Mittwoch, 20. April 2022
Neue Daten zu 4. Impfung " wer profitiert?" Myocarditis-Entwarnung; Booster mindert Viruslast; COVID-Impfstoff für Krebskranke
Michael van den Heuvel, Medscape


Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz sinkt erneut. Heute meldet das Robert Koch-Institut (RKI) 688,3 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Vor 1 Woche lag der Wert noch bei 1.044,7. Weitere 198.583 Menschen haben sich mit SARS-CoV-2 infiziert (Vorwoche: 176.303). Das RKI nennt außerdem 348 Todesfälle durch COVID-19 innerhalb der letzten 24 Stunden. Damit erhöht sich die Zahl der Todesfälle bundesweit auf 133.308.

Laut DIVI-Intensivregister waren am 19. April genau 1.800 COVID-19-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung, sprich 37 mehr als am Vortag. Momentan sind 1.098 Betten im Low-Care- und 2.468 im High-Care-Bereich frei. Hinzu kommen 502 freie ECMO-Behandlungsplätze.

Real-World-Daten aus Israel: Wer profitiert von Viertimpfungen?

Omikron-Durchbruchsinfektion: Booster verringert die Viruslast

Myokarditis nach Booster seltener als nach primärer Impfserie und niedriger als bei anderen Impfungen

Aus der Forschung: Corona-Impfstoff speziell für Krebspatienten

Real-World-Daten aus Israel: Wer profitiert von Viertimpfungen?
Eine 4. Dosis des Impfstoffs von BioNTech/Pfizer senkt das Risiko einer COVID-19-Infektion, eines Krankenhausaufenthalts und des Todes bei Menschen, die mindestens 4 Monate zuvor eine 3. Dosis erhalten haben, wie eine große Studie mit Daten aus Israel zeigt. Darüber hat Medscape.com berichtet.

Forscher analysierten Daten der größten Gesundheitsorganisation in Israel vom 3. Januar bis 18. Februar 2022. Mit mehr als 4,7 Millionen Mitgliedern deckt Clalit Health Services mehr als die Hälfte der israelischen Bevölkerung ab. Sie verglichen die Ergebnisse bei Personen ab 60 Jahren (Durchschnittsalter 72 Jahre), die eine 4. Dosis erhielten, mit Personen, die nur eine 3 Dosis bekamen. Insgesamt wurden 182.122 solcher ?Paare? statistisch ausgewertet.

Als relative Wirksamkeit des Impfstoffs in den Tagen 7 bis 30 nach der 4. Dosis fanden die Wissenschaftler 45% (95%-Konfidenzintervall 44% bis 47%) gegen eine bestätigte SARS-CoV-2-Infektion, 55% (95%-Konfidenzintervall 53% bis 58%) gegen symptomatisches COVID-19, 68% (95%-KI 59% bis 74%) gegen Krankenhausaufenthalte, 62% (95%-KI 50% bis 74%) gegen schwere COVID-19 und 74% (95%-KI 50% bis 90%) gegen COVID-19-assoziierte Todesfälle.

Doch was sagen die Zahlen aus? In einem begleitenden Editorial schreibt Dr. Paul Offit vom Children?s Hospital of Philadelphia: ?Wie viele Leben rettet man mit der 4. Dosis wirklich? Wenn Sie etwas gegen die Pandemie unternehmen wollen, sollten Sie die Ungeimpften impfen.? Gleichzeitig sieht Offit die Notwendigkeit, Risikopatienten Viertimpfungen anzubieten.

Omikron-Durchbruchsinfektion: Booster verringert die Viruslast
Gegen SARS-CoV-2 vollständig geimpfte Menschen sind weniger ansteckend als Ungeimpfte, wie Univadis.de berichtet. Das gilt sowohl für Delta als auch für Omikron. Allerdings ist nach Infektion mit der Omikron-Subvariante BA.1 eine Verringerung der infektiösen Viruslast erst nach der 3. Impfstoffdosis zu beobachten. Das geht aus einer Studie der Universität Genf hervor.

Forschende untersuchten die Viruslast der verschiedenen Virusvarianten in Verbindung mit dem jeweiligen Impfstatus von Infizierten. Dazu werteten Forscher zwischen April 2020 und Februar 2022 die Daten von insgesamt 565 SARS-CoV-2 infizierten Personen aus, bei denen 5 Tage nach Symptombeginn ein Nasen-Rachen-Abstrich genommen wurde. Sie ermittelten als Grad der Ansteckungsfähigkeit sowohl die RNA-Viruslast mittels qRT-PCR (Real-Time Quantitative Reverse Transcription PCR), den sogenannten Ct-Wert, als auch die infektiöse Viruslast anhand von Zellkultur-Versuchen.

Von 565 Probanden waren 100 mit der ursprünglich zirkulierenden Variante infiziert, 293 mit Delta und 101 mit der Omikron-Subvariante BA.1. Von den mit Delta infizierten Personen waren 166 vor der Infektion vollständig geimpft und 127 nicht geimpft. Bei den Omikron-Durchbruchsinfektionen waren 91 Probanden bereits vollständig geimpft, 30 hatten außerdem bereits eine 3. Dosis zur Auffrischung erhalten und 33 waren ungeimpft.

Alle Studienteilnehmer, die sich mit der ursprünglichen Variante infiziert hatten, waren nicht geimpft, da zum Zeitpunkt der Infektion noch keine Impfstoffe verfügbar waren. Als geimpft beziehungsweise geboostert galten nur diejenigen, bei denen zwischen letzter Impfdosis und Diagnose mindestens 14 Tage lagen.

Die Auswertung der Daten ergab, dass eine Infektion mit der Delta-Variante zu einer deutlich höheren infektiösen Viruslast führte als eine Infektion mit der ursprünglichen Variante, und zwar bei Personen, die ungeimpft waren. Allerdings konnte eine zweifache Impfung die Menge ansteckender Viruspartikel bei Delta im Vergleich zu ungeimpften Probanden auf fast ein Fünftel reduzieren. Auch die Anzahl der RNA-Genomkopien war bei Geimpften deutlich kleiner (um das 2,8-Fache) als bei den Ungeimpften.

Bei einer Infektion mit der Omikron-Variante BA.1 konnten die Wissenschaftler indessen fast keinen Unterschied hinsichtlich der Anzahl infektiöser Partikel zwischen Ungeimpften und zweifach Geimpften feststellen. Erst bei Studienteilnehmern, die bereits geboostert waren, reduzierte sich die infektiöse Viruslast signifikant. Beim Vergleich von Delta- und Omikron-Durchbruchsinfektionen stellten die Wissenschaftler zudem fest, dass die Viruslast bei Geimpften geringer ist, wenn sie sich mit Omikron anstatt mit Delta infizierten. Die hohe Infektiosität von Omikron müsse, so die Studienautoren, demnach auf andere Mechanismen zurückzuführen sein.

Myokarditis nach Booster seltener als nach primärer Impfserie und niedriger als bei anderen Impfungen
Das Risiko für Jugendliche, an einer Myokarditis zu erkranken, ist nach einer Auffrischungsdosis des Impfstoffs BNT162b2 (Pfizer/BioNTech) COVID-19 geringer als nach der zweiten Dosis. Dies geht aus einer CDC-Analyse von Daten aus dem Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS) hervor.

Grundlage waren Berichte, die zwischen dem 9. Dezember 2021 und dem 20. Februar 2022 an das VAERS-System und an v-safe übermittelt wurden.

Während des Studienzeitraums erhielten etwa 2,8 Millionen Jugendliche in den USA eine BNT162b2-Auffrischungsdosis. Etwa 92% der 914 bei VAERS eingereichten Berichte betrafen leichte bis mittelschwere Ereignisse.

Zu den schwerwiegenden Ereignissen gehörten 64 Fälle von Myokarditis. Befragungen von Ärzten und die Durchsicht von Krankenakten zeigten, dass 32 dieser Fälle, die alle bei Jungen auftraten, der CDC-Definition für eine Myokarditis entsprachen. Von den bestätigten Fällen erforderten 27 einen Krankenhausaufenthalt, aber alle Patienten wurden wieder entlassen und hatten sich erholt oder waren auf dem Weg der Besserung.

Die bestätigte Myokarditis-Rate nach einer Auffrischungsimpfung lag bei 11,4 pro 1 Million verabreichter Dosen bei jugendlichen Jungen im Alter von 12 bis 17 Jahren. Im Vergleich dazu lag die Myokarditis-Rate nach der 2. Dosis der 1. Impfserie bei 12- bis 15-Jährigen bei 70,7 pro 1 Million Dosen und bei den 16- bis 17-Jährigen bei 105,9 pro 1 Million Dosen.

Generell scheint das Myokarditis-Risiko nach einer Corona-Impfung gar nicht höher zu sein als nach anderen Impfungen ? im Gegenteil. Zu diesem Ergebnis kam jetzt eine Metaanalyse von 22 Studien, wie Coliquio berichtete. Die Ergebnisse wurden in The Lancet Respiratory Medicine veröffentlicht.

Die Forscher werteten Daten zwischen Januar 1947 bis Dezember 2021 aus 4 internationalen Datenbanken zu diesen Impfungen aus: Covid-19 (n = 395 Millionen, davon 300 Millionen mRNA-Impfstoffe), Pocken (n = 2,9 Millionen), Influenza (n = 1,5 Millionen) und anderen Infektionskrankheiten (n = 5,5 Millionen).

Die Gesamtinzidenz pro Million Covid-19-Impfungen lag bei 18 Fällen ? und damit deutlich niedriger als bei den anderen Impfstoffen mit durchschnittlich 56 Fällen/Million Impfdosen. Das mit 132 Fällen/Million Impfdosen höchste Risiko stellten die Wissenschaftler bei der Pockenimpfung fest.

Auch in allen analysierten Subgruppen mit bekanntem höheren Risiko für eine Myokarditis lag das durchschnittlichen Risiko bei einer Corona-Impfung unter dem bei den anderen Impfungen. So betrug das Risiko für Menschen unter 30 Jahren 40,9 Fälle/Million Impfdosen, für Männer bei 23 Fälle/Million. Auch nach Verabreichung von mRNA-Impfstoffen (22,6 Fälle/Million) und bei Zweitimpfungen (31,1 Fälle/Million) war das Risiko der COVID-19-Impfung geringer. Als Limitationen führen die Autoren den geringen Anteil von unter 12-Jährigen an, wodurch die Übertragbarkeit der Ergebnisse für diese Altersgruppe in Frage gestellt wird.

Aus der Forschung: Corona-Impfstoff speziell für Krebspatienten
Ein neuartiger Corona-Impfstoff soll Patienten mit Krebserkrankung und Menschen mit angeborenem Immundefekt vor Covid-19 schützen, wie Univadis.de berichtet.

Das neuartige, von Tübinger Forschern entwickelte Präparat CoVac-1 zeigte in einer kleinen klinischen Studie bei 93% der geimpften Personen eine Aktivierung der T-Zell-Immunantwort. Das berichteten Wissenschaftler auf der Jahrestagung der US-amerikanischen Krebsforschungsgesellschaft (AACR, American Association for Cancer Research) in New Orleans.

Eingeschlossen wurden 14 Patienten mit einem B-Zell-Defekt, darunter 12 Personen mit Leukämie oder Lymphdrüsenkrebs. Etwa 2 Drittel von ihnen waren bereits mit einem zugelassenen Corona-Impfstoff geimpft worden, allerdings hatte ihr Immunsystem keine ausreichende Antikörper-Antwort aufgebaut. 28 Tage nach der CoVac-1-Impfung registrierten die Forscher bei 13 Teilnehmenden eine robuste T-Zell-Antwort. Derzeit werde eine klinische Studie mit einer größeren Kohorte vorbereitet.

Inwieweit die 14 Patienten der Studie mit der Impfung tatsächlich vor einer Infektion oder schweren Symptomen geschützt sind, wurde nicht untersucht.

Zum Hintergrund: Die gegenwärtig zugelassenen Corona-Impfstoffe lösen im Körper vor allem eine humorale Immunantwort aus, also die Bildung von Antikörpern durch die B-Zellen. Viele Chemotherapien und einige Immuntherapien zerstören allerdings die B-Zellen, so dass bei diesen Patienten die Impfstoffe keine gute Wirkung zeigen. Auch bei Menschen mit bestimmten angeborenen Immundefekten ist die Bildung von Antikörpern gestört. CoVac-1 soll deshalb vor allem eine zelluläre Immunität aufbauen, die mithilfe von T-Zellen aufgebaut wird.

https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4911075?uac=389796AZ&faf=1&sso=true&impID=4177417&src=WNL_mdplsfeat_220420_mscpedit_de#vp_3

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