Sonntag, 5. Februar 2012
Die Philosophie
che2001, 19:12h
Die Philosophie, wie sie an deutschen Universitäten gelehrt wird, beschäftigt sich zum Beispiel mit Plato, Aristoteles, Descartes, Hume, Spinoza, Kant, Schelling, Hegel, Marx, Jaspers, Adorno, Horkheimer, Heidegger oder Gadamer, aber Laotse, Kungfutse, Mo-Ti, Yogacaras, Krishnamurti, Dogen Zenji, Abu Khayyam, Ibn Rushd kommen allenfalls in Werte-und-Normen-Büchern für den Schulunterricht vor, kaum in der akademischen Lehre des Fachs. Gleiches gilt für Judith Butler, Elizabeth Cady Stanton, Angelina Grimke oder Charllotte Perkins Gillman.
Will sagen: Eigentlich müsste das Fach "Europäische Männer-Philosophie" heißen.
Will sagen: Eigentlich müsste das Fach "Europäische Männer-Philosophie" heißen.
... comment
noergler,
Sonntag, 5. Februar 2012, 22:58
Die Denkformen sind kontinent- und geschlechterunabhängig. Dass die Formen des Geistes von Europäern bestimmt wurden – man nennt es „Erkenntniskritik“ – ist eher ein Vorzug denn Anlaß, über "Europäische Männerphilosophie" zu ironisieren. Den berühmten Aristoteles-Kommentator Ibn Rushd (Averroes) hast Du übrigens falsch einsortiert. Der gehört klar zur europäischen Männerphilosophie.
Zur Erkenntniskritik hat die Reihe Laotse bis Khayyam nichts beigetragen. Von diesen Herren stammen entweder lebenspraktische Leitsätze, die in den Management- und Selbstständigen-Seminaren des Sich selbst neu Erfindens wiederkehren, oder sie produzierten nebelartige Mystizismen, die sowieso keine Sau braucht.
Krishnamurti gar war ein Irrer, der sich als Messias verehren ließ und mit Rudolf Steiner rumhing.
Die von Dir beschworene Damenriege steht für Bürger- und Frauenrechte. Das war deren Job, in dem sie Bedeutendes leisteten. Ich halte es für unsachlich und für unfair diesen Frauen gegenüber, sie künstlich gegen Hegel et. al. antreten zu lassen, weil die beiden Denk- und Handlungsfelder nichts miteinander zu tun haben.
Zur Erkenntniskritik hat die Reihe Laotse bis Khayyam nichts beigetragen. Von diesen Herren stammen entweder lebenspraktische Leitsätze, die in den Management- und Selbstständigen-Seminaren des Sich selbst neu Erfindens wiederkehren, oder sie produzierten nebelartige Mystizismen, die sowieso keine Sau braucht.
Krishnamurti gar war ein Irrer, der sich als Messias verehren ließ und mit Rudolf Steiner rumhing.
Die von Dir beschworene Damenriege steht für Bürger- und Frauenrechte. Das war deren Job, in dem sie Bedeutendes leisteten. Ich halte es für unsachlich und für unfair diesen Frauen gegenüber, sie künstlich gegen Hegel et. al. antreten zu lassen, weil die beiden Denk- und Handlungsfelder nichts miteinander zu tun haben.
... link
che2001,
Sonntag, 5. Februar 2012, 23:25
@"Krishnamurti gar war ein Irrer, der sich als Messias verehren ließ und mit Rudolf Steiner rumhing." --- Das war nicht der einzige versteckte Witz, der da oben steht;-)
... link
che2001,
Sonntag, 19. Februar 2012, 19:04
Der alte Krishnamurti war anders
Im Alter vertrat Krishnamurti eine Art spirituellen Anarchismus, verwarf die Theosophie wie die Anthroposophie und das Gurutum an sich.
Aber das ist der letzte Hinweis meinerseits vor der Auflösung.
Aber das ist der letzte Hinweis meinerseits vor der Auflösung.
... link
... comment
avantgarde,
Montag, 6. Februar 2012, 01:23
Denkerinnen, die mir während meines (kulturwissenschaftlich-philologischen) Studiums untergekommen sind:
Theano (* spätes 6. Jhd. v. Chr.)
Aspasia aus Milet (ca. 460–401 v. Chr.)
Hipparchia aus Thrakien (* um 340 v. Chr)
Hypatia von Alexandria (ca. 370–415)
Hildegard von Bingen (1098–1179)
Christine de Pizan (1365-1430)
Marie de Gournay (1565–1645)
Anne Conway (1631–1679)
Laura Bassi (1711-1778)
Olympe de Gouges (1748–1793)
Mary Wollstonecraft (1759-1797)
Bertha von Suttner (1843-1914)
Lou Andreas-Salomé (1861-1937)
Helene Stöcker (1869–1943)
Rosa Luxemburg (1871–1919)
Edith Stein (1891–1942)
Käte Hamburger (1896-1992)
Hannah Arendt (1906–1975)
Simone de Beauvoir (1908–1986)
Simone Weil (1909–1943)
Iris Murdoch (1919-1999)
Luce Irigaray (*1932)
Ruth Millikan (*1933)
Sarah Kofman (1934–1994)
(Liste nicht komplett)
Theano (* spätes 6. Jhd. v. Chr.)
Aspasia aus Milet (ca. 460–401 v. Chr.)
Hipparchia aus Thrakien (* um 340 v. Chr)
Hypatia von Alexandria (ca. 370–415)
Hildegard von Bingen (1098–1179)
Christine de Pizan (1365-1430)
Marie de Gournay (1565–1645)
Anne Conway (1631–1679)
Laura Bassi (1711-1778)
Olympe de Gouges (1748–1793)
Mary Wollstonecraft (1759-1797)
Bertha von Suttner (1843-1914)
Lou Andreas-Salomé (1861-1937)
Helene Stöcker (1869–1943)
Rosa Luxemburg (1871–1919)
Edith Stein (1891–1942)
Käte Hamburger (1896-1992)
Hannah Arendt (1906–1975)
Simone de Beauvoir (1908–1986)
Simone Weil (1909–1943)
Iris Murdoch (1919-1999)
Luce Irigaray (*1932)
Ruth Millikan (*1933)
Sarah Kofman (1934–1994)
(Liste nicht komplett)
... link
... comment
roger.kint,
Montag, 6. Februar 2012, 10:38
hm
Ich weiss nicht, wo Du Dein Pauschalurteil hernimmst.
Wenigstens Rushd und Khayyam sind mir an zwei Berliner Universitäten im Philosophie-Studium begegnet. Und an Butler führte sogar kaum ein Weg vorbei, Adorno und Horkheimer musste man dagegen förmlich suchen.
Wieso hast Du nicht die Leute aufgeführt, die einem wirklich permanent über den Weg laufen (Foucault, Wittgenstein, Davidson, Quine, Putnam, Ayer, Arendt, de Beauvoir, Nietzsche Nussbaum, Haraway, Sartre...)?
Und worin besteht die logische Verknüpfung, ein Fach als sexistisch und "rassistisch" zu beschimpfen, weil vermeintlich(!) zu seinen historischen Größen vor allem "weisse" Männer zählen?! Ist es nicht viel mehr banalerweise so, dass der von Dir gewählte Zeitraum (Antike bis 1960er) ziemlich sexistisch und rassistisch war?
Und was soll der Hinweis auf Kunfutse und dergleichen? Ist die Medizin als Wissenschaft auch rassistisch, weil sie an der Errungenschaft, evidenzbasiert zu sein, festhält, statt die Größen der "TMC" und ähnlichen Humbug abzufeiern?
Wenigstens Rushd und Khayyam sind mir an zwei Berliner Universitäten im Philosophie-Studium begegnet. Und an Butler führte sogar kaum ein Weg vorbei, Adorno und Horkheimer musste man dagegen förmlich suchen.
Wieso hast Du nicht die Leute aufgeführt, die einem wirklich permanent über den Weg laufen (Foucault, Wittgenstein, Davidson, Quine, Putnam, Ayer, Arendt, de Beauvoir, Nietzsche Nussbaum, Haraway, Sartre...)?
Und worin besteht die logische Verknüpfung, ein Fach als sexistisch und "rassistisch" zu beschimpfen, weil vermeintlich(!) zu seinen historischen Größen vor allem "weisse" Männer zählen?! Ist es nicht viel mehr banalerweise so, dass der von Dir gewählte Zeitraum (Antike bis 1960er) ziemlich sexistisch und rassistisch war?
Und was soll der Hinweis auf Kunfutse und dergleichen? Ist die Medizin als Wissenschaft auch rassistisch, weil sie an der Errungenschaft, evidenzbasiert zu sein, festhält, statt die Größen der "TMC" und ähnlichen Humbug abzufeiern?
... link
che2001,
Montag, 6. Februar 2012, 12:37
@Roger Kint:
"Und an Butler führte sogar kaum ein Weg vorbei, Adorno und Horkheimer musste man dagegen förmlich suchen.
Wieso hast Du nicht die Leute aufgeführt, die einem wirklich permanent über den Weg laufen (Foucault, Wittgenstein, Davidson, Quine, Putnam, Ayer, Arendt, de Beauvoir, Nietzsche Nussbaum, Haraway, Sartre...)?" ----- Ich habe nun nicht Philosophie studiert, aber zumindest in den Zeiten, in denen ich mich an der Uni aufhielt - weit mehr als meine Studienzeit -
musste man nach Foucault und Butler suchen, wer ist Quine? , von Haraway und Nussbaum habe ich auch noch nie etwas gehört, und Horkdorno war der Standard, an dem alles gemessen wurde.
Dass allerdings weiße überwiegend europäische Männer das ausmachen, was nicht nur die Philosophie, sondern die Standarddefinition von Realität überhaupt bestimmt, das halte ich für eine kaum bestreitbare Tatsache. Und doch habe ich da oben ein paar witzige Fallen eingebaut, das macht ja den Spaß aus beim Mindfuck;-)
"Und an Butler führte sogar kaum ein Weg vorbei, Adorno und Horkheimer musste man dagegen förmlich suchen.
Wieso hast Du nicht die Leute aufgeführt, die einem wirklich permanent über den Weg laufen (Foucault, Wittgenstein, Davidson, Quine, Putnam, Ayer, Arendt, de Beauvoir, Nietzsche Nussbaum, Haraway, Sartre...)?" ----- Ich habe nun nicht Philosophie studiert, aber zumindest in den Zeiten, in denen ich mich an der Uni aufhielt - weit mehr als meine Studienzeit -
musste man nach Foucault und Butler suchen, wer ist Quine? , von Haraway und Nussbaum habe ich auch noch nie etwas gehört, und Horkdorno war der Standard, an dem alles gemessen wurde.
Dass allerdings weiße überwiegend europäische Männer das ausmachen, was nicht nur die Philosophie, sondern die Standarddefinition von Realität überhaupt bestimmt, das halte ich für eine kaum bestreitbare Tatsache. Und doch habe ich da oben ein paar witzige Fallen eingebaut, das macht ja den Spaß aus beim Mindfuck;-)
... link
genova68,
Montag, 6. Februar 2012, 13:13
"Horkdorno war der Standard, an dem alles gemessen wurde."
Aber nicht in Göttingen. Da durfte man diese Namen nicht mal aussprechen, sonst wurde man von Konerad Cramer persönlich geköpft. Und das galt für jeden Philosophen, der nicht schon mindestens 100 Jahre tot war.
Aber nicht in Göttingen. Da durfte man diese Namen nicht mal aussprechen, sonst wurde man von Konerad Cramer persönlich geköpft. Und das galt für jeden Philosophen, der nicht schon mindestens 100 Jahre tot war.
... link
che2001,
Montag, 6. Februar 2012, 13:49
Echt? Ich habe die in Göttingehn als Gottheiten erlebt.
Allerdings nicht bei Herrn Cramer, den ich nur aus Gremien kannte, sondern bei Studierenden der Philosophie und bei Profs der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und den Sowis.
Allerdings nicht bei Herrn Cramer, den ich nur aus Gremien kannte, sondern bei Studierenden der Philosophie und bei Profs der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und den Sowis.
... link
roger.kint,
Montag, 6. Februar 2012, 20:41
tja, vielleicht liegt's am Altersunterschied. "Horkdorno" habe ich in der Philosophie an HU und TU völlig vermisst, auch wenn ich wirklich danach gesucht habe (in Politikwissenschaften sah es zugegebenermaßen etwas anders aus). Foucault und Butler waren zwar keineswegs Standard, aber leicht zu finden und schwer zu vermeiden. Keine Ahnung, warum wir so unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben (liegt es nur an der jeweiligen "Brille"?). Will jetzt auch keine alten KVVs rausgraben, um irgendetwas zu beweisen. Dennoch: Dafür, dass Du selbst nie Philosophie studiert hast (an der Uni), fällst Du ein ganz schönes Pauschalurteil, das meiner Erfahrung komplett entgegenläuft.
Die Frage nach QUine (http://de.wikipedia.org/wiki/Willard_Van_Orman_Quine) ist hoffentlich einer dieser Mindfucks, oder? ;)
Das mit der Realitätsdefinition durch weisse Männer... puh. Dem ist natürlich ein berühmter marxscher Imperativ entgegenzuhalten:
"Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu gendern."
Die Frage nach QUine (http://de.wikipedia.org/wiki/Willard_Van_Orman_Quine) ist hoffentlich einer dieser Mindfucks, oder? ;)
Das mit der Realitätsdefinition durch weisse Männer... puh. Dem ist natürlich ein berühmter marxscher Imperativ entgegenzuhalten:
"Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu gendern."
... link
... comment
entdinglichung,
Montag, 6. Februar 2012, 10:59
Dschuang Dsi nicht vergessen:
"Die Schildkröte
Dschuang Dsi fischte einst am Flusse Pu. Da sandte der König von Tschu zwei hohe Beamte als Boten zu ihm und ließ ihm sagen, daß er ihn mit der Ordnung seines Reiches betrauen möchte.
Dschuang Dsi behielt die Angelrute in der Hand und sprach, ohne sich umzusehen: »Ich habe gehört, daß es in Tschu eine Götterschildkröte gibt. Die ist nun schon dreitausend Jahre tot, und der König hält sie in einem Schrein mit seidenen Tüchern und birgt sie in den Hallen eines Tempels. Was meint Ihr nun, daß dieser Schildkröte lieber wäre: daß sie tot ist und ihre hinterlassenen Knochen also geehrt werden, oder daß sie noch lebte und ihren Schwanz im Schlamme nach sich zöge?«
Die beiden Beamten sprachen: »Sie würde es wohl vorziehen, zu leben und ihren Schwanz im Schlamme nach sich zu ziehen.«
Dschuang Dsi sprach: »Geht hin! Auch ich will lieber meinen Schwanz im Schlamme nach mir ziehen.«"
"Die Schildkröte
Dschuang Dsi fischte einst am Flusse Pu. Da sandte der König von Tschu zwei hohe Beamte als Boten zu ihm und ließ ihm sagen, daß er ihn mit der Ordnung seines Reiches betrauen möchte.
Dschuang Dsi behielt die Angelrute in der Hand und sprach, ohne sich umzusehen: »Ich habe gehört, daß es in Tschu eine Götterschildkröte gibt. Die ist nun schon dreitausend Jahre tot, und der König hält sie in einem Schrein mit seidenen Tüchern und birgt sie in den Hallen eines Tempels. Was meint Ihr nun, daß dieser Schildkröte lieber wäre: daß sie tot ist und ihre hinterlassenen Knochen also geehrt werden, oder daß sie noch lebte und ihren Schwanz im Schlamme nach sich zöge?«
Die beiden Beamten sprachen: »Sie würde es wohl vorziehen, zu leben und ihren Schwanz im Schlamme nach sich zu ziehen.«
Dschuang Dsi sprach: »Geht hin! Auch ich will lieber meinen Schwanz im Schlamme nach mir ziehen.«"
... link
genova68,
Dienstag, 7. Februar 2012, 12:22
Du wirst die einschlägigen Leute gekannt haben, Che :-)
Die fachliche Ausrichtung dort war aber mehr als konservativ. Eigentlich nur die analytische Richtung, auch kein Hegel, mit Frankfurt kam man dort auf keinen Fall in Verbindung. Der Gott ist da Frege, der vermutlich in Göttingen seinen Vornamen erhielt.
Als ich den Cramer bei einer Einführungsveranstaltung mal völlig arglos fragte, warum denn zur Frankfurter Schule nichts angeboten werde, schaute der mich vernichtend an und meinte nur, das sei auch gut so. Der Fachbereich ist auch einfach zu klein, kein Vergleich mit der FU, da herrschen paradiesische Verhältnisse. Die behandeln sogar Philosophen, die noch leben. In Göttingen unvorstellbar.
Die fachliche Ausrichtung dort war aber mehr als konservativ. Eigentlich nur die analytische Richtung, auch kein Hegel, mit Frankfurt kam man dort auf keinen Fall in Verbindung. Der Gott ist da Frege, der vermutlich in Göttingen seinen Vornamen erhielt.
Als ich den Cramer bei einer Einführungsveranstaltung mal völlig arglos fragte, warum denn zur Frankfurter Schule nichts angeboten werde, schaute der mich vernichtend an und meinte nur, das sei auch gut so. Der Fachbereich ist auch einfach zu klein, kein Vergleich mit der FU, da herrschen paradiesische Verhältnisse. Die behandeln sogar Philosophen, die noch leben. In Göttingen unvorstellbar.
... link
che2001,
Dienstag, 7. Februar 2012, 12:38
Na, den Kampf hatten wir in Geschichte
Frauengeschichte, Alltagsgeschichte, Umweltgeschichte fanden nur in studentischen Arbeitsgruppen und allerdings am MPI statt, das für uns eine Art Refugium und mächtige Schützenhilfe gegen die Mehrzahl unser eigenen Profs war. Dass heutzutage Genderperspektiven im Curruculum für den Geschichtsunterricht an Gymnasien stehen war für mich ebensosehr Überraschung wie Genugtuung.
Noch schlimmer die Ur- únd Frühgeschichte, ich sage nur: Jacob-Friesen.
Noch schlimmer die Ur- únd Frühgeschichte, ich sage nur: Jacob-Friesen.
... link
paul bademeister,
Dienstag, 7. Februar 2012, 19:32
An der FU um 1990 haben zwar Frauen philosophiert (Margherita von Brentano, Ursula Wolf, Sibylle Krämer), aber die interessierten sich nicht für dieses Genderdingens. (Das spielte eher bei den Germanistinnen eine Rolle. In den USA ist es ähnlich: die Fachphilosophen haben mit den Namen, die Du so zitierst, nichts am Hut.)
Ansonsten erinnere ich mich nur an ein Seminar zu Susan Haack, einer Philosophin, die eher hardcore-analytisch ausgerichtet ist und sich strikt gegen Butler & Co. positioniert hat.
Ansonsten erinnere ich mich nur an ein Seminar zu Susan Haack, einer Philosophin, die eher hardcore-analytisch ausgerichtet ist und sich strikt gegen Butler & Co. positioniert hat.
... link
netbitch,
Mittwoch, 8. Februar 2012, 01:35
Der versteckte Witz
Ist das der:
Du führst europäisch-männliche Erkenntnistheoretiker auf und stellst sie gegen asiatische Mystiker und gegen nordamerikanische Moralphilosphinnen? So die Kritik an gelehrter einseitiger Philosophie verbunden mit bewusster, d.h. kritisch getarnter Bezogenheit auf das, was von weißen Männern ja schon immer gedacht wurde: Asiaten sind fürs mystische und Frauen fürs Soziale zuständig? Ist das der versteckte Witz?
Du führst europäisch-männliche Erkenntnistheoretiker auf und stellst sie gegen asiatische Mystiker und gegen nordamerikanische Moralphilosphinnen? So die Kritik an gelehrter einseitiger Philosophie verbunden mit bewusster, d.h. kritisch getarnter Bezogenheit auf das, was von weißen Männern ja schon immer gedacht wurde: Asiaten sind fürs mystische und Frauen fürs Soziale zuständig? Ist das der versteckte Witz?
... link
noergler,
Mittwoch, 8. Februar 2012, 11:35
"Dass allerdings weiße überwiegend europäische Männer das ausmachen, was nicht nur die Philosophie, sondern die Standarddefinition von Realität überhaupt bestimmt, das halte ich für eine kaum bestreitbare Tatsache."
Die europäischen Männer definierten aber nicht "die Realität", sondern die Realität der Denkformen. Daher der Name "Erkenntniskritik", denn sonst würde es ja "Realitätskritik" heißen.
____________________
"Asiaten sind fürs mystische und Frauen fürs Soziale zuständig?"
Ich finde das sehr antirassistisch, antieurologozentristisch und antimaskulistisch, dass man Asiaten und Frauen für irgendetwas zuständig hält.
;-)
Die europäischen Männer definierten aber nicht "die Realität", sondern die Realität der Denkformen. Daher der Name "Erkenntniskritik", denn sonst würde es ja "Realitätskritik" heißen.
____________________
"Asiaten sind fürs mystische und Frauen fürs Soziale zuständig?"
Ich finde das sehr antirassistisch, antieurologozentristisch und antimaskulistisch, dass man Asiaten und Frauen für irgendetwas zuständig hält.
;-)
... link
entdinglichung,
Mittwoch, 8. Februar 2012, 13:52
im Goethe'schen oder allgemeinen Sinne :-) ?
... link
che2001,
Mittwoch, 8. Februar 2012, 15:34
Eigentlich ist es gar nicht schwer zu sehen, wo der komische Dreh liegt. Der Nörgler und Netbitch haben Wichtiges schon erkannt, allerdings bezeichnend, dass das nur diese Beiden sind;-)
... link
... comment
bersarin,
Mittwoch, 8. Februar 2012, 18:17
Unsystematische Überlegungen
Ich hatte bislang wenig Zeit, hier zu antworten, weil ich viel mit mir selber beschäftigt bin, und deshalb jetzt erst einige Worte zur Philosophie: Was che schrieb, ist (zum Teil) richtig. Das, was in Seminaren angeboten wird, ist einseitig. Marx und Kritische Theorie kamen bei mir lediglich in der Soziologie vor. Die akademische Philosophie ist zudem ziemlich auf den Hund gekommen, getragen teils von einem absurden Spezialistentum. Weiterhin ist es so, daß das, was gelehrt wird, von Universität zu Universität wechselt. In kritscher Absicht kommt die Theorie aber selten daher und das dann allenfalls auf Katzenfüßen statt als Tiger. (Aber der kann dann auch leicht wiederum als Papiertiger enden.) Konnte man in Berlin Adorno-, Foucault- und Derridaseminare machen, so mag dies in Göttingen oder Freiburg schwierig möglich gewesen sein. Als Ergänzung zu den fehlenden Themen gab es dann aber autonome Seminare (die von Studenten betrieben wurden), wo auch sogenannte abseitige Themen und Gebiete, die nicht dem Mainstream von Wissenschaftstheorie, Hermeneutik oder Analytischer Philosophie folgen, gelehrt wurden. Das, was ich an Philosophie lernte, kam übrigens wesentlich durch (private) Arbeitsgruppen, welche hochintensiv waren. Kein Vergleich zu dem Geschwätz in überfüllten Seminaren. Und da ich ein kluger Kopf bin, der charmant mit Wortwitz überzeugt, gesellte sich gerne auch manche Frau zur Arbeitsgruppe oder zu mir oder beides. (Aber das gehört eigentlich nur am Rande hierher.)
Wesentlich ist zudem, wie dies Nörgler formulierte, die Erkenntniskritik bzw. die Formen des Geistes samt seinen Manifestationen, um ein wenig zu hegeln. Diese Denkform ist nicht von Mann oder Frau abhängig, so wie es keine Frauen- oder Männerkunst(-werke) gibt , sondern bloß gelungene und mißlungene Kunst. (Über die verschiedenen Kulturen und ihre Formen von Erkenntnis wäre wohl noch einmal gesondert nachzudenken, und hier mag ein Blick in die strukturale Anthropologie eines Lévi-Strauss helfen.)
Die Differenz asiatisch-westlich ist zugleich aber eine problematische, insbesondere, wenn daraus nicht-dynamische Zuschreibungen erwachsen. Gerade das Ideologische darin ist zu hinterfragen, und bei Dichotomien frage ich mich sofort, was diesen Dualismus eigentlich bestimmt. Und schnell ist man dann, um den Dualismus auf die billige und einfache Weise zu umgehen, über den asiatischen oder den sogenanten spirituellen Raum bei (sozusagen ganzheitlichen) und wie ich vermute eher problematischen Denkgebäuden wie dem von Fritjof Capra, die (westliche) Naturwissenschaft und Denksysteme mit asiatischer Philosophie/Lebensweisheit zu vereinigen trachten, um das zu synthetisieren, was unter kapitalistischen Produktionsbedingungen objektiv nicht mehr wird zusammengedacht werden können. (Gerade kürzlich kam mir eine Frau, in die ich mich zu allem Überfluß leider schwerst verliebte, mit Capra an. Es ist dies diese IT-Branchen-Frauenriege, die sich, gerade zugetragen, zwei Wochen im Crossfit-Bootcamp (einer Art US-Marine-Schulung) schinden und so Körper und Geist vereinen, um in der Praxis umso besser zu funktionieren. Aber anders als Netbitch kombiniert sie ihren Hedonismus und ihre äußerst coolen, gestählten Körper nicht mit der Kritik an Gesellschaft, sondern fügt sich in der Funktion.) Insofern sehe ich diesen ganzheitlichen Ansatz und diesen asiatischen Ansatz durchaus problematisch; es gibt dort Dinge, die sicherlich aufzugreifen sind und die man fruchtbar machen kann. Aber zugleich bleibt es bei dem Satz Adornos, daß es kein richtiges Leben im falschen geben kann. Erkenntniskritik und Gesellschaftskritik haben in eine Konstellation zu treten, und die Momente von Dichotomie und Widerspruch samt ihren Ursachen in den Blick zu nehmen, um es etwas schematisch zu formulieren.
Wesentlich ist zudem, wie dies Nörgler formulierte, die Erkenntniskritik bzw. die Formen des Geistes samt seinen Manifestationen, um ein wenig zu hegeln. Diese Denkform ist nicht von Mann oder Frau abhängig, so wie es keine Frauen- oder Männerkunst(-werke) gibt , sondern bloß gelungene und mißlungene Kunst. (Über die verschiedenen Kulturen und ihre Formen von Erkenntnis wäre wohl noch einmal gesondert nachzudenken, und hier mag ein Blick in die strukturale Anthropologie eines Lévi-Strauss helfen.)
Die Differenz asiatisch-westlich ist zugleich aber eine problematische, insbesondere, wenn daraus nicht-dynamische Zuschreibungen erwachsen. Gerade das Ideologische darin ist zu hinterfragen, und bei Dichotomien frage ich mich sofort, was diesen Dualismus eigentlich bestimmt. Und schnell ist man dann, um den Dualismus auf die billige und einfache Weise zu umgehen, über den asiatischen oder den sogenanten spirituellen Raum bei (sozusagen ganzheitlichen) und wie ich vermute eher problematischen Denkgebäuden wie dem von Fritjof Capra, die (westliche) Naturwissenschaft und Denksysteme mit asiatischer Philosophie/Lebensweisheit zu vereinigen trachten, um das zu synthetisieren, was unter kapitalistischen Produktionsbedingungen objektiv nicht mehr wird zusammengedacht werden können. (Gerade kürzlich kam mir eine Frau, in die ich mich zu allem Überfluß leider schwerst verliebte, mit Capra an. Es ist dies diese IT-Branchen-Frauenriege, die sich, gerade zugetragen, zwei Wochen im Crossfit-Bootcamp (einer Art US-Marine-Schulung) schinden und so Körper und Geist vereinen, um in der Praxis umso besser zu funktionieren. Aber anders als Netbitch kombiniert sie ihren Hedonismus und ihre äußerst coolen, gestählten Körper nicht mit der Kritik an Gesellschaft, sondern fügt sich in der Funktion.) Insofern sehe ich diesen ganzheitlichen Ansatz und diesen asiatischen Ansatz durchaus problematisch; es gibt dort Dinge, die sicherlich aufzugreifen sind und die man fruchtbar machen kann. Aber zugleich bleibt es bei dem Satz Adornos, daß es kein richtiges Leben im falschen geben kann. Erkenntniskritik und Gesellschaftskritik haben in eine Konstellation zu treten, und die Momente von Dichotomie und Widerspruch samt ihren Ursachen in den Blick zu nehmen, um es etwas schematisch zu formulieren.
... link
che2001,
Mittwoch, 8. Februar 2012, 23:05
Ein sehr starker, schöner und erhellender Kommentar von Dir, Bersarin, danke dafür! Das mit den autonomen Seminaren kenne ich aus meiner eigenen Studienzeit auch so, deshalb wunderte ich mich seinerzeit über Momorulez´vehemente Schnädelbach-Verteidigung gegenüber der Kritik des Nörglers so sehr - ich würde nie einen meiner früheren akademischen Lehrer so intensiv verteidigen, weil alles, was ich mir im Studium aneignete, auf autonome Seminare und sonstige studentische Arbeitsgruppen zurückzuführen ist, ich habe nie direkt bei meinen Profs gelernt, manchmal gegen ihre Positionen. Was die "versteckten Witze" angeht warte ich noch ein Weilchen, dann decke ich auf, was ich da oben eingebaut hatte.
... link
... comment