet. Ein Problem ist aber, dass sich Peru und Bolivien im Zweifel dann noch gegenseitig behindern.

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Bolivien ist auch immer noch sehr stolz auf seine Marine;-)

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"Erziehungszölle" gab es bei List. Die "Abkopplung vom Weltmarkt" war der Renner in den späten 70igern und 80iger unter den üblichen Verdächtigen. Frag´mal @ché, wann er etwas von Dieter Senghaas gelesen hat. Kuba und die Sowjetunion ist ein Sonderthema.

Jeder subventionierte Import schwächt die einheimische Produktion. Wenn ich Leistungen und Produkte (für bestimmte verbraucher) billiger machen will, gebe ich Prämien an Erzeuger. Sobald die Öleinnahmne wegknicken, bricht der schöne Schein zusammen wie ein Kartenhaus.

Las´ ich nicht vor ein paar Monaten, daß die (auch) exportierende Zementindstrie verstaatlicht wird/wurde ? Es geht nicht um Einzelfälle aber solche Aktionen oder "wir importieren Traktoren aus Argentinien" ist ein Zeichen für sehr kindische Vorstellungen von der Welt und den Bedürfnissen einer Gesellschaft und daß sich westeuropäische Sesselrevolutionäre darüber freuen, ist mir klar.

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saltoftheheart: Wenn man sich's "leisten kann", also schuldenfrei ist, ist Aufrüstung also ok. Na, das wird man in Russland gerne hören. Aber was machen die USA und die Europäer? Die können sich doch offenbar weder Rüstung noch Konjunkturprogramme "leisten", so verschuldet wie die sind?

@Herold: Tut mir leid, mit der Geschichte der westdeutschen Linken der 70er und 80er (die für dich "die Linke" ist??) kenn ich mich nicht so aus (zu jung bzw. falsche Mauerseite). Ich lese Ches Reflexionen und Anekdötchen darüber zwar sehr gern, aber für sooo wichtig halt ich die Sache dann auch wieder nicht. Nur weil die (west)deutsche Linke damals ein kleines bisschen weniger marginal war als heute, ist sie auch nicht der Nabel der Welt.

Also, "Erziehungshölle bei List" sagt mir nix, da brauch ich schon mehr Infos. Und was ich vom Konzept der Abkoppelung vom Weltmarkt halte, hab ich ja schon angedeutet. Mag vielleicht manchmal als Notlösung nicht verkehrt sein, ist aber mindestens ein zweischneidiges Schwert.

Ja, Verstaatlichung von Schlüsselindustrien (wenn auch selektiv und mit Aufkauf oder Entschädigungen) steht in Venezuela auch auf der Agenda. Dass das mitteleuropäische Sesselliberale ärgert, ist mir klar.

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Du kennst das infant industry Argument von List nicht?
Es war z.B. relativ erfolgreich in Ostasien. Die haben Branchen ähnlich wie in Lateinamerika 30er bis 1982 des vorherigen Jahrhundert geschützt. Allerdings haben die Asiaten den Schutz an klare Bedingungen geknüpft und haben den Schutz zur Not auch wieder entzogen, wenn sich die Branche nicht wie erhofft entwickelte.
Der südkoreaner Ha-Joon Chang hat daraus überzeugende Argumente GEGEN einen übertriebenen Liberalismus entwickelt. Hätte die südkoreanische Regierung streng neoliberal agiert, wären die heute hervorragende Reisfarmer.

Venezuela hat z.Zt. über 10 Mrd. $ offene Schulden aus den Verstaatlichungen. Die Aluminium-Industrie mußte bereits aufgegeben werden. Ärgern ist das falsche Wort. Venezuela kann als lehrreiches Beispiel für Scheitern dienen.

Amerika21de:
Nach seinem Aufenthalt in Teheran wird Chávez nach China und Japan weiterreisen. In Tokio will er ein umfangreiches Abkommen im Energiesektor besiegeln. Mit Blick auf den von ihm verfolgten "Weg zum Sozialismus" soll die Weltreise, so Chávez, dazu beitragen, diesen zu festigen.

Und was das wirklich heißt:
Nachdem Chávez sich mal wieder auf irgend so einem Araber Gipfel kräftig blamiert hat, indem er den vom internationalen Gerichtshof gesuchten sudanesischen Diktator Omar al-Baschir nach Caracas eingeladen, ein paar starke Worte über US-amerikanische Expräsidenten vom Stapel gelassen und mal wieder ne neue Währung vorgeschlagen hat (diesmal: Der Petro) update: und natürlich ne bank direkt mit, obwohl er seine eigene Währung alles andere als im Griff hat, reist er nun weiter nach Japan und China, um zukünftige Erdöllieferungen zu den aktuellen sehr niedrigen Preisen zu verchecken, weil der Idiot kaum noch liquide ist.

Der Film Weltmarktführer hat damals die dotcom-Blase als ziemlich lächerliche Jugendbewegung dargestellt.
In der Liga spielt Socialismo del Siglo XXI.

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@"Frag´mal @ché, wann er etwas von Dieter Senghaas gelesen hat." --- Irgendwann in den Neunzigern, zusammen mit Emanuel Wallerstein. Die Autonomie-Bände in den frühen Achtzigern, die auf einer Verbindung Senghaas-Wallerstein-Fanon-Weber-Marcuse-Marx pur basierten, hatten den allerdings zur Voraussetzung, liefen aber nicht auf Weltmarktabkopplung hinaus, jedenfalls nicht in dem Sinne, das Staaten das tun sollten, sondern auf Abkopplung der Individuen vom Massenkonsum und Bewahrung bzw. Wiederherstellung von Subsistenzstrukturen seitens der Unterklasse.

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Ach, doch DER List... Hätte ich beim Thema Protektionismus natürlich drauf kommen können, aber da wir irgendwie doch mal über "Linke" sprachen, hatte ich den nun nicht auf der Rechnung. Wie gesagt, Protektionismus - der wohl unter manchen Bedingungen für wirtschaftliche Entwicklung gut funktioniert und unter anderen weniger - ist ja nun nichts spezifisch linkes, auch wenn Linke den auch mal vertreten oder praktizieren.* Und das infant industry Argument kannte ich zumindest unter der Bezeichnung nicht.

*Gut, Linke verbinden damit teilweise noch andere Ziele als ökonomische Entwicklung, nämlich mehr Spielraum für gesellschaftliche Veränderungen, ohne sich da von imperialistischen Mächten reinreden zu lassen.

"Venezuela hat z.Zt. über 10 Mrd. $ offene Schulden aus den Verstaatlichungen."
Du hast recht, entschädigungslose Enteignungen wären da besser gewesen (oder meinst du doch was anderes ;-)), aber das hätte wohl innen- und außenpolitisch noch viel mehr Konflikte gegeben als so schon.

"Nachdem Chávez sich mal wieder auf irgend so einem Araber Gipfel kräftig blamiert hat ... weil der Idiot kaum noch liquide ist."
WOW... willst du nicht mal zu Fox gehen? Die schätzen doch solche sachlichen und objektiven Darstellungen.

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Das infant industry Argument ist grundsätzlich kein Argument für Protektionismus. Es besagt, dass in unterentwickelten Volkswirtschaften Schutz/Subventionierung von Industrien für eine Weile Sinn machen kann, wenn dadurch die notwendige Stärke gewonnen werden kann, damit sie in der näheren Zukunft am Markt wettbewerbsfähig anbieten können. Es ist also darauf ausgerichtet, die Protektion zu einem recht nahen Zeitpunkt aufzuheben. Das Problem in Lateinamerika bestand darin, dass sich die Industrien an die Protektion gewöhnten. Im Gegensatz dazu gibts heute in Lateinamerika ein paar weltmarktfähige Industrien (etwa bei brasilianischen Kurzstreckenflugzeugen, argentinischen Pipelines, chilenischen Qualitätswein).

Kannst du bitte Länder nennen, in denen Protektionismus "gut funktioniert"? In der Diskussion mit Ostlern irritiert mich immer die Unschärfe, mit der ihr Begriffe verwendet.
WOW... willst du nicht mal zu Fox gehen? Die schätzen doch solche sachlichen und objektiven Darstellungen.
Findest du es richtig, Omar al-Bashir seine Unterstützung auszudrücken? Selbst Cristina Kirchner Fernández hat sich auf dem Doha Gipfel von diesem Mann distanziert. Er nannte den Haftbefehl des internationalen Gerichtshof in Den Haag "juristischen Terrorismus" und "eine Beleidigung für die Einwohner der 'Dritten Welt'"
Findest du es richtig, zu den aktuell sehr niedrigen Ölpreisen zukünftige Lieferungen zu verkaufen?
Du hast recht, entschädigungslose Enteignungen wären da besser gewesen
hätte wäre. Hätten die Wartburg Ingenieure Autos wie Audi, Mercedes oder BMW bauen können, wär die DDR heute vielleicht noch da und nicht unter großem Gelächter untergegangen ;-)

In der Realität hat sich die Chávez Junta aber dazu entschieden, Entschädigungen zu zahlen. Aus guten ökonomischen Gründen übrigens. Adernfalls hätten noch mehr ausländische Unternehmen ihre Aktivitäten zurückgefahren als dies ohnehin bereits der Fall ist.

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Unter welchen Bedingungen Protektionismus für das Ziel, für den Weltmarkt konkurrenzfähige Wirtschaftszweige aufzubauen, gut funktioniert, hast du doch selber ausgeführt. Man könnte vielleicht hinzufügen, dass das auch mit der Akzeptanz solcher Maßnahmen bei anderen Weltmarktteilnehmern abhängt: Wenn die ihrerseits mit protektionistischen Maßnahmen antworten (Handelskrieg) oder anderweitig politischen Druck ausüben, kann's auch schiefgehen.

Jedenfalls werden wir uns in diesen Fragen kaum grundsätzlich in die Haare kriegen. Der Dissens liegt doch vielmehr beim o.g. Ziel, bei dem du stillschweigend voraussetzt, dass das auch alle anderen - in D-land oder Südamerika - teilen müssten. Ich finde das Ziel völlig beknackt und menschenfeindlich, nur sind, solange der Markt weltweit hegemonial ist, Staaten (und nicht nur die) eben gezwungen, sich dieses Ziel in der ein oder anderen Weise zu eigen zu machen, selbst wenn sie es gar nicht teilen.

Nun versuch(t)en aber manche Leute/Regierungen/Staaten, mit protektionistischen Maßnahmen noch ganz andere, letztlich entgegengesetzte Ziele zu erreichen, die ich oben mit "mehr Spielraum für gesellschaftliche Veränderungen, ohne sich da von imperialistischen Mächten [oder, sollte man hinzufügen, den Marktgesetzen] reinreden zu lassen" umrissen habe. Das können so Sachen wie Bedürfnisbefriedigung oder soziale Gleichheit sein. Ich denke, wie schon mehrfach gesagt, dass das eher schlecht als recht funktioniert, eben weil Abkoppelung vom Weltmarkt, wenn man einen gewissen ökonomischen Stand halten will, nicht möglich ist. Vor deinen Augen kann das aber schon deshalb keine Gnade finden, weil du die Ziele gar nicht teilst und die Maßnahmen nach deinem scheinbar selbstverständlichen Ziel "weltmarktgerechte Ökonomie" beurteilst.

"In der Diskussion mit Ostlern irritiert mich immer die Unschärfe, mit der ihr Begriffe verwendet."
Kannst du mal deine Ressentimentschleuder im Zaum halten? Als ob du darauf gekommen wärst, wenn ich nicht zufällig hier was zu meiner Herkunft geschrieben hätte. Außerdem versteh ich den Unschärfe-Vorwurf nicht recht; Protektionismus ist ja nun nicht deshalb keiner, weil er nur kurzfristig und zielgerichtet angewandt wird.

"Findest du es richtig, Omar al-Bashir seine Unterstützung auszudrücken?"
Hab ich sowas angedeutet? Der Außenpolitik von Chavez, die nach dem Motto "der Feind meines Feindes ist mein Freund" gemacht wird, kann ich nichts abgewinnen, ebenso wenig wie seiner markigen Rhetorik. Solange daraus aber nichts weiter folgt als marginale wirtschaftliche Kooperation mit dem Iran (die gegenüber der deutschen lächerlich ist), stört's mich auch nicht übermäßig. Dass in Venezuela demnächst der große Tugendterror losgeht, halte ich für unwahrscheinlich.

Schön, dass du in der Entschädigungsfrage im Prinzip meine Ansicht teilst ;-)

"Chávez Junta": Dir als Südamerika-Expertin dürfte doch wohl nicht entgangen sein, dass Chavez, obgleich Ex-Militär und erfolgloser Ex-Putschist, eine demokratisch gewählte Zivilregierung führt?

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"mehr Spielraum für gesellschaftliche Veränderungen, ohne sich da von imperialistischen Mächten reinreden zu lassen"
Immer dieses Phrasendreschen.
Diese "gesellschaftlichen Veränderungen" sahen so aus, daß man als unnütz (und da bin ich schon sehr vorsichtig) identifizierten Bevölkerungsgruppen beseitigte - häufig physisch.

Die eine Gruppe von (Einfluß)Reichen durch eine andere zu ersetzen.würde ich nicht als sooo großen Fortschritt sehen. Die Begeisterung "links", 89/90 auch nicht den Hauch von "Spielraum" zu nutzen und mit Genosse Oberleutnant auch weiterhin engen Kontakt zu pflegen, macht die heutige Argumentation irgendwie nicht attraktiver.

Das können so Sachen wie Bedürfnisbefriedigung oder soziale Gleichheit sein

In Sachen "Bedürfnisbefriedigung" ist der Kapitalismus aber viel flotter und schon der alte Karl M. soll ja die Effizienz des Bürgertums gelobt haben. :-)

"Soziale Gleichheit" gibt es nicht und es ist kein Zufall, daß gerade in sozialist. Staaten ein feines Gespinst von "Beziehungen" und Privilegien entstanden ist, sodaß selbst "Güter und Dienstleistungen" des Alltags "besorgt" werden mußten und menschl. Beziehungen ganz nackt "ökonomischen Zwängen" in Form von "Güterabwägungen" unterworfen wurden.

Und "entschädigungsloses Enteignen" - in welcher Form auch immer, führt zum Exodus. Und selbst der ruhmreiche Arbeiter-und Bauernstaat hat Peitsche und Zuckerbrot (Mauerbau und vergünstigungen) gewähren müssen, um seine (auch "Mittelschichts-)Intelligenz bei Laune zu halten.

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Unter welchen Bedingungen Protektionismus für das Ziel, für den Weltmarkt konkurrenzfähige Wirtschaftszweige aufzubauen
Eine temporäre Protektion mit dem ehrlichen Ziel diese in absehbarer Zeit bei Erfolg ODER Mißerfolg der Strategie wieder abzuschaffen, fällt nicht unter den Begriff "Protektionismus".

Die Fähigkeit wettbewerbsfähig anzubieten, ist sicher nicht "menschenfeindlich". Ganz im Gegenteil zu der Vorstellung permanent anderen auf der Tasche zu liegen.
"mehr Spielraum für gesellschaftliche Veränderungen, ohne sich da von imperialistischen Mächten [oder, sollte man hinzufügen, den Marktgesetzen] reinreden zu lassen"
Die Richtung der gesellschaftlichen Veränderungen wird dann aber von Einzelpersonen wie Stalin, Mao, Castro oder eben Hugo Chávez vorgegeben. Solange ein solcher Kurs demokratisch legitimiert ist, kann man dagegen auch nichts einwänden. Nur neigen solche revolutionären Regierungen in der Regel zu diktatorischen Verhältnissen. In Deutschland gibt es für so etwas zum Glück keine Mehrheit.

Ich bin schon für einen gewissen sozialen Ausgleich in der Gesellschaft. Hab Erfahrungen mit der sehr ungleichen Gesellschaft Chiles und halte unser Sozialsystem für schützenswert. Das hat aber Grenzen. Wenn ich nicht unwesentliche Teile meiner Zeit damit verbringe, von anderen nachgefragte Leistungen zu erbringen, benötige ich dafür einen konkreten Anreiz.
Die markige Rhetorik ist nicht losgelöst von dem was Chávez wirklich denkt und macht. Und das ist nicht lustig pintoresk sondern in vielerlei Hinsicht zerstörerisch für die venezoelanische Gesellschaft.
Seine Akzeptanz gegenüber al-Bashir wurde bereits in sundanesischen Medien aufgenommen. Es wird die Progrom-Stimmung dort weiter anheizen.

Chávez ist kein Demokrat. Er nutzt die Demokratie lediglich, um seine nicht besonders erfolgsversprechenden Ideen durchzusetzen. Zur Durchsetzung der Zentralmacht ist er jederzeit bereit, die Verfassung ausser Kraft zu setzen wie etwa bei der Ankündigung der Verhaftung von Rosales oder der Besetzung der Häfen und Flughäfen durch die Armee.

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@Herold: Schluss jetzt. Nachdem ich mir von saltoftheheart eine Debatte über ihre Lieblingsfeinde in Lateinamerika hab aufdrängen lassen, mach ich jetzt nicht noch eine über dein Lieblingsfeindbild Realsoz mit. (Das vom Salzherz lebt ja wenigstens noch.) Deine antikommunistische Phrasendrescherei zurückzuweisen und gleichtzeitig noch ne vernünftige Bolschewismus-Kritik aufzumachen, ist mir grad einfach zu viel. Wenn bei dir Bedürfnisbefriedigung und soziale Gleichheit sofort mit Gulag und Mauer assoziiert werden, kann ich dir also im Moment auch nicht helfen.

Ok, eins noch: "In Sachen "Bedürfnisbefriedigung" ist der Kapitalismus aber viel flotter"
Nö, darum geht's da ja grade nicht, sondern um Reichtumsproduktion, was was grundlegend anderes ist - und DARIN ist das Bürgertum sehr effizient. Bedürfnisse spielen da nur dann eine Rolle, wenn Kaufkraft dahinter steht.

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@"Die Begeisterung "links", 89/90 auch nicht den Hauch von "Spielraum" zu nutzen und mit Genosse Oberleutnant auch weiterhin engen Kontakt zu pflegen, macht die heutige Argumentation irgendwie nicht attraktiver." ---- Kann mich daran erinnern, vom ganzen DDR-Zusammenbruch gar nichts mitbekommen zu haben, da im Nahen Osten unterwegs. Als ich dann wieder im Lande war, begrüßten wir die überall umherwuselnden Ossis freundlich, feierten den Mauerfall. Hatten Diskussionen mit DDR-Oppositionellen und Profs über einen demokratischen Sozialismus - man war sich einig darüber, dass es einen bloßen Anschluss der DDR an die BRD nicht geben dürfte - und at last, wir debattierten über dritte Wege, etwa eine Synthese aus östlichem Sozialismus und westlicher Demokratie, bzw. darüber, ob das Modell "Gesellschaftliche Massenorganisationen in der Volkskammer" nicht auch im Westen (oder in einem wiedervereinigten Deutschland), wirklich demokratisch umgemodelt, Sinn machen würde. Etwa so, dass der Bundesrat keine Ländervertetung sei, sondern ein direkt gewählter Rat aus Vertretern gesellschaftlich relevanter Gruppen, z.B. Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, IHKen, Standesvertetungen, Kirchen und NGOs. Es gab damals ja die Parlamentskommission zur Ausarbeitung einer gesamtdeutschen Verfassung, und wir hofften darauf, dass etwas herauskommen würde, das besser wäre als das Grundgesetz. Etwa auch mit einem Recht auf Arbeit in der Verfassung. Und wir organisierten die Nie-Wieder-Deutschland-Demo in Frankfurt, bei der wir von der Staatsmacht brutal zusammengehauen wurden. Und ansonsten waren wir in der Zeit vor allem damit beschäftigt, die mörderischen Übergriffe des überschäumenden Deutschtums, die damals den Charakter öffentlicher Pogrome hatten abzuwehren. Wobei der Kampf gegen Neonazis und Polizeiterror in Göttingen - siehe Conny Wessmann - für uns ohnehin relevanter und einfach näher war als der Zusammenbruch der DDR. Zu Genossen Oberleutnants hatten wir nur die Art Kontakt, die mit harten Gegenständen ausgetragen wird.


Ach ja, und wir lasen das Kapital und leiteten daraus eine Begründung des Zusammenbruchs der DDR als einer nicht konkurrenzfähigen Volkswirtschaft ab, u.a. über den tendenziellen Fall der Profitrate.

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@saltoftheheart: "Eine temporäre Protektion ... fällt nicht unter den Begriff "Protektionismus"."
Ok, wenn du unter Protektionismus nur die konsequente Ideologie, nicht die Maßnahmen an sich verstehst, ist das schon richtig. Will mich nicht über das Bedeutungsfeld des Begriffs streiten.

"Die Fähigkeit wettbewerbsfähig anzubieten, ist sicher nicht "menschenfeindlich"."
Doch, Wettbewerb - existenzieller, nicht spielerischer oder sportlicher - ist menschenfeindlich.

"Die markige Rhetorik ist nicht losgelöst von dem was Chávez wirklich denkt und macht."
Natürlich nicht - ich glaub ihm schon, dass er auch denkt, was er sagt.

"Und das ist nicht lustig pintoresk sondern in vielerlei Hinsicht zerstörerisch für die venezoelanische Gesellschaft. "
Wo konkret?

"Seine Akzeptanz gegenüber al-Bashir wurde bereits in sundanesischen Medien aufgenommen. Es wird die Progrom-Stimmung dort weiter anheizen."
Ja, Chávez' Stellungnahmen werden das sudanesische Vorgehen in Darfur sicher entscheidend beeinflussen...

"Chávez ist kein Demokrat. Er nutzt die Demokratie lediglich, um seine ... Ideen durchzusetzen."
Tja, das machen demokratische Politiker allgemein so, nech?

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@Che: "wir debattierten über dritte Wege, etwa eine Synthese aus östlichem Sozialismus und westlicher Demokratie"
Tja, solche Gedanken hab ich mir damals auch gemacht - kommt mir heute mächtig naiv vor. Aber ich kann's problemlos mit meiner Jugend entschuldigen... :-)

"Es gab damals ja die Parlamentskommission zur Ausarbeitung einer gesamtdeutschen Verfassung, und wir hofften darauf, dass etwas herauskommen würde, das besser wäre als das Grundgesetz."
Auch das hab ich damals gehofft... Heute bin ich eigentlich froh, dass es nur den Anschluss gab, keine "richtige" Wiedervereinigung mit neuer Verfassung. Bei den Zuständen damals wäre vermutlich was wesentlich schlechteres rausgekommen; eher als das Recht auf Arbeit hätte wohl die Marktwirtschaft Verfassungsrang bekommen. Kommt halt auf das Verfahren an, und da hätten sich die politischen Eliten im Westen wohl kaum das Heft aus der Hand nehmen lassen... Aber was soll's, ist eh spekulativ.

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Na ja, es gab konkrete Vorschläge, z.B. in Richtung auf eine negative Einkommenssteuer, die jedem in einer Krisenbranche Beschäftigten automatisch zustehen sollte. Kombilohn statt Kohlepfennig, aber so, dass das Nettorealeinkommen nicht geringer ist als der Tariflohn. Das waren nicht unbedingt dumme Ideen damals.

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Die Ideen gibt's ja auch heute noch, und dumm waren und sind die auch nicht unbedingt. Ich glaub nur nicht, dass die Chancen zur Umsetzung damals größer waren als heute. Man hatte zwar in der Noch-DDR das Gefühl, jetzt wäre im Grunde alles machbar, jetzt könnten die Menschen endlich mal selber ihre Geschicke in die Hand nehmen, aber das halte ich heute eben für recht naiv. Jedenfalls hat sich doch recht schnell gezeigt, dass die Masse der Bevölkerung, Ost wie West, keine "Experimente" wollte.

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Negative Einkommensteuer war eigentlich in den 80igern Thema neoliberaler Wirtschaftswissenschaftlern.

Und man hat sich mit DDR-Bürgern über Kombilohn und Kohlepfennig unterhalten ? Abgesehen davon, daß man bei solchen Ideen (nicht geringer als Tariflohn) dann auch gleich bei den Kombinaten hätte bleiben können. Auf große Staatsbetriebe läuft das nämlich in den "Kollusionslösungen" zwischen Gewerkschaften-Politik-Arbeitgeber hinaus: Also *VEB Großdeutsches Textil-/Bergbau-/Rundfunktechnik-Kombinat Willy Thälmann*

Nebenbei: Wo kamen denn die ganzen DDR-Bürger her, die sich mit den Autonomen der BRD so einig waren ?

Meine Erachtens teilte sich die Ost-Intelligenz in drei Gruppen:
1. Die Staatstreuen. Hager, Christa W. und Berndlutz Lange. Ich weiß, eine etwas heterogene Mischung

2. Die Gutmenschen, häufig kirchlich angedockt, die Christa W. Rede in Börlin ganz ergreifend fanden. Die auch erklärten, nach Walter Jankas Rede wäre für sie eine Welt zusammengebrochen, Robert Havemann für bedeutend hielten und Reinhard Lakomy hörten. (und manchmal sogar unter der Bettdecke Ein Tag im Leben des ... gelesen hatten)

3. Die junge Elite (zuweilen schon habilitiert)
Die die 1. Gruppe verachteten und sich über die 2. lustig machten. Und erst einmal sehen mußten, wo sie im neuen Staat blieben. Z.B. der Lyriker Uwe Kolbe.

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@"Und man hat sich mit DDR-Bürgern über Kombilohn und Kohlepfennig unterhalten ?"--- Nein, hat man nicht. Sondern im Umfeld der damaligen Kommission zur Ausarbeitung einer gesamtdeutschen Verfassung wurden solche Modelle diskutiert als Ersatz für den Kohlepfennig in NRW und als Rettungsprogramm für die Werften, nach dem Prinzip: Arbeitgeber zahlen keinen Sozialversicherungsanteil mehr, Arbeitnehmer auch nicht und auch keine Einkommenssteuer, Löhne werden um ca. ein Drittel gekürzt, Arbeitnehmer erhalten die Differenz zu ihrem früheren Nettoeinkommen vom Staat als negative Einkommenssteuer und haben somit keine Nettoverluste, Arbeitsplätze werden direkt subventioniert und nicht über allgemeine Subventionnsümpfe, wo das Geld verrieselt.

@"Wo kamen denn die ganzen DDR-Bürger her, die sich mit den Autonomen der BRD so einig waren ?" --- Gab es die? Die Autonomen der BRD damals waren ein Spektrum, das vom fundamentalistischen Flügel der Ökopazifisten bis zum Umfeld der Revolutionären Zellen reichte, sozial von politisierten Punks und Langzeitarbeitslosen bis zur studentischen Linken, von der Jobberszene (Aussteiger, die ständig wechselnde Jobs z.B. als Messebauer oder Messeguides aus Gründen der persönlichen Unabhängigkeit Festanstellungen vorzogen) bis zum Alternativarbeitsmarkt mit seinen Bioläden, Fahrradwerkstätten und Sozialarbeiterjobs. Die DDR-Bürger, mit denen die kooperierten, waren vor der Wende die Blueser (langhaarige wilde Cliquen, von denen ich noch weiß, dass sie ab und an sozialistische Heldendenkmäler zertrümmerten), danach allenfalls Gruppen wie "Die Nelken" oder die Reste vom Komitee für Grundrechte und Demokratie und die Jungen Linken. Nach 1990 war vor allem Antifa/Antirassismus the prevailing theme.

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"Die Staatstreuen. Hager, Christa W. und Berndlutz Lange."
Heidewitzka, ist das lächerlich... Du hältst wohl alle, die "es ist/war ja nicht alles schlecht" genauer und auf höherem Niveau formulieren, für staatstreu? Na schön, dann bin ich heutzutage halt auch staatstreu...

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"Heidewitzka, ist das lächerlich..."

Ich hatte bereits darauf hingewiesen: "Ich weiß, eine etwas heterogene Mischung." :-))

1990 progonistiziere ein kluger Mann, die ehedem und irgendwie Staats- und/oder Parteitreuen würden auf zwei Schienen fahren und ihre alten/neuen Privilegien rechtfertigen: 1. Die Bekämpfung des III. Reichs und 2. Philosowjet-/russismus: Viva la russie als Überkompensierung der Tatsache, daß sie ihre Macht aus den Händen der Vergewaltiger ihrer Mütter, Schwe...usw.

Die "Verwirklichung" des zweiten Ansatzes hat man "im Westen" gar nicht so richtig mitbekommen, da man (aka die Linke) ja gegen DeutschRussen seine Ressentiments pflegen wollte. ... was der Posse eine besondere Bedeutung gibt.

Auch Bernd, das Schaaf erklärte in zahlreichen MDR-Sendungen nicht nur Feines zur Welt, sondern auch über die wertvolle russische Kultur und die wertvollen Kontakte zu russischen Künstlern in Leipzig ... nach 1990.

P.S. Das Schöne an den vielen sowjet. Propagandafilmchen, die der MDR versendete war, daß man am Produktionsjahr erkennen konnte, zu welchem Zeitpunkt man welche Stufe "antistalinistischer Vergangenheitsbewältigung" erreichte.

Aber ich will jetzt Schluß machen, da das Ganze sich doch sehr offtopic bewegt.

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"Viva la russie als Überkompensierung der Tatsache, daß sie ihre Macht aus den Händen der Vergewaltiger ihrer Mütter, Schwe...usw."
Die waren einmal wegen ideologischer Übereinstimmungen ("Mutterland der Werktätigen") der Sowjetunion verbunden, zum anderen wegen der Befreiung vom NS-Faschismus. Da hat man über so unschöne Nebenaspekte wie Vergewaltigungen großzügig hinweggesehen, weil man anderes für wichtiger hielt. Für Psychogeschwurbel wie "Überkompensation" besteht also absolut keine Veranlassung. (Da wäre schon eher interessant, ob du mit deinem antilinken Furor was kompensierst - irgendwer hatte ja hier mal scherzhafte Vermutungen über entsprechende Kindheitstraumata geäußert - aber eigentlich ist auch das egal.)

Wer war denn eigentlich dein genialer Prophet von 1990?

Und welche Linken haben denn um die Zeit Ressentiments gegen Deutschrussen gehegt?

Schließlich: Nachdem man von einem deutschen Demoaufruf auf eine ellenlange Lateinamerika-Debatte gekommen ist, musst du dir über offtopic eigentlich keine Gedanken mehr machen ;)

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Daß man im Jahr 1990 noch so dolle dankbar war, weiß ich nicht, dann hätte man dies doch beim SED-Politbüro-Prozeß mannhaft sagen und nicht immer erklären müssen "... die in Moskau waren schuld ..." (ich kenne ja alte SED-ler, die vor Wut und Enttäuschung geheult haben, weil ihre Bosse nicht den Popo in der Hose hatten, um zu ihrer DDR stehen).

Der Prophet ? Da gab es so einen schönen Sammelband zur Literatur, 1990 oder 1991 herausgegeben. Da ich aber nicht mehr weiß, wer es war, behaupte ich einfach, es war Uwe Kolbe.
Von dem dort der schöne Satz stammt: "Wir hatten in der DDR jede Menge Dissidenten aber keine Opposition".

Deutschrussen ?
Da scheinst Du aber den westdeutschen "Diskurs" nicht so ganz verinnerlicht zu haben. "Deutschrussen" waren für die Linke so etwas wie die Inkarnation des Deutschen an sich. Sozusagen der Über-Deutsche, bei dem er all das rauslassen durfte, was er sich bei "Ausländern" verkneifen wollte.

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Apropos ellenlange Lateinamerika-Debatten.
Chávez hat nun begonnen, Oppositionsfiguren wg. Korruption und Steuerhinterziehung ins Gefängnis zu stecken.
Die Opfer sind bislang:
- der beliebte Bürgermeister von Maracaibo Manuel Rosales.
- Raúl Baduel -> ein pensionierter General und ehemaliger chavistischer Verteidigungsminister, dem es Chávez verdankt, das er den übrigens ziemlich dämlichen Putsch von 2002 überlebt hat.
- der ehemalige Guerrillero, Politiker und Publizist Teodoro Petkoff. Petkoff wirft man Sachen aus dem Jahre 1973 vor.

Dazu muß man wissen, dass Chávez selbst genau nur 1 Jahr Steuern bezahlt hat (1998). Als Armee-Angehöriger mußte er das nicht. Als Präsident eigentlich schon. Und der 1998 recht mittellosen Familien Chávez gehören inzwischen weite Teile des Landes im Bundesstaat Barinas.

Die Situation spitzt sich wöchentlich zu.
antilinken Furor
Versuch mal deinen Opferrolle ein wenig zu reflektieren.
Sarah Wagenknecht hat dieses aus meiner Sicht im Grund faschistische Regime immer als vorbildlich dargestellt. Schau dir mal Interviews mit Chávez von 1998 an. Klingt gemäßigter als Gisy (spell.?)
http://www.youtube.com/watch?v=cvbdMg-X5GQ

Wir werden mit ihr nicht so hardball spielen, wie das eine Reihe von sogenannten Sozialisten tun.
Uns bleibt das Lachen.

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Die Deutschrussen, im Volke besser bekannt als "Rußlanddeutsche", sind das nicht die, die Kohl geholt hatte, weil er Wählerstimmen brauchte, und die zu Lasten der Sozialkassen privilegiert einwandern durften, wenn der Urgroßvater einen deutschen Schäferhund hatte?

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@"Da scheinst Du aber den westdeutschen "Diskurs" nicht so ganz verinnerlicht zu haben. "Deutschrussen" waren für die Linke so etwas wie die Inkarnation des Deutschen an sich." ---- Da gabs keinen Diskurs, der Begriff wäre viel zu hochtrabend. Was es gab, war eine emotionale Antipathie gegen die Leute, verbunden mit einem "deutschtstämmig ist man, wenn Großvater einen deutschen Schäferhund hatte"-Sarkasmus. Beides war nicht immer ganz unbegründet: Es erhielten Leute die deutsche Staatsbürgerschaft, weil ihre Eltern als russische Freiwillige in der SS gedient hatten, und ein Großteil der Russlanddeutschen unterstützte die damals noch überwiegend ganz eindeutig revanchistischen Vertriebenenverbände. Es gab in der Linken aber auch die politisch korrekte "das-sind-Flüchtlinge-wie-die Asylbewerber-auch"-Haltung, wenn auch weniger verbreitet. Ach ja, und Sexorgien im Grenzdurchgangslager Friedland.

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Es gab keine russischen Freiwilligen, die in der (Waffen-)SS gedient hätten.

Ich darf mal rechnen: 1945 20-30 Jahre alt; 1995 70-80 Jahre alt ... das müssen aber verdammt alte Spätaussiedler gewesen sein, sogenannte "Alt-Aussiedler". ;-)

"Schäferhunde", "Vertriebenenverbände" - ja, das Eis der Zivilisation ist dünn.

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In den ausländischen Freiwilligenverbänden der Waffen-SS, die sich in der Größenordnung von einigen 10.000 Mann bewegten, waren nahezu sämtliche europäische Nationen vertreten, darunter alle russischen und nichtrussischen Völker der Sowjetunion. Das ist bestens dokumentiert und in der Geschichtswissenschaft Konsens.
Bei Null Ahnung, Freundchen, gerne auch mal einfach die Klappe halten.
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"'Schäferhunde', 'Vertriebenenverbände' - ja, das Eis der Zivilisation ist dünn."
Dem kann ich nur in Teilen zustimmen. Zunächst ist der Schäferhund als Tier einer Zivilisationskritik nicht zugänglich. Auch ist keineswegs jeder Schäferhundebesitzer, wie der Herold hier unterstellt, ein fragwürdiges Mitglied der Zivilisation.
Was jedoch das Verhältnis der sog. "Vertriebenenverbände" zur Zivilisation betrifft, stimme ich dem Herold vollinhaltlich zu.

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OK, ich berichtige mich: ukrainische, estnische, lettische Kriegsfreiwillige, nicht Russen, aber Leute aus der Sowjetunion, die teilweise erst in Folge des Hitler-Stalin-Paktes unter Sowjetmacht gelangt waren, plus Wlassow-Armee (Russen). Ich schrieb "die Eltern", nicht die Leute selber (es hatte auch noch mein Vater in der Waffen-SS gerdient). Und das heißt dann: 1945 0 - 10 Jahre alt, 1989 (1995 liegt außerhalb des Zeithorizonts, um den es hier geht) 25-50.

Das Eis der Zivilisation war besonders bei Vertriebenfunktionären dünn wie dem NPD-Multifunktionär Fiedler, wo die Zusammenarbeit locker von CDU-nahen Verbänden bis zu den Stiefelnazis ging, so what?

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Watt zum Henker
soll eigentlich eine ökolinke bis autonome, feministische bis poststrukturalistische, aus Punks, Freaks, Streetworkern, NGO-Leuten, Antifas, MigrantInnen und Frauenzentren-Zentrierten bestehende diffuse Linke mit dem SED-Regime zu tun haben? Das ist so platt wie zu sagen, Konservative, und zwar alle, wären Nazis. Für mich kommt der Herold rüber wie die modernisierte Variante von "Geh doch nach drüben!"

Und das war nicht nur schon immer falsch, sondern ist auch noch reichlich out of time.

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@netbitch: Na ganz einfach: Weil's Feindbild so bequem ist. Wenn man immerfort behauptet (muss man auch nicht begründen, ein paar vage Assoziationen reichen da völlig), jegliche linke Politik führe geradewegs in den Gulag, muss man sich nicht die Mühe machen, sich an den tatsächlichen Ansichten, Argumenten und Praktiken der heterogenen Linken abzuarbeiten.

@noergler: Danke, dein eloquenter Sarkasmus ist immer wieder ein Genuss! (Außer, ich bin mal selbst davon betroffen, dann hört der Spaß natürlich auf. ;))

Die "Heimholung" der Russlanddeutschen ist tatsächlich ein Paradebeispiel für völkische Elemente in der deutschen Politik: Da wurde Leuten, weil deren Vorfahren irgendwann mal "Blutsdeutsche" waren, die deutsche Staatsbürgerschaft zuerkannt, während Leute, die seit Jahren oder gar Jahrzehnten in Deutschland leben, nach wie vor "Ausländer" sind. Dazu muss man sich vor Augen halten, dass nicht einmal die meisten Urahnen der Russlanddeutschen eine deutsche Staatsbürgerschaft besessen hat - die gab's da nämlich noch gar nicht.

Aber wenn Linke tatsächlich quasi die Russlanddeutschen für diese völkische Politik verantwortlich gemacht haben, war das natürlich absurd. Die haben ja nur die Möglichkeiten, die ihnen diese Politik bot, ausgenutzt, wie das fast jeder Mensch machen würde.

@saltoftheheart: Bei Rosales & Co. kommen mir ja fast die Tränen. Wenn das, was Chávez da veranstaltet, den markigen Begriff Revolution tatsächlich verdienen würde, fänden derart gemäßigte Formen der Repression gegen führende Konterrevolutionäre meine volle Zustimmung. Trotzdem hoffe ich, dass solche Maßnahmen nicht ausarten oder zur Regel werden.

Wo nehme ich denn bitte eine "Opferrolle" ein? Ich werde doch hier gar nicht persönlich angegriffen, und selbst wenn, kann mir das im Netz doch egal sein.

"faschistisches Regime": Das ist doch eigentlich so ne linke Dummheit, alles und jedes, was einem nicht passt, als Faschismus zu bezeichnen. Musst du ausgerechnet das von den Linken übernehmen?

So, jetzt aber endlich ins Bett ;)

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Punks, Freaks, etc. haben im Westen nur eine geringe und im Osten gar keine Rolle gespielt. Streetworker und Frauenzentren-Zentrierte haben weder in den Rundfunkanstalten, noch im Personalrat der Stadt- und Landesverwaltungen irgendeinen Einfluß gehabt.

Ich habe ja verstanden, daß IHR nicht dabei und nur, um Schlimmeres zu verhindern.

"Völkische Elemente". Das ist der Ansatz. Allein die Vorstellung, man könnte zwar in einem Land Leben und auch im politisch-administrativen Komplex Karriere mache aber stehe irgendwo auf Weltmenschenebene und könnte so eine Art Deutschland verrecke-Position auch als Erwachsener umsetzen, führt zu merkwürdigen polit. Wünschen.

Solch originelle Einstellung führte dann eben auch dazu, sich ernsthaft über irgendwelche Sonderlösungen für die DDR nach ´90 Gedanken zu machen und als dies nicht funktionierte, ganz bitter von den fiesen, westgeldgeilen Ossis empört zu sein.

Als ob nicht jede Fristenlösung, jeder Sonderweg zu einem Exodus geführt hätte. Und als ob dieser Exodus mit Verweis der MigrantInnen-UnterstützerInnen auf "völkisch" hätte verhindert werden können.

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@"Punks, Freaks, etc. haben im Westen nur eine geringe und im Osten gar keine Rolle gespielt. Streetworker und Frauenzentren-Zentrierte haben weder in den Rundfunkanstalten, noch im Personalrat der Stadt- und Landesverwaltungen irgendeinen Einfluß gehabt." ----Das Problem ist, dass diese Leute zusammen mit der Gewerkschaftlinken aber den Kern der linken Szene ausgemacht haben. Die Sozialdemokratie nach der Kanzlerschaft Brandts oder den Realo-Flügel der Grünen rechne ich nicht mehr zur Linken, und das werden Netbitch, Earendil und Cassandra sicher nicht anders sehen.


@"im politisch-administrativen Komplex Karriere machen" --- Wer das tut und das nicht gerade mit einem Agent-im-feindlichen-Lager-Selbstverständnis macht, gehört mit wenigen Ausnahmen (zu denen rechne ich etwa Leute wie Ströbele, aber auch einige z.B. in Asyldingen immer mal wieder sehr kooperative Statssekretäre und Ministerialbeamte, aber das sind echt Versprengte) ohnehin zur Gegenseite.

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Ich find die russischen Neubürger ziemlich heterodox. In der IT begegnet man denen ziemlich häufig und ok das ist sicher kein repräsentativer Ausschnitt.
Neben denen mit "Deutscher" im Paß sind auch einige mit "Jude" im Paß gekommen.

Eine kulturelle Bereicherung ist auf jeden Fall das für mich finale Vodka-Besäufnis auf Weihnachtsfeiern morgens um 5. War in den letzten 4 Jahren auf 3 Weihnachtsfeiern bei 2 verschiedenen Arbeitgebern so.
"faschistisches Regime": Das ist doch eigentlich so ne linke Dummheit, alles und jedes, was einem nicht passt, als Faschismus zu bezeichnen. Musst du ausgerechnet das von den Linken übernehmen?
Dieser Artikel: http://tinyurl.com/cj5epr
und die aktuellen Ereignisse: http://tinyurl.com/cxn68x
Zur Zeit sehe ich da klare Radikalisierungstendenzen als Folge der engeren Budgets. Die Anlage war immer da.

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Wieso die Schlüsselbegriffe "Entscheidungsträger im Öffentlichen Dienst" und "Altersgrenze 30" hinsichtlich einer Bewertung der Linken an sich eine Rolle spielen sollten bleibt des Herolds Geheimnis - es sind seine persönlichen Fixierungen.

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Wer mit *20* kein ... kein Herz, wer mit *30* (nicht 40 !) immer noch ... keinen ...

... oder wie Peter Furth so schön sagt: Man möchte nicht Bürger werden, man möchte Citoyen bleiben. :-)

Ich glaube allerdings, daß dieses Ostdeutschen- und gedittschte Unterschichten-Bashing auf einen gewissen Selbstekel zurückzuführen ist, da man zwar Citoyen bleiben aber als Bürger (mit der mittlerweiler ererbten Doppelhaushälfte von Nazi-Papa) leben will.

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Unverständlich. Bitte nochmal versuchen.

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Der Kern der Linken, zu dem sich ché rechnet, muß dann aber ziemlich klein sein und der hat nirgendwo in SED/PDS/Linkspartei auf Bundesgenossen getroffen.

Den "Rest" kann man zwar als "EigentlichNichtLinke" beschreiben aber selbst die äußern sich ja "anti-völkisch", obwohl ihr Leben nicht weniger bürgerlich als das der Altvorderen abläuft und in den vergangenen 15 Jahren das "Nazi-Vermögen" via Erbschaft auf ihre Generation übertragen wurde... auch wenn es nicht mehr zeitgemäß erscheint, dieses dem Vietcong zu spenden, gäbe es doch Möglichkeiten, Bewußtsein zu zeigen. ;-)

Dieser Widerspruch wird aber nicht dadurch aufgehoben, daß der Feld-, Wald- und Wiesenlinke "erwachsen" wird, sondern weiterhin post, indem er genial dagegen ist. Und dann werden die Ostdeutschen an sich oder die Unterschichtler (im Westen auch ohne NPD zu wählen) als wahren Täter identifiziert, die ihn am gottgefälligen linken Leben hindert. Sonst wären "Dittsche" oder die blanke Wut auf "DeutschRussen" oder der vordergründige Anti-Rassismus-Taumel nicht zu erklären.

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Da ist die Linke, die ich so kenne, doch sehr viel authentischer als das, was Du da schilderst. Es stimmt natürlich, dass gerade die radikale, insbesondere die autonome Linke rein proporzmäßig überwiegend eine Jugendbewegung ist. Das hängt damit zusammen, dass man sich in jungen Jahren leichter für ethische und politische Ziele und Ideale begeistert, dass Studis oder auch junge Langzeitarbeitslose (aus denen sich die autonome Szene zu einem nicht unerheblichen Teil zusammensetzt) einfach genug Zeit haben (oder hatten, wie man bei den heutigen Hochschullehrplänen relativierend sagen muss), um sich ernsthaft und mit Hingabe politisch zu engagieren, weil linkes Engagement in bestimmten erlebnisorientierten Jugendmilieus sexy ist und weil es für viele auch ein Postbubertäts/Adoleszensthema ist, das mehr mit Protest gegen die eigene Eltern/Lehrergeneration (weiß nicht, ob das für die jetzigen Junglinken, die ja Kinder der 68er sind, noch eine Rolle spielt) zu tun hat als mit genuin politischen Erwägungen (falls sich so sauber überhaupt trennen lässt). Je weiter man ins Berufsleben hineinwächst und je anspruchsvoller der eigene Job ist, desto schwieriger wird es, sich politisch zu engagieren, zumal, wenn man aufgrund des eigenen früheren Engagements vielleicht auch schon gerichtsbekannt ist. Das bedeutet aber noch lange nicht, die eigenen Überzeugungen und Ideale aufzugeben. Nur werden diese dann entweder nicht mehr oder eben anders gelebt. Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen, IPPNW, VVN, ai oder das Komitee für Grundrechte und Demokratie sind im Wesentlichen Gruppen, in denen sich Linke der Generation 30+ und 40+ engagieren. Wenn ich mir so meine GenossInnen von früher angucke, die heute Architekten, Lehrer, Richter, Ärzte, Physiotherapeuten, Journalisten,Unternehmer, Ladenverkäufer, Bandmalocher oder prekär Beschäftigte sind hat kaum jemand von denen mit seinen politischen Ansichten selber gebrochen. Da fuhr man auch noch nach Göttingen zum 25. Geburtstag des JUZI und feierte mit den Jungpunks von heute. Ich kenne allerdings eine ganze Reihe von Leute aus unserem weiteren politischen Umfeld, bei denen die Brüche so krass waren, dass die für mich unter der Rubrik "Verräter" laufen: Der Ex-Antifa, der heute Kampfflugzeuge entwickelt, der Ultramiltante, der heute der sehr stromlinienförmige Abteilungsleiter einer Versicherung ist (und da das eine Haftpflicht ist, sind die Witze über Scheiben einschmeißen und Geschäft ankurbeln in dem Zusammenhang Legion), die Extremfeministin, die heute die devote Geliebte ihres Therapeuten und Psycho-Gurus ist usw. . So etwas würde ich aber nicht unbedingt als typisch bezeichnen. Als ich Anfang der 1990er erstmals mit, nun ja, sagen wir dem harten Kern der undogmatisch-antiimperialistischen Szene in nahen Kontakt kam, waren das schon damals fast alles Leute über 40. Die stehen heute noch zu den Ansichten, die sie damals vertraten (mit der einen Ausnahme Götz Aly). Und als ich kurz darauf aus der studentischen Linken in den Bereich der Flüchtlinge unterstützenden autonom-antiimperialistischen Kreise wechselte war auch da der Altersdurchschnitt über 30, es waren sowohl AkademikerInnen dabei als auch Leute, die vom Dauersozialhilfebezug lebten (sogar relativ viele), Leute aus Heilberufen und aus dem Alternativarbeitsmarkt, auch Handwerker und ein Baggerfahrer. Und relativ viele Migranten, häufig mit Guerrillaerfahrung. Diese Politgruppen gibt es bis heute (oder in manchen Fällen muss man sagen, heute wieder), und auch wenn die sich personell inzwischen neu zusammengesetzt und durch Jüngere aufgefrischt haben, sind doch zumindest teilweise immer noch die Leute von früher dabei, die jetzt so um die 50 und immer noch oder wieder aktiv sind, auch wenn sie auf den Demos nicht mehr die erste Reihe bilden.

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Da muss ich sagen, dass ich nicht weiß, wer Dittsche ist, keine heute aktuelle Wut irgendwelcher Linker auf Deutsch-Russen kenne und Antirassismus nichts als Taumel, sondern als angesichts der Präsenz des Rechtsradikalismus einerseits und der behördlichen Drangsalierung von Flüchtlingen und Asylsuchenden einschließlich des EU-Grenzregimes als einzig mögliche anständige Haltung in diesem Lande bezeichnen würde.

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@"auch wenn es nicht mehr zeitgemäß erscheint, dieses dem Vietcong zu spenden, gäbe es doch Möglichkeiten, Bewußtsein zu zeigen. ;-)" ---- Während des jugoslawischen Bürgerkriegs gingen 68er Profs und Anwohner aus dem linksliberalen Umfeld jeden Sonntag in den Notunterküften der Flüchtlinge vorbei und verteilten dort Spielzeug und Kuchen, Jung-Autonome machten Sport- und Schwimmkurse für Flüchtlingskinder. Heute machen in bürgerlicher Sicherheit lebende Altlinke Hausaufgabenhilfe und ehrenamtliche Deutschkurse für Migrantenkinder, wobei nicht zwischen Deutschrussen, jüdischen Kontingentflüchtlingen, Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern unterschieden wird. Das ist das, was ich als erlebte Normalität kenne, und ich bin da ziemlich nah dran. Insofern ist mir das, was Du da schreibst, Herold, komplett unverständlich.

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"Während des jugoslawischen Bürgerkriegs gingen 68er Profs und Anwohner aus dem linksliberalen Umfeld jeden Sonntag in den Notunterküften der Flüchtlinge vorbei und verteilten dort Spielzeug und Kuchen, Jung-Autonome machten Sport- und Schwimmkurse für Flüchtlingskinder."

Schtümmt, ich weiß es noch wie heute. Das war aber in Städten wie Bremen, Göttingen, Hamburg, Freiburg, wohl auch in München, Köln und Hannover so, schon in Kassel gab es das nicht, dafür machten es sich dort Leute mit Bierkästen vor der Abschiebehaftanstalt gemütlich und jubelten den Bullen bei der Niederschlagung einer Revolte zu. Ich nehme mal an, dass sich die Existenz dieser links inspirierten solidarischen Zivilgesellschaft, die es nicht in die Medien schafft und immer nur kommunal, ja oft nur in Viertelstrukturen verankert ist, sich bis Bochum und Oberhausen nicht rumgesprochen hat.


BTW. Und dass die von Che geschilderte Linke mit der Linkspartei keinerlei Berührung hätte stimmt so nicht; manche von denen sind dort heute gelandet, und es gibt auch Antifa-Gruppen, die von dort Geld und Logistik beziehen. Die haben aber keinen positiven oder relativierenden Bezug zur DDR-Vergangenheit, sondern eher ein instrumentelles Verhältnis zu dem Laden. Die DDR ist 20 Jahre her, und die Ortsgruppen der Linkspartei im Westen, das war auch schon bei der PDS vor 15 Jahren so, bestehen aus frustrierten Fundi-Grünen, dissidenten Jusos, Feministinnen, Ökos und Punks, die zur Mutterpartei im Osten ein eher distanziertes Verhältnis haben. Zumindest was Hessen und Niedersachsen betrifft ist die Partei etwa so zusammengesetzt wie die Grünen in den Achtzigern, plus eine starke Betriebsräte/Vertrauensleute-Komponente über die WASG-Strömung. Die Altkommunisten haben ja weiterhin ihre DKP und die unsägliche MLPD, die sind nicht in der Linkspartei.

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Von der nächsten Revolte sollte man den Herold rechtzeitig informieren, damit der Supermarkt nicht geschlossen hat, wenn er sich das Bier kaufen will.

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Solidarität funktioniert immer in 2 Richtungen
Werd ich dann mal an die Solinetzwerke weiterleiten, nicht, dass die ihre Solidarität mit dem Herold ob ihrer Flüchtlingsengagements vernachlässigen;-)

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@saltoftheheart: Die Aufnahme ehemals sowjetischer Juden als Kontingentflüchtlinge erfolgte auf ganz anderen rechtlichen und politischen Grundlagen und hat mit den Russlanddeutschen außer den Herkunftsländern nichts zu tun.

Der zweite der von dir verlinkten Artikel (der erste war mir schlicht zu lang und ausschweifend, den hab ich nur ausschnittsweise überflogen) diskutiert in erstaunlich ruhiger und differenzierter Weise, ob die jüngsten Repressionsmaßnahmen einen Schritt von autoritärer in Richtung diktatorischer Herrschaft in Venezuela darstellen. Interessanter als diese auch nicht ganz uninteressante Frage finde ich aber den konkreten Charakter der Repression. Z.B. laufen in Mexiko oder Kolumbien viel härtere und umfassendere Repressionsmaßnahmen (gegen Linke), ohne dass jemand den demokratischen Charakter dieser Staaten in Frage stellen würde.

Außerdem macht auch Diktatur noch keinen Faschismus. Stalin etwa war viel eindeutiger Diktator als Chávez, aber ganz sicher kein Faschist, jedenfalls wenn man den Begriff nicht vollends zur Bezeichnung jedweder "bösen" Herrschaft verunklaren will. So sieht das wohl auch dein oppositioneller Blogger, der nichts von einem faschistischen Regime in Venezuela weiß und stattdessen betont: "If you read this blog regularly, you know how the loose use of terms like "totalitarian", "dictator", "fascist", etc. drives me up a wall." Der Text stützt deine Aussage also in keiner Weise.

@Herold: "Wer mit *20* kein ... kein Herz, wer mit *30* (nicht 40 !) immer noch ... keinen ..."
Ich möchte lösen! (Ok, nicht so, wie verlangt, aber dafür sinnvoll.) Also: Wer mit 20 kein Revolutionär ist, hat kein Herz. Wer mit 30 immer noch kein Revolutionär ist, hat keinen Verstand.
(Folglich hab ich zwar kein Herz, aber wenigstens Verstand. Na, ist doch auch was :-))

Ostdeutschen- und Unterschichtenbashing kenne ich, außer von Vorzeigelinken wie Eddie Stoiber oder Oswald Metzger natürlich, nur von durchgeknallten Antideutschen ("Kühe, Schweine, Ostdeutschland!"), aber die sind ja wohl kaum typisch für die Linke.

Dittsche ist geil, hat nix mit Unterschichtenbashing zu tun, und du hast keinen Humor, so! (Für Che: http://de.wikipedia.org/wiki/Dittsche )

@Che: "Ich kenne allerdings eine ganze Reihe von Leute aus unserem weiteren politischen Umfeld, bei denen die Brüche so krass waren, dass die für mich unter der Rubrik "Verräter" laufen"
Das Wort "Verräter" stößt mir hier ziemlich sauer auf. Die Leute haben ihre Überzeugungen geändert, denken und handeln jetzt falsch und stehen mithin im politischen Kampf auf der falschen Seite. Aber muss man sie deshalb auch gleich als "böse" einsortieren? An der Stelle halte ich solchen Moralismus nicht nur für falsch, sondern auch gefährlich, man bedenke die lange und unrühmliche Geschichte des Umgangs von i.w.S. Linken mit "Verrätern", ob nun bei Stalin, der IRA oder der Magdeburger Antifa. "Verräter" sollte man nur Leute nennen, die ohne große Not andere ans Messer liefern. (Und auch mit denen sollte man natürlich anders umgehen als eben angerissen. Nur um interessierten Missverständnissen hier vorzubeugen.)

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Ich finds nicht fair von Personen mit bestimmten politischen Vorstellungen besondere karitative Aktivitäten einzufordern. Zumal man über sowas nicht unbedingt reden will, da es schon für einen selbst leicht wie Selbstbeweihräucherung wirkt.
Zumindest ist da eine Bereitschaft da, sich auf real vorhandenes Elend auf diesen Planeten einzulassen, das von den meisten hier aus verständlichen Gründen ausgeblendet wird.

Andererseits würd ich selbst den Beteiligten des gescheiterten hardcore-neoliberalen IWF 1985 bis 1998/2003 grundsätzliche Empathiefähigkeit für menschliches Leid absprechen.

Normale Hilfsbereitschaft und politische Überzeugungen sind aus meiner Sicht entkoppelt.

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Earendil,
denke wir sollten den Paralleldiskurs jetzt abbrechen.
Ich werd das jetzt nicht auf Kolumbien und Mexiko ausdehnen. Zu Kolumbien empfehle ich: http://tinyurl.com/dezka6

Nochmal: Die faschistischen Elemente des Gedankenguts von Hugo Chávez werden in dem Artikel erläutert, der dir zu lang ist. Deshalb ist es müssig darüber weiter zu diskutieren. Ich bin selbst kein Freund davon, diese Begriffe zu leicht zu verwenden.

Alles was ich sage ist, dass sich die Linke hier keinen Gefallen tut, wenn sie sich mit von ihr vielleicht nicht so verstandenen und äußerst problematischen Bewegungen solidarisiert.

Und zwar gerade in einer Zeit, in der gemässigtere Linke deutlich erfolgsversprechendere Wege beschreiten, marginalisierte Gruppen langsam zu integrieren.
Bin öfters in Chile und steh aktuell in Verhandlungen mit dortigen IT-Unternehmen für ein Jahr da anzuheuern.

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“Wenn die D-Mark nicht zu uns kommt, kommen wir zur D-Mark”-Pöbel ...

Zitat aus einer Noergelei.

Das meinte ich. Daß die Proleten sich nicht so verhalten, wie man sich selbst verhielte, wenn man denn Charakter hätte, führt zu einer unglaublichen Wut.
Aus dieser Wut kommen dann solche bashing-Szenarien wie oben beschrieben: Der Prolet ist schuld !

Wenn eine "D-Mark-Forderung" als Charakterisierung als "Pöbel" führt, dann darf man doch fragen, wie sich denn all diejenigen fühlen, die als revolutionäre, emanzipierte Tiger abgesprungen und als wohlständig angepaßte Bettvorleger gelandet sind.

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Das hat nichts mit sozialer Missachtung von "Proleten" zu tun oder eigener sozialer Zugehörigkeit zur Mittelschicht, sondern ist Ausdruck einer politischen Haltung. Es geht um den Umgang mit einer bestimmten Klientel, die der Nörgler verachtet, und ich auch. Die Leute, die unter hohem persönlichen Risiko die Montagsdemos im Oktober und November gemacht hatten, wurden plötzlich verdrängt durch bis dahin völlig unpolitische bzw. angepasste DemonstratInnen, die vor allem zwei Dinge wollten: DM und nationalen Taumel. Oft können Cartoons ja athmosphärische Dinge besser verdichten als die klügsten Essays, und die Titanic brachten es damals folgendermaßen auf den Punkt: Lauter Kater marschieren in Reih und Glied mit eregierten Penissen, tragen Schilde mit Parolen wie "Weg mit Gregor Miezy!" und "Miaudrow raus!" und skandieren "Deutschland, einig Katerland!". Wir sind im Frühjahr 1990 in die DDR gefahren, um kostenlos Bücher einzusammeln - Die Buchhandlungen schmissen ihre gesamten Bestände auf den Müll, nicht nur die sozialistischen Klassiker, auch Naturkundebücher und den Bronstein-Semandjajew, eines der besten Mathebücher überhaupt. Alles, was russisch war, war plötzlich böse. Das war eine Stimmung wie kurz vor Bücher verbrennen. Und zur gleichen Zeit machten sich Neonazis in rapider Geschwindigkeit in der DDR breit. Pöbel passt schon zu dieser Situation.

BTW und was meine eigene politische Umgebung angeht: Cassandra z.B. ist die Tochter eines ungelernten Arbeiters und aktuell ALG2-Empfängerin, die "Vorsitzende" meines früheren Politzusammenhangs lebte 7 Jahre von Sozialhilfe, ehe sie eine selbstständige Existenz gründete, und ein nicht unerheblicher Teil gerade der autonomen Linken rekrutierte damals sich aus Ahi- und Sozibeziehern mit Übergängen ins Kleinkriminellenmilieu und in die Jobberszene. Die Behauptung, die Linke betreibe Proletenbashing aus einer privilegierten bürgerlichen Situation heraus kannst du Dir also sonstwohin schieben.

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Nochmal Nachschlag
In Vertretung für Cassandra, die mir das per mail schickte und hier gerade keinen Zugriff hat.


@"Es gab keine russischen Freiwilligen, die in der (Waffen-)SS gedient hätten. ..... Die
"russischen Freiwilligen" waren in der Masse arme Schweine, die in ihrem
"Freiwilligsein" eine Verbesserung ihres Gefangenen-Loses erhofften."

Herold, Du widersprichst Dir selbst. Aus der Masse abzuleiten, dass es keine gab ist logisch nicht machbar.

Zweitens gab es sie.
29. Waffengrenadier-Division der SS "Rona" (Russische Nummer 1)
30. Waffengrenadier-Division der SS (Russische Nummer 2) beide nicht ordenstauglich
Rona steht für Russische Volksbefreiungsarmee
die Erste geht aus der "Kaminsky-Brigade" hervor.

Und die Russinnen der Propaganda- Abteilung der SS-Standarte Kurt Eggers.
Meines Wissens eigene Abteilung, keine Division, aber immerhin, man ist ja bescheiden.

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Und wo war ich?

http://kritik-und-kunst.blog.de/2009/03/27/demo-morgen-5844394/

grrrrrrr. demnächst aber wieder in diesem Theater...

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Du mußt nicht hyperventilieren, Fremdwörter hektisch falsch schreiben und Erregungsflecken im Gesicht kriegen, wenn Du die Zeichenfolge "Attac" liest, Rayson. Die wollen bloß das, was Du auch willst: einen besseren Kapitalismus.
Mach doch lieber, was Du am besten kannst: Erklären, wie man die Arbeitslosigkeit durch gehörige Lohnsenkungen beseitigt. War das nicht so, dass die Verbilligung der Ware die Nachfrage erhöht? Ich weiß das aber nicht so richtig, weil, das sind immer sehr filigrane Differenzierungen, die Du dann vorträgst.

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Herold und ich
Eine lustige Geschichte, wie wir die DDR besuchten, jetzt auf Shifting Reality.

http://shiftingreality.wordpress.com

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