Sonntag, 27. Mai 2012
Aus dem Noborder-Text noch einmal herausgehoben: So funktioniert die Triage
Ökonomie des Abschieberassismus

Das Nobordercamp in Düsseldorf/Köln vom 13. bis 22. Juli spinnt viele dieser Fäden weiter: Sein Aktionsschwerpunkt liegt auf dem Düsseldorfer Abschiebeflughafen, der sich zum Drehkreuz für die maßgeblich von FRONTEX organisierten Charter-Abschiebungen entwickelt hat und daher stellvertretend für die Ökonomie des Abschieberassismus steht. Konkreter: Der Großteil der Abschiebecharter aus Düsseldorf fliegt Belgrad und Pristina an. Die Zielgruppe dieses Angriffs sind Roma, die als so genannte Armutsbevölkerung mit allen nur erdenklichen Mitteln daran gehindert werden sollen, Wege aus dem nackten Überlebenskampf zu finden – wie jüngst auch in Frankfurt zu erleben war. Denn der zunehmende Räumungsdruck gegenüber dem Occupy-Camp vor dem Tower der Europäischen Zentralbank war in den vergangenen Wochen maßgeblich davon geprägt, dass der Ansiedlung rumänischer Roma auf dem Camp und somit mitten in den Grünanlagen des Bankenviertels endlich ein Riegel vorgeschoben werden müsse, so die Stadt. Occupy hat sich allerdings der geforderten Spaltung verweigert und damit ein entschiedenes Zeichen gegen Rassismus und innerstädtische Vertreibung gesetzt. Die zweite große Zielgruppe sind nigerianische Flüchtlinge und MigrantInnen, entsprechend machen Abschiebungen nach Nigeria gut die Hälfte aller europaweit koordinierten Abschiebeflüge aus. Nicht zufällig gerät damit das bevölkerungsreichste Land Afrikas in den Fokus rassistischer Spaltungsstrategien: Abgeschoben wird, wer als nicht verwertbar und somit überschüssig gilt – eine Logik, die nicht zuletzt auf das globale Ausbeutungsgefälle verweist. Und doch sollte in diesem Zusammenhang keineswegs aus dem Blick geraten, dass es vielen immer wieder gelingt, sich hartnäckig und meist mit solidarischer Unterstützung durch Dritte gegen die eigene Abschiebung zur Wehr zu setzen. Hinzu kommt, dass der ständige Abschiebeterror bewusst Angst und Zermürbung unter den potentiell Betroffenen schürt, wozu im Übrigen auch physische bzw. psychische Angriffe auf MigrantInnen, Flüchtlinge oder People of Colour seitens staatlicher Stellen zählen. Beispielhaft erwähnt seien der Fall des Asylbewerbers Oury Jalloh, der am 7. Januar 2005 bei lebendigem Leib in einer Polizeizelle in Dessau verbrannt ist, oder die vom Verfassungsschutz unter bislang nicht geklärten Umständen mit verantwortete Mordserie der rechtsextremistischen Terrorzelle „NSU“.


Wir haben eine Art unerklärten Krieg in Europa, und diese Dimension müssen wir begreifen. Ob Neonazis, Abschiebebehörden oder Frontex: Es sind Feinde, und so gehören sie behandelt. By any means necessary.

... comment