Montag, 20. Juni 2022
Lebenselexir: Kaffee könnte die Krebs- und Herz-Kreislauf-Mortalität senken ? eine Empfehlung, mehr davon zu trinken?
che2001, 13:44h
Will Pass, Medscape
Copyright Michael van den Heuvel
Unter mehr als 170.000 Menschen im Vereinigten Königreich hatten Personen, die täglich etwa 2 bis 4 Tassen Kaffee mit oder ohne Zucker tranken, eine niedrigere Sterberate als diejenigen, die keinen Kaffee konsumierten. Das berichten Forscher um Dr. Dan Liu von der Abteilung für Epidemiologie an der Southern Medical University in Guangzhou, China. Sie haben Ergebnisse einer prospektiven Kohortenstudie veröffentlicht.
?Frühere Beobachtungsstudien haben einen Zusammenhang zwischen dem Kaffeekonsum und geringeren Sterberisiken nahegelegt, aber sie haben nicht zwischen Kaffee, der mit Zucker, mit künstlichen Süßstoffen oder ohne Zucker konsumiert wurde, unterschieden?, schreiben die Autoren in den Annals of Internal Medicine.
Daten aus einer britischen Biobank
Um solche Detailfragen zu klären, wandten sich die Forscher an die UK Biobank. Dort wurden zwischen 2006 und 2010 etwa eine halbe Million Teilnehmer aus Großbritannien rekrutiert. Probanden unterzogen sich einer Reihe von Tests und füllten mehrere Fragebögen aus. Bei 171.616 Teilnehmern liegen Angaben aus mindestens 1 Ernährungsfragebogen vor. Weitere Kriterien für die Studie waren, dass Probanden zum Zeitpunkt der Rekrutierung weder Krebs- noch Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten.
Laut Fragebögen tranken 55,4% der Teilnehmer Kaffee schwarz ohne Süßstoff oder Zucker, 14,3% mit Zucker, 6,1% mit künstlichem Süßstoff und 24,2% konsumierten überhaupt keinen Kaffee.
Kaffee-Konsum mit geringerer Mortalität assoziiert
Im Laufe von etwa 7 Jahren starben 3.177 der Teilnehmer, darunter 1.725 an Krebs und 628 an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Nach Berücksichtigung anderer Faktoren, welche sich auf das Sterberisiko auswirken könnten, stellten die Forscher fest, dass Kaffeetrinker ein deutlich geringeres Risiko hatten, an einer beliebigen Ursache, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder an Krebs zu sterben, verglichen mit Kontrollen, die überhaupt keinen Kaffee konsumierten. Dieser Vorteil wurde bei allen Kaffeearten beobachtet, einschließlich gemahlenen, löslichen oder entkoffeinierten Sorten.
Protektive Effekte zeigten sich am deutlichsten bei Personen, die täglich 2 zwei bis 4 Tassen Kaffee tranken. Ihr Sterberisiko war um etwa 30% geringer, unabhängig davon, ob sie ihrem Kaffee Zucker zusetzten oder nicht. Personen, die Kaffee mit künstlichem Süßstoff tranken, lebten nicht signifikant länger als diejenigen, die überhaupt keinen Kaffee tranken. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass Ergebnis durch höhere Raten an Übergewicht oder Hypertonie in der Gruppe mit künstlichem Süßstoff möglicherweise verzerrt worden wären.
Liu und Kollegen stellten fest, dass ihre Ergebnisse mit früheren Untersuchungen übereinstimmen, die Kaffeekonsum und Überleben in Verbindung brachten. Wie aus anderen Studien bekannt ergaben auch die neuen Daten eine U-förmige Kurve für den Nutzen: Mäßiger Kaffeekonsum war mit einer niedrigeren Mortalität assoziiert, während dies bei geringem oder gar keinem und bei hohem Konsum nicht der Fall war.
Obwohl die vorliegenden Ergebnisse darauf hindeuten, dass der Zusatz von Zucker den gesundheitlichen Nutzen von Kaffee nicht aufhebt, warnten Liu und Kollegen dennoch vor gesüßten Getränken.
Editorial: Welche Rolle spielt der Zucker im Kaffee?
In einem begleitenden Editorial wies Prof. Dr. Christina C. Wee, Deputy Editor bei den Annals of Internal Medicine, auf ein wichtiges Detail hin [2] : Die Menge an Zucker, die Kaffee-Getränken in der britischen Studie zugesetzt wurde, könnte im Vergleich zu der Menge, die einige Kaffeetrinker in den USA zu sich nehmen, verschwindend gering sein.
?Die durchschnittliche Dosis an zugesetztem Zucker pro Tasse gesüßten Kaffees [in der Studie] betrug nur etwas mehr als 1 Teelöffel oder etwa 4 Gramm?, schreibt Wee. ?Das ist weit entfernt von den 15 Gramm Zucker, die eine 8-Unzen-Tasse Karamell-Macchiato bei einer beliebten US-Kaffeekette enthält.? 8 Unzen entsprechen rund 250 ml.
Wee, außerordentliche Professorin für Medizin an der Harvard Medical School in Boston und Direktorin des Adipositas-Forschungsprogramms in der Abteilung für Allgemeinmedizin am Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston, ist jedoch der Meinung, dass typische Kaffeetrinker keine Sorgen zu machen bräuchten.
?Die Beweise sprechen nicht dafür, dass die meisten Kaffeetrinker ? insbesondere Personen, die ihn ohne oder mit nur wenig Zucker trinken ? auf Kaffee verzichten sollten?, schrieb sie. ?Trinken Sie also weiter ? aber es wäre klug, nicht zu viele Karamell-Macchiatos zu trinken, bis weitere Beweise vorliegen.?
Dr. Estefanía Toledo von der Abteilung für Präventivmedizin und öffentliche Gesundheit an der Universität von Navarra in Pamplona, Spanien, hat sich die Studie ebenfalls angesehen. ?Für diejenigen, die gerne Kaffee trinken, nicht schwanger sind oder stillen und keine besonderen gesundheitlichen Probleme haben, könnte der Kaffeekonsum als Teil einer gesunden Lebensweise betrachtet werden?, erklärt sie in einem schriftlichen Kommentar. ?Ich würde empfehlen, dem Kaffee so wenig Zucker wie möglich beizufügen, bis mehr Beweise vorliegen.?
Noch keine Empfehlung für Kaffee zur Prävention
Toledo, die selbst eine Studie veröffentlicht hat, in der ein Zusammenhang zwischen Kaffee und längerem Überleben nachgewiesen wurde, stellte fest, dass mäßiger Kaffeekonsum ?wiederholt? mit niedrigeren Raten von ?mehreren chronischen Krankheiten? und Tod in Verbindung gebracht wurde. Aber es gebe immer noch nicht genug Beweise, um Kaffee für diejenigen zu empfehlen, die ihn nicht bereits konsumierten, so die Wissenschaftlerin.
Ich bin vorsichtig mit der Aussage, dass Menschen ihren Kaffeekonsum erhöhen sollten, nur um ihr Überleben zu verbessern. Prof. Dr. David Kao
Laut Toledo seien weitere Langzeitstudien erforderlich, idealerweise Studien, in denen Veränderungen des Kaffeekonsums und gesundheitliche Folgen im Laufe der Zeit verglichen würden. Ob es jemals solche Daten geben werde, erscheine fraglich, da solche Studien ?nicht einfach und praktikabel durchzuführen sind?.
Prof. Dr. David Kao, Assistenzprofessor für Medizin und Kardiologie und medizinischer Leiter der medizinischen Fakultät der University of Colorado in Denver, Aurora, sagte, die von Liu und Kollegen durchgeführte Studie sei eine ?sehr gut durchgeführte Analyse?. Sie stärke das Vertrauen in die Sicherheit des langfristigen Kaffeekonsums, selbst bei Patienten mit Herzerkrankungen.
Kao hat vor kurzem ebenfalls eine Arbeit veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass ein höherer Kaffeekonsum mit einem geringeren Risiko für Herzinsuffizienz verbunden ist. Bei Empfehlungen bleibt der Experte jedoch zurückhaltend.
?Ich bin vorsichtig mit der Aussage, dass Menschen ihren Kaffeekonsum erhöhen sollten, nur um ihr Überleben zu verbessern?, sagte Kao in einem schriftlichen Kommentar. ?Dennoch scheint es nicht schädlich zu sein, den Kaffeekonsum etwas zu erhöhen, solange man nicht dauerhaft mehr als sechs bis sieben Tassen pro Tag trinkt.?
https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4911288?src=WNL_mdplsfeat_220617_mscpedit_de&uac=389796AZ&impID=4341476&faf=1#vp_2
Copyright Michael van den Heuvel
Unter mehr als 170.000 Menschen im Vereinigten Königreich hatten Personen, die täglich etwa 2 bis 4 Tassen Kaffee mit oder ohne Zucker tranken, eine niedrigere Sterberate als diejenigen, die keinen Kaffee konsumierten. Das berichten Forscher um Dr. Dan Liu von der Abteilung für Epidemiologie an der Southern Medical University in Guangzhou, China. Sie haben Ergebnisse einer prospektiven Kohortenstudie veröffentlicht.
?Frühere Beobachtungsstudien haben einen Zusammenhang zwischen dem Kaffeekonsum und geringeren Sterberisiken nahegelegt, aber sie haben nicht zwischen Kaffee, der mit Zucker, mit künstlichen Süßstoffen oder ohne Zucker konsumiert wurde, unterschieden?, schreiben die Autoren in den Annals of Internal Medicine.
Daten aus einer britischen Biobank
Um solche Detailfragen zu klären, wandten sich die Forscher an die UK Biobank. Dort wurden zwischen 2006 und 2010 etwa eine halbe Million Teilnehmer aus Großbritannien rekrutiert. Probanden unterzogen sich einer Reihe von Tests und füllten mehrere Fragebögen aus. Bei 171.616 Teilnehmern liegen Angaben aus mindestens 1 Ernährungsfragebogen vor. Weitere Kriterien für die Studie waren, dass Probanden zum Zeitpunkt der Rekrutierung weder Krebs- noch Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten.
Laut Fragebögen tranken 55,4% der Teilnehmer Kaffee schwarz ohne Süßstoff oder Zucker, 14,3% mit Zucker, 6,1% mit künstlichem Süßstoff und 24,2% konsumierten überhaupt keinen Kaffee.
Kaffee-Konsum mit geringerer Mortalität assoziiert
Im Laufe von etwa 7 Jahren starben 3.177 der Teilnehmer, darunter 1.725 an Krebs und 628 an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Nach Berücksichtigung anderer Faktoren, welche sich auf das Sterberisiko auswirken könnten, stellten die Forscher fest, dass Kaffeetrinker ein deutlich geringeres Risiko hatten, an einer beliebigen Ursache, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder an Krebs zu sterben, verglichen mit Kontrollen, die überhaupt keinen Kaffee konsumierten. Dieser Vorteil wurde bei allen Kaffeearten beobachtet, einschließlich gemahlenen, löslichen oder entkoffeinierten Sorten.
Protektive Effekte zeigten sich am deutlichsten bei Personen, die täglich 2 zwei bis 4 Tassen Kaffee tranken. Ihr Sterberisiko war um etwa 30% geringer, unabhängig davon, ob sie ihrem Kaffee Zucker zusetzten oder nicht. Personen, die Kaffee mit künstlichem Süßstoff tranken, lebten nicht signifikant länger als diejenigen, die überhaupt keinen Kaffee tranken. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass Ergebnis durch höhere Raten an Übergewicht oder Hypertonie in der Gruppe mit künstlichem Süßstoff möglicherweise verzerrt worden wären.
Liu und Kollegen stellten fest, dass ihre Ergebnisse mit früheren Untersuchungen übereinstimmen, die Kaffeekonsum und Überleben in Verbindung brachten. Wie aus anderen Studien bekannt ergaben auch die neuen Daten eine U-förmige Kurve für den Nutzen: Mäßiger Kaffeekonsum war mit einer niedrigeren Mortalität assoziiert, während dies bei geringem oder gar keinem und bei hohem Konsum nicht der Fall war.
Obwohl die vorliegenden Ergebnisse darauf hindeuten, dass der Zusatz von Zucker den gesundheitlichen Nutzen von Kaffee nicht aufhebt, warnten Liu und Kollegen dennoch vor gesüßten Getränken.
Editorial: Welche Rolle spielt der Zucker im Kaffee?
In einem begleitenden Editorial wies Prof. Dr. Christina C. Wee, Deputy Editor bei den Annals of Internal Medicine, auf ein wichtiges Detail hin [2] : Die Menge an Zucker, die Kaffee-Getränken in der britischen Studie zugesetzt wurde, könnte im Vergleich zu der Menge, die einige Kaffeetrinker in den USA zu sich nehmen, verschwindend gering sein.
?Die durchschnittliche Dosis an zugesetztem Zucker pro Tasse gesüßten Kaffees [in der Studie] betrug nur etwas mehr als 1 Teelöffel oder etwa 4 Gramm?, schreibt Wee. ?Das ist weit entfernt von den 15 Gramm Zucker, die eine 8-Unzen-Tasse Karamell-Macchiato bei einer beliebten US-Kaffeekette enthält.? 8 Unzen entsprechen rund 250 ml.
Wee, außerordentliche Professorin für Medizin an der Harvard Medical School in Boston und Direktorin des Adipositas-Forschungsprogramms in der Abteilung für Allgemeinmedizin am Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston, ist jedoch der Meinung, dass typische Kaffeetrinker keine Sorgen zu machen bräuchten.
?Die Beweise sprechen nicht dafür, dass die meisten Kaffeetrinker ? insbesondere Personen, die ihn ohne oder mit nur wenig Zucker trinken ? auf Kaffee verzichten sollten?, schrieb sie. ?Trinken Sie also weiter ? aber es wäre klug, nicht zu viele Karamell-Macchiatos zu trinken, bis weitere Beweise vorliegen.?
Dr. Estefanía Toledo von der Abteilung für Präventivmedizin und öffentliche Gesundheit an der Universität von Navarra in Pamplona, Spanien, hat sich die Studie ebenfalls angesehen. ?Für diejenigen, die gerne Kaffee trinken, nicht schwanger sind oder stillen und keine besonderen gesundheitlichen Probleme haben, könnte der Kaffeekonsum als Teil einer gesunden Lebensweise betrachtet werden?, erklärt sie in einem schriftlichen Kommentar. ?Ich würde empfehlen, dem Kaffee so wenig Zucker wie möglich beizufügen, bis mehr Beweise vorliegen.?
Noch keine Empfehlung für Kaffee zur Prävention
Toledo, die selbst eine Studie veröffentlicht hat, in der ein Zusammenhang zwischen Kaffee und längerem Überleben nachgewiesen wurde, stellte fest, dass mäßiger Kaffeekonsum ?wiederholt? mit niedrigeren Raten von ?mehreren chronischen Krankheiten? und Tod in Verbindung gebracht wurde. Aber es gebe immer noch nicht genug Beweise, um Kaffee für diejenigen zu empfehlen, die ihn nicht bereits konsumierten, so die Wissenschaftlerin.
Ich bin vorsichtig mit der Aussage, dass Menschen ihren Kaffeekonsum erhöhen sollten, nur um ihr Überleben zu verbessern. Prof. Dr. David Kao
Laut Toledo seien weitere Langzeitstudien erforderlich, idealerweise Studien, in denen Veränderungen des Kaffeekonsums und gesundheitliche Folgen im Laufe der Zeit verglichen würden. Ob es jemals solche Daten geben werde, erscheine fraglich, da solche Studien ?nicht einfach und praktikabel durchzuführen sind?.
Prof. Dr. David Kao, Assistenzprofessor für Medizin und Kardiologie und medizinischer Leiter der medizinischen Fakultät der University of Colorado in Denver, Aurora, sagte, die von Liu und Kollegen durchgeführte Studie sei eine ?sehr gut durchgeführte Analyse?. Sie stärke das Vertrauen in die Sicherheit des langfristigen Kaffeekonsums, selbst bei Patienten mit Herzerkrankungen.
Kao hat vor kurzem ebenfalls eine Arbeit veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass ein höherer Kaffeekonsum mit einem geringeren Risiko für Herzinsuffizienz verbunden ist. Bei Empfehlungen bleibt der Experte jedoch zurückhaltend.
?Ich bin vorsichtig mit der Aussage, dass Menschen ihren Kaffeekonsum erhöhen sollten, nur um ihr Überleben zu verbessern?, sagte Kao in einem schriftlichen Kommentar. ?Dennoch scheint es nicht schädlich zu sein, den Kaffeekonsum etwas zu erhöhen, solange man nicht dauerhaft mehr als sechs bis sieben Tassen pro Tag trinkt.?
https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4911288?src=WNL_mdplsfeat_220617_mscpedit_de&uac=389796AZ&impID=4341476&faf=1#vp_2
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