Mittwoch, 23. Februar 2011
Jetzt ist es arschklar
Arabische Massen, die Demokratie wollen, europäische dämokratische Machthaber, die ihnen das nicht zugestehen wollen und abwiegeln, gar vergrämt sind, weil die Abwehr von Flüchtlingen nach Europa, die arm sind, weil unsere Länder reich sind und umgekehrt nun durch die stürzenden Satrapen im Maghreb und Madschrev nicht mehr garantiert werden kann, dass die verarmten Massen des Südens zurückgehalten werden können, das alles offenbart den der bestehenden Weltordnung und der europäischen Demokratie, die im Weltmaßstab eine oligarchische Elitenherrschaft ist innewohnenden verdeckten Rassismus. Christa Wolfs Satz aus "Kassandra" "Lasst Euch nicht von den Eigenen täuschen" hat man am Deutlichsten in Ägypten begriffen, in Europa besteht Nachhilfebedarf. Je weiter die europäischen Eliten sich dem Pochen auf einen Freiheitsbegriff, den sie selber gepredigt haben in der arabischen Welt verweigern, desto mehr stellen sie sich ins Abseits - wo sie hingehören. Die Vorstellung einer antiimperialistischen Front, die nicht aus avantgardistischen Kaderparteien und Guerrillabewegungen, sondern aus den sich erhebenden Volksmassen geknechteter Gesellschaften besteht, also das, was den Neuen Antiimperialismus seit 30 Jahren umgetrieben hat scheint jetzt wahr zu werden - und die Regime Europas reagieren mit Intransigenz oder arroganter Berater-Mentalität, die ihnen von Denen, denen sie sie anbieten, nicht ernst genommen wird.

http://www.youtube.com/watch?v=5Ho5u9_EMSI

... comment

 
Der Westen verhält sich immer ambivalent gegenüber Emanzipierungsbestrebungen in den Meeren des Südens.
1. Realpolitik. Geschäfte auch mit Unterdrückungs-Staaten. Zynisch wird das manchmal damit begründet, dass wir ja einen Sozialstaat zu finanzieren haben.
2. Idealismus. Gruppen, die für Werte wie Rechtsstaatlichkeit und Demokratie eintreten werden friedlich unterstützt. Auch gegen den jeweiligen strongman.
3. Neokon. Gruppen, die angeblich für Werte wie Rechtsstaatlichkeit und Demokratie eintreten werden auch militärisch unterstützt. Funktioniert natürlich nicht, weil Respekt und Empathie für die jeweiligen Zielgebiete fehlen und viel colateral damage erzeugt wird.

So Gesellschaften in den Meeren des Südens enthalten eben auch konservativere Elemente. Für wirtschaftliche Entwicklung ist das wohl sogar überlebensnotwendig. Ich seh sowas wie einen Zielkonflikt zwischen a) hoher Integration marginalisierter Kräfte in die Gesellschaft und b) Wachstum. Wenn a) zu stark wird, gibts kein b) und b) wird auf Dauer für a) benötigt. b) mit zuwenig a) führt am Ende zur Destabilisierung und neuen Aufständen. Es wird starke Elemente in Ägypten geben, die sich die Türkei zum Vorbild nehmen. Indonesien wohl eher nicht. Hört man leider wenig von. Auch so ein interessanter Fall.

Letztlich benötigt Europa für unsere Festungspolitik kein oppressives Nordafrika.

Die Protagonisten auf dem Tahrir bestanden zu nicht geringen Teilen aus der u35 der oberen Mittelschicht.

Ziemlich wahrscheinlich wird in den nächsten 6 Monaten in Brasilien eine Blase platzen. Ist auch nicht wirklich offtopic. Da gabs in den letzten 5 Jahren viel a) und b) aber b) scheint zu sehr auf einer blasenhaften Kreditinflation zu beruhen (viele Kredite zu irrsinnig hohen Realzinsen).

Entwicklung ist ein mühsames und zähes Geschäft mit vielen Rückschlägen.

... link  


... comment