Donnerstag, 17. September 2009
Mutterwitz: Der Turbo
Manchmal übertrifft meine Mutter ja sich selbst. Als sie sich kürzlich darüber beschwerte, dass es doch völliger Unfug sei, wenn der Wetterbericht bei relativ kühler Witterung vor einem Gewitter warne, erklärte Vater ihr, was eine Kaltfront ist und wie aus einem wandernden Tiefdruckgebiet ein Gewitter entsteht. Als sie dann fragte, woher er das wisse, erwiderte er, er hätte zwar nur Volksschulabschluss, aber durch ständiges Lesen aller möglichen Literatur sich dennoch eine solide Bildung angeeignet. "Hoffentlich kriegst Du nicht vor lauter Bildung einen total dicken Kopf" antwortete sie, "und der platzt dann und die ganze Bildung spritzt durch die Gegend!", worauf er schlagfertig erwiderte "dann kriegst Du davon auch was ab."

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«Wir verteidigen Europa!»
Migrantenabwehr in Libyen


Die Aufhebung des Embargos gegen Libyen 2006 hat zwischen den Ländern
Europas, Russland und den USA zu einem Wettrennen geführt, um die besten
Wirtschaftsbeziehungen zu Gaddafis Regime. Im Zentrum des Interesses
stehen die immensen Erdgasreserven, die Libyen bietet. Seit November
2008 verhandelt die EU offiziell mit Libyen ein Assoziierungsabkommen:
Im Austausch für bessere Handelsbeziehungen soll Gaddafi die Migranten
aus Europa fernhalten, die die riskante Fahrt übers Mittelmeer wagen.
Wie aber steht es um den Wandel und die Zivilgesellschaft in Libyen? Und
wie sieht die Migrantenabwehr konkret aus, die die EU als Gegenleistung
fordert? In dem Feature kommen Insassen der libyschen Haftlager zu
Wort, in denen seit Jahren Zehntausende Flüchtlinge und Migranten
eingesperrt werden, aber auch die Militärpatrouillen auf dem Meer und in
der Wüste, die dafür sorgen, dass Tausende Menschen in ihre Länder
deportiert oder in der Sahara ausgesetzt werden. Das Feature
porträtiert, wie Flüchtlinge in Tripolis versteckt leben, und gibt den
wenigen Oppositionellen eine Stimme, die Menschenrechtsverbrechen in
Libyen anprangern.

Guten Empfang!

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Montag, 14. September 2009
Pressestimmen zur Flüchtlingskonferenz "Gegen koloniales Unrecht" in Jena
14.09.2009 / Inland / Seite 4Inhalt

http://www.jungewelt.de/2009/09-14/054.php

Flüchtlinge bereiten Tribunal vor

Konferenz der »Karawane« in Jena. Diskussion um gemeinsamen Widerstand
gegen rassistische Sondergesetze

Von Gitta Düperthal

Bis zum Sonnabend tagten rund 50 Flüchtlings- und Menschenrechtsaktivisten
in Jena bei einer viertägigen Konferenz der »Karawane für die Rechte von
Flüchtlingen und Migranten«. Unter dem Titel »Vereinigt gegen koloniales
Unrecht in Deutschland« ging es darum, Strategien zu entwickeln, um sich
gemeinsam gegen rassistische Sondergesetze zu wehren. Zum Beispiel gegen
die Residenzpflicht, die es Flüchtlingen in Deutschland verbietet, den
Landkreis, in dem sie untergebracht sind, ohne Sondergenehmigung zu
verlassen.

»Viele haben sich nicht getraut, an unserem Treffen teilzunehmen, weil
politische Betätigung oft mit staatlicher Repression beantwortet wird«,
bilanzierte ein Karawane-Sprecher am Wochenende. Umso mutiger sind jene,
die in Jena angereist waren. Unter ihnen zum Beispiel Prince Ahamonu aus
Nigeria, der behindert ist, weil ihm Polizisten 2002 in Hamburg das
Kreuzband so schwer verletzt haben, daß er nie wieder wird gehen können.
Und Aboubacar Wan aus Sierra Leone, dem die Abschiebung droht, obgleich er
Diabetiker ist und in seinem Herkunftsland keine medizinische Behandlung
möglich ist. »Zu Unrecht und auf häßliche Weise haben sie uns zu ihren
Untermenschen gemacht«, konstatierten Konferenzteilnehmer. Die Lager- und
die Kontrollmentalität erinnerten an den deutschen Faschismus. Ähnliche
Bewegungsbeschränkungen wie die Residenzpflicht sowie daraus folgende
Strafen bei Überschreitung seien den Juden 1938 auferlegt worden. Das
Lagerleben sei auch heutzutage unerträglich. Erwachsene müßten teilweise
»in einem Raum kampieren wie Sardinen in einer Fischbüchse«. Mißhandlungen
und Demütigungen seien an der Tagesordnung. In den Essenspaketen seien
nicht selten Lebensmittel, deren Haltbarkeitsdatum abgelaufen sei.

Die Teilnehmer der Konferenz beschlossen, 2010 ein Tribunal zu
veranstalten. »Wir wollen am Beispiel unserer Aktivisten das koloniale
Unrecht aufzeigen, egal ob sie abgeschoben oder noch hier sind, ob sie
lebendig oder tot sind«, faßte Mbolo Yufuyi aus Nigeria zusammen. Damit
verwies er auch auf die Geschichte des 2005 in einer Dessauer Polizeizelle
verbrannten Afrikaners Oury Jalloh. Zunächst aber werden
»Karawane«-Aktivisten am kommenden Wochenende das antirassistische
Fußballturnier in Frankfurt am Main »Just Kick it« unterstützen.
Infos: www.zusammen-ev.
++++


ND Tageszeitung • Montag, 14. September 2009

Inland
14.09.2009

Erst mal die eigene Haut retten

Flüchtlingstreffen in Jena mit rund 50 Teilnehmern

Von Anke Engelmann, Jena

Schon die Anfahrt ist kriminell – wegen der Residenzpflicht machen sich
Asylbewerber strafbar, die ihren Landkreis verlassen. Trotzdem kamen am
vergangenen Wochenende etwa 50 Flüchtlinge und Migranten nach Jena, um an
der Plattform über koloniales Unrecht teilzunehmen, die die
Flüchtlingsorganisationen »The Voice Refugee Forum« und die »Karawane für
die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen« anberaumt hatten.

Der Ort war nicht zufällig gewählt. Mit »The Voice« gibt es in Thüringen
eine starke Flüchtlingsbewegung – zum Beispiel in den Asylberberheimen von
Katzhütte und Gehlberg. Die Plattform sollte Ursachen und Kontinuitäten
von Rassismus und Apartheid aufzeigen, die Gruppen miteinander vernetzen
sowie Zeichen der Solidarität setzen. Denn der Druck, den die Behörden auf
die Aktivisten ausüben, werde immer stärker und systematischer, berichtet
Mbolo Yufanyi von »The Voice«.

Zum Beispiel auf Magsud Agaev. Gegen den aus Aserbaidschan stammenden
»Voice«-Aktivisten läuft derzeit eine Klage wegen Verstoßes gegen die
Residenzpflicht. Weil er als Anmelder einer Demo in Jena fungiert, droht
dem in Apolda lebenden Arzt nun Gefängnis. Bekannt wurde Felix Otto, der
aus demselben Grund zu acht Monaten Haft verurteilt und Ende August
abgeschoben worden war – obwohl Menschenrechtler vor den Zuständen in
Ottos Heimatland Kamerun warnen. Otto war nach seiner Ankunft verhaftet
und nur auf Druck von Aktivisten freigelassen worden, die mitgereist waren
und am Flughafen protestiert hatten, berichtet Yufanyi.

Der Fall Felix Otto habe gezeigt, wie wichtig es sei, auch in den
Heimatländern ein Netzwerk aufzubauen, so Yufanyi. Die Initiative will
zudem eine unabhängige Kommission gründen, die den Tod von Oury Jalloh
untersuchen soll, der 2005 unter mysteriösen Umständen in Dessau in einer
Gefängniszelle verbrannt war – und stehe damit allein da. Außer
Lippenbekenntnissen sei von Organisationen wie Pro Asyl, dem Komitee für
Grundrechte und Amnesty International nichts gekommen, berichtet Mai
Zeidani von der »Karawane«.

Obwohl ihre Arbeit hoch politisch ist – von Parteien und Regierungen
erwarten die Initiativen nichts. »Für uns macht es keinen Unterschied, ob
die SPD oder die CDU an der Macht ist«, erläutert die Palästinenserin. Und
»Voice«-Aktivist Sunny Omwenyeke sagt: »Wie können wir von der Politik in
Deutschland reden. Wir versuchen erst mal, unsere Haut zu retten.«

14.09.2009
http://www.neues-deutschland.de/artikel/155692.erst-mal-die-eigene-haut-retten.html


Presse:
Karawane Konference in Jena »Deutschland kollaboriert mit unseren
Heimatländern« - Die Presse mit interview
http://thevoiceforum.org/node/1390

Isolierungslager im Thüringer Wald

Flüchtlings-Karawane tagt an der Uni Jena
Jena (OTZ/F.D.). Flüchtlings- und Menschenrechtsaktivisten aus der ganzen
Bundesrepublik tagen seit Mittwoch und noch bis zum Sonnabend in der
Universität Jena unter dem Motto "Vereinigt gegen koloniales Recht".

Anknüpfend an die lange Tradition von "The Voice" und der "Karawane für
die Rechte der Flüchtlinge und Migranten" tauschen sich Vertreter der
"Karawane" aus, um das in den letzten Jahren entstandene Netzwerk der
Flüchtlinge in Deutschland zu konsolidieren, Strategien der Mobilisierung,
Allianzen und Solidarität zu diskutieren. Themen der Konferenz sind auch
die Residenzpflicht, die zunehmenden Abschiebungen von Flüchtlingen in die
Heimatländer und das Verhalten der Polizei.

Im Rahmen eines Pressegespräches gestern im "Grünen Haus" kritisierten
Vertreter der Karawane die Flüchtlingssituation in Thüringen. Zwar
beherberge das Land inzwischen dem bundesweiten Trend folgend weniger
Flüchtlinge als in den letzten Jahren, doch dies habe nicht dazu geführt,
dass die Flüchtlinge seither menschenwürdiger untergebracht seien. Im
Gegenteil: Nach Ansicht der Menschenrechtsaktivisten würden immer
entlegenere Heime wie bei Katzhütte mit Flüchtlingen belegt, die als oft
mitten im Wald gelegene "Isolationslager" (Karawane-Einschätzung) einen
Kontakt zur Außenwelt nahezu unmöglich machen.

Festzustellen sei ebenfalls, dass Flüchtlinge mit aktivistischen
Hintergrund nicht mehr nach Thüringen verlegt würden bzw. innerhalb
Thüringens an entlegene Orte kämen, um die Kommunikation zu erschweren.

Nach wie vor würden in Thüringen statt Bargeld Bezugsscheine für
Lebensmittel ausgegeben, die auch nur in den Heimen eingetauscht werden
können. Nach wie vor gelte die Residenzpflicht, die das Verlassen des
Heimatkreises verbietet. Zum Verlassen etwa des Landkreises Weimar muss
eine Genehmigung erkauft werden für 2,50 Euro, wie der aserbaidschanische
Arzt und Flüchtling Dr. Muksud Agaev belegen konnte. Nur so war es ihm
möglich, an der Jenaer Konferenz teilzunehmen. Ein monatliches Taschengeld
von 40 Euro mache den Flüchtlingen das Reisen ohnehin fast unmöglich.

"Wir sehen unsere Verpflichtung darin, die Missachtung der Menschenrechte
von unschuldigen Flüchtlingen nicht hinzunehmen", erklärte Yufan´h
Nbolo/The Voice Berlin. Diesem Ziel diene auch die Gründung von
Abgeschobenenvereinigungen in den Heimatländern, um der deutschen
Abschiebepraxis begegnen zu können. Während der Konferenz ist im
"Grünowski" eine Ausstellung zur Lage der Flüchtlinge in Katzhütte zu
sehen.

10.09.2009
http://www.otz.de/otz/otz.jena.volltext.php?kennung=on5otzLOKStaJena40064&zulieferer=otz&kategorie=LOK&rubrik=Stadt&region=Jena&auftritt=OTZ&dbserver=1

++++

Flüchtlings-Konferenz in Jena 10.09.2009, 14:42 Uhr

Bis zum Sonntag veranstaltet das Flüchtlingsnetzwerk „The Voice“ eine
Konferenz an der Universität Jena. Unter dem Motto „Vereinigt gegen
koloniales Unrecht“ setzt sich das Netzwerk für mehr Autorität, Freiheit
und Beachtung der Flüchtlinge ein. Bei der Tagung wollen die Betroffenen
ihre Sichtweisen und Erfahrungen der letzten Jahre austauschen und
Strategien der Solidarität diskutieren. Bisher haben 45 Aktivisten aus
unterschiedlichen Regionen ihre Teilnahme bestätigt. Weitere Interessenten
sind willkommen. Im Internet sind unter www.thecaravan.org zusätzliche
Informationen erhältlich. ph
http://www.jenatv.de/nachrichten.php?mn=detail&nwsid=1252586564
\\\\

Flüchtlingskonferenz "Vereinigt gegen koloniales Unrecht" in Jena

The Voice


(10.09.2009) — epd

Jena (epd). Vertreter von Flüchtlingsgruppen aus ganz Deutschland sind am
9. September im thüringischen Jena zu einer Konferenz über die Lage von
Asylbewerbern zusammengekommen.

Themen des fünftägigen Treffens unter dem Motto "Vereinigt gegen
koloniales Unrecht" seien die sogenannte Residenzpflicht für Flüchtlinge
und "die zunehmenden Abschiebungen", teilte die Organisation "The Voice"
zur Eröffnung mit. Zudem werde die Gründung einer Kommission vorbereitet,
die die Umstände des Todes von Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle
im Jahr 2005 offenlegen soll. Als Mitglieder in dem Gremium seien
Gerichtsmediziner, Juristen, Soziologen und engagierte Flüchtlinge
vorgesehen, hieß es.

Der afrikanische Asylbewerber Oury Jalloh war bei einem Feuer in einer
Zelle des Dessauer Polizeireviers gestorben, das er, an einer Liege
gefesselt, selbst ausgelöst haben soll. Zum Abschluss eines Strafprozesses
wurden Ende 2008 zwei Polizeibeamte vom Vorwurf einer Mitschuld an seinem
Tod mangels Beweisen freigesprochen. Auf dem Programm der Jenaer Tagung
stehen laut "The Voice" Vorträge, eine Filmvorführung,
Podiumsdiskussionen, Workshops sowie Ausstellungen. Darunter ist eine
Fotodokumentation über Asylbewerberheime in Deutschland.

Die Konferenz führe Flüchtlingsaktivisten und Menschenrechtler zusammen,
um Sichtweisen und Erfahrungen mit der deutschen Ausländerpolitik
auszutauschen und das "aufblühende Netzwerk" der Flüchtlinge weiter zu
festigen, hieß es. Zu der Tagung in der Friedrich-Schiller-Universität
haben "The Voice" und die Organisation "Karawane" eingeladen.
www.thevoiceforum.org

epd-Nachrichten sind urheberrechtlich geschützt. Sie dienen hier
ausschließlich der persönlichen Information. Jede weitergehende Nutzung,
insbesondere ihre Vervielfältigung, Veröffentlichung oder Speicherung in
Datenbanken sowie jegliche gewerbliche Nutzung oder Weitergabe an Dritte
ist nur mit Genehmigung der Verkaufsleitung von epd (verkauf@epd.de)
gestattet.

http://www.ekmd.de/aktuellpresse/nachrichten/18646.html
++++

-- »Deutschland kollaboriert mit unseren Heimatländern«

Flüchtlinge diskutieren auf Konferenz Möglichkeiten des Widerstandes gegen
Abschiebung und Diskriminierung. Ein Gespräch mit Mbolo Yufuyi

Interview: Gitta Düperthal

Mbolo Yufuyi ist Mitorganisator einer Konferenz der »Karawane für die
Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen«, die vom 9. bis 13. September in
Jena stattfindet

Die Flüchtlingsorganisation »Karawane« wird vom Mittwoch bis Sonntag eine
Konferenz unter dem Titel »Vereinigt gegen koloniales Unrecht« in der
Universität Jena durchführen. Was ist damit gemeint?

»Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört« – mit diesem Leitsatz
wollen wir die Verbindung zwischen unseren Herkunftsländern und Europa
herstellen. Wir werden diskutieren, wie man uns in Deutschland behandelt.
Es geht um die Brutalität, mit der Abschiebungen durchgeführt werden, um
rassistische Sondergesetze, die nur für Migranten gelten, wie etwa die
Residenzpflicht. Es geht darum, daß wir Gutscheine statt Geld erhalten.
Wir werden über Strategien reden, wie koloniales Unrecht zu bekämpfen ist:
Deutschland macht Geschäfte mit unseren Herkunftsländern, obgleich dort
Menschenrechte mit Füßen getreten werden, und hierzulande mißhandelt man
uns. Gegen politisch organisierte Flüchtlinge agiert man mit besonderer
Härte, um den Widerstand zu brechen. Dabei kollaboriert Deutschland mit
unseren Heimatländern.

Thema wird unter anderem Ihr Protest gegen Repressionen der deutschen
Behörden sein…

Zum Beispiel hat ein Arzt und Aktivist der Flüchtlingsorganisation »The
Voice«, der im Flüchtlingsheim in Apolda in Thüringen lebt, kürzlich einen
Drohbrief der Ausländerbehörde erhalten. Anlaß war ein Interview mit ihm
in einer Zeitung. Man gehe deshalb davon aus, daß er seinen Kreis ohne
Sondergenehmigung verlassen hat, hieß es. Auch ich bekam wegen eines
Artikels Ärger, der zum Inhalt hatte, daß ich einen Kongreß in einer
anderen Stadt mitorganisiert habe. Viele Aktivisten sind wegen der
Ausländergesetze unter Druck. Meine Anwälte haben gesagt: Es hätte ja auch
ein Telefoninterview sein können. Ich habe aber öffentlich zugegeben, daß
ich nach Jena gefahren bin. Wir haben zum zivilen Ungehorsam aufgerufen:
Wir werden keine Strafe mehr zahlen. Ich habe drei Haftbefehle wegen der
Residenzpflicht, ein Betrag von 1000 Euro hat sich angesammelt. Sie nutzen
alle Mittel, um uns zu schikanieren.

Trotz erbitterter Proteste ist am 26. August ein Aktivist der Organisation
»The Voice«, Felix Otto, vom Flughafen Frankfurt am Main nach Kamerun
abgeschoben worden.

Seit seiner Verhaftung hat man versucht, ihn zu isolieren. Er hat immer
gesagt, daß er Widerstand leisten wird. Gefängnisärzte haben ihn
behandelt, weil er krank war. Wir gehen davon aus, daß man ihm
Betäubungsmittel gegeben hat. In Kamerun wurde er direkt nach seiner
Ankunft verhaftet. Nur wegen der großen öffentlichen Aufmerksamkeit von
Menschenrechtsgruppen hat man ihn wieder freigelassen. Er lebt versteckt
und hat uns telefonisch bestätigt, daß er vor seiner Abschiebung in einer
Zelle unter Videobeobachtung und ohne Kleider festgehalten wurde –
angeblich zu seinem Schutz, denn man sah ihn als suizidgefährdet an. Er
hat gesagt, daß er von deutschen Polizisten mißhandelt wurde. Man hat ihn
fertig-gemacht. Wir werden die Kampagne für Felix Otto weiterführen, auch
das wird in Jena Thema sein.

Auf der Tagesordnung steht auch Kritik an deutschen Migrationsprojekten.

Wie deutsche Projekte das Karawane-Netzwerk unterstützen, analysieren wir
gerade. Skandalös finden wir, daß Abschiebungsbeobachter im Fall Felix
Otto gesagt haben, es sei »alles in Ordnung«, wie die junge Welt
berichtete. Abschiebung gegen den Willen einer Person, die seit neun
Jahren hier gelebt hat, ist eine Menschenrechtsverletzung. Wir hatten
dieses Mal nicht die Möglichkeit, ins Flugzeug zu steigen und die
Abschiebung zu stoppen. In einem anderen Fall ist es einem unserer
Aktivisten gelungen zu intervenieren. Der Pilot hat es daraufhin
abgelehnt, den Flüchtling mitzunehmen. Dieses Engagement erwarten wir auch
von deutschen Aktivisten. Uns fehlt das Geld, Tickets zu kaufen und so in
die entsprechenden Flieger zu kommen. Abschiebungen können wir aber nur
stoppen, wenn wir einzelne Flüchtlinge befreien. Wir rufen zur
finanziellen Unterstützung auf, auch, um den Kontakt mit Felix Otto zu
halten.

07.09.2009 / Inland / Seite 8Inhalt
http://www.jungewelt.de/2009/09-07/013.php

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Sonntag, 13. September 2009
Buchtipp vor der Wahl
Ich habe es sonst ja nicht mit Büchern, die an der Kaufhaustheke mit dem Aufkleber "Bestseller" gedealt werden, aber Thomas Wieczoreks "Die verblödete Republik" kann ich nur empfehlen. Gnadenlos, scharfsichtig und zielgenau nimmt der Autor unsere Politik- und Medienlandschaft aufs Korn, die er weitgehend als gleichgeschaltet-neoliberal wahrnimmt. Ganz besonders grimmig wird mit dem "Unterschichtenfernsehen" ins Gericht gegangen, dass sich, wie Wieczorek aufzeigt, frontal gegen die Unterschichten richtet. Ob Castingshows, Gerichtsshows oder Schnüffelsendungen, in denen "HartzIV-Betrüger" vorgeführt werden - überall geht es darum, Menschen zum Gegenteil von Solidarität und zu Sozialdarwinismus auf niedrigstem Niveau zu erziehen. Demgegenüber ist die Botschaft Wieczoreks, seine Perspektive der Empörung eine zutiefst humane - und sein Sarkasmus kein als Ironie getarnter Zynismus, sondern der Hohn dessen, der dem Kaiser ins Gesicht schreit, dass er keine Kleider trägt.

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Samstag, 12. September 2009
Kraus zum Wochenende, dem Nörgler gewidmet
Wenn die Sonne der Kultur tief steht, dann werfen auch die Zwerge lange Schatten

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Donnerstag, 10. September 2009
Zum Ehrenmal der Bundeswehr
Als das Ding eingeweiht wurde, kam ich mir vor wie ein Außerirdischer. Einen Großteil meines Lebens hatte ich in der Gewissheit verbracht, dass ich so etwas niemals erleben würde. Mein Vater, Weltkriegsteilnehmer, meinte: "Ich dachte, wir hätten die Scheiße hinter uns, nun fängt sie wieder an." Nichts hinzuzufügen.

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Donnerstag, 10. September 2009
The way of no return
Seit ich ich in den Bergen meinem Körper das Äußerste abgefordert habe - auf dem Rückweg von meiner härtesten Tour wurden am Ende meine Gedanken laut - und ich hinterher den Tonus aufrechterhielt, indem ich an Klippen kletterte und viel härter als je zuvor im Fitnesszentrum trainierte, kann ich nicht mehr so ruhig schlafen wie zuvor. Eher gar nicht schlafen, wenn ich nicht ausgepowert bin. Die Nächte sind eine Geisterbahn. Ich fürchte, aber auch hoffe, finde, meine,denke dass es ohne ständiges straightes Training nicht weitergeht. Vielleicht sind mein Herz, meine sonstigen Muskeln oder auch mein Erlebniszentrum im Hirn größer geworden, ich weiß nur: Mein Stadtmenschendurchschnittskörper hat sich selbst überwunden und kommt mit seinen Lebensbedingungen nicht mehr mit, weil sie ihm zu klein sind.

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Vor 2500 Jahren war die Medienkritik weiter als heute
Bei den Athenern hießen sich einmischende Bürger "Polites" und unpolitische Privatpersonen "Idiotes".

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Und das ist immer noch wahr:
http://www.duckhome.de/tb/search/insm/P9.html

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Dienstag, 8. September 2009
Manches ist so falsch,
dass nicht einmal das Gegenteil wahr ist.

Karl Kraus

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Deutsche Behörden arbeiten gerne mit Folterregimen zusammen
Hauptsache, es geht gegen Flüchtlings:

http://www.jungewelt.de/2009/09-07/013.php

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Sonntag, 6. September 2009
Zur Begrifflichkeit und Problematik von Geschichtswissenschaft in Deutschland
Historismus
Die seriös und empirisch betriebene Geschichtswissenschaft in Deutschland geht auf die sog. Historische Schule zurück, die im 19. Jahrhundert durch Leopold von Ranke und Wilhelm Dilthey begründet wurde. Im Gegensatz zur älteren humanistischen Geschichtsschreibung beschäftigt sich die historistisch ausgerichtete Geschichtswissenschaft nicht nur damit, vergangene Ereignisse anhand historischer Quellen zu rekonstruieren, sondern will diese Quellen auch interpretieren. Ihr wichtigster methodischer Ansatz ist daher die auf Dilthey zurückgehende historische Hermeneutik. Die hermeneutische Arbeitsweise beinhaltet eine möglichst vielschichtige Betrachtungsweise des Forschungsgegenstandes; so werden zur Erklärung historischer Ereignisse grundsätzlich unterschiedliche persönliche Motivationen der politischen Entscheidungsträger herangezogen und der Wortlaut historischer Quellen mit Skepsis behandelt: alle Quellen werden einer systematischen Quellenkritik unterzogen, die Rekonstruktion eines Ereignisses ist nur durch den Vergleich unterschiedlicher Quellen möglich.

Sozialhistorische Schule
Ermöglichte der Historismus erstmals eine wissenschaftlichen Objektivitätsmaßstäben zumindest entfernt nahekommende Geschichtsforschung, waren seine Grenzen doch ebenso eng umrissen. Es handelt sich um eine reine Ereignisgeschichte, die unmittelbare politische Entscheidungsprozesse oder beispielsweise den Verlauf von Kriegen zum Thema hat, soziale Wirklichkeit aber nicht erfassen kann. Demzufolge entwickelte sich die Sozialgeschichte als ein eigenständiger Wissenschaftszweig neben der und gegen die historische Schule. Zunächst bildete sich die marxistische Geschichtsauffassung heraus, die Geschichte als Abfolge von Klassenkämpfen und gesellschaftliche Entwicklung als dialektisches Wechselspiel aus technischem Fortschritt und sozialen Umwälzungen ansieht. Im Unterschied zum Historismus fällt der Historische Materialismus, d.h.die orthodox marxistische Geschichtswissenschaft ins andere Extrem: Es werden überhaupt nur noch die sozialen Ursachen geschichtlicher Verhältnisse behandelt, von den konkreten Situationen und Ereignissen hingegen abstrahiert.
Neben dem Historischen Materialismus entwickelte sich seit Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts in Deutschland eine bürgerliche Wirtschafts- und Sozialgeschichte, die Sozialhistorische Schule. Diese war rein positivistisch ausgerichtet, d.h., sie ging von der Vorstellung aus, technischer Fortschritt könne nur Gutes bringen und gesellschaftlicher Fortschritt sei in jedem Fall mit dem technischen Fortschritt verbunden. Wirtschafts- und Sozialgeschichte wird hier im Wesentlichen als Geschichte der Technik, Entwicklungsgeschichte von Wirtschaftsunternehmen und Geschichte wirtschaftlicher Strukturen betrachtet.

Historische Sozialwissenschaft; Bielefelder Schule
Aus der Sozialhistorischen Schule ging die sog. moderne deutsche Sozialgeschichte oder historische Sozialwissenschaft hervor, die sich an Max Weber, den Begründer der deutschen Soziologie, anlehnt. Sie revolutionierte in den Sechziger Jahren die deutsche Geschichtswissenschaft, indem sie „fachfremde“, nämlich aus der Soziologie entlehnte Arbeitsmethoden zur Anwendung brachte. Dazu gehören Statistik, Interview, die Auswertung von Kranken- und Sterbeakten etc. Das, was durch zeitgenössische schriftliche Quellen (Historismus) oder Überreste der materiellen Kultur (Sozialhistorismus) nicht erschließbar war, nämlich die soziale Wirklichkeit der breiten Volksmassen, konnte nun erstmals von der Geschichtswissenschaft erfaßt werden.
Die Auseinandersetzung mit den Vertretern der Historischen Schule vollzog sich entlang politisch-ideologischer Gräben: Während die Historisten überwiegend konservativ, teilweise ausgesprochen rechts ausgerichtet waren, rechneten die jungen SozialhistorikerInnen der sog. Bielefelder Schule, die sich allmählich formierte, sich zum damaligen Reformflügel innerhalb der Sozialdemokratie bzw zum linken SPD-Flügel. Dementsprechend waren auch sie es, die an der historischen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit ein besonderes Interesse hatten und dafür große internationale Reputation erlangten. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass die Begründer dieser Schule nicht an marxistische Wurzeln anknüpften, sondern einerseits an US – amerikanische Entwicklungssoziologie, andererseits an ihre eigenen früheren Lehrer wie Theodor Schieder, Hermann Aubin, Ferdinand Seibt und Gerhard Ritter, welche die Geschichtswissenschaft um archäologische, kunsthistorische, frühgeschichtliche und ethnologische Komponenten erweitert hatten, die von der modernen Sozialgeschichte aufgegriffen wurden. Diese methodologischen Erweiterungen hatten seinerzeit die Grundlage der „Volkstumsforschung“ gebildet, die hauptsächlich der Legitimation deutscher Territorialansprüche in Osteuropa dienten. In diesem Sinne fußt also eine in der Nachkriegszeit sich politisch progessiv orientierende Sozialgeschichte ursprünglich auf NS-Wissenschaft.


http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/beitrag/intervie/index.htm

http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/60926/


Das zweite Standbein der modernen Sozialgeschichte, die Arbeitergeschichte, blieb zum großen Teil Geschichte der Arbeiterorganisationen, die durch NS-Zeit und Adenauerära in Deutschland verschüttet erschien und quasi erst wieder ausgegraben werden mußte. Frauengeschichte wurde von den Bielefelderinnen erst seit den Siebziger Jahren betrieben.
Vetreter/innen: Jürgen Kocka, Heinrich August Winkler, Karin Hausen, Hans-Ulrich Wehler, Christoph Kleßmann, Gisela Bock

Alltagsgeschichte; Geschichte von unten
Zu dieser Zeit kam aus Schweden die neue Bewegung der Geschichtswerkstätten. Hierbei handelt es sich um private Vereine, die außerhalb des Wissenschaftsbetriebes und teilweise auch ohne wissenschaftliche Vorbildung Geschichtsforschung zur Vergangenheit des jeweils eigenen Stadtviertels, Dorfes usw getreu dem Motto „grabe, wo du stehst“ betrieben. Die deutschen Geschichtswerkstätten schafften es, diesen Ansatz mit wissenschaftlicher Methodik zu verbinden. Dies war die Geburtsstunde der Alltagsgeschichte oder „Geschichte von unten“, die während der Achtziger Jahre ähnlich revolutionierend wirkte wie die neue Sozialgeschichte in den Sechzigern. Mit Alltagschichte ist nicht die schon immer gut dokumentierte Geschichte des Alltags an Fürstenhöfen oder in Klöstern gemeint, sondern der bis dahin noch nicht systematisch erforschte Alltag der „kleinen Leute“ unabhängig von der Anbindung an besondere historische Ereignisse oder politische Organisationen. Diese Art Alltagsgeschichte stößt an große methodologische Probleme: Sie ist zum großen Teil auf „oral history“, d.h. mündliche Überliefeung angewiesen, die als wesentlich weniger zuverlässig als schriftliche Quellen oder statistisches Material anzusehen ist. So hatte die Alltagsgeschichte zeitweise hart um ihe Anerkennung zu kämpfen. Der standartisierte Vergleich mündlicher Quellen und der Rückgriff auf die gute alte Hermeneutik ermöglichen zwar sehr wohl einen wissenschaftlichen Umgang mit oral history, jedoch dauerte es lange, um diese Erkenntnis in den Köpfen zu etablieren.
Vertreter/innen: Alf Lüdke, Hans Medick, Wolfgang Schlumbohm, Adelheid von Saldern, Carola Gottschalk, Karl-Heinz Roth, Angelika Ebbinghaus, Ahlrich Meyer, Götz Aly

Mikro-und Makrohistorie
Als jüngstes Kind ging schließlich die Mikrohistorie aus der Alltagsgeschichte hervor, die Arbeitsmethoden aller bisherigen Schulen miteinander verbindet, um bestimmte historische Ereignisse oder Zeiträume so exakt wie irgend möglich darzustellen. Aufgrund ihrer „kleinräumigen“ Arbeitsweise - Forschungsgegenstand ist meist ein Dorf, ein Häuserblock oder ein Kollektiv von wenigen Menschen -stößt die Mikrohistorie zunehmend auf das Problem einer Nicht-Verallgemeinerbarkeit ihrer Forschungsgegenstände, sodaß sich in allerneuester Zeit die Makrohistorie als Absetzbewegung entwickelt hat. Dieser geht es wiederum um die großen, epochalen Entwicklungen in der Sozialgeschichte.

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Samstag, 5. September 2009
Flüchtlingsselbstorganisation veranstaltet Kongress in Jena
Ein Aufruf zur Unterstützung der Konferenz „Gemeinsam gegen koloniales
Unrecht in Deutschland“ des KARAWANE Netzwerks bei the VOICE Refugee Forum
in Jena (Mi. 9. - So. 13. Sept. 2009) http://www.thevoiceforum.org/node/1380


Im Verlauf der jüngsten Kampagnen wie mit Otto Felix und der Mobilisierung
in den thüringischen Lagern hat sich die Notwendigkeit und Dringlichkeit
für diese Konferenz bestätigt. Die Bedingungen denen die Flüchtlinge durch
die deutschen Behörden unterworfen sind unmenschlich und grausam. Darüber
wird auch nicht der mediale Fingerzeig auf die grausamen Bilder aus
spanischen, italienischen, polnischen oder griechischen
Internierungslagern hinwegtäuschen. Die Lawine wurde von hier aus ins
Rollen gebracht. Hier sitzen die Konstrukteure, und Architekten und
Generäle der militärischen Flüchtlingsabwehr, des Tötens und Sterben
lassen von Menschen, die nicht als wertvoll betrachtet werden, dass ihr
Leben nicht kostbar oder heilig sei, als dass es zu schützen wäre – sogar
im Gegenteil: mit Zunahme der Zahlen der Toten an den EU-Außengrenzen
werden in den europäischen Parlamenten Stimmen lauter und aggressiver für
härteres, effizienteres Vorgehen gegen Flüchtlinge.
Berichte von zwei Delegationsreisen nach Thüringen, die bei der Konferenz
vorgestellt werden, zeigen die Grausamkeit und die destruktive Effizienz
des Lagersystems und wirft die Fragen nach weiterführenden Strategien auf.

Dafür brauchen wir Raum, Zeit und wie immer - unter den herrschenden
Verhältnissen - Geld

Wie immer wird ein großer Teil der Kosten durch die Fahrtkosten entstehen.
Wir haben ernste Schwierigkeiten die nötigen Geldmittel zusammenzubringen.

Wir bitten Euch die Konferenz „Gemeinsam gegen koloniales Unrecht in
Deutschland“ mit Spenden zu unterstützen.

Wir danken Allen, die unser Aufruf erreicht.

KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
Hamburg, 04.09.2009

Spendenkonto:
Förderverein The VOICE e. V., Göttingen
Bank: Sparkasse Göttingen
Kontonummer: 127 829; BLZ: 260 500 01
Kennwort: Konferenz
IBAN: DE97 2605 0001 000 1278 29, BIC: NOLADE21GOE



Konferenzkontakt: 0176-2456 8988

Unsere Zusammenkünfte sind die Blüte der Solidarität und unsere
alltäglichen Kämpfe die Wurzeln.
Unser gemeinsamer Widerstand birgt die bessere Zukunft.

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Nicht für´s Leben, für die Schule lernen wir
Es nimmt mich immer Wunder, wenn jemand als Habermas-Schüler, Wittfogel-Schüler, Mommsen-Schüler usw. bezeichnet wird und für sich selber diese Zuschreibung auch annimmt. Ich würde mich niemals als Schüler eines meiner früheren Professoren definieren. Die Theorieansätze, die ich vertrete, habe ich mir selbst erarbeitet oder gemeinsam mit Anderen entwickelt oder aus der Lektüre mir angeeignet, aber nicht im eigentlichen Sinne von meinen Hochschullehrern erlernt. Das Verhältnis, das wir als Studierende zu unseren Profs so hatten, war in manchen Fällen, zum Beispiel bei meinem Doktorvater, durchaus herzlich, grundsätzlich war unsere Position als linke Studierende und Fachschaftler aber die, dass rein strukturell die Profs uns als Klassenfeinde gegenüberstanden, denen gegenüber wir die Interessen der Studierenden zu artikulieren und durchzusetzen bemüht waren. Neuere Ansätze in der Geschichtsforschung, wie Alltagsgeschichte, Mentalitätsgeschichte, Geschlechtergeschichte, Körpergeschichte, Umweltgeschichte waren denn auch Ansätze, die wir in sogenannten autonomen Seminaren, als Studierende selbstorganisiert und neben dem offiziellen Lehrbetrieb, oftmals gegen ihn, aber unterstützt von den fortschrittlicheren Leuten vom MPI für Geschichte mit ihrer Auffassung von Geschichte als historisch-anthropologische Kulturwissenschaft diskutierten. Adorno, Bourdieu, Baudrillard, Marx, Weber wurden selbstverständlich in studentischen Arbeitsgruppen gelesen und diskutiert, bevor wir darüber mit unseren Profs sprachen - wir wären nicht auf die Idee gekommen, uns die Großtheoretiker von einem Prof erklären zu lassen, die Vorstellung wäre uns viel zu autoritär vorgekommen.
Die sogenannten Schulen erlebte ich zumeist als regelrechte Gefolgschaften, die daraus bestanden, einmal die Woche mit dem eigenen Prof in die Kneipe zu gehen, um dann bei der Jobvergabe bevorzugt berücksichtigt zu werden. Na ja, und als Zitier- und Niedermachkartelle natürlich.

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Schon wieder Trauer
Langsam reicht es aber. Es ist noch nicht viel länger als einen Monat her, dass wir einen früheren Weggefährten zu Grabe getragen haben, und heute früh ruft mich eine alte Freundin an und teilt mir mit, dass ein gemeinsamer Freund gestorben ist. Schlimm, sowas.

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Freitag, 4. September 2009
Rüttgers macht den Jenninger
Einfach nur zu und zu schön. Wäre noch zu fragen: "Und die Neger? Haben die sich nicht auch immer viel zu weit aus dem Fenster gehängt?"


http://video.web.de/watch/6882428/Ruettgers_beleidigt_Rumaenen

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Es ist 1 Schande
Da wird ein Mann neuer iranischer Verteidigungsminister, der höchstwahrscheinlich für einen Terroranschlag auf ein jüdisches Zentrum in Argentinien verantwortlich ist, dem 85 Menschen zum Opfer fielen. Erfahrung darin zu haben, wie man Juden umbringt scheint die Hauptqualifikation für das Amt zu sein.

http://derstandard.at/fs/1250691701411/Iranischer-Verteidigungsminister-Votum-fuer-mutmasslichen-Terror-General

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Dienstag, 1. September 2009
Every Weekend
Jedenfalls, solange das Wetter gut bleibt...

















... und bis in die Abenddämmerung.

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Freitag, 28. August 2009
Die Sonderrenaissance
Der Renaissance-Stil zeichnet sich durch Ungleichzeitigkeiten in der Entwicklung aus. In Pisa beispielsweise wurden mit Dom, Baptisterium und Schiefem Turm mitten in der tiefsten Romanik Bauwerke errichtet, die zentrale Elemente der Renaissance-Architektur vorwegnahmen, und in Oberitalien wurde auch der Begriff geprägt: Renascita, die Wiedergeburt der Antike.
Nun bedeutete die Renaissance zumindest in der Architektur weit weniger einen einheitlichen europäischen Stil als vorher die Romanik oder später Barock und Klassizismus.Spanien, Portugal und England klinkten sich zwischen Gotik und Barock sozusagen aus und entwickelten mit Mudejar-Architektur, Manuelismus und Tudor-Stil eigene, nationale Baustile.

In Deutschland hielt sich der gotische Stil länger als in Frankreich oder Italien, dafür prägten sich hier Sondergotiken aus, die eigentlich mit Materialmangel zu tun hatten: Die Backsteingotik, die von den Niederlanden bis Estland die Küstenstädte von Nord- und Ostsee mit ziegelroten Kathedralen verzierte, und die Reduktionsgotik in Bayern und Baden-Württemberg mit ihren Hallenkirchen. Entsprechend spät vollzog sich hier der Übergang zur Renaissance, außerdem wurden viele Renaissancebauten im Dreißigjährigen Krieg zerstört. So ist Deutschland heute ein Land, in dem sich nicht viele Juwelen der Renaissancebauweise finden lassen.

Interessanterweise sind viele der schönsten Bauten wieder zwei regionalen Sonderstilen zuzuordnen: Die Weserrenaissance bei uns im Norden und die Donaurenaissance in Altbayern. Abgesehen von der eher strengen und schlichten Farbe der Fassaden im Norden und der ausgeprägten Buntheit in Bayrn ähneln beide Stile sich formal sehr; was aber total unterschiedlich ist, sind Proportionen von Kirchen und sonstigen Sakralbauten einschließlich Bischofssitzen, Rat- und Zunfthäusern zueinander und deren Anordnung im Stadtbild.




Gemeinsam haben beide Stile, dass sie weniger stark antikisieren als in Italien üblich und eher gotische Stilelemente weiterentwickelt und oft auch spielerisch verfremdet wurden in Kombination mit dann schon griechischen Fensterformen zum Beispiel.







Ein wenig aus dem Rahmen fällt das Schloss Ludwigs des Gebarteten, das eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit der Zollbastion Torgau besitzt.





Und mit diesem Marktplatz ist alles gesagt:

Das wahre Zepter führt die Heilige Mutter Kirche.






Und so etwas wäre bei uns im Norden gar nicht denkbar. Auch vor der Reformation stand der Roland mit Schwert und Schild auf dem Markt, um die Kirche in ihre Schranken zu weisen. Herzöge, Handwerkszünfte und Kaufmannsgilden, nicht geistliche Herren waren groß zwischen Ems, Oder, Küste und Harz.

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Freitag, 28. August 2009
Wahlkampf in Deutschland ist langweilig?
Eher schmutzig, man muss nur mal den Nörgler fragen:


http://www.boocompany.com/index.cfm/content/story/id/15892/

Wie von ihm gewohnt, aber noch etwas besser als sonst rein sprachlich schonmal ein Hochgenuss und inhaltlich sozusagen voll dito. Ach so, und dann auch noch das hier:


http://www.boocompany.com/index.cfm/content/story/id/15885/

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Wie das marktradikale Totschlagargument die gesamte bestehende Gesellschaftsordnung deligitimiert
Man kennt sie ja zur Genüge, jene konservativ-liberalen Argumente gegen soziale Experimente, die diesen das Existenzrecht absprechen, weil sie auf Kosten Dritter, namentlich des Steuerzahlers, des Staates oder der „Gemeinschaft” (ein Schelm, wer „Volks”- dabei denkt) gingen. Ähnlich wie bei Bastiats Parabel vom zerbrochenen Fenster, bei dem es eigentlich nur darum geht, dass der Spießer seine Angst ums Geld zu einem Gedankengebäude rationalisiert, funktioniert eine solche Argumentationsweise zwar im Horizont eines Bilanzbuchhalterdenkens, Politik und Geschichte aber gehen zumeist andere Wege. Und die Bilanzbuchhalterdenke lässt für letztere Faktoren entscheidende Dinge wie menschliche Würde, soziale Perspektiven, Wege der politischen Willensbildung, spezifische Gruppeninteressen usw. einfach völlig außen vor und ist daher auch gänzlich ungeeignet zur Beschreibung des Politischen oder Sozialen. Nun hat der Großmeister des zum Prinzip erhobenen sozialen Vorurteils und des als journalistische Kategorie preisgekrönten Dummschwätzens, der Broderich, einen hochnotpeinlichen Artikel zu seinen Erlebnissen in Christiania (”Mami, die pösen Hippies ham mir die Kamera weggenommen!”), und das führte einen Kommentator bei den Bissigen Liberalen zu diesen schönen Formulierungen:

„Gibt es per Saldo nennenswerte Sozialtransfers in dieses Gebilde?
Falls ja (was ich vermute), ist Christiana also nicht selbständig überlebensfähig sondern braucht die Allimentierung von Außen.
Damit ist es aber kein Modell für eine Gesellschaft.
Denn ganze Gesellschaften müssen insgesamt per Saldo ohne Transfers von Außen auskommen. Sonst sind sie nicht “nachhaltig”.” —–

Denkt man diese „Ich bin für die Schließung aller selbstverwalteten Jugendzentren” – Logik auf der Ebene kompletter Gesellschaften, auf die der Autor sie ja selbst gehoben hat zu Ende, landen wir bei einem knallharten Antiimperialismus.
Daraus folgt nämlich, dass die USA kein Modell für eine Gesellschaft sind (praktisch vollständig von den Transfers der öligen Emire, chinesischer, indischer und europäischer Investoren abhängig), die Schweiz ist das erst recht nicht (ein Großteil ihres Wirtschaftsmodells basiert nur darauf, Gelder aus anderen Ländern dorthin zu transferieren), die Industriestaaten insgesamt sind nicht legitimierbar, da sie vom Transfer von Rohstoffen außerhalb ihres eigenen Hoheitsgebiets anhängig sind zu Preisen, die von den Rohstoffexporteuren zum großen Teil nicht aktiv mitgestaltet weden können, aber natürlich sind die Entwicklungsländer, die wiederum vom Geldhahn der Industriestaaten abhängig sind, ebenfalls nicht legitimierbar. Christiania als Modell zur Deligitimierung der gesamten Weltordnung, das lob ich mir!

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Dienstag, 25. August 2009
Die schrittweise Refeudalisierung des Kapitalismus
In seiner Habilschrift "Strukturwandel der Öffentlichkeit" postulierte 1962 Jürgen Habermas u.a. eine strukturelle Refeudalisierung des Begriffs der Öffentlichkeit im Spätkapitalismus. Don Alphonso zeigt hier, wie weit dieses Projekt über 40 Jahre später gediehen ist.



http://faz-community.faz.net/blogs/stuetzen/archive/2009/08/25/die-beste-untertanentradition-der-kanzlerin.aspx

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Die Hölle von Lesbos - Flüchtlingselend aktuell
Eigentlich sollte das nobordercamp heute erst beginnen, faktisch
laufen proteste und versammlungen schon seit mitte letzter woche! und
durch den hungerstreik der minderjährigen flüchtlinge im
internierungslager pagani sowie vor allem durch die bilder bzw. den
film mit einer eingeschmuggelten kamera aus dem inneren dieses völlig
überfüllten knastes fanden sich die tage auch große berichte auf den
titelseiten der lokalen und griechenlandweiten zeitungen. gestern gab
es eine krisensitzung der lokalen behörden, des grenzschutzes und von
unhcr - sie erscheinen völlig überfordert und stehen jetzt unter
massivem druck, etwas an den unhaltbaren zuständen zu ändern. und das
wird sich die tage weiter zuspitzen, zudem offensichtlich täglich
weitere bootsflüchtlinge aus der türkei anlanden...
seit sonntag wurde in der innenstadt am hafen von mytilini vom
nobordercamp ein kleiner platz mit einem infozelt besetzt, der bei
lokaler bevölkerung wie auch bei vielen touristen auf (für uns)
überraschend großes interesse stößt! außerdem dient er migrantInnen
in der stadt als anlaufstelle...
mittlerweile sind rund 500 aktivistInnen quer durch europa auf dem
camp eingetroffen, die nächsten tage dürften vielversprechend werden ...


ps: alle aktuellen infos unter
http://lesvos09.antira.info/

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