Dienstag, 14. Dezember 2010
Der SPIEGEL enthüllt: Das Neueste von Vorgestern
Ein wenig verarscht fühlte ich mich bei der Lektüre des SPIEGEL-Specials zur Wikileaks-Affäre. Bernhard Zand schreibt hier, die damalige US-Botschafterin, April Glaspie, habe durch missverständliche Äußerungen, die den Irak glauben gemacht hätten, die USA würden bei einem irakischen Einmarsch nach Kuweit nichts unternehmen möglicherweise den Krieg erst möglich gemacht. Gut, mag ja sein, dass das in den Cables drinstand, nur - es stand auch schon 1990 in der Weltpresse. Ich weiß das so genau, weil ich selbst bei einer Mobilisierungsveranstaltung zu Demos, Streiks und Blockaden gegen den Krieg anhand dieses Beispiels die These vertrat, Glaspie bzw. die USA hätten Saddam bewusst in die Falle gelockt, um einen Vorwand zum Eingreifen am Golf und für über den Krieg hinaus anschließende militärische Dauerpräsenz zu haben, wobei Letztere sich dann ja auch bestätigen sollte. In dem achtseitigen Mobilisierungsfaltblatt "KRIEGen sie den Nahen Osten? Für soziale Revolution weltweit!" hatten wir das unter der Absatzüberschrift "Golf GTI (Globaler Transatlantischer Imperialismus)" mit ökonomischen Interessen der USA in Zusammenhang gebracht, die etwas mit dem nicht mehr funktionierenden Recycling der Petrodollars und der blockierten Entwicklung des Irak zu tun hatten. Ein solcher antiimperialistischer Erklärungsansatz liegt dem SPIEGEL natürlich fern, aber hier Kabel zu zitieren, deren Inhalt damals bereits durch die Presse gegangen war, das ist nun wirklich same old story, lost the glory.

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>...die etwas mit dem nicht mehr funktionierende Recycling der Petrodollars und der blockierten Entwicklung des Irak zu tun hatten.

Ich würde die Argumente dazu gern mal lesen. Gibts das Faltblatt elektronisch?

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Nö, das wurde noch getippt. Kann höchstens in meinem Archiv nachgucken, ob es das noch gibt, und ev. ein PDF draus machen.

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Wärs für dich denn ein (zu) grosser Aufwand? Zumal für einen Fremden?

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Kommt drauf an, wo das Dokument ist, kann ich also noch gar nicht sagen.

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Damals war das etwas, was in Demonstranten- und Kriegsgegnerkreisen (hier auch) bekannt war, aber nicht so wirklich bei Otto Normalzeitungsleser ankam.

Wenn es jetzt einen Beweis dafür gibt, ist das schon noch interessant.

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Mein Vater, den ich durchaus noch als Normalzeitungsleser bezeichnen würde oder der davon zumindest nicht weit entfernt ist (Spiegel- und Stern-Leser) kann sich noch heute bestens daran erinnern, das damals gelesen zu haben. Für den ist es auch arschklar, dass die USa den Krieg bewusst herbeigeführt haben, um in der Region präsent sein zu können. Uninteressant finde ich das ja auch überhaupt nicht, aber das Ticket, auf dem diese Information vom Spiegel verkauft wird stinkt ein wenig. Wenn sie schreiben würden "Schon damals ging das durch die Presse, hier ist heute der Beweis" stünde das alles auf einem anderen Blatt.

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Diese Lesart
war kein großes Staatsgeheimnis. In in einer unautorisierten Biographie von George Bush sen. ist mir das später auch nochmal begegnet.

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