Mittwoch, 4. November 2020
RKI passt Empfehlungen an Ärzte zu den Testkriterien an
che2001, 18:10h
Das RKI empfiehlt nun in der Erkältungssaison eine neue Teststrategie für SARS-CoV-2. Es sei unmöglich, bei allen Menschen, die Erkältungssymptome haben, einen Test durchzuführen, sagte RKI-Vizepräsident Prof. Dr. Lars Schaade am Dienstag in Berlin bei der Bundespressekonferenz. „Wollten wir alle mit Erkältungssymptomen testen, müssten wir 3 Millionen Tests jede Woche durchführen“, sagte er. „Das ist weder möglich, noch erforderlich.“
Die Ärzte sollten dementsprechend nur testen, wenn Menschen mehrere typische Symptome wie Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns, Husten und Fieber haben. Außerdem seien bevorzugt Risikopersonen und solche mit einem Kontakt zu einem Infizierten zu testen. Hintergrund der neuen vom RKI empfohlenen Strategie ist, dass die Labore zunehmend an ihre Auslastungsgrenzen kommen. Die gestern aktualisierten Testempfehlungen sind auf den Seiten des RKI als Fluss-Schema einzusehen.
Der Vorsitzende des Verbandes der Labormediziner ALM (Akkreditierte Labore in der Medizin) Dr. Michael Müller begrüßte die neue Strategie ausdrücklich: „Es ist gut, die Tests auf ein Maß zurückzuführen, das sinnvoll ist“, sagte er. Die derzeitige Kapazität liege bei 1,4 Millionen PCR-Tests pro Woche – und an dieser Kapzitätsgrenze bewege man sich derzeit. Er versicherte aber ausdrücklich: „Jeder, der ihn benötigt, bekommt auch einen Test!“ Schaade empfahl Personen mit Symptomen, die nicht getestet werden, die Selbstisolation für mindestens 5 Tage – oder zumindest bis 48 Stunden nach Nachlassen der Symptome.
Jens Spahn: „Mammutaufgabe“ und „harter November“ liegt vor uns
Bei der Pressekonferenz rief der nach eigenen Aussagen „von einem milden COVID-19-Verlauf“ genesene Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu „einer nationalen Kraftanstrengung auf, die es gemeinsam zu bewältigen gilt“. Es liege eine „Mammutaufgabe“ und „ein harter November“ vor der Bevölkerung und den Gesundheitsdiensten.
Schaade erinnerte an die stark gestiegenen Fallzahlen der letzten Wochen, die sich zuletzt alle 10 Tage verdoppelt hätten. „Wenn dies so weiter ginge, wären wir zu Weihnachten bei 400.000 Infektionen täglich.“ Es gehe darum, das bislang noch immer exponentielle Wachstum zu unterbrechen.
Derzeit würden 2.243 Patienten mit COVID-19 auf Intensivstationen behandelt – vor einem Monat am 1. Oktober waren es nur 362. „Derzeit können wir die Patienten noch versorgen.“ Doch bei den aktuell hohen Infektionszahlen drohe den Intensivstationen in 8 bis 10 Tagen die Überlastung.
DIVI-Präsident: Kliniken sollen regional angepasst in den Notfall-Betrieb wechseln
Spahn berichtete, er habe bereits mit den Ministerpräsidenten gesprochen, wie sich die Kapazitäten bei den Intensivbetten zwischen den Ländern besser steuern ließen. Der Präsident der Deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Prof. Dr. Uwe Janssens, berichtete, dass auch auf den Normalstationen der Krankenhäuser derzeit sehr viel mehr Patienten mit COVID-19 versorgt würden als während der 1. Welle. Bei einigen von ihnen sei damit zu rechnen, dass sie noch auf die Intensivstationen verlegt werden müssen.
Er verwies auf das fehlende Fachpersonal auf den Intensivstationen, diese seien „das Nadelöhr der Versorgung“ – auch weil es hier bei sowieso knapper Personalsituation ebenfalls zu Ausfällen aufgrund von Infektionen komme.
Janssens forderte, die Kliniken sollten regional angepasst an die Infektionszahlen aus dem Regelbetrieb aussteigen und in den Notfall-Betrieb wechseln. Dabei müsse jedoch der Bund die Ausfälle vollumfänglich und rasch erstatten. Spahn sicherte den Krankenhäusern umfassende Unterstützung zu. Es sei wichtig, Druck von den Intensivstationen zu nehmen. „Viele arbeiten bereits am Rande der Belastungsfähigkeit.“
Update vom 2. November 2020
Bundeskanzlerin Angel Merkel erläutert den Teil-Lockdown
Das Ziel: 75% der Kontakte reduzieren – „Es waren politische Entscheidungen“
Schulen wahrscheinlich keine Hotspots
Weniger verfügbare Intensivbetten in Deutschland ist als gedacht
Bundeskanzlerin Angel Merkel erläutert den Teil-Lockdown
Bei heute vom RKI gemeldeten mehr als 12.000 neuen Infektionen mit SARS-CoV-2 in den letzten 24 Stunden (Anfang der Woche sind die Zahlen generell immer niedriger) hat heute der Teil-Lockdown in der Bundesrepublik begonnen. In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz der Bundesregierung hat Bundeskanzlerin Angela Merkel nochmals die derzeitige Situation dargelegt und die Maßnahmen begründet.
„Die Infizierten von heute werden die Intensivbetten in zwei bis drei Wochen füllen“, warnte sie mit Blick auf die drastisch gestiegenen Zahlen in den letzten Tagen. „Wir können dabei nicht zuschauen – und wollen es auch nicht.“ Inzwischen sei es bei 75% der Infektionen nicht mehr möglich, sie zuzuordnen, das heißt, es sei nicht klar, bei welchen Gelegenheiten sich die Menschen infiziert haben.
Zudem breiten sich die Infektionen in die Fläche bundesweit aus. „Gemittelt über 7 Tage liegen wir heute bei einer Inzidenz von 127,8 pro 100.000“, verkündete die Bundeskanzlerin, „wir müssen wieder unter 50 kommen, damit die Gesundheitsämter die Kontakte wieder nachvollziehen können!“
Und dazu reiche es eben nicht, nur auf die Einhaltung der AHA-Regeln hinzuweisen. Es bestehe ein enger Zusammenhang zwischen der Zahl der Kontakte und der Zahl der Infizierten, sagte sie. „Wir müssen die Kontakte reduzieren wo immer möglich, so wenige Menschen wie möglich sollten sich treffen“ – dies sei unabdingbar, um die Möglichkeiten sich anzustecken zu reduzieren, appellierte sie an die Bürger.
Das Ziel: 75% der Kontakte reduzieren – „Es waren politische Entscheidungen“
Aus wissenschaftlichen Berechnungen lasse sich ableiten, dass die Zahl der Kontakte um rund 75% reduziert werden müssen, damit es gelinge, die 2. Welle zu brechen – und um dies zu erreichen, seien die verordneten Maßnahmen „geeignet und erforderlich“, zeigte sich Merkel überzeugt.
Die Entscheidungen des Teil-Lockdowns seien vor diesem Hintergrund zu sehen. „Es waren politische Entscheidungen“, betonte sie. Man habe sich gefragt: „Was ist das Wichtigste?“ Es gehe darum, zum einen das Gesundheitssystem am Laufen zu halten und abzusichern und zum anderen die Infrastruktur und den Wirtschaftskreislauf nicht zu stark zu beeinträchtigen. Zudem habe man sich diesmal – „als Lehre aus der 1. Welle“ – entschlossen, Kitas und Schulen offen zu halten. Mit diesen Vorgaben müsse dann – um die angestrebte 75%ige Kontakteinschränkung zu erreichen – quasi alles andere, wo Menschen sich nahekommen können und sich treffen können, geschlossen werden.
Und dann gehe es eben nicht mehr darum, dass einzelne Branchen darauf verweisen, sie spielten als Infektionsherde keine Rolle. Diese Entscheidungen seien unabhängig von funktionierenden bzw. nicht funktionierenden Hygienekonzepten zu sehen, sagte Merkel. „Wer mir sagt, ich habe den falschen Bereich geschlossen, soll mir sagen, wo ich sonst schließen soll.“
Sie hoffe auf die Akzeptanz, Einsicht, Vernunft und Verantwortung der Bevölkerung. „Es hat jeder in der Hand, den November zum Wendepunkt zu machen – und damit die Voraussetzung für einen erträglichen Dezember und erträgliche Weihnachten zu schaffen.“
Sie versicherte, keiner werde „mit seinen Einnahmeausfällen allein gelassen“ und die funktionierenden Hygienekonzepte seien „für die Zeit danach von immenser Bedeutung“. Doch für den Monat November brauche es nun einmal mehr als diese Hygienekonzepte. „Wir retten nicht nur Menschenleben, wir kommen auch wirtschaftlich besser durch die Krise, wenn wir uns jetzt beschränken.“ Es handle sich um eine große Bewährungsprobe für die freiheitliche Demokratie, die „größte Krise seit Gründung der Bundesrepublik“.
Die Kanzlerin versuchte auch, Zuversicht zu verbreiten. „Wir stehen besser da als bei der 1. Welle; wir haben Schnelltests, bessere, wenn auch noch nicht optimale Medikamente und Aussicht auf Impfstoffe. Am 16. November soll das nächste Treffen mit den Ministerpräsidenten stattfinden, ei dem eine Zwischenbilanz gezogen werden soll. Merkel machte aber auch darauf aufmerksam, dass wir alle uns darauf einstellen müssen, mit „limitierten Kontakten“ durch die Wintermonate zu gehen.
Schulen wahrscheinlich keine Hotspots
Weltweit gesammelte Daten deuten laut einem Bericht in Nature zunehmend darauf hin, dass Schulen keine Hotspots für Coronavirus-Infektionen sind. Trotz der Befürchtungen nahmen die COVID-19-Infektionen nicht zu, als Schulen und Kindertagesstätten nach der Lockerung der Pandemie wiedereröffnet wurden. Und wenn es zu Ausbrüchen kommt, werden meist nur wenige Menschen krank. „Es gibt keine Nullübertragung oder kein Risiko", wird die australische Kinderärztin Dr. Fiona Russell (Universität von Melbourne) zitiert. Das Infektionsrisiko in Schulen sei allerdings gering, insbesondere wenn die Übertragungsrate in der Bevölkerung der jeweiligen Region gering sei.
Weniger verfügbare Intensivbetten in Deutschland ist als gedacht
Die Zahl der verfügbaren Intensivbetten in Deutschland ist laut einem aktuellen Bericht der Welt am Sonntag geringer als gedacht. „Bundesweit melden Kliniken freie Betten als verfügbar an, obwohl einige wegen des Personalmangels gar nicht genutzt werden können“, zitiert die Zeitung Prof. Dr. Christian Karagiannidis, den Sprecher des DIVI-Intensivregisters der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin.
„Wir wiegen uns bei der Zahl der freien Intensivbetten in falscher Sicherheit“, so Karagiannidis weiter. Und: „Die Zahl ist Grundlage für politische Entscheidungen. Einigen Geschäftsführern ist nicht klar, welche große gesellschaftliche Verantwortung sie mit dieser Meldung tragen.“ Karagiannidis rufe daher alle Kliniken auf, „ganz ehrlich“ ihre freien Betten zu melden.
Aufgefallen sei Karagiannidis die Entwicklung in den vergangenen 2, 3 Wochen. „Wir bekommen immer mehr Rückmeldungen von Notärzten quer aus Deutschland, die uns sagen: Ich habe Schwierigkeiten, meine Patienten in Kliniken unterzubringen, obwohl uns das Register in der Region Dutzende freie Betten anzeigt“, so der Intensivmediziner in der Welt am Sonntag.
Besorgt ist auch der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) Prof. Dr. Uwe Janssens . Er hat sich sogar mit einem eigenen YouTube-Video an die Bevölkerung gerichtet. Janssens spricht stellvertretend für mehr als 3.000 Intensivmediziner und Pflegekräfte, die derzeit auf deutschen Intensivstationen arbeiten.
Er wolle keine Angst machen und noch seien genug Intensivbetten frei, betont Janssens. Aber mit großer Sorge beobachteten alle den überproportionalen Anstieg der Corona-Infektionen in Deutschland und ganz Europa – und die sich füllenden Betten.
„Wir Intensivmediziner befürchten, bei weiter steigenden Infektionszahlen die intensivmedizinische Versorgung in Deutschland bald nicht mehr in vollem Umfang gewährleisten zu können!“ Janssens bittet aus diesem Grunde in seinem knapp fünf-minütigen Video, dass sich Bevölkerung jetzt strikt an die Regeln zur Minimierung des Infektionsrisikos halten:
Kontakte minimieren
Größeren Veranstaltungen fernbleiben
Teilnahme an Festen vermeiden
AHA+L+A Regel beachten: Abstand, Hygiene, Alltagsmaske, Lüften und App benutzen.
Die Ärzte sollten dementsprechend nur testen, wenn Menschen mehrere typische Symptome wie Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns, Husten und Fieber haben. Außerdem seien bevorzugt Risikopersonen und solche mit einem Kontakt zu einem Infizierten zu testen. Hintergrund der neuen vom RKI empfohlenen Strategie ist, dass die Labore zunehmend an ihre Auslastungsgrenzen kommen. Die gestern aktualisierten Testempfehlungen sind auf den Seiten des RKI als Fluss-Schema einzusehen.
Der Vorsitzende des Verbandes der Labormediziner ALM (Akkreditierte Labore in der Medizin) Dr. Michael Müller begrüßte die neue Strategie ausdrücklich: „Es ist gut, die Tests auf ein Maß zurückzuführen, das sinnvoll ist“, sagte er. Die derzeitige Kapazität liege bei 1,4 Millionen PCR-Tests pro Woche – und an dieser Kapzitätsgrenze bewege man sich derzeit. Er versicherte aber ausdrücklich: „Jeder, der ihn benötigt, bekommt auch einen Test!“ Schaade empfahl Personen mit Symptomen, die nicht getestet werden, die Selbstisolation für mindestens 5 Tage – oder zumindest bis 48 Stunden nach Nachlassen der Symptome.
Jens Spahn: „Mammutaufgabe“ und „harter November“ liegt vor uns
Bei der Pressekonferenz rief der nach eigenen Aussagen „von einem milden COVID-19-Verlauf“ genesene Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu „einer nationalen Kraftanstrengung auf, die es gemeinsam zu bewältigen gilt“. Es liege eine „Mammutaufgabe“ und „ein harter November“ vor der Bevölkerung und den Gesundheitsdiensten.
Schaade erinnerte an die stark gestiegenen Fallzahlen der letzten Wochen, die sich zuletzt alle 10 Tage verdoppelt hätten. „Wenn dies so weiter ginge, wären wir zu Weihnachten bei 400.000 Infektionen täglich.“ Es gehe darum, das bislang noch immer exponentielle Wachstum zu unterbrechen.
Derzeit würden 2.243 Patienten mit COVID-19 auf Intensivstationen behandelt – vor einem Monat am 1. Oktober waren es nur 362. „Derzeit können wir die Patienten noch versorgen.“ Doch bei den aktuell hohen Infektionszahlen drohe den Intensivstationen in 8 bis 10 Tagen die Überlastung.
DIVI-Präsident: Kliniken sollen regional angepasst in den Notfall-Betrieb wechseln
Spahn berichtete, er habe bereits mit den Ministerpräsidenten gesprochen, wie sich die Kapazitäten bei den Intensivbetten zwischen den Ländern besser steuern ließen. Der Präsident der Deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Prof. Dr. Uwe Janssens, berichtete, dass auch auf den Normalstationen der Krankenhäuser derzeit sehr viel mehr Patienten mit COVID-19 versorgt würden als während der 1. Welle. Bei einigen von ihnen sei damit zu rechnen, dass sie noch auf die Intensivstationen verlegt werden müssen.
Er verwies auf das fehlende Fachpersonal auf den Intensivstationen, diese seien „das Nadelöhr der Versorgung“ – auch weil es hier bei sowieso knapper Personalsituation ebenfalls zu Ausfällen aufgrund von Infektionen komme.
Janssens forderte, die Kliniken sollten regional angepasst an die Infektionszahlen aus dem Regelbetrieb aussteigen und in den Notfall-Betrieb wechseln. Dabei müsse jedoch der Bund die Ausfälle vollumfänglich und rasch erstatten. Spahn sicherte den Krankenhäusern umfassende Unterstützung zu. Es sei wichtig, Druck von den Intensivstationen zu nehmen. „Viele arbeiten bereits am Rande der Belastungsfähigkeit.“
Update vom 2. November 2020
Bundeskanzlerin Angel Merkel erläutert den Teil-Lockdown
Das Ziel: 75% der Kontakte reduzieren – „Es waren politische Entscheidungen“
Schulen wahrscheinlich keine Hotspots
Weniger verfügbare Intensivbetten in Deutschland ist als gedacht
Bundeskanzlerin Angel Merkel erläutert den Teil-Lockdown
Bei heute vom RKI gemeldeten mehr als 12.000 neuen Infektionen mit SARS-CoV-2 in den letzten 24 Stunden (Anfang der Woche sind die Zahlen generell immer niedriger) hat heute der Teil-Lockdown in der Bundesrepublik begonnen. In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz der Bundesregierung hat Bundeskanzlerin Angela Merkel nochmals die derzeitige Situation dargelegt und die Maßnahmen begründet.
„Die Infizierten von heute werden die Intensivbetten in zwei bis drei Wochen füllen“, warnte sie mit Blick auf die drastisch gestiegenen Zahlen in den letzten Tagen. „Wir können dabei nicht zuschauen – und wollen es auch nicht.“ Inzwischen sei es bei 75% der Infektionen nicht mehr möglich, sie zuzuordnen, das heißt, es sei nicht klar, bei welchen Gelegenheiten sich die Menschen infiziert haben.
Zudem breiten sich die Infektionen in die Fläche bundesweit aus. „Gemittelt über 7 Tage liegen wir heute bei einer Inzidenz von 127,8 pro 100.000“, verkündete die Bundeskanzlerin, „wir müssen wieder unter 50 kommen, damit die Gesundheitsämter die Kontakte wieder nachvollziehen können!“
Und dazu reiche es eben nicht, nur auf die Einhaltung der AHA-Regeln hinzuweisen. Es bestehe ein enger Zusammenhang zwischen der Zahl der Kontakte und der Zahl der Infizierten, sagte sie. „Wir müssen die Kontakte reduzieren wo immer möglich, so wenige Menschen wie möglich sollten sich treffen“ – dies sei unabdingbar, um die Möglichkeiten sich anzustecken zu reduzieren, appellierte sie an die Bürger.
Das Ziel: 75% der Kontakte reduzieren – „Es waren politische Entscheidungen“
Aus wissenschaftlichen Berechnungen lasse sich ableiten, dass die Zahl der Kontakte um rund 75% reduziert werden müssen, damit es gelinge, die 2. Welle zu brechen – und um dies zu erreichen, seien die verordneten Maßnahmen „geeignet und erforderlich“, zeigte sich Merkel überzeugt.
Die Entscheidungen des Teil-Lockdowns seien vor diesem Hintergrund zu sehen. „Es waren politische Entscheidungen“, betonte sie. Man habe sich gefragt: „Was ist das Wichtigste?“ Es gehe darum, zum einen das Gesundheitssystem am Laufen zu halten und abzusichern und zum anderen die Infrastruktur und den Wirtschaftskreislauf nicht zu stark zu beeinträchtigen. Zudem habe man sich diesmal – „als Lehre aus der 1. Welle“ – entschlossen, Kitas und Schulen offen zu halten. Mit diesen Vorgaben müsse dann – um die angestrebte 75%ige Kontakteinschränkung zu erreichen – quasi alles andere, wo Menschen sich nahekommen können und sich treffen können, geschlossen werden.
Und dann gehe es eben nicht mehr darum, dass einzelne Branchen darauf verweisen, sie spielten als Infektionsherde keine Rolle. Diese Entscheidungen seien unabhängig von funktionierenden bzw. nicht funktionierenden Hygienekonzepten zu sehen, sagte Merkel. „Wer mir sagt, ich habe den falschen Bereich geschlossen, soll mir sagen, wo ich sonst schließen soll.“
Sie hoffe auf die Akzeptanz, Einsicht, Vernunft und Verantwortung der Bevölkerung. „Es hat jeder in der Hand, den November zum Wendepunkt zu machen – und damit die Voraussetzung für einen erträglichen Dezember und erträgliche Weihnachten zu schaffen.“
Sie versicherte, keiner werde „mit seinen Einnahmeausfällen allein gelassen“ und die funktionierenden Hygienekonzepte seien „für die Zeit danach von immenser Bedeutung“. Doch für den Monat November brauche es nun einmal mehr als diese Hygienekonzepte. „Wir retten nicht nur Menschenleben, wir kommen auch wirtschaftlich besser durch die Krise, wenn wir uns jetzt beschränken.“ Es handle sich um eine große Bewährungsprobe für die freiheitliche Demokratie, die „größte Krise seit Gründung der Bundesrepublik“.
Die Kanzlerin versuchte auch, Zuversicht zu verbreiten. „Wir stehen besser da als bei der 1. Welle; wir haben Schnelltests, bessere, wenn auch noch nicht optimale Medikamente und Aussicht auf Impfstoffe. Am 16. November soll das nächste Treffen mit den Ministerpräsidenten stattfinden, ei dem eine Zwischenbilanz gezogen werden soll. Merkel machte aber auch darauf aufmerksam, dass wir alle uns darauf einstellen müssen, mit „limitierten Kontakten“ durch die Wintermonate zu gehen.
Schulen wahrscheinlich keine Hotspots
Weltweit gesammelte Daten deuten laut einem Bericht in Nature zunehmend darauf hin, dass Schulen keine Hotspots für Coronavirus-Infektionen sind. Trotz der Befürchtungen nahmen die COVID-19-Infektionen nicht zu, als Schulen und Kindertagesstätten nach der Lockerung der Pandemie wiedereröffnet wurden. Und wenn es zu Ausbrüchen kommt, werden meist nur wenige Menschen krank. „Es gibt keine Nullübertragung oder kein Risiko", wird die australische Kinderärztin Dr. Fiona Russell (Universität von Melbourne) zitiert. Das Infektionsrisiko in Schulen sei allerdings gering, insbesondere wenn die Übertragungsrate in der Bevölkerung der jeweiligen Region gering sei.
Weniger verfügbare Intensivbetten in Deutschland ist als gedacht
Die Zahl der verfügbaren Intensivbetten in Deutschland ist laut einem aktuellen Bericht der Welt am Sonntag geringer als gedacht. „Bundesweit melden Kliniken freie Betten als verfügbar an, obwohl einige wegen des Personalmangels gar nicht genutzt werden können“, zitiert die Zeitung Prof. Dr. Christian Karagiannidis, den Sprecher des DIVI-Intensivregisters der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin.
„Wir wiegen uns bei der Zahl der freien Intensivbetten in falscher Sicherheit“, so Karagiannidis weiter. Und: „Die Zahl ist Grundlage für politische Entscheidungen. Einigen Geschäftsführern ist nicht klar, welche große gesellschaftliche Verantwortung sie mit dieser Meldung tragen.“ Karagiannidis rufe daher alle Kliniken auf, „ganz ehrlich“ ihre freien Betten zu melden.
Aufgefallen sei Karagiannidis die Entwicklung in den vergangenen 2, 3 Wochen. „Wir bekommen immer mehr Rückmeldungen von Notärzten quer aus Deutschland, die uns sagen: Ich habe Schwierigkeiten, meine Patienten in Kliniken unterzubringen, obwohl uns das Register in der Region Dutzende freie Betten anzeigt“, so der Intensivmediziner in der Welt am Sonntag.
Besorgt ist auch der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) Prof. Dr. Uwe Janssens . Er hat sich sogar mit einem eigenen YouTube-Video an die Bevölkerung gerichtet. Janssens spricht stellvertretend für mehr als 3.000 Intensivmediziner und Pflegekräfte, die derzeit auf deutschen Intensivstationen arbeiten.
Er wolle keine Angst machen und noch seien genug Intensivbetten frei, betont Janssens. Aber mit großer Sorge beobachteten alle den überproportionalen Anstieg der Corona-Infektionen in Deutschland und ganz Europa – und die sich füllenden Betten.
„Wir Intensivmediziner befürchten, bei weiter steigenden Infektionszahlen die intensivmedizinische Versorgung in Deutschland bald nicht mehr in vollem Umfang gewährleisten zu können!“ Janssens bittet aus diesem Grunde in seinem knapp fünf-minütigen Video, dass sich Bevölkerung jetzt strikt an die Regeln zur Minimierung des Infektionsrisikos halten:
Kontakte minimieren
Größeren Veranstaltungen fernbleiben
Teilnahme an Festen vermeiden
AHA+L+A Regel beachten: Abstand, Hygiene, Alltagsmaske, Lüften und App benutzen.
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Montag, 2. November 2020
.Teil-Lockdown: Angela Merkel erklärt sich; Schulen sind keine Corona-Hotspots; Intensivmediziner besorgt
che2001, 18:15h
.Michael van den Heuvel, Sonja Boehm, Dr. Thomas Kron, Medscape
Der Herbst hat begonnen – und die Zahl der SARS-VoV-2-Infektionen steigt nicht nur in Deutschland drastisch an. Wir informieren Sie in unserem Corona-Blog über aktuelle Entwicklungen, Studien und wissenschaftliche Dispute.
Update vom 2. November
Bundeskanzlerin Angel Merkel erläutert den Teil-Lockdown
Das Ziel: 75% der Kontakte reduzieren – „Es waren politische Entscheidungen“
Schulen wahrscheinlich keine Hotspots
Weniger verfügbare Intensivbetten in Deutschland ist als gedacht
Bundeskanzlerin Angel Merkel erläutert den Teil-Lockdown
Bei heute vom RKI gemeldeten mehr als 12.000 neuen Infektionen mit SARS-CoV-2 in den letzten 24 Stunden (Anfang der Woche sind die Zahlen generell immer niedriger) hat heute der Teil-Lockdown in der Bundesrepublik begonnen. In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz der Bundesregierung hat Bundeskanzlerin Angela Merkel nochmals die derzeitige Situation dargelegt und die Maßnahmen begründet.
„Die Infizierten von heute werden die Intensivbetten in zwei bis drei Wochen füllen“, warnte sie mit Blick auf die drastisch gestiegenen Zahlen in den letzten Tagen. „Wir können dabei nicht zuschauen – und wollen es auch nicht.“ Inzwischen sei es bei 75% der Infektionen nicht mehr möglich, sie zuzuordnen, das heißt, es sei nicht klar, bei welchen Gelegenheiten sich die Menschen infiziert haben.
Zudem breiten sich die Infektionen in die Fläche bundesweit aus. „Gemittelt über 7 Tage liegen wir heute bei einer Inzidenz von 127,8 pro 100.000“, verkündete die Bundeskanzlerin, „wir müssen wieder unter 50 kommen, damit die Gesundheitsämter die Kontakte wieder nachvollziehen können!“
Und dazu reiche es eben nicht, nur auf die Einhaltung der AHA-Regeln hinzuweisen. Es bestehe ein enger Zusammenhang zwischen der Zahl der Kontakte und der Zahl der Infizierten, sagte sie. „Wir müssen die Kontakte reduzieren wo immer möglich, so wenige Menschen wie möglich sollten sich treffen“ – dies sei unabdingbar, um die Möglichkeiten sich anzustecken zu reduzieren, appellierte sie an die Bürger.
Aus wissenschaftlichen Berechnungen lasse sich ableiten, dass die Zahl der Kontakte um rund 75% reduziert werden müssen, damit es gelinge, die 2. Welle zu brechen – und um dies zu erreichen, seien die verordneten Maßnahmen „geeignet und erforderlich“, zeigte sich Merkel überzeugt.
Die Entscheidungen des Teil-Lockdowns seien vor diesem Hintergrund zu sehen. „Es waren politische Entscheidungen“, betonte sie. Man habe sich gefragt: „Was ist das Wichtigste?“ Es gehe darum, zum einen das Gesundheitssystem am Laufen zu halten und abzusichern und zum anderen die Infrastruktur und den Wirtschaftskreislauf nicht zu stark zu beeinträchtigen. Zudem habe man sich diesmal – „als Lehre aus der 1. Welle“ – entschlossen, Kitas und Schulen offen zu halten. Mit diesen Vorgaben müsse dann – um die angestrebte 75%ige Kontakteinschränkung zu erreichen – quasi alles andere, wo Menschen sich nahekommen können und sich treffen können, geschlossen werden.
Und dann gehe es eben nicht mehr darum, dass einzelne Branchen darauf verweisen, sie spielten als Infektionsherde keine Rolle. Diese Entscheidungen seien unabhängig von funktionierenden bzw. nicht funktionierenden Hygienekonzepten zu sehen, sagte Merkel. „Wer mir sagt, ich habe den falschen Bereich geschlossen, soll mir sagen, wo ich sonst schließen soll.“
Sie hoffe auf die Akzeptanz, Einsicht, Vernunft und Verantwortung der Bevölkerung. „Es hat jeder in der Hand, den November zum Wendepunkt zu machen – und damit die Voraussetzung für einen erträglichen Dezember und erträgliche Weihnachten zu schaffen.“
Sie versicherte, keiner werde „mit seinen Einnahmeausfällen allein gelassen“ und die funktionierenden Hygienekonzepte seien „für die Zeit danach von immenser Bedeutung“. Doch für den Monat November brauche es nun einmal mehr als diese Hygienekonzepte. „Wir retten nicht nur Menschenleben, wir kommen auch wirtschaftlich besser durch die Krise, wenn wir uns jetzt beschränken.“ Es handle sich um eine große Bewährungsprobe für die freiheitliche Demokratie, die „größte Krise seit Gründung der Bundesrepublik“.
Die Kanzlerin versuchte auch, Zuversicht zu verbreiten. „Wir stehen besser da als bei der 1. Welle; wir haben Schnelltests, bessere, wenn auch noch nicht optimale Medikamente und Aussicht auf Impfstoffe. Am 16. November soll das nächste Treffen mit den Ministerpräsidenten stattfinden, ei dem eine Zwischenbilanz gezogen werden soll. Merkel machte aber auch darauf aufmerksam, dass wir alle uns darauf einstellen müssen, mit „limitierten Kontakten“ durch die Wintermonate zu gehen.
Das Ziel: 75% der Kontakte reduzieren – „Es waren politische Entscheidungen“
Aus wissenschaftlichen Berechnungen lasse sich ableiten, dass die Zahl der Kontakte um rund 75% reduziert werden müssen, damit es gelinge, die 2. Welle zu brechen – und um dies zu erreichen, seien die verordneten Maßnahmen „geeignet und erforderlich“, zeigte sich Merkel überzeugt.
Die Entscheidungen des Teil-Lockdowns seien vor diesem Hintergrund zu sehen. „Es waren politische Entscheidungen“, betonte sie. Man habe sich gefragt: „Was ist das Wichtigste?“ Es gehe darum, zum einen das Gesundheitssystem am Laufen zu halten und abzusichern und zum anderen die Infrastruktur und den Wirtschaftskreislauf nicht zu stark zu beeinträchtigen. Zudem habe man sich diesmal – „als Lehre aus der 1. Welle“ – entschlossen, Kitas und Schulen offen zu halten. Mit diesen Vorgaben müsse dann – um die angestrebte 75%ige Kontakteinschränkung zu erreichen – quasi alles andere, wo Menschen sich nahekommen können und sich treffen können, geschlossen werden.
Und dann gehe es eben nicht mehr darum, dass einzelne Branchen darauf verweisen, sie spielten als Infektionsherde keine Rolle. Diese Entscheidungen seien unabhängig von funktionierenden bzw. nicht funktionierenden Hygienekonzepten zu sehen, sagte Merkel. „Wer mir sagt, ich habe den falschen Bereich geschlossen, soll mir sagen, wo ich sonst schließen soll.“
Sie hoffe auf die Akzeptanz, Einsicht, Vernunft und Verantwortung der Bevölkerung. „Es hat jeder in der Hand, den November zum Wendepunkt zu machen – und damit die Voraussetzung für einen erträglichen Dezember und erträgliche Weihnachten zu schaffen.“
Sie versicherte, keiner werde „mit seinen Einnahmeausfällen allein gelassen“ und die funktionierenden Hygienekonzepte seien „für die Zeit danach von immenser Bedeutung“. Doch für den Monat November brauche es nun einmal mehr als diese Hygienekonzepte. „Wir retten nicht nur Menschenleben, wir kommen auch wirtschaftlich besser durch die Krise, wenn wir uns jetzt beschränken.“ Es handle sich um eine große Bewährungsprobe für die freiheitliche Demokratie, die „größte Krise seit Gründung der Bundesrepublik“.
Die Kanzlerin versuchte auch, Zuversicht zu verbreiten. „Wir stehen besser da als bei der 1. Welle; wir haben Schnelltests, bessere, wenn auch noch nicht optimale Medikamente und Aussicht auf Impfstoffe. Am 16. November soll das nächste Treffen mit den Ministerpräsidenten stattfinden, ei dem eine Zwischenbilanz gezogen werden soll. Merkel machte aber auch darauf aufmerksam, dass wir alle uns darauf einstellen müssen, mit „limitierten Kontakten“ durch die Wintermonate zu gehen.
Schulen wahrscheinlich keine Hotspots
Weltweit gesammelte Daten deuten laut einem Bericht in Nature zunehmend darauf hin, dass Schulen keine Hotspots für Coronavirus-Infektionen sind. Trotz der Befürchtungen nahmen die COVID-19-Infektionen nicht zu, als Schulen und Kindertagesstätten nach der Lockerung der Pandemie wiedereröffnet wurden. Und wenn es zu Ausbrüchen kommt, werden meist nur wenige Menschen krank. „Es gibt keine Nullübertragung oder kein Risiko", wird die australische Kinderärztin Dr. Fiona Russell (Universität von Melbourne) zitiert. Das Infektionsrisiko in Schulen sei allerdings gering, insbesondere wenn die Übertragungsrate in der Bevölkerung der jeweiligen Region gering sei.
Weniger verfügbare Intensivbetten in Deutschland ist als gedacht
Die Zahl der verfügbaren Intensivbetten in Deutschland ist laut einem aktuellen Bericht der Welt am Sonntag geringer als gedacht. „Bundesweit melden Kliniken freie Betten als verfügbar an, obwohl einige wegen des Personalmangels gar nicht genutzt werden können“, zitiert die Zeitung Prof. Dr. Christian Karagiannidis, den Sprecher des DIVI-Intensivregisters der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin.
„Wir wiegen uns bei der Zahl der freien Intensivbetten in falscher Sicherheit“, so Karagiannidis weiter. Und: „Die Zahl ist Grundlage für politische Entscheidungen. Einigen Geschäftsführern ist nicht klar, welche große gesellschaftliche Verantwortung sie mit dieser Meldung tragen.“ Karagiannidis rufe daher alle Kliniken auf, „ganz ehrlich“ ihre freien Betten zu melden.
Aufgefallen sei Karagiannidis die Entwicklung in den vergangenen 2, 3 Wochen. „Wir bekommen immer mehr Rückmeldungen von Notärzten quer aus Deutschland, die uns sagen: Ich habe Schwierigkeiten, meine Patienten in Kliniken unterzubringen, obwohl uns das Register in der Region Dutzende freie Betten anzeigt“, so der Intensivmediziner in der Welt am Sonntag.
Besorgt ist auch der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) Prof. Dr. Uwe Janssens . Er hat sich sogar mit einem eigenen YouTube-Video an die Bevölkerung gerichtet. Janssens spricht stellvertretend für mehr als 3.000 Intensivmediziner und Pflegekräfte, die derzeit auf deutschen Intensivstationen arbeiten.
Der Herbst hat begonnen – und die Zahl der SARS-VoV-2-Infektionen steigt nicht nur in Deutschland drastisch an. Wir informieren Sie in unserem Corona-Blog über aktuelle Entwicklungen, Studien und wissenschaftliche Dispute.
Update vom 2. November
Bundeskanzlerin Angel Merkel erläutert den Teil-Lockdown
Das Ziel: 75% der Kontakte reduzieren – „Es waren politische Entscheidungen“
Schulen wahrscheinlich keine Hotspots
Weniger verfügbare Intensivbetten in Deutschland ist als gedacht
Bundeskanzlerin Angel Merkel erläutert den Teil-Lockdown
Bei heute vom RKI gemeldeten mehr als 12.000 neuen Infektionen mit SARS-CoV-2 in den letzten 24 Stunden (Anfang der Woche sind die Zahlen generell immer niedriger) hat heute der Teil-Lockdown in der Bundesrepublik begonnen. In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz der Bundesregierung hat Bundeskanzlerin Angela Merkel nochmals die derzeitige Situation dargelegt und die Maßnahmen begründet.
„Die Infizierten von heute werden die Intensivbetten in zwei bis drei Wochen füllen“, warnte sie mit Blick auf die drastisch gestiegenen Zahlen in den letzten Tagen. „Wir können dabei nicht zuschauen – und wollen es auch nicht.“ Inzwischen sei es bei 75% der Infektionen nicht mehr möglich, sie zuzuordnen, das heißt, es sei nicht klar, bei welchen Gelegenheiten sich die Menschen infiziert haben.
Zudem breiten sich die Infektionen in die Fläche bundesweit aus. „Gemittelt über 7 Tage liegen wir heute bei einer Inzidenz von 127,8 pro 100.000“, verkündete die Bundeskanzlerin, „wir müssen wieder unter 50 kommen, damit die Gesundheitsämter die Kontakte wieder nachvollziehen können!“
Und dazu reiche es eben nicht, nur auf die Einhaltung der AHA-Regeln hinzuweisen. Es bestehe ein enger Zusammenhang zwischen der Zahl der Kontakte und der Zahl der Infizierten, sagte sie. „Wir müssen die Kontakte reduzieren wo immer möglich, so wenige Menschen wie möglich sollten sich treffen“ – dies sei unabdingbar, um die Möglichkeiten sich anzustecken zu reduzieren, appellierte sie an die Bürger.
Aus wissenschaftlichen Berechnungen lasse sich ableiten, dass die Zahl der Kontakte um rund 75% reduziert werden müssen, damit es gelinge, die 2. Welle zu brechen – und um dies zu erreichen, seien die verordneten Maßnahmen „geeignet und erforderlich“, zeigte sich Merkel überzeugt.
Die Entscheidungen des Teil-Lockdowns seien vor diesem Hintergrund zu sehen. „Es waren politische Entscheidungen“, betonte sie. Man habe sich gefragt: „Was ist das Wichtigste?“ Es gehe darum, zum einen das Gesundheitssystem am Laufen zu halten und abzusichern und zum anderen die Infrastruktur und den Wirtschaftskreislauf nicht zu stark zu beeinträchtigen. Zudem habe man sich diesmal – „als Lehre aus der 1. Welle“ – entschlossen, Kitas und Schulen offen zu halten. Mit diesen Vorgaben müsse dann – um die angestrebte 75%ige Kontakteinschränkung zu erreichen – quasi alles andere, wo Menschen sich nahekommen können und sich treffen können, geschlossen werden.
Und dann gehe es eben nicht mehr darum, dass einzelne Branchen darauf verweisen, sie spielten als Infektionsherde keine Rolle. Diese Entscheidungen seien unabhängig von funktionierenden bzw. nicht funktionierenden Hygienekonzepten zu sehen, sagte Merkel. „Wer mir sagt, ich habe den falschen Bereich geschlossen, soll mir sagen, wo ich sonst schließen soll.“
Sie hoffe auf die Akzeptanz, Einsicht, Vernunft und Verantwortung der Bevölkerung. „Es hat jeder in der Hand, den November zum Wendepunkt zu machen – und damit die Voraussetzung für einen erträglichen Dezember und erträgliche Weihnachten zu schaffen.“
Sie versicherte, keiner werde „mit seinen Einnahmeausfällen allein gelassen“ und die funktionierenden Hygienekonzepte seien „für die Zeit danach von immenser Bedeutung“. Doch für den Monat November brauche es nun einmal mehr als diese Hygienekonzepte. „Wir retten nicht nur Menschenleben, wir kommen auch wirtschaftlich besser durch die Krise, wenn wir uns jetzt beschränken.“ Es handle sich um eine große Bewährungsprobe für die freiheitliche Demokratie, die „größte Krise seit Gründung der Bundesrepublik“.
Die Kanzlerin versuchte auch, Zuversicht zu verbreiten. „Wir stehen besser da als bei der 1. Welle; wir haben Schnelltests, bessere, wenn auch noch nicht optimale Medikamente und Aussicht auf Impfstoffe. Am 16. November soll das nächste Treffen mit den Ministerpräsidenten stattfinden, ei dem eine Zwischenbilanz gezogen werden soll. Merkel machte aber auch darauf aufmerksam, dass wir alle uns darauf einstellen müssen, mit „limitierten Kontakten“ durch die Wintermonate zu gehen.
Das Ziel: 75% der Kontakte reduzieren – „Es waren politische Entscheidungen“
Aus wissenschaftlichen Berechnungen lasse sich ableiten, dass die Zahl der Kontakte um rund 75% reduziert werden müssen, damit es gelinge, die 2. Welle zu brechen – und um dies zu erreichen, seien die verordneten Maßnahmen „geeignet und erforderlich“, zeigte sich Merkel überzeugt.
Die Entscheidungen des Teil-Lockdowns seien vor diesem Hintergrund zu sehen. „Es waren politische Entscheidungen“, betonte sie. Man habe sich gefragt: „Was ist das Wichtigste?“ Es gehe darum, zum einen das Gesundheitssystem am Laufen zu halten und abzusichern und zum anderen die Infrastruktur und den Wirtschaftskreislauf nicht zu stark zu beeinträchtigen. Zudem habe man sich diesmal – „als Lehre aus der 1. Welle“ – entschlossen, Kitas und Schulen offen zu halten. Mit diesen Vorgaben müsse dann – um die angestrebte 75%ige Kontakteinschränkung zu erreichen – quasi alles andere, wo Menschen sich nahekommen können und sich treffen können, geschlossen werden.
Und dann gehe es eben nicht mehr darum, dass einzelne Branchen darauf verweisen, sie spielten als Infektionsherde keine Rolle. Diese Entscheidungen seien unabhängig von funktionierenden bzw. nicht funktionierenden Hygienekonzepten zu sehen, sagte Merkel. „Wer mir sagt, ich habe den falschen Bereich geschlossen, soll mir sagen, wo ich sonst schließen soll.“
Sie hoffe auf die Akzeptanz, Einsicht, Vernunft und Verantwortung der Bevölkerung. „Es hat jeder in der Hand, den November zum Wendepunkt zu machen – und damit die Voraussetzung für einen erträglichen Dezember und erträgliche Weihnachten zu schaffen.“
Sie versicherte, keiner werde „mit seinen Einnahmeausfällen allein gelassen“ und die funktionierenden Hygienekonzepte seien „für die Zeit danach von immenser Bedeutung“. Doch für den Monat November brauche es nun einmal mehr als diese Hygienekonzepte. „Wir retten nicht nur Menschenleben, wir kommen auch wirtschaftlich besser durch die Krise, wenn wir uns jetzt beschränken.“ Es handle sich um eine große Bewährungsprobe für die freiheitliche Demokratie, die „größte Krise seit Gründung der Bundesrepublik“.
Die Kanzlerin versuchte auch, Zuversicht zu verbreiten. „Wir stehen besser da als bei der 1. Welle; wir haben Schnelltests, bessere, wenn auch noch nicht optimale Medikamente und Aussicht auf Impfstoffe. Am 16. November soll das nächste Treffen mit den Ministerpräsidenten stattfinden, ei dem eine Zwischenbilanz gezogen werden soll. Merkel machte aber auch darauf aufmerksam, dass wir alle uns darauf einstellen müssen, mit „limitierten Kontakten“ durch die Wintermonate zu gehen.
Schulen wahrscheinlich keine Hotspots
Weltweit gesammelte Daten deuten laut einem Bericht in Nature zunehmend darauf hin, dass Schulen keine Hotspots für Coronavirus-Infektionen sind. Trotz der Befürchtungen nahmen die COVID-19-Infektionen nicht zu, als Schulen und Kindertagesstätten nach der Lockerung der Pandemie wiedereröffnet wurden. Und wenn es zu Ausbrüchen kommt, werden meist nur wenige Menschen krank. „Es gibt keine Nullübertragung oder kein Risiko", wird die australische Kinderärztin Dr. Fiona Russell (Universität von Melbourne) zitiert. Das Infektionsrisiko in Schulen sei allerdings gering, insbesondere wenn die Übertragungsrate in der Bevölkerung der jeweiligen Region gering sei.
Weniger verfügbare Intensivbetten in Deutschland ist als gedacht
Die Zahl der verfügbaren Intensivbetten in Deutschland ist laut einem aktuellen Bericht der Welt am Sonntag geringer als gedacht. „Bundesweit melden Kliniken freie Betten als verfügbar an, obwohl einige wegen des Personalmangels gar nicht genutzt werden können“, zitiert die Zeitung Prof. Dr. Christian Karagiannidis, den Sprecher des DIVI-Intensivregisters der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin.
„Wir wiegen uns bei der Zahl der freien Intensivbetten in falscher Sicherheit“, so Karagiannidis weiter. Und: „Die Zahl ist Grundlage für politische Entscheidungen. Einigen Geschäftsführern ist nicht klar, welche große gesellschaftliche Verantwortung sie mit dieser Meldung tragen.“ Karagiannidis rufe daher alle Kliniken auf, „ganz ehrlich“ ihre freien Betten zu melden.
Aufgefallen sei Karagiannidis die Entwicklung in den vergangenen 2, 3 Wochen. „Wir bekommen immer mehr Rückmeldungen von Notärzten quer aus Deutschland, die uns sagen: Ich habe Schwierigkeiten, meine Patienten in Kliniken unterzubringen, obwohl uns das Register in der Region Dutzende freie Betten anzeigt“, so der Intensivmediziner in der Welt am Sonntag.
Besorgt ist auch der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) Prof. Dr. Uwe Janssens . Er hat sich sogar mit einem eigenen YouTube-Video an die Bevölkerung gerichtet. Janssens spricht stellvertretend für mehr als 3.000 Intensivmediziner und Pflegekräfte, die derzeit auf deutschen Intensivstationen arbeiten.
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Mittwoch, 21. Oktober 2020
USA: Große wissenschaftliche Fachzeitschriften bleiben nicht länger neutral – sie beziehen Position gegen Donald Trump
che2001, 19:08h
Laird Harrison, Medscape
Bekannte medizinische und wissenschaftliche Fachzeitschriften haben mit der Tradition gebrochen, sich nicht politisch zu positionieren. In mehreren Editorials fordern sie einen Führungswechsel in Washington, DC.
Einige unterstützen Joseph Biden Jr. in seiner Kampagne, Präsident Donald Trump bei den Wahlen im November abzusetzen.
Dr. Eric J. Rubin
Der Schritt, den mehrere Chefredakteure als beispiellos bezeichneten, ist allerdings auch gefährlich: Er könnte den Ruf von Zeitschriften als unparteiische Größen in der Wissenschaft gefährden. Chefredakteure argumentieren jedoch, dass dieses Risiko gerechtfertigt sei, weil die Trump-Regierung die Arbeit von Wissenschaftlern angreife, den Klimawandel ignoriere und unzureichend auf die COVID-19-Pandemie reagiert habe.
„Es herrscht ein ziemlich einhelliges Gefühl unter den Chefredakteuren von Journalen, aber ich denke, das spiegelt ihre Leser wider, dass die Dinge schlecht gelaufen sind und dass es wichtig ist, dass wir versuchen, die Dinge zu korrigieren“, sagte Dr. Eric J. Rubin, Chefredakteur des New England Journal of Medicine, gegenüber Medscape.
Die derzeitige politische Führung habe gezeigt, dass sie in der Pandemie „gefährlich inkompetent“ sei; sie solle ihre Arbeit nicht fortsetzen dürfen, schrieb Rubin in einem Leitartikel vom 8. Oktober [1]. Die Zeitschrift hatte bislang darauf verzichtet, Trump in ihren Leitartikeln zu nennen.
Auch Science hat kürzlich ein Editorial veröffentlicht. Darin werden Wissenschaftler generell, aber speziell der Kommissar der US Food and Drug Administration (FDA), Stephen Hahn, dazu aufgerufen, Trumps Einmischung in die Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen und -Therapien etwas entgegenzusetzen.
Kein Einzelfall: Scientific American , Nature und The Lancet Oncology haben Biden alle namentlich unterstützt, wobei Scientific American feststellte, es handele sich um das 1. Mal in der 175-jährigen Geschichte der Zeitschrift, dass eine Wahlempfehlung abgegeben werde.
Dr Arthur Caplan
Eine Bitte um Stellungnahme von Medscape an das Weiße Haus blieb bislang unbeantwortet.
Gefahren, wenn wissenschaftliche Zeitschriften politisch Stellung beziehen
Dr. Arthur Caplan, Direktor der Abteilung für Medizinische Ethik an der New York University Grossman School of Medicine, warnt gegenüber Medscape vor den Gefahren, wenn wissenschaftliche Journale politische Positionen beziehen. Er erklärt: „Viele würden argumentieren, dass dies nicht das richtige Forum ist. Es gibt viele andere Gelegenheiten, um politische Standpunkte zu vertreten. Es besteht die Möglichkeit, dass die Journale damit selbst die Grenze zwischen Wissenschaft und Politik verwässern, indem sie sich zu Wort melden.“
Caplan hält jedoch selbst auch die Entscheidung der Journale für richtig. Denn sie hätten auch die Pflicht, sich für die Wissenschaft und Wissenschaftler einzusetzen, die von der Trump-Regierung „schikaniert“ würden.
Dr. H. Holden Thorp, Chefredakteur von Science, der ein Editorial zum Thema verfasst hat, berichtet gegenüber Medscape, er sei aus seinem wissenschaftlichen „Schneckenhaus herausgekommen“, als Trump im März twitterte, COVID-19 sei nicht schlimmer sei als die saisonale Grippe. „Ich dachte, der Tweet ‚nur eine Grippe‘ ist unglaublich gefährlich“, sagte Thorp, „denn zu diesem Zeitpunkt wussten wir schon genug aus der Grundlagenforschung, um zu erkennen, was für ein massives Problem dies sein wird.“
Es besteht die Möglichkeit, dass die Journale damit selbst die Grenze zwischen Wissenschaft und Politik verwässern, indem sie sich zu Wort melden. Dr. Arthur Caplan
Science könne zwar keine politischen Kandidaten direkt empfehlen, da die Zeitschrift Teil der gemeinnützigen American Association for the Advancement of Science sei, sagte Thorp. Aber er hat auf seinen 1. Leitartikel eine Reihe weiterer folgen lassen, welche die Trump-Regierung kritisieren. Er hält solche Editorials für genauso effektiv, um Biden zu unterstützen, wie Kampagnen in Zeitungen oder Zeitschriften für die Allgemeinheit.
Sich zu äußern und Stellung zu beziehen, könne auch negative Konsequenzen haben, warnt auch der renommierte Wissenschaftler Prof. Dr. Eric Topol, Chefredakteur von Medscape. Er erinnert sich an die Rückschläge damals, als er begann, vor Problemen mit dem Arthritis-Medikament Rofecoxib (Vioxx®) zu warnen. „Es hat mich gelehrt, dass damit eine Menge Risiken verbunden sind – man hat es, etwa in diesem Fall, dann mit einem sehr großen Unternehmen zu tun, das einen zerlegen will.“ Übrigens: Vioxx® ist damals dann doch im September 2004 weltweit vom Markt genommen.
Wirkung von Editorials
Editorials können jedoch eine Wirkung haben. Zum Beispiel berichtet Topol, dass einige seiner neueren Tweets und Leitartikel ihn in direkte Gespräche mit FDA-Kommissar Hahn und mit Vertretern von Pfizer geführt haben. Und das Science-Editorial schreibt Topol zugute, dass er Hahns Widerstand gegen die Einmischung der Verwaltung gestärkt habe.
Topol, Thorp und Rubin berichten jedoch auch alle, dass sie aufgrund ihrer jüngsten Positionen böse E-Mails und Tweets erhalten haben, daneben aber auch moderate Kritik und viele Glückwünsche.
Wenn wir jetzt nicht jede Karte ausspielen, die wir haben, wann sollen wir es dann tun? Dr. H. Holden Thorp
In der Vergangenheit hielten sich Forscher vielleicht aus Angst davor, staatliche Gelder zu verlieren, lieber am politischen Spielfeldrand auf. Doch seit Trumps Regierung in wissenschaftliche Abläufe eingegriffen habe, hätten sie das Gefühl, dass es nicht mehr viel zu verlieren gebe, so Thorp. „Wenn wir jetzt nicht jede Karte ausspielen, die wir haben, wann sollen wir es dann tun?“
Werden die wissenschaftlichen Zeitschriften zu ihrer Tradition der Neutralität zurückkehren, falls eine neue Regierung mehr Respekt vor der Wissenschaft zeigt?
Caplan jedenfalls vermutet, dies werde der Fall sein, vor allem, wenn neue rechtliche Barrieren erreichtet würden, um Behörden wie die FDA und die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) vor politischem Einfluss zu schützen. „Ich glaube, wir befinden uns in außergewöhnlichen Zeiten, und die Journale wollen keine politischen Foren sein“, sagte er.
Aber Thorp ist sich nicht so sicher, ob sich die Zeitschriften tatsächlich ruhig verhalten sollten. „Ich denke, wenn überhaupt, dann hätten wir in der Vergangenheit ein wenig mehr da draußen sein sollen“, sagt er. Denn das hätte es gebraucht, um Themen mutiger anzusprechen.
Dieser Artikel wurde von Michael van den Heuvel aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
Bekannte medizinische und wissenschaftliche Fachzeitschriften haben mit der Tradition gebrochen, sich nicht politisch zu positionieren. In mehreren Editorials fordern sie einen Führungswechsel in Washington, DC.
Einige unterstützen Joseph Biden Jr. in seiner Kampagne, Präsident Donald Trump bei den Wahlen im November abzusetzen.
Dr. Eric J. Rubin
Der Schritt, den mehrere Chefredakteure als beispiellos bezeichneten, ist allerdings auch gefährlich: Er könnte den Ruf von Zeitschriften als unparteiische Größen in der Wissenschaft gefährden. Chefredakteure argumentieren jedoch, dass dieses Risiko gerechtfertigt sei, weil die Trump-Regierung die Arbeit von Wissenschaftlern angreife, den Klimawandel ignoriere und unzureichend auf die COVID-19-Pandemie reagiert habe.
„Es herrscht ein ziemlich einhelliges Gefühl unter den Chefredakteuren von Journalen, aber ich denke, das spiegelt ihre Leser wider, dass die Dinge schlecht gelaufen sind und dass es wichtig ist, dass wir versuchen, die Dinge zu korrigieren“, sagte Dr. Eric J. Rubin, Chefredakteur des New England Journal of Medicine, gegenüber Medscape.
Die derzeitige politische Führung habe gezeigt, dass sie in der Pandemie „gefährlich inkompetent“ sei; sie solle ihre Arbeit nicht fortsetzen dürfen, schrieb Rubin in einem Leitartikel vom 8. Oktober [1]. Die Zeitschrift hatte bislang darauf verzichtet, Trump in ihren Leitartikeln zu nennen.
Auch Science hat kürzlich ein Editorial veröffentlicht. Darin werden Wissenschaftler generell, aber speziell der Kommissar der US Food and Drug Administration (FDA), Stephen Hahn, dazu aufgerufen, Trumps Einmischung in die Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen und -Therapien etwas entgegenzusetzen.
Kein Einzelfall: Scientific American , Nature und The Lancet Oncology haben Biden alle namentlich unterstützt, wobei Scientific American feststellte, es handele sich um das 1. Mal in der 175-jährigen Geschichte der Zeitschrift, dass eine Wahlempfehlung abgegeben werde.
Dr Arthur Caplan
Eine Bitte um Stellungnahme von Medscape an das Weiße Haus blieb bislang unbeantwortet.
Gefahren, wenn wissenschaftliche Zeitschriften politisch Stellung beziehen
Dr. Arthur Caplan, Direktor der Abteilung für Medizinische Ethik an der New York University Grossman School of Medicine, warnt gegenüber Medscape vor den Gefahren, wenn wissenschaftliche Journale politische Positionen beziehen. Er erklärt: „Viele würden argumentieren, dass dies nicht das richtige Forum ist. Es gibt viele andere Gelegenheiten, um politische Standpunkte zu vertreten. Es besteht die Möglichkeit, dass die Journale damit selbst die Grenze zwischen Wissenschaft und Politik verwässern, indem sie sich zu Wort melden.“
Caplan hält jedoch selbst auch die Entscheidung der Journale für richtig. Denn sie hätten auch die Pflicht, sich für die Wissenschaft und Wissenschaftler einzusetzen, die von der Trump-Regierung „schikaniert“ würden.
Dr. H. Holden Thorp, Chefredakteur von Science, der ein Editorial zum Thema verfasst hat, berichtet gegenüber Medscape, er sei aus seinem wissenschaftlichen „Schneckenhaus herausgekommen“, als Trump im März twitterte, COVID-19 sei nicht schlimmer sei als die saisonale Grippe. „Ich dachte, der Tweet ‚nur eine Grippe‘ ist unglaublich gefährlich“, sagte Thorp, „denn zu diesem Zeitpunkt wussten wir schon genug aus der Grundlagenforschung, um zu erkennen, was für ein massives Problem dies sein wird.“
Es besteht die Möglichkeit, dass die Journale damit selbst die Grenze zwischen Wissenschaft und Politik verwässern, indem sie sich zu Wort melden. Dr. Arthur Caplan
Science könne zwar keine politischen Kandidaten direkt empfehlen, da die Zeitschrift Teil der gemeinnützigen American Association for the Advancement of Science sei, sagte Thorp. Aber er hat auf seinen 1. Leitartikel eine Reihe weiterer folgen lassen, welche die Trump-Regierung kritisieren. Er hält solche Editorials für genauso effektiv, um Biden zu unterstützen, wie Kampagnen in Zeitungen oder Zeitschriften für die Allgemeinheit.
Sich zu äußern und Stellung zu beziehen, könne auch negative Konsequenzen haben, warnt auch der renommierte Wissenschaftler Prof. Dr. Eric Topol, Chefredakteur von Medscape. Er erinnert sich an die Rückschläge damals, als er begann, vor Problemen mit dem Arthritis-Medikament Rofecoxib (Vioxx®) zu warnen. „Es hat mich gelehrt, dass damit eine Menge Risiken verbunden sind – man hat es, etwa in diesem Fall, dann mit einem sehr großen Unternehmen zu tun, das einen zerlegen will.“ Übrigens: Vioxx® ist damals dann doch im September 2004 weltweit vom Markt genommen.
Wirkung von Editorials
Editorials können jedoch eine Wirkung haben. Zum Beispiel berichtet Topol, dass einige seiner neueren Tweets und Leitartikel ihn in direkte Gespräche mit FDA-Kommissar Hahn und mit Vertretern von Pfizer geführt haben. Und das Science-Editorial schreibt Topol zugute, dass er Hahns Widerstand gegen die Einmischung der Verwaltung gestärkt habe.
Topol, Thorp und Rubin berichten jedoch auch alle, dass sie aufgrund ihrer jüngsten Positionen böse E-Mails und Tweets erhalten haben, daneben aber auch moderate Kritik und viele Glückwünsche.
Wenn wir jetzt nicht jede Karte ausspielen, die wir haben, wann sollen wir es dann tun? Dr. H. Holden Thorp
In der Vergangenheit hielten sich Forscher vielleicht aus Angst davor, staatliche Gelder zu verlieren, lieber am politischen Spielfeldrand auf. Doch seit Trumps Regierung in wissenschaftliche Abläufe eingegriffen habe, hätten sie das Gefühl, dass es nicht mehr viel zu verlieren gebe, so Thorp. „Wenn wir jetzt nicht jede Karte ausspielen, die wir haben, wann sollen wir es dann tun?“
Werden die wissenschaftlichen Zeitschriften zu ihrer Tradition der Neutralität zurückkehren, falls eine neue Regierung mehr Respekt vor der Wissenschaft zeigt?
Caplan jedenfalls vermutet, dies werde der Fall sein, vor allem, wenn neue rechtliche Barrieren erreichtet würden, um Behörden wie die FDA und die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) vor politischem Einfluss zu schützen. „Ich glaube, wir befinden uns in außergewöhnlichen Zeiten, und die Journale wollen keine politischen Foren sein“, sagte er.
Aber Thorp ist sich nicht so sicher, ob sich die Zeitschriften tatsächlich ruhig verhalten sollten. „Ich denke, wenn überhaupt, dann hätten wir in der Vergangenheit ein wenig mehr da draußen sein sollen“, sagt er. Denn das hätte es gebraucht, um Themen mutiger anzusprechen.
Dieser Artikel wurde von Michael van den Heuvel aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
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„Sonderrechte für Spahn müssen sofort beendet werden“ – Opposition läuft Sturm gegen Verstetigungspläne
che2001, 18:35h
Christian Beneker, Medscape
Dauerhaft mehr Macht für Spahn? Das Bundesgesundheitsministerium und sein Hausherr, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), wollen über eine Neufassung des Infektionsschutzgesetzes die Sonderbefugnisse für den Minister verstetigen. Bereits zurzeit ist es auch ohne Parlamentsbeschluss möglich, dass Spahn in Eigenregie Verordnungen erlässt. Dies wurde im Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, erlassen am 27. März 2020, so festgelegt. Sie werden vom Parlament regelmäßig verlängert. Diese Regelung gilt aber nur bis zum 31. März 2021.
Nun will das BMG per Eilverfahren die bisherige Frist verlängern und deshalb das Infektionsschutzgesetz entsprechend ändern. Doch die Oppositionsparteien protestieren.
„Eine Zumutung für die Gesellschaft“
„Der Entwurf befindet sich noch in regierungsinterner Abstimmung“, teilt das BMG auf Anfrage mit und verweist auf Spahns Äußerungen zum Thema vom Dienstagmorgen. Er verteidigte im ZDF-Frühstücksfernsehen die Gesetzesänderung zu Gunsten des Rechts zur Verordnung durch einen Minister. Es sei nicht „Willkür oder Zufall“, dass der Bund oder die Bundesminister diese Möglichkeit hätten, „sondern das sind vom Bundestag beschlossene Grundlagen“, betonte Spahn.
„Auch die epidemische Lage von nationaler Tragweite ist vom Bundestag beschlossen und seither mehrfach diskutiert worden.“ Spahn sagte, vor allem die Regeln zur Einreise sollten durch die Gesetzesänderung auf eine neue Grundlage gestellt werden. „Gerade bei der Einreise, wo etwa Testpflichten eine Rolle spielen können, um den Eintrag nach Deutschland hinein zu reduzieren, kann dies nur der Bund regeln.“
Im Übrigen betonte der Bundesgesundheitsminister, wie wichtig die parlamentarische Debatte der Corona-Einschränkungen sei. Immerhin gehe es um die „größte Freiheitseinschränkung in der Geschichte der Bundesrepublik“ und um erhebliche Zumutungen für den Einzelnen und die Gesellschaft.
Der Vorstoß Spahns trifft auf erheblich Kritik der Oppositionsparteien im Bundestag. Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, sagt zu Medscape, die von Jens Spahn gewünschte Verlängerung der Sonderrechte sei „äußerst bedenklich“. Die Kompetenz für freiheitsbeschränkenden Maßnahmen müsse „dorthin, wo sie hingehört: ins Parlament.“
Es kann nicht sein, dass wir unser wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben weiterhin nur über den Verordnungsweg eines Ministeriums geregelt wird. Christine Aschenberg-Dugnus
Das Parlament in Deutschland sei handlungsfähig. „Dieser Prozess der Entparlamentarisierung auch in Krisenzeiten ist ungerechtfertigt und muss beendet werden. Es kann nicht sein, dass wir unser wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben weiterhin nur über den Verordnungsweg eines Ministeriums geregelt wird“, kritisiert Aschenberg-Dugnus.
Zudem sein die Verordnungen nicht immer durchdacht, moniert die Politikerin. „Dies belegen auch die mittlerweile über 60 Gerichtsurteile, welche die vorgenommenen Maßnahmen der Regierung aufgrund mangelnder Verhältnismäßigkeit aufheben.“ In der Tat haben gerade jüngst Gerichte in Niedersachsen und Baden-Württemberg das – allerdings von den Ministerpräsidenten veranlasste – Beherbergungsverbot gekippt.
B90/Die Grünen fordert „interdisziplinären Pandemierat“
Kordula Schulz-Asche, Berichterstatterin für Infektionsschutz in der grünen Bundestagsfraktion, fordert unterdessen einen festeten Regelkatalog. „Wir müssen verstehen, dass diese Pandemie ein Marathon und kein Sprint ist“, erklärt Schulz-Asche.
Wir fordern den Bundesgesundheitsminister schon lange auf, dafür zu sorgen, dass wir die Möglichkeit einer fundierten Auseinandersetzung im Bundestag haben. Kordula Schulz-Asche
„Für die weitere Bekämpfung des Virus ist es überfällig, dass wir einen klaren Regelkatalog schaffen, der dadurch zustande kommt, dass sich stets Parlamente und nicht nur Ministerien damit befassen. Wir fordern den Bundesgesundheitsminister schon lange auf, dafür zu sorgen, dass wir die Möglichkeit einer fundierten Auseinandersetzung im Bundestag haben. Die Zeit der schnellen Lösungen läuft ab, jetzt muss die Stunde der wirksamen Lösungen schlagen!“
Damit Maßnahmen tatsächlich Wirkung entfalten und die Menschen sie nachvollziehen können, „fordern wir einen interdisziplinären Pandemierat, der unsere Arbeit an einer differenzierten Präventionsstrategie begleitet“, so Schulz-Asche. Da nicht nur die Pandemie selbst, sondern auch die Gegenmaßnahmen gesundheitliche, soziale und ökonomische Folgen hätten, „müssen wir für eine wirksame Pandemiebekämpfung mit Augenmaß sorgen. Denn Bevölkerungsschutz funktioniert in einer demokratischen Gesellschaft nur, wenn die Bürgerinnen und Bürger von der Wirkung von Alltagseinschränkungen überzeugt sind“.
Die Sonderrechte für Bundesgesundheitsminister Spahn müssen sofort beendet werden. Die Bundesregierung darf sie nicht entfristen! Dr. Achim Kessler
Dr. Achim Kessler, der gesundheitspolitische Sprecher der Linken-Fraktion erklärt: „Die Sonderrechte für Bundesgesundheitsminister Spahn müssen sofort beendet werden. Die Bundesregierung darf sie nicht entfristen!“ Wenn die Einschränkung von Grund- oder Freiheitsrechten zum Infektionsschutz erwogen würden, dann müsse die Entscheidung darüber „zwingend vom Parlament getroffen“ werden, so Kessler gegenüber Medscape.
Maßnahmen müssten entweder direkt in Form von Gesetzen verabschiedet oder nachträglich parlamentarisch bestätigt werden und nicht verordnet. Eine öffentliche Debatte über die richtigen Maßnahmen im Bundestag sei längst überfällig, um Transparenz für die Bevölkerung herzustellen.
Dauerhaft mehr Macht für Spahn? Das Bundesgesundheitsministerium und sein Hausherr, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), wollen über eine Neufassung des Infektionsschutzgesetzes die Sonderbefugnisse für den Minister verstetigen. Bereits zurzeit ist es auch ohne Parlamentsbeschluss möglich, dass Spahn in Eigenregie Verordnungen erlässt. Dies wurde im Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, erlassen am 27. März 2020, so festgelegt. Sie werden vom Parlament regelmäßig verlängert. Diese Regelung gilt aber nur bis zum 31. März 2021.
Nun will das BMG per Eilverfahren die bisherige Frist verlängern und deshalb das Infektionsschutzgesetz entsprechend ändern. Doch die Oppositionsparteien protestieren.
„Eine Zumutung für die Gesellschaft“
„Der Entwurf befindet sich noch in regierungsinterner Abstimmung“, teilt das BMG auf Anfrage mit und verweist auf Spahns Äußerungen zum Thema vom Dienstagmorgen. Er verteidigte im ZDF-Frühstücksfernsehen die Gesetzesänderung zu Gunsten des Rechts zur Verordnung durch einen Minister. Es sei nicht „Willkür oder Zufall“, dass der Bund oder die Bundesminister diese Möglichkeit hätten, „sondern das sind vom Bundestag beschlossene Grundlagen“, betonte Spahn.
„Auch die epidemische Lage von nationaler Tragweite ist vom Bundestag beschlossen und seither mehrfach diskutiert worden.“ Spahn sagte, vor allem die Regeln zur Einreise sollten durch die Gesetzesänderung auf eine neue Grundlage gestellt werden. „Gerade bei der Einreise, wo etwa Testpflichten eine Rolle spielen können, um den Eintrag nach Deutschland hinein zu reduzieren, kann dies nur der Bund regeln.“
Im Übrigen betonte der Bundesgesundheitsminister, wie wichtig die parlamentarische Debatte der Corona-Einschränkungen sei. Immerhin gehe es um die „größte Freiheitseinschränkung in der Geschichte der Bundesrepublik“ und um erhebliche Zumutungen für den Einzelnen und die Gesellschaft.
Der Vorstoß Spahns trifft auf erheblich Kritik der Oppositionsparteien im Bundestag. Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, sagt zu Medscape, die von Jens Spahn gewünschte Verlängerung der Sonderrechte sei „äußerst bedenklich“. Die Kompetenz für freiheitsbeschränkenden Maßnahmen müsse „dorthin, wo sie hingehört: ins Parlament.“
Es kann nicht sein, dass wir unser wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben weiterhin nur über den Verordnungsweg eines Ministeriums geregelt wird. Christine Aschenberg-Dugnus
Das Parlament in Deutschland sei handlungsfähig. „Dieser Prozess der Entparlamentarisierung auch in Krisenzeiten ist ungerechtfertigt und muss beendet werden. Es kann nicht sein, dass wir unser wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben weiterhin nur über den Verordnungsweg eines Ministeriums geregelt wird“, kritisiert Aschenberg-Dugnus.
Zudem sein die Verordnungen nicht immer durchdacht, moniert die Politikerin. „Dies belegen auch die mittlerweile über 60 Gerichtsurteile, welche die vorgenommenen Maßnahmen der Regierung aufgrund mangelnder Verhältnismäßigkeit aufheben.“ In der Tat haben gerade jüngst Gerichte in Niedersachsen und Baden-Württemberg das – allerdings von den Ministerpräsidenten veranlasste – Beherbergungsverbot gekippt.
B90/Die Grünen fordert „interdisziplinären Pandemierat“
Kordula Schulz-Asche, Berichterstatterin für Infektionsschutz in der grünen Bundestagsfraktion, fordert unterdessen einen festeten Regelkatalog. „Wir müssen verstehen, dass diese Pandemie ein Marathon und kein Sprint ist“, erklärt Schulz-Asche.
Wir fordern den Bundesgesundheitsminister schon lange auf, dafür zu sorgen, dass wir die Möglichkeit einer fundierten Auseinandersetzung im Bundestag haben. Kordula Schulz-Asche
„Für die weitere Bekämpfung des Virus ist es überfällig, dass wir einen klaren Regelkatalog schaffen, der dadurch zustande kommt, dass sich stets Parlamente und nicht nur Ministerien damit befassen. Wir fordern den Bundesgesundheitsminister schon lange auf, dafür zu sorgen, dass wir die Möglichkeit einer fundierten Auseinandersetzung im Bundestag haben. Die Zeit der schnellen Lösungen läuft ab, jetzt muss die Stunde der wirksamen Lösungen schlagen!“
Damit Maßnahmen tatsächlich Wirkung entfalten und die Menschen sie nachvollziehen können, „fordern wir einen interdisziplinären Pandemierat, der unsere Arbeit an einer differenzierten Präventionsstrategie begleitet“, so Schulz-Asche. Da nicht nur die Pandemie selbst, sondern auch die Gegenmaßnahmen gesundheitliche, soziale und ökonomische Folgen hätten, „müssen wir für eine wirksame Pandemiebekämpfung mit Augenmaß sorgen. Denn Bevölkerungsschutz funktioniert in einer demokratischen Gesellschaft nur, wenn die Bürgerinnen und Bürger von der Wirkung von Alltagseinschränkungen überzeugt sind“.
Die Sonderrechte für Bundesgesundheitsminister Spahn müssen sofort beendet werden. Die Bundesregierung darf sie nicht entfristen! Dr. Achim Kessler
Dr. Achim Kessler, der gesundheitspolitische Sprecher der Linken-Fraktion erklärt: „Die Sonderrechte für Bundesgesundheitsminister Spahn müssen sofort beendet werden. Die Bundesregierung darf sie nicht entfristen!“ Wenn die Einschränkung von Grund- oder Freiheitsrechten zum Infektionsschutz erwogen würden, dann müsse die Entscheidung darüber „zwingend vom Parlament getroffen“ werden, so Kessler gegenüber Medscape.
Maßnahmen müssten entweder direkt in Form von Gesetzen verabschiedet oder nachträglich parlamentarisch bestätigt werden und nicht verordnet. Eine öffentliche Debatte über die richtigen Maßnahmen im Bundestag sei längst überfällig, um Transparenz für die Bevölkerung herzustellen.
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Freitag, 16. Oktober 2020
Wer sind die Querdenker?
che2001, 19:47h
Ein Forscherteam der Universität Konstanz, SoziologInnen, PolitikwissenschaftlerInnen und HistorikerInnen hat sich mit den CoronamaßnahmenkritikerInnen auseinandergesetzt und kommt zu interessanten Ergebnissen.
(Quelle: FAZ)
„Es handelt sich größtenteils um Bürger, die sich bewusst in eine mediale Parallelwelt begeben haben und die ihr altes Leben vor der Pandemie zurückhaben wollen.“
Bei den „Querdenkern“ gab es keinen programmatischen Gründungsprozess. Und auch in Konstanz durfte auf der Bühne jeder Redner alles sagen. Inhaltlich eint die Querdenker kein einheitliches Programm, es handle sich, so die Forscher, um eine „unstrukturierte, nicht strategisch agierende, offene Bewegung“. Gleichwohl gibt es einige verbindende Überzeugungen: Die staatliche Pandemiepolitik wird vollständig abgelehnt. Kennzeichnend ist eine sehr große Staatsskepsis, wenn nicht sogar eine Staatsphobie. Den „Eliten“ und den etablierten Medien billigen die Demonstranten keinerlei Glaubwürdigkeit zu. „Diese Bewegung ist im Moment eine Misstrauensgemeinschaft, die sich mit Hilfe der sozialen Medien zu einer alternativen Wissensgemeinschaft entwickelt“, sagt der Konstanzer Historiker Sven Reichardt. Außer der gemeinsamen Ablehnung des Mund-Nasen-Schutzes und der Pandemiepolitik gebe es keinen ideologischen Überbau. „Es gibt nur die inhaltliche Klammer, dagegen zu sein, zur Begründung reicht vielen ein einziges Argument aus einem Youtube-Video“, sagt Sebastian Koos.
Auch der Historiker Reichardt findet den Umgang der Querdenker mit Wissen und wissenschaftlichen Erkenntnissen äußerst irritierend. Sie versuchten erst gar nicht, sich systematisch an der wissenschaftlichen Diskussion über die Pandemie zu beteiligen. „Die Teilnehmer der Querdenker-Demonstrationen suchen sich im Internet nur die Informationen, die zu ihren Vorstellungen passen. Sie klicken sich durchs Netz auf der Suche nach Argumenten. Dabei verfügen die meisten über eine geringe Irritationsfähigkeit und eine große Selbstsicherheit.“ Dieses, wie Reichardt sagt, selbstreferentielle „knowledge empowerment“ sei ein neues Phänomen. Erst die sozialen Medien und vor allem Youtube hätten einen solchen Umgang mit Wissen ermöglicht. Er sei bei seinen Interviews immer wieder auf drei „Erweckungserlebnisse“ gestoßen: die Videos des emeritierten Mainzer Virologen Sucharit Bhakadi, der die tödliche Gefahr des Coronavirus bestreitet, dann die aus Sicht der Bewegung verfälschende Berichterstattung der etablierten Medien über die Berliner Großdemonstration im August sowie deren angeblich willfährige Übernahme von Regierungsmeinungen. „Die Mühe, ausführlich zu begründen, warum sie zum Beispiel die Position Bhakdis überzeugender finden als die des Virologen Christian Drosten, machen sich die meisten Querdenker ja gar nicht“, sagt Reichardt.
Andere soziale Bewegungen wie die Friedens- oder die Anti-Atomkraft-Bewegung hätten sich, um eine politische Diskussion überhaupt führen zu können, eine gemeinsame, gründlich erarbeitete alternative Wissensbasis geschaffen. Nur deshalb gebe es bis heute zum Beispiel das Freiburger Öko-Institut.
Auch Reichardt sieht Rechtsextremisten eher als Randphänomen der „Querdenker“, er hält es für falsch und sogar gefährlich, die Bewegung zu stigmatisieren und zu dämonisieren. „Wenn es weiterhin ein liberales Management der Pandemie geben soll, dann müssen die Politiker auf ein gewisses Maß an bürgerlicher Selbstverantwortung, auf die Rücksicht gegenüber Schwachen und die Akzeptanz ihrer Maßnahmen bauen können“, sagt Reichardt. Die Bereitschaft in der Bevölkerung, sich impfen zu lassen, sei schon jetzt dramatisch zurückgegangen. „Man muss vor allem versuchen, den totalen Vertrauensverlust in die Medien zu verstehen, sonst haben wir bald ein Problem.“
(Quelle: FAZ)
„Es handelt sich größtenteils um Bürger, die sich bewusst in eine mediale Parallelwelt begeben haben und die ihr altes Leben vor der Pandemie zurückhaben wollen.“
Bei den „Querdenkern“ gab es keinen programmatischen Gründungsprozess. Und auch in Konstanz durfte auf der Bühne jeder Redner alles sagen. Inhaltlich eint die Querdenker kein einheitliches Programm, es handle sich, so die Forscher, um eine „unstrukturierte, nicht strategisch agierende, offene Bewegung“. Gleichwohl gibt es einige verbindende Überzeugungen: Die staatliche Pandemiepolitik wird vollständig abgelehnt. Kennzeichnend ist eine sehr große Staatsskepsis, wenn nicht sogar eine Staatsphobie. Den „Eliten“ und den etablierten Medien billigen die Demonstranten keinerlei Glaubwürdigkeit zu. „Diese Bewegung ist im Moment eine Misstrauensgemeinschaft, die sich mit Hilfe der sozialen Medien zu einer alternativen Wissensgemeinschaft entwickelt“, sagt der Konstanzer Historiker Sven Reichardt. Außer der gemeinsamen Ablehnung des Mund-Nasen-Schutzes und der Pandemiepolitik gebe es keinen ideologischen Überbau. „Es gibt nur die inhaltliche Klammer, dagegen zu sein, zur Begründung reicht vielen ein einziges Argument aus einem Youtube-Video“, sagt Sebastian Koos.
Auch der Historiker Reichardt findet den Umgang der Querdenker mit Wissen und wissenschaftlichen Erkenntnissen äußerst irritierend. Sie versuchten erst gar nicht, sich systematisch an der wissenschaftlichen Diskussion über die Pandemie zu beteiligen. „Die Teilnehmer der Querdenker-Demonstrationen suchen sich im Internet nur die Informationen, die zu ihren Vorstellungen passen. Sie klicken sich durchs Netz auf der Suche nach Argumenten. Dabei verfügen die meisten über eine geringe Irritationsfähigkeit und eine große Selbstsicherheit.“ Dieses, wie Reichardt sagt, selbstreferentielle „knowledge empowerment“ sei ein neues Phänomen. Erst die sozialen Medien und vor allem Youtube hätten einen solchen Umgang mit Wissen ermöglicht. Er sei bei seinen Interviews immer wieder auf drei „Erweckungserlebnisse“ gestoßen: die Videos des emeritierten Mainzer Virologen Sucharit Bhakadi, der die tödliche Gefahr des Coronavirus bestreitet, dann die aus Sicht der Bewegung verfälschende Berichterstattung der etablierten Medien über die Berliner Großdemonstration im August sowie deren angeblich willfährige Übernahme von Regierungsmeinungen. „Die Mühe, ausführlich zu begründen, warum sie zum Beispiel die Position Bhakdis überzeugender finden als die des Virologen Christian Drosten, machen sich die meisten Querdenker ja gar nicht“, sagt Reichardt.
Andere soziale Bewegungen wie die Friedens- oder die Anti-Atomkraft-Bewegung hätten sich, um eine politische Diskussion überhaupt führen zu können, eine gemeinsame, gründlich erarbeitete alternative Wissensbasis geschaffen. Nur deshalb gebe es bis heute zum Beispiel das Freiburger Öko-Institut.
Auch Reichardt sieht Rechtsextremisten eher als Randphänomen der „Querdenker“, er hält es für falsch und sogar gefährlich, die Bewegung zu stigmatisieren und zu dämonisieren. „Wenn es weiterhin ein liberales Management der Pandemie geben soll, dann müssen die Politiker auf ein gewisses Maß an bürgerlicher Selbstverantwortung, auf die Rücksicht gegenüber Schwachen und die Akzeptanz ihrer Maßnahmen bauen können“, sagt Reichardt. Die Bereitschaft in der Bevölkerung, sich impfen zu lassen, sei schon jetzt dramatisch zurückgegangen. „Man muss vor allem versuchen, den totalen Vertrauensverlust in die Medien zu verstehen, sonst haben wir bald ein Problem.“
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Dienstag, 13. Oktober 2020
Immer noch: Es lebe der Aufstand!
che2001, 02:08h
https://www.youtube.com/watch?v=lQ__E_3st1E
https://www.youtube.com/watch?v=tZ228CKcPgs
https://www.youtube.com/watch?v=T5BllldNrf4
https://www.youtube.com/watch?v=O05gkwFS6Ts
https://www.youtube.com/watch?v=p0EwgS2wkR4
https://www.youtube.com/watch?v=tZ228CKcPgs
https://www.youtube.com/watch?v=T5BllldNrf4
https://www.youtube.com/watch?v=O05gkwFS6Ts
https://www.youtube.com/watch?v=p0EwgS2wkR4
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Sonntag, 27. September 2020
40 Jahre ist es her -Bombenanschlag auf das Oktoberfest
che2001, 21:01h
Der Kniefall und die klaren Worte von Söder sind zumindest ein richtiges Zeichen und waren lange überfällig. Das ändert aber nichts daran, dass geheimdienstliche Strukturen allem Anschein nach mit denen der Neonazis verwoben sind. Ich kann mich auch daran erinnern, dass nach dem Attentat Angehörige der Wehrsportgruppe Hoffmann im Fernsehen interviewt wurden und erklärten, sie seien vor allem Antikommunisten und würden den Widerstand für den Fall einer Invasion des Osten vorbereiten, und das fanden damals so manche Normalbürger gut - man war im Kalten Krieg. Es gab 1982 ein Manöver des BGS auf dem Truppenübungsplatz Sennelager, wo die Niederschlagung eines Aufstands streikender Arbeiter mit Schützenpanzerwagen, Sturmgewehren und panzerbrechender Munition trainiert wurde, und zur Einsatzdoktrin gehörte, dass für einen solchen Fall Neonazis als Verbündete anzusehen seien.
Die Wehrsportgruppe Hoffmann war auch nicht die einzige ihrer Art. In der Nähe von Göttingen gab es den Stahlhelm HannMünden, und ob und wann der sich wirklich auflöste weiß niemand so genau - vor dem Gutshof eines ihrer Chefs standen auch noch in den Neunzigern öfter mal Kübelwagen.
https://www.br.de/nachricht/rechtsaussen/oktoberfestattentat-nsu-netzwerke-100.html
Die Wehrsportgruppe Hoffmann war auch nicht die einzige ihrer Art. In der Nähe von Göttingen gab es den Stahlhelm HannMünden, und ob und wann der sich wirklich auflöste weiß niemand so genau - vor dem Gutshof eines ihrer Chefs standen auch noch in den Neunzigern öfter mal Kübelwagen.
https://www.br.de/nachricht/rechtsaussen/oktoberfestattentat-nsu-netzwerke-100.html
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Sonntag, 20. September 2020
Scientific American gibt Wahlempfehlung für Biden
che2001, 20:53h
Zum ersten Mal in seiner Geschichte hat das führende Wissenschaftsmagazin eine Wahlempfehlung gegeben. Begründung: Es sei wissenschaftlich nachgewiesen dass Trump den USA schadet.
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Donnerstag, 17. September 2020
Abschreckung
che2001, 13:41h
Es heißt, Kriminelle ließen sich am Ehesten durch Abschreckung vom Begehen neuer Straftaten abhalten.
Wie könnte man das besser als mit Nazis in Uniform?
Wie könnte man das besser als mit Nazis in Uniform?
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Donnerstag, 6. August 2020
Heute vor 75 Jahren
che2001, 16:46h
Vor wenigen Tagen ereignete sich die größte konventionelle Explosion, die es jemals in einer Stadt gegeben hat. Vor 75 Jahren war es die erste nukleare, die nicht nur zahllose Menschenleben kostete - das einzige Lebewesen, das im Zentrum der Explosion überlebte war ein Bonsai - sondern ein neues Zeitalter einleitete.
https://www.youtube.com/watch?v=7coD3oeAve4
https://www.youtube.com/watch?v=7coD3oeAve4
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