Donnerstag, 17. Dezember 2020
Neueste Corona-Informationen von Medscape
che2001, 19:09h
Impfungen in Deutschland sollen nach Weihnachten beginnen
Erneut schwere allergische Reaktion nach Impfung in Alaska
RKI: Knapp 700 Todesfälle und über 30.000 Neu-Infektionen seit gestern
KBV-Chef Gassen glaubt nicht an Erfolg des Shutdown
Triage-Berichte aus Klinikum in Sachsen sorgen für Diskussionen
Exzess-Mortalität in USA: 12.000 jüngere Menschen Opfer von COVID-19?
Virologen halten Abschirmung für keine geeignete Strategie
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat angekündigt, dass – wenn die EMA, wie vorgesehen, eine Zulassung des Biontech/Pfizer-Impfstoffes am kommenden Montag erteilt – direkt nach Weihnachten, also ab dem 27. Dezember, in Deutschland mit Impfungen begonnen werden wird. Zur Gruppe derjenigen mit höchster Priorität gehören über 80jährige Personen, Menschen in Alten- und Pflegeheimen, deren Pflegekräfte wie auch medizinisches Personal etwa auf Intensivstationen.
In den USA zitiert Prof. Dr. Eric Topol auf seinem Twitter-Account einen Bericht der New York Times über 2 weitere schwere allergische Reaktion auf den Biontech/Pfizer-Impfstoff bei der Impfaktion in einer Klinik in Alaska. Eine Krankenpflegerin habe eine Anaphylaxie in den ersten 10 Minuten nach der Impfung erlitten. Sie habe 2 Mal Adrenalin erhalten, sei über Nacht beobachtet worden, habe sich aber wieder erholt. Auch ein männlicher Angestellter der gleichen Klinik benötigte Adrenalin aufgrund von allergischen Reaktionen auf die Vakzine. Im Unterschied zu den britischen bislang gemeldeten ähnlichen Fällen habe die Frau keine vorherigen Allergien in der Vorgeschichte gehabt. Topols Mahnung: „Wir sollten mit seltenen, unerwarteten Nebenwirkungen rechnen.“
KBV-Chef Gassen glaubt nicht an Erfolg des Shutdown
Das RKI hat am Donnerstag 698 neue Todesfälle im Zusammenhang mit dem Corona-Virus gemeldet. Die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen 24 Stunden wurde zunächst mit 26.923 angegeben – dies wären knapp 3.000 Infektionen mehr als vor einer Woche. Aufgrund von Nachmeldungen aus Baden-Württemberg stieg die Zahl der gemeldeten Neu-Infektionen dann auf über 30.000 – den höchsten jemals gemeldeten Wert. Für die gesamte Bundesrepublik gibt die Behörde eine 7-Tages-Inzidenz von 179,2 an.
In einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland hat der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Dr. Andreas Gassen Zweifel geäußert, dass es mit den jetzt in Kraft gesetzten Beschränkungen gelingen werde, die Infektionszahlen und insbesondere die Zahl der Todesfälle unter den Älteren deutlich zu senken.
„Ich gehe nicht davon aus, dass wir bis zum 10. Januar eine relevante Absenkung der Infektionsraten und schon gar nicht der Todesfälle erreichen werden“, sagte der KBV-Chef. Der Orthopäde, Unfallchirurg und Rheumatologe bekräftigte: „Ein Lockdown, egal wie hart, ist keine geeignete langfristige Strategie in der Pandemiebekämpfung.“ Das Ziel müsse sein, „die verletzlichen Bevölkerungsgruppen grundsätzlich deutlich besser als bisher zu schützen“.
Triage-Berichte aus Sachsen sorgen für Aufsehen
Für Aufsehen hatten Berichte von gestern gesorgt, nach denen der Ärztliche Direktor des Oberlausitzer Bergland-Klinikums in Zittau, Prof. Dr. Mathias Mengel, in einem Online-Bürgerforum am Dienstagabend bereits von Triage-Entscheidungen gesprochen hatte. Wie er sagte, habe das Krankenhaus nicht mehr genug Beatmungsbetten, weshalb Ärzte mehrfach hätten entscheiden müssen, welche Patienten Sauerstoff bekommen und welche nicht.
Wenn die Berichte korrekt sind, würde es sich um die ersten bestätigten Triage-Entscheidungen in Deutschland handeln. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer verwies in einer Reaktion lediglich auf die "geltenden ethischen und medizinrechtlichen Standards", nach denen „überall im Freistaat“ gearbeitet werde. Von diesen werde auch bei COVID-19 nicht abgewichen. Medizinischen Behandlungen liege immer eine individuelle Abwägung zugrunde. Der Träger des Krankenhauses, das Gesundheitszentrum des Landkreises Görlitz, bestätigte, die Intensivmedizin in der Klinik stoße „an die Grenzen des Leistbaren".
Doch: „Eine klassische Triage, wer leben darf und wer nicht, diese Entscheidung brauchten wir noch nicht fällen“, zitiert der Spiegel Martina Weber, Sozialdezernentin des Landkreises Görlitz. Zwar müssten Patienten teilweise in andere Krankenhäuser verlegt werden, weil die Klinik ausgelastet sei. „Aber: Wir können die Patienten regional versorgen, das werden wir bis Weihnachten schaffen“. Auch Mengel hatte berichtet, dass derzeit versucht werde, für Patienten, denen man keine Versorgung anbieten könne, eine Verlegung in andere Kliniken zu erreichen. Doch sei die Situation in allen Kliniken in Sachsen angespannt.
In einer gemeinsamen Stellungnahme der Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und der Fachgruppe COVRIIN beim RKI, betonen diese, das deutsche Gesundheitssystem sei zwar stark belastet, „wir stehen aber derzeit NICHT an dem Punkt Priorisierungen von Patienten vornehmen zu müssen!“ „Das DIVI-Intensivregister kann differenziert aufzeigen, in welchen weniger belasteten Regionen freie Intensivbetten zur Verfügung stehen. Durch das Verlegungskonzept können alle schwerkranken Patienten diese Betten auch erreichen“, erläutern DIVI und die Fachgruppe.
USA: 12.000 junge Menschen unter 44 Jahre Opfer von COVID-19?
In einem Research Letter im JAMA berichtet eine Forschergruppe über die Exzess-Mortalität während der 1. Welle bei jüngeren Erwachsenen. Danach gab es unter den Erwachsenen im Alter von 25 bis 44 Jahren in den USA von März bis Juli 2020 insgesamt 19% mehr Todesfälle als erwartet – dies entspricht 12.000 Menschen, die zusätzlich gestorben sind.
Wie die Forscher – unter ihnen Dr. Rochelle Walensky von der Harvard Medical School, die als neue CDC-Chefin nominiert ist – berichten, konnten sie 38% dieser Übersterblichkeit direkt auf COVID-19 zurückführen, doch variiere dieser Anteil je nach Region stark. Die Todesfälle durch COVID-19 seien damit ebenso hoch oder in manchen Landesteilen sogar höher als die Sterbefälle durch Opioid-Missbrauch in dieser Altersgruppe. Ihre Berechnungen seien eher konservativ, schrieben die Forscher – und würden die COVID-19-bedingte Mortalität eher unterschätzen.
Virologen bekräftigen: Abschirmung vulnerabler Gruppen weder umsetzbar noch vertretbar
Die Gesellschaft für Virologie (GfV) verwehrt sich in einer aktuellen Mitteilung dagegen, dass suggeriert werde, die GfV habe sich gegen den bestmöglichen Schutz von Wohn- und Pflegeheimen ausgesprochen. Doch bekräftigt die GfV nochmals, dass sie eine Pandemie-Bekämpfungsstrategie ablehnt, die „einzig und allein auf die Abschirmung von Risikogruppen fußt“.
Die Begründung: „Wir weisen erneut darauf hin, dass die Risikogruppen viel zu zahlreich, zu heterogen und zum Teil auch unerkannt sind, um aktiv abgeschirmt werden zu können.“ Die Gesellschaft verweist darauf, dass z.B. Personen mit Übergewicht, Diabetes, Krebserkrankungen, einer Niereninsuffizienz, chronischen Lungenerkrankungen, Lebererkrankungen, nach Schlaganfall oder Transplantationen sowie – nach ersten Erkenntnissen – auch Schwangere ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. „De facto sind also weite Teile der Bevölkerung in Deutschland den Risikogruppen zuzuordnen. Dementsprechend ist eine allein auf diese Gruppen abzielende Abschirmungsstrategie in der Realität weder umsetzbar noch ethisch vertretbar.“
Update 15. Dezember 2020
EMA-Zulassung noch vor Weihnachten?
Die neuen Zahlen, ein harter Lockdown – und FFP2-Masken für Risikogruppen
Testphase des Corona-Warnarmbands
Biontech: 1. Impfung in den USA
FDA: Worauf sollten Ärzte bei der Impfung achten?
Geringe Impfbereitschaft im Gesundheitswesen stößt auf Kritik
Retrospektive Analyse: Warum grassierte COVID-19 in Italien so stark?
Neurologische Beschwerden auch bei leichtem COVID-19
Verschiedene Medien haben gemeldet, dass noch vor Weihnachten die Zulassung des Biontech/Pfizer-Impfstoffes durch die EMA erfolgen soll. Diese hat bestätigt, dass die Zulassung nun sogar für den 21. Dezember geplant ist. Wie Bundegesundheitsminister Jens Spahn in einer aktuellen Pressekonferenz sagte, soll dann noch vor dem Jahreswechsel mit den Impfungen in Deutschland begonnen werden. Die Infrastruktur dafür sei bereit. An der Pressekonferenz in Berlin zur „Corona-Lage vor Weihnachten" nahmen auch RKI-Präsident Prof. Dr. Lothar Wieler, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Prof. Dr. Alena Buyx, und die Virologin Prof. Dr. Sandra Ciesek teil.
Auf die Nachfrage, warum der Zulassungsprozess in anderen Ländern schneller gehe, erläuterte Spahn: „Wir machen keine Notzulassung, sondern eine ordentliche Zulassung." Diese müsse aber mit allen beteiligten EU-Ländern abgestimmt sein. Zudem werde dabei „tiefer“ in die Daten eingestiegen, was bei der Bevölkerung mehr Vertrauen in die Impfung und den Zulassungsprozess schaffe. Und nicht zuletzt habe dies auch haftungsrechtliche Konsequenzen: Bei einer Notfallzulassung hafte die Regierung, bei einer ordentlichen Zulassung die Unternehmen.
Heute meldete das RKI 14.432 Neu-Infektionen in den vergangenen 24 Stunden. Insgesamt gibt es damit laut RKI in Deutschland mehr als 1,35 Millionen SARS-CoV-2-Infektionen und 22.475 Todesfälle durch COVID-19 (500 mehr als am Vortag). Die 7-Tages-Inzidenz beträgt derzeit 173,7 Fälle pro 100.000 Einwohner. „Die Lage ist so ernst, wie sie noch nie war in dieser Pandemie“, betonte Wieler in der Pressekonferenz. „Im Moment infizieren sich viel zu viele Menschen.“
Erneut schwere allergische Reaktion nach Impfung in Alaska
RKI: Knapp 700 Todesfälle und über 30.000 Neu-Infektionen seit gestern
KBV-Chef Gassen glaubt nicht an Erfolg des Shutdown
Triage-Berichte aus Klinikum in Sachsen sorgen für Diskussionen
Exzess-Mortalität in USA: 12.000 jüngere Menschen Opfer von COVID-19?
Virologen halten Abschirmung für keine geeignete Strategie
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat angekündigt, dass – wenn die EMA, wie vorgesehen, eine Zulassung des Biontech/Pfizer-Impfstoffes am kommenden Montag erteilt – direkt nach Weihnachten, also ab dem 27. Dezember, in Deutschland mit Impfungen begonnen werden wird. Zur Gruppe derjenigen mit höchster Priorität gehören über 80jährige Personen, Menschen in Alten- und Pflegeheimen, deren Pflegekräfte wie auch medizinisches Personal etwa auf Intensivstationen.
In den USA zitiert Prof. Dr. Eric Topol auf seinem Twitter-Account einen Bericht der New York Times über 2 weitere schwere allergische Reaktion auf den Biontech/Pfizer-Impfstoff bei der Impfaktion in einer Klinik in Alaska. Eine Krankenpflegerin habe eine Anaphylaxie in den ersten 10 Minuten nach der Impfung erlitten. Sie habe 2 Mal Adrenalin erhalten, sei über Nacht beobachtet worden, habe sich aber wieder erholt. Auch ein männlicher Angestellter der gleichen Klinik benötigte Adrenalin aufgrund von allergischen Reaktionen auf die Vakzine. Im Unterschied zu den britischen bislang gemeldeten ähnlichen Fällen habe die Frau keine vorherigen Allergien in der Vorgeschichte gehabt. Topols Mahnung: „Wir sollten mit seltenen, unerwarteten Nebenwirkungen rechnen.“
KBV-Chef Gassen glaubt nicht an Erfolg des Shutdown
Das RKI hat am Donnerstag 698 neue Todesfälle im Zusammenhang mit dem Corona-Virus gemeldet. Die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen 24 Stunden wurde zunächst mit 26.923 angegeben – dies wären knapp 3.000 Infektionen mehr als vor einer Woche. Aufgrund von Nachmeldungen aus Baden-Württemberg stieg die Zahl der gemeldeten Neu-Infektionen dann auf über 30.000 – den höchsten jemals gemeldeten Wert. Für die gesamte Bundesrepublik gibt die Behörde eine 7-Tages-Inzidenz von 179,2 an.
In einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland hat der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Dr. Andreas Gassen Zweifel geäußert, dass es mit den jetzt in Kraft gesetzten Beschränkungen gelingen werde, die Infektionszahlen und insbesondere die Zahl der Todesfälle unter den Älteren deutlich zu senken.
„Ich gehe nicht davon aus, dass wir bis zum 10. Januar eine relevante Absenkung der Infektionsraten und schon gar nicht der Todesfälle erreichen werden“, sagte der KBV-Chef. Der Orthopäde, Unfallchirurg und Rheumatologe bekräftigte: „Ein Lockdown, egal wie hart, ist keine geeignete langfristige Strategie in der Pandemiebekämpfung.“ Das Ziel müsse sein, „die verletzlichen Bevölkerungsgruppen grundsätzlich deutlich besser als bisher zu schützen“.
Triage-Berichte aus Sachsen sorgen für Aufsehen
Für Aufsehen hatten Berichte von gestern gesorgt, nach denen der Ärztliche Direktor des Oberlausitzer Bergland-Klinikums in Zittau, Prof. Dr. Mathias Mengel, in einem Online-Bürgerforum am Dienstagabend bereits von Triage-Entscheidungen gesprochen hatte. Wie er sagte, habe das Krankenhaus nicht mehr genug Beatmungsbetten, weshalb Ärzte mehrfach hätten entscheiden müssen, welche Patienten Sauerstoff bekommen und welche nicht.
Wenn die Berichte korrekt sind, würde es sich um die ersten bestätigten Triage-Entscheidungen in Deutschland handeln. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer verwies in einer Reaktion lediglich auf die "geltenden ethischen und medizinrechtlichen Standards", nach denen „überall im Freistaat“ gearbeitet werde. Von diesen werde auch bei COVID-19 nicht abgewichen. Medizinischen Behandlungen liege immer eine individuelle Abwägung zugrunde. Der Träger des Krankenhauses, das Gesundheitszentrum des Landkreises Görlitz, bestätigte, die Intensivmedizin in der Klinik stoße „an die Grenzen des Leistbaren".
Doch: „Eine klassische Triage, wer leben darf und wer nicht, diese Entscheidung brauchten wir noch nicht fällen“, zitiert der Spiegel Martina Weber, Sozialdezernentin des Landkreises Görlitz. Zwar müssten Patienten teilweise in andere Krankenhäuser verlegt werden, weil die Klinik ausgelastet sei. „Aber: Wir können die Patienten regional versorgen, das werden wir bis Weihnachten schaffen“. Auch Mengel hatte berichtet, dass derzeit versucht werde, für Patienten, denen man keine Versorgung anbieten könne, eine Verlegung in andere Kliniken zu erreichen. Doch sei die Situation in allen Kliniken in Sachsen angespannt.
In einer gemeinsamen Stellungnahme der Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und der Fachgruppe COVRIIN beim RKI, betonen diese, das deutsche Gesundheitssystem sei zwar stark belastet, „wir stehen aber derzeit NICHT an dem Punkt Priorisierungen von Patienten vornehmen zu müssen!“ „Das DIVI-Intensivregister kann differenziert aufzeigen, in welchen weniger belasteten Regionen freie Intensivbetten zur Verfügung stehen. Durch das Verlegungskonzept können alle schwerkranken Patienten diese Betten auch erreichen“, erläutern DIVI und die Fachgruppe.
USA: 12.000 junge Menschen unter 44 Jahre Opfer von COVID-19?
In einem Research Letter im JAMA berichtet eine Forschergruppe über die Exzess-Mortalität während der 1. Welle bei jüngeren Erwachsenen. Danach gab es unter den Erwachsenen im Alter von 25 bis 44 Jahren in den USA von März bis Juli 2020 insgesamt 19% mehr Todesfälle als erwartet – dies entspricht 12.000 Menschen, die zusätzlich gestorben sind.
Wie die Forscher – unter ihnen Dr. Rochelle Walensky von der Harvard Medical School, die als neue CDC-Chefin nominiert ist – berichten, konnten sie 38% dieser Übersterblichkeit direkt auf COVID-19 zurückführen, doch variiere dieser Anteil je nach Region stark. Die Todesfälle durch COVID-19 seien damit ebenso hoch oder in manchen Landesteilen sogar höher als die Sterbefälle durch Opioid-Missbrauch in dieser Altersgruppe. Ihre Berechnungen seien eher konservativ, schrieben die Forscher – und würden die COVID-19-bedingte Mortalität eher unterschätzen.
Virologen bekräftigen: Abschirmung vulnerabler Gruppen weder umsetzbar noch vertretbar
Die Gesellschaft für Virologie (GfV) verwehrt sich in einer aktuellen Mitteilung dagegen, dass suggeriert werde, die GfV habe sich gegen den bestmöglichen Schutz von Wohn- und Pflegeheimen ausgesprochen. Doch bekräftigt die GfV nochmals, dass sie eine Pandemie-Bekämpfungsstrategie ablehnt, die „einzig und allein auf die Abschirmung von Risikogruppen fußt“.
Die Begründung: „Wir weisen erneut darauf hin, dass die Risikogruppen viel zu zahlreich, zu heterogen und zum Teil auch unerkannt sind, um aktiv abgeschirmt werden zu können.“ Die Gesellschaft verweist darauf, dass z.B. Personen mit Übergewicht, Diabetes, Krebserkrankungen, einer Niereninsuffizienz, chronischen Lungenerkrankungen, Lebererkrankungen, nach Schlaganfall oder Transplantationen sowie – nach ersten Erkenntnissen – auch Schwangere ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. „De facto sind also weite Teile der Bevölkerung in Deutschland den Risikogruppen zuzuordnen. Dementsprechend ist eine allein auf diese Gruppen abzielende Abschirmungsstrategie in der Realität weder umsetzbar noch ethisch vertretbar.“
Update 15. Dezember 2020
EMA-Zulassung noch vor Weihnachten?
Die neuen Zahlen, ein harter Lockdown – und FFP2-Masken für Risikogruppen
Testphase des Corona-Warnarmbands
Biontech: 1. Impfung in den USA
FDA: Worauf sollten Ärzte bei der Impfung achten?
Geringe Impfbereitschaft im Gesundheitswesen stößt auf Kritik
Retrospektive Analyse: Warum grassierte COVID-19 in Italien so stark?
Neurologische Beschwerden auch bei leichtem COVID-19
Verschiedene Medien haben gemeldet, dass noch vor Weihnachten die Zulassung des Biontech/Pfizer-Impfstoffes durch die EMA erfolgen soll. Diese hat bestätigt, dass die Zulassung nun sogar für den 21. Dezember geplant ist. Wie Bundegesundheitsminister Jens Spahn in einer aktuellen Pressekonferenz sagte, soll dann noch vor dem Jahreswechsel mit den Impfungen in Deutschland begonnen werden. Die Infrastruktur dafür sei bereit. An der Pressekonferenz in Berlin zur „Corona-Lage vor Weihnachten" nahmen auch RKI-Präsident Prof. Dr. Lothar Wieler, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Prof. Dr. Alena Buyx, und die Virologin Prof. Dr. Sandra Ciesek teil.
Auf die Nachfrage, warum der Zulassungsprozess in anderen Ländern schneller gehe, erläuterte Spahn: „Wir machen keine Notzulassung, sondern eine ordentliche Zulassung." Diese müsse aber mit allen beteiligten EU-Ländern abgestimmt sein. Zudem werde dabei „tiefer“ in die Daten eingestiegen, was bei der Bevölkerung mehr Vertrauen in die Impfung und den Zulassungsprozess schaffe. Und nicht zuletzt habe dies auch haftungsrechtliche Konsequenzen: Bei einer Notfallzulassung hafte die Regierung, bei einer ordentlichen Zulassung die Unternehmen.
Heute meldete das RKI 14.432 Neu-Infektionen in den vergangenen 24 Stunden. Insgesamt gibt es damit laut RKI in Deutschland mehr als 1,35 Millionen SARS-CoV-2-Infektionen und 22.475 Todesfälle durch COVID-19 (500 mehr als am Vortag). Die 7-Tages-Inzidenz beträgt derzeit 173,7 Fälle pro 100.000 Einwohner. „Die Lage ist so ernst, wie sie noch nie war in dieser Pandemie“, betonte Wieler in der Pressekonferenz. „Im Moment infizieren sich viel zu viele Menschen.“
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Mittwoch, 16. Dezember 2020
Zur Spezifität der Corona-Testverfahren und zur Gefahrenlage im Grippeherbst
che2001, 15:26h
Auf Coronadoks ist dieser Beitrag verlinkt den ich für sehr aufschlussreich halte:
https://www.biovis-diagnostik.eu/wp-content/uploads/Biovis_SARS-CoV-2_Teil3_DE.pdf
https://www.biovis-diagnostik.eu/wp-content/uploads/Biovis_SARS-CoV-2_Teil3_DE.pdf
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Samstag, 12. Dezember 2020
Möglicher Durchbruch aus Martinsried (Grüße an Uncle Meat): Wirksames Heilmittel gegen Covid 19 gefunden?
che2001, 20:38h
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Donnerstag, 10. Dezember 2020
Forscher weltweit begeistert: „Dies wird die Medizin verändern“ – DeepMind hat Proteinfaltungsproblem „quasi gelöst“
che2001, 19:21h
Sonja Böhm, Medscape
In den Diskussionen um COVID-19, den Corona-Lockdown und die nun bald verfügbaren Impfungen ist eine Meldung von Ende November beinahe untergegangen, die aber nach Ansicht vieler Experten eigentlich eine wissenschaftliche Sensation ist. „Dies wird alles verändern“, so titelte z.B. Nature am 30. November 2020. Es sei ein Durchbruch gelungen, der „die Biologie transformieren wird“.
Revolution in der Biologie
Um was es geht: Das britische Unternehmen DeepMind, eine Tochter der Google Holding Alphabet, hat mit seinem stark verbesserten KI-Programm AlphaFold in einem internationalen Wettbewerb von wissenschaftlichen Teams einen bisher nicht vorstellbaren Erfolg vermeldet. Das „Proteinfaltungsproblem“ – ein wissenschaftliches Rätsel, an dem seit 50 Jahren geforscht wird, und das in seiner Bedeutung der Aufklärung des genetischen Codes gleichgesetzt wird, sei „quasi gelöst“. AlphaFold gelang es mit bisher nicht vorstellbarer Genauigkeit, die dreidimensionale Struktur von Proteinen allein aus ihrer Aminosäure-Abfolge vorherzusagen.
DeepMind hatte mit seinem Programm AlphaFold, das auf Maschinellem Lernen basiert, mit weitem Abstand den 2-jährlich stattfindenden Wettbewerb CASP (die Abkürzung steht für Critical Assessment of Structure Prediction) gewonnen, an dem rund 100 andere wissenschaftliche Teams weltweit teilgenommen hatten. Die anderen Teams wurden dabei so weit in den Schatten gestellt, dass Wissenschaftler von einer „Revolution in der Biologie“ durch die neuen Möglichkeiten sprechen.
Ein Jahrzehnt Tüftelei – und nun in einer halben Stunde gelöst
Die Naturwissenschaften und speziell die Medizin könnten von dem Fortschritt, Proteinstrukturen anhand ihrer Aminosäuresequenz genau vorherzusagen, ungeheuer profitieren. „Es ist ein Game Changer“, wird Prof. Dr. Andrei Lupas, Molekularbiologe und Direktor am Tübinger Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, in Nature zitiert.
Der Wissenschaftler gehörte zu den „Juroren“, die die Leistung verschiedener Teams in CASP bewertet haben. Er und sein Team hatten aber auch selbst Proteine als „Targets“ eingereicht, unter anderem eines, an dessen Struktur sie seit einem Jahrzehnt tüftelten. „Mit der Vorhersage von AlphaFold als Suchmodell konnten wir die Struktur in einer halben Stunde lösen“, berichtet Lupas gegenüber dem Science Media Center Deutschland.
Mit der Vorhersage von AlphaFold als Suchmodell konnten wir die Struktur in einer halben Stunde lösen. Prof. Dr. Andrei Lupas
AlphaFold werde seine Arbeitsweise und die Fragen, mit denen er sich befasse, verändern, sagt Lupas: „Dies wird die Medizin verändern. Es wird die Forschung verändern. Es wird das Bioengineering verändern. Es wird alles verändern.“
„Structure is function“ – und die Struktur lässt sich nun klären
Kollegen von ihm sind ebenso beeindruckt. „Die dreidimensionalen Strukturen von Proteinen sind wesentlich für das Verständnis biologischer Systeme auf molekularer Ebene, da die Form ihre Funktion bestimmt“, erläutert Dr. Sameer Velankar, Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL-EBI) in Cambridge, UK.
In den Diskussionen um COVID-19, den Corona-Lockdown und die nun bald verfügbaren Impfungen ist eine Meldung von Ende November beinahe untergegangen, die aber nach Ansicht vieler Experten eigentlich eine wissenschaftliche Sensation ist. „Dies wird alles verändern“, so titelte z.B. Nature am 30. November 2020. Es sei ein Durchbruch gelungen, der „die Biologie transformieren wird“.
Revolution in der Biologie
Um was es geht: Das britische Unternehmen DeepMind, eine Tochter der Google Holding Alphabet, hat mit seinem stark verbesserten KI-Programm AlphaFold in einem internationalen Wettbewerb von wissenschaftlichen Teams einen bisher nicht vorstellbaren Erfolg vermeldet. Das „Proteinfaltungsproblem“ – ein wissenschaftliches Rätsel, an dem seit 50 Jahren geforscht wird, und das in seiner Bedeutung der Aufklärung des genetischen Codes gleichgesetzt wird, sei „quasi gelöst“. AlphaFold gelang es mit bisher nicht vorstellbarer Genauigkeit, die dreidimensionale Struktur von Proteinen allein aus ihrer Aminosäure-Abfolge vorherzusagen.
DeepMind hatte mit seinem Programm AlphaFold, das auf Maschinellem Lernen basiert, mit weitem Abstand den 2-jährlich stattfindenden Wettbewerb CASP (die Abkürzung steht für Critical Assessment of Structure Prediction) gewonnen, an dem rund 100 andere wissenschaftliche Teams weltweit teilgenommen hatten. Die anderen Teams wurden dabei so weit in den Schatten gestellt, dass Wissenschaftler von einer „Revolution in der Biologie“ durch die neuen Möglichkeiten sprechen.
Ein Jahrzehnt Tüftelei – und nun in einer halben Stunde gelöst
Die Naturwissenschaften und speziell die Medizin könnten von dem Fortschritt, Proteinstrukturen anhand ihrer Aminosäuresequenz genau vorherzusagen, ungeheuer profitieren. „Es ist ein Game Changer“, wird Prof. Dr. Andrei Lupas, Molekularbiologe und Direktor am Tübinger Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, in Nature zitiert.
Der Wissenschaftler gehörte zu den „Juroren“, die die Leistung verschiedener Teams in CASP bewertet haben. Er und sein Team hatten aber auch selbst Proteine als „Targets“ eingereicht, unter anderem eines, an dessen Struktur sie seit einem Jahrzehnt tüftelten. „Mit der Vorhersage von AlphaFold als Suchmodell konnten wir die Struktur in einer halben Stunde lösen“, berichtet Lupas gegenüber dem Science Media Center Deutschland.
Mit der Vorhersage von AlphaFold als Suchmodell konnten wir die Struktur in einer halben Stunde lösen. Prof. Dr. Andrei Lupas
AlphaFold werde seine Arbeitsweise und die Fragen, mit denen er sich befasse, verändern, sagt Lupas: „Dies wird die Medizin verändern. Es wird die Forschung verändern. Es wird das Bioengineering verändern. Es wird alles verändern.“
„Structure is function“ – und die Struktur lässt sich nun klären
Kollegen von ihm sind ebenso beeindruckt. „Die dreidimensionalen Strukturen von Proteinen sind wesentlich für das Verständnis biologischer Systeme auf molekularer Ebene, da die Form ihre Funktion bestimmt“, erläutert Dr. Sameer Velankar, Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL-EBI) in Cambridge, UK.
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Pfizer-Biontech-Impfstoff: Warnung vor allergischen Reaktionen; Transparenz bei Vakzinen nötig; Mehrgleisige Surveillance
che2001, 19:11h
Michael van den Heuvel, Sonja Boehm, Dr. Thomas Kron, Medscape
Wir informieren Sie in unserem Corona-Blog über aktuelle Entwicklungen, Studien und wissenschaftliche Dispute.
Update 10. Dezember 2020
RKI: Alle Bevölkerungsgruppen müssen Maßnahmen mittragen
Mehrere Surveillance-Systeme im Einsatz
Pfizer-Biontech-Impfstoff: Warnung vor allergischen Reaktionen
MEZIS: Transparenz bei SARS-CoV-2-Impfstoffen
1.242.203 nachgewiesene SARS-CoV-2-Infektionen (+23.679 zum Vortag) und 20.372 Todesfälle durch COVID-19 (+440) – diese Zahlen veröffentlichte das Robert Koch-Institut (RKI) am 10. Dezember 2020. „Die Lage ist ernst und hat sich seit letzter Woche weiter verschlechtert“, so RKI-Präsident Prof. Dr. Lothar H. Wieler bei einer Online-Pressekonferenz. Als 7-Tages-Inzidenz nennt er knapp 150 Fälle pro 100.000 Einwohner. „Das Infektionsgeschehen kann schnell kippen und exponentiell ansteigen – das müssen wir verhindern.“
RKI: Alle Bevölkerungsgruppen müssen Maßnahmen mittragen
Gesundheitsämter seien zunehmend erschöpft und es komme oft zu schweren Ausbrüchen in Alten- beziehungsweise Pflegeheimen mit hoher Mortalität, ergänzt Wieler. „Auch die Langzeitfolgen nach überstandenem COVID-19 werden zunehmen.“
Im Sommer habe man, so der RKI-Präsident, vor allem einzelne Ausbrüche gesehen. „Mittlerweile sehen wir ein diffuses Geschehen und das Virus verbreitet sich in der Bevölkerung.“
Dr. Ute Rexroth, Leiterin des Fachgebiets Surveillance am RKI, betonte, es gebe auf regionaler Ebene deutliche Unterschiede. 264 Landkreise hätten eine 7-Tages-Inzidenz von 100-250 Fällen pro 100.000 Einwohner, aber in einigen Landkrisen sei die Entwicklung auch rückläufig.
„Unterschiede gibt es auch nach Altersgruppen“, so Rexroth. „Wir sehen mehr jüngere Patienten, aber die Inzidenz bei älteren Menschen über 80, die besonders gefährdet sind, stieg auf fast 250/100.000 an.“ Ihr Fazit: „Die Eindämmung kann nur gelingen, wenn alle Bevölkerungsgruppen Maßnahmen mittragen.“
Mittelfristig sei das Ziel, allen Menschen Impfungen anzubieten, sagte Wieler. Bis dahin sei es wichtig, auf 3 Säulen zu setzen: Eindämmung durch die „AHA+L“-Regel, Schutz besonders gefährdeter Personen und Abmilderung von COVID-19 durch neue Therapien. Sein Appell: „Eine Trendwende erreichen wir nur gemeinsam. Strengen wir uns gemeinsam an.“
Mehrere Surveillance-Systeme im Einsatz
Wieler gab im Anschluss einen Überblick zu Surveillance-Systemen am RKI. Daten kommen nicht nur von Gesundheitsämtern. 750 Arztpraxen aus allen Bundesländern melden wöchentlich akute Atemwegsinfektionen und 100 schicken Abstriche zur Untersuchung an das RKI. Seit Februar wird das Material auch auf SARS-CoV-2 untersucht. Und beim Projekt „Grippe-Web“ berichten rund 9.000 Bürger Symptome von Atemwegsinfektionen. Einige von ihnen haben auch Testkits bekommen, um Proben an das RKI zu schicken. Auch die Corona-Datenspende-App hilft bei Einschätzungen. Nicht zuletzt liefert das DIVI-Register Informationen über COVID-19 mit schwerem Verlauf.
„Außerdem ist es wichtig, die Dunkelziffer zu erfassen“, sagt Wieler. „Hier reichen PCR- oder Schnelltests nicht aus.“ Er verweist auf seroepidemiologische Studien mit Blutproben. „Bei Hotspots im Sommer hatten sich bis zu 15% der Menschen angesteckt“, so der RKI-Präsident. „In den meisten Gebieten liegen die Zahlen aber im einstelligen Prozentbereich.“ Man sehe derzeit nur wenig Untererfassung.
Pfizer-Biontech-Impfstoff: Warnung vor allergischen Reaktionen
In Großbritannien haben bereits Impfaktionen begonnen. Priorisiert werden Mitarbeiter im Gesundheitswesen und Bürger über 80 Jahren. Nachdem 2 Beschäftigte des NHS allergische Reaktionen erlitten haben, warnen Aufsichtsbehörden Patienten mit „signifikanten“ Allergien auf Medikamente oder Arzneimittel in der Vorgeschichte. Beide Patienten haben sich erholt.
„In der zentralen klinischen Phase-3-Studie wurde dieser Impfstoff im Allgemeinen gut vertragen, ohne dass vom unabhängigen Datenüberwachungsausschuss ernsthafte Sicherheitsbedenken gemeldet wurden“, wird Pfizer UK zitiert. „An der Studie nahmen bisher über 44.000 Teilnehmer teil, von denen über 42.000 eine 2. Impfung erhalten haben.“
Von der US-amerikanischen FDA veröffentlichte Daten zeigen eine geringe Anzahl allergischer Reaktionen, die sowohl in der Impfstoff- als auch in der Placebo-Versuchsgruppe gemeldet wurden (0,63% versus 0,51%).
MEZIS: Transparenz bei SARS-CoV-2-Impfstoffen
Mit möglichen Folgen neuer Impfstoffe befasst sich auch die Ärzteinitiative MEZIS e.V. – Mein Essen zahl‘ ich selbst. Von der Bundesregierung fordert sie, Nutzens, Risiken und Kosten trotz des steigenden Drucks zu berücksichtigen. „Die Skandale um die Pandemrix®-Impfung und Tamiflu® gegen Schweinegrippe, die alle unter Pandemie-Druck breit eingesetzt wurden und letztlich entweder unwirksam waren (Tamiflu®) oder schwerwiegende Nebenwirkungen verursachten (Pandemrix®), sollten Anlass geben, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen“, heißt es in einer Pressemeldung.
Vor allem die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) müssten trotz des großen Drucks ihrer Verantwortung gerecht werden. Gleichzeitig schließt sich MEZIS einer Stellungnahme des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) an, dass die EMA mit dem Tag der Marktzulassung alle Daten über COVID-19-Vakzine oder -Pharmaka veröffentlicht. Auch die Cochrane Collaboration unterstützt solche Forderungen.
Wir informieren Sie in unserem Corona-Blog über aktuelle Entwicklungen, Studien und wissenschaftliche Dispute.
Update 10. Dezember 2020
RKI: Alle Bevölkerungsgruppen müssen Maßnahmen mittragen
Mehrere Surveillance-Systeme im Einsatz
Pfizer-Biontech-Impfstoff: Warnung vor allergischen Reaktionen
MEZIS: Transparenz bei SARS-CoV-2-Impfstoffen
1.242.203 nachgewiesene SARS-CoV-2-Infektionen (+23.679 zum Vortag) und 20.372 Todesfälle durch COVID-19 (+440) – diese Zahlen veröffentlichte das Robert Koch-Institut (RKI) am 10. Dezember 2020. „Die Lage ist ernst und hat sich seit letzter Woche weiter verschlechtert“, so RKI-Präsident Prof. Dr. Lothar H. Wieler bei einer Online-Pressekonferenz. Als 7-Tages-Inzidenz nennt er knapp 150 Fälle pro 100.000 Einwohner. „Das Infektionsgeschehen kann schnell kippen und exponentiell ansteigen – das müssen wir verhindern.“
RKI: Alle Bevölkerungsgruppen müssen Maßnahmen mittragen
Gesundheitsämter seien zunehmend erschöpft und es komme oft zu schweren Ausbrüchen in Alten- beziehungsweise Pflegeheimen mit hoher Mortalität, ergänzt Wieler. „Auch die Langzeitfolgen nach überstandenem COVID-19 werden zunehmen.“
Im Sommer habe man, so der RKI-Präsident, vor allem einzelne Ausbrüche gesehen. „Mittlerweile sehen wir ein diffuses Geschehen und das Virus verbreitet sich in der Bevölkerung.“
Dr. Ute Rexroth, Leiterin des Fachgebiets Surveillance am RKI, betonte, es gebe auf regionaler Ebene deutliche Unterschiede. 264 Landkreise hätten eine 7-Tages-Inzidenz von 100-250 Fällen pro 100.000 Einwohner, aber in einigen Landkrisen sei die Entwicklung auch rückläufig.
„Unterschiede gibt es auch nach Altersgruppen“, so Rexroth. „Wir sehen mehr jüngere Patienten, aber die Inzidenz bei älteren Menschen über 80, die besonders gefährdet sind, stieg auf fast 250/100.000 an.“ Ihr Fazit: „Die Eindämmung kann nur gelingen, wenn alle Bevölkerungsgruppen Maßnahmen mittragen.“
Mittelfristig sei das Ziel, allen Menschen Impfungen anzubieten, sagte Wieler. Bis dahin sei es wichtig, auf 3 Säulen zu setzen: Eindämmung durch die „AHA+L“-Regel, Schutz besonders gefährdeter Personen und Abmilderung von COVID-19 durch neue Therapien. Sein Appell: „Eine Trendwende erreichen wir nur gemeinsam. Strengen wir uns gemeinsam an.“
Mehrere Surveillance-Systeme im Einsatz
Wieler gab im Anschluss einen Überblick zu Surveillance-Systemen am RKI. Daten kommen nicht nur von Gesundheitsämtern. 750 Arztpraxen aus allen Bundesländern melden wöchentlich akute Atemwegsinfektionen und 100 schicken Abstriche zur Untersuchung an das RKI. Seit Februar wird das Material auch auf SARS-CoV-2 untersucht. Und beim Projekt „Grippe-Web“ berichten rund 9.000 Bürger Symptome von Atemwegsinfektionen. Einige von ihnen haben auch Testkits bekommen, um Proben an das RKI zu schicken. Auch die Corona-Datenspende-App hilft bei Einschätzungen. Nicht zuletzt liefert das DIVI-Register Informationen über COVID-19 mit schwerem Verlauf.
„Außerdem ist es wichtig, die Dunkelziffer zu erfassen“, sagt Wieler. „Hier reichen PCR- oder Schnelltests nicht aus.“ Er verweist auf seroepidemiologische Studien mit Blutproben. „Bei Hotspots im Sommer hatten sich bis zu 15% der Menschen angesteckt“, so der RKI-Präsident. „In den meisten Gebieten liegen die Zahlen aber im einstelligen Prozentbereich.“ Man sehe derzeit nur wenig Untererfassung.
Pfizer-Biontech-Impfstoff: Warnung vor allergischen Reaktionen
In Großbritannien haben bereits Impfaktionen begonnen. Priorisiert werden Mitarbeiter im Gesundheitswesen und Bürger über 80 Jahren. Nachdem 2 Beschäftigte des NHS allergische Reaktionen erlitten haben, warnen Aufsichtsbehörden Patienten mit „signifikanten“ Allergien auf Medikamente oder Arzneimittel in der Vorgeschichte. Beide Patienten haben sich erholt.
„In der zentralen klinischen Phase-3-Studie wurde dieser Impfstoff im Allgemeinen gut vertragen, ohne dass vom unabhängigen Datenüberwachungsausschuss ernsthafte Sicherheitsbedenken gemeldet wurden“, wird Pfizer UK zitiert. „An der Studie nahmen bisher über 44.000 Teilnehmer teil, von denen über 42.000 eine 2. Impfung erhalten haben.“
Von der US-amerikanischen FDA veröffentlichte Daten zeigen eine geringe Anzahl allergischer Reaktionen, die sowohl in der Impfstoff- als auch in der Placebo-Versuchsgruppe gemeldet wurden (0,63% versus 0,51%).
MEZIS: Transparenz bei SARS-CoV-2-Impfstoffen
Mit möglichen Folgen neuer Impfstoffe befasst sich auch die Ärzteinitiative MEZIS e.V. – Mein Essen zahl‘ ich selbst. Von der Bundesregierung fordert sie, Nutzens, Risiken und Kosten trotz des steigenden Drucks zu berücksichtigen. „Die Skandale um die Pandemrix®-Impfung und Tamiflu® gegen Schweinegrippe, die alle unter Pandemie-Druck breit eingesetzt wurden und letztlich entweder unwirksam waren (Tamiflu®) oder schwerwiegende Nebenwirkungen verursachten (Pandemrix®), sollten Anlass geben, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen“, heißt es in einer Pressemeldung.
Vor allem die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) müssten trotz des großen Drucks ihrer Verantwortung gerecht werden. Gleichzeitig schließt sich MEZIS einer Stellungnahme des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) an, dass die EMA mit dem Tag der Marktzulassung alle Daten über COVID-19-Vakzine oder -Pharmaka veröffentlicht. Auch die Cochrane Collaboration unterstützt solche Forderungen.
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Eine Anmerkung zu aktuell kursierenden Fakenews
che2001, 10:10h
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Mittwoch, 9. Dezember 2020
Und falls die Corona-Impfung doch unbekannte Nebenwirkungen macht?
che2001, 19:01h
Der Chef des Paul-Ehrlich-Instituts erklärt die Sicherheitsmaßnahmen
Heike Dierbach, Medscape
Die Impfung gegen COVID 19 kommt – doch viele Menschen sind noch skeptisch aufgrund der Entwicklung und Zulassung in Rekordzeit. Medscape befragte Prof. Dr. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), zum Thema Sicherheit, Impf-Zielgruppen und geplante Maßnahmen, um den Impfstoff auch nach der Einführung genau zu beobachten.
Medscape: Welche Rolle spielt das Paul-Ehrlich-Institut bei der Einführung und Bereitstellung der Corona-Impfstoffe in Deutschland?
Prof. Cichutek: Nach der Zulassung durch die EU-Kommission wird das Paul-Ehrlich-Institut – wie bei allen anderen Impfstoffen auch, die in Deutschland vermarktet werden sollen – die staatliche Chargenprüfung vornehmen und – sofern die Kriterien erfüllt sind – die Chargenfreigabe für Deutschland erteilen.
Prof. Dr. Klaus Cichutek
Das Paul-Ehrlich-Institut ist Gast in der Ständigen Impfkommission (STIKO) und stellt hier, genauso wie gegenüber der Bundesregierung, seine regulatorische Expertise zur Verfügung.
Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Nebenwirkungsbeobachtung bei Einführung der Impfung durch passive und aktive Pharmakovigilanz durch das Paul-Ehrlich-Institut und die Europäische Arzneimittelagentur. [Anm. der Red.: Die WHO definiert Pharmakovigilanz als alle Aktivitäten, die sich mit der Aufdeckung, Bewertung, dem Verstehen und der Prävention von Nebenwirkungen oder von anderen Arzneimittel-bezogenen Problemen befassen.]
Medscape: Wie beurteilen Sie persönlich die in der Interimsanalyse beschriebene 90-%ige Wirksamkeit des RNA-Impfstoffes von BioNtech/Pfizer?
Prof. Cichutek: Diese Verlautbarung ist ein erstes Signal des Entwicklers, dass unter optimalen Bedingungen eine hohe Wirksamkeit von COVID-19-Impfstoffen beim Menschen gegenüber COVID-19 erzielt werden kann. Die als Pressemitteilung veröffentlichten Interimsanalysen bewerten wir nicht, weil dies lediglich eine zusammengefasste Kurz-Information seitens der Firma für die Öffentlichkeit war.
Bei der Entwicklung und Bewertung der Impfstoffe wurden Zeitpläne für Untersuchungen und Bewertungen optimiert, ohne Verlust der üblichen Sorgfalt. Prof. Dr. Klaus Cichutek
Entscheidend ist für uns das Ergebnis der Bewertung der mit dem Zulassungsantrag eingereichten Detaildaten durch den Ausschuss für Humanarzneimittel bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA, durch die Expertinnen und Experten des PEI und der anderen nationalen Gesundheitsbehörden Europas. Diese Bewertung kann nach derzeitigem Stand noch im Dezember erfolgen.
Medscape: Müssen wir uns Sorgen machen, dass der allererste RNA-Impfstoff in einem derart beschleunigten Verfahren zugelassen werden soll?
Prof. Cichutek: Bei der Entwicklung und Bewertung der Impfstoffe wurden Zeitpläne für Untersuchungen und Bewertungen optimiert, ohne Verlust der üblichen Sorgfalt.
Alle an der Impfstoffentwicklung beteiligten Expertinnen und Experten hatten das Ziel, Prozesse effizienter zu gestalten, ohne Abstriche bei der Sorgfalt zu machen. Dies hat zu deutlichen Optimierungen der Verfahrensabläufe und einem Zeitgewinn bei der Entwicklung geführt.
Klinische Prüfungen, die häufig nacheinander stattfinden, wurden kombiniert, beispielsweise Phase 1 mit Phase 2 oder Phase 2 mit Phase 3. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten außerdem auf Vorarbeiten in Forschung und Entwicklung von Impfstoffen gegen andere Coronaviren aufbauen.
Durch das Rolling-Review-Verfahren konnten Teile des Antrags bereits vor der eigentlichen Antragstellung geprüft, verbessert und bewertet werden. Dadurch nimmt die Bearbeitung jetzt deutlich weniger Zeit in Anspruch. All dies gilt übrigens nicht nur für den ersten COVID-19-Impfstoff, für den eine Zulassung beantragt oder erteilt wird.
Medscape: Wann rechnen Sie mit ersten Impfungen in Deutschland?
Prof. Cichutek: Direkt nach der Zulassung und Chargenfreigabe – aber nicht gleich für alle, sondern gemäß Priorisierung und Nationaler Impfstrategie. Bundesgesundheitsminister Spahn geht aktuell von Anfang 2021 aus, vielleicht schon zum Jahreswechsel.
Die EMA-Geschäftsstelle hat ja bekannt gegeben, dass spätestens am 29. Dezember eine außerordentliche Sitzung des Ausschusses für Humanarzneimittel stattfinden soll, auf der gegebenenfalls eine positive Zulassungsempfehlung für die EU-Kommission erstellt werden soll.
Medscape: Welche Maßnahmen sind von Seiten des PEI geplant, um die Sicherheit des Impfstoffes zu gewährleisten?
Prof. Cichutek: Das ist eine nationale Aufgabe, in die das PEI natürlich intensiv eingebunden ist. In der Nationalen Impfstrategie sind unter anderem diese Maßnahmen vorgesehen:
ein Realtime-Monitoring von möglichen Nebenwirkungen
eine prospektive Kohortenstudie mittels Smartphone-App über ein Jahr zu Häufigkeit und Schwere unerwünschter Ereignisse
ein Monitoring zur Impfstoff-Effektivität
geplant ist auch eine krankenhausbasierte Fall-Kontrollstudie zu möglichen unerwarteten Nebenwirkungen.
Medscape: Haben unter den zu erwartenden Impfstoffen einige spezifische Vor- bzw. Nachteile für bestimmte Risikopatienten bzw. Altersstufen? Wird dies bei Impfungen berücksichtigt werden?
Prof. Cichutek: Die Zulassung erfolgt jeweils nur für die Gruppen, für die aussagekräftige Daten aus den klinischen Prüfungen vorliegen. Der Nutzen der Impfung muss gegenüber den Risiken in den Altersgruppen überwiegen.
Die Zulassung erfolgt jeweils nur für die Gruppen, für die aussagekräftige Daten aus den klinischen Prüfungen vorliegen. Prof. Dr. Klaus Cichutek
Die zugelassenen Impfstoffprodukte müssen basierend auf den Ergebnissen der bei der Zulassung vorgelegten Untersuchungen unbedenklich und wirksam sein. Falls bestimmte Risiken und Differenzierungen für Altersgruppen notwendig wären, würde dies bei der Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission berücksichtigt.
Heike Dierbach, Medscape
Die Impfung gegen COVID 19 kommt – doch viele Menschen sind noch skeptisch aufgrund der Entwicklung und Zulassung in Rekordzeit. Medscape befragte Prof. Dr. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), zum Thema Sicherheit, Impf-Zielgruppen und geplante Maßnahmen, um den Impfstoff auch nach der Einführung genau zu beobachten.
Medscape: Welche Rolle spielt das Paul-Ehrlich-Institut bei der Einführung und Bereitstellung der Corona-Impfstoffe in Deutschland?
Prof. Cichutek: Nach der Zulassung durch die EU-Kommission wird das Paul-Ehrlich-Institut – wie bei allen anderen Impfstoffen auch, die in Deutschland vermarktet werden sollen – die staatliche Chargenprüfung vornehmen und – sofern die Kriterien erfüllt sind – die Chargenfreigabe für Deutschland erteilen.
Prof. Dr. Klaus Cichutek
Das Paul-Ehrlich-Institut ist Gast in der Ständigen Impfkommission (STIKO) und stellt hier, genauso wie gegenüber der Bundesregierung, seine regulatorische Expertise zur Verfügung.
Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Nebenwirkungsbeobachtung bei Einführung der Impfung durch passive und aktive Pharmakovigilanz durch das Paul-Ehrlich-Institut und die Europäische Arzneimittelagentur. [Anm. der Red.: Die WHO definiert Pharmakovigilanz als alle Aktivitäten, die sich mit der Aufdeckung, Bewertung, dem Verstehen und der Prävention von Nebenwirkungen oder von anderen Arzneimittel-bezogenen Problemen befassen.]
Medscape: Wie beurteilen Sie persönlich die in der Interimsanalyse beschriebene 90-%ige Wirksamkeit des RNA-Impfstoffes von BioNtech/Pfizer?
Prof. Cichutek: Diese Verlautbarung ist ein erstes Signal des Entwicklers, dass unter optimalen Bedingungen eine hohe Wirksamkeit von COVID-19-Impfstoffen beim Menschen gegenüber COVID-19 erzielt werden kann. Die als Pressemitteilung veröffentlichten Interimsanalysen bewerten wir nicht, weil dies lediglich eine zusammengefasste Kurz-Information seitens der Firma für die Öffentlichkeit war.
Bei der Entwicklung und Bewertung der Impfstoffe wurden Zeitpläne für Untersuchungen und Bewertungen optimiert, ohne Verlust der üblichen Sorgfalt. Prof. Dr. Klaus Cichutek
Entscheidend ist für uns das Ergebnis der Bewertung der mit dem Zulassungsantrag eingereichten Detaildaten durch den Ausschuss für Humanarzneimittel bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA, durch die Expertinnen und Experten des PEI und der anderen nationalen Gesundheitsbehörden Europas. Diese Bewertung kann nach derzeitigem Stand noch im Dezember erfolgen.
Medscape: Müssen wir uns Sorgen machen, dass der allererste RNA-Impfstoff in einem derart beschleunigten Verfahren zugelassen werden soll?
Prof. Cichutek: Bei der Entwicklung und Bewertung der Impfstoffe wurden Zeitpläne für Untersuchungen und Bewertungen optimiert, ohne Verlust der üblichen Sorgfalt.
Alle an der Impfstoffentwicklung beteiligten Expertinnen und Experten hatten das Ziel, Prozesse effizienter zu gestalten, ohne Abstriche bei der Sorgfalt zu machen. Dies hat zu deutlichen Optimierungen der Verfahrensabläufe und einem Zeitgewinn bei der Entwicklung geführt.
Klinische Prüfungen, die häufig nacheinander stattfinden, wurden kombiniert, beispielsweise Phase 1 mit Phase 2 oder Phase 2 mit Phase 3. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten außerdem auf Vorarbeiten in Forschung und Entwicklung von Impfstoffen gegen andere Coronaviren aufbauen.
Durch das Rolling-Review-Verfahren konnten Teile des Antrags bereits vor der eigentlichen Antragstellung geprüft, verbessert und bewertet werden. Dadurch nimmt die Bearbeitung jetzt deutlich weniger Zeit in Anspruch. All dies gilt übrigens nicht nur für den ersten COVID-19-Impfstoff, für den eine Zulassung beantragt oder erteilt wird.
Medscape: Wann rechnen Sie mit ersten Impfungen in Deutschland?
Prof. Cichutek: Direkt nach der Zulassung und Chargenfreigabe – aber nicht gleich für alle, sondern gemäß Priorisierung und Nationaler Impfstrategie. Bundesgesundheitsminister Spahn geht aktuell von Anfang 2021 aus, vielleicht schon zum Jahreswechsel.
Die EMA-Geschäftsstelle hat ja bekannt gegeben, dass spätestens am 29. Dezember eine außerordentliche Sitzung des Ausschusses für Humanarzneimittel stattfinden soll, auf der gegebenenfalls eine positive Zulassungsempfehlung für die EU-Kommission erstellt werden soll.
Medscape: Welche Maßnahmen sind von Seiten des PEI geplant, um die Sicherheit des Impfstoffes zu gewährleisten?
Prof. Cichutek: Das ist eine nationale Aufgabe, in die das PEI natürlich intensiv eingebunden ist. In der Nationalen Impfstrategie sind unter anderem diese Maßnahmen vorgesehen:
ein Realtime-Monitoring von möglichen Nebenwirkungen
eine prospektive Kohortenstudie mittels Smartphone-App über ein Jahr zu Häufigkeit und Schwere unerwünschter Ereignisse
ein Monitoring zur Impfstoff-Effektivität
geplant ist auch eine krankenhausbasierte Fall-Kontrollstudie zu möglichen unerwarteten Nebenwirkungen.
Medscape: Haben unter den zu erwartenden Impfstoffen einige spezifische Vor- bzw. Nachteile für bestimmte Risikopatienten bzw. Altersstufen? Wird dies bei Impfungen berücksichtigt werden?
Prof. Cichutek: Die Zulassung erfolgt jeweils nur für die Gruppen, für die aussagekräftige Daten aus den klinischen Prüfungen vorliegen. Der Nutzen der Impfung muss gegenüber den Risiken in den Altersgruppen überwiegen.
Die Zulassung erfolgt jeweils nur für die Gruppen, für die aussagekräftige Daten aus den klinischen Prüfungen vorliegen. Prof. Dr. Klaus Cichutek
Die zugelassenen Impfstoffprodukte müssen basierend auf den Ergebnissen der bei der Zulassung vorgelegten Untersuchungen unbedenklich und wirksam sein. Falls bestimmte Risiken und Differenzierungen für Altersgruppen notwendig wären, würde dies bei der Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission berücksichtigt.
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Erste Publikation zur „Oxford-Vakzine“ im Lancet: Was die Daten verraten
che2001, 18:56h
Michael van den Heuvel, Medscape
Die University of Oxford und AstraZeneca haben Ergebnisse ihrer Phase-3-Studie mit dem Impfstoff-Kandidaten ChAdOx1 nCoV-19 (AZD1222) einem Peer-Review-Verfahren unterzogen und in The Lancet veröffentlicht [1]. Sie kommen – gepoolt – auf eine Wirksamkeit von 70%, was sich errechnet aus einer Wirksamkeit von 62% bei Personen, die 2 Standarddosen erhielten, und von 90% bei Geimpften, die eine halbe und dann eine ganze Dosis bekamen.
Teilnehmer der Impfstoffgruppe erhielten 2 Dosen mit jeweils 5x1010 Viruspartikeln. Eine Untergruppe (1.367 Personen) in Großbritannien bekam aufgrund eines Versehens nur eine halbe Dosis bei der 1. Impfung, gefolgt von einer vollen 2. Dosis. Die Gruppe mit niedriger Dosis plus Standarddosis umfasste keine Erwachsenen über 55 Jahre, weil ältere Menschen erst zu einem späteren Zeitpunkt rekrutiert worden waren.
Sicherheitsdaten der Vakzine
Die Sicherheit wurde im Median für 3,4 Monate bei allen Teilnehmern aus Großbritannien, Brasilien und Südafrika bewertet. Bei 168 der 23.745 Probanden traten insgesamt 175 schwere unerwünschte Ereignisse auf, aber 172 dieser Ereignisse standen in keinem Zusammenhang mit dem COVID-19- oder Kontrollimpfstoff.
Ein Ereignis trat in der Kontrollgruppe auf (ein Fall von hämolytischer Anämie), ein weiteres in der COVID-19-Impfstoffgruppe (ein Fall von transversaler Myelitis, der möglicherweise mit dem Impfstoff in Zusammenhang gebracht wurde). Hinzu kam ein Fall von schwerem Fieber (> 40°C) bei einem Teilnehmer, dessen Status verblindet blieb. Alle 3 Personen haben sich erholt oder befinden sich in der Genesungsphase und nehmen weiterhin an der Studie teil.
Wirksamkeit gegen symptomatische SARS-CoV-2-Infektionen
Primärer Endpunkt der Studie war die Zahl symptomatischer SARS-CoV-2-Infektionen mehr als 14 Tage nach der 2. Impfstoffdosis, bestätigt durch einen positiven Test.
In der Gesamtgruppe mit 11.636 Personen traten 131 Fälle von symptomatischer COVID-19 auf. Darunter waren 30/5.807 (0,5%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 101/5.829 (1,7%) Fälle in der Kontrollgruppe, was einer Impfstoffwirksamkeit von 70% entspricht.
In der Gruppe der Personen, die 2 Standarddosen des Impfstoffs erhalten hatten, wurde eine Wirksamkeit von 62% erzielt, basierend auf 27/4.440 (0,6%) Fällen in der Impfstoffgruppe und 71/4.455 (1,6%) Fällen in der Kontrollgruppe.
Dagegen betrug die Wirksamkeit in der Niedrigdosis-/Standarddosisgruppe 90%. Hier gab es nur 3/1.367 (0,2%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 30/1.374 (2,2%) Fälle in der Kontrollgruppe.
5 Fälle wurden bei Personen über 55 Jahren beobachtet, aber die Wirksamkeit des Impfstoffs in älteren Altersgruppen konnte aufgrund der geringen Fallzahl noch nicht bewertet werden. Die Autoren schreiben, dass mit solchen Analysen in Zukunft zu rechnen sei.
Asymptomatische Übertragung
In der Studie wurde auch der Schutz vor asymptomatischen Infektionen untersucht. Die Forscher hatten hierfür 6.638 britische Teilnehmer gebeten, sich wöchentlichen SARS-CoV-2-Tests zu unterziehen – unabhängig von Beschwerden.
In dieser Subgruppe wiesen die Autoren 69 asymptomatische SARS-CoV-2-Infektionen nach. Darunter waren 29/3.288 (0,9%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 40/3.350 (1,2%) Fälle in der Kontrollgruppe, woraus sich eine Wirksamkeit des Impfstoffs gegen eine asymptomatische Übertragung von 27% errechnet.
Auch hier schnitten die Probanden mit niedriger Dosis/Standarddosis besser ab. Hier gab es 7/1.120 (0,6%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 17/1.127 (1,5%) Fälle in der Kontrollgruppe, was einer Wirksamkeit von 59% entspricht. Bei Personen, denen 2 Standarddosen verabreicht wurden, gab es 22/2.168 (1%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 23/2.223 (1%) in der Kontrollgruppe, was einer Impfstoffwirksamkeit gegen asymptomatische Übertragung von 4% entspricht.
Schutz vor schweren Krankheiten
Bei 23.745 Teilnehmern der Studie wurden auch Fälle von schwerem COVID-19 mit Krankenhausaufenthalt erfasst. Ab dem 21. Tag nach der ersten Dosis gab es 10 Fälle mit stationärer Behandlung, alle im Kontrollarm. 2 Fälle wurden als schwer eingestuft, und eine Person starb.
Die Autoren stellen fest, sie seien aufgrund ihrer Daten noch nicht in der Lage, die Dauer des Schutzes zu beurteilen, da die ersten Studien im April 2020 begonnen hatten und alle Erkrankungen innerhalb von 6 Monaten nach Verabreichung der 1. Dosis aufgetreten waren. Offen bleibt damit auch die Frage, inwieweit Auffrischungsimpfungen erforderlich sind.
Mögliche Vorteile der Oxford-Vakzine in der Praxis
In einem begleitenden Kommentar heben Dr. Maria Deloria Knoll und Dr. Chizoba Wonodi, Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health auch auf die Kosten für die Impfung ab [2]: „Die Vereinbarung von AstraZeneca mit COVAX über 2 bis 3 US-Dollar pro Dosis verspricht einen gerechten Zugang, verglichen mit den hohen Kosten der beiden mRNA-Impfstoffe, die ebenfalls eine Wirksamkeit von über 90% erzielen.“ COVAX (COVID-19 Vaccines Global Access) ist eine Organisation, die einen weltweit gleichmäßigen und gerechten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen gewährleisten will.
Der ChAdOx1 nCoV-19-Impfstoff kann auch normal gekühlt werden, was wichtig ist. Dr. Maria Deloria Knoll und Dr. Chizoba Wonodi
„Der ChAdOx1 nCoV-19-Impfstoff kann auch normal gekühlt werden, was wichtig ist, da die für die Lagerung von mRNA-Impfstoffen erforderlichen Ultra-Tiefkühlschränke in vielen Ländern und in Einrichtungen wie Pflegeheimen unerschwinglich und unpraktisch sein könnten“, heißt es weiter im Editorial.
Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen könnten jedoch mit dem Impfschema aus 2 Dosen Schwierigkeiten haben, wenn Möglichkeiten fehlen, um Patienten zu erfassen und zu kontaktieren. Auch unterschiedliche Dosen bei der 1. und der 2. Impfung seien problematisch, so Knoll und Wonodi.
Zudem, so heißt es, habe sich der Impfstoff als sicher erwiesen. Nur bei 3 von 23.745 Teilnehmern seien über einen Median von 3,4 Monaten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse aufgetreten, die möglicherweise mit der Vakzine zusammenhingen: 1 Fall im Impfstoffarm, 1 Fall im Kontrollarm und 1 Fall bei einer Person, deren Status noch verblindet ist.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Wirksamkeit unseres Impfstoffs die von den Gesundheitsbehörden festgelegten Schwellenwerte überschreitet“, sagt Prof. Dr. Andrew Pollard von der University of Oxford, federführender Autor der Studie. Jetzt seien „Lizenzierung, Herstellung und Verteilung dieser Impfstoffe in einem noch nie dagewesenen Umfang“ wichtig.
Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Wirksamkeit unseres Impfstoffs die von den Gesundheitsbehörden festgelegten Schwellenwerte überschreitet. Prof. Dr. Andrew Pollard
Seine Kollegin Dr. Merryn Voysey, University of Oxford, spricht von „wichtigen Ergebnissen“ und ergänzt: „In künftigen Analysen werden wir, sobald mehr Daten verfügbar sind, die Unterschiede zwischen wichtigen Subgruppen, etwa bei älteren Erwachsenen, verschiedenen Ethnien, in unterschiedlichen Dosen und mit unterschiedlichen Zeitpunkten der Auffrischungsimpfungen untersuchen und feststellen, welche Immunreaktionen einem Schutz vor Infektion oder Krankheit gleichkommen.“
Impfstoff auf Basis von Adenovirus-Vektoren
Der COVID-19-Impfstoff AZD1222 basiert – anders als die beiden im Zulassungsprozess befindlichen mRNA-Vakzine – auf einem viralen Vektor des Schimpansen-Adenovirus, der beim Menschen keine Krankheit verursacht. Er exprimiert das SARS-CoV-2-Spike-Protein in menschlichen Zellen, was zur Immunreaktion führt. Frühere Studienergebnisse haben gezeigt, dass der Impfstoff Antikörper- und T-Zell-Immunreaktionen auslöst und bei Erwachsenen ab 18 Jahren, einschließlich älterer Erwachsener, sicher ist.
Im Rahmen ihrer Phase-3-Studie analysierten die Autoren nun Ergebnisse von 23.745 Erwachsenen aus Großbritannien, Brasilien und Südafrika. Für ihre Zwischenanalyse poolen sie Daten aus diesen 3 Regionen.
Änderung im Protokoll: 2 Impfstoffdosen anstelle einer Dosis
Die Hälfte aller Teilnehmer erhielt den COVID-19-Impfstoff und die andere Hälfte eine Kontrolle, entweder einen Meningokokken-Konjugatimpfstoff oder Kochsalzlösung.
Ursprünglich war die Studie so konzipiert, dass nur eine Dosis des Impfstoffs untersucht werden sollte. Daten zur Immunantwort in der britischen Phase 1/2-Studie zeigten jedoch, dass eine 2. Dosis die Immunreaktionen verstärkt. Deshalb wurde das Studienprotokoll angepasst.
Die University of Oxford und AstraZeneca haben Ergebnisse ihrer Phase-3-Studie mit dem Impfstoff-Kandidaten ChAdOx1 nCoV-19 (AZD1222) einem Peer-Review-Verfahren unterzogen und in The Lancet veröffentlicht [1]. Sie kommen – gepoolt – auf eine Wirksamkeit von 70%, was sich errechnet aus einer Wirksamkeit von 62% bei Personen, die 2 Standarddosen erhielten, und von 90% bei Geimpften, die eine halbe und dann eine ganze Dosis bekamen.
Teilnehmer der Impfstoffgruppe erhielten 2 Dosen mit jeweils 5x1010 Viruspartikeln. Eine Untergruppe (1.367 Personen) in Großbritannien bekam aufgrund eines Versehens nur eine halbe Dosis bei der 1. Impfung, gefolgt von einer vollen 2. Dosis. Die Gruppe mit niedriger Dosis plus Standarddosis umfasste keine Erwachsenen über 55 Jahre, weil ältere Menschen erst zu einem späteren Zeitpunkt rekrutiert worden waren.
Sicherheitsdaten der Vakzine
Die Sicherheit wurde im Median für 3,4 Monate bei allen Teilnehmern aus Großbritannien, Brasilien und Südafrika bewertet. Bei 168 der 23.745 Probanden traten insgesamt 175 schwere unerwünschte Ereignisse auf, aber 172 dieser Ereignisse standen in keinem Zusammenhang mit dem COVID-19- oder Kontrollimpfstoff.
Ein Ereignis trat in der Kontrollgruppe auf (ein Fall von hämolytischer Anämie), ein weiteres in der COVID-19-Impfstoffgruppe (ein Fall von transversaler Myelitis, der möglicherweise mit dem Impfstoff in Zusammenhang gebracht wurde). Hinzu kam ein Fall von schwerem Fieber (> 40°C) bei einem Teilnehmer, dessen Status verblindet blieb. Alle 3 Personen haben sich erholt oder befinden sich in der Genesungsphase und nehmen weiterhin an der Studie teil.
Wirksamkeit gegen symptomatische SARS-CoV-2-Infektionen
Primärer Endpunkt der Studie war die Zahl symptomatischer SARS-CoV-2-Infektionen mehr als 14 Tage nach der 2. Impfstoffdosis, bestätigt durch einen positiven Test.
In der Gesamtgruppe mit 11.636 Personen traten 131 Fälle von symptomatischer COVID-19 auf. Darunter waren 30/5.807 (0,5%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 101/5.829 (1,7%) Fälle in der Kontrollgruppe, was einer Impfstoffwirksamkeit von 70% entspricht.
In der Gruppe der Personen, die 2 Standarddosen des Impfstoffs erhalten hatten, wurde eine Wirksamkeit von 62% erzielt, basierend auf 27/4.440 (0,6%) Fällen in der Impfstoffgruppe und 71/4.455 (1,6%) Fällen in der Kontrollgruppe.
Dagegen betrug die Wirksamkeit in der Niedrigdosis-/Standarddosisgruppe 90%. Hier gab es nur 3/1.367 (0,2%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 30/1.374 (2,2%) Fälle in der Kontrollgruppe.
5 Fälle wurden bei Personen über 55 Jahren beobachtet, aber die Wirksamkeit des Impfstoffs in älteren Altersgruppen konnte aufgrund der geringen Fallzahl noch nicht bewertet werden. Die Autoren schreiben, dass mit solchen Analysen in Zukunft zu rechnen sei.
Asymptomatische Übertragung
In der Studie wurde auch der Schutz vor asymptomatischen Infektionen untersucht. Die Forscher hatten hierfür 6.638 britische Teilnehmer gebeten, sich wöchentlichen SARS-CoV-2-Tests zu unterziehen – unabhängig von Beschwerden.
In dieser Subgruppe wiesen die Autoren 69 asymptomatische SARS-CoV-2-Infektionen nach. Darunter waren 29/3.288 (0,9%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 40/3.350 (1,2%) Fälle in der Kontrollgruppe, woraus sich eine Wirksamkeit des Impfstoffs gegen eine asymptomatische Übertragung von 27% errechnet.
Auch hier schnitten die Probanden mit niedriger Dosis/Standarddosis besser ab. Hier gab es 7/1.120 (0,6%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 17/1.127 (1,5%) Fälle in der Kontrollgruppe, was einer Wirksamkeit von 59% entspricht. Bei Personen, denen 2 Standarddosen verabreicht wurden, gab es 22/2.168 (1%) Fälle in der Impfstoffgruppe und 23/2.223 (1%) in der Kontrollgruppe, was einer Impfstoffwirksamkeit gegen asymptomatische Übertragung von 4% entspricht.
Schutz vor schweren Krankheiten
Bei 23.745 Teilnehmern der Studie wurden auch Fälle von schwerem COVID-19 mit Krankenhausaufenthalt erfasst. Ab dem 21. Tag nach der ersten Dosis gab es 10 Fälle mit stationärer Behandlung, alle im Kontrollarm. 2 Fälle wurden als schwer eingestuft, und eine Person starb.
Die Autoren stellen fest, sie seien aufgrund ihrer Daten noch nicht in der Lage, die Dauer des Schutzes zu beurteilen, da die ersten Studien im April 2020 begonnen hatten und alle Erkrankungen innerhalb von 6 Monaten nach Verabreichung der 1. Dosis aufgetreten waren. Offen bleibt damit auch die Frage, inwieweit Auffrischungsimpfungen erforderlich sind.
Mögliche Vorteile der Oxford-Vakzine in der Praxis
In einem begleitenden Kommentar heben Dr. Maria Deloria Knoll und Dr. Chizoba Wonodi, Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health auch auf die Kosten für die Impfung ab [2]: „Die Vereinbarung von AstraZeneca mit COVAX über 2 bis 3 US-Dollar pro Dosis verspricht einen gerechten Zugang, verglichen mit den hohen Kosten der beiden mRNA-Impfstoffe, die ebenfalls eine Wirksamkeit von über 90% erzielen.“ COVAX (COVID-19 Vaccines Global Access) ist eine Organisation, die einen weltweit gleichmäßigen und gerechten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen gewährleisten will.
Der ChAdOx1 nCoV-19-Impfstoff kann auch normal gekühlt werden, was wichtig ist. Dr. Maria Deloria Knoll und Dr. Chizoba Wonodi
„Der ChAdOx1 nCoV-19-Impfstoff kann auch normal gekühlt werden, was wichtig ist, da die für die Lagerung von mRNA-Impfstoffen erforderlichen Ultra-Tiefkühlschränke in vielen Ländern und in Einrichtungen wie Pflegeheimen unerschwinglich und unpraktisch sein könnten“, heißt es weiter im Editorial.
Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen könnten jedoch mit dem Impfschema aus 2 Dosen Schwierigkeiten haben, wenn Möglichkeiten fehlen, um Patienten zu erfassen und zu kontaktieren. Auch unterschiedliche Dosen bei der 1. und der 2. Impfung seien problematisch, so Knoll und Wonodi.
Zudem, so heißt es, habe sich der Impfstoff als sicher erwiesen. Nur bei 3 von 23.745 Teilnehmern seien über einen Median von 3,4 Monaten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse aufgetreten, die möglicherweise mit der Vakzine zusammenhingen: 1 Fall im Impfstoffarm, 1 Fall im Kontrollarm und 1 Fall bei einer Person, deren Status noch verblindet ist.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Wirksamkeit unseres Impfstoffs die von den Gesundheitsbehörden festgelegten Schwellenwerte überschreitet“, sagt Prof. Dr. Andrew Pollard von der University of Oxford, federführender Autor der Studie. Jetzt seien „Lizenzierung, Herstellung und Verteilung dieser Impfstoffe in einem noch nie dagewesenen Umfang“ wichtig.
Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Wirksamkeit unseres Impfstoffs die von den Gesundheitsbehörden festgelegten Schwellenwerte überschreitet. Prof. Dr. Andrew Pollard
Seine Kollegin Dr. Merryn Voysey, University of Oxford, spricht von „wichtigen Ergebnissen“ und ergänzt: „In künftigen Analysen werden wir, sobald mehr Daten verfügbar sind, die Unterschiede zwischen wichtigen Subgruppen, etwa bei älteren Erwachsenen, verschiedenen Ethnien, in unterschiedlichen Dosen und mit unterschiedlichen Zeitpunkten der Auffrischungsimpfungen untersuchen und feststellen, welche Immunreaktionen einem Schutz vor Infektion oder Krankheit gleichkommen.“
Impfstoff auf Basis von Adenovirus-Vektoren
Der COVID-19-Impfstoff AZD1222 basiert – anders als die beiden im Zulassungsprozess befindlichen mRNA-Vakzine – auf einem viralen Vektor des Schimpansen-Adenovirus, der beim Menschen keine Krankheit verursacht. Er exprimiert das SARS-CoV-2-Spike-Protein in menschlichen Zellen, was zur Immunreaktion führt. Frühere Studienergebnisse haben gezeigt, dass der Impfstoff Antikörper- und T-Zell-Immunreaktionen auslöst und bei Erwachsenen ab 18 Jahren, einschließlich älterer Erwachsener, sicher ist.
Im Rahmen ihrer Phase-3-Studie analysierten die Autoren nun Ergebnisse von 23.745 Erwachsenen aus Großbritannien, Brasilien und Südafrika. Für ihre Zwischenanalyse poolen sie Daten aus diesen 3 Regionen.
Änderung im Protokoll: 2 Impfstoffdosen anstelle einer Dosis
Die Hälfte aller Teilnehmer erhielt den COVID-19-Impfstoff und die andere Hälfte eine Kontrolle, entweder einen Meningokokken-Konjugatimpfstoff oder Kochsalzlösung.
Ursprünglich war die Studie so konzipiert, dass nur eine Dosis des Impfstoffs untersucht werden sollte. Daten zur Immunantwort in der britischen Phase 1/2-Studie zeigten jedoch, dass eine 2. Dosis die Immunreaktionen verstärkt. Deshalb wurde das Studienprotokoll angepasst.
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Dienstag, 8. Dezember 2020
Neue Analyse des RKI: Wer waren die COVID-19-Erkrankten der 1. Welle? Wen traf es besonders schwer?
che2001, 12:50h
Heike Dierbach, Medscape
Wer ist in Deutschland während der 1. Welle im Frühjahr an COVID 19 erkrankt, und wie schwer? Dazu liegen erstmals detaillierte Daten für einen längeren Zeitraum vor: Julia Schilling und Kollegen vom Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichten im Journal of Health Monitoring eine Auswertung von 152.984 Fällen, die bis Mitte Mai gemeldet worden waren [1]. Alle Daten wurden nach Alter, Geschlecht, Krankheitsverlauf und Risikofaktoren aufgeschlüsselt. Manches ist überraschend: So haben sich insgesamt mehr Frauen als Männer infiziert. Und: Jeder 2. hatte keinen Husten.
Hochbetagte waren am häufigsten infiziert
Von COVID-19 waren Personen zwischen 40 bis 59 Jahren am häufigsten betroffen (35%), gefolgt von 20- bis 39-Jährigen (28%) und 60- bis 79-Jährigen (19%). Gemessen am Bevölkerungsanteil erkrankten Senioren ab 80 Jahren am häufigsten. Ihre kumulative Inzidenz, sprich alle Fälle bis Mitte Mai, lag bei 314 Fällen pro 100.000 Einwohner.
Offenbar ist es in dieser Phase nicht gelungen, ältere Menschen besonders zu schützen – eher im Gegenteil. „Eine mögliche Rolle könnte hier die Vielzahl an Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen auf dem Höhepunkt der Erkrankungswelle im Frühjahr 2020 gespielt haben“, schreiben die Autoren.
Eine mögliche Rolle könnte hier die Vielzahl an Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen auf dem Höhepunkt der Erkrankungswelle im Frühjahr 2020 gespielt haben. Julia Schilling und Kollegen
Bei den bis zu 4-Jährigen lag die kumulative Inzidenz bei 37, bei den 5- bis 19-Jährigen bei 70 pro 100.000. Als Alters-Mittelwert der Patienten geben die Autoren 50 Jahre an. 52% der Infizierten waren weiblich. Zu Beginn betraf die Krankheit mehr Männer, später jedoch eher Frauen.
Unterschiedliche Symptome, unterschiedliche Mortalität
Bei 138.464 Patienten hatten die Wissenschaftler Informationen über Symptome. Am häufigsten waren Husten (51%), Fieber (42%), Schwäche und Gliederschmerzen (38%), Schnupfen (22%) und Halsschmerzen (19%). Atemnot und Pneumonien traten vor allem bei Patienten ab 60 Jahren auf, Schnupfen deutlich häufiger bei jüngeren Personen. Geruchs- oder Geschmacksverlust, der erst im Verlauf der Pandemie als Symptom gemeldet wurde, zeigte sich bei 9,1% der Fälle. Auch Durchfall kam vor (7,3%).
Das RKI teilt COVID-19 in 4 Stufen ein:
mild (u.a. keine Pneumonie, nicht hospitalisiert, nicht verstorben),
moderat (u.a. Pneumonie, nicht hospitalisiert, nicht verstorben),
schwer (hospitalisiert, unabhängig von weiteren Faktoren)
und kritisch (intensivpflichtig oder verstorben).
80% der Infizierten zeigten einen milden Verlauf, vor allem jüngere Patienten. Bei Personen ab 80 Jahren waren es nur noch 38%. In der Gruppe bis 59 Jahre starben weniger als 1,0%. Zwischen 60 und 79 Jahren stieg der Anteil auf 9,6%. Von allen Infizierten ab 80 Jahren starb fast jeder 3. Die Mortalität lag in der gesamten Kohorte bei 5,6%.
Diese Risikofaktoren fanden RKI-Wissenschaftler
Risikofaktoren spielten eine große Rolle für einen schweren Verlauf: Bei 70% der stationären Patienten fanden die Autoren mindestens einen dieser Faktoren. Allerdings lagen nur für rund die Hälfte der Hospitalisierten entsprechende Angaben vor. 30% aller Patienten waren zuvor gesund und mussten dennoch in die Klinik. Vor allem bei Jüngeren gab es das Phänomen.
„Hier ist zu berücksichtigen, dass zu Beginn der Pandemie die stationäre Aufnahme für alle positiv getesteten Fälle zum Zweck der Isolation empfohlen wurde“, relativieren die Autoren. Insgesamt dauerte die Klinikbehandlung im Median 9 Tage. 55% der Hospitalisierten waren Männer, auf den Intensivstationen sogar 70%.
Als häufigste Risikofaktoren bei stationären Patienten nennen Schilling und ihre Koautoren kardiovaskuläre Erkrankungen (67%), Diabetes (29%) und neurologische Störungen (29%), gefolgt von Lungenerkrankungen (22%) und Nierenkrankheiten (16%). Adipositas, die in anderen Ländern von Bedeutung war, wurde in Deutschland nicht erfasst.
Ein kausaler Zusammenhang zwischen Risikofaktoren und Verlauf lasse sich aus den Daten nicht ableiten, schreiben die Autoren. „Die Datenvollständigkeit von 52% unter den Hospitalisierten (…) spricht für eine Untererfassung der vorhandenen Risikofaktoren. Darüber hinaus ermöglicht das Meldesystem nur eine grobe Erfassung der vorhandenen Vorerkrankungen.“
Noch ein Blick auf die Todesfälle durch COVID-19: 11% hatten gar keinen Risikofaktor. Je 30% hatten 1, 2 oder 3 Risikofaktoren. Wer jünger als 80 war und kein zusätzliches Risiko hatte, war offenbar sehr wenig gefährdet. In dieser Gruppe gab es insgesamt bis Mitte Mai nur 226 Todesfälle.
Wer ist in Deutschland während der 1. Welle im Frühjahr an COVID 19 erkrankt, und wie schwer? Dazu liegen erstmals detaillierte Daten für einen längeren Zeitraum vor: Julia Schilling und Kollegen vom Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichten im Journal of Health Monitoring eine Auswertung von 152.984 Fällen, die bis Mitte Mai gemeldet worden waren [1]. Alle Daten wurden nach Alter, Geschlecht, Krankheitsverlauf und Risikofaktoren aufgeschlüsselt. Manches ist überraschend: So haben sich insgesamt mehr Frauen als Männer infiziert. Und: Jeder 2. hatte keinen Husten.
Hochbetagte waren am häufigsten infiziert
Von COVID-19 waren Personen zwischen 40 bis 59 Jahren am häufigsten betroffen (35%), gefolgt von 20- bis 39-Jährigen (28%) und 60- bis 79-Jährigen (19%). Gemessen am Bevölkerungsanteil erkrankten Senioren ab 80 Jahren am häufigsten. Ihre kumulative Inzidenz, sprich alle Fälle bis Mitte Mai, lag bei 314 Fällen pro 100.000 Einwohner.
Offenbar ist es in dieser Phase nicht gelungen, ältere Menschen besonders zu schützen – eher im Gegenteil. „Eine mögliche Rolle könnte hier die Vielzahl an Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen auf dem Höhepunkt der Erkrankungswelle im Frühjahr 2020 gespielt haben“, schreiben die Autoren.
Eine mögliche Rolle könnte hier die Vielzahl an Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen auf dem Höhepunkt der Erkrankungswelle im Frühjahr 2020 gespielt haben. Julia Schilling und Kollegen
Bei den bis zu 4-Jährigen lag die kumulative Inzidenz bei 37, bei den 5- bis 19-Jährigen bei 70 pro 100.000. Als Alters-Mittelwert der Patienten geben die Autoren 50 Jahre an. 52% der Infizierten waren weiblich. Zu Beginn betraf die Krankheit mehr Männer, später jedoch eher Frauen.
Unterschiedliche Symptome, unterschiedliche Mortalität
Bei 138.464 Patienten hatten die Wissenschaftler Informationen über Symptome. Am häufigsten waren Husten (51%), Fieber (42%), Schwäche und Gliederschmerzen (38%), Schnupfen (22%) und Halsschmerzen (19%). Atemnot und Pneumonien traten vor allem bei Patienten ab 60 Jahren auf, Schnupfen deutlich häufiger bei jüngeren Personen. Geruchs- oder Geschmacksverlust, der erst im Verlauf der Pandemie als Symptom gemeldet wurde, zeigte sich bei 9,1% der Fälle. Auch Durchfall kam vor (7,3%).
Das RKI teilt COVID-19 in 4 Stufen ein:
mild (u.a. keine Pneumonie, nicht hospitalisiert, nicht verstorben),
moderat (u.a. Pneumonie, nicht hospitalisiert, nicht verstorben),
schwer (hospitalisiert, unabhängig von weiteren Faktoren)
und kritisch (intensivpflichtig oder verstorben).
80% der Infizierten zeigten einen milden Verlauf, vor allem jüngere Patienten. Bei Personen ab 80 Jahren waren es nur noch 38%. In der Gruppe bis 59 Jahre starben weniger als 1,0%. Zwischen 60 und 79 Jahren stieg der Anteil auf 9,6%. Von allen Infizierten ab 80 Jahren starb fast jeder 3. Die Mortalität lag in der gesamten Kohorte bei 5,6%.
Diese Risikofaktoren fanden RKI-Wissenschaftler
Risikofaktoren spielten eine große Rolle für einen schweren Verlauf: Bei 70% der stationären Patienten fanden die Autoren mindestens einen dieser Faktoren. Allerdings lagen nur für rund die Hälfte der Hospitalisierten entsprechende Angaben vor. 30% aller Patienten waren zuvor gesund und mussten dennoch in die Klinik. Vor allem bei Jüngeren gab es das Phänomen.
„Hier ist zu berücksichtigen, dass zu Beginn der Pandemie die stationäre Aufnahme für alle positiv getesteten Fälle zum Zweck der Isolation empfohlen wurde“, relativieren die Autoren. Insgesamt dauerte die Klinikbehandlung im Median 9 Tage. 55% der Hospitalisierten waren Männer, auf den Intensivstationen sogar 70%.
Als häufigste Risikofaktoren bei stationären Patienten nennen Schilling und ihre Koautoren kardiovaskuläre Erkrankungen (67%), Diabetes (29%) und neurologische Störungen (29%), gefolgt von Lungenerkrankungen (22%) und Nierenkrankheiten (16%). Adipositas, die in anderen Ländern von Bedeutung war, wurde in Deutschland nicht erfasst.
Ein kausaler Zusammenhang zwischen Risikofaktoren und Verlauf lasse sich aus den Daten nicht ableiten, schreiben die Autoren. „Die Datenvollständigkeit von 52% unter den Hospitalisierten (…) spricht für eine Untererfassung der vorhandenen Risikofaktoren. Darüber hinaus ermöglicht das Meldesystem nur eine grobe Erfassung der vorhandenen Vorerkrankungen.“
Noch ein Blick auf die Todesfälle durch COVID-19: 11% hatten gar keinen Risikofaktor. Je 30% hatten 1, 2 oder 3 Risikofaktoren. Wer jünger als 80 war und kein zusätzliches Risiko hatte, war offenbar sehr wenig gefährdet. In dieser Gruppe gab es insgesamt bis Mitte Mai nur 226 Todesfälle.
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Deutsche Gesellschaft für Pneumologie definiert neu, bei welchen Lungenerkrankungen ein schwerer COVID-19-Verlauf droht
che2001, 12:44h
Ute Eppinger, Medscape
Welche Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19? Kann die Lehrerin mit mittelschwerem Asthma noch unterrichten? Sollte der Student, der an Mukoviszidose leidet, besser zu Hause bleiben, und kann die an Lungenkrebs erkrankte Rentnerin ihre Chemotherapie fortsetzen?
Antworten auf diese Fragen geben die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und der Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner (BdP) jetzt mit ihrer aktualisierten Stellungnahme, in der sie COVID-19-Risiken für lungenkranke Patienten definieren [1].
Eine erste Risikoabschätzung hatte die DGP im April dieses Jahres veröffentlicht. Die neue Fassung greift jetzt 13 Fälle von Lungenerkrankungen exemplarisch auf, berücksichtigt und erörtert die neueste Studienlage.
„Wir wollen den Patienten im praktischen Alltag konkrete Antworten geben. Unser Anliegen ist auch, dass Patienten nicht eigenmächtig ihre Medikamente absetzen, aus Angst, dass diese möglicherweise ihr Risiko für einen schweren Verlauf erhöhen könnten“, betonte Prof. Dr. Michael Pfeifer, Präsident der DGP und Chefarzt der Klinik für Pneumologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Regensburg, auf der Online-Pressekonferenz der DGP [2].
Wir wollen den Patienten im praktischen Alltag konkrete Antworten geben. Prof. Dr. Michael Pfeifer
Nach aktuellem Kenntnisstand ist ein höheres Alter der größte Risikofaktor für einen schweren oder letalen Verlauf von COVID-19. Ab 60 Jahren steigt das Letalitätsrisiko kontinuierlich an, bei 80-jährigen Menschen ist es – verglichen mit 50-jährigen Menschen – um das 20-Fache erhöht. Meldedaten aus Deutschland zeigen, dass nur 12% aller Infektionen bei Personen im Alter ab 70 Jahren registriert sind, in dieser Gruppe treten aber 85% aller Todesfälle auf.
Weitere Risikofaktoren sind bekanntlich Adipositas, männliches Geschlecht, Diabetes mellitus, kardiovaskuläre Erkrankungen, chronische Nieren- oder Lebererkrankungen, neurologische und neuromuskuläre Erkrankungen, Tumorerkrankungen, COPD und fortgeschrittene interstitielle Lungenerkrankungen.
Schwerer Verlauf oder nicht? Das entscheidet sich erst nach einer Woche
Mit 5 bis 6 Tagen ist die Inkubationszeit bei SARS-CoV-2-Infektion länger als bei Influenza, es überträgt sich aber leichter von Mensch zu Mensch. Die Mehrheit der Infizierten zeigt einen milden Verlauf, etwas unter 5% weisen derzeit schwere Verläufe auf, berichtet Prof. Dr. Marek Lommatzsch von der Universitätsmedizin Rostock, einer der Autoren der aktualisierten Stellungnahme.
In der Inkubationszeit oder während eines milden oder asymptomatischen Krankheitsverlaufes können Infizierte das Virus schnell und unbemerkt verbreiten; der Höhepunkt der Übertragung findet sich um den Tag des Symptombeginn.
Anders als bei schweren Influenza-Pneumonien kommt es bei schweren COVID-19-Verläufen meist nicht direkt zur abrupten Verschlechterung des Allgemeinzustands. „Das Tückische an COVID-19 ist, dass sich erst nach einer Woche zeigt: Bleibt es bei einem milden Verlauf oder kommt es zu zunehmender Luftnot und respiratorischer Insuffizienz“, erklärt Lommatzsch. Alarmsignale sind Luftnot, Tachypnoe und/oder ein Abfall der Sauerstoffsättigung unter 94%.
Gerade weil sich das Virus erst nach einer Woche demaskiere, sei es wichtig zu klären, welche Patienten ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf aufweisen und welche nicht, betonte Lommatzsch.
Asthma und COPD nicht in einen Topf werfen
Rund 8 Millionen Deutsche leiden an Asthma, 6,8 Millionen an COPD. Lommatzsch warnte davor, COPD und Asthma hinsichtlich des Risikos für einen schweren COVID-19 Verlauf „in einen Topf zu werfen“. Er verwies dabei auf das Statement des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu FFP2-Masken, in dem nicht deutlich genug zwischen Asthma und COPD unterschieden worden sei.
Allgemeine COVID-19-Fallserien hatten bereits im Frühjahr 2020 darauf hingewiesen, dass Patienten mit Asthma kein höheres Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben. Inzwischen zeigen mehrere Studien, dass das tatsächlich so ist. Selbst Patienten mit schwerem Asthma und einer Biologika-Therapie scheinen kein erhöhtes Risiko aufzuweisen. Kommen allerdings weitere Risikofaktoren wie hohes Alter, starkes Übergewicht oder eine chronische Herzerkrankung hinzu, steigt das Risiko auch für Asthmatiker.
Die Datenlage verdichtet sich, dass Patienten mit COPD ein mäßig erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf aufweisen. Prof. Dr. Marek Lommatzsch
Weshalb das Asthma selbst wohl kein Risikofaktor ist, dies ist noch nicht wirklich geklärt. Daten legen nahe, dass Asthma-Patienten ACE-2-Rezeptoren – die SARS-CoV-2 zum Eindringen ins Epithel nutzt – nur vermindert exprimieren.
Bei COPD sieht das anders aus: „Die Datenlage verdichtet sich, dass Patienten mit COPD ein mäßig erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf aufweisen“”, berichtete Lommatzsch. Kommt noch eine kardiovaskuläre Begleiterkrankung hinzu – was bei rund 50% der COPD-Patienten der Fall ist – ist das Risiko für einen schweren Verlauf deutlich erhöht.
Sarkoidose und Lungenfibrose?
Und bei Sarkoidose? Laut Prof. Dr. Torsten Bauer vom Helios Klinikum Emil von Behring in Berlin weisen Sarkoidose-Patienten ohne Begleiterkrankungen kein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf auf.
Bei Patienten mit Lungenfibrose wird hingegen ein höheres Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf vermutet. Denn Studien zeigen: Wird eine Hospitalisierung notwendig, dann ist bei Patienten mit interstitieller Lungenerkrankung (ILD) mit einem signifikant erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf zu rechnen. Gerade solche Patienten sollten auf guten Selbstschutz wie FFP2-Masken setzen.
Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft
Pfeifer empfiehlt, dass sich Hochrisiko-Patienten mit ihren Fachärzten wegen der Schutzmaßnahmen besprechen sollten. Lungenmedikamente sollten grundsätzlich nicht und vor allem nicht eigenmächtig von Patienten abgesetzt werden. Das gelte gerade auch für inhalative Steroide bei Asthma.
Grundsätzlich sollten Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen den Empfehlungen des RKI (AHA-L) folgen und die Impf-Empfehlungen beachten.
Mit Beginn des zweiten Shutdowns Anfang November hatten der deutsche Behindertensportverband (DBS) und die Deutsche Atemwegsliga zunächst empfohlen, den Rehabilitationssport und damit auch den ambulanten Lungensport in Gruppen zeitweilig auszusetzen.
Inzwischen ist bei Beachtung der AHA-L-Regeln und der aktuellen Beschwerden der Patienten (keine Teilnahme von Patienten mit akuter Symptomatik) in vielen Bundesländern Lungensport in kleinen Gruppen erlaubt. Es empfiehlt sich, bei den Gesundheitsämtern nachzufragen, ob Rehabilitationssport in kleinen Gruppen erlaubt ist. Ist das nicht möglich, sollten die Patienten individuell ihre Übungen fortführen.
Generell sollten sich Lungenkranke in der Pandemie nicht zu Hause einschließen, sondern sich möglichst regelmäßig an der frischen Luft bewegen, betonten die Experten. Denn Immobilität ist ein wichtiger Risikofaktor für eine Symptomverschlechterung.
Welche Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19? Kann die Lehrerin mit mittelschwerem Asthma noch unterrichten? Sollte der Student, der an Mukoviszidose leidet, besser zu Hause bleiben, und kann die an Lungenkrebs erkrankte Rentnerin ihre Chemotherapie fortsetzen?
Antworten auf diese Fragen geben die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und der Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner (BdP) jetzt mit ihrer aktualisierten Stellungnahme, in der sie COVID-19-Risiken für lungenkranke Patienten definieren [1].
Eine erste Risikoabschätzung hatte die DGP im April dieses Jahres veröffentlicht. Die neue Fassung greift jetzt 13 Fälle von Lungenerkrankungen exemplarisch auf, berücksichtigt und erörtert die neueste Studienlage.
„Wir wollen den Patienten im praktischen Alltag konkrete Antworten geben. Unser Anliegen ist auch, dass Patienten nicht eigenmächtig ihre Medikamente absetzen, aus Angst, dass diese möglicherweise ihr Risiko für einen schweren Verlauf erhöhen könnten“, betonte Prof. Dr. Michael Pfeifer, Präsident der DGP und Chefarzt der Klinik für Pneumologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Regensburg, auf der Online-Pressekonferenz der DGP [2].
Wir wollen den Patienten im praktischen Alltag konkrete Antworten geben. Prof. Dr. Michael Pfeifer
Nach aktuellem Kenntnisstand ist ein höheres Alter der größte Risikofaktor für einen schweren oder letalen Verlauf von COVID-19. Ab 60 Jahren steigt das Letalitätsrisiko kontinuierlich an, bei 80-jährigen Menschen ist es – verglichen mit 50-jährigen Menschen – um das 20-Fache erhöht. Meldedaten aus Deutschland zeigen, dass nur 12% aller Infektionen bei Personen im Alter ab 70 Jahren registriert sind, in dieser Gruppe treten aber 85% aller Todesfälle auf.
Weitere Risikofaktoren sind bekanntlich Adipositas, männliches Geschlecht, Diabetes mellitus, kardiovaskuläre Erkrankungen, chronische Nieren- oder Lebererkrankungen, neurologische und neuromuskuläre Erkrankungen, Tumorerkrankungen, COPD und fortgeschrittene interstitielle Lungenerkrankungen.
Schwerer Verlauf oder nicht? Das entscheidet sich erst nach einer Woche
Mit 5 bis 6 Tagen ist die Inkubationszeit bei SARS-CoV-2-Infektion länger als bei Influenza, es überträgt sich aber leichter von Mensch zu Mensch. Die Mehrheit der Infizierten zeigt einen milden Verlauf, etwas unter 5% weisen derzeit schwere Verläufe auf, berichtet Prof. Dr. Marek Lommatzsch von der Universitätsmedizin Rostock, einer der Autoren der aktualisierten Stellungnahme.
In der Inkubationszeit oder während eines milden oder asymptomatischen Krankheitsverlaufes können Infizierte das Virus schnell und unbemerkt verbreiten; der Höhepunkt der Übertragung findet sich um den Tag des Symptombeginn.
Anders als bei schweren Influenza-Pneumonien kommt es bei schweren COVID-19-Verläufen meist nicht direkt zur abrupten Verschlechterung des Allgemeinzustands. „Das Tückische an COVID-19 ist, dass sich erst nach einer Woche zeigt: Bleibt es bei einem milden Verlauf oder kommt es zu zunehmender Luftnot und respiratorischer Insuffizienz“, erklärt Lommatzsch. Alarmsignale sind Luftnot, Tachypnoe und/oder ein Abfall der Sauerstoffsättigung unter 94%.
Gerade weil sich das Virus erst nach einer Woche demaskiere, sei es wichtig zu klären, welche Patienten ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf aufweisen und welche nicht, betonte Lommatzsch.
Asthma und COPD nicht in einen Topf werfen
Rund 8 Millionen Deutsche leiden an Asthma, 6,8 Millionen an COPD. Lommatzsch warnte davor, COPD und Asthma hinsichtlich des Risikos für einen schweren COVID-19 Verlauf „in einen Topf zu werfen“. Er verwies dabei auf das Statement des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu FFP2-Masken, in dem nicht deutlich genug zwischen Asthma und COPD unterschieden worden sei.
Allgemeine COVID-19-Fallserien hatten bereits im Frühjahr 2020 darauf hingewiesen, dass Patienten mit Asthma kein höheres Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben. Inzwischen zeigen mehrere Studien, dass das tatsächlich so ist. Selbst Patienten mit schwerem Asthma und einer Biologika-Therapie scheinen kein erhöhtes Risiko aufzuweisen. Kommen allerdings weitere Risikofaktoren wie hohes Alter, starkes Übergewicht oder eine chronische Herzerkrankung hinzu, steigt das Risiko auch für Asthmatiker.
Die Datenlage verdichtet sich, dass Patienten mit COPD ein mäßig erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf aufweisen. Prof. Dr. Marek Lommatzsch
Weshalb das Asthma selbst wohl kein Risikofaktor ist, dies ist noch nicht wirklich geklärt. Daten legen nahe, dass Asthma-Patienten ACE-2-Rezeptoren – die SARS-CoV-2 zum Eindringen ins Epithel nutzt – nur vermindert exprimieren.
Bei COPD sieht das anders aus: „Die Datenlage verdichtet sich, dass Patienten mit COPD ein mäßig erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf aufweisen“”, berichtete Lommatzsch. Kommt noch eine kardiovaskuläre Begleiterkrankung hinzu – was bei rund 50% der COPD-Patienten der Fall ist – ist das Risiko für einen schweren Verlauf deutlich erhöht.
Sarkoidose und Lungenfibrose?
Und bei Sarkoidose? Laut Prof. Dr. Torsten Bauer vom Helios Klinikum Emil von Behring in Berlin weisen Sarkoidose-Patienten ohne Begleiterkrankungen kein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf auf.
Bei Patienten mit Lungenfibrose wird hingegen ein höheres Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf vermutet. Denn Studien zeigen: Wird eine Hospitalisierung notwendig, dann ist bei Patienten mit interstitieller Lungenerkrankung (ILD) mit einem signifikant erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf zu rechnen. Gerade solche Patienten sollten auf guten Selbstschutz wie FFP2-Masken setzen.
Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft
Pfeifer empfiehlt, dass sich Hochrisiko-Patienten mit ihren Fachärzten wegen der Schutzmaßnahmen besprechen sollten. Lungenmedikamente sollten grundsätzlich nicht und vor allem nicht eigenmächtig von Patienten abgesetzt werden. Das gelte gerade auch für inhalative Steroide bei Asthma.
Grundsätzlich sollten Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen den Empfehlungen des RKI (AHA-L) folgen und die Impf-Empfehlungen beachten.
Mit Beginn des zweiten Shutdowns Anfang November hatten der deutsche Behindertensportverband (DBS) und die Deutsche Atemwegsliga zunächst empfohlen, den Rehabilitationssport und damit auch den ambulanten Lungensport in Gruppen zeitweilig auszusetzen.
Inzwischen ist bei Beachtung der AHA-L-Regeln und der aktuellen Beschwerden der Patienten (keine Teilnahme von Patienten mit akuter Symptomatik) in vielen Bundesländern Lungensport in kleinen Gruppen erlaubt. Es empfiehlt sich, bei den Gesundheitsämtern nachzufragen, ob Rehabilitationssport in kleinen Gruppen erlaubt ist. Ist das nicht möglich, sollten die Patienten individuell ihre Übungen fortführen.
Generell sollten sich Lungenkranke in der Pandemie nicht zu Hause einschließen, sondern sich möglichst regelmäßig an der frischen Luft bewegen, betonten die Experten. Denn Immobilität ist ein wichtiger Risikofaktor für eine Symptomverschlechterung.
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