Mittwoch, 29. Juli 2020
Kinderkliniken und der Profit: Asklepios macht wegen „Ärztemangel“ dicht.
Die Kleinsten ein Opfer von Profitstreben?
Ute Eppinger, medscape



Hat der Klinikbetreiber im Streit um die Schließung der Kinderklinik in Parchim, einer Kreisstadt in Mecklenburg-Vorpommern, mehrfach die Unwahrheit gesagt? Recherchen des ARD-Magazins Kontraste legen das nahe. Seit Pfingsten ist die Kinderklinik im Landkreis Ludwigslust-Parchim geschlossen, zum 31. Dezember hatte der Betreiber Asklepios angekündigt, den Versorgungsauftrag für die stationäre pädiatrische Versorgung zurückzugeben. Die Begründung: Ärztemangel.

„Eine Pädiatrie zu schließen ist niemals eine wirtschaftliche Entscheidung und war es auch in diesem Fall nicht. Es ist der reine Ärztemangel, der uns dazu zwingt, das Versorgungsangebot einzustellen“, hatte Guido Lenz, Asklepios Regionalgeschäftsführer Nord-Ost II im Dezember vergangenen Jahres auf einer Pressekonferenz betont.

Doch an dieser Darstellung gibt es Zweifel: Zwar hatte noch im Dezember Asklepios die Kündigung des Chefarztes der Kinderklinik schriftlich bestritten. Konfrontiert mit den Recherchen zeigt sich nun aber: Tatsächlich hatte der Konzern selbst dem Chefarzt der Kinderklinik gekündigt, außerdem 2 Assistenzärzten. Asklepios teilt nun schriftlich dazu mit: „Es trifft zu, dass wir dem Chefarzt ... gekündigt haben.“

Wurde gegen den Ärztemangel genug unternommen?
Regionalgeschäftsführer Lenz hatte Mitte Januar gegenüber dem NDR erklärt, dass es schwierig sei, Personal zu finden: „Mittlerweile ist es halt so, dass es unheimlich schwer ist, Ärzte zu rekrutieren, weil es wenige Ärzte sind, weil sie auch sehr ungern ins ländliche Gebiet kommen. Weil sie sich lieber in Ballungsräumen aufhalten.“ Alle Versuche, die Stellen nachzubesetzen, seien, so Asklepios, erfolglos geblieben.

Dass es keine Bewerber gegeben habe, hatte Geschäftsführer Matthias Dürkop noch auf der Pressekonferenz im Dezember betont: „Es ist nicht so, dass wir eine Bewerbung hatten im Bereich der Pädiatrie, wir hatten keine einzige Bewerbung.“ Das stimmt offenbar nicht – jedenfalls teilt der Konzern gegenüber Kontraste schriftlich mit: „Fakt ist, dass wir lediglich eine einzige Bewerbung einer Fachärztin hatten. Auf ein großzügiges Vertragsangebot von uns hat sie sich nie wieder gemeldet.“

Auch das stimmt nicht – in ihrer Email an den Klinikbetreiber, die Kontraste vorliegt, erklärte die Bewerberin die Stelle antreten zu wollen und schrieb: „Ich könnte ab dem 12.8.2019 beginnen.“

Der Präsident der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern Prof. Dr. Andreas Crusius, der der Klinik seine Hilfe bei der Arztsuche angeboten hatte, sagt dazu: „Im Gespräch mit dem Geschäftsführer hatte ich den Eindruck, man will keine Kinderheilkunde und man hat nicht so viel Interesse daran, wie man vorgibt zu haben.“

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