Donnerstag, 5. November 2020
Landtagskommission fordert sichere Unterbringung auch für Geflüchtete und Obdachlose
che2001, 11:54h
Auf Initiative des Flüchtlingsrats Niedersachsen hat die Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe beim niedersächsichen Landtag am 03. November 2020 die Resolution „Geflüchtete, Werkvertragsarbeitnehmer_innen und Obdachlose sicher unterbringen“ beschlossen. Die Kommission fordert die Landesregierung in Anbetracht der Corona-Pandemie auf, geeignete Schutzmaßnahmen für Geflüchtete, Werksvertragsarbeitnehmer_innen und Obdachlose in Gemeinschaftsunterkünften zu ergreifen.
Die Forderungen im Überblick
1. „Social distancing“ und Hygienestandards müssen für alle umsetzbar sein
2. Die Belegungsdichte in Gemeinschaftsunterkünften soll reduziert werden
3. Zur Entzerrung der Unterbringung sollten ergänzend (Ferien)Wohnungen sowie Jugend- und Freizeitheime und sonstige geeignete Gebäude angemietet werden
4. Risikogruppenangehörige und Vulnerable sollten vorrangig und unverzüglich umverteilt werden
5. Bewohner_innen von Gemeinschaftsunterkünften haben ein Anrecht auf Information
6. Quarantäne muss auf unvermeidliche Fälle beschränkt werden
Die Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe beim Niedersächsischen Landtag reagiert mit ihren Forderungen auf die Tatsache, dass sich seit dem Beginn der Pandemie in den niedersächsischen Gemeinschaftsunterkünften nichts Substanzielles geändert hat. Zwar wurden da und dort ein paar Desinfektionsspender aufgestellt und Masken an die Bewohnenden ausgegeben. Viele Menschen leben dort aber immer noch auf engstem Raum in Mehrbettzimmern und müssen sich Küchen sowie Sanitäranlagen mit anderen teilen. Deshalb ist es Ihnen oftmals nicht möglich, in ihrem Zuhause das social-distancing oder die Hygienevorgaben einzuhalten.
Aufgrund der drängenden Enge in Gemeinschaftsunterkünften kommt es auch in Niedersachsen immer wieder zur Verhängung von Massenquarantänen, wenn sich einzelne Bewohner_innen infizieren. Jüngstes Beispiel ist die Außenstelle der Landesaufnahmeeinrichtung in Celle, wo nach einer festgestellten Infektion bei einem Geflüchteten Anfang November 2020 alle Bewohner_innen der Einrichtung unter Quarantäne gestellt wurden (Am 21.08.2020 lebten in der Unterkunft 143 Personen!). Auch in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Friedland und Bramsche kam es nach Infektionen zur Verhängung von Quarantänen für größere Gruppen. Nach Feststellung von fünf Infektionen in der Erstaufnahmeeinrichtung in Oldenburg wurden im Oktober 2020 mehr als 160 Personen in Quarantäne genommen, weil fünf Geflüchtete sich infiziert hatten.
Auch in niedersächsischen Kommunen (u.a. Emsland, Gifhorn, Lüneburg, Harburg)wurden ganze Gemeinschaftsunterkünfte pauschal unter Quarantäne gestellt. Zuletzt verhängte bspw. der Landkreis Stade Ende Oktober eine Quarantäne für alle 65 Bewohner_innen einer Flüchtlingsunterkunft, die weiterhin fortdauert.
Von diesen pauschalen Quarantäneanordungen waren nicht nur Erwachsene, sondern regelmäßig auch Kinder und Jugendliche betroffen. Sie müssen von den Gesundheitsämtern nur deshalb angeordnet und teilweise über Wochen verlängert werden, weil Land und Kommunen Geflüchtete entgegen den ausdrücklichen Empfehlungen des RKI in großen Einrichtungen zusammenpferchen: Ausdrücklich fordert das RKI die Betreiber_innen von Gemeinschaftsunterkünften dazu auf, die „notwendige räumliche Trennung“ von labordiagnostisch bestätigten Fällen, Kontakt- und Verdachtsfällen sowie Nicht-Fällen im Vorfeld gut vorzubereiten, „um eine Quarantäne der gesamten Einrichtung oder größerer Gruppen zu vermeiden.“
In den Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete und Obdachlose wird dagegen in Niedersachsen systematisch verstoßen. Lediglich für Werksvertragsarbeitnehmer_innen gibt es Vorschriften zur Einzelunterbringung, die aber in der Praxis oftmals nicht eingehalten werden.
Dem „Epidemiologisches Bulletin“ 38| 2020 des RKI lässt sich entnehmen (Tabelle 2), dass bei Coronaausbrüchen in „Flüchtlings- und Asylbewerberheimen“ durchschnittlich mehr Personen infiziert werden als etwa in Alten- und Pflegeheimen oder auf dem Arbeitsplatz.
Dabei gäbe es genug Platz für eine gesundheitsverträgliche Unterbringung: In den niedersächsischen Kommunen sind für Geflüchtete mindestens 2.000 Plätze in Wohnungen und weitere 2.000 in Gemeinschaftsunterkünften frei (Stand 29. Mai 2020).
Muzaffer Öztürkyilmaz, Referent des Flüchtlingsrats Niedersachsen
„Die Landesregierung und die Kommunen müssen aufhören, die Gesundheit der Bewohnenden von Gemeinschaftsunterkünften leichtfertig aufs Spiel zu setzen und ihnen endlich den gleichen Schutz vor dem Corona-Virus zuteil werden lassen, der auch für die übrige Bevölkerung gilt. Auch dürfen sich pauschale Quarantäneanordnungen nicht wiederholen, denn diese verstoßen gegen die Vorgaben des RKI und geltendes Recht. Zudem werden sie von den Betroffenen als Bestrafung für das Leben in einer Gemeinschaftsunterkunft und als Internierung wahrgenommen.“
Die Forderungen im Überblick
1. „Social distancing“ und Hygienestandards müssen für alle umsetzbar sein
2. Die Belegungsdichte in Gemeinschaftsunterkünften soll reduziert werden
3. Zur Entzerrung der Unterbringung sollten ergänzend (Ferien)Wohnungen sowie Jugend- und Freizeitheime und sonstige geeignete Gebäude angemietet werden
4. Risikogruppenangehörige und Vulnerable sollten vorrangig und unverzüglich umverteilt werden
5. Bewohner_innen von Gemeinschaftsunterkünften haben ein Anrecht auf Information
6. Quarantäne muss auf unvermeidliche Fälle beschränkt werden
Die Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe beim Niedersächsischen Landtag reagiert mit ihren Forderungen auf die Tatsache, dass sich seit dem Beginn der Pandemie in den niedersächsischen Gemeinschaftsunterkünften nichts Substanzielles geändert hat. Zwar wurden da und dort ein paar Desinfektionsspender aufgestellt und Masken an die Bewohnenden ausgegeben. Viele Menschen leben dort aber immer noch auf engstem Raum in Mehrbettzimmern und müssen sich Küchen sowie Sanitäranlagen mit anderen teilen. Deshalb ist es Ihnen oftmals nicht möglich, in ihrem Zuhause das social-distancing oder die Hygienevorgaben einzuhalten.
Aufgrund der drängenden Enge in Gemeinschaftsunterkünften kommt es auch in Niedersachsen immer wieder zur Verhängung von Massenquarantänen, wenn sich einzelne Bewohner_innen infizieren. Jüngstes Beispiel ist die Außenstelle der Landesaufnahmeeinrichtung in Celle, wo nach einer festgestellten Infektion bei einem Geflüchteten Anfang November 2020 alle Bewohner_innen der Einrichtung unter Quarantäne gestellt wurden (Am 21.08.2020 lebten in der Unterkunft 143 Personen!). Auch in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Friedland und Bramsche kam es nach Infektionen zur Verhängung von Quarantänen für größere Gruppen. Nach Feststellung von fünf Infektionen in der Erstaufnahmeeinrichtung in Oldenburg wurden im Oktober 2020 mehr als 160 Personen in Quarantäne genommen, weil fünf Geflüchtete sich infiziert hatten.
Auch in niedersächsischen Kommunen (u.a. Emsland, Gifhorn, Lüneburg, Harburg)wurden ganze Gemeinschaftsunterkünfte pauschal unter Quarantäne gestellt. Zuletzt verhängte bspw. der Landkreis Stade Ende Oktober eine Quarantäne für alle 65 Bewohner_innen einer Flüchtlingsunterkunft, die weiterhin fortdauert.
Von diesen pauschalen Quarantäneanordungen waren nicht nur Erwachsene, sondern regelmäßig auch Kinder und Jugendliche betroffen. Sie müssen von den Gesundheitsämtern nur deshalb angeordnet und teilweise über Wochen verlängert werden, weil Land und Kommunen Geflüchtete entgegen den ausdrücklichen Empfehlungen des RKI in großen Einrichtungen zusammenpferchen: Ausdrücklich fordert das RKI die Betreiber_innen von Gemeinschaftsunterkünften dazu auf, die „notwendige räumliche Trennung“ von labordiagnostisch bestätigten Fällen, Kontakt- und Verdachtsfällen sowie Nicht-Fällen im Vorfeld gut vorzubereiten, „um eine Quarantäne der gesamten Einrichtung oder größerer Gruppen zu vermeiden.“
In den Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete und Obdachlose wird dagegen in Niedersachsen systematisch verstoßen. Lediglich für Werksvertragsarbeitnehmer_innen gibt es Vorschriften zur Einzelunterbringung, die aber in der Praxis oftmals nicht eingehalten werden.
Dem „Epidemiologisches Bulletin“ 38| 2020 des RKI lässt sich entnehmen (Tabelle 2), dass bei Coronaausbrüchen in „Flüchtlings- und Asylbewerberheimen“ durchschnittlich mehr Personen infiziert werden als etwa in Alten- und Pflegeheimen oder auf dem Arbeitsplatz.
Dabei gäbe es genug Platz für eine gesundheitsverträgliche Unterbringung: In den niedersächsischen Kommunen sind für Geflüchtete mindestens 2.000 Plätze in Wohnungen und weitere 2.000 in Gemeinschaftsunterkünften frei (Stand 29. Mai 2020).
Muzaffer Öztürkyilmaz, Referent des Flüchtlingsrats Niedersachsen
„Die Landesregierung und die Kommunen müssen aufhören, die Gesundheit der Bewohnenden von Gemeinschaftsunterkünften leichtfertig aufs Spiel zu setzen und ihnen endlich den gleichen Schutz vor dem Corona-Virus zuteil werden lassen, der auch für die übrige Bevölkerung gilt. Auch dürfen sich pauschale Quarantäneanordnungen nicht wiederholen, denn diese verstoßen gegen die Vorgaben des RKI und geltendes Recht. Zudem werden sie von den Betroffenen als Bestrafung für das Leben in einer Gemeinschaftsunterkunft und als Internierung wahrgenommen.“
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