Freitag, 14. November 2014
HoGeSa in Hannover: Veranstaltung gegen entschiedenen Widerspruch der Polizeidirektion erlaubt
Gericht erlaubt Versammlung „Europa gegen den Terror des
Islamismus“ als stationäre Versammlung auf der Fläche des alten
ZOB und ordnet weitere Beschränkungen an
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GERICHT ERLAUBT VERSAMMLUNG „EUROPA GEGEN DEN TERROR DES
ISLAMISMUS“ ALS STATIONäRE VERSAMMLUNG AUF DER FLäCHE DES ALTEN
ZOB UND ORDNET WEITERE BESCHRäNKUNGEN AN

10. KAMMER GIBT MIT BESCHLUSS VOM 13.11.2014 DEM EILANTRAG DES
ANMELDERS DER FüR DEN 15.11.2014 IN HANNOVER ANGEKüNDIGTEN
VERSAMMLUNG TEILWEISE STATT.

Die Polizeidirektion Hannover untersagte den Aufzug sowie jede Form
der Ersatzveranstaltung mit Verfügung vom 10.11.2014: Die angezeigte
Veranstaltung genieße schon nicht den Schutz der
Versammlungsfreiheit, weil keine friedliche Versammlung beabsichtigt
sei. Die Versammlung diene als Vorwand dafür, dass ein dominierender
Teilnehmerkreis die gewalttätige Auseinandersetzung suchen werde.
Wegen des zu erwartenden unfriedlichen Verlaufs bestehe eine konkrete
Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Der Anmelder der Versammlung
und der Versammlungsleiter seien der Gruppierung „Hooligans gegen
Salafismus" zuzurechnen. Es deuteten Tatsachen darauf hin, dass es zu
schweren Ausschreitungen und dabei zu Körperverletzungen und
Sachbeschädigungen kommen werde.

Mit seinem am 11.11.2014 bei Gericht eingegangenen Eilantrag wendet
sich der Antragsteller gegen das Verbot: Die Polizeidirektion
unterstelle zu Unrecht einen unfriedlichen Verlauf. Die Versammlung in
Köln sei „ungeplant unfriedlich" verlaufen. Die Exzesse seien nicht
von der Versammlung sondern von Einzelpersonen ausgegangen und zudem
durch Versagen der Polizei befördert worden. Der Veranstalter habe
solche Gewalttätigkeiten weder befürwortet noch gefördert. Er wolle
Eskalationen in Hannover vermeiden und sei zur Kooperation mit der
Polizei, die polizeitaktische Maßnahmen ergreifen könne, bereit.

Mit seinem Beschluss vom 13.11.2014 gibt die 10. Kammer des
Verwaltungsgerichts dem Eilantrag teilweise statt. Es erlaubt eine
stationäre Versammlung auf der Fläche des alten Zentralen
Omnibusbahnhofs (ZOB) in Hannover (zwischen der Hamburger Allee,
Lister Meile, Karl-Heinrich-Ulrich-Straße und Rundestraße), ordnet
Beschränkungen an und gibt der Polizeidirektion die Möglichkeit,
weitere Beschränkungen anzuordnen.

Bei der angemeldeten Versammlung handle es sich - entgegen der
Einschätzung der Polizeidirektion - um eine solche, die
grundsätzlich den Schutz der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 des
Grundgesetzes (GG) in Anspruch nehmen könne. Mit ihrem Motto
„Europa gegen den Terror des Islamismus" sei sie ersichtlich auf
Meinungskundgabe gerichtet und nicht auf die Ausübung von Gewalt. Sie
sei auch nicht per se unfriedlich, zumal der Antragsteller selbst zur
Gewaltlosigkeit aufrufe.

Gründe für ein vollständiges Verbot der Versammlung lägen nicht
vor. Ein solches Verbot sei als „ultima ratio" nur zulässig, wenn
unmittelbare Gefahren für die öffentliche Sicherheit auch durch
Beschränkungen der Versammlungen nicht abgewendet werden könnten.
Die Kammer hält unter Berücksichtigung und Abwägung aller ihr
vorliegenden Erkenntnisse eine Abwendung solcher Gefahren durch die
Anordnung von Beschränkungen für möglich, aber auch für nötig.

Sie teilt die Einschätzung der Polizeidirektion, dass eine
unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestünde, wenn
der Demonstrationszug wie geplant durch die Stadt geführt würde.
weil ein unfriedlicher Verlauf zu erwarten wäre. Die Versammlung ist
nach Auffassung des Gerichts der Organisation „HoGeSa" (Hooligans
gegen Salafismus) zuzuordnen. Die Aktionsformen des Hooliganismus
seien mit dem Versammlungsrecht unvereinbar. Gleichwohl dürften aber
auch Hooligans als Einzelpersonen oder als Gruppe am
gesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess teilnehmen und von der
Versammlungsfreiheit Gebrauch machen. Ein unfriedlicher Verlauf sei
erst dann zu erwarten, wenn die Aktionsformen und Merkmale der
Hooliganszene das Bild der Versammlung maßgeblich prägten. Für eine
solche Annahme spreche der Verlauf der Veranstaltung in Köln. Es gebe
zudem Anhaltspunkte, dass bei dem vom Antragsteller vorgesehenen
Verlauf der Veranstaltung in Hannover ein unfriedlicher Ablauf zu
erwarten sei. Solche Anhaltspunkte seien unter anderem die breite
Mobilisierung in der Szene, die Veranstaltung von Köln zu
wiederholen, aggressive Äußerungen im Internet und ein hohes Risiko
von Provokationen durch Teilnehmer von Gegendemonstrationen.

Andererseits gebe es gewichtige Anhaltspunkte, die zugunsten des
Antragstellers zu berücksichtigen seien: Er habe sich zumindest
öffentlich von Gewalt distanziert und auf die Beachtung einer von ihm
veröffentlichten „Hausordnung Hannover" hingewirkt. Außerdem sei
zu berücksichtigen, dass nicht alle der ca. 4.500 bis 5.000
erwarteten Teilnehmer dem Kreis der Hooligans zuzurechnen sei, sondern
selbst nach Einschätzung der Polizeidirektion nur ca. 700 bis 800.

Ein vollständiges Verbot der Versammlung sei mit Rücksicht auf die
hohe Bedeutung des Grundrechts aus Art. 8 GG unverhältnismäßig,
weil die abzusehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch
Beschränkungen in hinreichendem Maß verringert werden könnten,
insbesondere dadurch, dass die Kundgebung nur stationär durchgeführt
werde und zwar an einem Ort, an dem Provokationen der
Versammlungsteilnehmer durch „meinungsgegnerische Kräfte"
weitgehend ausgeschlossen sei. Die von dem Antragsteller für eine
stationäre Versammlung genannten möglichen Orte seien deswegen
ungeeignet, anders hingegen die Fläche des alten Zentralen
Omnibusbahnhofs (ZOB). Wegen des Einbruchs der Dunkelheit sei die
Versammlung schon um 16.00 Uhr und nicht - wie vom Antragsteller
beabsichtigt - erst um 17.00 Uhr zu beenden.

Als weitere Beschränkungen ordnet die Kammer an, dass mindestens ein
Ordner je 30 Teilnehmer einzusetzen sei und verunglimpfende
Äußerungen zu unterbleiben hätten. Das Gericht lässt der
Polizeidirektion nach, darüber hinausgehende Beschränkungen
anzuordnen, die der Antragsteller zu befolgen habe.

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