Sonntag, 31. August 2014
Klettertour mit Blut am Seil oder ein Leben an der Rettungsschlinge
Das war an sich eine großartige Bergtour, obwohl oder vielleicht auch weil ich mit meinen Schwächen konfrontiert wurde. Normaltouristen würden von diesem Tag vielleicht sagen, dass er wolkenverhangen und nicht sonderlich tourengeeignet war, aber das stimmt nicht. Richtig zugezogen war es erst ab Mittag. Wir hingegen brachen früh auf, und den Sinn von "Im Frühtau zu Berge" bekam ich vielleicht erstmals in vollster Bedeutung mit. Ich stand um 4.30 auf, verließ um 5 die Hütte und ging mit starker Halogenlampe los, als es noch sehr dunkel war, unter sternklarem Himmel sich aber die schwarzen Silhouetten der Berge schon sehr klar zeichneten. Treffen und Einstieg war um 6, und dann ging es in die Höhe.












Großartiger Blick, leider stellt die Blogsoftware das Alles im rechten Winkel dar, ich weiß nicht warum, daher sind leider die besten Bilder jetzt erstmal nicht vorführbar.
Die Schwierigkeiten begannen beim Abstieg, der ein Abseilen war. Ich habe zwar Erfahrung mit Abseilen, aber bisher nicht über mehrere Hundert Meter. Kurz und schlecht: Ich verfehlte einen Zwischenstopp, sah den fürs weitere Abseilen angebrachten Bohrhaken nicht und hing dann buchstäblich in der Luft: 30m Seil über mir, Luft unter den Sohlen. Ich versuchte, wieder hinaufzuklettern, aber rutschiger Sand in meinen Griffen, eine leicht überhängende Wand und der straffe Zug des Seils, der mir behendes Klettern nicht ermöglichte, zudem die Tatsache, dass das Seil an einer Felszacke klemmte und kurz vorm Durchscheuern war, das sah alles nicht gut aus. Irgendwann bemerkte ich, dass das grüne Seil sich rot von meinem Blut färbte. Meine Fingerkuppen, mit denen ich mich an der von scharfen Kristallen gespickten Wand hochzuarbeiten versucht hatte bluteten, Blut drang auch aus meiner Treckinkhose von innen nach außen. Die gute Hose! Ich hatte sie mir schon mal in Kroatien im Biakovo-Gebirge an einer Calzitwand aufgeschlitzt mit einer Fleischwunde am Bein. Schmerzen fühlte ich nicht, auch keine Angst, sondern das Gefühl: "Entweder findet der H. eine Lösung, oder der Hubschrauber fliegt mich heim."


Der H. fand eine Lösung. Er kletterte auf einen Standplatz in meiner Nähe und ich schwenkte eine Rettungsschlinge zu ihm hinüber. Damit zog er mich auf seinen Standplatz, und wir konnten uns weiter abseilen.


Am Ende der Tour, ich war um 17 Uhr wieder auf der Hütte, also 12 Stunden unterwegs gewesen, war ich nichtmal erschöpft, hatte am nächsten Morgen auch keinen Muskelkater und das Gefühl, dass ich mich hinsichtlich meiner schlechten Einschätzung meiner Leistungsfähigkeit sträflich selbst unterschätzt hatte: Da wäre noch viel mehr drin gewesen.
Ach ja, Prellungen, Hautabschürfungen am ganzen Körper, Hose kaputt, Kapselríss, nun ja, das gehört dazu.

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Was Dr. Dean mal sinngemäß geschrieben hatte "BDSM in der Kategorie lebensgefährlich" scheint bei Dir ja zutreffend zu sein. Dennoch höchste Bewunderung!

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Ach, geht so. Wäre ich selbst Bergführer, das wäre eine andere Kategorie. So bin ich nur kletternder Normaltourist. Ich könnte zum Expedkader gehören wenn ich die Zeit dazu hätte, dem steht aber der Zwang Geld zu verdienen entgegen. Insofern beneide ich diejenigen, die mit dem Klettern Geld verdienen, Ines zum Beispiel. Wobei die sehr extrem ist.


http://www.ines-papert.de/de/home

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