"Den Intellektuellen wird vor Augen geführt, dass sie selber nur noch kleine Rädchen in einer globalen Megamaschine sind - der Gang zur Universität führt längst nicht mehr zur sozialen omnipotenz qua überlegener Bildung, sondern zur Einübung in die eigene Austauschbarkeit. Die sehen aber auch, dass diese Megamaschine auf fragilen Befehls- und Hierarchieketten beruht, die allesamt sprachlich vermittelt sind. Daraus ziehen sie den Schluss, soziale Veränderungen, die sie sich nicht mehr als gemeinsame, soziale Klassenaktion vorstellen können, im Sprachlichen auszufechten: in Umgangsformen und Kommunikationsverhältnissen, die bitteschön gewaltfrei zu sein haben; in Ausdrücken, die die Ohnmacht angesichts übermächtiger Macht- und Ausbeutungsverhältnisse bannen mögen und als Selbstermächtigung gelten, obwohl man damit noch lange keine Demütigung, die immer auch ein gegensätzliches soziales Verhältnis ist, zurückgewiesen hat; in der Beschreibung unendlich differenzierter Formen von Diskriminierung." "... die kulturkritischen Tabubrecher trauenn sich immer erst dann auf die Bühne, wenn der realexistierende Mainstream - nämlich der ÖKONOMISCHE - seine Richtung geändert hat. Im Gewande des Nonkonformisten auftretend sind sie einfach nur die Einpeitscher, die die Leute auf härtere Zeiten einschwören. Trotz Börsenhoch kündigt sich die nächste Krise schon an, die Außenpolitik wird imperialer, in der Innenpolitik geht es in Zeiten der Terrorabwehr schon jetzt autoritärer zu. Bevor das alle zu spüren bekommen, werden erst mal die Clowns geprügelt".
--------- Die Kritik an PC-Sprech und PC-Moral die ich selbst seit nunmehr 30 Jahren betreibe möchte ich ausdrücklich in einem anderen Kontext verstanden wissen, was damit zusammenhängt dass ich mir emanzipatorische Akte ausschließlich als gemeinsame, soziale Klassenaktion vorstellen kann und die beschriebene Sprachfixiertheit und gepflegte Hypersensibilität für einen gefährlichen Irrweg halte, mich aber natürlich nicht gemein mit den Fleischhauers, Konovskys, Wendts oder gar Kubitscheks dieser Welt machen will. Was ich im Schilde führe, und ich denke mal, das ließe sich auch für Leute wie Netbitch und Workingclasshero sagen ist eher Empowering durch Provokation mit der Zielrichtung zurück zur klassenkämpferischen Aktion.
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Das scheint mir recht wirr und Verschwörungskacke, die aber immer mehr in Mode kommt. Bspw. haben Neokonservative wie Michael Miersch oder Stefan Laurin oder Teile der FDP mit den angesprochenen "kulturkritischen Nonkonformisten" gar nichts zu tun und der kulturkritische SPD-Mainstream tritt nicht im Gewand von Nonkonformisten auf, für dieses "den Gürtel enger schnallen" steht genauso gut ein Sarrazin oder Helmut Schmidt. Hier werden Symptome mit der Erkrankung verwechselt. Man könnte genauso sagen (was ich nicht tue), dass Felix Klopotek sich in der intellektuellen akademischen deutschen linken Szene bewegte, bei Jungle World, Ça ira veröffentlicht, die von Klassenkampf nichts mehr wissen wollte und daher verantwortlich für die neoliberale Verschärfung, aber warum sagt er es nicht?
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BTW dass Du in diesem Kontext ausgerechnet Michael Miersch erwähnst finde ich insofern witzig als der nun zu einer real existierenden "Verschwörung", den Gutachslern bzw. Nockherbergern gehört.
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Oft ist es ja so, dass gerade diese äh Kulturkritiker sich für Klassenkampf begeistern, während mancher Kommunist den eh schon als systemimmanent abgehakt hat.
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Lustig, wenn Atantikbrücken-Liebich über deutsche Waffenexporte fabuliert, die aber nun mal ... leider, leider ... in keinem der Kriege oder zur Vertreibung der "Flüchtlinge" eingesetzt werden.
Man sollte sch lieber fragen, was denn aus den >100.000 Ak47 der NVA geworden ist, die ab 1990 in die Türkei geliefert wurden.
.... ich hätte eine Ahnung, wo die abgeblieben sind.
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Köstlich;-)
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Ich tipp ja jetzt weniger auf die Region, sondern eher auf das Alter. In der Generation von Che sind solche Sprüche eben noch.....köstlich.
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Hamburger und Bremer Humor ist dem schottischen und jüdischen Humor sehr ähnlich - äußerst schwarz.
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Oder die Art von Galgenhumor, als mir etwa während meines Zivildienstes in der Uniklinik einer rauchender Lungenkrebspatient sagte man müsse Sinn für Tumor haben. Sowas finde ich lustig.
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Ansonsten muss ich sagen, dass mir als gebürtigem Südwestdeutschem der Humor von che2001 durchaus nicht fremd ist. Die Frankfurter Schule (Wächter, Henscheid, Gernhard) und der Titanic-Humor sagt mir natürlich auch sehr viel, wobei ich in meiner frühen Jugend eher zu den "Mad"-Heften tendierte.
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Ach ja, und in meinen Flüchtlingsfreundeskreisen hört mensch begeistert sowas:
https://www.youtube.com/watch?v=F-s09q1ldyI
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Zumindest für mich kann ich sagen, dass es einfach .... peinlich wirkt. Uncool. In der Situation vielleicht lustig, aber in der schriftlichen Reproduktion ziemlich lame.
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Am Do., 15.03., 20.10 h, war in "Aus Kultur- und Sozialwissenschaften" auf dlf ein Bericht über den 54. Jahrestag des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim. In der Sendung hieß es zu der durch das Bundesgericht abgewiesenen Klage jener Frau, die von ihrer Sparkasse als "Kundin" und nicht als "Kunde" angesprochen werden wollte, "soviel linguistische Ignoranz hatte in Mannheim niemand für möglich gehalten". Dann OT: "Es ist mittlerweile längt erwiesen, über ein dutzend etwa empirischer psycholinguistischer Untersuchungen, dass Frauen im sogenannten generischen Maskulinum nicht oder wenn, dann nur in sehr geringen Ausmaßen, mitgemeint sind."
Damaris Nübling, Professorin für historische Sprachwissenschaft des Deutschen an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz: "Stehen sie im Singular, dann sind sie praktisch nicht mitgemeint, stehen sie im Plural, also sowas wie "die Sudenten", dann werden sie manchmal mitvorgestellt, sie können sich aber nicht sicher sein, ob sie mitgemeint sind."
Ein typisches Relikt aus patriarchaischen Zeiten sei das, die Begründenung des Urteils, das habe halt schon seit "einigen Jahrtausenden so funktioniert", löste Kopfschütteln aus. Es habe nicht funktioniert, so könne man mit dem gleichen Argument ja auch sagen, es habe auch ohne Frauenwahlrecht funktioniert, warum sollten dann eigentlich Frauen wählen.
Ich kenne nun die Begründung des Urteils nicht; desh. von mir aus der rhetorische Einschlag jenes "Kopfschüttelns" geschenkt. - Interessant aber, einmal zu hören, wie in dieser Sache argumentiert wird. Und seltsam, Argumente bekommt eins in diesem Hickhack ja sogut wie nie zu hören.
mp3 ab 1:42
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2018/03/15/jahrestagung_institut_fuer_deutsche_sprache_dlf_20180315_2019_e45df3b3.mp3
Kleine Theorie "ungeschriebener Gesetze"; das Urteil und dessen Begründung unbesehen, werden die Richter, drei Männer, zwei Frauen, nicht etwa sich wie folgt verständigt haben: "Bist du behindert? Wenn du Bank gehst, dann bist Kunde, klar?, du Missgeburt!"
Toms Reaktion in der og. WG, vermutlich auf eine sich wie ein Gesetzestaxt anhörende Begründung dafür, warum das N-Wort, oder "Mädchen" für erwachsene Frauen, tunlicht zu unterlassen ist, bezog sich, vermute ich mal, auf eine solche Rechthaberei, der es unter Umständen gar nicht um die Sache geht. Ist einmal das fragliche "Gesetz" (1) für die WG verabschiedet, müsse genauso ein Gesetzestext für seine Äußerung verfasst u. beschlossen werden. Das wäre aber ein (absurdes) Zugeständnis an die Gegenpartei, die sich bei einem solchen Verfahren ihrerseits auf hehre Prinzipien wie Meinungsfreiheit usw. berufen könnte. Toms offensichtliche Übergriffigkeit müsste 'legalistisch' verteidigt werden (auch wenn Gesetzt 1 angenommen worden wäre), nur wäre klar, dass Beleidigungen erlaubt werden sollten, denn performativ hat ja Tom die 'legalistische' Begründung ad absurdum geführt.
Bezeichnend ist ja, dass der "gesellschaftliche Zusammenhalt" der "Identitären" faktisch immer nur exlusiv für eine imaginierte Gruppe und zwar über Abwertung anderer und Übergriffigkeit gegen vermeintlich andere hergestellt wird, während jene Kohäsion immer nur über die zivilisatorische Leistung der Kenntnis und der Einhaltung gewisser ungeschriebener Gesetzte gewährt werden kann. Genau auf eine solche spezifische "Kultur" müssen sich nämlich jene sich "Konservative" schimpfenden ja berufen, die eine solche über ein reine gesetzlich verfasste Gesellschaft - etwa wie der berühmte "Verfassungspatriotismus" (lange nicht mehr gehört) - hinausgehende reklamieren. Unausgesprochen steht dahinter nichts anderes als ein Freund-Feind-Schema, wobei für letztere grundlegende, für jede zivile Gesellschaft unabdingbare Prinzipien nicht mehr zu gelten haben. Wer Freund, wer Feind ist, entscheidet sich dann, wenn klar wird, wer nicht mehr die Macht hat, sich gegen Beleidigungen und dergl. erfolgreich zur Wehr zu setzen. Genau dieser Zivilisationsbruch wird dann genüsslich zelebriert. Dummerweise wird dem durch eine Gaga werdende PC usw.-Diskussion vorschub geleistet.
Daher, Zitat: "Beschreibung unendlich differenzierter Formen von Diskriminierung." "... die kulturkritischen Tabubrecher trauenn sich immer erst dann auf die Bühne, wenn der realexistierende Mainstream - nämlich der ÖKONOMISCHE - seine Richtung geändert hat. Im Gewande des Nonkonformisten auftretend sind sie einfach nur die Einpeitscher, die die Leute auf härtere Zeiten einschwören." Das klingt in der Tat interessant und nicht nach VT ! Mir fehlt hier genügend Kontext, um diese, wie ich finde, wichtige Stelle hinreichend zu würdigen.
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nein, nix gegen geschriebene Gesetzte, z.B. halte ich die Idee, dass die Würde des Menschen unantastbar sei, schon für eine zivilisatorische Leistung. Ungeschriebene stehen zu den geschriebenen nicht im Gegensatz, jedesmal sollen es sich ja um "Zivilisationsleistungen" handeln.
Die Idee dahinter ist ja, dass die Väter und Mütter unserer Verfassung bestimmt nicht so diskutiert haben: "Hey, du Missgeburt, natürlich darf keiner wg seiner Religion, seines Geschlechts usw. diskriminiert werden, bist du behindert? - wieso diskutiere ich mit dir überhaupt, begib dich doch unter deinesgleichen!"
Mit ungeschriebenen Gesetzten meinte ich nicht einen Bereich der staatlichen Willkür oder Gesetzeslosigkeit, wie er typisch für totalitäre Staaten ist, dass also jederzeit etwa gesagt werden kann, etwas verstoße gegen das "gesunde Volksempfinden", damit willkürlich repressiv irgendwelche Strafen verhängt werden können. Oder eine sich selbst überlassene, mehr oder weniger "anarchrchistisch" agierende Bürokratie.
Jederzeit könnten Verbote erlassen werden, bis fraglich ist, was denn bitte "erlaubt" sei - im Zweifelsfall nichts bis gar nichts ...
Der Witz von der Rede von "ungeschriebenen Gesetzen" ist, dass die landläufige Vorstellung von Gesetzen gerade nicht gilt. Es gibt hier, wie der Name schon sagt, keine Vorschriften oder Ahndung. Im Gegenteil bedeuten "ungeschriebene Gesetze" nichts anderes, als dass der Freiraum, der durch das Gesetz gelassen wird, möglichst groß gehalten werden soll. Gerade weil es ausdrücklich erlaubt ist, bis an die Grenzen des Erlaubten zu gehen, verstößt es gegen die Idee ungeschriebener Gesetze, dann bis an die Grenze des Erlaubten zu gehen, wenn dies dazu geeignet ist, gerade jenen Freiraum (durch provozierte neue Gesetze) einzuschränken, der durch Regeln der Höflichkeit, des Anstands, des Selbstverständlichen geregelt ist; einige postulieren nun, ohne dies ausweisen zu können, dieser sei irgendwie "kulturell" geprägt ("identitär" aufzufassen). Die zivilisatorische Funktion dieses Bereichs wird nun gerade von denen untergraben, die etwa durch Äußerungen, welche Hartz-IV-Empfänger demütigen und verachtend sind, den "Zusammenhalt" der Gesellschaft zerstören ("Spaltung der Gesellschaft"). Wenn die Sphäre des Zusammenhalts qua Abgrenzung u. Beleidigung markiert wird, wird ebenjene Rede der Kohäsion gewisser "Konservativer" als Lüge entlarvt. Dass man das, für was man dem Scheine nach eintritt durch pennälerhaft-besserwisserische Provokation á la Seehofer, damit nicht untergraben sollte, müsste eine Klugheitsregel trivialerweise eigentlich besagen. Oder die "sittliche Vernunft" (Aristoteles). Die Tabubrecher behaupten ein freiheitsbegrenzendes Tabu, also ein einer zivilisierten Gesellschaft unwürdiges "ungeschriebenen" Gesetz; durch ihren Tabubruch bringen sie aber bewusst ebenjene Zivilgesellschaft in Gefahr. - Sofern nun an der ganzen Kritik an Gaga-Gender und PI-Wahnsinn etwas dran ist, dann eben soweit, als solchem reaktionären pennälerhaften Aufmuckertum die Gelegenheit dazu geliefert wird.
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Ich habe auch nicht gesagt dass jemand Anderes als die Betroffenen das Definitionsrecht zu solchen Eigenbezeichnungen hätte oder dass das nicht hinterfragt werden sollte. In diesem Punkt sehe ich zwischen uns gar keinen Widerspruch.
Bei dem Straßenfest und dem Zulumann ging es nicht um die Qualität von Musik. Nachdem schon Futuretwin meine Aussage offensichtlich nicht verstanden hatte erläutere ich mal das Setting bzw. charakterisiere das Publikum. Antirassistische Straßenfeste sind zum Einen Kundgebungen gegen Rechts und Manifestationen der Solidarität, zum anderen sind sie für bestimmte In-Kreise von Leuten wichtige gesellschaftliche Events mit Sehen- und Gesehen- Werden- Charakter, Drittens eine Form des Fundraisings. Wir haben zum Beispiel mit Einnahmen aus Konzerten, Lesungen, Felafel- Döner- und Bücherverkauf sowie anlässlich der Feste stattfindender Spendensammlungen eine zerbombte Brücke über den Euphrat wieder aufgebaut und ein Jahr einen Lehrer in einer Dorfschule bei Pegwin im Bezirk Suleimaniya bezahlt. Bei diesem Straßenfest nun waren 5 verschiedene Gruppen von Leuten präsent: Flüchtlings selber und ihre unmittelbare Unterstützerszene, deutsche Frauen die an Partnerschaften mit Geflüchteten interessiert waren sowie zwei zahlenmäßig viel größere, aber in ihrem Verhalten viel problematischere Gruppen. Einmal arriviertes grün-alternatives Neubürgertum, die sich selbst als moralisch unheimlich gut vorkamen weil sie auf das Straßenfest gingen, eine Erwartungshaltung in Bezug auf die Exotik hatten die ihnen geboten wurde (also eine Konsumhaltung) und die Geflüchteten auf keinen Fall auf Augenhöhe behandelten, sondern teils als Projektionsfläche ihres Narzissmus ("Wir lassen uns mit Schwarzen und KurdInnen fotografieren, was sind wir doch progressiv"), teils mit einer Art wohlwollender Bevormundung verbunden. Schlimmstenfalls war ihr Exotizismus so etwas wie "in den Zoo gehen", auf die Spenden solcher Leute waren wir dennoch angewiesen.
Die andere waren Jungautonome, die Flüchtlings als revolutionäre Vorbilder betrachteten von denen sie kämpfen lernen wollten oder als eine Art Missionare der Menschlichkeit, auf jeden Fall als zu bewundernde Menschen, wo bei beiden Gruppen ein gehöriger Schuss "Edle Wilde" mitschwang. Verbunden war das mit einem höchst moralinsauren Sprachduktus und überhaupt moralgelenkten Denkverboten, das war ja eine Szene in der vor Parties so eine Art feministische Zensurkommission die CDs des DJs nach vermeintlichen sexistischen Songs oder Interpreten (z.B. Alice Cooper, Angelic Upstarts, Creator, aber auch Ice T) durchkämmte und vorsorglich aus dem Verkehr zog. Da war das Auftreten des Zulumanns gegen die Bigotterie dieser beiden Moralfraktionen eine schallende Ohrfeige die saß.
Ich betreibe mein mich Abarbeiten an und mein mich Lustigmachen über PC-Moral ja auch weder als Selbstzweck noch als Schabernack, sondern nach Chlodwig Poth: Der Witz ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.
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Es ist dies allerdings eine Perspektive die ich mit etlichen Angehörigen meines politischen Lagers teile.
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Was daran verdreht sein soll, kann ich freilich nicht nachvollziehen, da möge der Kritiker gerne nochmal einen Versuch unternehmen, sein Unbehagen genauer zu beschreiben.
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Ich selber habe/hatte kaum je Kontakt zu jenem Spackentum. Außer vielleicht einmal bei einem Wokrshop für sog. "Lernhelfer" vom Goethe-Institut.
Hat allerdings wenig gebracht für mich als z.T. auch Lehrer vor allem aber Helfer (denn wir haben viele ergraute, pensionierte professionelle Pädagogen am Start), der eherenamtlich vor allem sprachlich "zurückgebliebenen" Flüchtligs-Frauen auf die Sprünge hilft. Da sind die Kinder (gewesen) u. oder Männer, die geglaubt hatten, fleißiges Abmalen der Buchstaben im sehr zu empfehlenden "Hamburger ABC" würde schon irgendwie hinreichen. Ergebnis: die schreiben alle Buchstaben von rechts nach links, lernen "F" als "eF" und nicht als "fffff..." Können also ohne Praxis praktisch nix, und wenn dann falsch. (aber ziggev ist ja da ...)
In dem Workshop nun kamen wir auf ein typisches u. etwas fragwürdiges Ritual zu sprechen, dem nämlich, nach Namen, Alter, Familienstand, Kindern - und Beruf zu fragen. (mein Gott, frau muss auf jede Frage eine Antwort haben ?!) Dass das in den Herkunftsländern weniger bekannte Konzept der "Hausfrau" hier nach jüngsten Entwicklungen durchaus mit einigem Selbstbewusstsein vertreten werde, zu vermitteln wiederum nicht das Leichteste sei. (warum überhaupt?) Im Goethe-Institut war nun diese Frau mit Kontakt zu einem Frauenhaus in HH-Altona, die mit entschlossener Stimme unerbittlich gefordert hatte, der Beruf jener Frauen sei "Familienmanagerin".
Bei uns war dann eine jener "russischen Super-Power-Frauen", wie ich sie gerne nenne, aus Tschetschenien. Gebildet, selbstständig, super Auffasungsgabe. Als nun das leidige Thema (Beruf) drankam, vergeblich versucht worden war, das Konzept "Hausfrau" zu erklären, warf ich, mehr als Witz, "Familienmanagerin" ein. Eine unverzeihliche Unachtsamkeit !!!
Svetlana ("die Lichtvolle" Tscheschenin, wie ich sie jetzt mal nenne) fuhr jetzt völlig entrüstet aus der Haut: "Mit all dem habe ich so was von gar nichts zu tun! Ich bin keine 'Hausfrau', oder wie ihr das nennt, oder '***managerin', ich habe mit all eurem/n '***' nichts zu schaffen! Ich bin ..." Ja, ich wusste ja, sie ist eine intelligente, selbstständige "russische Super-Power-Frau" mit hervorragender Auffassungsgabe! - und bereute meinen Einwurf sofort sehr, - denn sie verließ wutentbrannt den Raum.
Soviel dazu, was ideologisch vorgeprägte Sprachpraxis manchmal, wenn´s drauf ankommt und ankommen sollte, ausrichten kann. - Bin noch mit schlechtem Gewissen hinterhergerannt, um ihr zu sagen,das sei alles nur Blablaba, hätte keinen Zweck, darüber nachzudenken, aber sie war schon weg und ward nie wieder gesehen.
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Che, dein Bericht schildert in der Tat eine Art Vorhölle. Das "Wiedergängertum", von dem du so wundervoll sprichst, scheint sich aber auch in deinen Formulierungen, deiner Typologie gewissermaßen zu spiegeln. (Wenn zur Hand, bitte vergleiche Prousts 'Maskenball'!) Das fußt natürlich, wovon ich überzeugt bin, auf wiederkehrenden Erfahrungen, die zu beschreiben eben irgendwann sprachliche Redundanzen unvermeidlich machen.
Meine singuläre Erfahrung (die oben geschilderte Begebenheit) bestärkt mich jedenfalls in der Auffassung, dass du nicht aus langer Weile oder aus Gewohnheit dich auf vorgestanzten Formulierungen/Urteilen ausruhst. Es deutet alles darauf hin, dass sich alles so abgespielt hat, wie es sich, wie von dir geschildert, abgespielt hat.
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Ich dagegen habe mit einer gewissen Bräsigkeit einer Szene zu tun, die sich fast ausschließlich aus pensionierten Pädagogen und anderen ergrauten Herrschaften zusammensetzt, die allesamt in einem Gebiet wohnen (Grenzgebiet HH/Schleswig Holstein), wo i.d. 70ern Bauland günstig war, das Leben aber immer langweiliger wurde (Beamte). Politisch indifferent, kannst dir gar nicht denken. Ehemals CDU vorne (so auch die Pädagogin, bei der ich fleißig hospitierte), aber Bürgermeister ohne Partei, und, wie ich erfuhr, eher Marionette. - Was wiederum den Internet-Typen nicht daran hinderte, nen Hafenstraßen-Link auf der Homepage zu setzen - ein Aufruf zur Demo wegen des Typen, der in HH unter myteriöen Umständen in einer Flüchtlingsunterkunft verbrannte (...)
Hier also ein Foto vom Neujahrsempfang im dortigen Rathaus, wo ich - abgesehen von den zumeist syrischen Musikern - der einzige nichtergraute war (sofern noch Haare vorhanden):
https://wortanfall.files.wordpress.com/2018/03/img_05781.jpg?w=768
In der Mitte der junge Syrier, mit klassischem Gesang (also "1 1/2-Halbtöne"), hinten Gabriel, der fantastische und vollkommen überzeugende (Balkan)-Jazz-Gitarrist aus Rumänien auf der Bank vor dem Fenster.
Ich habe sogar eine Anstecknadel des Landes Schleswig-Hosltein! Und alle so: Yea !!
PS: vor 'Svetlana' habe ich solchen Respekt!
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... und dann rauchte ich mit diesem Kerl, draußen vor dem Jazz-Club, ne Zigarette in meiner Nähe (was in der Vorstadt so als "Nähe" gilt), nach kurzem Blabla stellte es sich heraus, dass das ein Hochschul-Jazz-Dozent war, aber das ist normal in der sehr kleinen Jazz-Szene in HH, ich versuchte ihm beizubringen, dass jetzt bald Schluss sei, weil die Bardame mir das so gesagt habe, er machte sich also auf, nach unten, um dann doch noch etwas zu spielen - naja, Bartok, Schostokaovitsch und Charlie Parker auf 8 Takte komprimiert.
Die Zeit drängte, aber es war wirklich sehr komprimiert. Eigentlich hatten wir uns aber über den neuen Gitarristen unterhalten, und erst als der wieder spielte, bemüßigte sich jener Hochschullehrer ´runter zur Session, denn der war wirklich genial.
Jener Hochschullehrer hatte mir ja erzählt, dass er seine Hauptaufgabe, was diesen neuen Gitarristen betreffe, darin sehe, ihn in Bandzusammenhänge zu integrieren, diese unbändige Spiellust zu bändigen.
Was soll man denn da auch machen, wenn die Fähigkeit eines Eddy Van Halen mit dem Verständnis des Balkan-Jazz, wenn nicht Zigeuner-Jazz, oder den jüdischen Anfangsbedingungen etwa von keinem geringerem als Duke Ellington zusammentrifft ?
Rein musikalisch ist es absolut interessant, was hier zurzeit passiert !! (nicht genug Platz für Ausrufezeichen.)
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Ein kleiner (ggf. falscher) Gedanke von mir zur Beschreibung von Che:
Eventuell ließe sich die bevorzugte Wahrnehmung eines ökolinken Normalopublikums als Exotismus-Konsumenten als szenetypisches Überheblichkeitsgetue verstehen oder eben - pardon - als moralinsauer.
Da ich nur meinen eigenen, allemal sehr beschränkten Horizont zur Verfügung habe, und halt meinen eigenen beschissenen Hintergrund, bin ich im Zweifel deutlich einverstandener mit Menschen, die eine Form des gutwilligen Exotismus und einen ganz gewöhnlichen Straßenfest-Hedonismus ausleben (und ansonsten ihre ggf. belanglose wie ingnorante Mittelschicht-Normalo-Existenz, die ich oft selber gerne teilen würde).
Aus Szene-Sicht ist das sicherlich falsch.
Schwer fällt es mir, oft, hingegen solche Menschen sympathisch zu finden, die anderen Menschen stets die überaus bedeutenden, gleichwohl etwas zähflüssigen, Extrakte ihrer politischen Erkenntnisse zu verabreichen pflegen, idealerweise in Gestalt höchst sensibler und akademisch ausgebuffter sprachpolizeilicher Regeln oder in Form überaus progressiv verstandener, und sicherlich kaum zu toppender politischer Denkfiguren.
Vermutlich bin ich noch viel zu normal, um ich daran zu erfreuen. Und, und das spricht noch mehr gegen mich, ich bin auch diesen politischen Szene-Haltungen gegenüber schlicht zu fremd, um sie mir einfach mal zu eigen machen zu können.
Allzusehr glaube ich zudem, dass wirklich jeder politische Mensch in ein tiefes Bad von Missverständnissen und Unwissen getaucht ist, wirklich ein jeder und eine jede ohne jegliche Ausnahme, als dass mir persönlich das Recht erwachsen würde, irgendwelchen etwas politikferneren Normalo-Existenzen fundamentale Vorwürfe machen zu dürfen.
So sehe ich das, und ich bitte um Verzeihung darum.
Diese Haltung hat übrigens gelegentlich auch Vorteile. Im Zweifel komme ich sogar mit NPD-/AfD-Wählern als Nachbarn klar, welche einen großen Schwung entsprechender Parolen im Gespräch aufbieten, völlig ohne jegliche Reibung und mit aller gebotenen Freundlichkeit, wie es eben so unter Nachbarn aus guten und allerbesten Gründen üblich ist, und kann diese dann in recht kurzer Zeit zu braven SPD-Wählern umerziehen, welche nie wieder ein Kreuz bei der NPD oder AfD machen werden.
Meine eigenen Existenz ist ausgesprochen widersprüchlich, und mein Wesen ist dies auch. Bin ich in Foren gerne ein ekelhafter und umständlich formzulierender (Kommentar: "formzulieren" ist wirklich zu schön - und passt wie ein Anzug zu mir und meiner Ausdrucksweise) Widerspruchsgeist und - zu allem Übel - ein dekonstruktiver Dekonstruktivist, also wirklich unleidlich im Betragen, so kann ich mich doch im wirklichen Leben auf Menschen wirklich einlassen, ohne mein Gegenüber in irgendeiner Weise zu verurteilen oder herab zusetzen.
Ich weiß nicht, ob das generell so ist, aber Menschen scheinen es zu mögen, wenn man sie nicht wegen vermeintlicher (oder: tatsächlicher!) Haltungen verurteilt, und sie sind im Gespräch aufgeschlossener, wenn sie eben merken, dass man sie nicht verurteilt und als Mensch ohne jeden gebotenen Ekel respektiert. Auch scheint es mir genau so zu sein, dass sogar die allerfurchtbarsten politischen Fehl-Einstellungen bei Menschen auftauchen, die grundsympathisch sind - und ohne sonderlichen bösen Willen.
Zum Beispiel auch bei der eigenen Person...
;-)
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Aus Szene-Sicht ist das sicherlich falsch.
Schwer fällt es mir, oft, hingegen solche Menschen sympathisch zu finden, die anderen Menschen stets die überaus bedeutenden, gleichwohl etwas zähflüssigen, Extrakte ihrer politischen Erkenntnisse zu verabreichen pflegen, idealerweise in Gestalt höchst sensibler und akademisch ausgebuffter sprachpolizeilicher Regeln oder in Form überaus progressiv verstandener, und sicherlich kaum zu toppender politischer Denkfiguren.
"
----- Nein, das geht an allem was ich meine weit vorbei, und ich finde das eigentlich auch gar nicht schwer zu verstehen. Ist gar nicht so weit weg von einigen Dingen die vor Jahren Momorulez beschrieben hatte. Die Haltung grün-alternativer, mir gesinnungsmäßig vom Grundansatz her gar nicht so fern stehender Menschen, die einerseits beim Straßenfest durch die Schwarzen/Kurden/Migranten/Flüchtlinge unterhalten werden wollen, sich dabei in Abgrenzung von Fremdenfeinden sehr gut und moralisch hochstehend vorkommen und andererseits niemals auf die Idee kämen, die Schwarzen/Kurden/Migranten/Flüchtlinge als Menschen auf Augenhöhe zu behandeln bewegen sich auf dem geistigen Niveau von Kolonialherren. Ihr Verhalten ist paternalistisch und eine milde Form von Rassismus. Das wird aber kaschiert hinter einer qua PC-Sprech (was Du Sprachpolizei nennst) aufgebauten untadeligen Fassade.
Die wurde z.B. vom Zulumann gekonnt durchbrochen.
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Nehmen wir doch einmal drei sehr typische Besuchertypen eines solchen multikulturellen Straßenfestes, die hier problemlos als grün-alternatives, verbürgerlichtes Publikum betrachtet werden können.
A) Eine alleinstehende Mutti mit ihren beiden Kindern, dazu eine Bekannte, eine frühere Kollegin. Halbtagsjob und Aufstockerin. Gemeinsam Falafel essend, mit Interesse an Kunsthandwerk. Findet so ein Straßenfest halt interessanter als zum Beispiel eine "Europa-Meile" mit Würstchen und Bier. Wählt tatsächlich die Grünen und hat gewisse, feministische Ansätze, ohne aber über die aktuellsten Entwicklungen wirklich Bescheid zu wissen. Kein großer Freundeskreis, halt das, was aus Schultagen und über Jobs so übrig geblieben ist, kein politisches Engagement aktuell. Hat früher mal eine Zeit lang in einem Stadtteilladen (wie wir jetzt wissen: weiße Scheiße) ehrenamtlich mitgearbeitet, aber jetzt keinen Nerv und auch nur noch wenig Zeit für so etwas. Politische Gruppen findet sie nervig, das ist nichts für sie.
Schlimm. Ganz schlimm.
B) Ein alleinstehender älterer Herr in seinen 70er Jahren, das Haar schlohweiß, eigentlich eher im Kulturbürgertum verortet. Schwankte früher immer zwischen SPD und Grüne, hält sich für eher undogmatisch, hat am Anfang der Flüchtlingsbewegung etwas gespendet. Kein Aktivist, nie gewesen, aber war mal ein gefragter Mann für Bewässerungstechnik. Auch weiß. Freut sich an solchen bunten Festen, gefällt ihm halt irgendwie, außerdem trifft er hier ab und an mal Bekannte und alte Freunde. Zu Hause beschäftigt er sich seit einigen Jahren mit Holzschnitzkunst und freut sich, wenn sich mal ein Kindergarten findet, der ihm trotz Vorschriftenparanoia ein paar seiner Figuren und Spielzeuge abnimmt. Nein, gegen Kinder und andere Menschen mit anderen Hautfarben hat er nichts. Kinder sind doch süß! Seine eigenen leben leider weit weg und haben wenig Zeit für Familiäres. Ob es wirklich so viele Flüchtlinge sein mussten, weiß er nicht, aber er sieht da gar keine Probleme im Zusammenleben - hat auch nicht viel damit zu tun, denn in seinem Umfeld begegnet er nur wenigen und die Jugendlichen aus der betreuten Einrichtung im Nachbarhaus, die machen keine Probleme. Mit einem hat er mal gemeinsam dessen Fahrrad bzw. die Reifen geflickt. Auf dem Fest ist er einfach, ums sich wohl zu fühlen, ganz ohne irgendwelche politischen Ambitionen.
Schlimm. Sehr, sehr schlimm.
C) Jasmin und Stefan. Zwei Jugendliche und miteinander am turteltauben. Auch weiß. Machen sich so rein garnichts aus dem Problem, dass sie auf diesem Fest ihre Heterosexualität performen und damit auf alle Übrigen einen erdrückenden Normalisierungsdruck ausüben. Befragt man sie zu ihrem Verbrechen, so lachen sie nur gemeinsam, und kapieren es einfach nicht. Das sind zwei 15-Jährige Gymnasiasten, einfach neugierig, weil das Fest ja gleich um die Ecke ist, wo sie wohnen. Im Grunde genommen sind sie vom Lärm angelockt worden, den ein Straßenfest macht, mit der Musik hier können sie aber so rein garnichts anfangen.
Falafel essen sie auch.
Sie ist von diesen ganzen von mir beschriebenen Besuchern (A bis C) vermutlich diejenige, die sogar am ehesten etwas mit Politik am Hut hat, nur, sie weiß jetzt noch nichts davon. Sie hat jede Menge Respekt für Merkel, das gefällt ihr einfach, diese unprätentiöse Art, und sie wird 10 Jahre später auf der untersten Ebene Lokalpolitik für die CDU machen, und eher im liberalen Flügel zu verorten sein. Er wird Bewässerungsingenieur, und wie der Zufall so spielt, darum, weil er beim Warten auf den Falafel in der Schlange mit einem älteren Herren mit schlohweißen Haar zufällig ins Gespräch geriet. Die Falafel sind eigentlich ganz lecker, findet Stefan. Stefan wird später zudem Vegetarier (aber nicht: Veganer), und geradezu ein prototypischer "Öko" und er wird später mal auch einige AntiFa-Aktionen mitmachen, aber dabei immer reinweg bürgerlich-liberal bleiben. Mit der Gewaltfolklore sogenannter Anarchisten kann er nichts anfangen, mit Nazis noch weniger. Überzeugter Grünenwähler, und die Kinder, die er mit Jasmin zeugen wird, sind dann quasi das Ergebnis einer schwarz-grünen Koalition.
So richtig schlimm. Furchtbar!!
Warum schlimm, könnte man fragen. Die tun doch nichts, die besuchen doch einfach nur ein Straßenfest. Che hat es uns erklärt: Kolonialherren!!
Das ist das geistige Niveau dieser Leute. Darauf weist Che unvergleichlich klar und die tatsächlichen Verhältnisse präzis erfassend hin. Achja, richtig. Jetzt merke ich das auch. Wie konnte ich das nur übersehen?
Kolonialherren! Das ich da nicht sofort drauf gekommen bin. Bis eben allerdings, das muss ich zugeben, hätte ich allerdings eher gedacht, dass es viel zu einfach ist, irgendwelchen Menschen etwas zu unterstellen. Und ich hätte gedacht, dass man als politisch sehr bewusster Mensch (Che) schlicht kein Recht darauf hat, dass irgendwelche, bunte Straßenfeste besuchenden Normalos genau so denken, wie er es eben tut.
Es mag sogar sein, dass da Leute rumturnen, die so ein Straßenfest tatsächlich besuchen, weil sie es in dieser Form interessanter finden. Was ja angeblich eine besonders üble Form des "Exotismus" darstellen würde. Und da sind Leute darunter, ernsthaft, die sich deutlich mehr für "Homöopathie" interessieren als für den Begriff der "Perepherie" und für politische Theorie.
Niemand der Besucher, wirklich niemand außerhalb des Organisatorenkreises, würde jemals ein kurdisches Ausbildungslager besuchen und mit diesen Kurden gemeinsam über die Berge kraxeln. Das ist einfach nicht deren Ding. Teils aus grundgutem Sicherheitsbedürfnis heraus, teils, weil ihnen - hoppla - solche Dinge dann doch deutlich zu exotisch vorkommen würden...
Merke: Der böse Mensch mit seinem schändlichen Exotismus ist immer der andere!
Oder um meine Sichtweise noch einmal etwas klarer rund weniger umständlich zu erklären: Der verurteilende und sich selbst in seiner politischen Haltung überhöhende Stil, hat wenig mit den tatsächlichen Verhältnissen zu tun.
Die Leute, die multikulturelle Straßenfeste besuchen, sind in ihrer Haltung nicht mal im Ansatz "Kolonialherren" und - das wäre zu loben - in der Grundhaltung toleranter als andere. Das schließt weder Dummheit, noch Ingnoranz aus, aber Gutwilligkeit eben auch nicht.
Hier und da mag es wirklich in grünen Kreisen (das sind dann aber eher diejenigen, die so ein Straßenfest organisieren, und weniger die Normalo-Besucher/innen) Leute geben, denen Flüchtlinge oder Migranten eher als eine Art Folie dienen, die gegenüber diesen Leuten eine letztlich eher distanzierte Haltung haben, vielleicht sogar leisen Ekel oder eine bildungsbürgerliche Distanz mit allen Statusgebahren, das nur möglich ist. Es mag Grüne geben, die solche Feste attraktiv finden für das Bedürfnis an "Exotismus", interessanten Männern, als vermeintlichen Beleg für eine moralisch korrekte politische Haltung oder was auch immer.
Aber sogar solchen Menschen gegenüber muss man erst einmal gerecht werden, bevor man diesen gegenüber irgendwelche Pauschalurteile raushaut und sich dann - womöglich - moralisch überlegen hält. Die allermeisten Besucher solcher Straßenfeste sind im Vergleich zur Restbevölkerung toleranter, wohlwollender und neugieriger.
Das ist doch schon mal ein Anfang.
Und, pardon, es könnte als Anfang, so dünne dieser einem vielleicht vorkommen mag, schon einmal mehr wert sein als Leute, die größere, völlig harmlose und freundliche Menschengruppen als "Kolonialherren" verunglimpfen.
Ganz im Ernst, Che: Mit Wohlwollen, Toleranz und Neugierde kommt man nämlich ziemlich weit. Weiter jedenfalls als jene, die anderen einen abwertenden Exotismus anhexen, um Kern vermutlich darum, weil sie sich selbst für unvergleichlich schlauer halten in politischer Hinsicht.
Das wäre dann aber leider der Punkt, so sehe ich das, wo politisches Wissen und Engagement sich in tumbes Vorurteil verkehren. Dieser Gefahr unterliegen wir übrigens alle, die wir als Homo Politicus unterwegs sind.
Trotzdem denke ich, dass Che mit der Zuschreibung von Eigenschaften zu Besuchern solcher Straßenfeste deutlich über das Ziel hinaus geschossen ist.
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Btw und wenn Du mit dem Hetenperformance-Thema ausgerechnet bei mir kommst machst Du auch noch einen Unterschleif.
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Der provokante Unterschleif sollte nur zeigen, wie das mit den Zuschreibungen meiner Meinung nach so funktioniert. Der eine zimmert sich aus seinem Gegenüber flugs einen Kolonialherren, der/die andere, einen unterdrücklerischen Hetenperfomanzler.
Das geht so fix - so schnell kann man gar nicht gucken. Und das wirklich Tolle daran ist, dass das innerhalb einer bestimmten politischen Welt völlig konsistent und logisch ist.
Logisch also der unterdrücklerische Hetenperformanzler (nur Leute wie ich und Che hängen derlei Erkenntnisen offenkundig noch etwas hinterher).
Logisch aber auch der Auflauf der Kolonialherren anlässlich eines Multikulti-Straßenfestes. Völlig logisch und konsistent mit der eigenen Wahrnehmung.
Che, bei allem Respekt: Dass du diese Besucher als Gruppe korrekt beschrieben hättest, das nehme ich dir nicht ab. Das sind Zuschreibungen - und keine Beschreibungen. So viele Kolonialherren auf einem Haufen, die allesamt ein multikulturelles Straßenfest besuchen:
Das gibt es nicht in dieser Welt.
P.S.
Che, ich will dir jetzt nicht an den Karren fahren. Mag ja sein, dass auf dem Straßenfest, auf das du dich beziehst, auch ein paar alternativ-grüne Spacken rumliefen. Du hast diese grün-alternativen Besucher aber selbst als Hauptbesuchergruppe bezeichnet, und diesen pauschal eben Exotismus, milden Rassismus bis hin zu "Kolonialherrentum" unterstellt. Vielleicht wolltest du gar nicht so verstanden werden, und hattest da mehr ein paar allzu unangenehme Einzelfälle im Auge, die du im Gegensatz zu mir auch deutlich besser kennst und einschätzen kannst.
Meine Gegenbeschreibung beinhaltete halt Besuchertypen vom "grün-alternativen" Typ, die ich persönlich für ziemlich typisch halte - solche Leute gibt es imho auf praktisch jedem Multikulti-Straßenfest. Normalos halt.
(da wäre ich selber gerne einer davon...)
Unabhängig davon kann ich mir vorstellen, dass es sich so richtig gründlich scheiße anfühlen kann, als Flüchtling mit der deutschen Normalbevölkerung praktisch nur bei solchen Gelegenheiten zu tun zu bekommen. Ich hätte in dieser Lage vermutlich solche Gefühle, ein Stück weit nur das Dekor zu sein und der allgemeinen Volksbespaßung zu dienen, während ich in Wirklichkeit von der Normalbevölkerung ab- und ausgegrenzt bin wie von einer kilometerhohen, unsichtbaren Mauer - hinter der ich für die Normalbevölkerung zumeist unsichtbar bin, oder auf solchen Straßenfesten nur als ein quasi folkloristisches Element.
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Im Grunde das gleiche Muster wie beim Zulumann.
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Der kann ja nicht gut gehen.
Das geht nicht gut in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang (kurzum: Moralspackentum bewegt außerhalb der eigenen politischen Bezugsgruppen nur wenig), und es geht erst recht nicht gut in der persönlichen Kommunikation, wo Derartiges auf der Beziehungsebene eigentlich nur als ungerechtfertigter Angriff verstanden werden kann.
Auf den sachlich-argumentativen Gehalt kommt es dabei nicht einmal besonders an. Interessant ist (für mich), wie die derart "Angegriffenen" reagieren, wie sehr sie sich gekränkt und zutiefst missverstanden zeigen, wie sehr sie die formzulierten (;-)) Argumente (ggf. von ihrer Vorwurfsgestalt entschlackt) aufzugreifen verstehen. Und ob sie den Gehalt des als Vorwurf formulierten Argumentes nachvollziehen können.
Da gibt es auch ganz hübsche wissenschaftliche Untersuchungen zu dem Thema. Einen Menschen mit Argumenten politisch zu überzeugen, von Irgendetwas, auch nur in Kleinigkeiten, und das alte Urteil von etwas Neuen zu ersetzen, das den bisheringen Auffassungen entgegen gerichtet ist, dies ist so gut wie ein Ding der Unmöglichkeit - die Chance liegt nach Angaben von Wissenschaftlern bei etwa 1 Prozent. Sie sinkt in dieser konfrontativ-vorwurfsvollen Art jedoch noch einmal stark ab.
Abgesehen davon also, dass es in politischer Hinsicht so gut wie sinnlos ist (und gleichwohl relativ breiten Raum in sozialen Medien einnimmt), und abgesehen davon, dass ich ohnehin dazu neige, und zwar in einem geredezu grotesken Ausmaß (das ist eine Persönlichkeitsschwäche), lässt es sich recht grob, aber durchaus stichhaltig, als eine Art Persönlichkeitstest einsetzen.
Eine hohe Bereitschaft, sich selbst gekränkt zu zeigen, ist schon einmal kein gutes Zeichen - und die Neigung, aufgrund der so empfundenen Kränkung bzw. des ärgerlichen Missverstehens den folgenden - sachlichen - Dialog in Folge möglichst zu kappen, noch einmal ein anderes. Die idealistische Theorie, die wir als politische Menschen fast alle über uns selbst besitzen, die besagt, dass wir alle recht gut in der Lage seien, Widerspruch auszuhalten, diesen sachlich adäquat verarbeiten und beantworten können - und auch damit gute Voraussetzungen für einen inhaltlichen Diskurs mitbringen. Als geborener Widerspruchsgeist und quasi mit der Autorität einer lebenslangen und sehr wirksamen Testanordnung kann ich sicher sagen, dass dies nicht der Fall ist.
Um es hier einmal deutlich zu sagen: Ich halte allgemein sehr viel von Che.
Che ist jedenfalls nicht "durchgefallen" - und seine Reaktion eben eine völlig verständliche. Wer würde denn an so einer Stelle sagen (als eine von sehr vielen anderen Möglichkeiten): "Ja, du hast recht, da bin ich etwas zu weit gegangen mit meinen Zuschreibungen und Wertungen, ein Teil dieses Publikums war so, aber vielleicht war ein Teil des alternativ-linken Publikums ja doch anders drauf, und vielleicht habe ich mir etwas zu sehr die gefühlte Realität der objektiv Beschissendranseienden zu eigen gemacht".
Ich jedenfalls nicht.
Spannend daran ist für mich der direkte Vergleich zu anderen Akteuren, und noch mehr, welche Diskursstrategien auch in gesellschaftlicher Hinsicht ratsam sein könnten.
Ich bin da ratlos und seit einiger Zeit am "forschen". Manchmal schnappe ich mir einen Rechtsausleger in Twitter, und versuche in äußerster Freundlichkeit Argumente auszutauschen. Stelle zum Beispiel Fragen wie: "was wären denn Statistiken oder Quellen, denen Sie vertrauen würden, auf die wir uns einigen könnten?" und die derart Angesprochenen reagieren fast durch die Bank so wie Menschen, die sich in die Enge getrieben fühlen.
Mit Flucht oder Beleidigungsfeuerwerken.
Als Diskurstheoretiker tauge ich nicht (gerade ich nicht), und eine gute Idee, wie besser vorzugehen wäre, die fehlt mir. Ich habe den Eindruck, dass der "common ground" sich gesamtgesellschaftlich verkleinert hat und die politischen Zentrifugalkräfte weiterhin enorm an Geschwindigkeit und Kraft zunehmen. Die allgemeine politische Dialogfähigkeit scheint mir zu schrumpfen, und ich neige dazu, einem (übrigens eher konservativen) Typen auf Twitter ("The Stoic Emperor) recht zu geben, der meinte, dass politische Debatten in sozialen Netzen im Grunde genommen ausgeschlossen sind, weil die Debatten-Teilnehmer allesamt nur noch auf "signals of shared affiliation" achten und nach Bestätigung suchen.
Kurzum, ich mache mir Sorgen und denke immer mehr, "mit meinem Besteck" habe ich nichts in der Hand, um hier in irgendeiner Weise positiv einwirken zu können.
Möglicherweise sollte ich mich weniger auf jene konzentrieren, die bereits sehr dezidierte politische Auffassungen haben, möglicherweise sollte ich das Subversionshandwerk erlernen, also beispielsweise, den Widerspruch zu einer politischen Position in trickreicher Zustimmung einzupacken. Vielleicht war es aber auch schon immer so, dass soziale Fähigkeiten und auch Anpassungsvermögen an die jeweiligen Gegenüber den Erfolg in Debatten bestimmen.
Zu blöd, dass ich das vorher nicht ausreichend gesehen habe. Wirklich blöd. Brunzdumm.
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