Dienstag, 25. August 2009
Die schrittweise Refeudalisierung des Kapitalismus
In seiner Habilschrift "Strukturwandel der Öffentlichkeit" postulierte 1962 Jürgen Habermas u.a. eine strukturelle Refeudalisierung des Begriffs der Öffentlichkeit im Spätkapitalismus. Don Alphonso zeigt hier, wie weit dieses Projekt über 40 Jahre später gediehen ist.



http://faz-community.faz.net/blogs/stuetzen/archive/2009/08/25/die-beste-untertanentradition-der-kanzlerin.aspx

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hmmm ... Feudalismus, wie ich ihn als historische Gesellschaftsformation und Produktionsweise verstehe, beinhaltet immer die personelle Unfreiheit und juristische Unmündigkeit der ProduzentInnen ...

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Es war ja auch nur von struktureller Refeudalisierung der Öffentlichkeit, nicht von der tatsächlichen Refeudalisierung der Gesellschaft die Rede, und das bedeutet zunächst einmal: Öffentlichkeit folgt in der TENDENZ zunehmend nicht mehr dem Prinzip unabhängige Presse als vierte Gewalt im Staat stellt ein Gegengewicht zur PR von Unternehmen und Propaganda der Politik dar, sondern es gibt mehr und mehr eine repräsentative Öffentlichkeit, in der die Mächtigen sich feiern, und: Die Trennung zwischen staatlichen Institutionen, den Politikern als Personen und der Wirtschaft verschwimmt immer mehr.

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Existierte diese Trennung
nicht die ganze Zeit schon hauptsächlich in unseren Köpfen und Denkschubladen? Oder waren diese Bereiche früher (etwa in den 50ern oder in der Weimarer Republik) wirklich mehr abgeschottet voreinander?

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Feudalismus, Korporatismus, Faschismus?
"Faschismus sollte man besser Korporativismus nennen, weil es die Verschmelzung der Staatsmacht mit der Konzernmacht darstellt."
- B. Mussolini, sinngemäß.

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Alle Macht den Wirtschaftsmächtigen!
Ich halte sehr viel von der Tauglichkeit des Begriffs von der Refeudalisierung - allerdings halte ich wenig davon, eine einseitige Entwicklungsrichtung zu konstatieren. Klar, im Moment haben wir klare Refeudalisierungstendenzen.

Aber 1) Ich schlage vor: Man sollte sehr genau angeben, was man mit "Refeudalisierung" meint, und dann muss man noch einmal alles genau prüfen - bevor man diesen Begriff verwendet.

(und ich verwende ihn sehr gern - ähm - und schlampig)

Noch mehr übrigens, gilt das für den Begriff des "Korporatismus", weil damit sehr Unterschiedliches gemeint sein kann.

Anderenfalls landet man schnell in einem linkssektiererischen Spezialsprech, den man am Ende nur noch selbst überzeugend findet...

Aber 2) Eine marktwirtschaftlich organisierte Gesellschaft muss das nicht haben. Die (böse, böse... - wie wir von den bloggenden Rechtsauslegern "Liberalen" wissen) Studenten- und Gesellschaftsbewegung von 1968 hat sehr große Verdienste gehabt hinsichtlich a) einer Öffnung der Gesellschaft und b) insgesamt einer Ent-Feudalisierung der Gesellschaft.

Der Ent-feudalisierungs- und Re-feudalisierungsprozess ist, das wäre meine These, vor allem ein gesellschaftlicher (nicht: ökonomischer) Prozess, und es gibt dementsprechend auch Refeudalisierungsprozesse in sozialistisch organisierten Gesellschaften - meiner Meinung nach sogar in einem noch stärkeren Ausmaß.

Insofern stellt sich die Frage, ob Refeudalisierungsproizesse das Ergebnis "des" Kapitalismus sind, oder eben das Ergebnis eines schlecht organisierten Kapitalismus, bei dem Konzerne und Wirtschaftsmächtige bzw. deren Interessen einseitig (extreme "Angebotspolitik" und derlei Quark mehr) begünstigt werden.

Meine Thesen zur Ent-Refeudalisierung lauten:

1. Refeudalisierung und Entdemokratisierung gehen Hand in Hand.

2. Ein angebotsorientiertes Verständnis von Wirtschaftspolitik begünstigt gesellschaftliche und politische Entdemokratisierungsprozesse.

3. Demokratie ist nicht allein eine Frage von Partei- und Staatspolitik - sondern muss, soll sie gelingen, in allen Teilen der Gesellschaft zur Anwendung gelangen. Mit Demokratie haben wir grundsätzlich auch das Mittel und die Methode, um Refeudalisierungsprozesse zu stoppen.

4. Umso wichtiger ist es vor diesem Hintergrund, dass die dabei vermittelnde Öffentlichkeit selbst demokratisch ist, und eben nicht zum Schaufenster proto-feudaler Wirtschaftsinteressen degeneriert.

5. Wirksame und fair organisierte Konkurrenz im Wirtschaftsleben, systematische Begünstigung kleinerer und mittlerer Produzenten durch den Stat bei gleichzeitiger Durchsetzung einer sehr großen Offenheit des Marktzuganges für neue Produzenten wirken ebenfalls - sehr deutlich und stark - gegen Refeudalisierungsprozesse.

-vorläufiges Ende eines linksliberalen Theorieversuchs -
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Ich habe mir dazu zwar schone einige Gedanken gemacht, bin aber weit entfernt davon, irgendetwas davon für abgeschlossen oder theroretisch fundiert zu halten. Man betrachte meine "Abers", nicht nur darum, bitte als a) Charakterdefizit und b) Diskussionsbeitrag zur Erlangung von Gegen-Abers u.ä.

:)

@ Entdinglichung

Feudalismus als gesellschaftliche Erscheinung ist ein komplexes Geschehen - und vor allem ein Machtverhältnis.

Wir haben wohl keine Refeudalisierung in dem Sinne, dass der alte Feudalstaat inkl. Entmächtigung der Produzenten*, in alter Form neu ersteht - aber es bilden sich durchaus in einzelnen gesellschaftlichen Bereichen feudale bzw. feudal-ähnliche Strukturen heraus. Ein Bereich ist z. B. die Kaste (! - der Begriff stimmt) der Spitzenmanager - hier bleibt man zu 95 % unter sich, man vererbt Ämter und Einflusspositionen gerne und verblüffend wirksam an den Nachwuchs, man versucht Adelstitel zu erlangen und es finden sich zunehmend sogar Erscheinungen von Heiratspolitik (!), um damit den Einfluss und die Macht des eigenen Fürstenhofes der eigenen Familie möglichst auszubauen...

Wie genau nennt man sowas, wenn nicht Refeudalisierung?

* Eine geradezu strukturelle Behinderung kleiner Produzenten kann an verschiedenen Stellen m. E. doch beobachtet werden. Auch gibt es gezielte Eingriffe in die Rechtsordnung, nicht nur auf EU-Ebene, um die Vormachtstellung größerer Wirtschaftseinheiten zu schützen und um diese sie vor Konkurrenz zu schützen.

@ bloggende "Liberale"

In einem degenerierten und desorganisierten Staat, der sich Wirtschaftsinteressen zur Beute macht, und schlimmer noch, wo Macht- und Einflusszentren von "Volks"parteien ein ebensolches Staatsverständnis predigen und anwenden, da ist das alles gar kein Zufall.

Um so wichtiger ist eine scharfe politische Theorie und Analyse, finde ich, um dabei mitzuhelfen, dass dieses Treiben vorwiegend wirtschaftlicher Interessengruppen beschränkt wird.

Also ganz anders, als es die bloggenden "Liberalen" wollen - bei denen ja einzelne Vertreter gerne die Demokratie (ist ihnen vermutlich: zu wenig liberal) durch Monarchismus, eine totale Herrschaft der Wirtschaftsmächtigen oder gar durch eine mafiöse Machtstruktur a´la Somalia abgelöst wünschen. Damit unter G"ttes Willen kein mächtiger und demokratisch geleiteter Staat (das ist deren Feindbild neben der demokratischen Linken) echten Einfluss entfalte.

Die vier Hauptlosungen von derlei "'Liberalen" lauten:
1. Alle Macht den Wirtschaftsmächtigen!
2. Weniger Demokratie wagen!
3. Mehr Armut für Sozialschmarotzer & Minderleister!
4. Der Staat ist das Problem - außer, wir regieren!

(...und im außenpolitischen Konfliktfall sowie bei innenpolitischen Problemen mit Linksabweichlern wünschen sie sich vor allem ein: "immer feste druff" - das war schon zu Zeiten von Kaiser Wilhelm der Fall - bei dieser Art von "Liberalen")b

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