Donnerstag, 31. August 2006
Flüchtling aus Sammellager Bramsche-Hesepe im Hungerstreik
Palästinensischer Flüchtling aus Hesepe verweigert weiter die Nahrungsaufnahme

Der Bewohner des Lagers in Hesepe, der zwangsweise in das Lager Oldenburg verlegt werden soll, weigert sich seit Donnerstag etwas zu essen. Er sagt, er würde erst dann wieder Nahrung zu sich nehmen, wenn die schriftliche Zusage der Lagerbehörde, die er am Mittwoch während der Schornsteinbesetzung erhalten hatte - „keine Umverteilung nach Oldenburg, statt dessen das gemeinsame Gespräch“ - eingelöst wird.



Nachdem er unter Zwang und dem Einsatz von körperlicher Gewalt aus dem Krankenhaus heraus am Donnerstag nach Oldenburg verschleppt worden war, kehrte er nach Bramsche zurück und machte am Freitag in der Innenstadt von Bramsche zusammen mit einer Reihe UnterstützerInnen auf seine Situation aufmerksam und erklärte öffentlich den Hungerstreik.



Die Aktion wurde am Nachmittag abgebrochen, als Kreislaufprobleme bei dem Palästinenser auftraten, weshalb er in das Johanniter-Hospital Bramsche gebracht wurde. Von da aus wurde er wieder in die Psychiatrie nach Osnabrück verlegt, weil er sich jeglicher Behandlung verwehrte.



Im Laufe des Sonntagvormittags sackte sein Blutzuckerspiegel ab, seitdem liegt er im Bett und wird stündlich kontrolliert.



Für ihn bleibt unverständlich, warum die Lagerbehörde die schriftliche Zusage einer gemeinsamen Erörterung der weiteren Perspektive verweigert. Tatsächlich hatten alle Anwesenden während einer Schornsteinbesetzung dieses Schriftstück zumindest als einen ersten Schritt in Richtung einer einvernehmlichen Lösung bewertet, nicht nur der Betroffene selbst, sondern auch die anwesende Journalistin oder die Polizei. Deshalb bleibt es unverständlich, warum die Lagerleitung weiter die harte Linie durchsetzen will.



Ob das Schriftstück mit der Zusage juristisch gesehen Vertragscharakter hat, bleibt noch zu prüfen, das Vorgehen der Behörden hat die Situation tatsächlich unnötigerweise eskaliert und zeigt insgesamt einmal mehr die Unmenschlichkeit der Lagerpolitik.



Es geht ja nicht darum, daß jemand gerne in dem Lager in Hesepe leben möchte. Vielmehr war auch dieser Bewohner aktiv an vielen Protesten gegen das Lager beteiligt. Wäre ihm eine Lösung in Richtung humaner Unterbringung angeboten worden, hätte er auch nie dagegen Widerstand geleistet. Mit der Verlegung nach Oldenburg stellt sich die Situation jedoch anders dar: Nach zweijährigem Aufenthalt in Hesepe hat er auf der dort möglichen Ebene, die wirklich wenig Spielraum bietet, sowohl soziale als auch politische Kontakte geknüpft, das Minimum dessen, was ein Mensch braucht, um seine eigene Würde zu wahren. Mit der Entscheidung der Behörden soll ihm dieser Rest nun auch noch genommen werden und in diesem Zusammenhang wiegt der Wortbruch der Lagerleitung umso schwerer.



Zum Protest bleiben ihm nur wenige Möglichkeiten. Seine individuelle Entscheidung ist die Verweigerung der Nahrungsaufnahme, er selbst sagt, er habe nun sowieso nichts mehr zu verlieren.



Sein Widerstand wird weiter von UnterstützerInnen solidarisch begleitet werden.



Der ganze Vorgang macht die Forderung nach Schließung aller Lager nur noch dringlicher.

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