Dienstag, 21. September 2010
Elemente der Gegenaufklärung, heute: Der aufhaltsame Durchbruch alternativer Medizin
Dieser Beitrag hier in der ZEIT war mal ganz aus meinem Herzen gesprochen.

http://www.zeit.de/2010/37/M-Alternativmedizin

Und ich frage mich, warum zum Zinker ausgerechnet sehr viele Linke auf diesen ganzen Eso-Scheiß wie auch auf Astrologie abfahren. Wobei ich die Akupunktur von dem hier gefahrenen Generalangriff ausnehmen würde. Die wirkt, auch wenn niemand erklären kann warum.

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Und genau so ist es mit der Homoöpathie. Auch die funktioniert, ohne dass man weiß, warum. Aber das ist doch egal, wenn sie funktioniert. Der Verfasser fordert ein, dass medizinische Methoden reproduzierbar und beweisbar sein müssen. Ersteres ist richtig. Das andere aber überflüssig. Die Einforderung von Beweisen ist nichts als Wissenschaftler-Eitelkeit. Es geht um Heilung, nicht um Beweise.

Warum viele Linke auf den Eso-Scheiß abfahren? Weil viele Linke auf allen Gebieten, die nicht streng rational erklärbar sind, völlig ungebildet sind. Und dann können sie halt einen seriösen ganzheitlichen Ansatz nicht von irgendeinem billigen Eso-Betrug unterscheiden.

Gegenaufklärung? Meine Güte! Schon Herder und Schiller im 18. Jahrhundert wussten, dass Aufklärung mehr ist als Kopfakrobatik! Nicht alles, was über scholastische Erbsenzählerei hinaus geht, ist gleich Gegenaufklärung!

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Schon der Mythos ist Aufklärung - das ist z.B. hinsichtlich der Astrologie auch dann interessant, wenn man sich ein wenig mit der Psychoanalyse C.G. Jungs beschäftigt, deren Trivialisierung man in "Star Wars" beobachten kann.

Ich frage mich immer, wo die Relevanz des auf Homöopathie etc.-Rumhackens liegt. Da, wo Esokrams ins völkisch-rechtsradikale abdriftet, wird es finster, aber doch nicht bei Feld-, Wald- und Wiesen-Weisheitslehren.

All dem zugrunde liegt der Analogieschluß, der als politischer fies wird, aber z.B. in der Kunstproduktion schon bei einer schlichten Metapher eben auch wichtig ist.

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Astrologie diente ursprünglich einmal der Festlegung der richtigen Zeitpunkte für Aussaat und Ernte durch Astrologen, die zugleich Priester und Ärzte waren. Die heutige Astrologie mit ihrer Horoskopberechnung halte ich für sinnentleerten Hokuspokus. Bei der Homöopathie sieht es so aus, dass die allerdünnste Lösung besonders wirksam sein soll. Die hochpotenten Wirkungen enthalten oft nicht einmal ein Molekül des Ausgangsstoffes und können daher im pharmakologischen Sinne gar nicht wirksam sein. Das macht auch nichts, da nach Auffassung der Homöopathen, jedenfalls der orthodoxen Leute im Sinne Hahnemanns, ein geistiges Heilprinzip vom Homöopathen auf die Substanz übertragen wird, eine Art stofflich gebundene Geistheilung. Ich weiß nicht genau, ob ich das in Bausch und Bogen Scharlatanerie nennen soll oder davon ausgehen, dass ja auch Animismus wirkt, wenn man an ihn glaubt. Was mich stört ist die Tatsache, dass sehr viele Linke, die ich so kenne, gegenüber solchen grenzmedizinischen Konzepten mit naivem Vertrauen eingestellt sind, während die Kritik gegenüber der Schulmedizin teilweise den Charakter einer pauschalisierenden Medikamentenphobie hat. Etwa meine Schwester, die ihrer Tochter bei einer eitrigen Atemwegserkrankung wochenlang ergebnislos Bachblüten gab und sich weigerte, ein Antibiotikum einzusetzen, auch Hund und Pferden Bachblüten und homöopathische Mittel gab, deren Wirkung von einer Heilpraktikerin ausgependelt wurde - auch ohne greifbaren Heilerfolg zumeist, in einem Fall war dann eine OP fällig - oder alle Welt bis auf mich einem krebskranken Freund abriet, eine Stammzelltherapie zu machen und lieber auf Naturheilverfahren zu vertrauen "wir brauchen den hochgestochenen Kram nicht". Der starb dann.

Btw. Und inwieweit Jung, trotz großer Verdienste um die Komplexforschung und Traumdeutung, mit seinen Archetypen und seinem Kollektiven Unbewussten und der Nichtsolidarität mit seinen jüdischen Kollegen unter dem NS nicht selber partiell in der Nähe bräunelnder Rassenpsychologie steht ist für mich eine zumindest offene Frage.

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"Die heutige Astrologie mit ihrer Horoskopberechnung halte ich für sinnentleerten Hokuspokus."

Na, da scheinst Du dann ja profunde Kenntnisse zu besitzen. Und selbst wenn, wäre es doch schnurz.

Und ich halte es für eine völlig legitime Entscheidung, auf eine Stammzellentherapie zu verzichten, so lange man sich dessen bewußt ist, daß die ggf. geholfen hätte. Auch der Weg zum eigenen Tod ist der Freiheit ja nicht äußerlich.

Es war mir aber schon klar, daß nun eine Antwort kommt, die unterhalb der Ebene von Leben und Tod nicht ansetzen würde und dann alle, denen Naturmedizin hilft, warum auch immer, vorsichtshalber erst mal der Beihilfe zum Mord bezichtigt.

Und die homoöpathische "Idee" ist ja, gleiches mit gleichem zu bekämpfen, wie bei Impfstoffen auch. Um Wut loszuwerden, wüte! Und für solche "Zugänge zu sich selbst" finde ich vieles aus der Eso-Ecke durchaus nützlich, weil es mit Bildern und Analogien arbeitet, die eben auch psychisch wirken. Und so genannte "seriöse Verfahren" bergen ja immer auch jede Menge Risken, c'est la vie.

Wundert mich, daß Du da in so einen stalinistischen Positivismus verfällst. Wenn es mit der akuten Trauererfahrung zusammen hängt, verstehe ich es aber.

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Nicht nur mit akuter Trauer, sondern auch mit Angst davor, dass mir selber nahestehende Leute sich weiterhin der Heilmethoden begeben, die ihnen helfen könnten und ein mich Aufregen über eine quasi codifizierte Haltung zu Schul- und Alternativmedizin, die darauf abzielt das eine pauschal und en bloc für böse und das Andere für gut und hilfreich zu halten, meist noch in Fixkombi mit Vegetarismus und der Festgelegtheit auf Blümchensex als einzig mögliche Praxis, als ein Pauschalzustimmungsticket, von dem ziemlich viele Linke die ich kenne meinen, es ziehen zu müssen, weil das zum linken Menschenbild eben dazugehöre. Und Ticketmentalität ist imho aufklärungsfeindlich.

Wie übrigens Homöpathie oder Bachblüten bei Hunden oder Pferden wirken sollen, die selber die Vorstellungswelt, um sich durch Analogieeffekte positiv zu beeinflussen nicht haben leuchtet nun noch weniger ein.

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Das ist doch aber garnicht das Thema des verlinkten Pandemiehysterikers, sondern explizit die Komplentärmedizin die eine schulmedizinische Ausbildung vorraussetzt, damit genau die von dir beschriebenen Szenarien nicht auftreten. Aber wenn nun schon die Profite der Herren Rummsfeld und Gates definieren was Aufklärung ist ...

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Wenn man zudem noch des Blümchensexfavorisierens bezichtigt wird, weil man I Ging, Astrologie und Tarot durchaus was abgewinnen kann, so lange man schnallt, daß man damit weder philsophische (beim I Ging schon) noch politische Diskussionen führen noch Uran bergen kann, dann ist es auch schwierig, dazu sinnvoll was zu sagen - was interessieren mich denn Bachblüten bei Hunden, wenn mir "Infludo" bei Grippe hilft? Das hat mich auch noch nicht zum Vegetarier gemacht, obgleich man da angesichts der Massentierhaltung schlicht gute Gründe hätte, es zu werden.

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Alternativmedizin: Ergänzend oder verdrängend
@ Che

Erstens

Es ist imho ein Irrglaube zu meinen, dass die Schulmedizin auf alles eine Antwort hätte und auch, dass sich die Medizin schon am Ende ihrer Geschichte befände. Anders gesagt: Einiges, was heute für richtig gehalten wird, wird sich künftig als falsch heraus stellen - und vieles, was Kranken hilft, wird erst noch entdeckt werden.

Zweitens

Wer hinsichtlich der Forderungen von Nachprüfbarkeit, Evidenz bzw. Wirksamkeitsnachweis sogleich den dümmlichen Bocksgesang vom "stalinistischen Positivismus" anstimmt, hat mutmaßlich ein gebrochenes Verhältnis zu Schulmedizin. Aber auch zu leidenden Menschen...l

Drittens

Che, es ist ein Irrtum anzunehmen, das Homoöpathie wirkungslos sei. Tatsächlich (sogar leicht über Placebos - die ja auch wirksam sind) gibt es Wirkungen. Man könnte es den Effekt, einer "behutsamen, sprechenden Medizin" nennen.

So etwas wie das Zusprechen von Mut und das Auslösen von Heilungshoffnung kann mitunter sogar hochwirksam sein - und mag es zu diesem Zweck notwendig sein, ein wenig "medizinischen Hokus Pokus" in Stellung zu bringen.

Verantwortungslos ist es natürlich, schwere Erkrankungen und Infektionen anstelle von Schulmedizin mit irgendwelchen D10-Pillchen zu "behandeln".

Wer das tut, ist in meinen Augen kein Arzt, sondern ein Verbrecher.

Viertens

Die grundlegende Frage ist imho:

Alternativmedizin an Stelle von Schulmedizin

oder

Alternativmedizin als Ergänzung zur Schulmedizin.

Fünftens

Die Menschen sind sehr unterschiedlich. Es gibt Menschen, auf die die Anwendung von Akupunktur hochgradig wirksam ist. Auf andere (z.B. mich) wirkt Akupunktur überhaupt nicht.

So etwas gerät mitunter außer Betracht, wenn nur auf Durchschnittsdaten oder Doppelblindstudien geschaut wird.

Ein Arzt, der zusätzlich zur Schulmedizin ein paar alternative Verfahren in Petto hat, kann der objektiv bessere Mediziner sein - was bei einer naiven "positivistischen" Beurteilung der Sachlage schnell vergessen wird.

Sechstens

Es ist imho so, dass jene Verfahren, die heute noch unzureichend erforscht sind, die Grundlage für künftige, hochevidente Behandlungsstrategien legen können.

Anders gesagt: Manch merkwürdiges oder angestaubtes Verfahren der Alternativmedizin (Beispiel: Auflegen verschimmelter Lappen auf Wunden mit Wundbrand -> führte zur Entdeckung von Antibiotika) ist nicht nur eine "Paramedizin", sondern zugleich auch eine Protomedizin.

Aber: Man muss eben forschen, untersuchen, vergleichen usw. - ansonsten ist es (oft) nur Scharlatanerie.

Siebtens

Die Beliebtheit "alternativer Heilverfahren" bei der Arztausbildung hängt auch damit zusammen, dass damit ein neuer Zugang zum Geldbeutel der Patienten geschaffen wird. Es sind, traurigerweise, nicht selten pekuniäre Motive, aus denen heraus sich Allgemeinmediziner mit "alternativen Heilverfahren" beschäftigen.

Oft also: Beutelschneiderei.

Achtens

Nicht nur Menschen sind verschieden (u.a. in ihrer Ansprechbarkeit für verschiedene alternative Heilverfahren), auch Erkrankungen sind unterschiedlich.

Gerade bei Erkrankungen aus dem psychosomatischen Bereich (die ja auch mit allerhand Leidensdruck verbunden sein können) haben sich bestimmte Heilverfahren, z.B. Akupunktur, als überraschend wirksam erwiesen.

In der Schmerzmedizin, was durchaus nicht rein psychosomatischer Natur ist, kann Akupunktur mitunter verblüffend viel bewirken.

Warum das so ist, das ist noch nicht ausreichend erforscht - beispielsweise gibt es starke Hinweise darauf, dass ein guter, erfahrener Akupunkteur deutlich bessere Heilerfolge vorweisen kann, als der gewöhnliche Neuling in dieser Disziplin.

Auch für diesen Effekt mag man Begründungen finden - z.B. die Übertragung der ärztlichen Souveränität bei der Ausübung seiner Heilmedizin auf die Patienten. Nur: Das sind erst einmal nur Theorien - und vielleicht kann man über die gezielte Reizung von Nervenpunkten tatsächlich einige Erkrankungen tatsächlich leiden bzw. lindern.

Neuntens

Ich glaube - ich bin fast sogar überzeugt - dass eine ergänzende Thai-Massage fast jede (!) schulmedizinische Behandlung wirkskamer macht.

Nach den rein schulmedizinischen Regeln darf das nicht sein bzw. wird in keinem Fall von den Krankenkassen bezahlt. In manchen Fällen (z.B. bei kostenintensiven Heilbehandlungen) ist das imho sogar extrem dumm.

Zehntens

Zuspruch und Mutgebung durch Familienangehörige, Verwandte, Freunde und Kollegen: hilft heilen.

Elftens
»Das ist natürlich zu früh«, sagt der Berliner Medizinhistoriker und Sinologe Paul Unschuld, »wir wissen gar nicht, ob es wirkt, wie es wirkt, dass es wirkt – aber wir therapieren schon mal drauflos.«
Tja: Genau das muntere "Drauflos-therapieren" ist das, was in der Vergangenheit zu den größten medizinischen Entdeckungen geführt hat. Bevor man weiß, wie etwas wirkt, muss man es ausprobieren - und bei Weitem nicht immer ist es der beste Weg, im ersten Schritt eine 400-Millionen-Euro teure Studie vorzunehmen, um die Frage der Wirsamkeit vor jeglicher Anwendung zu klären.

Zwölftens

Ignaz Semmelweis (der Retter der Mütter) war zu seiner Zeit praktisch ein Vertreter eines "alternativen Heilverfahrens". Von der damaligen Schulmedizin (die an obskure astrologische Krankheitsursachen glaubte), z.B. einem Rudolf Virchow, wurde er lange verspottet.

Und doch hatte er recht.

Oder man überlege sich einmal, dass Edward Jenner fast ein Jahrzehnt lang von Schulmedizinern verspottet wurde (Beispiel), obwohl er ein Verfahren gegen eine der übelsten Erkrankungen dieser Zeit fand.

Die Entdeckung neuer medizinischer Möglichkeiten zieht sich mitunter über viele Jahrzehnte hin, bevor es zum Durchbruch kommt. Im Fall des Salvarsans handelte es sich um fast zwei Jahrzehnte! Die Entdeckung des Penicillins zog sich sogar über vier Jahrzehnte hin, und wurde letztlich nur dadurch angefacht, dass man in den USA von den Sulfonamiden weg kommen wollte, die nämlich vom deutschen Feind zu beziehen waren.

Morgen könnte eventuell die Erforschung neuer Sulfonamide, deren Wirksamkeit durch pflanzliche Zusatzstoffe adjuvenziert wird, ein neuer Königspfad der Medizin werden, um damit multiresistenten Keimen den Garaus zu machen.

Doch heute: wäre sowas ein "alternatives Heilverfahren" ohne Evidenznachweis...

P.S.
Mir ist der Artikel von Harro Albrecht zu eindimensional. Wenn er den Lesern nahe legt, es sei jetzt schon praktisch alles erforscht, z.B., was es an "chinesischen Kräutern" gebe inkl. deren Heilpotential, das beweist imho nur, dass er nicht auf dem Stand der Forschung ist.

Die Lage ist komplizierter. Nur ein kleiner Bruchteil der organischen Stoffe ist erforscht, und sei es, dass man darüber auch nur die Strukturdaten hätte - und geschweige denn, dass man über Wirkungen, Wechselwirkungen und Heilpotentiale Bescheid weiß.

Die Lage ist weit komplizierter. Man fängt z.B. jetzt gerade erst an, Antibiotika und Pilze/Viren/Bakterien bekämpfende Abwehrmechanismen einzelner Pflanzenarten zu erforschen. In der Natur ist noch ein riesiger medizinischer Schatz zu heben.

Ob allerdings irgendein dussliger Hinterhof-Heilpraktiker darüber Bescheid weiß, ist noch einmal eine andere Frage, und das ist auch dann der Fall, wenn er Adorno rückwärts singen könnte und jeden zehnten seiner Sätze mit dem Wort "stalinistischer Positivismus" ausschmückt.

;-)

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Wer heilt hat Recht
sagte dazu mein eigener Behandelnder, der meinte, schlüssige Beweise habe auch die Schulmedizin für die wenigsten Verfahren, und dass ich selber von einer orthopädisch eigentlich aussichtslosen Verletzung wiederhergestellt wurde, weil mir die Schmerzen schnurz sind und mich nur die Beweglichkeit interessiert und ich daher munter trainiere sei so weit außerhalb jeglicher Vergleichbarkeit und Doppelblindstudien, dass man dann aber auch den Erfolg von Homöopathie und Anderem munter mit in die Medizinstatistiken nehmen könne. Das ideologische Gegeneinander in Stellung bringen von Schul- und Alternativmedizin, dass es in dieser Form nur im deutschen Sprachraum gäbe sei allerdings völlig unsinnig. Insofern revidiere ich auch meinen Standpunkt.

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"Fixkombi mit Vegetarismus und der Festgelegtheit auf Blümchensex"

Diese ganzen Gammelfleischmampfer kriegen doch irgendwann gar keinen mehr hoch und träumen dann nur noch davon, ein Kilo Rinderhack zu vögeln, während die Vegetarier es sich im Blümchenfeld gegenseitig richtig besorgen.

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Mit Gammelfleisch hat der seriöse Currywurst- und Kepabkommunismus nie etwas zu tun gehabt.

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@Momo"Wenn man zudem noch des Blümchensexfavorisierens bezichtigt wird, weil man I Ging, Astrologie und Tarot durchaus was abgewinnen kann, ........ dann ist es auch schwierig, dazu sinnvoll was zu sagen" ---- das ist ja nicht meine Aussage, sondern, dass ein ziemlich großer Teil der nicht mehr so ganz jungen Linken, die ich so kenne (überwiegend Leute im Alter 40-60, meist eher linksgrün oder Ex-KB, mitunter auch autonom) diese Gesamtkombi quasi automatisch mitmacht, als DAS linke Menschenbild, das pauschalisierend vertreten wird. Zwischen den einzelnen Teilen dieser Agenda wird gar nicht mehr unterschieden.

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Zwei Gründe - und ein Hoch auf Gammelfleisch
Gammelfleisch ist dank interessanter weiterer Zutaten sehr würzig und überdies ein Stahlbad für das Immunsystem!

(Pfui: immer dieses proto-rassistische Anwüten gegen Gammelfleisch...)

Che, übrigens, zur Frage nach dem Warum: Erstens, Linke sind im Schnitt aufgeschlossener als Konservative - meist sogar deutlich aufgeschlossener.

(was weder linke Spießer ausschließt, noch Leute, die ihre individuelle Sichtweise für das Maß aller Dinge halten)

Dazu kommt zweitens eine ideologische Grundstruktur bei den Linken, die ein Faible für Außenseiter und "Kleine" hat, während das Establisment i.d.R. besonders kritisch betrachtet wird.

Das erklärt imho zu einem Teil, warum es unter Linken deutlich mehr Anhänger von Alternativmedizin gibt.

(dafür gibt es unter regressiv-konservativen Rückschrittlern mehr Anhänger von "Geistheilern" und Wahrsagern)

Für weitere Erklärungen befrage man bitte Frau Irina - und ihre Deutung des Schwalbenflugs.

(und bitte kein Wort mehr gegen Gammelfleisch!)

P.S.
Che, was hast du gegen Blümchensex-Anhänger/innen?? Du wirst doch im Alter nicht langsam zum intoleranten Meckerkopp mutieren, oder?

P.P.S.
Wer heilt, hat nicht unbedingt Recht. Aber Hauptsache: Er heilt. Und dein Arzt irrt, wenn er sagt, dass die Mehrzahl schulmedizinischer Behandlungsformen nicht einmal im Ansatz evident sei. Das Schöne ist: Er muss sowas nicht wissen. Er muss einfach nur ein guter Arzt sein.

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@"Dazu kommt zweitens eine ideologische Grundstruktur bei den Linken, die ein Faible für Außenseiter und "Kleine" hat, während das Establisment i.d.R. besonders kritisch betrachtet wird." ---- Das stimmt zwar, dazu kommt aber, dass linksalternative ÖkosozialistInnen ihre Positionen oftmals als identitäres Konzept mit dem gleichen Dogmatismus vertreten wie die Generation vor ihnen den Marxismus-Leninismus.

@"Und dein Arzt irrt, wenn er sagt, dass die Mehrzahl schulmedizinischer Behandlungsformen nicht einmal im Ansatz evident sei." ---- Darum geht es nicht. Es geht darum, dass Phänomene wie "Schmerz" und "Heilung" nicht naturwissenschaftlch-objektivierbar darstellbar seien. Fleisch fängt bei 400 Grad an zu braten. Wie erklärt man es sich, dass Derwische und Fakire barfuß auf 600 Grad heißen Kohlen laufen, ohne sich die Füße zu verbrennen? Wieso kann ein Apnoe-Taucher sein Herz auf 25 pro Minute verlangsamen, obwohl auf einer Intensivstation das die Schwelle zum endgültigen Tod darstellt? Das sind Dinge, die weiß überhaupt niemand.


Vom Alter bin ich noch weit entfernt, und auch nicht intolerant. Es geht mir mehr darum, dass Andere Leute mir meine Form sexuellen Erlebens nur unter dem Aspekt zugestehen, dass sie gönnerhaft sagen "aber eigentlich gehört das therapiert."

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@"Es war mir aber schon klar, daß nun eine Antwort kommt, die unterhalb der Ebene von Leben und Tod nicht ansetzen würde und dann alle, denen Naturmedizin hilft, warum auch immer, vorsichtshalber erst mal der Beihilfe zum Mord bezichtigt-----

Habe ich ja gar nicht getan, sondern ein erlebtes Beispiel berichtet, das sich unter Leuten zutrug, die dieses Pauschalticket vertreten. Mir hat "Naturmedizin" - konkret: Akupunktur in Kombination mit Eigenbluttherapie auch schon geholfen, nämlich, meinen Heuschnupfen loszuwerden.

Und die homoöpathische "Idee" ist ja, gleiches mit gleichem zu bekämpfen, wie bei Impfstoffen auch." --- Das ist es im Grundansatz zwar, aber in Verdünnungen, die pharmazeutisch z.T. gar nicht wirksam sein können, vergleichbar einem Tintenfaß aufgelöst im Mittelmeer. Ich habe Diskussionen zwischen orthodoxen Homöopathen verfolgt, in einer "esoterischen" Phase, die ich selbst mal hatte, und da wird in der Tat davon ausgegangen, dass hier ein geistiges Heilprinzip auf die homöopathische Substanz übertragen wird, die selbst als Solche nicht wirkt. Die "Gleiches mit Gleichem"-Lehre basiert im Übrigen auf Säfte- und Fluidum-Modellen, die mit pharmakologischen Wirkstoffen nichts zu tun haben und auf Körperentwürfen aufbauen, die voraufgeklärt-mythologisch sind, Galen usw.

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@Che: Was Du da beschreibst, ist diese scheußliche Selbstgewissheit eines grün-alternativen Mittelstands, der allerlei alternative Heilansätze bewusstseinslos in ihr Weltbild integriert, weil sie, das ist die Hauptsache, nicht positivistisch-wissenschaftlich sind und auf ihre Inhalte nicht weiter abgeklopft werden.Und das wird dann in linkere Milieus weiter transportiert, mit Zeitverzögerung, d.h., wenn das bei Grünen in den Achtzigern en vogue war, ist das bei "linkeren" zehn Jahre später. Kenne ich aus der Frauinnenszene massenhaft, von fliegenden Hexen bis Shiatsu-Terror ("Du musst jetzt massiert werden").

@Loellie: Was Rumsfeld und Gates damit zu tun haben sollten ist mir jezze aber völlig unklar, Deine Meldung erscheint mir völlig sinnfrei.

@Dean: In weiten Bereichen volle Zustimmung, aber den Blümchensex-Teil hast Du mal wieder nicht verstanden;-)

Das gemeinsame Problem, das Momorules und Loellie als Schwule, ich als (partiell) sadomasochistische heterosexuelle Feministin und Che als männerrollenfeindlicher heterosexueller Mann mit BDSM-Tendenzen haben ist schlichtweg die Tatsache, dass unsere Arten von Sexualität im Normalkanon dieser Gesellschaft nicht vorkommen und/oder unter Rechtfertigungsdruck stehen, heterosexueller Normalsex hingegen als Anpassungnorm wahrgenommen wird - auch von Dir. Regard, that sexuality is as wide as the sea and morality is no norm.


@all: Diese in neuen Mittelschichtskreisen und ökogrünen Milieus verbreitete Angesagtheit von alternativen Heilmethoden in Verbindung mit bestümmten Lebens- und Ernährungsweisen erscheint mir als säkulare Religion (Schlenker Richtung Cassandra und Kritikaster), und dazu weiß ich vor allem: "Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist herzloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes."

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@ Netbitch

Mag ja sein, dass das von euch so wahrgenommen wird, aber es ist trotzdem wild herbeifantasiert.

;-)

Für mich ist heterosexueller Normalsex (was ist eigentlich Normalsex??) keine erstrebenswerte Anpassungnorm. Hatte ich nie behauptet. Ich hatte auch nie behauptet, dass Vertreter des Blümchensex grundsätzlich "gesünder" seien.

Woher auch? Kein Sex ist vermutlich ungesund - im Vergleich. Ansonsten soll doch ein jeder Jeck auf seine Weise froh werden, sofern er anderen keine Gewalt antut.

Und genau das war ein punktueller Punkt, bei dem ich sehr deutlich gemacht habe, dass ich SM-Sex (den ich als Praktik in meinem Leben nicht schätze) für eine Variante unter vielen halte. Dennoch ist die Kombination von Sex und Gewalt (erst recht, wenn sie gegen Frauen gerichtet ist) mitunter problematisch - darum gibt es ja z.B. Codewörter innerhalb der Szene bzw. diese werden von verantwortungsvollen Sexualpartnern miteinander vereinbart. Und natürlich kann es auch eine Form von Zärtlichkeit sein, seinem Sexualpartner genau den Grad an Reiz bzw. Schmerz oder Fetisch zu geben, dass er sich damit wohl fühlt bzw. die Angelegenheit geil findet.

Wo hätte ich das bestritten?

Das ist doch nur von einem ängstlichen Menschen herbeifantasiert worden, mein angeblicher Normalisierungswunsch.

Genauso wenig kannst du bestreiten, dass es - sicherlich tendenziell selten, zumal unter denen, die ihrer Neigung schon viele Jahre nachgehen - einige Fälle gibt, wo das Aufeinanderstoßen von SM-Sex bzw. Gewalt (das ist imho noch zweierlei - weil ich unter Gewalt v.a. das Nichtfreiwillige verstehe, und nicht das einvernehmlich Spielerische) problematisch ist.

Ich kenne einfach einige Fälle aus meinen Freundes- und Bekanntenkreis. Ob das generalisierbar ist? Mein Gott, woher soll ich das wissen? Ich bin kein Sexualwissenschaftler. Aber ich habe gesehen, wo Frauen schwer traumatisiert wurden, weil sie von ihrem Freund geschlagen wurden - während ebendieser Freund eigentlich dachte, man hätte sich auf ebendiese Art von Sex geeinigt. Dumm gelaufen, sogar sehr dumm. Allgemeiner formuliert: Imho sollten SM-Sex-Novizen äußerst behutsam behandelt werden. Auch kann es sein, ich kenne das von mehreren Frauen, dass sich jemand auf Sex-Praktiken einlässt, die er eigentlich nicht gut findet - z.B. aus Angst, anderenfalls seinen Partner zu verlieren.

Ist ziemlich scheiße sowas - oder bin ich ein rechtsextremer, zu PI-Gruppe gehörender Hetenfascho, wenn ich sowas sage?

Aber wo zur hoffentlich bald einfrierenden Hölle nochmal hatte ich jemals einen Normalisierungswunsch oder gar eine Forderung in diese Richtung erhoben?

Wer mich kennt, weiß: Ich mag es bunt. Ich habe in meinem Privatleben und (leider weitgehend vergangenen) Sexleben auch die buntesten Sachen erlebt. Ich weiß, dass Menschen unterschiedlich sind und auch im Sexleben unterschiedliche Bedürfnisse haben. Das ist doch auch völlig okay - oder hatte ich jemals etwas anderes gesagt??

Es wäre mir fremd, pardon. Und ich habe den Eindruck, dass Einzelne von euch, mich nicht nur missverstanden haben, sondern sogar böswillig missverstanden haben.

Das war ein Manöver - und weit weg von allem, was man in irgendeiner Hinsicht als "progressiven Umgang" oder auch nur "fair und anständig" verstehen könnte. Genauso wenig übrigens, wie das Herauskrähen von "stalinistischen Positivismus", um damit bestimmte Forschungsmethoden herabzusetzen, eine Form von "fair und anständig" darstellt. Im Gegenteil: Wer sowas veranstaltet, der ist selbst intolerant, und sogar - wenn man den Begriff weit fasst - tendenziell stalinistisch, weil derartige Vorwürfe eben dem Unterdrücken von Dialog und Gedankenaustausch dienen.

(Nebenbei: Ein Wissenschaftsverständnis, das das "positivistische" Erforschen von Evidenzen und Wirksamkeiten in der Medizin für generell verdammenswert und vermeidenswert hält, ist - wäre es ernsthaft so gemeint - lächerlich. Vollauf lächerlich. Der sogenannte "Wissenschaftspositivismus", unter dem übrigens sehr verschiedene Forschungsstile fallen, ist ein Weg von mehreren möglichen Wegen - um wissenschaftlich zu arbeiten. Und natürlich nicht der einzige Weg - aber das behaupten ja nicht diejenigen, deren Arbeit von selbsternannten Progressiven als "stalinistische Positivismus" herab gesetzt und als indiskutabel erklärt wird. Ich finde dieses unreflektierte Behaupten, dass irgendeine Forschungsmethode ablehnenswert sei, weil sie "positivistisch" sei, echt zum Kotzen - denkfaul und ahistorisch - und mit der Wissenschaftsgeschichte der Medizin kenne ich mich wirklich ein gutes Stück weit aus)

Zurück zu dem Vorwurf, ich würde andere bzw. deren Sexualverhalten normieren wollen:

Auf diese absurde, unfaire und manipulative Scheiße habe ich kein Bock - und ich kann überhaupt nicht verstehen, Netbitch, warum du bei sowas auch noch mittust. Du hättest eigentlich ziemlich früh und auch ohne diese Erklärung von mir merken können, dass ich, der Blümchensexfreund, kein Problem damit habe, wenn andere Menschen mit ihrem SM-Sex (oder was auch immer) glücklich sind.

Oder?

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@ Che
Es geht darum, dass Phänomene wie "Schmerz" und "Heilung" nicht naturwissenschaftlich-objektivierbar darstellbar seien.
Nunja - so generell, wie du das formuliert hast, ist es falsch. Natürlich kann man z.B. das Abklingen einer Hautkrankheit ("Heilung") naturwissenschaftlich-objektivierbar darstellen.

Trotzdem hast du auch Recht: Es gibt Grenzbereiche, wo durchaus unklar ist, wo etwas als geheilt gelten soll, und wo wiederum als krank. Und gerade der Schmerz ist ein vielschichtes Problem - und die Medizin ist weit davon entfernt, hier alles schon verstanden zu haben.

Aber es ist oft sehr wichtig, ungemein wichtig sogar, objektiv Wirksames von Unwirksamen unterscheiden zu können - ohne dies gibt es so gut wie keinen Fortschritt in der Medizin.

Die Sache mit den Fakiren bzw. glühend-Kohlenläufern ist meines Wissens in vielen Fällen schon geklärt. Beispiel. Wenn die Kohlen heiß genug (!) sind, kann ein kurzfristiger Kontakt mit der Fußsohle dazu führen, dass sich eine Art "Dampfkissen" zwischen Hitzequelle und Fußsohle bildet, was einige Sekunden lang eine einigermaßen verbesserte Isolierung ermöglicht. Das ist vermutlich aber ein nachrangiger Faktor. Dazu kommt eine besondere Lauftechnik, mit der die maximal mögliche Kontaktperiode etwas ausgedehnt werden kann - weil damit punktueller Druck (der zu schnellerer Erhitzung führen würde) sowie ein zu langer Kontakt mit der Glut vermieden wird. Zügiges und entspanntes Gehen ist ungemein wichtig. Dazu kommt bei längeren Feuerläufen evtl. auch eine eingeübte Schmerzunterdrückung, die (nachgewiesenermaßen) sogar dazu führen kann, dass die Entwicklung von Brandblasen verzögert oder sogar ganz vermieden wird. Auch spielt das Substrat eine große Rolle - eine glühende Metallplatte wäre tödlich, aber mit Asche bedeckte Holzkohlen isolieren die Hitze sogar ein gutes Stück, und auch die Wärmestrahlen, obwohl die Kohlen dem Betrachter glühend vorkommen. Wichtig ist auch die Durchblutung der Füße: Wenn man sich die Füße vor dem Feuerlauf warm rubbelt und durch Springen u.ä. die Durchblutung intensiviert, wird die Gefahr von Brandverletzungen stark herab gesetzt. Gerade die Füße sind sehr stark durchblutet - und damit wird die kurzzeitige Kontakthitze schnell abtransportiert (bis zum nächsten Schritt). Dazu kommt der Effekt, dass der Kontakt der glühenden Holzkohle mit dem Fuß zugleich die Hitze der Holzkohle reduziert - u.a. deshalb, weil es zu einem Luftabschluss kommt und die Verbrennung unterbrochen wird.

Also: Gute und belastbare Erklärungen gibt es manchmal eben doch. Vielleicht findest du ja dieses PDF auch interessant.

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Schade, dass diese schöne Diskussion, die sich zwischenzeitlich einem sinnvollen Konsens angenähert hatte, nun schon wieder abzugleiten droht - auch wenn mein direkter Vorredner da sicher nicht dran Schuld ist. Sei's drum - da werd auch ich noch etwas Öl ins Feuer gießen: Also, an dem Stalinismus-Vorwurf ist schon etwas Wahres dran, nämlich dass es eine stalinistisch-sophistische Arroganz gegenüber der Lebenswirklichkeit gibt, eine Arroganz, von der auch besagter ZEIT-Artikel nicht ganz frei war. Bei mir hat das sofort einen Beiß-Reflex ausgelöst - in meinem Abitur-Philosophie-Unterricht (in der DDR) haben wir jede Stunde aufs Neue völlig objektiv bewiesen, dass schwarz weiß ist und alle anderen reaktionäre Spinner.
Wie wärs also, wenn ich meine Voruteile zurückzuhalten versuche - und netbitch tut das Gleiche?

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Mir wird "Aufklärung" und "Religion" hier auch zum Teil etwas zu doktrinär und zu unspezifisch verstanden. Das changiert hier gerade zwischen "Epochenschwelle", vor der alles böse war, einem hinsichtlich Pharmaindustrie und manchen mechanistischen Menschenbildern und Institutionen der Schulmedizin ziemlich unkritischen Positivismus und Resentiments gegenüber konkreten Milieus, die mich zwar auch nerven, aber in dieser Hinsicht nun sooooo bedrohlich nun auch wieder nicht sind, wenn sie nicht in irgendwelchen Sauberkeitsfantasien abdriften.

Die Argumentation riecht entfernt nach Steffen H., und was ich mich dann eigentlich frage, ob sich da nicht genau der "magische Kreis" des Zauberers reproduziert, den Horkdorno als Umschlagen von Aufklärung in Mythologie beschrieben haben.

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"Also, an dem Stalinismus-Vorwurf ist schon etwas Wahres dran"
An einem Stalinismus-Vorwurf, wenn er gegen Che gerichtet wird, ist überhaupt nichts dran. Das ist einfach panne. Unverschämt ist es auch noch.

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Ach, lösen wir jetzt inhaltliche Fragen mit Benimm- und Höflichkeitsrüffeln und Weglassungen, kaum, daß Dean sich breit macht?

"Stalinistischer Positivismus", bitteschön. Das ist ja noch nicht Schauprozess und auch nicht Gulag, sondern Richtung Zettel.

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@noergler: Ich meine doch nicht che! Ich meine die Meinungsmacher von der ZEIT. Und ich habe das Wort "Stalinismus" aufgegriffen als Chiffre für ideologische Voreingenommenheit, Besserwisserei, Arroganz. Und das scheint mir hier tatsächlich vorzuliegen.

(Sich aufregen, hektiisch Meinungen in den Computer tippen und dann das entscheidende "nicht" vergessen!! Ich habe für solche ideologischen Diskussionen offenbar zu schwache Nerven! Tut mir wirklich Leid! ... zumal ich nur passiv erworbene Grundkenntnise in puncto Stalinismus habe ... ich überlass das Feld mal lieber den Leuten, die da mehr von verstehen.)

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Ich weise mal dezent darauf hin, dass ich die ursprüngliche Intention dieses Postings unter der Überschrift "Wer heilt, hat Recht" schon zurückgenommen habe, nachdem ich mit einem Mediziner eine Stunde über dieses Thema geredet habe und der mich damit konfrontierte, dass bei mir selbst etwas stattgefunden hat, das von Geistheilung gar nicht weit entfernt ist.


Und dass meine Genervtheit von einem bestimmten Milieu nunmal damit zu tun hat, dass von ich Kindesbeinen bis Mitte Dreißig eigentlich ständigen Erziehungsversuchen aus diesem Lager ausgesetzt war, die mitunter schon den Charakter öffentlicher Tribunale annahmen.


Btw und ich halte zum Beispiel viel von Kraftplätzen, die ich in den Bergen regelmäßig aufsuche und von Geomantie und Feng Shui. Wo soll da der stalinistische Positivismus wohnen, zumal ich völlig unstalinistisch den Argumenten eines anderen nachgegeben und einen Standpunkt geändert habe?

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Hätte der Dean sich nicht so verwirklicht, hätte ich das ja schon viel deutlicher hervor gehoben und den "stalinistischen Positivismus" längst zurück genommen ;-) - durch Netbitches "Opium für's Volk"-Zitat ist freilich ein ganz klein wenig davon zurück gekommen. Und für mich war schon eine der entscheidenden Pointen der Kritischen Theorie (wie übrigens auch der Phänomenologie nach Husserls "Krisis"-Schrift und des späten Wittgenstein), daß sie die der "Wissenschaftlichkeit" vorgängigen sozialen Prozesse thematisiert, statt selbst szientistisch zu argumentieren. Was als übergreifendes Thema ja vielleicht im Rahmen dieses Blogs von Relevanz ist.

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@Che: teilt da etwa wer meine Sympathie für einige (herrschaftskritische, dialektische, ökologische) Aspekte der taoistischen Philosophie? :-)


und so positivistisch war die stalinistische Wissenschaft(stheorie) gar nicht, sonst wäre das mit Lyssenko nicht passiert

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Evidenz in der Heilbehandlung
@ Che

Ich sehe gerade, dass dein Arzt im Grunde genommen doch recht hat - und ich mich geirrt habe:
Peter Sawicki, der frühere Leiter des IQWiG aber auch der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem schätzen die Zahl Behandlungen und Therapien, die ohne Nutzenbewertung angewandt werden, auf rund 80% aller Leistungen.
Allerdings sind hier die Kriterien sehr eng. Nimmt man hingegen an, dass auch Studien mit einem mittleren Evidenzgrad eine gewisse Aussagekraft besitzen, und nimmt man darüber hinaus an, dass abgeleitete Erkenntnisse (im Rahmen des schulmedizinischen Theoriesystems) eine gewisse Wahrscheinlichkeit haben (leider: keine Irrtumsfreiheit), dass sie zutreffen, kommt man - rund geschätzt - wohl auf 50 Prozent schulmedizinische Heilbehandlungen, die ausreichend evident sind.

Und es verbleibt eine beeindruckend große Evidenzlücke in der Schulmedizin.

(die FDP-Heinis im Gesundheitsministerium sorgen gerade dafür, dass sich diese Evidenzlücke sogar noch vergrößert - denn das ist gut für die Industrie, die dann z.B. nutzlose bzw. unklar nutzvolle Medikamente zu selbst festgelegten Monopolpreisen losschlagen kann)

Und zwischen der Evidenz von Heilbehandlungen und der tatsächlichen Heilung liegt ein weiterer, sehr langer Weg. Sogenannte "Wunderheilungen" sind in der Medizin eigentlich Normalität...

(eher nur selten folgt das komplexe biologische und medizinische Geschehen eines Menschen exakt einem theoretischen Modell - Ausnahmen gibt es häufig - und ein Heilungserfolg komplexer Erkrankungen ist in seinem Ausmaß und seiner Geschwindigkeit oft nur schwer vorhersagbar)

Das bedeutet aber längst noch nicht, dass damit alle schulmedizinische (bzw. "stalinistisch positivistische") Wissenschaft und Heilkunst erledigt ist.

Es bedeutet vielmehr: Man muss weiter fragen, weiter forschen, weiter probieren, und auch weiter Experimentieren (auch wenn das von ein paar i.d.R. wissenschaftsfernen Wirrköpfen als schändliches "positivistisches" Verfahren abgetan wird).

Es bedeutet auch nicht: Dass ein jeder medizinische Quatsch und eine jegliche Quacksalberei seine Berechtigung hätte.

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@ Momorulez

Immerhin übernimmst du von mir den Begriff "unkritischer Positivismus". Das ist ein großer Fortschritt! Dafür: Lob.

@ Entdinglichung

Tja: Es kann schon lästig sein, wenn sich ein zuvor erhoffter Konsens weiter entwickelt oder im Rahmen einer Diskussion wieder aufgegeben wird. Dafür: Mein Mitgefühl.

(aber du wirst dich schon schnell davon erholen)

Die kritische Reflektion, das Hinterfragen (auch von einvernehmlichen Konsensen), das faire Berücksichtigen auch von unpopulären oder unbequemen Sichtweisen: Das wäre übrigens links.

Jedenfalls, so wie ich es verstehe...

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Ich fürchte, hier geht einiges ziemlich durcheinander: Zum einen ist nicht alles, was als Alternativmedizin gilt, über einen Kamm zu scheren. Homöopathie ist etwas völlig anderes als ein Naturheilverfahren. Bei letzterem werden echte Wirkstoffe, nur eben pflanzlicher Natur in der Therapie eingesetzt, ersteres ist einfach nur gnadenloser Humbug.

Das heißt nicht, daß Homöopathie nicht wirkt. Sie wirkt so gut (na ja, tatsächlich etwas schlechter) als Placebos. Es gibt auf jeden Fall keine seriöse wissenschaftliche Studie, die einen Therapieeffekt nachweisen kann, der über einen Placeboeffekt hinausweisen würde.

Das interessante aber ist der Placebo-Effekt - der wissenschaftlich nachweisbar ist. Dieser verweist darauf, daß der menschliche Körper selbst in der Lage ist, Widerstandskräfte gegen Krankheiten entwickeln, wenn er dazu stimuliert wird. Und diese Stimulation kann auch geistiger Art sein, was aber rein gar nichts mit Esoterik zu tun hat.

Eine wirklich gute Therapie muß deshalb einen - um dieses schreckliche Wort zu verwenden - "ganzheitlichen" Ansatz wählen, der die Lebensumstände, die psychische Verfassung, die Ernährungsgewohnheiten etc. mit einbezieht. Und nicht nur Tabletten verschreiben. Dieser "ganzheitliche" Ansatz wird immer noch eher von den Alternativmedizinern umgesetzt als von Schulmedizinern, wobei letztere da auch inzwischen einiges dazugelernt haben.

Deshalb gehe ich auch zu einem Alternativmediziner (ein alter Genosse), weil ich mich da nicht nur als "Patientengut" behandelt fühle, und schon das allein der Genesung förderlich ist. Und wenn ich nichts ernstes habe, dann nehme ich auch seine Globuli, weil er daran glaubt und mir's nicht schadet. Wenn ich aber ernsthaft krank bin, dann will ich ordentliche Medikamente oder eine Überweisung zu einem Spezialisten. Mit dieser Regelung kommen wir beide ganz gut klar.

Disclaimer: Da ich in einem Nebenbereich der Pharmaforschung arbeite, bin ich nicht unbedingt neutral.

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Dem würde ich auch so im Großen Ganzen zustimmen. @Lyssenko: Daran wird klar, dass die Wissenschaft im Stalinismus überhaupt nicht positivistisch war. Die Wissenschaft hat sich den Auffassungen der unfehlbaren Partei unterzuordnen, das war so in etwa das Credo. @Verhalten der Haut beim Feuerlaufen u.ä.: Da gibt es aber noch ganz andere Sachen. In Malaysia stoßen sich Gläubige beim Kumb-Mela-Fest Stahlspieße durch die Zunge, ohne zu bluten. Ich selbst habe Derwische gesehen, die sich Säbel durch die Bauchhaut stecken, wo die Klinge an anderer Stelle aus dem Körper ragt, ohne dass da etwas zurückbleibt. Es hat einen Yogi gegeben, der sich durch reine Willenskraft in einen Zustand des Klinischen Todes versetzt und selbst wieder ins Leben zurückgerufen hat. Ich kannte eine Physiotherapeutin, die ihren PatientInnen handauflegenderweise die Schmerzen abgenommen hat - PatientIn war schmerzfrei, sie selber taumelte schmerzverzerrt durch die Klinik. Wie und warum das alles funktioniert ist naturwissenschaftlich nicht erklärbar, jedenfalls nicht bisher.

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@entdinglichung: "@Che: teilt da etwa wer meine Sympathie für einige (herrschaftskritische, dialektische, ökologische) Aspekte der taoistischen Philosophie? :-)
" ----Ja, gemischt mit einer Handvoll Zen.

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mit einer Handvoll Zen...

...und linkslibertärem Brauchtum!

;-)

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Oh Göttinohgöttin, heilige Zicchorie, Mutter Eris...

Dean, das hier "@ Momorulez

Immerhin übernimmst du von mir den Begriff "unkritischer Positivismus". Das ist ein großer Fortschritt! Dafür: Lob.

@ Entdinglichung

Tja: Es kann schon lästig sein, wenn sich ein zuvor erhoffter Konsens weiter entwickelt oder im Rahmen einer Diskussion wieder aufgegeben wird. Dafür: Mein Mitgefühl." halte ich für köpfchentätschelnden Paternalismus par excellence. Der große Herr der Theorie, die er freilich nicht versteht, der Schah von Kannitverstan belobigt die Fortschritte seiner Schäfchen und rügt den mangelnden Erkenntnisstand Anderer. Statt mal die Grundlagen zu studieren, anhand derer diese Leute argumentieren. Um in Per-Anhalter-durch-die-Galaxis-Begriffen zu sprechen: Es ist schwer, einen Torpedo quer zur Realität abzufeuern.

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Von Nörgler:
""Also, an dem Stalinismus-Vorwurf ist schon etwas Wahres dran"
An einem Stalinismus-Vorwurf, wenn er gegen Che gerichtet wird, ist überhaupt nichts dran. Das ist einfach panne. Unverschämt ist es auch noch."

Wow! Die Groupiefraktion kritisiert die Vernichtungsphantasien ihres Heroes. Den Tag streiche ich mir im Kalender an.

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Im Kalender anstreichen!
Wow! Die Groupiefraktion kritisiert die Vernichtungsphantasien ihres Heroes. Den Tag streiche ich mir im Kalender an.
Ich denke, da siehst du einiges falsch.

1. Es war keine "Fraktion", sondern Noergler
2. Noergler ist alles andere als ein "Groupie"
3. Nirgendwo ging es um Vernichtungsfantasien
4. Momorulez hat mit "stalinistischer Positivismus" nicht Che, sondern einen naiv-unkritischen Wissenschaftspositivismus mit unangemessenen Hegemonieansprüchen gemeint.

Genova, du bist nicht ganz auf dem Stand der Diskussion. Deine Häme ist - unabhängig von der Unfairness, mit der du behandelt wurdest: unangemessen. Sie bringt auch dich nicht voran.

Okay?

Anschließend kannst du dir den Tag gerne im Kalender anstreichen...

P.S.
Ich würde an deiner Stelle nicht allzu sehr darauf hoffen, dass du von Leuten mit einem ideologisierten und theoretisierten (das muss übrigens nicht falsch sein) politischen Grundverständnis, das teils schon identitäre Züge aufweist, vernünftig und fair behandelt wirst. Was vielleicht schmerzlich ist, wenn man sich in einigen Punkten mit diesen Leuten in Übereinstimmung sieht. Aber du solltest das Wesen der Politik kennen, zumal des Rechthabersports politischer Diskussion, und erst recht wissen, was mit Menschen passiert, wenn sich politische Ideen in Richtung einer Glaubenslehre auswachsen. Wie gesagt: Das Ergebnis davon (sowie habitueller Unverträglichkeiten sowie - deinerseits - völlig überzogener Formulierungen) mag unangenehm sein. Obendrein bedauernswert. Will man aber in politisch-ideologischen, theoretisierenden Gefilden als Gesprächspartner gut und ohne unnötige Reibungen überleben, will man als Gesprächspartner geschätzt sein, empfiehlt sich vermutlich etwas, wozu ich z.Zt. leider kein gutes Beispiel bin:

Höflichkeit, Freundlichkeit, menschliche Wärme auch politischen Gegnern gegenüber usw. usf.

Ich kenne allerdings bislang nur wenige Menschen, die das im Internet bzw. in Blogdiskussionen können (Che oder Karsten wären gute Beispiele). Überdies ist es für viele Menschen schmerzhaft bzw. unangenehm, die eigenen Überzeugungen und politischen Glaubensideen kritisiert zu sehen bzw. auf dem Prüfstand zu wissen. Und ein jeder politische Diskutanten-Jeck mag da seine eigenen Bereiche haben, wo er empfindlich reagiert. Wie gesagt: Das Fettgedruckte wäre eine Empfehlung. Und übrigens auch für mich...

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@ netbitch
der Schah von Kannitverstan (...) usw. usf.
Es ist ganz niedlich und fast schon charmant, wie du hier vor Eifer überschäumst, um einfach zu sagen:

"Dean ist eine Pfeiffe - was er sagt, verdient keine Berücksichtigung."

Wobei - es ist schon ganz schön ironisch, wenn du ausgerechnet mit so einer, ähm, "Argumentation" ausgerechnet den "paternalistischen" Ton von mir beklagst. Denn da übersiehst du drei entscheidende Punkte.

Erstens: Was du gerade anstellst, ist bereits Maximal-Paternalismus. Mir gegenüber.

Zweitens: Du hast hier zu kurz gedacht. Wenn du die Beiträge von Entdinglichung und Momorulez anschaust, auf die ich leicht paternalistisch, leicht ironisch, geantwortet habe, dann weißt du auch, warum und wieso. Und sogar, warum das - ausnahmsweise - ganz okay von mir war.

(das mag dir nicht ganz in den Plan passen - nunja...)

Drittens: Die Formulierung mit "unkritischer Positivismus" ist tatsächlich ein großer Fortschritt.

Tja: Normalerweise hätte ich das in deutlich weniger gönnerhaften Ton zum Ausdruck bringen können. Aber ich wollte einem mit mir verknatschten Mann, den ich normalerweise für seinen messerscharfen und lebendigen Verstand doch ein gutes Stück weit bewundere, einmal (nur einmal!) seine eigene Medizin verabreichen.

Netbitch, das hättest du sehen können. Und eigentlich gehe ich sogar davon aus, dass du das geahnt hast. Und im Übrigen bist du ziemlich super, finde ich.

Nichts für ungut.

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Dean (du bist doch der Katzenblogger, oder?)
du bist ein skurriler Typ und mir in Teilen wirklich sympathisch, aber leider zu devot. Vertritt doch einfach mal dein Ding, anstatt dich von außen gegebenen Diskursvorschriften zu unterwerfen, dich ständig zu entschuldigen und deine Fixiertheit auf einen vorgeblich an Heteronormatitivät leidenden Weltschmerzler zu pflegen.

Nur mal so als Tipp nebenbei.

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Dean, ich eifere nicht und schäume schon gar nicht, bin auch nicht vulgär, weil in mir gar nichts gärt, but: Du bist keine Pfeife und Deine Meinung verdient es, beachtet zu werden, Du könntest Dich aber mal mit den Grundlagen, auf denen Andere argumentieren einmal etwas näher auseinandersetzen. Zum Beispiel mit der Frage der unterschiedlichen Betroffenheit in Patriarchats- Feminismus- und Sexismusdebatten und Solchen, die sich um Schwullesbizität drehen. Ich würde es tatsächlich begrüßen, wenn Du Dir davon etwas aneignen könntest, dann würdest Du auch Kritiken von Momorules durch eine andere Brille sehen, und Richtungswechsel schärfen ja auch Verstand und Fantasie. Außerdemingens ist, wenn Du Dich schon als Freund der Ironie outest, "Schah von Kannitverstan" doch ein herrlich hochironischer Titel, den zu verleihen viel mehr Spaß macht, als vul zu gären und "Halts Maul!" zu schreiben. Was ich aber wie gesagt auch gar nicht meine - würde es vorziehen, du machtest Dir zu den angesprochenen Fragen mal ohne Wut und Eifer tiefergehende Gedanken und versuchtest einen Perspektivwechsel.

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Für Genova ist das jetzt wahrscheinlich schon das Umerziehungslager;-)

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Perspektivwechsel - und dann?
Für Genova war das hier schon immer das Umerziehungslager...

Netbitch, ich finde dich überhaupt nicht vulgär (hatte ich auch nicht geschrieben!), und wo du vulgär sein solltest, das bist du das zugleich in charmant.

Die Sache mit dem Perspektivwechsel ist - denke ich - ein guter Ratschlag. Ich hatte das mal vor rund 25 Jahren von einer von mir hoch geachteten "Emanze" gehört, während ich mit ihr im Sonnenschein im Rasen lag und zwischen den Vorlesungspausen kuschelte. Und der Ratschlag ist immer noch gut.

Aber es nicht unbedingt klar, was dabei raus kommt! Und vielleicht (dahin ging mein Reden hier) bin ich nicht der Einzige hier, dem ein gelegentlicher Perspektivwechsel gut tun würde. Ich bin auch nicht die "weiße Durchschnittshete" mit latenter Homo/Lesbophobie und massiven Normalisierungswunsch gegenüber Minderheiten, für den ich hier - von manchen - erklärt werde.

Okay: Perspektivwechsel!

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Den Dr. Dean verstehe ich kaum noch.
Früher hat er die Neoconnarden mit luziden Detailargumenten zu Paaren getrieben in einer Weise, die ihm keiner gleichtat. Das war bewundernswert, wie er die Begriffe von Liberal und Neoliberal darlegte; wie vom INSM- und "Liberal"-Bloggerrotz da wirtschaftstheoretisch nichts mehr übrig blieb.
Neuerdings, mit dieser Katzenbloggersache, und wie Dean insgesamt so agiert, weiß ich mir keinen Reim darauf zu machen.
Aber der echte, der alte Dean – er ist noch da draußen, ich weiß es.
__________________________

Wie gut, daß ich da noch meinen Kronstadt-Leichtmatrosen habe! Auf ihn ist Verlaß. Egal wie man ihn demütigt, schändet, erniedrigt und verlacht – frei von aller Selbstachtung und fern jeden Stolzes kehrt er immer wieder zurück.
Schon manchen diagnostizierte ich als Amöbe. Aber noch keiner hat sich selbst so sehr dafür gehalten.

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Einstufungsgutachten im Umerziehungslager
Meineeine versteht den Dr. Dean recht gut. Einerseits ist ihm sein Thema abhanden gekommen, seit es die rechtsliberal-konservativ-neurechte Gesamtfront nicht mehr gibt, es Verständigungen mit Bloggies und sog. Antibürokraten (die bis heute nicht begriffen haben, dass die radikal subjektivistischen bzw. basisdemokratischen Positionen von undogmatischen Linken wie Momo, Che, mir, ja auch Dean viel antibürokratischer sind als ihre eigenen, die in spießigen Staatstheoriebegriffen argumentieren) gegeben hat und andererseits die Raysons und Steffens dieser Welt immer unverblümter offen rechte Positionen vertreten und sich von anderen Standpunkten abschotten. Da versucht Dean löblicherweise, sich neu zu orientieren und sich den Positionen Anderer anzunähern, was ihm nicht immer gelingt. Wir haben da alle unsere Schwachpunkte. Genova, der die ganze Auseinandersetzung nicht kennt,interveniert auf eine Weise, die niemandem nützt und auch von niemandem erbeten wurde.

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Wieder was gelernt
Momorulez bezeichnet nun sogar seinen Busenfreund Che als Stalinisten, Nörger mich als geschändete Amöbe und Netbitch stört sich daran, dass ich mich dazu äußere, obwohl es nicht erbeten wurde.

Nörgler, das ist unter deinem Niveau, du hast mehr drauf, da bin ich mir sicher. Streng dich bitte an.

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Es stimmt, Che, ursprünglich waren Astrologie und Astronomie eins und so konnten Astrologen den Zeitpunkt des Erntebeginns oder des Nilhochwassers so gut vorhersagen wie die Astronomen. Aber seit diesen Ursprüngen hat sich der Frühlingspunkt auf der Ekliptik um gut 30° verschoben, was die Astrologie bis heute nicht berücksichtigt. So stand die Sonne zum Zeitpunkt meiner Geburt mitten im Sternbild Wassermann, aber die Astrologen beharren darauf, sie hätte im Sternbild Fische gestanden. Begründung: Darum!

Aber abgesehen davon: Die Linken mögen ja gerne bei ihren harmlosen esotherischen Verklärungen bleiben, viel gefährlicher sind die Rechtsextremen mit ihren obskuren (Dr. Hamer etc.) Ansichten über AIDS, Krebs, Impfungen und Schulmedizin allgemein. Da kann es einen wirklich grausen, da wünscht man, sie würden tatsächlich an solchen Krankheiten leiden, um sich bei Dr. Hamer in Behandlung zu begeben.

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@Microgod:

Das stimmt nicht, daß irgendein Astrologe behaupten würde, sie habe im naturwissenschaftlichen Sinne in den Fischen gestanden, die Sonne. Die verschobene Ekliptik weiß da jeder; Kuriosum ist, daß aus Perspektive der Astrologie das Berechnen der Horoskope auf neuer Grundlage der aktuellen astronomischen Daten keine "richtigen Aussagen" ermöglicht. Weil sie eben auf Analogieschlüsse zielt und "eigentlich" keine kausalen Behauptungen aufstellt.

Was nun alles verhältnismäßig harmlos ist, was auch jeder gerne für totalen Kapserkram halten kann, aber Gott, wem's hilft; der Punkt, wo Mythos politisch und gefährlich wird, ist zumindest nicht in der Astrologie angelegt. Weil das "kollektive Unbewußte" (C.G. Jung) keine "Schicksalgemeinschaft" meint, z.B.. Die moderne Astrologie ist auch weder deterministische noch fatalistisch. Daß man sie so mißverstehen kann, klar. Spuren magischen Denkens findest Du aber eh immer und überall. Gerade bei Szientisten.

Und es macht auch keinen Sinn, Astrologie mit naturwissenschaftlichen Methoden wie der Astronomie kritisieren zu wollen. Das sind zwei völlig verschiedene Logiken.

Statistiken haben sie eher bestätigt, als z.B. mal jemand, der sie widerlegen wollte, signifikante Korrelationen zwischen Planetenstellungen und Berufswahl heraus fand. Finde ich aber auch überflüssig, "Weisheitslehren" sind halt eher auf ihrer eigenen Ebene angesiedelt.

"Philosophische Hausapotheken", Sloterdijks "Du mußt Dein Leben ändern" und manche Formen des Gesundheitsterrorismus sind viel wirkungsmächtiger. In der Analogiesprache der Astrologie gibt es wenigstens auch Ämter, Richter, Gesellschaft, Regierungen und Revolutionen, und sie proklamiert eher das Unkonventionelle.

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Ein bißchen fehlt mir ja, als in der Wolle gefärbtem Atheisten und Verächter allen religösen oder esoterischen Hokuspokus, momorules Konzilianz. Allerdings lohnt es sich tatsächlich nicht, sich darüber aufzuregen, die Empörung ist allzu billig. Allerdings finde ich schon, daß man sich über Freunde der Esoterik nach Strich und Faden lustig machen darf. Sehr nett hat das Christopher Brookmyre in Attack of the unsinkable rubber ducks gemacht, den ich hiermit zur Lektüre empfehle:

http://www.brookmyre.co.uk/books/attack-of-the-unsinkable-rubber-ducks/

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@ momorules

nein, die Astrologen behaupten nicht, die Sonne habe im naturwissenschaftlichen Sinne in den Fischen gestanden. Aber es gab einmal eine Zeit, in der sie es taten, als die Astrologen zugleich Astronomen waren, den Lauf der Gestirne erforschten, die Bewegungen der Planeten sowie der Sonne durch den Tierkreis erkannten, die Gesetzmäßigkeiten benannten und so überhaupt erst die Grundlagen der Astronomie schufen.

Ich frage mich, wann und warum die Astrologen aufgehört haben, die Realität am Himmel zur Grundlage ihrer Arbeit zu machen. Geschah dies zur Zeit der kopernikanischen Wende, um ihren Horoskopen eine ptolemäische, katholische Korrektheit zu verleihen?

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Die große Verarschung ist bei Eso inklusive
@ Genova

*seufz*

Ich nähere mich dem Punkt, wo ich die Formulierung "geschändete Amöbe" für äußerst treffend halte.

@ Microgod

Ich denke, Eso-Medizin ist nicht nur bei Rechtsextremen gefährlich. Sowas wie die "Neue germanische Medizin" (gibt es das eigentlich noch?) ist natürlich extrem und ein Verbrechen.

Aber derartige Verirrungen sind nicht allein Rechtsextremisten vorbehalten. Ich denke, überall, wo Eso-Medizin in Konkurrenz zu seriöser Schulmedizin tritt, wird es gefährlich - und zwar ansteigend mit der Schwere der Erkrankung.

In den Augen der Menschen, die an Eso-Medizin glauben, handelt es sich bei Eso-Medizin auch nicht um amüsante Sprachspiele (u.ä.), sondern auch um ein kausales bzw. magisches Erklärungsmodell von Krankheit und Heilung, das teils so weit als zutreffend gewähnt wird, dass damit Vernunft und Vorsicht vollkommen ausgeschaltet werden.

Und so passiert es eben, jedes Jahr vieltausendfach, dass die Eso-Mutter das Kind mit der Mittelohrentzündung zum Heilpraktiker schleppt, statt zum Arzt. Manchmal (verblüffend oft sogar) geht das gut, was aber keine gute Nachricht ist. Denn am Ende resultiert dieser Irrsinn in hunderfachen chronischen Erkrankungsverläufen und vieldutzendfachen bleibenden Hörschäden für die betroffenen Kinder, die dann in der Folge in der Schule kaum noch mitkommen können - was weitere Folgen hat.

Diejenigen Eso-Mütter und -Väter, bei denen das grausame Vorenthalten einer schulmedizinischen Behandlung zu keinen bleibenden Schäden für ihre Kinder geführt hat, die verbreiten in Folge munter die Mär, dass man bestimmte Formen von Eso-Medizin bzw. Heilpraktikertum problemlos an Stelle von "böser" Schulmedizin einsetzen könne. Und wie gut das sei. Und ganz ohne schädliche Medikamente usw. usf.

Es gibt sicherlich auch viele aufgeklärte Mütter/Väter, welche die Grenzen von Eso-Medizin gut einschätzen können, und auch sehr viele verantwortlich handelnde Heilpraktiker, welche das Kind mit einer fortdauernden Ohrentzündung dann doch zum HNO schicken.

Aber es gibt jede Menge Irrer (auch unter den Medizinern und Heilpraktikern), die Eso-Medizin und alternative Medizin nicht als Ergänzung mit bestimmten Grenzen auffassen, sondern sogar als vorrangige medizinische Alternative.

Bei sowas verstört mich es doch ein wenig, wenn man diesen zumeist tumben Hokuspokus den Ehrentitel einer "alternativen Logik" verleiht oder sie als harmlose Parallellogik auffast. Eso-Medizin ist i.d.R. keine Weisheitslehre - und basiert oft (natürlich nicht immer) eben nicht auf Erfahrungswissen. Magisches Denken mag die zahlreichen Lücken füllen, die bei der natürlich beschränkten Anwendung von Vernunft verbleiben - auch der dazu scheinbar alternative Glaube daran, dass man die meisten Erscheinungen in der Welt bereits naturwissenschaftlich erkären könne, beinhaltet in gewissen Maß ein magisches Weltverständnis. Der Punkt aber ist, dass magisches Denken zumeist vernunftverdrängend wirkt.

(Kleiner Exkurs außerhalb der Medizin: Ich würde z.B. behaupten, vereinfacht formuliert, dass Neoliberalismus in vielen Bereichen eine Form des magischen Denkens darstellt bzw. einer massiven und zugleich magischen Überschätzung der Erklärungspotentiale der vereinseitigten Modellwelt des Neoliberalismus, oder anders formuliert, eine Mischung aus Scheinrationalität, politischer Theologie und magischen Denken)

Besonders zum Kotzen sind natürlich diejenigen, welche finsteren Hokuspokus mit ihren Patienten veranstalten, und sie vor der "verjudeten Schulmedizin" warnen bzw. abhalten.

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@microgod:

Weil Astrologie auf Erfahrungen und Gelebtem basiert, funktionierte die Kopplung an das Astronomische nicht mehr. Das, was aktuell - zumindest größtenteils - gelehrt wird, das hat sich eher als Seitenzweig der Psychologie in den 60er Jahren, der Hippie-Ära, formiert. Da findet Du massenhaft Jungianer, aber auch solche, die mit den Integrationsmodellen der Gestalttherapie arbeiten, was ich individuell als ungemein hilfreich erlebt habe. Ohne es jemandem aufschwatzen zu wollen.

Und sie arbeitet mit Himmelsbeobachtungen wie "Die Sonne geht nach der Geburt im zwölften Haus auf, was will uns das sagen?" Analogie. Und ein wenig Kybernetik.

Dean hat ja halb recht mit folgendem:

"Der Punkt aber ist, dass magisches Denken zumeist vernunftverdrängend wirkt."

Nur halb, weil "zumeist" nicht sein muß. Aber natürlich sein kann. Und da koppelt sich das häufig an die Vernunftkritik aus dem Geiste der Romantik (Epoche ist gemeint), was von Anfang an in der Ökobewegung als konservative Unterströmung präsent war, und das ist ja das, was Che meinte im Ursprungseintrag. Das operiert dann oft in Oppositionen wie "warm"/"kalt", so emotivistischem Schnickschnack, und nervt, weil es beschwört.

Alter Bolschewik hat aber prima gezeigt, wie man das auch aus anderem Geiste angehen kann. Und dann kann man "magischen Bedürfnissen", dem Narrativen und dem Analogen auch Raum geben, so what. Dieser staatsanwaltliche Tonfall in der Anprangerung ist auch oft so, na ja. Naturwissenschaft ist u.a. schließlich auch aus der Inquisition entstanden ;-) - die Kosmologien nun allerdings gerade nicht. Und aus der Alchemie auch. Und als Astrologen noch Astronomen waren, da dachte man auch, mit Walnüssen Hirnkrankheiten heilen zu können, weil das Walnussinnere eben ähnlich aussah. Da ist es ganz spannend, Foucaults Darstellung des Denkens vor der Klassik in "Die Ordnung der Dinge", Renaissance nennt er das, glaube ich, zu lesen. Naturwissenschaft war ja auch nicht immmer das, was wir heute glauben, das sie es immer schon gewesen wäre.

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@Dean&microgod: Leute wie Dr. Hamer fielen mir da auch schon ein, und in der Linken dann etwa vegane Mütter, die sich weigern, ihre Babies zu stillen und ihnen stattdessen Sojamilch geben. Fing mir schonmal die Bezeichnung "autoritäres Arschloch" ein, als ich meinte, denen gehöre das Sorgerecht entzogen. Auch bei meinem Freund, der keine Stammzelltherapie machte ging es ja nicht darum, dass er von seiner Freiheit den Tod zu wählen Gebrauch machte, sondern dass er sich statt der Stammzelltherapie für Naturheikunde entschieden hatte. Die Einflüsse von esoterischem Denken in links-alternativen Kreise und deren oftmals antisozialen und entsolidarisierenden Konsequenzen hat ja Jutta Ditfurth in "Entspannt in die Barbarei" gut auf den Punkt gebracht, auch wenn ich der nun wirklich einen erzdogmatischen und gänzlich toleranzbefreiten Positivismus bescheinigen würde. Esoterische Medizin geht z.B. eher in der Regel als in Ausnahmefällen davon aus, dass Krankheiten selbsterzeugtes Karma seien und der Raucher seinen Lungenkrebs verdient hätte als Strafe für Fehlverhalten oder dass Leidvermeidung falsch sei, weil Leiden dazu da sei, den Menschen zu erziehen, zu prüfen und innerlich wachsen zu lassen und daher auch soziale Sicherungssysteme falsch seien. Solches Denken ist in grün-alternativen Kreisen implizit, nämlich durch die Popularität esoterischer Medizin und esoterischer Psychologie, die von Leuten entwickelt wurden, die genau solche Sachen vertreten sehr verbreitet, nur dass diese Konsequenzen aufgrund verbreiteter theoretischer Schlumpfigkeit kaum bekannt sind. Da war ja schon in den 70ern in Späthippie-Kreisen Thorwald Detlevsen, der diese Grundsätze esoterischer Medizin und Psychologie explizit ausformuliert hatte ein Kultautor. New Age ist auch vom Menschenbild einer Ayn Rand nicht allzu weit entfernt. Wir brauchen gar nicht Thor Steinar oder Thule zu nehmen, das Normalesotum im Ökoladen-Umfeld basiert zum großen Teil auf solchem Gedankengut, und zu derartigen Inhalten gab es schon Schulungen bei der Böll-Stiftung.

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Du meinst Thorwald Dethlefsens "Krankheit als Weg", vermute ich, ein wirklich grauenhaftes Machwerk. Das alles jetzt aber wieder zur großen Nazi-Sauce zu verrühren und einen invertierten Heimatfilm zu erzählen, das macht nun so viel Sinn auch nicht. Das ist dann eben die beklagte Teufelsaustreibung, nur umgekehrt. Frei nach dem Motto "man darf Bauhaus nicht hören, weil es unter den Gothics auch Nazis gibt".

Finde ich selbst etwas puritanisch. Dann doch lieber Witze reißen wie der Alte Bolschewik und bei denen konkret angreifen, die nach Thule schielen.

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Nein, ich meine Dethlefsens "Schicksal als Chance". Ich verrühre das eben gerade nicht zur großen Nazi-Soße, ich habe bewusst geschrieben dass man eben nicht nach Thor Steinar und Thule gucken muss, sondern emanzipationsfeindliche Esoterik in ganz anderen Bereichen finden kann. Und dieses Buch war eben seinerzeit in politisch den Grünen nahestehenden Ökokreisen sehr beliebt, vorzugsweise in der Intelligenzia und auch und gerade bei Leuten in Heilberufen. Kannte etliche KGs, die darauf abfuhren. Und wenn man z.B. sieht, wer so alles von der Anthroposophie beeinflusst ist und dann Rudolf Steiner selbst mal gelesen hat, so ist auch das ein Komplex, den man weder als bedeutungslos ansehen noch für harmlos halten kann. In den Welten kenne ich mich nun wirklich aus, ich bin als junger Erwachsener einige Jahre zwanghafter Anhänger einer gnostischen Lehre gewesen. Kann da nur sehr das Ditfurth-Buch empfehlen, auch wenn da Vieles verkürzt wird.

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"Schicksal als Chance" habe ich sogar mal gelesen, ist allerdings eine Weile her, da erläutert er vor allem die Sätze des Hermes. Das konnte ich so dramatisch nicht finden. Was daran "emanzipationsfeindlich" ist, weiß ich auch nicht. Kann das nicht sein, daß da alte, gnostische Versatzstücke durchschimmern in Deiner Bewertung? ;-)

Und Frau Blavatsky, die alte Kuh, die Ausfälle Steiners usw. sind mir schon auch geläufig, auch wirkungsgeschichtlich - aber inwiefern das nun unter Bedingungen der Aktualität "nicht harmlos" ist und in welcher Hinsicht, das hat sich mir auch Frau Dithfurth zum Trotze immer noch nicht erschlossen. Ich verstehe die Argumente, daß manche auf Schulmedizin mit schlechten Gründen verzichten, und daß das im Konkreten sehr problematisch sein kann - was ich von Waldorf-Schulen höre, finde ich trotzdem oft ganz gut. Mal ab davon, daß sich da dann wieder die Kids besserverdienender Bildungsbürger abschotten, das ist aber eine aus ganz anderen Gründen zu kritisierende Praxis.

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Emanzipationsfeindlich: In Schicksal als Chance steht, dass Leidvermeidung grundsätzlich falsch sei, weil sich das Karma des Menschen durch Leiden erfülle, deshalb seien auch alle medizinischen Verfahren im Irrtum, die den Schmerz ausschalten wollten. Menschen, die Krebs bekämen seien in gewisser Weise selber Krebs, der Tumor entspräche ihrer Identität, daher sei es sinnlos, sie behandeln zu wollen, bzw. die Heilung erfolge, wenn der Mensch seine innere Einstellung ändere, und zwar nur durch die Änderung der inneren Einstellung.

Kerngedanke der Anthroposophie wie auch der Gnosis ist in beiden Fällen, dass die wahre Wirklichkeit eine reine Geisteswelt sei, wobei Geist nicht Verstand oder Intellekt bedeutet, sondern nach Auffassung "harter" AnthroposophInnen wie sämtlicher Gnostiker nur dann in der exoterischen Sprache gemeint ist, wenn der Begriff ein körperloses Wesen bezeichnet. Diese reine Geisteswelt ist zugleich eine Lichtwelt, die zeitlos ist. Der Mensch ist ein Lichtwesen, das aufgrund einer Entfremdung von Gott oder aufgrund irgendeines Felhverhaltens in der Lichwelt in die körperlich-materielle Welt (die eigentlich gar nicht existiert, sondern eine Täuschung ist, was man daran erkennt, dass in ihr Dinge vergänglich sind,während die Wahrheit und Wirklichkeit ewig ist) verdammt wurde und dessen Erlösung darin besteht, sich durch Erwachen im Geiste von der körperlich-materiellen Welt wieder zu befreien und wieder zu einem körperlosen Lichtwesen zu werden, möglich sei es auch im Diesseits sich in einen körperlich unsterblichen Menschen zu verwandeln. Die Hoffnung auf die Herbeiführung einer gerechten oder gar idealen Gesellschaft sei eine unerfüllbare Illusion und grundätzlich abzulehnen, weil sie vom wahren Ziel, dem Erwachen im Geiste und der Rückkehr in die Lichtwelt ablenke. Politische Veränderungen in der materiellen Welt seien nur insofern wünschenswert, als dass sie das Erwachen der Seelen und die Rückkehr in die ewige Welt begünstigen sollen. Bei der Anthroposophie kommen dann noch feinstoffliche und feinststoffliche Welten hinzu (Äther- und Astralleib), die andere Existenzebenen neben der körperlichen darstellen und höher und wahrer als diese, aber von der Geisteswelt getrennt sind. Auf diesen Existenzebenen spielte sich das Okkulte ab, auch Homöopathie ist in diesem Sinne ein Verfeinstofflichen der heilsamen Substanz, die durch immer weitere Verdünnung astrale Kräfte gewinne. Die Menschen hätten als astrale Wesen begonnen, deren erste "Wurzelrasse", die Rmoahals, schon zu Saurierzeiten die Erde betreten hätten und wie riesige schwebende Eier ausgesehen (abgesehen davon, dass ein heutiger Mensch sie gar nicht hätte sehen können). Als weitere "Wurzelrassen" seien dann Lemurer, Atlanter, Tolteken und Semiten erschienen und zuletzt die Arier, und wir lebten in der Zeit des allmählichen Absterbens der semitischen und des endgültigen Aufstiegs der arischen "Wurzelrasse", die auch vorangebracht werden müsse um der geistigen Erlösung der Menschheit willen.

Kernaussage der Anthroposophie wie auch moderner gnostischer Lehren ist, dass diese jeweilige Lehre die dem Massenmenschen ungeoffenbarte eigentliche Wahrheit hinter allen Religionen sei. Schulfächer wie etwa die auch an Waldorfschulen gelehrte Eurythmie sollen dazu dienen, Kinder auf das Erwachen im Geiste vorzubereiten.


Btw. was ich immer so erschütternd fand und finde ist die Tatsache, dass New-Age-AnhängerInnen meist locker und entspannt meinen, na ja, Steiner, Capra, Dethlefsen, Sheldrake, das seien einzelne Facetten der noch unergründeteten dunklen Weisheit, die man häppchenweise konsumieren könne und aus denen sich Lebensweisheiten für den Alltag ableiten lassen, während ein Steiner, und auch Dethlefsen habe ich so verstanden, von sich selber sagte, die einzige und alleinseligmachende kosmische Wahrheit zu verkünden. Das Totalitäre der Lehre (der Katholizismus ist locker dagegen) ist den hippieliken Esofreunden gar nicht klar.

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Laut klappernd in der Akasha-Chronik geblättert
Wow, Che, das ist aber mal ne richtig gute Darstellung! War das eigentlich in Deinem Freundeskreis, dass son Eso unter mystischen Gesängen das Plakat einer Metalband in der Badewanne verbrannt hat?

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@Che:

Kann das nicht sein, daß Du ein wenig das, was von mir aus in anthroposophischen Büchern steht, und das, was irgendwelche Waldorfmäßig angehauchten Kita-Müslis wirklich denken und anhand welcher Kriterien sie Welt betrachten, kurz schließt?

Bemerkenswerterweise kannst Du ja aus jeglichem Kontext irgendeine Rassenlehre hervor zaubern, kann das nicht sein, daß Du manchmal ein wenig Deinen Forschungsbereich im engeren Sinne etwas überdehnst und daraus ganze Weltdeutungen ableitest?

Ich esoterische Kuh habe ja nun allerlei Literatur aus entsprechenden Regalen gelesen, mir ist diese Quasi-Religion, die Du schilderst, so tatsächlich noch nicht über den Weg gelaufen. Solche Weltbilder in den Köpfen habe ich zumindest noch nie gehört. Martin Marheinicke z.B. kennt da allerdings auch Ecken, die mir unbekannt sind und finsterer.

"In Schicksal als Chance steht, dass Leidvermeidung grundsätzlich falsch sei, weil sich das Karma des Menschen durch Leiden erfülle, deshalb seien auch alle medizinischen Verfahren im Irrtum, die den Schmerz ausschalten wollten. Menschen, die Krebs bekämen seien in gewisser Weise selber Krebs, der Tumor entspräche ihrer Identität, daher sei es sinnlos, sie behandeln zu wollen, bzw. die Heilung erfolge, wenn der Mensch seine innere Einstellung ändere, und zwar nur durch die Änderung der inneren Einstellung."

Den ersten Teil findest Du mit gänzlich anderer Conclusio auch bei Schopenhauer, im Hinduismus and so on. Auch jeder ernstzunehmende Therapeut wird Dir bestätigen, daß Leid eben zum Leben auch dazu gehört und es zu schweren Neurosen führen kann, ständig Situationen auszuweichen, die zu Leid führen könnten (z.B. Liebesbeziehungen, sich mit de Chef streiten etc.). Und daß es auch keinen Sinn macht, Leid wegzudrücken und sich mit ihm nicht auseinanderzusetzen. Weil man dann ggf. ein Magengeschwür bekommt.

Was nun allerdings bei Krankheiten wie Krebs ziemlich idiotisch ist, das nun auf schmerzstillende Mittel zu beziehen, in dessen Fall es meines Wissens eher unter Schuldmedizinern umstritten ist, ob man da nun ruhig kiffen sollte oder Morphium okay ist - wegen der Anhängigkeitsgefahr, die behauptet wird.

Und die Pointe ist ja eine ganz andere, nämlich das "wie oben so unten": Es gibt verschiedene "Seinsebenen", auf denen sich jeweils so etwas wie eine aktuelle "Aufgabenstellung" ergibt. Gestirnstände, Tarotkarten etc. zeigen diese dann an; man spricht von "Entsprechungen". Darüber schreibt er ausführlich.

Saturn in den Zwillingen steht in Oppostion zu Pluto im Schützen, Saturn steht für Struktur, Pluto für "Stirb und Werde", tief sitzende Wut und Zerstörung, Schütze für Glaube - die Zwillingstürme werden von religiösen Fanatikern zum Einsturz gebracht. Das war die Konstellation damals.

Ich überlasse dem Alten Bolschewiken jetzt gerne die Witze, weil man das auch tatsächlich witzig finden kann; wichtig ist, daß das keinerlei politische Implikationen hat. Es zeigt nur, daß was passiert, und welche Form das hat, was passiert.

Neuerdings reden da alle von "Zeitqualität", die man nützen könne, um zu "wachsen" - indem man sich der Erfahrung, mit der man konfrontiert wird, auch stellt, etwas aus ihr lernt, und um zu verstehen, was die Erfahrung bedeuten könnte, dazu gibt es dann Hilfsmittel. Jung hat das vornehmer "Synchronizität" genannt, also Gleichzeitigkeit.

Homoöpathie habe ich auch immer nicht als Geistübertragung, sondern als Stärkung der Abwehrkräfte begriffen: Durch den Wirkstoff werden sie mobilisiert.

Worauf all die "Lehren" hinaus laufen: Mach Dir zueigen und handle selbst, als etwas von außen auf Dich zukommen zu lassen. Wenn Uranaus kommt, wird sich irgendwas Revolutionäres ereignen, also kannste auch gleich selbst eine neue berufliche Laufbahn einschlagen, anstatt Dich kündigen zu lassen oder ggf. einen Unfall zu erleben, der Dich zur Umschulung zwingt.

Krankheit würde dann in diesem Zusammenhang verstanden: Warum habe ich gerade jetzt genau diese Krankheit? Wobei hilft die mir vielleicht sogar, was hilft sie mir vermeiden, was bekomme ich an Zuwendung, die ich sonst nicht bekäme? Usw.

Das ist nun nicht sooooo weit weg von anderen psychologischen Ansätzen. Nur daß hier hinzutritt, daß Drogensucht und künstlerischer Selbstausdruck die Entsprechung des selben Prinzips sind. Dann kann man auch gleich Künstler werden ;-) ...

Ich habe Dethlefsens Buch so in Erinnerung, daß er solche Grundsätze erläutert, die man allesamt total beknackt und zum Brüllen komisch finden kann. Aber das ist für mich halt "Weisheitslehre" und hat mit emanzipatorisch oder auch nicht gar nix zu tun. Mit Uranus am Aszendenten sollte man lieber nicht in einer Bank arbeiten.

Bei wirklich schweren Krankheiten stößt man da freilich an eine Grenze. Aber auch Tod ist ja nun in dieser Kultur eher etwas Verdrängtes, Vorstellungen von Wiedergeburt thematsieren ihn wenigstens noch.

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PS: Das mit der Alleinseligmachung stimmt, er behauptet, in den Sätzen des Hermes würde alles Wissen dieser Welt stecken. Aber mir wäre nicht bekannt, daß diese Formen nun mit jenen institutionellen Machtstrukturen gekoppelt auftreten würden, wie dieses z.B. bei den Evangelikalen der Fall ist. "Totalitär" ist eben die Umsetzung der Ideologie, nie nur diese selbst.Die Neoliberalen sind totalitär, weil die sie ökonomische, administrative und militärische Macht besitzen, den Quatsch auch umzusetzen, den sie quasseln. Wir wollen doch jetzt nicht wie G-Punkt den Gulag unmittelbar aus den Sätzen Marx' springen lassen.

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@"Bemerkenswerterweise kannst Du ja aus jeglichem Kontext irgendeine Rassenlehre hervor zaubern, kann das nicht sein, daß Du manchmal ein wenig Deinen Forschungsbereich im engeren Sinne etwas überdehnst und daraus ganze Weltdeutungen ableitest? " --- Das kann nicht sein, weil ich nämlich selber Anhänger einer solchen Weltdeutung war, lange Zeit bevor ich meine Forschungen betrieb, nämlich im Alter von 17-20. Ich schließe Steiners Lehre mit den Waldorfschulen und -Kindergärten gar nicht kurz, ich habe lediglich auf den Ursprung der Eurythmie hingewiesen und nicht Waldorfschulen insgesamt verdammt. Ich würde allerdings sagen, dass die Grundausrichtung der großen klassischen esoterischen Hauptströmungen, also Theosophie, Antroposophie, Hermetic Oder of the Golden Dawn, Ordo Templi Orientis, Baird Spalding usw. die Umkehrung des Befreiungsversprechens linker oder liberaler Strömungen war: Es hat keinen Sinn, eine gerechtere Gesellschaft zu errichten, weil die Erlösung der menschlichen Seele nicht von dieser Welt und nicht in dieser Welt zu finden ist, die Abkehr von der Welt und die Sinnsuche in der Unio Mystica muss daher das Ziel sein. Das "Gespenst der Freiheit", die Vorstellung, gerechte Gesellschaften errichten zu können, wird als verführerische Ablenkung vom mystischen Pfad angesehen.

Btw. was die Ansichten und das Leben Dethlefsens angeht, schlag seinen Namen mal bei Wikipedia nach, da steht einiges über den.


Btw. die Esoteriker, mit denen ich damals zu tun hatte, rechtfertigten alles mit Schicksalsmächten. Frau Totgeburt gehabt? Das musste jetzt so sein, das war ihr selbstverschuldetes Karma, daher gibt es keinen Grund, sie zu bemitleiden, und sie soll sich nicht so anstellen. Auch die Atomraketen, gegen die ich zu Unrecht protestierte (das waren jetzt keine grünen Esos, sondern hardcore-mystische), würden sicherlich noch einmal zu irgend etwas gebraucht werden, auch sie gehören in den Schicksalsplan der Menschheit. Blinddarm besser nicht rausnehmen, auch wenn keine Funktion dieses Organs zu erkennen wäre, er sei nicht ohne Grund in unserem Körper, es müsse eine geistige, außersinnliche Bedeutung dafür geben, und nur die zähle. Und so weiter und so weiter.

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@Netbitch, ja, ganz Recht, dieser Tarotkartenleger hatte in einer WG, die ihn als Gast einige Tage beherbergte, ein Plakat mit satanischer Symbolik von der Wand genommen und rituell eingeäschert.

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Adorno übrigens, der sich mit Theosophie, Anthroposophie,Neugnosis usw. auskannte bezeichnete diese als den Gegenentwurf zur Aufklärung.

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@momorules, 17 Uhr 15
Guter Punkt. Es mag durchaus sein, dass manches Eso-Zeug von der Quelle her totalitär oder hochdogmatisch daherkommt.

Aber auf der Rezipientenseite - da nehme ich jetzt mal den Eso-Tanten-Teezirkel im Freundeskreis meiner Mutter - herrscht fröhlichster Eklektizismus, man pickt sich heraus, was grad passt, und das Neueste muss nicht unbedingt 100-pro kongruent sein mit dem, was neulich im Seminar im Haus "Lichtquell" gelehrt wurde. Da werden Widersprüche zwischen verschiedenen Gurus und ihrer Lehren mehr oder weniger gar nicht wahrgenommen. Ob Blavatskis "Geheimlehre" auch nur entfernt mit dem "Kurs in Wundern" inhaltlich kompatibel ist, interessiert da gar nicht so sehr - denn, hey, letztlich ist doch "alles eins".

An die Lehre von Wurzelrassen glaubt in diesen Zirkeln niemand. Aber ein paar von diesen Tanten gegenüber musste ich sehr energisch in Abrede stellen, dass mein Töchterlein ein Indigokind oder etwas in der Art ist.

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Einerseits würde ich momorules rechtgeben: Man kann auch die Kirche im Dorf lassen und muß den ganzen Esoterikklimbim nicht gleich als politisch rechts bis rechtsaußen verorten. Andererseits würde ich diesen ganzen esotrisch-reliösen Komplex aber auch nicht zu sehr verharmlosen: Aus meiner Sicht handelt es sich dabei schon um Formen selbstverschuldeter Unmündigkeit, die einer aufklärerisch-emanzipatorischen Perspektive im Weg stehen.

Nur glaube ich nicht, daß man diesem ganzen Aberglaubens direkt zu Leibe rücken kann. Irgendwer hat mal geschrieben, die Religion sei der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Opium des Volkes. Und hier liegt, glaube ich, der springende Punkt: Esoterik (ich rechne mal die Religion großzügig mit dazu) ist kein Verhalten sui generis, sondern ein Symptom. Ganz reale und begründete Ängste suchen sich eine abstruse und illusorische Form, in der sie artikuliert und psychisch bewältigkbar gemacht werden können.

Deshalb kann man den Aberglauben meines Erachtens nur bekämpfen, wenn man reale Perspektiven aufzeigt, wie die Ängste, die sich eine religiöse oder esoterische Ausdrucksform suchen, auch ohne allen Mumpitz in einer solidarischen Gesellschaft aufgehoben werden können.

Wenn man das so betrachtet, sieht man allerdings auch, daß das niemals vollständig gelingen wird: Die Angst vor Krankheit und Tod wird auch die beste Gesellschaftsform nicht bannen können. Ich tendiere in diesen Fragen allerdings eher zu einer stoischen als zu einer esoterischen Haltung. Aber das ist vielleicht nur eine Temperamentsfrage.

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Genau dieser Eklektizismus auf der Rezipientenseite ist es ja, was mich so auf die Palme bringt.Hatte ich oben ja schon geschrieben. Die kriegen gar nicht mit, dass ein Teil der Systeme, mit denen sie da spielen, auf Lehren beruhen, die in ihrem Kern vorgeben, die Welt grundsätzlich anders zu erklären als die Wissenschaft, deren Verkünder als Seher, Eingeweihte und Erleuchtete auftreten und für sich den Anspruch haben, je eine widerspruchsfreie Wahrheit zu verkünden, die der wahre Kern hinter den Religionen sei. Und die übrigens von ihren AnhängerInnen auch erwarten, dass diese ihr persönliches Leben auf diese Lehre ausrichten und einem asketischen Lebensweg folgen (asketisch nicht im Sinne von spartanisch leben, sondern im Sinne von ihr Leben einer religösen Lehre weihen).

Gut, wenn alles eins ist, kann man sich ja auch mal ein wenig Scientology herauspicken und ein wenig Jehovas Zeugen und ein bißchen Hare Krishna und fröhlich rumprobieren, warum nicht? Oder man macht das mit unterschiedlichen politischen Ideologien, beweg Deinen Hintern, tanz den Mussolini!

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@Alter Bolschewik: Politisch rechts bis rechtsaußen verorte ich den ganzen Esoterikkrempel gar nicht (zumindest den, den ich selber mitbekam, ich meine jetzt wirklich die sektenhaften großen Denksysteme und nicht Bachblütentherapie, Astrologie oder Reiki, nicht, dass man mich da jetzt misversteht) sondern als apolitisch in seiner höchsten Form: Da die materielle Welt letztendlich nur eine Welt der Täuschungen ist und es jenseits von ihr eine höhere Wirklichkeit gibt macht Politik überhaupt keinen Sinn.

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Die Wurzeln der Wurzelrassen
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ein stattlicher Teil des Eso-Klimbims (inkl. Steiner usw.) hat wohl seine geistigen Wurzeln Mitte/Ende des 19.Jahrhunderts inmitten romantischer Schwärmereien, aber auch inmitten einer Zeit, in der Darwins Theorien zur Welterklärung überblasen wurden inkl. Unmengen damit verbundener völkischer und rassistischer Vorstellungen.

Insofern - wie gesagt ich bin mir da unsicher - würde es einer gewissen Logik folgen, wenn sich in vielem Esokrams entsprechende geistige Wurzeln finden lassen, inklusive Rassismus.

Überspitzt formuliert: Steiner war ja nicht gerade originell - er hat nur bestimmte Zeitströmungen zum Ausdruck gebracht und vielfach andere Autoren abgekupfert.

(und mein kurzfristiger Aufenthalt in einer Orgon-Akkumulator-Box war wenig beeindruckend - faszinierend fand ich allerdings die Einstellung des Therapeuten, dem diese Box gehörte. Ich kannte ihn als Musiker und mir erzählte er frank und frei, er glaube an diesen ganzen Quatsch nicht - aber er verdiene damit halt sein Geld. So, und nun stelle man sich vor, Rudolf Steiner wäre auch so einer gewesen, einer, der sich über den von ihm veröffentlichten Blödsinn halb krank lachte - nebenbei: Der Autoritarismus von Steinerjüngern - die es ja verblüffenderweise gibt - ist beachtlich, und wirkt auf mich schon ziemlich rechts)

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Che, der Großinquisitor, und die zu bannende Horde böser Ketzer aus der Eso-Ecke ;-) - und die Spinner vom Golden Dawn, die tolle Tarot-Decks gestaltet haben, als Spitze politischer Gegenaufklärung.

Wat denn nu: Entweder ist das totalitär und allesvereinheitlichend, oder ein fröhlicher Eklektizismus ist möglich, und dann kann es so schlimm nun auch nicht sein. Da nun die Scientology reinzuvermengen ist ungefähr so sinnvoll, wie Dir zu unterstellen, Du würdest hier gerade Plädoyers für die Pharmaindustrie halten. Abgesehen kennst Du manchmal wirklich seltsame Leute, Atomraketen nun aus irgendeiner Schicksalsgläubigkeit heraus nicht bekämpfen zu wollen, das ist mir nun wirklich in keinem Buch bisher über den Weg gelaufen und von keinem Menschen je erzählt worden. Eher Naturmystik, Kult der großen Mutter und eine mystische Aufladung der Schöpfung. Was z.B. in afrikanischen Ländern Gang und Gäbe ist, man gut, daß wir die kolonisiert haben, um ihnen das auszutreiben. Es gibt eine durchaus als Vulgärversion des Denkens von Heidegger und Adorno auftretende Technikkritik in diesen Szenen, ja, das schon. Was Adorno zu den Zeitungshoroskopen, die mal was völlig anderes sind, geschrieben hat, gehört nun auch nicht zu seinen prachtvollsten Gedanken. Das, was man als Negative Theologie bezeichnen kann, jedoch zu den stärksten.

Ich würde es als hochgradig unmündig erleben, wenn ich mir in freiwilliger Selbstkontrolle spirituelle Fragen z.B. nicht zugestehen würde. Die sind auch eine wichtige Form menschlicher Erfahrung, da braucht man doch nur Bach hören. Braucht aber keiner, der nicht möchte, sag ich ja die ganze Zeit.

Problematisch wird es doch immer erst, wenn der Diskurs politisch wird und sich gesellschaftlich mächtig institutionalisiert. Das Problem ist ja nicht die Bibel, sondern die ökonomische und institutionelle Macht der Kirchen. Eine Partei, die fordern würde, nun mundanastrologisch Politik zu betreiben und reale Chancen auf Regierungsbeteiligung hätte, wäre das Grauen. Ist mir aber noch nicht über den Weg gelaufen was auch immer esoterisch Angehauchtes (was noch mal was anderes ist als Religion, Religion ist immer schon kodifizierte Spiritualität), das im realen Leben mächtig wäre. Da hat ja jeder Statistik-Hokuspokus mehr Macht, die Kirchen haben sie, die Industrien rund um die Schulmedizin haben sie, die Wirtschaftswissenschaft hat sie. Und würde ich meinen Kunden erzählen, ich wolle ein Portrait anhand eines Geburtshoroskopes strukturieren, bekäme ich keine Aufträge mehr.

Verstehe die Verve immer noch nicht, mit der Du das diskutierst, Che.

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@Dean: die esoterischen Großtheorien, also die sektenartigen Systeme, die ich oben erwähnt habe, sind alle eine Mischung aus antikem Hermetismus und Gnosis, Manichäismus (also der tatsächlichen Religion dieses Namens, nicht dem metaphorischen Begriff, als den wir den Ausdruck heute erst gebrauchen), dem Glauben der Katharer, Rosenkreuzertum und Hinduismus-Adaptionen, bei Blavatsky und Steiner kommt dann noch eine Rassentheorie hinzu.

Guckstu hier:


http://www.akdh.ch/ps/ps_78Zahnder.html



vgl. hier


http://www.kersti.de/VA159.HTM

und hier


http://de.wikipedia.org/wiki/Akasha-Chronik

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@"Verstehe die Verve immer noch nicht, mit der Du das diskutierst, Che." --- Die liegt darin begründet, dass ich das Zeug selber einmal geglaubt habe. Und wäre irgendetwas davon richtig, müsste ich meine gesamte jetzige Existenz und alles, was ich vertrete über den Haufen werfen.

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Okay. So weit verstanden und akzeptiert.

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Gegen Spiritualität an sich habe ich übrigens gar nichts einzuwenden, kenne z.B. kosmische Gefühle beim Bergsteigen, wo in glücklichen Augenblicken mein Denken aussetzt und ich das ganze innere Gesabbel abstelle und nur noch fühle und auch meditative Erfahrungen. Aber die dogmatische, den Hermetismus zum "Gottmenschentum" erweiternde esoterische Neureligion ist dann doch noch etwas Anderes.

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Bach ist nicht spirituell, Bach ist musikalisch.

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Che, sei doch froh, dass Alternativniks die Esoterik als Gemischtwarenladen behandeln und an zugrundeliegende Pseudotheoriemodelle nicht glauben, weil sie die gar nicht kennen. Schlimmer wäre, wenn sie denen folgen würden. Die Akasha-Chronik habe ich so als eine Art Science-Fantasy wahrgenommen, eine völlig skurrile Vorstellung, und die Esos, die an so etwas glauben als die Science-fiction-Variante von Sannyassins. Wobei die eigentliche Lehre von Scientology da auch wieder nur eine Adaption ist. In der FrauenLesbenszene habe ich Mondmythen und Hexenkulte erlebt, die mit Feminismus als Form von Gesellschaftskritik absolut gar nix zu tun haben, aber unter dieser Flagge segeln. Alles ziemlich finster, wenn frau denn Aufklärung als lichtvoll begreift. Andererseits bedienen all diese Leute ja wohl spirituelle Bedürfnisse, auf die die kalte Ratio keine Antworten hat. Da ist tatsächlich linke Theoriebildung gefordert, das, was unsere Schulbildung sich nicht vorstellen kann einzubinden.

Momo, bei Dir habe ich das Gefühl, dass Du Dich persönlich angepisst fühltest, weil Du esoterische Konzepte für Dich selber nutzbar machst und Che die Esoterik an sich - oder besser gesagt ihre größten Erzählungen angriff. Um die Nutzbarmachung scheint es mir ihm aber nicht zu gehen, sondern eher um seine Erfahrungen mit bestimmten mystischen Glaubenskonzepten. Ich hatte ja mal wiederholt Anthros auf Steiners Wurzelrassen und sein Buch "Aus der Akasha-Chronik" angeprochen und dabei regelmäßig erlebt, wie die sofort zu einem anderen Thema überleiteten. Die fühlten sich wohl ertappt.

Noergler, volle Zustimmung!

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@Nörgler:

Ja, eben - das Musikalische ist für mich in bestimmten Hinsichten was Spirituelles.

@netbitch:

Puh ... weiß gar nicht, ob ich mich angepisst gefühlt habe. Vielleicht, weil ich mich genötigt sah bzw. dazu veranlasste, über Sachen zu schreiben, über die ich normalerweise in Blogs gar nicht schreiben würde. Weil die in den Diskussionskontexten für mich keine Relevanz haben.

Eher genervt, weil ich das politisch problematisch finde, wenn man "Diskursuniversen" nicht auseinander hält, weil für mich die Probleme immer dann enstehen, wenn sie sich verheddern - Religion politisch wird, Politik in Lebensweisen (ich meine nicht die ökonomische Basis) eingreift usw..

Und ich mir auch weiterhin nicht sicher bin, ob Che das Phänomen richtig darstellt.

Was zu einem ganz anderen Thema überleitet, das nunmehr auch als Selbstkritik zu verstehen sei: Daß ich zunehmend das Gefühl habe, daß bei diesen lektürebasierten Diskursrekonstruktionsverfahren zunehmend die gesellschaftliche Wirklichkeit verschwindet. Alle diskutieren einschließlich meiner selbst über Bücher, und welche Besitzverhältnisse in Verlagen herrschen, was der am Empfang verdient und wirklich abends in der Kneipe sagt und wer für das Papier evtl. krepieren mußte, überspitzt gesagt, gerät irgendwie aus dem Blickfeld. Manchmal frage ich mich, ob nicht ein bißchen zu oft Ideologiekritik totalisiert wird.

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Das Argument mit dem "Eingriff in Lebensweisen" finde ich im Moment sehr stichhaltig.

Es hat ja grundsätzlich etwas sehr Unbarmherziges, wenn das (möglicherweise nur vermeintlich) Vernünftig-Rationale in allen Lebensbereichen Herrschaft ergreift - erst Recht dann, wenn z.B. eine rational weitgehend vernünftige Ablehnung von Eso-Spinnertum quasi in die private Glaubens- und Lebensgestaltungsfreiheit anderer Menschen eingreift, und sei es nur, dass bestimmte Lebensweisen/Vorlieben sozial geächtet werden.

Andererseits muss auch Kritik frei sein, und wer sich beispielsweise seiner Neigung als Rudolf-Steiner-Jünger hingeben möchte, der kann imho nicht zugleich verlangen, dass er von vernunftorientierter Kritik verschont bleibt.

Aber ganz so einfach ist das wohl nicht.

Ich denke, dass dann, wenn bestimmte Lebensweisean/Vorlieben politische Relevanz haben, und sei es "nur", dass die gesundheitlichen Möglichkeiten der von ihren Eso-Eltern abhängigen Kindern grob eingeschränkt werden, sich ganz natürlich Reibungen ergeben - zwischen speziellen Lebensweisen und eben dem, was sich aus der Anwendung von Vernunft (und Menschenliebe) ergibt.

Das kritiklose bloße Gewährenlassen, das Unterdrücken von Kritik an problematischen Praktiken wäre imho von noch größeren Übel als der implizite Normalisierungsdruck, der von der Mehrheitsgesellschaft u.a. auf dem Diskursweg ausgeübt wird.

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Der Vornehme fährt mit dem Sechsspänner hin, wohin der Gemeine zu Fuß geht. Also will ich mal meinerseits einen abschließenden einfachen Gedanken zufügen.

Sind Astrologie, Weissagung und Esotherik nicht einfach nur als geistige Spielereien zu verstehen?

"Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des 'Andersseins' als das 'gewöhnliche Leben'."

– Huizinga: Homo ludens

Zudem war es Hermes, Sohn des Zeus, der den Menschen neben dem Würfelspiel auch die Kunst der Weissagung brachte.

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Was das "Spielerische" angeht verlangte die esoterische Lehre, der ich seinerzeit anhing, dass man eine Art Gehirntrockenspülung ständig an sich selber durchzuführen habe und in jeder Lebenssituation, egal, was um einen herum passiere, heiter und gelassen zu sein habe und selbst jeden "unreinen Gedanken" zu vermeiden habe. Kann sich jemand vorstellen, was es mit einem Spätpubertierenden macht, konsequent nach einem solchen System leben zu wollen?

Was die innere Repression angeht, ist verglichen damit der Dominikanerorden ein lockerer Haufen.

Hermes Trismegistos ist übrigens eine Figur, die von neuzeitlichen Esoterikern erfunden und ins alte Ägypten zurückprojiziert wurde, er hat mit dem olympischen Hermes nichts zu tun.

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Hermes?
Dieser Schildkrötenmörder, Viehdieb und notorischer Lügner war doch der Schutzgott der Händler und Diebe, der geistige Urahn des Neoliberalismus, einer magischen Gymnastik, welche die Starken stärkt und die Schwachen schwächt.

@ Che/Microgod

Problematisch ist es imho, wenn das Esoterische das Spielerische überschreitet und sich zum Dogma auswächst. Könnte es aber sein, dass eine gewisse Tendenz zum Dogma im Esoterischen selbst angelegt ist? Oder könnte man sagen, dass das Esoterische eine Art Schutzschild und Erschaffer von Freiraum in einer rationalistischen und von Ökonomie bestimmten Welt ist? Oder gilt gar Beides zugleich?

Che, genügt es, um die Gefahren seiner Dogmen zu bannen, wenn das Esoterische gezielt nur für die spirituellen Bedürfenisse verwendet wird - oder kann es auch dort Unheil anrichten - und sei es, dass ein zuviel an Esoterik das klare Denken und das authentische Fühlen ruiniert?

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Kann mir sehr gut vorstellen, was das mit einem Spätpubertierenden macht ... gibt halt auch auf dem Sektor die Spielerischen, und die gibt es wirklich, und Puritaner und Dogmatiker.

Es gibt in "Dein verborgenes Selbst" von Tracy Marks, einem Buch über das zwölfte Haus im Horoskop, für mich einst sehr hilfreiche Passagen über Familien, in denen eine Dynamik der Scham in psychischer Hinsicht herrscht, übernommen aus der psychologischen Fachliteratur. Und, jetzt Lacher, in "Erkennen und Heilen von Pluto-Problemen" von Donna Cunningham eine meiner Ansicht nach hervorragende Analyse von Schuld-Aggressionszirkeln. Und in beiden Büchern, die mir tatsächlich in einer ziemlich ausgewachsenen Lebenskrise 1993 über den Weg liefen, Methoden, über einen spielerischen Umgang mit Bildern, der mir wahnsinnig geholfen hat, aus ähnlichen Mustern, wie Du sie beschreibst, ein bichen mich heraus zu retten. Was für mich zunächst die Möglichkeit bot, mich psychologischen Ansätzen wieder anzunähern, nachdem ich herkunftsbedingt einer hochmanipulativen Spielart der Psychoanalyse, die auch ständig mit völlig verdrehter Schuldrhetorik operierte, ausgesetzt war. Der Effekt war dann gegenteilig zu dem, was Du beschreibst. Und für mich war es gut, daß die Modelle nicht analytisch-reflexiv ansetzten, sondern eher kreativ und spielerisch mit Potenzialen operierten.

Was, neben biographischen Anekdötchen, zu einem vielleicht gar nicht so trivialen Punkt überleitet: Wahrscheinlich macht es Sinn, zum einen zwischen Weisheits-und Heilslehren zu unterscheiden. Letztere sind die problematischeren, These.

Und da gibt es dann die, die über die Behauptung von Defiziten funktionieren, die irgendwie zu überwinden wären oder aber Menschen schlecht und dysfunktional machen, was meistens hochmanipulative Scheiße ist und Spielarten des Christentums mit Scientology und manch neoliberaler Rhetorik eint.

Und solche, die Potenziale behaupten, die man dann entfalten kann, wenn man möchte. Die finde ich weniger problematisch, wenn man nicht auf den wirren Gedanken kommt, man sei defizitär, wenn man nicht ständig seine Potenziale beackert ;-) ...

Halte ich politisch für relevant, diese Fragen. Vielleicht kann man da in anderen Kontexten weiter diskutieren.

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Also, die Lehren, denen ich so folgte, verstanden sich als Heilslehren mit Erlösungsanspruch. In einer Variante hieß es zum Beispiel, da der Skorpion mein Sternbild sei und dieser das Tier ist, welches sich mit dem eigenen Stachel tötet, um sich dann in einen Adler zu verwandeln sei es meine Aufgabe, meine eigene bisherige Persönlichkeit vollständig abzutöten, um dann im Geiste wiedergeboren zu werden. Na gut, davon nahm ich dann Abstand, um mich einer anderen, weniger doktrinären und weniger individualitätsverachtenden Lehre zuzuwenden. Diese großen esoterischen Heilslehren, auch die Anthroposophie, auch z.B. das Denken Gustav Meyrinks, hatten alle Baird Spaldings "Leben und Lehre der Meister im Ferne Osten" zum Kulminationspunkt. Spalding hatte behauptet, auf einer Himalaya-Expedition dem leibhaftigen Jesus begegnet zu sein, der dort einer Loge aus im Geist wiedergeborenen, körperlich unsterblichen Eingeweihten vorsitze. Seither kreiste das Denken der okkult-esoterischen Gruppen zwischen Anthropo- und Theosophie zumindest zeitweise darum, selber durch tiefe Versenkung einen gottähnlichen Zustand zu erreichen, ja Gott sei in Wahrheit kein dem Menschen äußeres Wesen, sondern ein in der Versenkung erreichbares Entwicklungsstadium. So extrem sah ich das zwar nicht, zweifelte auch an der Wahrheit von Spaldings Aussagen, aber das gnostische Denken und Fühlen ist da ja auch nicht so sehr weit von weg.

Btw. und welche Bedeutung diese Lehren für die Hippie-Esoterik, also "New Age" noch hatten sieht man indirekt daran, wie sehr Wilsons und Sheas "Illuminatus!"-Trilogie davon noch durchtränkt ist, da werden diese esoterischen Zwangssysteme und Geheimsekten ja satirisch auf die Schippe genommen. Tat mir sehr gut, das zu lesen nachdem ich mich vom mystisch-gnostischen Weg abgewandt hatte.

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@"Che, genügt es, um die Gefahren seiner Dogmen zu bannen, wenn das Esoterische gezielt nur für die spirituellen Bedürfenisse verwendet wird - oder kann es auch dort Unheil anrichten - und sei es, dass ein zuviel an Esoterik das klare Denken und das authentische Fühlen ruiniert?"---- Ich glaube, diese Frage habe ich indirekt gerade beantwortet;-)

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Irgendwie fühle ich mich bei der Debatte über "Spirtualität" hier an die Erfahrung erinnert, die Freud am Anfang von "Das Unbehagen in der Kultur" beschreibt. Ein Freund stimme ihm in seiner Religionskritik zu, bedaure aber "daß ich die eigentliche Quelle der Religiosität nicht gewürdigt hätte. Diese sei ein besonderes Gefühl, das in selbst nie zu verlassen pflege, das er von vielen anderen bestätigt gefunden und bei Millionen Menschen voraussetzen dürfe." Das wird dann als ein "ozeanisches Gefühl" beschrieben, was man wohl getrost im heutigen Sprachgebrauch als "Spritualität" übersetzen darf. Mir geht es allerdings wie Freud: "Ich selbst kann dies "ozeanische" Gefühl nicht in mir entdecken." Auf jede Form von Religiosität hatte ich immer einen eher ethnologischen Blick.

Das mag daran liegen, daß ich in einer Arbeiterwerkssiedlung aufgewachsen bin, meine antiklerikale Familie aber, als ich zehn Jahre alt war, in einen oberschwäbisch-katholischen Wallfahrtsort umzog. Dort konnte ich das religiöse Treiben der Eingeborenen aus der Nahsicht studieren, wirklich nachvollziehbar wurde es für mich nie.

Insofern weiß ich, wie weit der religiös-sprituelle Komplex in die Lebenswirklichkeit von Menschen eingreifen kann; und wie weit sie sich davon ohne äußeren Zwang fremdbestimmen lassen; und ich weiß auch, daß man mit rationalen Argumenten da nichts ausrichten kann. Letztlich stehe ich nur kopfschüttelnd davor und muß mir sagen: Ich versteh's einfach nicht.

Es ist nicht so, daß ich Che's Ergriffenheit angesichts der Erhabenheit der Natur nicht nachvollziehen könnte; und Bachs Musik kann mich zu Tränen rühren. Aber es käme mir nicht im Traum in den Sinn, dies als Erfahrung einer wie auch immer gearteten Transzendenz umzudeuten.

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Die Transzendenzerfahrung ist zwar in der Nähe dieser Erfahrungen angesiedelt, aber dann doch noch mal etwas Anderes. In die Esoterik war ich via Yoga, eklektizistisches Meditieren und Bekannte, die in der "Eso-Szene" waren quasi hineingerutscht. Das herkömmliche Christentum kannte ich gar nicht, die esoterisch-mystisch-gnostischen Lehren waren die erste Form von Religiosität, die ich überhaupt praktizierte, vom Kindergebet mal abgesehen (das ich sicherheitshalber aber auch an Buddha und Allah richtete;-) ).

Die Religiosität der "Normal-Religiösen" ist mir ebenso fremd wie Dir, das Mystisch-Gnostische fand ich deshalb interessant, weil seine Vertreter sagten, sie verkündeten die eigentliche Botschaft, die sich als geheimer Wesenskern hinter den Religionen verberge.

Ob ich in einem anderen Umfeld die Dinge, die ich als Transzendenzerfahrung deutete einfach nur als besonders ergreifende Erfahrungen ohne spirituelle Bedeutung gedeutet hätte oder etwas in mir die Transzendenz suchte kann ich gar nicht mehr sagen. Bedeutsam ist sicherlich, dass ich kurze Zeit vorher zum ersten Mal dem Tod ins Auge geschaut hatte, als ich bei einer Bergtour unangeseilt kletterte und auf einem vereisten Grat abrutschte.

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Das wäre jetzt meine nächste Frage gewesen: Wie kommt ein hochintelligenter und kritischer Mensch dazu, sich überhaupt auf Derartiges einzulassen. War das eine traumatische Erfahrung, die Dich dazu veranlasste?

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@ dean 24.9. 12:14
"Und so passiert es eben, jedes Jahr vieltausendfach, dass die Eso-Mutter das Kind mit der Mittelohrentzündung zum Heilpraktiker schleppt, statt zum Arzt. Manchmal (verblüffend oft sogar) geht das gut" - dazu eine persönliche Erinnerung, die zeigt, dass die Fronten quer durch die Lager verlaufen: Meine Frau wurde vor zwei Jahren in den Weihanchtsferien sehr krank. die Ärztin am Ferienort hielt es für Erkältung, empfahl Antibiotika zu vermeiden, zu schwitzen und auszuschlafen. Es wurde aber nicht besser. Die Ärztin zu Hause war etwas ratlos, vermutete psychischen Stress und schickte zur Heilpraktikerin. Die Heilpraktikerin sagte nur: "Oh, gehen Sie mal zum HNO-Arzt, ich glaube ...." und tatsächlich war es eine Mittelohrentzündung. Das Hauptproblem der Schulmedizin scheinen mir nicht die schulmedizinischen Methoden zu sein (die sind ziemlich gut), sondern die Eingefahrenheit und Überlastung der Schulmediziner. Die Heilpraktikerin in meinem Beispiel hatte auch keine tollere Methode - sie hat nur einfach aufgepasst.

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habe mal das meinige erbrochen, und außerdem brauch ich traffic:

http://kritikundkunst.wordpress.com/2010/09/25/esoterik-debatte/

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@netbitch: Traumatisch kann man das eigentlich nicht nennen. Ich hatte plötzlich nur noch Luft unter den Füßen und hing an zwei Fingern. Dabei geriet ich aber nicht in Panik, sondern irgendetwas dachte in mir: OK, jetzt hast Du 2 Möglichkeiten. Du lässt los, dann ist es zuende, oder Du machst weiter. OK, mache ich halt weiter. Und zog mich an zwei Fingern hoch auf den Grat und stieg ab. Meine Bergkameraden, darunter mein Vater, hatten von alldem nichts bemerkt. Und wir stiegen ab, die Sonne strahlte, das satte Blau des Himmels, das Weiß der Gletscher, das Schwarz der Felsen, das ultraviolette Licht, das in der Höhe alles verändert, das Existenzerlebnis eben.. . Ich war in einer unglaublichen Hochstimmung und fühlte mich wie neugeboren. In meinem Kopf dachte nichts mehr, ich habe etwa eine halbe Stunde nur gedankenlos wahrgenommen. Später dachte ich, das war eine Vorstufe zum Nirwana. Dieses Erlebnis bereitete quasi meine esoterische Phase vor.

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alter bolschewik,

dann konntest du als teilnehmender beobachter die herrlichsten völkerkundlichen studien treiben.

noch zum ende des alten reiches war es so, dass sich nur herrscher und reiche ärztliche behandlung und arzneien leisten konnten. für die anderen blieben hausmittel, dreckapotheke und das hoffen auf wunder. zu der zeit waren wallfahrtsorte so verbreitet wie heute die krankenhäuser und die katholische kirche lebte von der verwaltung so gut wie heute der medizinische berufsstand.

noch heute soll man in wallfahrtskirchen (über deren spezifische wirksamkeit im volksglauben klare vorstellungen bestanden, so wie heute bei krankenhäusern) wachsnachbildungen der körperteile besichtigen können, deren heilung ein anliegen der gläubigen wallfahrer war.

aus diesen zeiten kommt die ablehnung all dessen, was mit bordmitteln nicht zu erklären ist, durch eine sich als empirische wissenschaft verstehende schulmedizin. was es damit noch vor hundert jahren auf sich hatte, zeigt ein blick in populärmedizinische bücher der zeit: in vielen fällen war die therapie letztlich ruhig liegen und schonkost. das waren die zeiten, als die patienten, die überhaupt das glück und die konstitution hatten, geburt und frühe kindheit zu überleben, an krankheiten starben.

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Zentrale Vorstellung übrigens der esoterisch-okkulten Lehren des späten 19. Jahrhunderts bis zu den 1920ern (und, das, womit ich mich befasste, wurzelte eben darin) war es, dass die Menschen selber zu Göttern werden könnten bzw. "Gott" nichts dem Menschen Äußerliches sei, sondern eine Art Bewusstseinszustand, den der Mensch in tiefster Versenkung selber erlangen könnte und dass alle Religionen ursprünglich Geheimlehren gewesen seien, die genau dazu Anleitung gegeben hätten. Schimmert übrigens auch bei der kalifornischen New-Age-Bewegung noch durch, vgl. Wilson "Ist Gott eine Droge oder haben wir sie nur falsch verstanden?".

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Ehrlich gesagt
finde ich diese Vorstellung nicht halb so unsympathisch oder abwegig wie die vom alten Mann mit Bart oder irgendwelchen elefantenköpfigen oder vielarmigen Entitäten.

So wie ich die Essenz dieser sogenannten Geheimlehren (zugegebenermaßen allenfalls oberflächlich) verstanden habe, läuft es nicht zwingend darauf hinaus, dass wir alle zu Göttern werden sollen, sondern dass wir unsere Getrenntheit vom All-Seienden erkennen und überwinden. Das kommt grad unter dem Stichwort "A course in miracles" wieder schwer in Mode, gerade auch bei Leuten, die ursprünglich eher christlich sozialisiert sind.

Kann freilich auch nicht sagen, dass ich in dieser Disziplin sonderlich fortgeschritten wäre oder allzugroße Anstrengungen in diese Richtung unternähme. Die Eso-Tanten im Freundeskreis meiner Mutter bewahren mich davor, das alles allzu ernst zu nehmen. Mir genügt es, ab und an zu spüren, dass da was ist, was über unsere hiesige Existenz hinausragt.

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Davon, da etwas unsympathisch zu finden bin ich auch entfernt. Mir stellt sich eher die Frage, ob eine bestimmte Lehre, der ich selber mal gefolgt war wahr ist, und dann ist für mich aber so ziemlich alles Andere was ich glaube, anstrebe, für richtig halte in Frage gestellt oder sogar ganz hinfällig. Das sagt dann aber auch über Crowley, Steiner usw. nicht allzuviel aus. Auch wenn ich mystisch-gnostisch-esoterisches Religionsgut anerkenne, bleiben die Genannten doch für mich Scharlatane. Mich mit dieser, ich nenne es mal so, "Tiefenspiritualität" auseinandergesetzt zu haben bringt mich dann bezüglich der Alleweltesos, die esoterische Versatzstücke wie eine Art Kramladen zur eigenen Befindlichkeitspflege sammeln in eine eher spöttische und manchmal auch verärgerte Haltung. Da würde ich dann auch Deine Tanten einordnen.

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Kannst Du, Che, das mal auf den Punkt zusammenfassen, wo diese Lehren herklommen, was ihre Kernaussagen waren und wie daraus die heutige Feld-Wald-Wiesen-Esoterik hervorgegangen sein soll? Mir komplott unübersichtlich, det Janze.

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Hmm, ausgerechnet jetzt?


Ja, kann ich. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts traten in Europa und den USA mehrere Personen auf, die von sich behaupteten, hohe Eingeweihte sogenannter Geisteslehren zu sein, die den wahren Kern hinter allen Religionen enthielten. Das sind verschiedene Systeme, die da vertreten wurden, aber unter diesem Anspruch machte es eigentlich niemand.

Im Großen und Ganzen handelte es sich um mystisch-gnostische Interpretationen des Christentums, teilweise synkretistisch mit hinduistischen und buddhistischen Elementen vermischt, teilweise auch mit Rassenideolgie vermengt, und bei Rudolf Steiner mit einer wie Science fiction sich lesenden fantastischen Menschheitsgeschichte und allerlei animistisch-magischen Praktiken bis hin zu anthroposophischer Medizin, Musik und Landwirtschaft.
Teilweise kommt da noch Spiritismus hinzu und Anlehnungenm an hermetische griechische Mysterienkulte.

Gemeinsame Kernaussage ist fast immer: Der Mensch kann sich selbst erlösen und zu Gott werden oder sich mit Gott persönlich vereinigen, und der Meister lehrt, wie. Im Allgemeinen ist den Lehren eine Politikfeindlichkeit zu eigen: Wer im politischen Hier und Jetzt sein Heil sucht verkenne, dass Freiheit und Leidüberwindung nur im Geist zu finden sei, und Geist meint eine jenseitige Welt in einem knallharten Geist-Körper-Dualismus, in der die Menschen geistige Wesen seien, die das Unglück gehabt hätten, aus dem Lichte des Geistes in die körperliche Welt gefallen zu sein und sich nun selber davon erlösen müssten, weiter in dieser Welt zu leben.

Historisch würde ich diese Lehren als eine Reaktion auf Materialismus und Industrielle Revolution interpretieren, als einen radikalen Eskaspismus, der zum Teil so weit ging, das Vorhandensein der materiellen Welt zu bestreiten in einer Art Super-Zuspitzung von Platos Höhlengleichnis.

Fester Bestandteil des klassisch esoterisch-okkultistischen Kanons ist auch noch etwas, das man vielleicht als "alternative Physik" bezeichnen könnte: Die Vorstellung, das es neben der normalen Materie ("Grobstofflichkeit") noch andere materielle Daseinsebenen gäbe, die Ätherwelt ("feinstofflich") und die Astralwelt ("feinstststofflich"), jeder Mensch hat demzufolge außer dem Körper noch einen Ätherleib und einen Astralleib. Die Vorstellung der Äthermaterie basiert eigentlich auf einem wissenschaftlichen Irrtum der Zeit vor der Relativitäts- und Quantentheorie. Um zu erklären, wieso sich elektromagnetische Wellen im luftleeren Raum ausbreiten behalf man sich mit der Idee einer superfeinen subatomaren Materie, in der die Wellen sich ausbreiteten wie Schallwellen in einem molekularen Medium. Bei den Okkultisten sind Äthermaterie und Astralmaterie höhere Existenzebenen als die "grobstoffliche", "unreine", und Medien, die sich auf Seelenwanderung begeben oder teleportieren bewegten demzufolge ihren Astralleib, während der Körper vor Ort bleibt. Kirlian-Aura und morphogenetische Felder sind für Esoteriker Beweise für Äther- und Astralwelt. Diese Vorstellungen sind auch Grundlage der Homöopathie: Die Wirksamkeit ultradünner Lösungen ("Potenzierung") ohne nachweisbare pharmakologische Wirkung wird mit Feinstofflichkeit erklärt.

Im Berkeley der Flower-Power-Ära köchelte das Alles wieder hoch, nun aber völlig zerpflückt, die zwanghaft-strengen Denksysteme ihrer eigenen inneren Logik und Systematik entkleidet. Der heutige Eso-Selbstdienungsladen entstand in jener Zeit, ebenso Scientology. In Wilsons Illuminatus ist das ganz nett geschildert. Google mal Theosophie, Ordo Templi Orientis, Hermetic Order of the Golden Dawn, Rosenkreuzer und Bo Yin Ra, da findest Du Einiges.

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Habe das gegoogelt, wobei das so zentrale und zugespitzte Aussagen wie bei Dir aber nicht enthält. Gibt es da noch andere Quellen? Ist ja ziemlich bizarr, was Du da schilderst.

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Ich glaube, dazu muss man selbst einmal in diese szene eingetaucht sein, oder zumindest die Hauptwerke der mystischen, gnostischen und okkultistischen Autoren gelesen haben.


Aber vielleicht sind diese Links ja für Dich interessant:


http://www.akdh.ch/ps/ps_78Zahnder.html



http://fu-berlin.academia.edu/ACTG/Books/285162/Orte_des_Okkulten

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Die Grundidee ist immer das "Wie oben so unten", der Analogieschluss. Das, was am Himmel, um Dich herum und sonstwie passiert, sind Entsprechungen desselben auf je unterschiedlichen Ebenen. Auch wenn ich Thorwald Dethlefsen für einen Idioten halte, so ist doch sein "Schicksal als Chance" hinsichtlich der Auslegung der hermetischen Sätze da informativ.

In diesem Sinne bin ich dann natürlich als Göttliches Teil eines göttlichen Ganzen. Müsste man mal zu Hegel in Beziehung setzen :D ...

Bei den Theosophen muss man ja leider betonen, dass sie durchaus ihre Rolle im Präfaschismus spielten. Umgekehrt darf man nicht vergessen, dass das oft auch eine Reaktion auf ein viktorianisches Christentum war. Was wohl die Attraktivität für die Hippies zumindest auch erklärt und auch den Mythos Crowley. Und eine Wissenschaftskritik im Sinne der Kritik der Naturbeherrschung, der man Naturmystik entgegen setzt.

Nach C.G. Jung wurde der zu einem der Kronzeugen, bei Wilson sind ja die Synchronizitäten z.B. wichtig, die auch dem "Wie oben, so unten" folgen.

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Ja richtig, stimmt alles. Bei Dethlefsen ist allerdings zu ergänzen, dass er der Auffassung ist, Leid sei dazu da, den Menschen zu erziehen und Leidvermeidung daher grundsätzlich abzulehnen.

Und die Hardcore-Okkultisten vertreten jedenfalls alle diesen Gegensatz zwischen Körper und Geist, Äther-und Astralleib, den Sturz der menschlichen Seele aus dem ewigen Licht in die finstere Welt der Materie, aus der man wieder zurück muss (die Vertreibung aus dem Paradies und der Sturz Luzifers als eine Erfahrung, die JEDER Mensch vor der Fleischwerdung gehabt hat) usw.


Die extremeren vertraten ja ernsthaft die Position, durch weitgehende Vergeistigung bis zur körperlichen Unsterblichkeit zu gelangen.

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@"Bei den Theosophen muss man ja leider betonen, dass sie durchaus ihre Rolle im Präfaschismus spielten. Umgekehrt darf man nicht vergessen, dass das oft auch eine Reaktion auf ein viktorianisches Christentum war. Was wohl die Attraktivität für die Hippies zumindest auch erklärt und auch den Mythos Crowley. Und eine Wissenschaftskritik im Sinne der Kritik der Naturbeherrschung, der man Naturmystik entgegen setzt." ---- Das ist teilweise richtig und teilweise auch nicht. Die Rassenlehren der Theosophen sind anders gepolt als die der "Nordischen". Die Vorstellung der "Wurzelrassen" ging von Äther- und Astralwesen aus, die den Menschen vorausgegangen wären. Das ist mit Rassentheorien des 19. Jahrhunderts zwar verknüpft, aber dennoch eine ganz eigene Sache. Da wurde einem viktorianischen Christentum eine spätantike Gnosis entgegengesetzt vermixt mit allem Möglichen aus nichtchristlichen Religionen. Bo Yin Ra, selbst ein Vertreter dieses Spektrums, der aber zu allen theosophischen-anthroposophischen Richtungen in heftigem Gegensatz stand bezeichnete das als "Ein Ragout aus aller Völker mystisch-dunkler Lehre." Insgesamt alles Vorstellungen, die sich völlig außerhalb aufgeklärt-rationaler Begriffswelten bewegen. Und sehr eng korrespondieren mit manichäischen, katharischen und eleusisch-gnostischen Weltvorstellungen.

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Blavatsky? Schreibt die sich so?

Abgesehen davon waren solche Differenzierungen in realgeschichtlichen Faschismen selten wirksam ...

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Ja, das stimmt, aber eine Rassenlehre, in der die erste Menschenrasse die eiförmigen, nicht sichtbaren und aus Äthermaterie bestehenden Rhmoahals waren ist schon etwas Anderes als spätere Rassismen. Die Anthroposophen glauben daran übrigens heute noch, nur bekennen sie sich öffentlich nicht mehr dazu.

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"Die Theosophie, eine von Helena Blavatsky und Henry Steel Olcott auf buddhistischen, gnostischen, hinduistischen und anderen Vorstellungen gegründete mythologisch-religiöse Weltanschauung des ausgehenden 19. Jahrhunderts, nahm ebenfalls Ideen über die Arier auf. Die Russin Blavatsky (eigentlich Blavatskaja, geb. v. Hahn) benannte damit innerhalb ihres eigenen Geschichtsbildes bestimmte Epochen der menschheitlichen Entwicklung und bezeichnete mit den Ariern die „fünfte Wurzelrasse“, die ihrerseits wiederum in vier „Unterrassen“ aufgeteilt sei (nordisch, fälisch, mittelländisch und ostisch). Laut Blavatsky kamen die Arier weit aus dem Norden, aus Hyperborea. Auch glaubten viele Theosophen und später auch Ariosophen, der Ursprung der Arier sei Platons Atlantis gewesen, die Arier somit die Atlanter. Diese Rassenlehren hatten Fortsetzungen bis ins 20. Jahrhundert hinein, z. B. in der Anthroposophie des Rudolf Steiner.[10] Die in der Theosophie entwickelte Vorstellung der Arier wurde durch die Ariosophie und die Guido-von-List-Gesellschaft verfälscht und fand ihren Weg nach Deutschland. Nicholas Goodrick-Clarke, der Autor des Buches Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus, kommt zu dem Schluss, dass die Ariosophie die Ideologie des Nationalsozialismus antizipiert habe. Insgesamt ist sie aber eher ein Symptom als eine historische Beeinflussung des Nazismus.[11]"

Von hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Arier

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Mir bekannt, nur gingen in dieser speziellen Weltsicht den Ariern und den Semiten Tolteken, Hyperboräer, Atlanter, Lemurer und Rmoahals voraus, spielten deren Äther- und Astralleiber eine zentrale Rolle, und insgesamt ist da mehr Perry Rhodan als Adolf Hitler. Da sind gleich reihenweise Kontinente im Meer versunken und wurde telepathiert noch und nöcher.

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Ich habe das ja auch weniger wegen Dir gepostet, sondern wegen der Nachfragenden, weil Du hier gerade mehr Verwirrung stiftest als Klarheit schaffest, finde ich ;) ...

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Das liegt aber in der Tatsache begründet, dass die Materie selber wirr bzw. verwirrend ist, wobei die Verwendung des Begriffs Materie in diesem Kontext schon nicht ironiefrei ist.

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Ächz!
Nachdem ich mich tatsächlich inzwischen durch einige Schriften durchgekämpft habe bestätige ich: verwirrend ist das! Soviel habe ich begriffen: Die gehen davon aus, dass die materielle Welt eitel und eigentlich unwichtig ist und eigentlich alles angelegt ist, was man erreichen wil, es lässt sich aber nur aus der Versenkung und Innenschau gewinnen. Angelus Silesius: "Der Himmel ist in Dir, und auch der Hölle Qual, was Du erkiest und willst, das hast Du Allzumal."

Komplette Absage an jede Gesellschaftsveränderung, ja an Gesellschaft überhaupt.

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Statt etwas über die konkreten Glaubensinhalte der Okkultisten zu erzählen (ziemlich abstrus) oder die Drumherum-Philosophie (eigentlich ganz sinnig) sollte Che mal das machen, was er am Besten kann: Das Ganze historisch-kritisch einordnen und interpretieren.

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Mache ich gerne. Diese klassische Phase des Okkultismus, die mit Blavatzky, Donnelly und Solchen beginnt und ihren Höhepunkt in den 1920ern erreicht entstand aus älteren Vorformen, die sich spiegelbildlich zur Aufklärung entwickelten, man kann auch direkt Gegenaufklärung dazu sagen. Rosenkreuzer, Goldkreuzer, alchimistische Geheimlogen waren die Gegenbewegung zu aufgeklärten Freimaurern und Illuminaten. Von diesen älteren okkultistischen Gruppen und Einzelpersonen wie St. Germain, Cagliostro und Meßmer führt über die Wiederentdeckung der Kultur des alten Ägypten und indische Einflüsse, die die englischen Kolonialherren nach Europa brachten ein Weg zum klassischen Okkultismus (oder Hochesoterik oder wie immer man das nennen möchte), ein anderer kam über die heterodoxen religiösen Sekten des 18. und 19. Jahrhunderts wie Jansenisten, Neuismaeliten, Pfingstler oder Mormonen. Neben den Vorstellungen wie Oben, so Unten, Äther- Astralleibern und Lichtwesen, Spiritismus usw. war vor allem eine Rückbesinnung auf mitterlalterliche Mystik und antike Gnosis Wesensmerkmal dieser Bewegung. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts boomte das Ganze, weil sich darin eine tiefe Verunsicherung des Bürgertums Bahn brach, die auch Lebensreform-Bewegung und Wandervogel hervorbrachte. Interessanterweise war das eine vor allem angelsächsische und deutsche Erscheinung, in Frankreich oder Italien hat diese Art Esoterik niemals eine derartige Bedeutung gehabt. Ich würde von einem Eskapismus der die proletarische Revolution fürchtenden Bürgerseele sprechen, das spirituelle Äquivalent zur historistischen Architektur sozusagen;-)

Auf dem Markt der Möglichkeiten von Berkeley wandelten sich die eigentlich streng dogmatischen esoterischen Denksysteme in ein Anything-goes-Kuddelmuddel. Parallel dazu entstanden wieder sehr straighte neue Sekten, von Hare Krishna bis Scientology. Dass esoterisches Gedankengut durchaus spirituelle Bedürfnisse bedient und da sehr sinnvolle Meditationstechniken herkommen würde ich schon sagen, aber die geschlossenen esoterisch-okkultistischen Denksysteme würde ich zum überwiegenden Teil als obskur, aufklärungsfeindlich und reaktionär bezeichnen - wobei so ein Restzweifel, ob da nicht doch Bedeutsames dahintersteht bei mir immer wach ist.

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Das Esoterik-Kapitel in der Wikipedia gibt den Cheschen Äußerungen weitgehend Recht:


http://de.wikipedia.org/wiki/Esoterik

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Zusammenfassung, einige Jahre später
Was die Hardcoreesoteriker alle vertreten, ob Anthroposophen, Theosophen, Gnostiker, ja auch Teile der Gurus, ist eine Welterklärung die voraufgeklärt und vorwissenschaftlich, im Grunde antik ist. Keine Empirie, keine induktive oder deduktive Methode, sondern analoges und assoziatives Denken, und eine Beschreibung des Universums die im Widerspruch zur modernen Physik steht. Demzufolge gibt es vier Daseinsebenen, die grobstoffliche, zwei feinstoffliche und die geistige. Außer seinem materiellen Körper habe jeder Mensch seinen feinstofflichen "Ätherleib" und seinen feinststofflichen "Astralleib", letzterer existiert noch eine Weile über den Tod des materiellen Leibes hinaus. Beide feinstofflichen Ebenen seien höher und reiner als die grobstoffliche Welt (diese Denkweise ist oft sehr stark mit verklemmter Sexfeindlichkeit verbunden, typisch 19. Jahrhundert halt). Die Welt des Geistes ist ewig, unsterblich und das Höchste überhaupt. Geist meint nicht Verstand oder Intellekt, sondern den wahren, ewig lebenden Kern der menschlichen Seele. Die Seele ist aus einer reinen Geisteswelt durch die Konfrontation mit dem Nichts, dem Satan oder wem auch immer in die grobstoffliche Welt hinabgestürzt und muss durch Wiedergeburt im Geiste erlöst werden, wozu bestimmte spirituelle Praktiken dienen. Dies ist der gemeinsame Kern ALLER esoterischen Einweihungslehren.

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Noch ne Ergänzung hierzu:


https://de.wikipedia.org/wiki/Wurzelrasse

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