Freitag, 27. Dezember 2013
Das zu sagen war einmal nötig - zum realen Wahnsinn virtueller Kommunikationsblasen
Ich zitiere mal Kadda" Nun gibt es also aber eben diese Empöria und die sucht sich immer neue Betätigungsfelder und Methoden, um maximaler Beschämung und Denunziation zum Zwecke des eigenen besserwohl-Fühlens ausüben zu können. Legendär wurden vor exakt einem Jahr die sogenannten Creeper Cards auf dem 29C3. Und dieses Jahr sollen wir nicht ohne ein Weihnachtsgeschenk aus dieser Ecke ausgehen: Man richtete nun einen Account auf twitter ein, der einander "empfiehlt", bestimmte Leute auf twitter "präventiv" zu blocken, bevor diese mit schlimmen, pöhsen und - worst case! - der eigenen Ansicht widersprechenden tweets in Timeline oder gar Mention-Spalte auftauchen.

We perfectionized our denunziation tools! Yay!

und dieser sympathische Account empfiehlt nun also, Maike von Wegen zu blocken. Weil diese sich dafùr einsetzte, dass man für eine politisch zweifelhafte Petition NICHT zuallererst auf den Betreibern des Petitionsdienstes herumhackt. Das ganze kann in der Debatte um folgenden tweet nachvollzogen werden:

https://mobile.twitter.com/blockempfehlung/status/416213620536520704

es geht also um saubere Timelines für Leute, deren Leben sich derart auf twitter eingeschossen und zentriert hat, dass man es scheinbar nicht mehr aushält, in diesem öffentlichen Kommunikationsmedium mit Andersdenkenden konfrontiert zu werden.

Mein Punkt ist: ja, dieser Account namens Blockempfehlung ist grotesk lächerlich. Was müssen das für traurige Gestalten sein, die ihre eigene Bedeutungslosigkeit mit solchen Maßnahmen aufpimpen müssen. Mich erinnert das an meinen Nachbarn, der nie Gesellschaft - also Freunde zu Besuch hat - und der mir für die vor meiner Wohnungstüre stehenden Stiefel droht. Das sollte man in der Regel alles - wie sagt man so schön: Nicht mal ignorieren.

Nein - das Problem sind nicht die einzelnen Nachbarn, im Treppenhaus oder im Stream der Belanglosigkeiten. Das Problem ist diese Weltlosigkeit, die ich als um sich greifendes Phänomen jenseits von Einzelfällen wahrnehme. Weltlosigkeit - ein Begriff von Hannah Arendt und ich habe einen Draft in diesem Blog begonnen, in dem ich diesen Begriff ausführlicher beleuchten will. Das kommt noch, wird nachgeliefert. Aber ich will es trotzdem kurz erklären: bei Hannah Arendts Weltbegriff geht es um die gemeinsam von Menschen geteilte öffentliche Welt. Da geht es um Austausch und Pluralismus. Um das Miteinander im Denken und im Handeln. Es ist eine Art große Agora, wie die Griechen sie kannten. Und wozu ist sie gut? Sie ist ein politischer Raum, der dazu da sein sollte, ein Miteinander von Menschen zu ermöglichen. Dafür braucht es Kommunikation und Diskurs. Weltlosigkeit ist eine Verweigerung. Sie ist ein Statement gegen die gemeinsame Welt und für Arendt die Wurzel des Totalitären. Ein Abschotten. Und ich reagiere mittlerweile extrem empfindlich darauf, denn sie scheint angesichts der - verständlicherweise - überfordernden Komplexität sehr verlockend. Ansteckend.

Sie zeigt sich immer dann, wenn eine Person daherkommt und ganze zusammenhänge implodieren. Es ist nie nur die Schuld dieser einzelnen Person. Es ist das Phänomen derr Ansteckung anderer, die plötzlich überall den Feind sehen. Es ist der Spirit des gegenseitigen Misstrauens, der Denunziation. Man beäugt die anderen nicht mehr als Teil der eigenen Welt, in der man sich wie die anderen als Menschen unter Menschen sieht, sondern nur noch auf mögliche Verfehlungen hin. die sofort angeprangert gehören. Man will in seinem Feminismus dann keine Leute mehr, die Critical Whiteness hinterfragen. Man will die "reine Lehre". Man will seinen Stoff gefälligst ohne die störenden Sandpartikel im Getriebe. Auch wenn man ansonsten Sand im Getriebe total geil findet - aber nur, wenn man es selbst sein darf. und nur, wenn das widerspruchsfrei bleibt.

Weltlosigkeit ist keine Lappalie, sie ist der Anfang von Extremen und hat zerstörerische Kräfte. und deswegen weiß ich einfach nicht, ob ignorieren als Umgang damit wirklich noch reicht. Vielleicht könnten wir das mal debattieren"


Mehr davon auf dem Blog von Kadda:


http://blog.katrin-roenicke.net/?p=2774

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vielleicht auch das hier, obwohl ich so Bücher mir zwar (als ebook) kaufe, aber nie zu Ende lese.
http://www.econtalk.org/archives/2013/11/john_ralston_sa.html

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Was Typ:Innen wie Tofutastisch http://aplusplusranting.wordpress.com/2013/12/28/blockempfehlungen-und-solidaritat/comment-page-1/#comment-167 betreiben, hat nichts mehr mit Marginalisierten zu tun, sondern vielmehr nenne ich so etwas Mobbing und Denunziation. Queere Lebensformen, Feminismus, Antirassismus sind denen bloßer Vorwand. Davon abgesehen, daß es sich bei einigen von ihnen zudem um selbsternannte Marginalisierte handelt, die mit gehörigen akademischen Privilegien ausgestattet sind.

Der Alte Bolschewik hat es im Blog von Rönicke es gut auf den Punkt gebracht, wie mit solchen Formen der Diskussion bzw. des Sektenhaften umzugehen ist. Leider kommen solche Argumente der Vernunft nicht weit.

Zudem lag der Annahmefehlervor, daß es sich bei der Mädchenmannschaft seit etwa 2011/12 (samt dem Gendertrötenranz in deren Umfeld) noch um ein irgendwie linkes Projekt handelt. Ist es nicht. Genauso gut könnte man US-Evangelikale, die Vatikanische Inquisition oder Stalinisten als der Linken zugehörig bezeichnen.

Kritik an solchem totalitären Diskussionsgebaren wird dann regelmäßig mit Maskulinismus abgebügelt. Deren Safer Place ist so safe, daß jegliche Kritik und jegliche differenzierte Analyse als Abweichlertum denunziert wird. „Blockempfehlung“, das Diskussionsgebahren bei MM und auch auf anderen Blogs ist Mobbing auf DDR-Niveau. Von der Theoriefeindlichkeit und deren Unfähigkeit zur Differenzierung mal ganz abgesehen. Es ist das Zerrbild einer Foucault- und Derridalektüre, wie wir es auf der anderen Seite, als deren Gegenpart bei unserem Willy/El_Moch erleben.

Der entscheidende Fehler von Katrin Rönicke, Maike von Wegen und teils auch von Dir, che, ist: ihr seid denen gegenüber viel zu höflich, rudert zurück, weil ihr immer noch glaubt, Euch mit diesem Tugenwächter:Innenrat solidarisieren zu müssen, anstatt eine klare Kampfansage zu machen. Das sind nicht Eure Genossen, sondern die würden Euch im Zweifelsfall und wenn sie die Macht hätten liquidieren.

Mittlerweile bin ich sogar froh, daß Gestalten wie die Betreiber:innen von Blockempfehlung (und auch von anderen Blogs) Marginalisierte sind. Ich hoffe, sie bleiben es im herrschenden Diskurs auch weiterhin.

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@Bersarin:" Das sind nicht Eure Genossen, sondern die würden Euch im Zweifelsfall und wenn sie die Macht hätten liquidieren. "

Naiver Bersarin. Diese so furchterregenden Leute würden, wenn sie die Macht hätten, niemanden liquidieren, jedenfalls nicht direkt, sondern Hartz 4-Gesetzen zustimmen und dem Super-Dissidenten Chodorkowski Asyl gewähren.

Nicht jeder, der einem Wohlfahrtsausschuss angehört, hat das Format eines Robbespierre. Was dir, Bersarin, in unverzeihlicher Weise passiert ist, ist das moralisierende, selbstreferentielle Geschwafel von ein paar Lehrerkindern auch nur innerhalb einer sog. Linken für relevant zu halten.
Diese Leute mit ihren roten Karten und ihren Twitteraccounts sind aber nicht inqisitorisch oder stalinistisch (dann könnte man sie vielleicht noch zu etwas Nützlichem verwenden), sondern von Grund auf und bis in die letzte gefärbte Haarspitze hinein bürgerlich. Und das Ticket, das sie gelöst haben, ist nicht "totalitär", sondern reicht bis zur Doppelhaushälfte am Stadtrand mit Lehrerpension.

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Wie mein Freund Tuc einmal meinte: Bestimmte Teile der linken Bloggosphäre sind so, als ob man die schlechtesten und entgleistesten JUZI-Plena, vorzugsweise die, wo die Leute schon einen im Kahn haben online stellen würde - mit Kommentarfunktion für alle und jede/n.

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Das eine, Urfaust, schließt das andere nicht aus. Ja, es sind teils Bürger- oder Kleinbürgerkinder. (Dennoch sind sie alles andere als bürgerlich, zumindest wenn man diesen Begriff in einer emphatischen Variante versteht. Ihr Gestus ist totalitär.) Über ihre Wichtigkeit kann man streiten. Was als Tigersprung begann, mag als Gleichstellungsbeauftragte der Uni XY enden, als Hartz IV-Reformer oder es reicht hin zu einem Verlagsvertrag bei Bertelsmann. Ernstzunehmen ist diese Art des Diskurses dennoch. In jedem Falle, so wie es Don Alphonso macht, ist ihm zu opponieren. Egal ob diese Typ:Innen später im Reihenhaus oder in der Friedrichshain-Kreuzberger Lehrbeauftragen-Altbaubohème landen. Insbesondere wenn eigentlich richtige Ansätze sich ins Gegenteil verkehren und sogenannte Safer Places nur noch dazu dienen, eine Mobbing- und Blasenwelt zu produzieren, in der einer den anderen verdächtigt, halte ich es für wichtig, diese Positionen zu bekämpfen und sie als das zu markieren, was sie sind. Zumal in bestimmten Kreisen die Positionen von Mädchenmannschaft, Lantzsch et al. durchaus angesagt sind. Und das wird Auswirkungen auf weiteres haben.

Daß damit morgen und auch übermorgen nicht die BRD beseitigt wird, ist auch mir klar. Dafür sind diese Pastorentöchterchen und -söhnchen zu unwichtig. Für einen Diskurs oder eine Diskussion jedoch, die sich ernsthaft mit linker Politik, mit Gesellschaftskritik beschäftigt, sind diese Positionen der Tod.

Und insofern bin ich durchaus der Meinung, daß man diesen Jammergestalten nicht die Diskurse überlassen sollte.

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Nachtrag: der erste Kommentar von mir hätte nicht unter dem von lemmy caution stehen sollen, weil er sich nicht darauf bezog, sondern direkt unter dem Artikel vom che.

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Der springende Punkt ist: Das ganze Diskursgebahren mit dem schrecklichen Neolog schließt Angehörige ganzer sozialer Gruppen aus. Ich habe in den 9oern aus der Nähe mitbekommen, wie die geschlossenen Runden aus Lehrer- und Pastorenkindern die Arbeitertöchter und Migrantens weggebissen haben. Die dadurch erfolgende Selbstgentrifikation linker, feministischer oder irgendwie-alternativer Gruppen ist aber etwas eminent politisches.

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Interessantes Buch dazu: „Prolls. Die Dämonisierung der Arbeiterklasse“ von Owen Jones

http://www.amazon.de/Prolls-Die-D%C3%A4monisierung-Arbeiterklasse-Essay/dp/3940884790

„Das 'Proll'-Stereotyp, so Owen Jones, wird von Politik und Medien benutzt, um die Notwendigkeit realer Veränderungen zu verdecken und die wachsende soziale Ungleichheit zu rechtfertigen.“

Der Proll ist nicht zuletzt gekennzeichnet durch seinen Rassismus und seine Homophobie.

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Ja, und hier eine Wasserstandsmeldung vom anderen, gebüldeteren Ende des Spektrums (war das nicht hier auch schon irgendwann mal verlinkt?):

(...)Was sich vor unseren Augen abspielt, ist auch das klassische Format weißer Weinerlichkeit, wie sie etwa James Baldwin so treffend beschrieben hat. Die Akademie hat sich für Kanaken bislang kaum geöffnet, es sei denn, sie bedienen das Exotismus-Programm ihrer jeweiligen wissenschaftlichen Sparte und beforschen identitär zurechtgezurrte Themen wie Folklore, Trachten, Völkerschlachten. Die Intersektionalitätsforschung konzentriert sich jedoch gegenläufig auf die Figur der an ihrer Whiteness leidenden Akademiker_innen und privilegiert diese gegenüber anderen Subjektpositionen.

Da stellt sich doch schon die Frage, in welchen Kreisen und Kontexten PoCs "auf Augenhöhe" stattfinden und wo nicht. Oder ob die sich im Seminar dann auch von irgendwelchen hochmoralisch aufgeladenen Pastorentöchtern, welche den erwünschten PC- und CW-Sprech besser beherrschen, abmeiern lassen müssten: "Du bist schwarz, aber was Du sagst, ist weiß."

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Es gibt einen, der träumt feucht davon, dass die Schwarze Madonna ihm „Du bist weiß, aber was Du sagst, ist schwarz" ins Blog schreibt.

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JaJa, die Musik!

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Aha! "Weltlosigkeit" nennt man diesen ideologischen Luftschutzkeller. Da dieser Begriff von Hannah Arendt stammt, kommt auch die Vokabel "totalitär" gleich um die Ecke. Dieser Luftschutzkeller ist dann also doch so eine Art Führerbunker. Das hat die Kadda gesagt; nicht ich! Überhaupt scheint das ganze Internetpublikum außer Hannah Arendt und George Orwells "1984" nichts anderes zu kennen. Ständig liegt irgendein Faschismus in der Luft: der Links-, Öko-, Islam- oder der Femi-Faschismus, aber niemals der originale Faschismus.

Erstaunlich ist auch die ständige Präsenz von Nadine Lantzsch und der Mädchenmannschaft! Sie hat, soweit ich es mitbekommen habe, mit der Blockempfehlungs-Geschichte nichts zu schaffen. Wer sagt dem Internetpublikum eigentlich, daß blindwütender Aktionismus im Stile von Femen auch nicht das Gelbe vom Ei ist? "Mach du erstmal bessere Aktionen, bevor Du meine madig machst!", zeugt auch nicht gerade von Respekt vor den Rechten der Kombattanten, die man ihnen vernünftigerweise zugestehen sollte. Desweiteren gibt es auch keine Pflicht zu Gewaltlosigkeit und Friedfertigkeit, wenn die Unterredung mit aggressiven Haßhaufen wie dem Telegehirm geführt wird.
Für die zweite Frage habe ich wenigstens ansatzweise Antworten. Diese Sekten treten immer als Häretiker auf (und oft auch als Missionare). Als Häretiker provozieren Sie diejenigen, die zwar auch irgendwie der Lehre anhängen (z.B. Feminismus), zu genervten Reaktionen, die dann wieder als Bestätigung dafür genommen werden, daß man mit seiner Häresie recht habe. Denn die genervten Reaktionen beweisen aus Sicht der Sekte schließlich, daß die anderen die eigentliche Sache verraten haben. Das ist ein sich selbst verstärkendes System, das sich so lange aufschaukelt, bis die Mehrheit die Nase voll hat. Im Mittelalter verfügte die Katholische Kirche dann über bewährte Mittel, mit häretischen Sekten aufzuräumen; in unserem aufgeklärten Zeitalter sind die Mittel begrenzter, goar net ignoriern, wie du vorgeschlagen hast, ist wohl das Einzige, was hilft.
Doch, es gibt etwas, was hilft: Nordkorea! Twitter ist ja auch wie die DDR. Da kann Twitter doch gar nicht so schlimm sein! Zumal in der DDR nicht Häretiker auf Scheiterhaufen gebraten wurden.

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Ist echt nichts neues, dass man mit einer Argumentation eigentlich jeden auch noch so dem gesunden Menschenverstand widersprechenden Standpunkt vertreten kann. Man lernst die entsprechenden Mittel auf höheren Schulen und in Universitäten.
Gerade Leute, die an eine revolutionäre Re-Organisation von praktisch allem glauben - wie die extreme Linke oder Neoliberale - neigen öfters dazu, rabiat gegen divergierende Meinungen vorzugehen. Gibt anfänglich ja noch einen gewissen Kick.
Ein paar Gläubige finden die zu jeder Zeit.

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