Mittwoch, 30. September 2020
10 Mal tödlicher als die Grippe! Epidemiologe benennt 3 Fehler, durch die wir die Corona-Gefahr unterschätzen
Heike Dierbach, Medscape


Eine wichtige Frage bei COVID-19 ist, wie tödlich die Krankheit wirklich ist – nicht zuletzt, weil dies die Maßnahmen zu ihrer Eindämmung rechtfertigt. Doch der Anteil Verstorbener schwankt zwischen den Ländern erheblich, oft auch über die Zeit.

Der international renommierte Epidemiologe Prof. Dr. Rod Jackson von der School of Population Health an der University of Auckland, Neuseeland, hat 3 Hauptprobleme bei der Berechnung der Sterblichkeit ausgemacht. In einem Artikel für den New Zealand Herald liefert er auch gleich die Lösungen, wie diese zu beheben sind [1]. Dadurch lässt sich nach seinen Angaben unter anderem zeigen, dass COVID-19 rund 10 Mal so tödlich ist wie eine Virusgrippe.

So werden die Berechnungen präziser
Lösung für Problem 1: Um die Zahl der Infizierten zu bestimmen, braucht man reihenhafte Testungen auf Antikörper (und auf das Virus) bei vielen tausenden Personen in einer Stadt. Solche Erhebungen gibt es in den USA und Europa. Kleinere Länder wie Island sind hier im Nachteil, sagt Jackson: „Die Studien von dort sind gut gemacht, aber die Zahl der Personen und der Todesfälle ist einfach zu klein.“

Die Zahl der an COVID-19 Verstorbenen lässt sich über die zusätzlichen Todesfälle ermitteln. „Man schaut also, wie viele Menschen innerhalb von sechs Monaten mehr gestorben sind als im Durchschnitt der letzten Jahre über denselben Zeitraum.“ In den USA gab beispielsweise zwischen März und August 2020 insgesamt 248.400 mehr Todesfälle, verglichen mit diesem Zeitraum in den 5 Jahren zuvor. Zugleich wurden aber nur 176.247 Todesfälle wegen COVID-19 gemeldet. „Das legt nahe, dass die wahre Zahl der Todesfälle bis zu 40 Prozent höher liegt“, sagt Jackson.

Problem 2 lässt sich ebenfalls relativ leicht lösen: Nur die Zahl aller Infizierten darf in die Berechnung des Infizierten-Verstorbenen-Anteils eingehen. Die der Diagnostizierten ist dafür ungeeignet.

Problem 3 lässt sich durch Masse lösen: Gruppen mit sehr vielen Personen – am besten ein paar Millionen – sind weniger anfällig für Verzerrungen durch Einzelmerkmale, weil sie eher gemischt sind. Die untersuchte Todeszahl sollte möglichst mehrere Tausend betragen. „Eine Studie mit weniger als ein paar Hundert Todesfällen lohnt sich gar nicht anzusehen“, sagt Jackson. Zu Beginn der Pandemie ließen sich geringe Zahlen nicht vermeiden, aber nun sei dies nicht mehr tolerabel.


Medien sind oft zu unkritisch
Berücksichtigt man diese 3 Punkte, wird es einfacher, den Infizierten-Verstorbenen-Anteil zu berechnen, sagt Jackson. Er kritisiert, dass die Medien oft über Studien berichten, die von vielen Epidemiologen verworfen werden. „Das ist einer der Gründe, warum die Debatte so kontrovers wirkt.“

COVID-19 ist demnach mindestens 10 Mal so tödlich wie die Grippe. Prof. Dr. Rod Jackson
Doch selbst wenn man bessere Zahlen für Zähler und Nenner habe, so enthielten auch diese oft noch Unsicherheiten, sagt Jackson. Aber mit diesen könne man umgehen und zumindest eine Spanne für den Infizierten-Verstorbenen-Anteil berechnen.

Umfangreiche Daten lägen beispielsweise für Spanien vor. Nach diesen Daten starben 0,5 bis 2 von 100 Infizierten. Für den besonders betroffenen Bundesstaat Victoria in Australien kommt Jackson auf höchstens einen von 100. „Zum Vergleich: Bei der Grippe beträgt diese Quote weniger als eins zu tausend. COVID-19 ist demnach mindestens 10 Mal so tödlich wie die Grippe.“

Einen Blick in den Original-Artikel auf der Webseite des New Zealand Herald zu werfen, lohnt auch wegen der zusätzlichen Elemente. Unter anderem werden die aktuellen Infektionszahlen für Neuseeland angegeben, Stand 25. September: Aktive Fälle von COVID-19: 60. Patienten im Krankenhaus: 3. Auf der Intensivstation: 0.



Die Zahl der Diagnostizierten ist als Grundlage ungeeignet
Eigentlich lässt sich die Tödlichkeit einer Krankheit leicht berechnen: Man teilt die Anzahl der Todesfälle (Zähler) durch die Anzahl der Infizierten (Nenner), und erhält so den Infizierten-Verstorbenen-Anteil (Infection Fatality Proportion). Dieser ist nicht identisch mit der Mortalität oder Sterblichkeit, denn diese bezieht sich in der Regel auch auf einen bestimmten Zeitraum.

Jackson nennt 3 Gründe, warum bei COVID 19 die Berechnung des Infizierten-Verstorbenen-Anteils schwierig ist:

1. Wir kennen weder den genauen Wert für den Zähler noch für den Nenner. Nicht alle Verstorbenen sind nur aufgrund von COVID-19 gestorben. Und nicht alle Infizierte werden getestet und erfasst.

2. Es ist uneinheitlich, welche Zahl für den Nenner genommen wird: Manche Forscher stützen sich auch nur auf die Zahl der Diagnostizierten. Doch diese ist eben nicht die Zahl der Infizierten.

3. Die Berechnung bezieht sich immer auf eine bestimmte Gruppe von Personen. Bei COVID-19 spielen aber persönliche Merkmale wie Alter oder Vorerkrankungen eine entscheidende Rolle für die Gefahr durch das Virus. Insofern sind die Zahlen aus einer Gruppe streng genommen nur auf eine Gruppe mit ähnlichen Merkmalen übertragbar. „Wenn die Berechnung von einer Gruppe stammt, die nicht ähnlich ist zur Altersverteilung in Ihrer Stadt oder Ihrem Land, sagt der Infizierten-Verstorbenen-Anteil nicht viel aus“, warnt Jackson.


Und dann spiele natürlich auch noch die Gesundheitsversorgung vor Ort eine wichtige Rolle.

Wenn die Berechnung von einer Gruppe stammt, die nicht ähnlich ist zur Altersverteilung in Ihrer Stadt oder Ihrem Land, sagt der Infizierten-Verstorbenen-Anteil nicht viel aus. Prof. Dr. Rod Jackson
Diese Phänomene seien aber kein Grund, sich mit inkorrekten Berechnungen zufrieden zu geben. Denn je länger die Pandemie dauere, desto bessere Daten seien vorhanden, mit denen man arbeiten könne.

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Wenn ich an Corona sterb, bin ich dann zehnmal toter als bei Grippe?

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Fest steht, dass wer früher stirbt länger tot ist. Wenn man davon ausgeht dass die Seele mit dem Körper aufhört zu existieren ist das anders zu bewerten als wenn sie reinkarniert oder aber außerhalb des Körpers ewig fortexistiert.

Wenn 1 Mensch an Grippe stirbt sterben 10 an Corona.

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