Freitag, 9. Januar 2009
Hintergrundinfo zum Gaza-Krieg
Wenn sich das hier bewahrheiten sollte, erscheint die Schuldfrage im aktuellen Konflikt in einem etwas anderen Licht, als ich sie bisher gesehen habe:


"04. 01. 2009: *UN-Berichterstatter zu Gaza:* Waffenstillstand wurde
durch Israel gebrochen

Der Berichterstatter der Vereinten Nationen zu Menschenrechtsfragen in
Palaestina, Richard Falk, erklaert zu den Angriffen auf Gaza, daß der
Bruch des Waffenstillstands von Israel ausging, nachdem er von
palaestinensischer Seite eingehalten wurde. In einer Aktion des
israelischen Militaers waren danach im November mehrere Palaestinenser
getoetet worden. Erst danach seien die Raketenangriffe in relevantem
Umfang aufgenommen worden. Auch habe es mehrere Angebote zur
Verlaengerung des Waffenstillstands von seiten der Hamas gegeben, die
ohne israelische Antwort blieben.
Von Falk wurde auch die Vermutung unserer Redaktion ((metainfo-hh))
bestaetigt, dass Raketenangriffe vielfach auch von Gruppen ausgefuehrt
wuerden, die mit der Hamas verfeindet seien und versuchten, mit solchen
Angriffen Vergeltungsschlaege der Israelis zu provozieren. Die
Raketenangriffe und die verantwortlichen Gruppierungen seien weder
frueher durch die Fatah noch gegenwaertig durch die Hamas
vollumfaenglich kontrollierbar.und handelten nicht selten auf eigene
Rechnung, wie die Al-Aqsa Brigaden der Fatah.
Falk beklagt die fast vollstaendige Ignoranz fuehrender Staaten -
besonders der USA - gegenueber dem Voelkerrecht und der Genfer
Konvention, die beim Verhalten gegenueber den Entwicklungen in Gaza
deutlich werde..

Mehr auf http://www.nadeshda.org/foren/nm.lektorat.mirf/p1463s1464a20.html
(s. auch The Guardian vom 4.1.: Er macht darauf aufmerksam, daß der
Bruch des Waffenstillstands zwischen der Hamas und Israel durch den
Angriff Israels auf Gaza, bei dem sechs Palästinenser starben, genau an
dem Tag geschah, an dem in den USA gewählt wurde, so daß man sich
ziemlich sicher sein konnte, daß dieses Ereignis in den Nachrichten
untergehen würde. Diese Erwartung hat sich offensichtlich voll bestätigt.)"

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Das Loch …
Was mich umtreibt: Vor Monaten wurde ja in diversen Medien (z.B. im New Yorker, wenn ich mich recht erinnere) spekuliert, ob die Zeit zwischen den US-Wahlen und der Vereidigung des neuen Präsidenten von Israel dazu genutzt würde, mit dem Iran Tatsachen zu schaffen. Das ist nicht passiert. Stattdessen nun dieser "kleine Bruder" eines Iran-Krieges.
Ist dieser Wahlkampfkrieg eine Ersatzhandlung?

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Nein, einfach seit jeher israelische Strategie. Mit dem Libanon-Feldzug 1982 hatte man auf dem Höhepunkt des Falkland/Malvinenkrieges begonnen, so dass die Weltöffentlichkeit erst was merkte, als die IDF den Awali überschritten hatten und Sidon beschossen.

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Damit stehen die Israelis als ziemlich üble Heuchler da.

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Vielleicht sollte man auch ein wenig über die Quelle zu dieser Behauptung wissen:
http://www.timesonline.co.uk/tol/comment/columnists/david_aaronovitch/article3746592.ece

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Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit
Das ist erstmal das Wesentliche, was mir dazu einfällt. Wie das wirklich alles war, werden wir vielleicht als Opaxe aus den Geschichtsbüchern lesen. Indes, jemand wird sie schreiben müssen...

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in englischsparachigen publikationen
nennt man das, was herr aaronovitch tut, sehr treffend "smear".

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Zitat aus der Times: Professor Ziegler is an apologist for Fidel Castro and Colonel Gadaffi, a former associate of the Ethiopian dictator General Mengistu, a defender of Robert Mugabe (who, he said, had “history and morality with him”), a visitor to Saddam Hussein and Kim Il Jong, and an admirer of the French Holocaust denier, Roger Garaudy.


Belege?

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Oh Oh!
Nicht gerade ein Beleg für Seriosität, imho.

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deswegen fragte ich ja nach Belegen, lieber che.

das klingt mir nämlich so reichlich nach "Chomsky-hat-ein-vorwort-für-einen-holocaust-leugner-geschrieben" , eine wirklich üble Lüge über Chomsky, die zwar auch durch dauerwiederholung nicht wahr wird, aber heute noch als Sau durch jede rechte homepage getrieben wird.

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http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Ziegler

dort (ich meinte die zitierte Lauder-rede, nicht den Wikiartikel selber) scheint das Gerücht über Ziegler herzukommen.

belege blieb Ronald Lauder schuldig.

Ob der jüdische Weltkongreß sich mit solchen Albernheiten einen gefallen tut?

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Da frage ich mal meine Taufpatin, die ist mit Ziegler befreundet.

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in relevantem Umfang
"Erst danach seien die Raketenangriffe in relevantem
Umfang aufgenommen worden."

Da möchte ich Richard Falk am liebsten fragen:

Gab es also auch Raketenangriffe in irrelevantem Umfang, die also seiner Ansicht nach nicht als Bruch des 6-monatigen Waffenstillstandes gelten? Wie hoch war dieser nicht relevante Umfang, ausgedrückt in Raketen pro Monat?

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Hier gilt die Rede des Herolds, der das englische und das israelische Modell des Umgangs mit Terroranschlägen verglich, wobei das englische Modell eben bis zu einer bestimmten Grenze hinnehmen bedeutet. Hätten sich die Briten in der Zeit des IRA-Terrors wie die Israelis verhalten, hätte die Royal Air Force Belfast oder auch Dublin bombardieren müssen. Und bei der unsymmetrischen Vergeltung, nach der die Zahal vorgeht, kommen auf einen toten Israeli 50 tote Palästinenser.

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Ich bin im Konflikt GB vs. IRA jetzt nicht so firm, meine aber, dass da zwar jede Menge Bomben und Schusswaffen eingesetzt wurden, aber an tausende (oder auch nur ein paar) aus Irland kommende Raketen oder Selbstmord(!)attentate en masse kann ich mich nicht erinnern. Lasse mich aber gern belehren.

Soll heißen: die Insellage von GB bot schon allein einen gewissen, rein geografisch bedingten Schutz.

Auch ist da für das Fortwähren des Nahostkonflikts das sehr grundlegende Motiv des ganz banalen Judenhasses (und, ja, auch dessen Spiegelbildes bei manchen Siedlern), der dort auch nicht erst seit 1967 oder 1947 vor sich hinblubbert. Gab/gibt es bei den Iren was Vergleichbares, das schon lange vor dem Einrücken der Briten in Nordirland begann?

Und das mit der Geographie hat noch einen zweiten Aspekt: ich wage mal die Behauptung, dass ohne die Insellage Irlands die britischen Militäreinsätze (die es ja bekanntermaßen durchaus gab, "bloody sunday" etc.) quantitativ und qualitativ auch noch ein ganzes Stück heftiger ausgefallen wären.

Das alles macht in meinen Augen den Vergleich Irland/GB -> Gaza/Israel nicht unbedingt tauglicher.

Was das 1:50 Verhältnis angeht: das wäre dann ein Argument, wenn die Israelis es darauf anlegten, möglichst viele zu töten bzw. eine zu erfüllende Quote an palästinensichen Leichen hätten. Ich glaube nicht, dass es etwas derartiges gibt. Oder - Sarkasmus an - hätten die Israelis vielleicht einfach für etwa gleichviele Tote und Verletzte unter wahllos herausgegriffenen Palis "sorgen" sollen, wie es seit dem Abzug aus Gaza Tote und Verletzte durch Raketen aus Gaza gab, um sich anschließend mit "Quid pro quo. Ciao bis zur nächsten Rakete" zu verabschieden? - Sarkasmus off

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Die Frage stellt sich so nicht, weil unterschieden werden muss zwischen Ursache und Resultat. Natürlich sind 50 tote Palis pro Israeli nicht geplant, sondern ergeben sich aus dem Wirkungskreis der israelischen Bomben und der Siedlungsdicht in Gaza. Entscheidend ist aber das Prinzip: Lässt man einzelne Anschläge oder selbst Anschlaggserien unvergolten und konzentriert sich auf zielgenaue Aktionen, die der Festnahme oder schlimmstenfalls Tötung von Rädelsführern dienen britische Strategie) oder greift man zur massiven Vergeltung mit weit überlegenen Waffen (israelische Strategie). Judenhass vergiftet das Denken in Teilen der arabischen Welt und behindert die Friedensfähigkeit der Hamas, ist aber nicht Ursache für Kämpfe, die einen der letzten klassischen Kolonialkonflikte dieses Planeten darstellen.

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"weil unterschieden werden muss zwischen Ursache und Resultat."
Stimmt. Allerdings habe ich so das Gefühl, dass wir unterschiedliche Auffassungen haben, was Ursache und was Resultat ist.

"Entscheidend ist aber das Prinzip: Lässt man einzelne Anschläge oder selbst Anschlaggserien unvergolten"
Beliebig lange? Die Raketen fliegen seit Jahren. Seit dem Abzug aus Gaza mehr als zuvor. Und auch in dem halben Jahr "Waffenstillstand" waren es beileibe nicht 0.

Mich würde ja schon mal etwas detaillierter interessieren, was das für eine Aktion der Israelis im November war. Haben die auf Zivilisten geschossen oder hat da jemand seine Raketenrampe unvorsichtigerweise in Sichtweite der Israelis aufgebaut? Oder wie oder was? Diese Info fände ich schon irgendwie relevant. Der Link bei Nadeshda zur HuffPost bringt mir (auch nach der Reparatur) nur ein "Page not found".

"und konzentriert sich auf zielgenaue Aktionen, die der Festnahme oder schlimmstenfalls Tötung von Rädelsführern dienen"
Stichwort: Gezielte Tötungen. Auch schon mal ausprobiert.

Ich bleibe dabei: hätte die IRA agiert wie es Hamas+Co. tun, hätten die Briten auch irgendwann ihren Militärs sehr drastische Befehle erteilt.

"ist aber nicht Ursache für Kämpfe, die einen der letzten klassischen Kolonialkonflikte dieses Planeten darstellen."
Da haben wir offenbar sehr unterschiedliche Auffassungen. (Spielst du mit "Kolonialkonflikt" eigentlich auf die frühere israelische Besetzung oder allen Ernstes (auch) auf die Jahrzehnte zurückliegende Kolonialzeit an?)

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Was heißt hier denn frühere israelische Besetzung? Der größte Teil der Westbanks ist nach wie vor von Israel besetzt und die Stadt Bethlehem zum Beispiel komplett eingemauert. Für einen sehr großen Teil der Palis gab es arbeit nur in Israel - was dann heißt, jeden Tag über den Checkpoint mit meist stundenlang Schlange stehen, zum Schlafen zurück in die Westbank. Eigentlich nichts Anderes als die Wanderarbeiter, die früher von ihren Homelands nach Südafrika pendelten. Seit es den Zaun gibt, hat Israel aber damit begonnen, Sonderwirtschaftszonen direkt am Zaun einzurichten, in denen frisch eingewanderte jüdische Familien zwangsangesiedelt werden und zu Billigstlöhnen arbeiten müssen (früher bekamen die als Neubürger selbstverständlich Sozialhilfe). Damit fallen für sehr viele Palis die Arbeitsplätze weg, und das heißt: Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Angesichts der Abhängigkeit nach außen ist es mit den Möglichkeiten, die die Selbstverwaltung bietet nicht weit her. Viel unabhängiger als die israelische und die arabische Siedlungszone vor 1948 sind die palästinensischen "Selbstverwaltungsgebiete" nicht.


Hier mal ein paar Links zu demThema; Gadi Algazi ist ein alter Genosse und ehemaliger Komilitone von mir.

http://www.antikriegsforum-heidelberg.de/palest/hintergrund/siedlungen_lohnend_algazi.html

http://books.google.de/books?id=Huz6MEEHLYYC&pg=PA309&lpg=PA309&dq=Gadi+Algazi&source=web&ots=U57pQG0Yc5&sig=_8WUI55KlKN5DEJl5CRkwahQb-4&hl=de&sa=X&oi=book_result&resnum=6&ct=result

http://www.nahost-politik.de/friedensbewegung/taayush.htm

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Zur HuffPost: Jetzt hab ichs. (Wer googeln kann, ist wieder mal klar im Vorteil.)

Demnach ("directed at what it claimed were Palestinian militants in Gaza") ist es also keineswegs klar, sondern wie so oft Glaubenssache, wer den Waffenstillstand[1] brach.

[1] der ohnehin nie wirklich einer war. Ich hoffe, ich finde den Link zu der Site wieder, wo so zeimlich alle Qassam/sonstwas-Einschläge der letzten Zeit verzeichnet waren, inklusive der bewussten 6 Monate.

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"Was heißt hier denn frühere israelische Besetzung?"

Ich bezog mich auf Gaza.

Die Zustände in der Westbank sind mir durchaus einigermaßen klar, auch wenn du da vermutlich mehr Details kennst.

Nur haben die Raketen aus Gaza nach dem Abzug aus Gaza einen ganz bestimmten Einfluss auf die Bereitschaft der Israelis, sich auch aus dem Westjordanland zu verziehen.

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Sicher haben sie das. Der ganze Konflikt, und das macht mich wirklich kirre, erscheint mir in jeder Beziehung ausweg- und aussichtslos.

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@foster: Das liest sich bei Dir ein wenig so, als wenn die Anschläge der Hamas immer schlimmer geworden wären, weshalb Israel nun zurückschlagen müsse. Das kann aber so nicht stimmen, da ja die Opferzahlen auf israelischer Seite in den letzten Jahren und Monaten permanent zurückgegangen sind.
Deshalb bin ich überzeugt, dass die Ursache für den jetzigen Krieg viel mehr mit Wahlkampf und der Niederlage der Israelis im Libanon zu tun hat als mit der Intensität der Auseinandersetzung mit der Hamas. Ich kann es ein Stückweit ja sogar nachvollziehen (wenn auch nicht entschuldigen): Israel fühlt sich mit dem Rücken an der Wand, ein militärisches Erfolgserlebnis vermittelt da Stärke.
Wenn es denn ein israelisches Erfolgserlebnis geben wird, ich habe da meine Zweifel …

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@tuc:
Schlimmer sind sie insofern geworden, als dass mittlerweile nicht mehr nur Qassams zur Verfügung stehen, sondern auch weiterreichende Geschosse. Und ja, das ist relativ neu. Die hatten sie vor einem Jahr noch nicht.

Aber ansonsten haben sie natürlich "nur" die altbewährte Quantität wiederangenommen, wie sie vor dem "Waffenstillstand" bestand.

"Das kann aber so nicht stimmen, da ja die Opferzahlen auf israelischer Seite in den letzten Jahren und Monaten permanent zurückgegangen sind."

Könnte das eventuell daran liegen, dass die in Grenznähe lebenden Israelis sich im Lauf der Jahre auf die Situation "eingestellt" haben?

Sderot ist mehr oder weniger übersäht mit Bunkern.

Auch als vor ein paar Tagen ein Kindergarten in Beer Schewa in Trümmern lag, gab es keine Opfer. Warum? Weil "glücklicherweise" bereits in der Nacht vor jenem Tag in einer benachbarten Schule eine Rakete einschlug, was zur Folge hatte, dass der Bürgermeister sofort reagierte und veranlasste, dass (nicht nur Schul-)Kinder bis auf weiteres zu Hause bleiben. (steht eher nebenbei hier: http://www.n-tv.de/1082695.html, mitten im Text)

Aber ein tolles Argument ist das schon, dieses "weniger Opferzahlen". Es heißt im Endeffekt: Lasst denen doch ihre paar 1000 Raketen. Kann doch nicht zuviel verlangt sein, es hinzunehmen, dauernd in einen Bunker laufen zu müssen.

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@che:
In dem Punkt sind wir uns sogar mal einig.

Ich sehe absolut nichts, was mehr einbringen könnte, als eine mehr oder weniger lange Feuerpause. Mit besonderer Betonung auf "könnte" und "Pause".

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"Aber ein tolles Argument ist das schon, dieses "weniger Opferzahlen". Es heißt im Endeffekt: Lasst denen doch ihre paar 1000 Raketen. Kann doch nicht zuviel verlangt sein, es hinzunehmen, dauernd in einen Bunker laufen zu müssen."

Nein, das heisst es nicht. Du wirst um die Grausamkeit eines Konfliktes zu erfassen, nicht umhin kommen Leichen zu zählen.

Zahlen:
http://img88.imageshack.us/img88/5109/israelideathswq5.jpg

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@tuc:
Das klingt jetzt bestimmt ganz schrecklich kalt:

Dieses Leichen zählen führt etwas in die Irre, wenn:
- die eine Seite ganz bewusst Zivilisten beschießt - und dabei aber zum Glück nicht so viel anrichten kann, wie sie gerne will
- die andere Seite zumindest versucht, tatsächlich möglichst den militärischen Gegner zu treffen - und (insbesondere was die Bevölkerung um diesen Gegner herum betrifft) nicht so viel anrichten will, wie sie kann.

Diese Sicht kannst du mir jetzt gern als Spekulation oder Naivität ankreiden. Aber dass die Israelis das was die treffen, tatsächlich nicht unbedingt auch immer treffen wollen, sollte spätestens seit der Meldung über ein paar Tote Soldaten durch friendly fire vor ein paar Tagen klar sein.

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Ich glaube, wir sind da gar nicht so weit voneinander entfernt, foster. Hamas und IDF sehe ich auch so.

Bleibt die Frage, ob die derzeitige Offensive angemessen ist (glaube ich nicht) und letztendlich erfolgreich sein wird (glaube ich auch nicht). Israelis und Palästinenser werden sich auch in Zukunft gegenseitig massakrieren, da muss man sich nichts vormachen. Und die derzeitigen Aktivitäten von IDF und Hamas schaffen beste Voraussetzungen für eine blutige Zukunft.

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Was sofort die Frage gebiert: Welche Art Militäreinsatz wäre denn angemessen? Oder wie sieht eine realistische Alternative aus, die - nicht nur im Zauberwald sondern in der realen Welt - echte Verbesserungen bewirken kann?

Was den Erfolg angeht, so versprechen sich soviel ich weiß selbst die Israelis nicht mehr als ein Weilchen Ruhe vor den Raketen. Bitter.

Und zu "beste Voraussetzungen für eine blutige Zukunft": ich bin nach wie vor der Ansicht, dass da die Aktivitäten der IDF in Relation zu denen von Hamas+Co sekundär sind: AlAqsa-TV und ähnliches von Kindesbeinen an - das prägt! Nicht zwangsläufig und nicht bei jedem, aber eben doch oft genug.

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Es gibt keine militärische Lösung! Das klingt hart, aber die Realität zeigt es doch! Dieselben, die meinten die Hisbollah schlagen zu können, behaupten nun, die Hamas zur Beendigung ihrer Attacken bringen zu können.
Abgesehen davon stellt sich die Frage nach Verhältnismässigkeit ja gar nicht, wenn die politischen Führungen beider Seiten den Krieg von ganzen Herzen wollen.

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Dann nochmal: wo ist die Alternative?

"Abgesehen davon stellt sich die Frage nach Verhältnismässigkeit ja gar nicht"
Steht für mein Sprachgefühl ein bisschen im Widerspruch zu deinem
"Bleibt die Frage, ob die derzeitige Offensive angemessen ist"

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Die Alternative wäre ein Waffenstillstand gewesen, der hält. Auf den aber beide Seiten wie gesagt keine Lust hatten.
Von daher stellt sich die Frage nach einer Alternative natürlich nur theoretisch.

Mal sehen, wie die israelische Öffentlichkeit die Lage diskutiert, wenn es wieder Selbstmordattentate gibt.
Warten wir doch einfach mal ein paar Monate ab …


PS: Offenbar glauben ja sogar Teile des Obama-Teams, dass man jetzt direkt mit der Hamas reden muss. Und letztes Jahr hat die Bush-Administration laut RIA Novosti dem Israelis Unterstützung für einem Angriff auf den Iran verwehrt.
Es ist offenbar nicht nur die israelische Linke, die meint, dass die "Krieg dem Terror"-Politik gescheitert sei.

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Die Alternative wäre ein Waffenstillstand gewesen, der hält.
Ich habe schon wieder Verständnisschwierigkeiten. Also hätte die Reaktion auf den "brüchigen" "Waffenstillstand" eine kleine Anfrage mit der Bitte um dessen Einhaltung sein sollen?

Auf den aber beide Seiten wie gesagt keine Lust hatten.
Klar. Beide. Spinne ich, oder starteten von Anfang Juli bis Ende August immer noch dutzende Qassams aus Gaza Richtung Israel - und Israel nahm dies erstmal so hin, während des "Waffenstillstands"? Gebracht hat das was?

Mal sehen, wie die israelische Öffentlichkeit die Lage diskutiert, wenn es wieder Selbstmordattentate gibt.
Ja. Und mal sehen, wem dann in erster Linie die Verantwortung für diese Attentate zugewiesen wird. Und mal sehen, ob dann mal jemand realistische Vorschläge macht. In beiden Fällen hab ich da so 'ne Ahnung.

P.S.
Ja, mal sehen, was die Obama-Mission bringt. Ich bin sehr gespannt. Aber was die Identität und Anzahl derer, die "Krieg dem Terror" für unsinnig halten, für ein Argument sein soll, kapiere ich nicht. Nicht solange kein sinnvoller Gegenvorschlag gemacht wird. Das ist nämlich der Grund für den Gegenschlag der Israelis: das Nicht-Sehen einer 3. Alternative zwischen endlosem Hinnehmen und Zurückschlagen.

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@"AlAqsa-TV und ähnliches von Kindesbeinen an - das prägt! " ---- Ja, das prägt, aber was noch viel mehr prägt ist die trostlose Lebenssituation in Gaza. Ich hatte mal, das war aber schon 1982, ein sehr interessantes Gespräch mit einem Palästinenser. Der sagte, was Frieden ist, sei ihm erst klar eworden, nachdem sein Asylantrag in Deutschland anerkannt wurde, bis dahin war es für ihn nur eine Grußformel ("Salam aleikum"). Als er 14 Jahre alt war, war sein Vater erschossen worden. Da brachte man ihm die Kalaschnikow des Vaters, drückte sie ihm in die Hand und sagte "Du musst jetzt die Familie führen und den Kampf deines Vaters fortsetzen." Und er tat es, wobei er nie so genauwusste, warum und gegen wen man kämpfte. Er erlebte das als ein durch nächtliche dunkle Gassen rennen (irgendwo im Libanon) und auf fremdes Mündungsfeuer schießen bzw. beschossen werden. Er sagte, er wüsste nicht, ob er einen, Dutzende oder keinen Menschen getötet hätte, und es wäre ihm auch nicht sehr wichtig gewesen. Wichtig war es nur, die Situation zu überleben. Er sagte auch, für Menschen, die unter solchen Bedingungen aufwachsen, sei die Hemmschwelle, das eigene Leben wegzuwerfen (die Hizbollah erfand zu diese Zeitpunkt gerade die Selbstmordattentate) sehr niedrig, es sei tatsächlich ja nicht viel wert, und es sei hauptsächlich das Verantwortungsgefühl für die Familie gewesen, was ihn am Leben erhalten habe. Wirklich wertvoll für ihn geworden sei das Leben erst, seit er als anerkannter Asylbewerber in Deutschland studiere und seine angenehmen Seiten genießen könne.


Diese Geschichte habe ich im Hinterkopf, wenn ich mir den heutigen Konflikt ansehe.

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@che
Ich kann das - auch ohne dass ich wie du da persönliche Kontakte habe - durchaus nachvollziehen. Und es ist ja auch nicht so, dass es Leute, die den Kanal mehr als voll haben, psychisch nur noch Wracks sind und gar nicht (mehr) wissen, was ein normales Leben ist, nur auf einer Seite gäbe. (Ja, ich weiß, das wolltest du damit auch nicht gesagt haben)

Nur ist es in diesem Konflikt leider naiv, einfach nur die Hände zu ringen und zu sagen, beschließt doch einfach einen Waffenstillstand, und/oder nehmt hin, dass (dennoch) Raketen fliegen. Das alles gab es schon.

Irgendwie bleibt damit ein schales Gefühl:

Mir wurde hier wieder und wieder vorgehalten:
- Bomben auf Gaza und Truppen hinterher? Dadurch wird Hamas nur mittel- und langfristig gestärkt.

Gut möglich, sage ich da nüchtern. Aber zumindest militärisch geschwächt.

Und: welche Wirkung haben denn andere Optionen?

- Waffenstillstand? siehe letztes halber Jahr. Nutzung der Feuer"pause" zum neue Kräfte sammeln inklusive.
- Grenzen zu Gaza auf? Willkommen, Selbstmordattentäter! Und: Pech für die Fahrer der Hilfsgüter-Lkws, wenn sie Israelis sind.
- Verhandlungen? Wahrscheinlich, dass daran kein Weg vorbeiführt. Nur habe ich da einen doch sehr ausgeprägten Pessimismus. Es würde mich sehr freuen, wenn der fehl am Platze ist. Aber er hat leider gute Gründe: Was bringen denn Verträge, wenn die nächste Verwaltung/Regierung sagt: was schert mich, was mein Amtsvorgänger unterschrieben hat? Welchen Stellenwert hat eine Forderung nach Verhandlungen, wenn der Forderer der Ansicht ist, dass der vorgeblich gewünschte Verhandlungspartner gar keine Existenzberechtigung hat? Und dann ist da noch der Lerneffekt, der zu befürchten ist, wenn der Hamas Verhandlungen angeboten werden, nachdem Raketen flogen. Wie mag der wohl aussehen?

Und bei allem gilt: Hisbollah sieht interessiert zu und denkt sich ihren Teil.

Oder hält das alles irgendjemand für haltlose Spekulation? Wenn ja, würde mich interessieren, worauf sich diese Ansicht stützt.

Bleibt also wieder mal nur Träumerei und Wunschdenken. Und der Versuch, dabei wenigstens nicht allzu zynisch zu werden.

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Mit den Ohnmachts- und Ratlosigkeitgefühlen scheinen wir in guter Gesellschaft zu sein. Was auch nicht weiterhilft...

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"Und dann ist da noch der Lerneffekt, der zu befürchten ist, wenn der Hamas Verhandlungen angeboten werden, nachdem Raketen flogen. Wie mag der wohl aussehen?"

Das, foster, ist exakt die klassische Fehldenke seit Jahrzehnten. Golda Meir hatte zuerst behauptet, es gäbe kein Palästinenserproblem, weil es keine Palästinenser gibt. Dann erklärte sie, dass sie mit den Palästinensern nicht redet. Dann redete sie mit den Palästinensern.
Die Bush-Regierung hatte auf gut Neocon jegliche Kontakte zur Hamas abgelehnt, ebenso hat man Ahmedineschad geschnitten. Einer Lösung der Probleme kam man dadurch nicht näher, vorsichtig ausgedrückt.

Ich wünsche Dir gute Lerneffekte.

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@che
Als Atheist frage ich mich manchmal, wie das ein (An-wen-auch-immer-)Glaubender aushält, zumal wenn man nicht nur Zuschauer, sondern direkt vor Ort ist. Wie geht das, ohne sich für eine Spielfigur eines allmächtigen Perverslings zu halten?

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@noergler:
Danke für deine guten Wünsche.

Könnte es eventuell sein, dass du ein bissl selektiv liest und zum Thema Verhandlungen das hier:

"Wahrscheinlich, dass daran kein Weg vorbeiführt. Nur habe ich da einen doch sehr ausgeprägten Pessimismus. Es würde mich sehr freuen, wenn der fehl am Platze ist."

nicht so ganz wahrgenommen hast?

Oder ist es für dich einfach nur unvorstellbar, dass jemand zwar hofft, dass Methode X funktioniert, aber daran starke Zweifel hat und diese auch äußert und begründet, anstatt sie aus taktischen oder sonstigen Erwägungen für sich zu behalten?

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