Dienstag, 21. Dezember 2010
Was politische Korrektheit, Moralinsäure, Bildungsbürgertum und Linkssein nicht miteinander zu tun haben
Ausgehend von dieser Debatte hier

http://metalust.wordpress.com/2010/12/20/der-spiegelfechter-reist-gern-judenwitze/


möchte ich noch einmal aufdröseln, inwieweit rigide Szenemoral mit linken Emanzipationsperspektiven verwoben oder eben nicht verwoben ist und was das mit sozialen Milieus zu tun hat. Das ist gleichzeitig eine Generalantwort an all jene, die die für mich wesentlichen linken Positionen in einem politisch-moralischen-"gutmenschigen"-akademische Mittelschichtkontinuum im Öffentlichen Dienst verwurzelt sehen. Um es gleich vorweg zu nehmen: Diese Verortung ist ein Irrtum, und all die Herolde, Lebemänner, Georgis usw., die diese Verbindung ziehen, sehen da etwas, das so nicht gegeben ist.

Das ist dann auch alles sehr autobiografisch geschrieben.


Die ersten linken Zusammenhänge, in denen ich als Oberstufenschüler mich engagierte, waren geprägt durch SchülerInnen, Azubis und junge GesellInnen aus der IG-Metall-Jugend, türkische und kurdische Migrationsarbeiter, deren schöne Töchter und linksradikale iranische Studenten. Ich selbst habe einen Familienhintergrund, der mit "Bildungsbürgertum" falsch beschrieben wäre. Mein Vater war ein Manager, aber ohne Studium, auch ohne Abitur, mit Volksschulabschluss und Lehre, einer, der eine dieser heute nicht mehr denkbaren Nachkriegskarrieren gemacht hatte, Sohn einer teilalphabetisierten Landarbeiterin, die "sich hochgearbeitet" hatte, als sie Kellnerin in einer Dorfschänke wurde und eines langzeitarbeitslosen Schlossers. Meine Mutter hatte Realschulabschluss, war gelernte Chemielaborantin und Tochter eines Viehhändlers, aus Sicht meines Vaters was "Höheres". Die umfassende Bildung, die ich mir bereits in der Schulzeit aneignete war nichts mir in die Wiege gelegtes, sondern hing damit zusammen, dass in einer sozialen Aufsteigerfamilie weiterer Aufstieg in meiner Generation nur über Bildung möglich war.

Während des Studiums änderte sich zwar die soziale Zusammensetzung des Milieus, in dem ich mich bewegte, aber die autonome Szene blieb geprägt durch Studis aus Arbeiterfamilien und Leute aus dem AHi- und Sozi-Bereich.Und bis dato hatte ich eine rigide politische Korrektheit nicht kennengelernt, eher eine sehr offene, gerade in sexueller Hinsicht libertäre Szene. Erst nachdem ich Jahre in dieser Szene unterwegs war wandelte sich dies grundsätzlich. Bedingt durch die ja auf soziale Aussiebung angelegten Deformen des Hochschulrahm engesetzes schwand die Anzahl der Studis aus Arbeiterfamilien. Eine neue Generation von Studierenden, altersmäßig vielleicht 5-7 Jahre jünger als ich, aber vom gefühlten Alter eher 15 Jahre danach rückte an und dominierte die studentische Linke bald. Die kamen fast nur noch aus Akademerhaushalten, vor allem verspießerte 68er und Lehrer- Anwalts- und Pastorenfamilien. Die waren mit Kriegssielzeugspielverboten und Vollwerternährung sozialisiert worden und mir reichlich fremd.

Dinge, die meine älteren Schwestern sich noch selbst erarbeitet hatten waren bereits Bestandteile ihrer Erziehung gewesen. Und sie waren, was ich bis dahin aus der Szene nicht kannte, hochmoralisch, grenzten sich zudem gegen Dropouts, die bis dahin selbstverständlich dazugehört hatten geradezu panisch ab und betrachteten migrantische Männer pauschalisierend als Machos und Frauenfeinde. Der spätere Antiislamismus und Wohlstandsrassismus der Antideutschen wurde damals angelegt.


Der Moralin-Turbobeschleuniger kam dann mit dem Bekanntwerden von Vergewaltigungen in der linken Szene, Schwarzers PorNo-Kampagne und dem zeitgleichen Tod einer Genossin durch Polizeigewalt. Alle Debatten, die etwas mit Sexismus oder innerlinken Hierarchien zu tun hatten, gerieten zu moralischen Tribunalen gegen potenzielle oder tatsächliche Abweichler. Chancen, Debatten über Sexismus sinnvoll zu führen, wurden verpasst, indem moralisch aufgeladene Diskussionen so gedreht wurden, dass sie neue Hierarchien über Distinktion erschufen (der. die ist nicht so weit wie...) Als eine Metallarbeiterin meinte, die Forderung nach Abschaffung von Leichtlohngruppen für Frauen und gleichem Lohn für gleiche Arbeit sei gesellschaftlich relevanter als die korrekte Schreibweise mit großem I wurde die als "blöde Kuh" bezeichnet. Ich begann mich in einer Szene, die ich bis dahin immer noch als die eigene betrachtet hatte immer unwohler zu fühlen.

Der Umstieg kam dann für mich mit den Aktionen gegen den Zweiten Golfkrieg von 1991, Hoyerswerda und den anschließenden rassistischen Pogromen: Ich verließ die bisherigen Zusammenhänge und schloss mich einer Kurdistan-Irak-Solidaritätsgruppe und einer weltanschaulich im Umfeld der Materialien für einen Neuen Antiimperialismus verankerten Antirassismusgruppe an, beide sozial äußerst durchmischt: Viele Migrierte, oft Bürgerkriegsflüchtlinge mit Folter- und Guerrilakampferfahrungen, Frauen aus Lesbenzusammenhängen neben männlichen Prolls, völlig bunte Mischung. Und da war diese eigentümliche PC-Weltsicht zwar immer mal wieder vorhanden, aber keinesfalls dominierend.

Lese ich jetzt das, was so in den Kommentaren bei Spiegelfechter oder in den Positionen von G. oder Hartmut die Runde macht, kommt mir das wie eine völlig groteske Parodie der selbst erlebten Geschichte vor.


Fazit: PC-Moral in der Linken war ein Einbruch der akademisch sozialisierten Mittelschicht, aber weder genuin links noch etwas, was mit einem gesellschaftlichen Mainstream irgendetwas zu tun hätte.

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"Lese ich jetzt das, was so in den Kommentaren bei Spiegelfechter oder in den Positionen von G. oder Hartmut die Runde macht, kommt mir das wie eine völlig groteske Parodie der selbst erlebten Geschichte vor."

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"Die kamen fast nur noch aus Akademerhaushalten, vor allem verspießerte 68er und Lehrer- Anwalts- und Pastorenfamilien. Die waren mit Kriegssielzeugspielverboten und Vollwerternährung sozialisiert worden und mir reichlich fremd."

Nun, ich selber habe meine Rosskopf-Panzer divisionsweise abstaffeln lassen, verfügte über eine strategische Bomberflotte, eine Schlachtlinie (Divisionsflagschiff: USS Arizona) sowie schnelle Trägerverbände.

"Als eine Metallarbeiterin meinte, die Forderung nach Abschaffung von Leichtlohngruppen für Frauen und gleichem Lohn für gleiche Arbeit sei gesellschaftlich relevanter als die korrekte Schreibweise mit großem I wurde die als "blöde Kuh" bezeichnet."

Hab ich ähnlich erlebt.

Zu meinem deja vu: Aus völlig harmlosen Thesen (zB eine historische über Freuds Rolle bei der Entwicklung kritischen Denkens, oder eine über die kritische Rolle, die Statistik spielen kann) in irgend einer Form faschistoides Bewusstsein, faschistoide Haltungen herbeizudekonstruieren - diese Haltung, die ich ja seit Jahrzehnten kenne, war für mich immer schon Grund, mich von der Linken ein kleines bißchen zu entfernen.

Über das Kartenspiel habe ich mich ja nun deutlichst geäußert. queer.de hat Recht, punkt. Aber ich kann auch Jens Berger verstehen - nicht billigen, aber verstehen. Irgendwann hat man dann keine Lust mehr, jeden Relativsatz von irgend einem selbstermächtigten Plenum im Zuge eines Normenkontrollverfahrens überprüft zu sehen. Politsauberkeitserziehereien waren, sind und bleiben mir fremd.

Wenn zB die These, man könne Statistik auch kritisch nutzen (in der Tradition Gumbels zB), zu dem führt, zu dem sie ja - man kann das nachlesen - geführt hat, dann solltet ihr mal Eure eigene Optik überprüfen.

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geht ja nicht um dich oder Herrn Berger sondern ums Prinzip
Wenn sich monoma wg dem übrigens zur Bestätigung meiner eigenen Vorurteile aus Ost-Deutschland stammenden Kartenspiel angepisst fühlt, läßt sich das ja wohl noch artikulieren, auch wenn es deine diskursstrukturellen Befindlichkeiten verletzt. Oder wie immer man das nennen soll.

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Es dürfte Deiner Aufmerksamkeit nicht entgangen sein, dass Che mich direkt angesprochen hat (naja, angesprochen nicht, sondern sich über mich geäußert), und ich darauf antwortete.

Wenn Momorulez (nicht Monoma...der war gut ;-) ) mich für ein hetendominantes Weißenschwein hält, der Perspektiven der Minderheiten negieren möchte, obwohl es dafür nicht einen Textbeleg gibt, dann muss ich das so zur Kenntnis nehmen.

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Nochmal: Es geht nach meinem Verständnis nicht darum, dass du oder Jens Berger als Kongo-Müller "entlarvt" werden, sondern mehr so dass bestimmte Aussagen aus dem Blickwinkel dieser oder jener Lebenswirklichkeit schwer zu goutieren sind. Man kann das auch einfach zur Kenntnis nehmen.

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"Es geht nach meinem Verständnis nicht darum, dass du oder Jens Berger als Kongo-Müller "entlarvt" werden" bin ich also doch kein Massenmörder. Wie edel. Ich habe zu danken.

Zunächst habe ich Bergers Standpunkt ja zurückgewiesen, sodann: nach meiner Lebenserfahrung - ob sie hier zutreffend ist, kann ich nicht beurteilen, aber so ist meine Lebenserfahrung - hat es häufig einen anderen Hintergrund, wenn jemand lautstark und inhaltlich schlicht falsch bestimmte Sichtweisen als "Tätersichtweisen" denunziert und sich "verfolgt" sieht. Dass meine Sichtweise andere Sichtweisen negiere, an den Rand dränge o.ä., ist einfach absurd. man verweigert mir dazu ja auch konsequent den Beleg. Wenn die These, es gäbe auch einen kritischen Gebrauch, den man von Statistik machen könne, oder die These, Freud hätte zwar massiv Unrecht gehabt, seine Sichtweise eröffne dennoch etwas Zukunftsweisendes, was man von Evangelikalen ja wohl kaum sagen könne...wenn diese beiden harmlosen Thesen Minderheiten marginalisieren sollen, wenn diese beiden harmlosen Thesen zu Projektionen führen wie die, ich würde über Schwulenwitze lachen, wolle Schwle heilen o.ä., dann habe, sorry, nicht ich ein Problem, sondern derjenige, der sich hier ins geistige Absurdistan verfügt hat.

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alter Inder-Trick in IT-Debatten:
u r right ;-)

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"hat es häufig einen anderen Hintergrund, wenn jemand lautstark und inhaltlich schlicht falsch bestimmte Sichtweisen als "Tätersichtweisen" denunziert und sich "verfolgt" sieht."

Womit Du freundlichweise bestätigt hättest, dass Du weit und breit der Einzige bist, der den von Dir ständig diagnostizierzen denunziatorischen Diskurstypus pflegt.

Das ist ja genau die Struktur, die Du fortwährend in Andere hinein projizierst - es wird nicht Bezug genommen auf Gesagtes, sondern lirgendwas Anderes, vor allem wird geradezu verzweifelt die "Faschismuskeule" gesucht, was dann im Sinne politischer Säuberungserfordernisse, wie Du sie oben skizzierst, als sowieso das Hinterletzte, unanständig, die Mindesbedingungen von Redlichkeit unterlaufend usw. charakterisiert wird.

Im Zuge dessen sprichst Du mir dann wortgewaltig das Recht ab, verletzt zu sein, weil ich das ja angeblich gar nicht bin, sondern mein ganzes Ansinnen darauf gerichtet ist, irgendwen als "Faschist" zu entlarven. Aber warum sollte ich das tun wollen? Andere, Minderbemitteltere als Du pflegen dann die Uunterstellung der "moralischen Selbstaufwertung", vermutlich, weil sie heimlich bei Rayson lesen und da rhetorische Figuren klauen - glaub's mir, dafür ist mir meine Zeit, meine Nerven, mein psychischer Haushalt doch noch zu wichtig, als dass ich derartige Moral-Onanie nun fortwährend betreiben wollen würde. Dann lieber richtig wixen.

Aus der Aussage "Hartmut, ich weiß, was Du meinst und wie Du das meinst, ich habe aber Probleme damit, mir das von einer Hete ins Stammbuch schreiben zu lassen" wird so in Deinem selbstreferentiellen Diskurskosmos kurzerhand die Unterstellung eines faschistoiden Weltbildes, was genau die Praxis ist, die Du geißelst und als Einziger vollziehst.

Queer.de hat auch nicht recht, Punkt - das ist doch das Mund verbieten wollen. Der Text von denen ist schlimm, weil er zeigt, dass viele Schwule sich die Diskrediterungsmodi auch noch anziehen. Wenn Du das so prima findest, liegt ja der Schluss nahe, dass Du genau das erreichen willst: Dass auch ja die gesellschaftlich wirksamsten Trennlinien Mann/Frau, Migrant/Nicht-Migrant, homosexuell/nicht homosexuell stabilisiert werden. Weil weiß-männlich-hetero dann immer fein raus ist. Klassismus kann mir Dir tatsächlich nicht vorwerfen.

Gleiches passiert ja bei Statistiken zur "Migrantenkrimininalität": Als Abweichendengruppe Konstituierte werden genötigt, sich zu polizeilich erhobenen Stigmatisierungsmustern zu verhalten. Das war ja der Einwand, den Du in Deinem Wahn, Faschismuskeulen zu schnitzen, offenkundig wieder vergessen hast.

Und gleiches hat Freud betrieben, keineswegs harmlos, die Wirkungsgeschichte der Neurosenlehre und des konstruierten Zusammenhangs zwischen Narzißmus und so called "Homosexualität durfte ich zufällig am eigenen Leibe erleben. Die Motive tauchten auch gerade erst jüngst in einem Aufsatz von Norbert Bolz wieder auf, der Schwule diskredierte.

Das ist nicht harmlos, und die Vorstellung, man könne Homosexualität heilen, hat so lustige Praktiken wie Elektroschockbehandlungen, die bei Lou Reed z.B. zu lebenslanger Epilepsie führten, hervor gebracht. Das geschah allerdings im Rahmen der der Psychoanalyse entgegen gesetzten Konditionierungsmodelle.

Nun kommt Hartmut daher und sagt, der Heiler sei ja immer noch besser als der Henker. Schlimm genug, man weist das zurück, und Hartmut behauptet, man habe ihm unterstellen wollen, er würde Homos heilen wollen. Hat nie jemand, aber über Monate hinweg steigert sich der Herr im Zuge seiner politischer Diskurssäuberung weiter hinein, man habe ihn als Faschist denunzieren wollen. Mir ist ein Rätsel, wofür er das braucht, weil das nie jemand tat. Und macht damit genau das, was er Anderen fortwährend unterstellt - im Gegensatz zu allen Anderen.

Der Effekt dieser Agitation freilich, und da erst wird das übergreifend relevant, dass die Thematisierung von Rassismus, Homophobie und Sexismus, da ja eh grundsätzlich ohne jeden Wahrheitsgehalt als reine Denunziationslust sich auslebt, zu unterbeliben hat. Und das ist im Ergebnis das, was Che im anderen Eintrag treffend charakterisiert.

Ansonsten halte ich Dich übrigens nicht für ein Schwein und verbitte mir solche Unterstellungen.

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"Womit Du freundlichweise bestätigt hättest, dass Du weit und breit der Einzige bist, der den von Dir ständig diagnostizierzen denunziatorischen Diskurstypus pflegt. "

ich sprach von meiner Lebenserfahrung, mehr nicht. Ob sie hier zutrifft, weiß ich nicht, ist mir inzwischen aber auch egal.

"Nun kommt Hartmut daher und sagt, der Heiler sei ja immer noch besser als der Henker." und zwar mit dem Argument: Mit dem Heiler könne man - vielleicht - noch reden, allemal ihn ignorieren...den Henker nicht. Was war falsch an diesem Argument? Stichworte genügen.

"Und gleiches hat Freud betrieben, keineswegs harmlos" - eben nicht. Freuds Wirkungen waren diffus. Er hat s o w o h l Adorno beeinflußt als auch jene Psychoanalytiker, die Du schilderst, zu recht und zutreffend schilderst, auch in der Schärfe zutreffend kritisierst (die Psychofitspritzer und Normierer des Kapitalismus) als auch, ergänze ich, mystoverschwurbelten Faschoschwachsinn a la Jung. Das meinte ich mit "zwar abgrundtief falsch, hat aber im Gegensatz zu den Evangelikalen auch kritisch etwas eröffnet", und das habe ich auch ganz deutlich so gesagt. Siehe Adorno, siehe Helmut Dahmer/analytische Sozialpsychologie, siehe Amati ("Reflexionen über Folter") etc.


"Queer.de hat auch nicht recht, Punkt" M.E. doch. Wäre ein geniales Spiel gewesen - bei dem es bei den Nicht-Diskriminierten sehr schnell Klick hätte machen müssen - wenn nicht auch "Nazi" (und, wie ich inzwischen erfahren habe, wohl auch "Pädophiler") dabeigewesen wären. "Spiel sie gegeneinander aus" - das wäre einfach Klasse gewesen, wenn sich das Spiel wirklich auf unterdrückte Minderheiten beschränkt hätte.


"Ansonsten halte ich Dich übrigens nicht für ein Schwein und verbitte mir solche Unterstellungen."

oh je. Na gut, dann war nicht ich gemeint mit dem dominanten barmbeker Hetenschweinnarzisten, der über Schwulenwitzchen lacht, strukturell so denkt wie die Judenzähler etcetcetc

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"Was war falsch an diesem Argument? Stichworte genügen."

Dass die Diskussion durch einen Heterosexuellen dieser Frage, welche von zwei miesen Alternativen denn nun zu präferieren sei, Fragestellungen eröffnet, die im Endeffekt auf Kosten von Schwulen gefragt werden und die Positionierung des Fragestellers außer acht lassen.

Das sagt aber nicht über den Charakter des Fragestellers aus zu dem Zeitpunkt der Debatte.

Das "Spiel sie gegeneinander aus" wird in dem Spiel einfach nur reproduziert mittels stigmatisierender Darstellungen auf den Karten selbst, zu denen es im Falle Nicht-Stigmatisierter keine Äquivalente gibt. Und wer das witzig findet, lacht angesichts der Karrikatur auf den Karten auch über einen Schwulenwitz. Ganz offenkundig.

"Schwein" meine ich nie geschrieben zu haben, die Schimpfworte blieben bisher allenfalls G-Punkt vorbehalten. Aus guten Gründen.

Und natürlich liegt der Judenzählung jene statistische Erfassung der Ausnahme und Abweichung zugrunde, die auch die Statistik vermeintlicher "Migrantenkriminalität" anfeuert. Die "Normalverteilung" ist tückisch. Da gibt es viel interessante Literatur zu.

In welchen Strukturen Du so im Allgemeinen denkst und wie Du als Mensch bist, das bleibt von einer solchen Diskussion völlig unberührt.

Der Narzißt war tatsächlich eine persönliche Zuschreibung, ja. Auch, dass Du die hetero-männlich-weiß-Perspektive als Allgemeingültig-Objektive verkaufst. Weil die Gesellschaft so ist. Nicht weil Du so oder so wärest und deshalb böse oderwasweißich.

Das sind doch zwei völlig verschiedene Fragen. Man "denunziert" niemanden persönlich, wenn man hegemoniale Perspektiven identifiziert. Und stellt übrigens auch nicht "die Tatsache" infrage, das am Rande.

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"Und natürlich liegt der Judenzählung jene statistische Erfassung der Ausnahme und Abweichung zugrunde, die auch die Statistik vermeintlicher "Migrantenkriminalität" anfeuert. Die "Normalverteilung" ist tückisch. Da gibt es viel interessante Literatur zu."

natürlich. Deswegen geht es ja darum, welchen Gebrauch ich von der Statistik mache. Den Gumbelschen oder den Korrherschen. Nur darf man Gumbel natürlich nie, nur weil er auch Statistiker war, mit Korrher identifizieren. Es wäre gut, zumindest in Bezug auf Strukturwissenschaften und zT auch Naturwissenschaften den Weberschen Wertfreiheitsbegriff neu zu diskutieren. Täte auch der Linken gut. Es wird mir häufig allzu hurtig "Ideologie" herbeidekonstruiert, wenn man sich mit Naturwissenschaften auseinander setzt (Auswirkungen des Positivismus-Streits?). Dein Ansatz - das gab ich Dir damals schon zu bedenken -, nämlich, sich vom Terror des Scheinobjektiven freizumachen, ist natürlich der Grundlegendere. Aber es ist eine interessante, neue Perspektive, Sarrazin oder Bell-Curve mit deren Mitteln auszuhebeln. Das kann man nämlich zeigen, dass die auch intrinsisch betrachtet Schwachsinn reden, und zwar kinderleicht kann man das zeigen. Nebenbei: naturwissenschaftliche Perspektiven sind keineswegs Perspektiven männlicher weißer Heten, das ist Dein Grundirrtum. Warum sollten sie das auch sein? Sind Schwule etwa zu dumm für Mathematik? Hab ich da - siehe Alan Turing (widerlichst in den Selbstmord gehetzt, weil er schwul war) - irgendwas verpasst?

"Dass die Diskussion durch einen Heterosexuellen dieser Frage, welche von zwei miesen Alternativen denn nun zu präferieren sei, Fragestellungen eröffnet, die im Endeffekt auf Kosten von Schwulen gefragt werden und die Positionierung des Fragestellers außer acht lassen." - Wenn dem so gewesen wäre, hättest Du recht. meine Antwort war aber rein pragmatisch zu verstehen. Der Henker ist final. Der Heiler ist es nicht. Wenn ich wirklich bloß die Wahl habe zwischen Henker und Heiler (ich kann dann nix dafür, vor diese miese Wahl gestellt zu werden), wähle ich den Heiler - um ihm, sobald der Henker nicht mehr droht, volle Kanne einen einzuschenken. Im Übrigen meinte ich den PsychA-Heiler, nicht den Evangelikalen. Zur PsychA müsste ich mich ansonsten noch präziser einlesen, alte Aufzeichnungen hervorkramen - der Feminismus hat Freud ja auch extrem kritisch gesehen - Verlkeugnen von Missbrauchserfahrungen, labeln von eigensinnigen Frauen als Hysterikerinnen etc (siehe Pusch/Druda, Wahnsinnsfrauen 1-3). Kann ich jetzt nicht leisten. Vergleiche zu meinem Problem aber auch Nazi-Deutschland versus konservativer Widerstand/Goerdeler. Auch Goerdeler wollte den Juden die vollen Reichsbürgerrechte nehmen. Da gibts schon so manch üblen Text von ihm. (Als Hannah Arendt darauf aufmerksam gemacht hat, hat mans ihr übel genommen und sie mit der Lüge, sie behaupte, die Juden seien letztlich selber schuld, fertig gemacht!) Aber Goerdeler wollte doch nicht vergasen! Da muss ich doch nicht groß nachdenken, wen ich wähle (gewählt hätte, muss es leider heißen) - Goerdeler oder Hitler. Und Du auch nicht! Und niemand, der noch bei Troste ist. Damit mache ich mir doch Goerdelers Position nicht zueigen.

"Man "denunziert" niemanden persönlich, wenn man hegemoniale Perspektiven identifiziert." Ob Du es so meinst, weiß ich natürlich nicht. Allzu häufig aber - und genau diese Diskussionsunkultur in der Linken meine ich - geht man dann fröhlich und schnell von der Analyse irgend welcher Strukturen zum persönlichen Angriff über. Und ich denke, dass Du, che und netbitch das auch ganz genau wissen.

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Angesichts dieser Antwort verstehe ich, ehrlich gesagt, die Verve der Auseinandersetzung nicht. Die Psychoanalyse ist da hochprolematisch, und ich sehe immer noch nicht, wie man mit Statistik Sarrazin aushebeln können sollte, wenn man die Kategorie "Migrant" akzeptiert. Aber das waren die Fragen, die wir diskutierten. Über "fein ziseliert" habe ich mich aus guten Gründen noch geärgert und wurde pampig.

Was aber nie der Fall war, war, dass Dich irgendwer als "Faschist" bezeichnet hätte oder Dir Rassismusmus oder Homophobie angedichtet hätte in einem irgendwie auf Dich als Charakter bezogenen Sinne. Es gibt bei diesem Anrennen gegen PC, das wohl von vielen als eine Art moralische Erpressung erlebt wird, Punkte, wo Argumentionsmuster an PI andocken, das hat Che ja präzise ausgeführt. Die muss man aber benennen können in politischen Auseinandersetzungen.

Zurück zur Psychoanalyse: Die wäre halt trotz der Behauptung polymorpher Perversion nicht auf die Idee gekommen, Heterosexualität zu heilen. Was dann die Crux wäre.

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Als Hausherr behalte ich mir vor, in die Debatte etwas weiter oben einzusteigen, auch wenn ich damit Manches nochmal aufrolle, was ihr schon gesagt habt.


Lemmy ist mit dem, was er eingangs gesagt hat goldrichtig. Eine Hauptgrundlage der ganzen Auseinandersetzung ist die Tatsache, dass du, Hartmut, fortwährend Dinge persönlich genommen hast, die überhaupt nicht persönlich gemeint waren. Da wird dann aus einem Hinweis auf die Rolle statistischen Materials bei der Wannsee-Konferenz (vom Korrher-Report war nicht die Rede) der Vorwurf, jemand hätte behauptet, Du seist ein Nazi, was aber überhaupt nie jemand gesagt hat -es ging nur um den Umgang mit Statistiken.



@"Aus völlig harmlosen Thesen (zB eine historische über Freuds Rolle bei der Entwicklung kritischen Denkens, oder eine über die kritische Rolle, die Statistik spielen kann) in irgend einer Form faschistoides Bewusstsein, faschistoide Haltungen herbeizudekonstruieren" --- Dieser Satz bezeugt zunächst einmal, dass Du gar nicht weißt, was Dekonstruktivismus ist und daraus dann fatale Fehlschlüsse ableitest.

Also im Einzelnen: Der Dekonstruktivismus basiert auf der Erkenntnis, dass viele von der bürgerlichen Wissenschaft oder auch dem durchschnittlichen Alltagsbewusstsein für sicher und festgefügt gehaltene Dinge in Wirklichkeit soziale Konstrukte sind, in denen sich Machtverhältnisse manifestieren. Diese sind im Sinne der Emanzipation zu dekonstruieren. Zum Beispiel gilt in der Geschichtswissenschaft die im engen Sinne politische Geschichte, aber auch die klassische Wirtschafts- und Sozialgeschichte als bürgerlich und konservativ, als Herrschaftsgeschichte aus der Perspektive der Herrschenden. Wer sich heute in der Geschichtswissenschaft als progressiv ansieht, betreibt Alltagsgeschichte, möglichst auch noch reflektierend, aus der Sicht welcher sozialen Gruppen diese wie wahrgenommen wird, also Arbeitergeschichte, Frauengeschichte, Umweltgeschichte, Körpergeschichte, Mikrohistorie, am Besten unter Einbeziehung möglichst vieler nichtschriftlicher Quellen. Universalgeschichte ist tot, die macht niemand mehr, selbst im Schulunterricht wird heute Alltagsgeschichte vermittelt.


Auch Homo- und Heterosexualität und Geschlechtlichkeit sind soziale Konstrukte. Die bürgerliche Psychopathologie hat das Konstrukt des Homosexuellen erst erschaffen, eines Gattungswesens mit zugeschriebenen Eigenschaften, quasi eine Rasse. Die Erschaffung der Kategorien Homo- und Heterosexuell dient der Selbsterhaltung des Rollenbildes des verheirateten heterosexuellen Mannes. Der Schwule wird auf eine von heterosexuellen Psychiatern erschaffene Rolle festgeschrieben, auf dass der Pater Familias sich nicht zu hinterfragen hat und im Sinne der bürgerlichen Gesellschaft gut funktioniert. Emanzipation kann hier nur im Einreißen festgelegter Rollenbilder liegen - wobei für mich ja der polymorph-perverse Charakter Vorbild und positive Norm ist. Das jetzt aber auch nicht im Sinne einer Naturalisierung, sondern eher als persönliches Ideal.


Seine metaphysischen Mucken hat es auch mit der Zweigeschlechtlichkeit. Sicher, im biologischen Sinne gibt es die, wo es um die Vermehrung geht ist der Fall eindeutig, aber auch nur da. Biologisches Geschlecht - Sex - und soziales Geschlecht - Gender - sind zwei unterschiedliche Dinge, und nicht immer sind die biologischen Geschlechter so eindeutig dem männlichen oder weiblichen Pol angenähert wie das Durchschnittsbewusstsein annimmt. Zwitter, Transgender oder Menschen und Tiere, die im Lauf des Lebens das Geschlecht wechseln sind weitaus häufiger, als das Alltagsbewusstsein annimmt, und zu anderen Zeiten und in anderen Kulturen nahm/nimmt das Alltagsbewusstsein sie auch anders wahr.

In Griechenland etwa galt die körperliche Liebe reifer Männer zu Knaben, etwas, das heute als Päderastie strafbar wäre als pädagogischer Auftrag im Verhältnis Lehrer-Schüler, zugleich hatten die reifen Männer auch sexuelle Beziehungen zu Frauen. Das war in Athen, Korinth und Theben das role model.

Nicht ohne Grund kommt der Dekonstruktivismus in der Philosophie, Anthropologie und Geschichtswissenschaft via Lévy-Strauss und Saussure aus der Ethnologie mit einem Umweg über die Elementare Semantik. Ethnologische Feldforschungen in Papua-Neuguinea, Melanesien und Sibirien hatten gezeigt, dass in manchen exotischen Gesellschaften ebenso selbstverständlich von bis zu 7 verschiedenen Geschlechtern ausgegangen wird wie bei uns von 2. Beispielsweise werden Lesben, Schwule, Transen, Kinder, Alte als jeweils eigenständige Geschlechter angesehen, für die es eigene Sprachformen gibt (also Namen, die nur Angehörige des jeweiligen Geschlechts tragen können, eigene Fürwörter, nicht nur "sie" oder "er", sondern 7 verschiedene solche Foremen, statt "ihm" und "ihr" wiederum 7 verschiedene Begriffe usw.) Diese Beobachtung lehrte, dass das soziale Geschlecht, also Geschlechtlichkeit als gesellschaftliche Kategorie eine sprachliche Konstruktion ist, die der Aufrechterhaltung von Machtverhältnissen dient. Darauf basiert der Dekonstruktivismus Butlers.

Und dementsprechend führen Momorulez, Loellie, Netbitch, Noergler und ich politische Debatten ein Stück weit dekonstruktivistisch - es gibt im Sozialen keine objektive Realität, und wenn, ist sie für Niemanden erfahrbar, weil alle Subjekte sind. Also fragen wir, von welcher gesellschaftlichen Position aus ein Gesprächspartner agiert. Mit der Unterstellung, jemand sei Sexist, Rassist usw. hat das nichts zu tun. Lies vielleicht mal zu Netbitch rüber, die hat das eigentlich sehr schön dargestellt.

@statistics: Natürlich kann statistisches Material sehr sinnvoll eingesetzt werden, es stellt sich aber immer die Frage, wer Statistiken erstellt und zu welchem Behuf. Zum Beispiel werden Statistiken sehr viel in psychologischen Testverfahren eingesetzt, bzw. nicht eigentlich Statistiken, sondern Fragebögen, in denen Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen nach statistisch-standardisierten Verfahren abgefragt werden, sog. Persönlichkeitsinventare. Ein befreundeter Psychologe vertritt den Standpunkt, dass die beiden meistverwendeten Kommentare, der Hamburg-Wechsler-Test und der MMPI-Saarbrücken geradezu kriminelle Verfahren seien, weil sie mit Verhaltenszuschreibung arbeiten. Ein Mann, der sich als überdurchschnittlich gefühlvoll, sehr selbstkritisch und ausgesprochener Ästhet mit geringer Aggressivität beschreibt wird pathologisiert wg. "Verschiebung von Charaktermerkmalen in den weiblichen Bereich", was dann als Indiz entweder für Homosexualität oder für eine Depression genommen wird, immerhin aber auch eine Ausmusterung vom Wehrdienst ermöglicht. Hier werden patriarchale Leitbilder zur Grundlage "wissenschaftlicher" Testverfahren. Wenn wir nun wissen, dass bei der bayerischen Landespolizei bis in die 70er Jahre ein fortwährend aktualisiertes "Zigeunerarchiv" existierte, das aus der Abteilung für Rassenhygiene des früheren Reichsgesundheitsamtes stammte, wenn wir außerdem wissen, dass in den Kriminalstatistiken beim Thema Ausländerkriminalität auch Straftaten erfasst werden, die Deutsche gar nicht begehen können, nämlich Verstöße gegen das Ausländergesetz, bei Asylbewerbern und Bürgerkriegsflüchtlingen selbst "Delikte" wie Verlassen des Landkreises, dann traue ich allerdings keiner Statistik zum Thema Migranten und sozial Auffällige, solange diese von Deutschen erstellt wurde.

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@momo: "Angesichts dieser Antwort verstehe ich, ehrlich gesagt, die Verve der Auseinandersetzung nicht." ich auch nicht, weil ich ja nie etwas anderes behauptet habe.

@ che
1. "Dieser Satz bezeugt zunächst einmal, dass Du gar nicht weißt, was Dekonstruktivismus ist und daraus dann fatale Fehlschlüsse ableitest." Da wäre ich bei einem Phil, der Ende 80er/90er in HH Phil studieren konnte, ua bei Taureck, jetzt etwas vorsichtig.

"Nicht ohne Grund kommt der Dekonstruktivismus in der Philosophie, Anthropologie und Geschichtswissenschaft via Lévy-Strauss und Saussure aus der Ethnologie mit einem Umweg über die Elementare Semantik." Halb richtig. Wesentlich ist auch Heideggers ontologische Differenz und Derridas Rezeption und Weiterentwicklung heideggers, ferner Nietzsche. Und - es soll jetzt wirklich nicht als Denunziation dienen, mir alterndem links-bürgerlichen Ästheten muss man die Beiden nicht schm,ackhaft machen! -, folgendes sollte man schon im Blick behalten: Politisch sind Heidegger und Nietzsche, der in seinen Werken zT wortwörtlich von "Ausrottung" spricht, eben auch hochproblematisch. (Wohlgemerkt: Der schlimme Begriff kommt zB in der Genealogie vor, es handelt sich hier mitnichten um Textfälschungen durch seine Schwester, auch, wenn die Nietzsche-Philologie jahrzehntelang eine einzige Katastrophe war! Auch hierzu hat Taureck ein sehr kluges, gutes, ausgewuchtetes Buch geschrieben: Nietzsche und der Faschismus)

2. "Der Schwule wird auf eine von heterosexuellen Psychiatern erschaffene Rolle festgeschrieben, auf dass der Pater Familias sich nicht zu hinterfragen hat und im Sinne der bürgerlichen Gesellschaft gut funktioniert. Emanzipation kann hier nur im Einreißen festgelegter Rollenbilder liegen - wobei für mich ja der polymorph-perverse Charakter Vorbild und positive Norm ist."
Wer meinen Blog mal ohne Anti-Hartmut-Vorurteil liest, weiß, dass ich seit eh nichts anderes sage. Okay, mein Beispiel für Ausgesonderte waren jetzt nicht Schwule, sondern Erwerblose ("Schmarotzer"-Debatte), aber die Mechanismen gleichen sich ja resp ähneln sich zumindest stark.

3. "die Tatsache, dass du, Hartmut, fortwährend Dinge persönlich genommen hast, die überhaupt nicht persönlich gemeint waren. " Da antworte ich mal mit Asterix - Die Trabantenstadt: Haha, den Trick kenne ich. Wenn ich jemandes Denkdisposition Annäherung an den Faschismus unterstelle, so ist das selbstverständlich eine Aussage über die Person. "Che sagt die Unwahrheit, und zwar in Bereichen, wo er es besser weiß. Aber nee, ich habe che nie Lügner genannt, das ist wieder nur seine neurotische Wahrnehmung und Projektion..." - so gehts nicht. Natürlich habe (hätte) ich Dich damit "Lügner" genannt. Ob vorsätzlicher Lügner oder krankhafter, möge offen bleiben. (War ein Beispiel, ich gehe davon aus, dass Du kein Lügner bist.)

Ich halte es hier mit ein bißchen apolitischem Bürgertum: Einen Kontrahenten ohne Not mit faschistischen Denkweisen konnotieren - das macht man einfach nicht!

Ich habs Euch ja gespiegelt, mithilfe des Begriffs "stalinistische Trischta": Wenn ich das nicht als rhetorischen Kunstgriff, sondern Ernst gemeint hätte: NATÜRLICH hätte ich damit gesagt, che, Momo und netbitch seien potenzielle Besserungs-KZ-Aufseher in Stalins GuLaG. Was denn sonst? Natürlich wäre das ein persönlicher Angriff.

Auch so ein Punkt, den ich der PM vorwerfe: Mithilfe der Begriffe "unendliches Sprechen"/unendlicher Kommentar/Denken des Außen etc sozusagen schlechte Ironie zu betreiben: p behaupten und gleich wieder zurückziehen. Den übel Gelabelten erst labeln, und ihm hinterher auch noch den schwarzen Peter zuschieben (Motto: "Dein Problem, wenn Du Dich gelabelt fühlst, zeigt nur, wie sehr Du noch identifizierendem Denken verhaftet bist!")

Dieses Gelabel muss aufhören. Die Logik "Röhm war schwul, Momo ist schwul, also" (auch die habe ich Euch ja spiegelnd vorgeführt) muss aufhören, allerorten. Erst labeln, dann das Labeln (nachdem es in der Welt ist!) zurückziehen...sorry, aber das ist ranzig. Solche Spiele kenne ich eigentlich von irgendwelchen drittklassigen Psych-Studi-Partys. (Sorry to all die vielen guten Psychs, die ich kenne ;-) )

4. "es gibt im Sozialen keine objektive Realität" großer Irrtum. Empfehlung dazu: Ian Hacking (KEIN dümmlicher logischer Positivist!) Ist bei Reclam erschienen. Habe da jetzt gerade keine Zeit. Stichworte: Dass Tatsachen sozial bewertet werden, und diese Bewertung häufig auch das relevante an ihnen ist, rechtfertigt nicht den Schluß darauf, dass es keine Tatsachen gibt. Natürlich gebe es Tatsachen, auch soziale. Dass Frauen im Jahre des Christenherrn 2010 immer noch mieser bezahlt werden als Männer ist zB einfach eine Tatsache, und zwar eine sozio-ökonomische.

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Jetzt wendest Du schon wieder, und wieder als einziger, die Diskursmuster an, die Du beklagst, und verhinderst wiederum, dass über faschistoide Strukturen geredet werden kann, disqualifizierst Dich somit einmal mehr zumindest für mich als Gesprächspartner - und Du führst rein gar nichts vor, wenn Du seit Monaten "Momo, äh, Röhm" wiederholst, wo wiederum Du der einzige bist, der so eine Scheiße schreibt und damit tatsächlich eine ziemlich üble linke Tradition fort schreibst. Und anderen sogar unterstellst, sie würden "Opferidentitäten erfinden", nur um Dich ach so armes weißes, männliches heterosexuelles Opfer zu unterjochen, während Du "unseren Lifestyle finanzierst" und wir angesichts des Deinen grün vor Neid werden :-D ...

Ich habe fertig, Du bist in Deiner Ignoranz echt ein hoffnungsloser Fall. So was wie Dialog kennst Du gar nicht, offenkundig.

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"wenn Du seit Monaten "Momo, äh, Röhm" wiederholst" Das stimmt nicht mal auf der Faktenebene: Einmal in Mondos Blog, und zwar deutlichst als Spiegelung angekündigt! Wer ist hier eigentlich ignorant?

"und verhinderst wiederum, dass über faschistoide Strukturen geredet werden kann" Wie denn? Hindere ich Dich am reden? Übrigens brachte ich Argumente. Ob sie gut sind, wäre zu prüfen. Aber Du gehst ja mit keinem Wort auf sie ein.

Tatsächlich: So sind Debatten nicht möglich.

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Nein, Hartmut, mit Dir sind Debatten tatsächlich nicht möglich. Ende der Diskussion, ein für alle Mal.

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"Wenn ich jemandes Denkdisposition Annäherung an den Faschismus unterstelle, so ist das selbstverständlich eine Aussage über die Person."

Wenn Du wirklich annähernd alles, was gesagt wird, in diesem Sinne interpretierst und somit ganz egal, was man schreibt, als Tribunal über wahlweise Größe oder "Schweinsein" Deiner Person auslegst, unterbindest Du jedes Argumentieren.

Spiel mal mit dem Spiegelfechter Minderheitenquartette, das passt schon, aber stör andere nicht beim Denken.

Das Schlimme an diesen egomanischen Diskussionen ist ja die wirkliche krasse Niveauminderung, die damit jedes Mal einher geht. In eine ganz spannende Diskussion über PC, Postmoderne und Dekonstruktikn platzt dann wer, der ständig Nazi-Vorwürfe erfindet, um anderen das Maul zu stopfen, und phrast irgendwas Sachfremdes daher, weil er den Gegenstand offenkundig gar nicht kennt.

Der Punkt 4 ist deshalb so dämlich, weil er wie die meisten Postmoderne-Kritiker null Ahnung vom Stoff hat, und dass da einfach die Erstsemestersprüche der Relativismuskritik aufgeblasen werden, nervt. Das hat mit dem Denken eines Derrida oder Foucault nix zu tun, und einer Butler auch nicht.

Daß übrigens die Elementarsatzlehren in der Analytischen Philosophie genau das sind, was kein halbwegs informierter Mensch vertritt, solltest selbst Du mitbekommen haben.

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"ist ja die wirkliche krasse Niveauminderung" - und jemand, der nicht einmal die Rolle heideggers und Nietzsches innerhalb der Diskussion kennt, hebt sie. Nee, iss klar ne. Ich lach mich schlapp. hab ich schonmal gehabt: Da wollte mich jemand über Literatur belehren, und verwechselte Terzinum und Sonett. Finde ich immer ganz putzig.

"Nein, Hartmut, mit Dir sind Debatten tatsächlich nicht möglich. Ende der Diskussion, ein für alle Mal."

Zeigt mir einmal mehr, wie richtig es war, mich nicht allzu tief auf die linke Subkultur eingelassen zu haben. Schmort mal schön weiter im eigenen Saft und in Eurer dann allerdings auch deutlich selbstverschuldeten Erfolglosigkeit. Ich erwarte aber schon, dass zumindest das offene Verbreiten von Unwahrheiten hier unterbleibt ("monatelang"...glatt unwahr).

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Aber Ernst Röhm war schwul!

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Aber Ernst Neger war nicht behindert!

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war er. Und Hitler war (vermutlich) BDSMler, Himmler, Göring, Eichmann undundundundundund waren Missionarsstellung-Heten. So what! Um diese "So what!"-Haltung geht es mir, aber das willst Du nicht begreifen.

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Du hast mich Nazi genannt!

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Ernesto Roma war kein Zigeuner!

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PS: Da gilt freilich schon deshalb ein "So what," weil unmittelbar nach dem "Röhm-Putsch" der 175 in jene Form gebracht wurde, die noch unter Adenauer Gültigkeit hatte. Weil die Schwulenbewegung noch in den 70ern als "Nebenwiderspruch" kaum Unterstützung von den Genossen erfuhr. Weil noch Klaus Mann im Exil außer sich war, dass Linke Röhms Homosexualität nutzten, homophobe Ressentiments in der Arbeiterschaft gegen die Nazis mobilisieren, weil das in der "Eulenburg"-Affäre schon prima geklappt hat. Weil noch ein Wilhelm Reich die vermeintlich homoerotische Männerbündlerei der Nazis gegen Schwule zu instrumentalisieren wusste. Zizek macht das heute auch. Weil allseits die Meinung vorherrschte, im richtigen Sozialismus würde der Dreck schon verschwinden. Und dann kamen auch noch diese tuntigen Postmodernen mit ihrer fein ziselierten Dekonstruktionen und vergaßen die Leichtlohngruppen, die ihnen ihr Leben in Saus und Braus finazierten ... sorry, Alter Bolschewik, ging jetzt auch ein wenig an Dich, da aber in tiefer Sympathie.

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@momorules: Schon okay, ich kann den Vorwurf durchaus akzeptieren, auch wenn ich die Zuspitzung mit den "tuntigen Postmodernen" etwas übertrieben finde (also "tuntig" wäre das letzte, was mir bei Foucault oder Deleuze einfallen würde). Richtig ist daran sicherlich, daß mich die Frage der Ausgrenzung von wie auch immer definierten Minderheiten politisch immer nur insoweit interessiert hat, als das Auswirkungen auf die Konstitution dessen hatte, was sich als "Mehrheit" versteht. Die Position der Minderheit selbst, das ist mir erst aufgefallen, seit ich dieses Blog lese, war für mich immer ein blinder Fleck. Insofern sind die Debatten mit Hartmut doch zu etwas nütze.

Meine grundsätzlich eher kritische Haltung gegenüber der ganzen sogenannten Postmoderne ist aber weniger in dieser Thematik begründet, als vielmehr in deren mehr oder minder explizitem Nietzscheanismus, dem, was Hegel "die Furcht vor der Wahrheit" nannte. Aber das würde jetzt doch sehr weit off topic führen, wenn wir das hier diskutieren wollten.

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"Weil noch Klaus Mann im Exil außer sich war, dass Linke Röhms Homosexualität nutzten, homophobe Ressentiments in der Arbeiterschaft gegen die Nazis mobilisieren"

Womit Klaus Mann völlig recht hatte (es ging auch um einen Wechsel in der SU - unter Lenin Entkriminalisierung von Homosexualität, Stalin führte diese Kriminalisierung wieder ein - weißt Du besser als ich -, und Teile der Linken machten parteitreudoof diesen Schlenker dann mit)

Nun gibt es blöderweise aus eben jenen Jahren eine ziemlich indiskutable, antisemitische Tagebuchpassage von Klaus Mann (welche antisemitische Passage wäre diskutabel?). Auch Schwesterchen Erika hat sich da in privater Korrespondenz immer mal wieder gerne gehen lassen ("Beermann, ein gesichtsloser Geschäftsjude").

Und genau darum geht es doch. Um die Widersprüche, die sich hier auftun. Hier ist ein Problem.

Und was Du über die Mehrheitsgesellschaft und ihre Protagonisten sagst: herrje. Das weiß ich doch alles. Seit Jahren schreibe ich gegen die kleinfamiliären Gutbürgersleut an, gegen die ach so toleranten Halbsieger dieser Gesellschaft, die gegen den lieben Schwulenetc (erwünschte, zu begönnernde Minderheit bitte einpflegen) von nebenan gar nix haben, sich aber ansonsten in Haß gegen alles real Andere ergehen - Schwule, Erwerblose, Feministinnen, Schwarzafrikaner, Kranke undundund, sobald die ihre Rollenzuweisung als Minderheitenhofnarr verweigern. Der Haß des Mittelstands auf alles Andere ist seit Jahren eines meiner Themen - und das weißt Du auch ganz genau.

Irre, mit was für haltlosen Suggestionen ich hier konfrontiert werde. (Was für ein Quartett soll ich mit dem Spiegelfechter wohl spielen? jenes von ihm beworbene? Dazu habe ich mich doch deutlich erklärt...) Persönlich nehme ich die Vorwürfe nicht Ernst, aber sie zeigen einmal mehr, wie massiv sich die Linke untereinander kaputt macht. Schade.

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@Alterbolschewik:

Das "tuntig" rutscht mir ja nur immer raus, weil bei der Postmodernen-Kritik manchmal eine Tonalität angeschlagen wird, wie sie auch queeren Ästhetiken passiert. Was sich sogar zurück auf den Urspungseintrag beziehen lässt, weil einem da wahlweise "Künstlichkeit" oder gar Sexismus diagnostiziert werden kann, wenn man die betreibt, von genau den PC-Leuten, die auch sonst ganz protestantisch lustfeindlich unterwegs sind.

Der andere Strang: Können wir ja einfach dranbleiben bei anderen Themen!

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Sehr schöner Text, che, aber irgendwie auch simplifizierend. Dasjenige, was einem an einem linken Mainstream abstößt, einfach den Lehrer-, Anwalts- und Pastorensöhnchen und -töchterchen in die Schuhe zu schieben, ist zwar sehr befriedigend und ich bin dem auch selten abgeneigt, aber es ist nicht die ganze Wahrheit. Das ganze PC-Gehampel ist nicht nur eine Frage des Klassenstandpunktes, obwohl viel Wahres an dieser Einsicht ist.

Ich weiß, es ist ein wiederkehrendes Mantra bei mir, aber das PC-Geschwätz hat was mit verlorenen objektiven Perspektiven der Linken zu tun. Wenn man nicht mehr an die Kollektive glaubt, an die historische Mission der Arbeiterklasse, wenn die klare Perspektive, wie denn eine solidarische Gesellschaft überhaupt aussehen soll, fehlt, dann ist der einzelne auf sich zurückgeworfen. Und diese Ohnmacht schlägt dann ganz merkwürdig um in eine Allmachtsphantasie (der von momorules nicht ganz zuunrecht geschmähte, von mir aber dennoch sehr geschätzte Freud wüßte da einiges dazu zu sagen). Die Allmachtsphantasie nämlich, nur durch sein eigenes individuelles Verhalten, wenn man es nur rigoros durchziehe, ließe sich die Welt verändern.

Diese Haltung ist recht alt, in ihrem Kern ist sie religiös: Die Welt ist sündhaft und nur durch rigorose Askese kann man dieser Sündhaftigkeit entkommen. Dazu muß die Welt selbst als das eigentlich Nicht-Seiende angesehen werden, als ein bloßer Schein, der die Gläubigen in Versuchung führt und den man durchschauen muß.

Und die säkulare Form dieser Theologie der Sündhaftigkeit der Welt ist - und damit komme ich zur Pointe dieses meines Kommentars - genau das, was Du sehr sachgerecht als Dekonstruktivismus beschrieben hast: Gesellschaftliche Verhältnisse sollen angeblich über kein eigentliches Sein verfügen; vielmehr sind sie nur historisch entstandener Schein und können durch bloße individuelle Umkremplung des eigenen Verhaltens geändert werden. Deshalb ist für die Gläubigen dieser politischen Theologie auch das Gender-I viel wichtiger als die Abschaffung der Leichtlohngruppen.

Und von dieser politischen Theologie sind wir alle, ob wir es wollen oder nicht, in mehr oder minder großem Maße angekränkelt, einfach aus Mangel an anderen Perspektiven. Und ich fürchte, wir hassen das an uns selbst, weil wir um die Vergeblichkeit wissen, und projizieren es dann auf Grüne, Akademiker etc., von denen wir uns vehement distanzieren, mit denen wir aber viel mehr Verhaltensweisen teilen, als wir uns selbst eingestehen wollen.

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Ich möchte doch einmal mehr - bei aller sonstigen Zustimmung - opponieren hinsichtlich des Passus, dass die gesellschaftlich wirksamen "Konstruktionen" im Sinne des Scheins, dem das Gender-i wichtiger sei als die Leichtlohngruppe, zu deuten sei. Wenn Lyotard die großen Erzählungen in pluralen Sprachspielen auflösen will, dann trifft natürlich genau das, was Du zu den verlorenen Perspektiven der Linken schreibst, leugnet aber nicht das gesellschaftliche Sein der Wirkung der großen Erzählungen. Habe neulich mal wieder die Einleitung zum "postmodernen Wissen" gelesen und war überrascht, wie stark er den Bezug auf Marx weiterhin fasst. Bei Foucault, der immer auch Marx-Kritiker war, finden sich unzählige Anknüpfungspunkte wie z.B. jenen, dass der unbefragte, gute, "heterosexuelle Genitalsex" im Rahmen der Kleinfamilie eben NICHT Gegenstand der Sexualwissenschaft ist, sondern alles, was sich dem damals im Zuge der Industrialisierung notwendigen Bevölkerungswachstum entzog, Gegenstand wurde - die hysterische Frau, das onanierende Kind, der Homosexuelle. Das ist ja nix, was nun Scheinhaftigkeiten untersuchen würde und dennoch eine Attacke, die die Kritik der Heteronormativität in dekonstruktivistischer Hinsicht vorbereiten half. Hat übrigens in der Hinsicht eine gewisse Komik, dass mir als Replik auf den oben verlinkten Text u.a. ausgerechnet "Hysterie" diagnostiziert wurde ;-) ... ich glaube deshalb auch, das Che die Rolle der Subjektivität etwas falsch verortet. Das, was die mir bekannten Dekonstruktivisten mit Ausnahme Baudrillards untersuchten, sind durchgängig die objektiven und tatsächlichen Bedingungen des Konstituion von Subjektivität. Dem sie freilich alternative Subjektivitäten entgegen stellten, indem sie den Objekten von Machtpraktiken, z.B. Gefängnisinsassen, Foucault, zur Sprache verhalfen. Was dann wieder direkt an Ches Alltagsgeschichte anknüpft bzw. diese vorbereitet hat.

Dass das alles im Zuge der Entwicklung der Cultural Studies zunehmend verschwand, ist wieder völlig richtig. Bei Stuart Hall z.B. war das noch anders. Und da muss man auch wieder hin.

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Mit der "historischen Mission der Arbeiterklasse" war schon Marx fertig, als er lieber die I. Internationale zum Teufel gehen ließ, als den Unfug der historischen Missionare noch länger mitzumachen.

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Alter Bolschewik, was Du ansprichst war schon in diesem Beitrag gestreift worden, die gehören ja zusammen:


http://che2001.blogger.de/stories/1747097

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@momorules: Ich fürchte, ich bin in dieser Hinsicht ein relativ verbohrter Marxist, der noch in antiquierten Kategorien wie Basis und Überbau denkt. Aus meiner Sicht ist es erst einmal die je historische Form der Produktivkräfte, die die Gesellschaft strukturiert. Danach die Produktionsverhältnisse, das heißt der institutionelle und rechtliche Rahmen, innerhalb dessen sich die Gesellschaft reproduziert. Und darüber erhebt sich dann ein ideologischer Überbau, der für das Funktionieren des Ganzen zwar wichtig ist, dem aber keine Autonomie zukommt, obwohl darin die Illusion vorherrschend ist, die Subjekte könnten weitgehend unabhängig von den objektiven gesellschaftlichen Strukturen agieren.

Die ganzen Studien von Foucault et al., die ja nicht zufällig nach dem Scheitern der Arbeiterbewegung als einer den Kapitalismus transzendierenden Kraft entstanden sind, könnten natürlich das Marxsche Modell ergänzen. Indem sie die Konstitution von Devianz im gesellschaftlichen Entwicklungsprozeß beschreiben, werfen sie, ex negativo, auch ein bezeichnendes Licht auf die Konstitution von gesellschaftlicher Zugehörigkeit. Und so gelesen bilden sie einen erhellenden Beitrag dazu, wie die eigentlich Ausgebeuteten dazu kommen, sich mit den Ausbeutern zu identifizieren, wie die Integration des männlichen, weißen, heterosexuellen Arbeiters in das System der kapitalistischen Produktionsweise gelingen konnte. Und zwar um einiges schlüssiger als irgendwelche leninistischen Imperialismustheorien.

Aber in dieser Perspektive wurde und wird das Ganze ja eigentlich nie rezipiert; im Gegenteil, im besten Fall kommt das Ganze als emanzipatorisches Alternativmodell daher, wo die angebliche historische Rolle der Arbeiterklasse jetzt den unterdrückten Minderheiten aufgebürdet wird, im schlechteren Fall als politische Theologie und im Normalfall einfach als akademische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme mit moralischem Sonderbonus.

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Achach, die Pointe ist doch ein bißchen billig oder? Ich sehe da mittlerweise ein Ergänzungsverhältnis und frag mich zudem immer, wieso eigentlich die Entwicklung der Produktivkräfte in der allgemeinen Debatte gar kein Thema mehr ist, sondern sie allesamt in wahlweise Liberalismen oder Simulakren denken, was ja wahrscheinlich das ist, was Du meinst, wenn vom Internet die Rede ist. Und das andere dann dubiosen Gestalten wie dem Kittler überlassen.

Was freilich die Produktionsverhältnisse betrifft, so, wie Du sie charakterisierst, ist z.B. "Überwachen und Strafen" ein großer Wurf. Und wenn es bisher nicht so rezipiert wurde, habe ich ja doch den Eindruck, dass wir das in unserem Blogger-Klüngel trotz gelegentlichen Aufeinanderkrachens genau das die ganze Zeit tun.

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Ooch, so schlecht fand ich die Pointe jetzt nicht. Bei Foucault und mehr noch bei seinen akademischen Anhängern (gibt's die eigentlich noch, oder ist das inzwischen auch wieder durch?) muß ich zugeben, daß ich da ziemliche vorurteilsbehaftet bin. Das hat historisch-biographische Gründe: Die Foucaultisten in der Freiburger Szene der 80er waren ziemliche Nervsäcke. Wobei ich auch zugeben muß, daß ich die historischen Studien Foucaults maximal kursorisch gelesen und mich mehr an den eher methodologisch-philosophischen Sachen wie "Die Ordnung der Dinge" abgearbeitet habe. Wenn's um Geschichte ging, hat mich Thompsons "Making of the English Working Class" einfach mehr interessiert als "Überwachen und Strafen". Liegt wahrscheinlich an meinem Status als weißer, heterosexueller (und dazu auch noch monogamer), weißer Arbeiterklassenabkömmling.

Und, ja, ich sehe in diesem Blog und seinem Umfeld, daß es anders geht - weshalb ich regelmäßig mitlese, wenn auch selten kommentiere, es sei denn, ich bin, wie heute, in Schreiblaune.

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Und ich finde wiederum witzig, in Dir einen indirekten alten Weggefährten wiedergetroffen zu haben. Begegnet sind wir uns ja nie, aber die Diskussionen zwischen den Freiburger autonomen Studis und dem "Hartmann-Bund" (bzw. die ausgetauschten Papers) haben ja stattgefunden.

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Das Treffen können wir ja nachholen - wenn Du mal auf dem Weg zum Klettern in den Alpen hier vorbeikommst, steht Dir mein Gästezimmer gerne zur Verfügung.

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Damit angenommen. Immer sehr gerne!

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Hast Du Administratorenrechte und siehst meine email-Adresse zwecks Kontaktaufnahme, wenn's konkret wird?

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@"Und Hitler war (vermutlich) BDSMler" ---- Nein, Hitler war der Devianteste von allen und gänzlich asexuell, was er selbst so ausgedrückt hat: "Mir ist keiner gewachsen!"

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@ Momo

Hierauf:

""Schwein" meine ich nie geschrieben zu haben, die Schimpfworte blieben bisher allenfalls G-Punkt vorbehalten. Aus guten Gründen."

möchte ich schnell noch eingehen.

Ich bin weder identisch mit G-Punkt (wir alle wissen, wen Du meinst: http://exportabel.wordpress.com/ ), noch kritiklos solidarisch mit ihm, und gegen seine "Vernichtungs"metapher habe ich mich ja auch immer gewandt (außer in ironischen Kontexten), aber ich kann seine Wut verstehen und hatte sie zT selber. Man weise mir nach, wo "G-Punkt" für die Vernichtung von Schwulen plädierte. Nirgends. Im Gegenteil. Genova plädiert, wie jede/r Vernünftige, dafür, dass jede und jeder muss leben können "nach dem Gesetz, nach dem sie/er angetreten"...

Lieber Momo: Wende Dich gegen die, die die Macht haben. exportabel hat m.W. keine Macht, ich habe sie allemal ebenso wenig. Wenn ich hier lesen muss, ich sei gewissermaßen Hetendominanzmachtausübungsmehrheitssschwein mit Privilegien, und an meinen Kontostand denke, kommt mir das Lachen des Verzweifelten hoch... Eventuell verwechselst Du mich mit anderen Hamburger Literaten. Wer mir da einfällt, weißt Du genau. Eben jener Fake-Jude, jener Netanjahu-zujubelnde Doessecker, der mir widerlichst mitgespielt hat. Der hat für seine "jüdischen" (hahaha) "randständigen" (nochmal hahaha!) Geschichten ordentlich Förderkohle abgezockt. Und? Ist das ne Aussage übers Judentum? Natürlich nicht! Es ist ne Aussage über den verlogenen Umgang Deutschlands mit seiner Geschichte. Und nun?

@che "Nein, Hitler war der Devianteste von allen und gänzlich asexuell, was er selbst so ausgedrückt hat: "Mir ist keiner gewachsen!""

wissen wir nicht, weiß niemand.

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Die Vernichtungsmetapher hat Genova nun permanent gebracht. Nein, er plädierte nicht für die Vernichtung von Schwulen, hat hier auch nie jemand behauptet, sondern meinte, momorules wolle ihn vernichten.

Was den Hitler-Spruch von Che angeht bewweist Du jetzt gerade Humorbefreiung.

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@ netbitch: "Nein, er plädierte nicht für die Vernichtung von Schwulen, hat hier auch nie jemand behauptet, sondern meinte, momorules wolle ihn vernichten." Da beweist nun Du Humor(oder Denk?)befreiung. Denk mal an: das habe sogar ich kapiert... Allerdings ist ihm das (er wolle Schwule gerade ziehen, heilen etc) dann durch die Blume sehr wohl herbeisuggeriert worden.

Ich schätze sein Blog ansonsten, aber da driftet er ab. Allerdings: In seiner kritik an linken Exklusionsmustern, linken Sprachverboten (exemplarisch hier vorgeführt) gebe ich ihm recht.

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Wirklich letzte Worte zu dem Thema:

Ich habe tatsächlich nie behauptet, G-Punkt wolle Schwule vernichten. Das ist schon dessen Dauerbrenner. Ich habe einmal im Kontext einer konkreten Auseinandersetzung geschrieben, dass, wenn G-Punkt seine Partyerfahrungen als relevant, mein schwules Selbstverständnis jedoch gleichgültig findet, das der symbolischen Vernichtung schwuler Erfahrung gleich käme, was eben gesamtgesellschaftlich so ist, dass diese negiert werden. Und das ist der Punkt, wo ich gelegentlich auch aggressiv im Gegenzug dieser Geltung verschaffen will. G-Punkt ist auch der einzige, dem ich tatsächlich Homophobie diagnostiziert habe, und angesichts von seinen Interventionen bei Netbitch halte ich ihn auch für einigermaßen frauenfeindlich. Der hat schlicht ein Problem mit Subjektivität, die sich aus seiner Perspektive deviant artikuliert. Seine letzten Ausfälle beim Spiegelfechter waren ja mal wieder mehr als nur grenzwertig - wer Erfahrungen in Stellung bringt, stilisiert sich selbst. Aha.

Und das ist nun ein Punkt, aber auch erst da, wo Du ins Spiel kommst, Hartmut: Jemand, der derartig mit Dreck und Unterstellungen und Erfundenem um sich wirft wie Du, Personengruppen durchgängig als "denunziatorisch" diagnostiziert, ihnen inquisitorische Säuberungsfantasien unterstellt, ganze Diskussionen damit bestreitet, als armes Opfer schlimmster Gemeinheiten sich aufzuspielen, kann ja Weihnachten mal nutzen, sich zu überlegen, was er selbst eigentlich permanent seinen Gesprächspartnern unterschiebt. Das ist noch nicht so krass wie diese Mischung aus Dummheit, Ignoranz und Arroganz, die G-Punkt zelebriert, aber immer noch schlimm genug. Anderen Leuten Tötungsabsichten permanent unterzuschieben, das aber natürlich gar nicht so zu meinen, sondern nur virtuell, ist schon von einer Deftigkeit, die schwer zu toppen ist. Wenn das dann noch 'ne Hete einem Schwulen gegenüber betreibt, während Evangelikale Milliarden investieren, um zu verbreiten, Schwule wollten heterosexuelle Lebensformen vernichten, ist auch nicht harmlos. Das unterscheidet Dich ja tatsächlich von dem, so was schreibst Du nicht.

Dass ich selbst auch heftig austeile ist mur schon klar; NICHTS von dem, was Du permanent erfindest, habe ich jedoch je behauptet, abgesehen von dem whm-Dominanzgehabe, das ich im RL keine zwei Minuten ertragen würde.

Der Grund, warum ich mich damit überhaupt auseinandergesetzt habe, ist, dass ich bestimmte Entwicklungen innerhalb des linksliberal-grün wählenden, Tocotronic hörenden Prenzlauer Berg-Feldes als außerordentlich bedrohlich erfahre. Und natürlich sind das mächtige Diskurse, und natürlich stehen Du und G-Punkt als weiße, heterosexuelle Männer auf der Seite der Macht. Die ihr im Sinne der Definitionsmacht ja auch ausgiebig nutzt.

So, das war's jetzt aber wirklich. Es besteht ja nun auch keinerlei Notwendigkeit zur Kommunikation, deshalb versteh ich auch nicht, wieso Du die überhaupt immer wieder fùhren willst. Laß mich doch einfach in Ruhe. Und wenn das hier so ein denunziatorisches Inquisitorenpack ist, woher stammt denn da das Bedürfnis, sich diesem ach so unerträglichen Horror immer wieder auszusetzen?

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"natürlich stehen Du und G-Punkt als weiße, heterosexuelle Männer auf der Seite der Macht."

Alos wer weiß und heterosexuell ist steht auf der Seite der Macht; als wenn man was für seine Hautfarbe oder sexuelle Orientierung könnte. Ziemlich rassistische Bemerkung.

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Weiße sind weiß
Auch dies wieder eine sehr rassistische Bemerkung. Als wenn man was für seine Hautfarbe könnte.

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"Jemand, der derartig mit Dreck und Unterstellungen und Erfundenem um sich wirft wie Du" mehr muss ich nicht lesen.

Um Dir (und auch Deinem begleitenden Personal) Dein Sprachgebahren zu spiegeln , habe ich einmal - nämlich in Mondos Blog - geschrieben "Ernst Röhm, äh, äh, Momo", dies deutlichst als Spiegelung ankündigend (d,h, insgesamt dreimal kurz hintereinander in einem konkreten thread). Kann man alles nachlesen. Screenshots are taken.

Dies lügst Du um zu einem "hat mich monatelang mit Röhm verglichen" - was einfach glatt gelogen ist. Du gehst inzwischen zur offenen, eiskalten Lüge über, Momo, um hier Deine Agenda durchzuzocken.

Ob es sich bei dieser Agenda um Psychoblödsinn a la Isi handelt (für die ich nichts als Mitleid empfinde), oder ob Du dafür bezahlt wirst, die kritische Bloggosphäre zu zerstören, kannst nur Du beantworten.

Mehr habe ich Dir nicht zu sagen.

Welcher Teufel kluge Leute wie che reitet, Dich hier zu unterstützen, weiß ich nicht, ist mir auch wumpe. Du bist ein Lügner, Momo. Ganz einfach.

edit: "wieso Du die überhaupt immer wieder fùhren willst" Du bist mir egal. Aber ich möchte Deine Lügen schon googlebar haben. Auch als Beispiel für die Linke. Ob Du es willst, oder bloß n Knall hast, weiß ich nicht, aber genau solche Strukturen zerstören die Linke. Deine Behauptung, ich stünde auf Seiten der Macht, ist jenseits des Verhandelbaren lächerlich. Wo ich stehe, habe ich jahrelang, als Lyriker in Underground-Printmedien jahrzehntelang unter Klarnamen klargemacht (und dafür belegbar mit u.a. beruflichen Nachteilen bezahlt!), etwa im "Gesamtdeutschen Merz 1995": Auf Seiten der Marginalisierten. Und das lasse ich mir von einem dahergelaufenen Internet-Anonymus, der belegbar und unstreitig lügt, nicht madig machen. Googlebegriffe: Momorulez, Lügner, lügt

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@willy: Es ist eine Sache, ob man sich grundsätzlich für einen Standpunkt entscheidet, eine andere, wie man von Anderen gesehen wird und eine dritte, wo man in gesellschaftlichen Relationen positioniert ist. Von Frauen, Schwarzen, Schwulen aus betrachtet stehen ALLE heterosexuellen Männer relativ gesehen in der Nähe der Macht, nämlich mehr als sie selber -aber eben auch nur über die Matrix "patriarchale Gesellschaftsstruktur" ungeachtet ihrer realen persönlichen Macht betrachtet. Als man mir in meiner Studienzeit mal erzählte, ich profitiere als Mann ja auch vom patiarchalen System erwiderte ich, ja klar, weil ich mich von meiner Mutter bekochen lasse, wenn ich Weihnachten bei Elterns bin. Einen anderen "Profit" konnte ich damals tatsächlich nicht feststellen. Aber auch nur deswegen, weil ich bis dato noch nicht darüber nachgedacht hatte, was es bedeutet, mit Vergewaltigungsängsten draußen rumzulaufen oder der Furcht, für Schwul- Schwarz- oder Sonstwieanderssein verprügelt zu werden.

Beruflich profitiere ich vom Patriarchat tatsächlich überhaupt nicht: Dass ich als Selbstständiger Monat für Monat neue Aufträge akquirieren muss, verdanke ich der Frauenquote bei der Stellenbesetzung an Universitäten. Aber ich beklage mich deswegen nicht. Die Vorteile, die ein weiß-heterosexueller Schwanzträger hat dürften noch überwiegen, aber: ausgesucht hat sich die niemand.

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Willy, der immer dann abermals sich zudrängt, wenn die Gnade des Vergessens seine Existenz tilgte, weiß, wie man die eingeschlürfte Milch der schlichten Denkungsart anderen auf die Schuhe reiert:

"'natürlich stehen Du und G-Punkt als weiße, heterosexuelle Männer auf der Seite der Macht.' Alos wer weiß und heterosexuell ist steht auf der Seite der Macht; als wenn man was für seine Hautfarbe oder sexuelle Orientierung könnte. Ziemlich rassistische Bemerkung."

Mal davon abgesehen, dass Willy Wuff allein kraft seiner Vollhorstigkeit auch dann auf der Seite der Macht stünde, wenn er blaukariert, omnisexuell und hypertransgegendert wäre, fühlt auch Hartmut von dieser Äußerung Momorulez' sich angegriffen.

Dabei ist nicht schwer zu erkennen, dass niemand aus der (Kultur-)Geschichte sich verabschieden kann, und die weiße Mannhete hängt unausweichlich in der Geschichte drin, in der sie nun mal drinhängt. Hartmut selbst hatte das mal schön ausgedrückt, ich zitiere aus dem Gedächtnis: "Einmal den Sklavenhandel aufgezogen; einmal den rosa Winkel aufgezwungen, und es ist verdorben für immer."
Das war der erste Punkt.

Der zweite Punkt betrifft jeden von uns unmittelbar: Wer einen bürgerlichen Brotberuf ausübt, und welchen sollte er sonst ausüben, ist empirisch Teil der Verwertungsmachtmaschine, unabhängig davon, wie er, intelligibel, die Macht kritisiert.

Der Schuld, welche die privilegbasierte Kritik in Gestalt des privilegierten Intellektuellen mitschleppt, ist nicht zu entkommen. In den Stand der intellektuellen Schande jedoch tritt erst ein, wer von dem Privileg den falschen Gebrauch macht.
Ohne Schuld und 'rein' in diesem Sinn ist der chinesische Wanderarbeiter. Der aber strebt, wie ich heute lese, stark dem Christentum zu. Da hatte Nietzsche wohl recht.

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"In den Stand der intellektuellen Schande jedoch tritt erst ein, wer von dem Privileg den falschen Gebrauch macht."

So kann man "auf der Seite der Macht stehen" allerdings lesen; als "Partei ergreifen" für diese Seite. Also in dem Sinn, in dem man auf der Seite mißhandelter Kinder stehen kann, ohne selbst ein mißhandeltes Kind zu sein.
Warum man das im gegebenen Zusammenhang allerdings so lesen sollte, erschließt sich mir nicht.

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Mir auch nicht. Als weißer Mann habe ich selbstverständlich bestimmte Probleme im Beruf NICHT, die Frauen haben - z.B. dieses ständige, positiv wie negativ, sexualisiert werden. Oder unter "blondes Dummchen" abgeheftet. Oder ... ich werde auch als Weißer nicht alle Nase lang in Polizeikontrollen landen, grundsätzlich geduzt werden oder angesprochen werden, als sei ich ein bißchen doof. Und Panikattacken im selben Sinne muss ich auch nicht haben, wenn ich mit dem Auto mitten in Meck-Pomm liegen bleibe.

Eine schwarze Freundin von mir hat mal erzählt, wie man sich ihr gegenüber verhält, wenn sie sich in einer Bank wegen Altersvorsorge beraten lässt. Sie hat dann einen schwarzen Berater gefordert, der musste aus einer anderen Filiale kommen. Nun kann man sich ergänzend vorstellen, wie die sich verhalten hätten, wenn sie kein Geld für die Altersvorsorge hätte. Das Klassismus-Kriterium gehört zu whm halt immer mit dazu. Die spricht mich auch immer, völlig zu recht, explizit als Weißen an, schlicht und ergreifend, um mir das Partikulare meiner Perspektive klar zu machen. Gut so. Dass das dann der eigentliche Rassismus sei, wie Willy glauben möchte, ist ja beliebtes Spiel auch in der PI- Kommentarsektion. Natürlich, um davon abzulenken, wie Rassismus als soziale Tatsache ganz alltäglich wirkt. Das ist ja die Liberalismus-Falle, Symetrie da voraus zu setzen, wo sie nicht gegeben ist. "Die Macht wirkt in den Beziehungen", Macht ist relational, nicht intentional, kann man bei Foucault lesen. Und es kann wohl keine Rede von "kritischer Blogosphäre" sein, wo derartige Zusammenhänge nicht reflexiv und vor allem auch selbstreflexiv (!!!) Thema sind. Wer dergleichen unter "Politiksäuberung" und "Denunziation" verbucht, hat den Sinn von Kritik gar nicht verstanden und trägt, ob nun gewollt oder nicht, zur Stabilisierung der Verhältnisse bei. "Critical Whiteness" z.B. gehört schon auch dazu, lieber Willy.

Aber Ernst Röhm war schwul!

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also, erbeten oder unerbeten, ich ergreife nochmal das Wort. Mehrfach. Ist durchnummeriert. Wie sich das für einen hohlen, flachen Analytiker gehört.

(1) @ momo "Das ist ja die Liberalismus-Falle, Symetrie da voraus zu setzen, wo sie nicht gegeben ist." Aber wo bestreite ich das? So bekloppt, nicht zu sehen, dass Schwule auch heute noch ausgegrenzt werden (können), bin nicht einmal ich.

Du schreibst aber auch: "wenn ich mit dem Auto mitten in Meck-Pomm liegen bleibe." Und da sitze ich dreckiges Hetendominanzschwein da und frage mich: Welches Auto? Der hat ein Auto? ich kann mir keines leisten, ich habe keins. Du hast also eines? Wie würdest Du Dich fühlen, wenn ich Dich ab sofort als "ökonomisch vom Neoliberalismus privilegierten Autobesitzer" ansprechen würde? Komm, Momo, erzähl mir nicht, das sei Dir gleichgültig! Das ist doch die Scheisse, um die es geht - teile und herrsche! Der schwule, linke, antinazi-Emigranten-zeitschriften herausgebende "Halbjude" (nach Nazi-Rasse-Kriterien) Klaus Mann ergeht sich 1934 in Amsterdam in Antisemitismus... Und 1943 erzählte Herr Dr. phil Goebbels, die Toten von Katyn seien von den Stalinisten ermordet worden, während die (großartige!) Emigrantenszene erklärte, das seien Nazi-Massengräber. Heute wissen wir: Goebbels hatte sozusagen regelbestätigender und ausnahmsweise mal Recht. Darum, diese schmerzlichen Erkenntnisse auszuhalten, geht es mir. (Historisch bemerkt: Goebbels hatte natürlich nicht Recht. Die Katze kann bekanntlich das Mausen nicht lassen, und so musste Goebbels selbst hier, wo er ausnahmsweise problemlos die Wahrheit hätte sagen können, lügen. Katyn war ihm nicht ein Massenmord der Stalinisten - was gestimmt hätte -, sondern eine Verschwörung des internationalen Judentums...)


(2) @ noergler: Wird Dich wundern, aber ich unterschreibe alles. Insbesondere dies: "Hartmut selbst hatte das mal schön ausgedrückt, ich zitiere aus dem Gedächtnis: "Einmal den Sklavenhandel aufgezogen; einmal den rosa Winkel aufgezwungen, und es ist verdorben für immer."" War ein Kafka-Zitat: Einmal dem Rufen der Nachtglocke gefolgt - es ist nicht mehr gut zu machen. Wir alle sind kontaminiert; ich natürlich auch. Aber dass die, die - wie alle - nicht nur kontaminiert sind, sondern sich dieser Kontaminierung soeben bewusst wurden, sich dann auch noch untereinander fertig machen ("ich bin abba sooo wääänich wääänigah kontaminiert wie Duuuuu!"), das spielt den Herrschenden ganz herrlich in die Karten.

Darüber würde ich gerne diskutieren. Aber nicht mit einem (ääätsch!) selbstgefälligen ökonomisch privilegierten Hamburger Autobesitzer...Muss ich das Ironieglöckchen jetzt erschallen lassen?

axo, ich habe mein ceterum censeo vergessen: Nein, genova ist kein Schwulenhasser. Warum auch sollte er das sein?

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@ che: "Beruflich profitiere ich vom Patriarchat tatsächlich überhaupt nicht: Dass ich als Selbstständiger Monat für Monat neue Aufträge akquirieren muss, verdanke ich der Frauenquote bei der Stellenbesetzung an Universitäten."

Und damit bist Du das (natürlich linke) Bauernopfer - boah, guckt mal, wir machen watt für de Frauen! Wenn Du Dich hinstellen würdest (was Du begrüßenswerter Weise nicht tust) und Dich als Opfer des feminismus stilisiertest, hättest Du das falsche Bewusstsein.

Wenn sich Alice Schwarzer hinstellte, und im Fachblatt für Feminismus BILD schriebe, das sei generell und undiskutierbar richtig, hätte sie es.

Dumm ist nur folgendes: bei Dir muss ich den Konjunktiv nicht in den Indikativ verwandeln. Bei Alice Schwarzer schon...

PS: Nehmen wir mal an, ICH hätte die betreffenden zeilen geschrieben: "Beruflich profitiere ich vom Patriarchat tatsächlich überhaupt nicht: Dass ich als Selbstständiger Monat für Monat neue Aufträge akquirieren muss, verdanke ich der Frauenquote bei der Stellenbesetzung an Universitäten." Was hätte man mir per "Dekonstruktion" hieraus gefolgert? Wollen wir das ausmultiplizieren?

axo, mein ceterum censeo: Nein, Genova ist kein Schwulenhasser.

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@ hllizi Sonntag, 26. Dezember 2010, 01:08

Als ich schrieb: "In den Stand der intellektuellen Schande jedoch tritt erst ein, wer von dem Privileg den falschen Gebrauch macht", hatte ich eine Selbstverständlichkeit vorausgesetzt, die jedoch offenbar als selbstverständlich nicht länger vorausgesetzt werden kann.
Es folgt nämlich daraufhin von Dir etwas mit mißhandelten Kindern, und dass sich Dir das "nicht erschließt". Auch Momorulez erschließt sich das nicht – und mir auch nicht.

Es ist so: Ein Intellektueller verfügt über eine Ausbildung, die teuer war. Das ist das Privileg. Falschen Gebrauch des Privilegs macht, wer sich dem affirmativen Flachsinn ergibt, obwohl er es qua Ausbildung besser könnte: nämlich das Hirn anstrengen und den „kritischen Weg“ gehen, „der allein noch offen ist“, wie Bersarin es so gerne zitiert.
(Mit mißhandelten Kindern und sonstigen Kümmernissen der gesellschaftlichen Oberfläche hat das erstmal überhaupt nichts zu tun.)

Das und nichts anderes bedeutet mein Satz. Das allerdings erst noch erklären zu müssen, ist ein höchst verwunderlicher Umstand.

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Ich besitze kein Auto, bin qua Herkunft, Ausbildung, Einkommen nicht mehr, seitdem ich eine eigene Firma habe, und deutlich am wenigsten verdiene, mal ab von den Praktikanten, vorher schon, hoch privilegiert. Allein das ganze symbolische Kapital, das Auftreten, die klassenspezifische Artikulationsfähigkeit (Bildungsbürgertum) - natürlich nutze ich das ggf. auch zu Dominanzzwecken, z.B. meinen ehemaligen Chefs gegenüber, die nicht über diesen Bildungshintergrund verfügten. Die Tatsache, dass ich das Eigenkapital zur Firmengründung aufbringen konnte, ist ebenfalls ein Privileg, das wenig mit bisherigen Leistungen zu tun hatte. Mein Schwager hatte mal eine unerfreuliche Knast-Erfahrung; der hatte da eine guten Stand unter Knackis, weil er lesen und schreiben kann. Ist halt ergänzend, siehe Nörgler, die Frage, was man draus macht.

Und wenn ich was über Hartz IV schrübe und ein Betroffener käme daher, ey, Schnauze, ich erzähl Dir mal, wie das ist, Drecks-Bildungsbürger, würde ich zuhören, anstatt dann monatelang beleidigt zu sein und ihn einesTages auch noch der Lüge zu bezichtigen. Wir hatten ja solche Situationen auch in meinem Blog, dass Che und ich diesbezüglich durchaus zu recht auf die Nase bekamen.

DAS ist ja das Unerträgliche bei den vollends Aufgeklärten, dass sie ihre Schwarzen, Juden, Frauen, Schwulen, Deklassierten irgendwann wüst beschimpfen, wenn die nicht wunschgemäß als Objekt der moralischen Bedürfnisbefriedigung funktionieren. Netbitch hat das neulich gut auf den Punkt gebracht. Die werden dann mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln - snd ja wenige, Google-Cache, dumme Postings in Blogs Dritter usw. - bekämpft. Das erleben meine schwarzen Freunde exakt genau so. Weil dieses völlig absurde pseudolinke Platzhirschverhalten - "Für die Schwulen kämpfe immer noch ich! Also haltet die Schnauze, Ernst Röhm war schließlich auch schwul, glaubt man bloß nicht, dass IHR, denen ich den Lifestyle finanziere, nun bessere Menschen wäret!", was wie üblich nie jemand behauptet hat, das mit den besseren Menschen, und das mit dem "Lifestyle finazieren" ist reaktionär-systemimmanent, aber typisch - und die ganze, Politik verhindernde, nervtötende Debatte rund um narzißtische Kränkung geht von vorne los. Unerträglich.

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Das kann ich jetzt einfach nur unterschreiben.

Abgesehen davon, dass ich ein Auto besitze und in letzter Zeit schon zweimal per Eispickel freihacken musste;-)

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Ja, es gibt diese Tage, an denen eine Standheizung mit Funkfernbedienung die staunenswerte Rastlosigkeit menschlichen Erfindergeistes dokumentiert.

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Das sind dieselben Tage, an denen das Umleiten eines Fluges von Toronto nach Heathrow nach Amsterdam und nach abgebrochenem Landeanflug dort nach Frankfurt mit automatischer Anschlussbuchung nach Hannover von der bewundernswerten Kreativität des Berufsstandes der Fluglotsen verrät.

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@noergler:

Es liegt wohl an einer schwachen Formulierung, daß ich nicht gesagt habe, was ich zu sagen beabsichtigte. Insbesondere die mißhandelten Kinder ziehe ich aus gutem Grund zurück, allerdings nicht aus einem inhaltlichen.

Sagen wollte ich, daß die Behauptung, jemand stehe auf der Seite von etwas, einerseits so gelesen werden kann, daß er für diese Seite Partei ergreife, daß er sich also für deren Sache 'stark mache'. Das entspräche einem falschen Gebrauch des Privilegs. Andererseits aber kann die Behauptung so gelesen werden, wie sie hier zu lesen ist: Jemand gehört einer Seite an, ohne daß es seinen von je her gehegten Wünschen entspricht; und ohne es ändern zu können. Etwa wie sich Julia die Seite der Capulets nicht ausgesucht hat.

Was sich mir nicht erschließt ist, daß die Formulierung hier im erstgenannten Sinne verstanden wurde, anstatt im letztgenannten.

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@momorulez,

Ja wenn deine Perspektive so partikular ist wie du selber sagst, solltest du nicht so eine dicke Lippe riskieren und mal kurz alle heterosexuellen Weißen a priori abqualifizieren. Wie wär´s mit ein bisschen Selbstreflexion, vielleicht kommst du dann darauf, dass du ständig an alle Welt Maßstäbe anlegst, die du selbst nicht einhältst.

„Das ist ja die Liberalismus-Falle, Symetrie da voraus zu setzen, wo sie nicht gegeben ist.“

Wenn ich sage „Alle Schwarzen sind faul“, oder „alle Weißen sind Rassisten“, handelt es sich in beiden Fällen um Allaussagen über empirisch identifizierbare Gruppen; ob diese Aussagen richtig oder falsch sind, lässt sich also nachprüfen. Wenn sich ein Schwarzer finden lässt, der nicht faul ist und ein Weißer, der kein Rassist ist, sind sie widerlegt. Es sei denn, man definiert Rassismus als metaphysische Qualität, die sich nicht im Verhalten äußert aber trotzdem vorhanden ist (wie du es offenbar tust). Das muss man dann aber nicht besonders ernst nehmen, wie das meiste was du so von dir gibst, momo.

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Nix für ungut, willy, aber da läufst du gerade unter deiner eigenen Messlatte durch. Bei dem meisten, das du so von dir gibst glaube ich nämlich nicht, dass du irgendwas von momorules Äußerungen überhaupt begrifflich erfasst.

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Das kommt daher, dass Willy philosophiegeschichtlich noch mit der Erarbeitung der Vorsokratiker befaßt ist. Bis zu den Theorien des 20. Jahrhunderts ist es noch ein weiter Weg.

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Du hast Mail!

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Ich glaub ja eher, die Vorsokratiker überforderten den Willy - der hat die Wiederholung einer Popper-Doku von '89 auf BR-Alpha gesehen, die zweite Hälfte davon, dachte, das passt ja zu den Gänsen von Konrad Lorenz, von denen sein Vater immer erzählt hat, und übt jetzt Anwenden. Da das ja an sich prima ist, also der Versuch, Wissen eigenständig, aber mit Netz, anzuwenden, sollten wir ihn vielleicht dafür loben? Toll, Willy! Gut gemacht!

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NB, bist Du jetzt in Buxtehude oder wieder in Kassel? Wie war die Fahrt?

Unser Willy ist eine Geistesgröße ganz eigener Art. Er vertritt den sogenannten Kleinfritzchen-Empirokritizismus, der, von Dühring begründet, die Sach-und Heimatkunde mit der Mengenlehre verknüpft. Respekt, wem Respekt gebührt!

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Schon OK. Ich hab' auch keine inhaltliche Erwiderung von euch erwartet.

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Kompromißlos genial.

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Norresundsby.

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