Montag, 9. April 2012
Vorläufiger Schlusspunkt der globalen Selbstverortung
che2001, 19:26h
Straight onward with basics
In der Abfolge des Aufkommens und Niedergehens linker Strömungen und kollektiver Geisteshaltungen in ihnen in Westdeutschland von 1967/68 bis heute wirkt sich, das ist Sinn und Zweck meiner ganzen Abhandlung, die Entwicklung des kollektiven Bewusstseins in der Linken nach dem Modell der Langen Wellen aus.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kondratjew-Zyklus
Zuerst, 1967 ff., wurde hierzulande erst begeistert, dann verbissen, zuletzt verzweifelt versucht, die Versprechungen der bürgerlichen Demokratie von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit jetzt hier und sofort einzulösen und dabei zugleich den Schwerpunkt der Gesellschaft nach links zu verschieben. Diese Revolte war bereits zusammengebrochen und ihre Reste verhärteten sich in dogmatischen marxistisch-lennistischen Splittergruppen, als ein weltökonomischer Paradigmenwechsel die Basis dieses Aufbruchs hinwegfegte. Gleichzeitig drangen die Vorstellungen und Lebensentwürfe der 67er überhaupt erst in das Bewusstsein breiterer Massen ein. Ich würde sagen, dass sich die BRD-Gesellschaft bis noch nach Mitte der 80er Jahre soziostrukturell gesehen nach links entwickelte, solange nämlich die festgefügten konservativen Kernmilieus noch mit den Eliten verbunden waren und so etwas wie legere Kleidung, Konsum weicher Drogen, Abneigung gegen preußische Arbeitsdiziplin, sexuelle Libertinage, bestimmte subkulturelle Lebensweisen als strukturell links wahrgenommen wurden.
In den 70ern ging es weniger um den großen Aufbruch als vielmehr um die Verhinderung/Bekämpfung von Verschlechterungen, und anstelle des Sturm-und-Drang-Gefühls der APO entstand eine Stimmung der Apocalypse. Der erste neoliberale Schub (Reaganomics, Thatcherism, Felipismo, Verkohlung) verschärfte dies einerseits, brachte andererseits kurzfristig gegenkulturelle und politische Strömungen hervor, die radikaler waren als Linke bis dato und teilweise auch mit einer neuen, weniger von Hoffnung als von Wut geprägten Aufbruchsstimmung antraten, parallel dazu entstanden aber auch rechte Jugendsubkulturen und das Yuppietum. Dann waren die 80er zugleich auch hedonistische Partytime. Unter den Vorzeichen von Zusammenbruch des Kasernenhofkommunismus und Wiedervereinigung kam es in den 90ern dann zu einer ganz seltsamen Kombination: Eine Art Aufbäumen von dem, was von der radikalen Linken noch da war, Lichterketten und militante Auseinandersetzungen mit den Faschos, der Versuch eine bundesweite Antifaorganisation zu schaffen ebenso wie das Entstehen der ersten antideutschen Gruppen und parallel die Zunahme an rigider Moral, extremer "Antisexismus", PC-Linke usw, der Versuch, in einer Situation, in der alles was der Linken Halt gegeben hatte, selbst die Wand, zu der man mit dem Rücken stand wegzubrechen drohte die eigene Identität mit rigider Moral aufrechtzuerhalten, was aber den Verfall eher beschleunigte. Und davon erleben wir heute schon allerlei Recycling-Ausgaben.
In der Abfolge des Aufkommens und Niedergehens linker Strömungen und kollektiver Geisteshaltungen in ihnen in Westdeutschland von 1967/68 bis heute wirkt sich, das ist Sinn und Zweck meiner ganzen Abhandlung, die Entwicklung des kollektiven Bewusstseins in der Linken nach dem Modell der Langen Wellen aus.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kondratjew-Zyklus
Zuerst, 1967 ff., wurde hierzulande erst begeistert, dann verbissen, zuletzt verzweifelt versucht, die Versprechungen der bürgerlichen Demokratie von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit jetzt hier und sofort einzulösen und dabei zugleich den Schwerpunkt der Gesellschaft nach links zu verschieben. Diese Revolte war bereits zusammengebrochen und ihre Reste verhärteten sich in dogmatischen marxistisch-lennistischen Splittergruppen, als ein weltökonomischer Paradigmenwechsel die Basis dieses Aufbruchs hinwegfegte. Gleichzeitig drangen die Vorstellungen und Lebensentwürfe der 67er überhaupt erst in das Bewusstsein breiterer Massen ein. Ich würde sagen, dass sich die BRD-Gesellschaft bis noch nach Mitte der 80er Jahre soziostrukturell gesehen nach links entwickelte, solange nämlich die festgefügten konservativen Kernmilieus noch mit den Eliten verbunden waren und so etwas wie legere Kleidung, Konsum weicher Drogen, Abneigung gegen preußische Arbeitsdiziplin, sexuelle Libertinage, bestimmte subkulturelle Lebensweisen als strukturell links wahrgenommen wurden.
In den 70ern ging es weniger um den großen Aufbruch als vielmehr um die Verhinderung/Bekämpfung von Verschlechterungen, und anstelle des Sturm-und-Drang-Gefühls der APO entstand eine Stimmung der Apocalypse. Der erste neoliberale Schub (Reaganomics, Thatcherism, Felipismo, Verkohlung) verschärfte dies einerseits, brachte andererseits kurzfristig gegenkulturelle und politische Strömungen hervor, die radikaler waren als Linke bis dato und teilweise auch mit einer neuen, weniger von Hoffnung als von Wut geprägten Aufbruchsstimmung antraten, parallel dazu entstanden aber auch rechte Jugendsubkulturen und das Yuppietum. Dann waren die 80er zugleich auch hedonistische Partytime. Unter den Vorzeichen von Zusammenbruch des Kasernenhofkommunismus und Wiedervereinigung kam es in den 90ern dann zu einer ganz seltsamen Kombination: Eine Art Aufbäumen von dem, was von der radikalen Linken noch da war, Lichterketten und militante Auseinandersetzungen mit den Faschos, der Versuch eine bundesweite Antifaorganisation zu schaffen ebenso wie das Entstehen der ersten antideutschen Gruppen und parallel die Zunahme an rigider Moral, extremer "Antisexismus", PC-Linke usw, der Versuch, in einer Situation, in der alles was der Linken Halt gegeben hatte, selbst die Wand, zu der man mit dem Rücken stand wegzubrechen drohte die eigene Identität mit rigider Moral aufrechtzuerhalten, was aber den Verfall eher beschleunigte. Und davon erleben wir heute schon allerlei Recycling-Ausgaben.
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entdinglichung,
Dienstag, 10. April 2012, 13:35
zu den Krisenideologien im linken/progressiven Milieu würde ich aber auch noch den Postmodernismus zählen, wobei der Ausstieg aus der radikalen Linken mit diesem schneller ging als via Anti-D oder autonomen Moralismus ... einige von uns fingen ansonsten so um 1992/93 damit an, die Musik- und Kunstformen der Szene als "autonomen Realismus" zu bezeichnen
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che2001,
Dienstag, 10. April 2012, 14:36
Da würde ich noch sehr differenzieren, um welche postmodernen Ansätze es hierbei ging. Ganz stark trifft es allerdings auf die Rezeption von Lyotard und Baudrillard zu. Lyotard hatten wir an der Uni, als zeitgleich gerade Flüchtlingswohnheime brannten, und meine innere Reaktion war "was für Nebelkerzen, wo gerade praktische Solidarität angesagt ist." Die äußeren Umstände der Rezeption können allerdings nicht dem Autor angelastet werden;-)
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entdinglichung,
Dienstag, 10. April 2012, 15:32
wobei ich auch einige Foucault-JüngerInnen miterlebt habe, auf die derartiges zutrifft, nach dem Motto "überall Macht, daher: Wille zur Macht"
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che2001,
Dienstag, 10. April 2012, 18:46
Für die ist ja schon ein Buch wie Marylin Frenchs "Jenseits der Macht" aufgrund des Titels nicht mehr diskutierbar. Ansonsten leben einige dieser Leute in einer Welt aus Sprache.
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netbitch,
Mittwoch, 11. April 2012, 02:38
Autonomer Realismus
So nannten wir die Malerei des Großen Vorsitzenden der Antifa (M), oder auch: Eine Mischung als Sozialistischem Realismus und naiver Malerei. Hat nur nix mit den Ursprüngen autonomer Subkultur zu tun, sagt jetzt das seinerzeitige Küken, das nur die Spätphase mitbekam und immer dachte, die oberautonomen Streetfighter meinten wohl, dass Meineneine bei ihrem Anblick feuchte Unterhose bekommen müsste. War aber nicht so.
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entdinglichung,
Mittwoch, 11. April 2012, 11:45
ebensowenig wie "sozialistischer Realismus" aus der ArbeiterInnenbewegungskulturbewegung stammt ... neben den Tafelbildern von "Kunst und K(r)ampf" fielen u.a. Heiter bis Wolkig, Quetschenpaua und musikalisch schlechte Punk- und HC-Bands, die eigentlich nur wegen ihrer Szene-Zugehörigkeit gehört wurden
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