"Alle Heten sind natürlich negativ auf Schwule bezogen, was denn sonst? Das meint doch Heteronormativität.
Und Du wirst keine noch so homofreundliche Hete treffen, die nicht bei der Vorstellung der passiven Rolle – ich meine nicht Oralverkehr – das ganze Repertoire von Ekel, Angst usw. abspult. Weil “Mann” halt “Penetrierer” heißt" ------ Habe noch niemals in der Hinsicht überhaupt Ekel, Angst oder irgendwas in der Art empfunden. Unter "Heterosexualität" würde ich zunächst einfach mal die Tatsache verstehen, dass jemand sich sexuell zum anderen und nicht zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlt. Und das kam zumindest in meiner Sozialisation nicht durch Abgrenzung zum Schwulsein zustande, abgesehen davon, dass die meisten heterosexuellen Männer, ich auch, in der Pubertät mal eine schwule oder zumindest latent homophile Phase durchlebt haben. Da setzt jemand traumatische Erfahrungen, die längst nicht alle gemacht haben als allgemeingültig voraus.
Also gut, Earendil, hier ist der Link:
http://metalust.wordpress.com/2012/10/19/katrin-ronicke-und-der-wohlfuhlantirassismu
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Es bestätigt sich erneut das, was ich schon so oft sagte: Es geht ums virtuelle Vernichten, das extrem selektives Lesen voraussetzt und mit Hass grundiert ist.
Wir nicht bedingungslos für uns ist, ist gegen uns, unser Feind. So ähnlich war Kohl drauf, früher, dem ein Psychologe einmal attestierte, auf dem Stand eines Dreizehnjährigen stehengeblieben zu sein.
Es ist dort, in den Momorulezschen Kreisen, nicht möglich, den Text von Frau Rönnicke einfach zu kritisieren, was in Teilen m.E. Not täte. Nein, die muss komplett ausgegrenzt, auf die Feindesseite gestellt werden.
Die eigenen Neurosen nicht als solche anerkennen, aber gleichzeitig unausgesprochen permanent vergesellschaften. Psychologisch alles interessant, aber auch sehr traurig.
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Die Rezension von Rönicke fand ich einfach zum Fremdschämen. (Wenn man sie persönlich kennt, findet man da sicher nettere Worte.) Ob man sie deshalb nun derart verteufeln muss, wie MR das tut, ist eine andere Frage.
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An Genova68:
Ich habe drüben ja mitdiskutiert und bin irgendwann zu dem Schluß kommen, daß eine Verständigung, die diese sehr eng gesteckten Prämissen in Frage stellt, gar nicht gewünscht und möglich ist. Das mit dem Freund-Feind-Denken (allein daß ich mich hier melde, disqualifiziert mich bestimmt für weitere Diskussionen bei MR, wenn ich mir die Vorgeschichte ansehe!) und dem „selektiven Lesen“ habe ich auch so empfunden. Die Widersprüche die sich (z.B. aus Positionen wie meiner) ergeben, wurden nicht aufgelöst oder eingestanden, sondern einfach ignoriert.
Aber wenn Du sagst, „virtuelle Vernichtung“ bedeute, „aus allem, was virtuell existiert, auszuschließen“ - wie weitreichend siehst Du denn die Macht, die diese Diskussionsweise ausübt?
Ansonsten: der Artikel von Rönicke ist natürlich peinlich und ein Paradebeispiel dafür, daß CW nicht unnötig oder unwichtig ist. Eine Diskussion mit der Frau stelle ich mir auch anstrengend vor bzw hätte nicht unbedingt Lust drauf. Aber diese Selbstgerechtigkeit mit der dann (weiße) Checker sich auf der guten Seite positioniern, die löst automatisch bei mir Mißtrauen und Widerstand aus.
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Ja, mit so einem Ausgang hatte ich allerdings von Anfang an gerechnet, auch wenn ich was anderes gehofft hatte. Ich denke, MR ist ein schönes Beispiel, wie in dem Bemühen, Schutzräume zu schaffen, eigene Positionierungen zu reflektieren und Machtungleichgewichten zu begegnen, Diskussionen gänzlich unmöglich gemacht werden. Allenfalls noch unter halbwegs "gleich" Marginalisierten, und selbst das nur begrenzt. Ich bin mir sicher, wäre ich nicht "wenigstens" schwul, wäre ich noch viel früher rausgeflogen. Du hättest sicher unter "Artenschutz" gestanden, allerdings zu dem Preis, dass man sich mit deinen Positionen weiterhin nicht wirklich ernsthaft auseinandergesetzt hätte.
Ansonsten ist da wie gesagt Diskussion kaum möglich. Also geredet wird schon viel, aber eben kaum diskutiert, denn das würde wenigstens den Versuch voraussetzen, auf Augenhöhe zu kommunizieren und widersprechende Ansichten argumentativ zu verhandeln. Sobald wirklich unterschiedliche Meinungen auftauchen, "diskutiert" man über kurz oder lang nur noch darüber, ob diese Diskussion überhaupt möglich ist, sein kann oder darf.
Zu der ganzen Debatte finde ich das hier richtig gut: http://andersdeutsch.blogger.de/stories/2146225/
Nach meinem Eindruck passt das genau auf den gescheiterten Kommunikationsversuch zwischen dir und MR:
"Immer wieder erlebe ich es, dass (neu konvertierte) Kritisch-Weiße Schwierigkeiten haben, analytische Kritik zu verstehen, und nur in Kategorien von Betroffenheit denken und handeln können."
Tja, nicht nur neu konvertierte...
Andererseits muss man gucken, dass man nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet, der Hinweis auf Rönicke und die Bedeutung von CW ist ja völlig richtig. Und auch wenn diese Verabsolutierung der Sprecher_innenposition, wie das bei Momorulez läuft, absurd ist, ist es ja trotzdem nicht unwichtig, wer was aus welcher Position heraus sagt. Und bei allem, was ich oben zu Diskussion und unterschiedlichen Ansichten schrob: Immer, wenn ich im Netz oder rl "offene" Diskussionen sehe / höre, bin ich heilfroh, dass es auch moderierte, halbwegs geschützte Räume gibt. Nicht nur zum Schutz von Marginalisierten vor persönlichen Attacken, sondern auch, weil sonst der Erkenntnisfortschritt für alle Interessierten auf der Strecke bleibt, weil man sich nur noch mit rassistischen und sexistischen Arschkrampen auseinandersetzen muss.
@Che: Naja, in der Blogroll haste ihn doch auch noch drin...
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- die öffentliche Beichte bringt nichts
- kritisch-weiße Allmachtsphantasie darüber, was "sie" "uns" so alles antun können
Goel bezieht sich auf Paul Mecheril, der in der deutschsprachigen antirassistischen Theorie Wichtiges schreibt. Ihr Blogname "anders deutsch" bezieht sich wahrscheinlich auf sein Konzept der "Anderen Deutschen", also der ge-otherten Deutschen, das was ich also unter Kanakin verstehe. Und wie er sagt: Andere Deutsche gibt es nicht! Das richtet sich ganz klar gegen jede Füllung des Begriffs mit "an-sich-Andersheit". Denn jenseits der auf Äußerem oder vermeintlichen Zugehörigkeiten basierenden Zuschreibung als „anders“ gibt es viel mehr Unterschiede.
Auch z.B. wenn „Somlu“ (in der neuesten Diskussion bei MR) beschreibt:
„Und um es einfach mal ganz herunter zu brechen, versuche dir doch einfach mal für eine Minute vorzustellen, ach was, sich mal für eine Minute einzufühlen, dass es Menschen gibt, die tatsächlich jeden Tag, wenn sie den öffentlichen Raum betreten, damit leben müssen, dass sie unangenehm beglotze werde, jederzeit mit persönlichen und ekligen Bemerkungen konfrontiert sind, immer darauf achten müssen, dass sie im öffentlichen Raum nicht unachtsam sind, gegenüber potentiellen Bedrohungen. Ja, wir (da ich mich zu diesen Menschen zähle) allermeisten von uns haben gelernt, damit umzugehen, unsere Wahrnehmungen (das Checken und Aufpassen) des öffentlichen Raums ist eine zweite Haut, die wir selbst kaum mehr wahrnehmen aber es ist immer da. Also kurz gesagt, earendil, versuch dir mal für eine Minute vorzustellen, wie es sein muss, ständig in einer Atmosphäre potentieller Bedrohung zu leben. So, als ob du ständig mit Heckenschützen rechnen müsstest, zu jeder Zeit und egal wo, wenn du das Haus verlässt. Fühlt sich nicht gut an?Herzlichen Glückwunsch, du bekommst eine Ahnung, wie es ist eine Frau zu sein.“
Jeden Tag, jederzeit, immer, ständig, egal wo...Ich fühle mich nicht wohl damit das zu sagen, aber: Für mich, die ja nun auch eine Frau ist, kann sie da nicht sprechen. Ich kann gut nachvollziehen daß sie das so empfindet. Aber ich gehe nicht mit so einem absolut „ständigen“ Gefühl durchs Leben, wenn ich es auch aus wiederkehrenden Situationen gut kenne.
Ist das jetzt auch nur Verdrängung? Falle ich da jemandem in den Rücken? Ist es legitim, daß sie das dennoch für mich sagt, um auf den krassen Mißstand ständiger männlicher Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen?
Ich mußte mal mit dem Zug nach Thüringen, wovor ich Angst hatte wegen Nazis. Am menschenleeren dunklen Bahnhof in der kleinen Stadt stiegen ich und ein männlicher Schwarzkopf aus. Wir teilten uns dann ein Taxi, ich in die Jugendherberge, er in die Asylbewerberunterkunft. Keinen Moment lang hatte ich Angst vor ihm als Mann, sondern sah ihn als Verbündeten, der mir Angst nahm.
Es hätte, logisch, auch anders sein können. Aber das ist es doch: Verbündete gibt es nicht automatisch, stattdessen kann es alles mögliche geben.
"Du hättest sicher unter "Artenschutz" gestanden, allerdings zu dem Preis, dass man sich mit deinen Positionen weiterhin nicht wirklich ernsthaft auseinandergesetzt hätte."
Von der exotischen Art... wie unnötig und ärgerlich!
Und Du wurdest auch gleich als Mann und reine Dominanzgesellschaft gelesen ohne daß es jemand eigentlich wußte - wer so redet kann nur von drüben sein...
„ist es ja trotzdem nicht unwichtig, wer was aus welcher Position heraus sagt.“ Ja, darum ist Goels einem Punkt:
„Wenn nun Kritisch-Weiße jemenschen zur Positionierung auffordern, geht das zudem mit einer (gewaltvollen) Zuschreibung und Eingriff in die Privatspähre einher.“
nicht zuzustimmen, falls sie sich damit komplett gegen Positionierungen stellt.
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Habe ich nicht so gelesen, mir schien eher, Frau Goel störe sich vor allem an dem Zwangscharakter dieser Übung und daran, dass sich manche anmaßen, anhand unobjektiver Zuschreibungen darüber bestimmen zu können, wer sich diesem Ritual zu unterwerfen habe und wer nicht.
Zu der Diskussion drüben: Ja, schwieriges Parkett, wobei ich in den z.T. haarspalterischen Detailfragen, wo der Essentialismus nun genau steckt in welchen CW-Prämissen - oder wer in der Metadebatte welches Problem mit Identitätspolitiken hat, eh nicht wirklich mitreden kann. Manchmal scheint es mir fast, als spiele Momo da drüben "Deutschland sucht den Super-PoC-Versteher-Star", und jeder, der seinem Kriterienkatalog nicht vollumfänglich entspricht, steht da schon mal unter Generalverdacht, Agent des gesellschaftlichen Rollbacks zu sein, zur fünften Kolonne der Poschardts, Fleischhauers und Konsorten zu gehören.
In dem Spiel habe ich keine Aktien drin, ich bin (um mich mal pflichtschuldigst zu positionieren) auch weißmännlichbioladenkundschaftspapi und privilegiert genug, um mich damit nicht täglich auseinandersetzen müssen, lerne aber dazu. In dem ganzen Homo-Hetero-Komplex finde ich die Auseinandersetzung mit Momo und Loellie immer wieder anstrengend, aber letztlich doch nach wie vor lohnend.
Und wenn ich dort irgendwann auch unerwünscht bin, dann werde ich es hoffentlich als erster erfahren.
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zu deiner Frage bezüglich "virtueller Vernichtung": Nicht weitreichend im Sinne des gesamten Internets, aber so weitreichend wie MRs virtueller Einfluss reicht. Also die paar Blogs hier. Es ist aber offenbar ein missverständlicher Begriff, ich kann den auch streichen.
Ich habe das vor einiger Zeit einmal versucht, an einem Beispiel strukturell zu beschreiben:
http://exportabel.wordpress.com/2011/01/04/dass-er-zu-denen-gehort-die-das-wieder-tun/
(Da kommt es übrigens auch zu dem ETA-Vergleich, was MR gerade bei sich im Blog in einem ästhetisch sicher extrem bedeutenden Video verwurstet hat. Das war auch so eine Geschichter böswilligen Falschverstehens.)
Ich habe bei MR ein wenig mitgelesen, auch deine Beiträge, die ich schon deswegen interessant fand, weil MR sich einmal mit einer divergierenden und ernstzunehmenden Meinung auseinandersetzen musste, weil er dich aufgrund deiner Selbstbeschreibung nicht einfach vor die Tür setzen konnte.
Ich muss aber auch sagen, dass ich von dem einiges gelernt habe bzw. Anregungen zum Nachdenken fand, gerade was Perspektivwechsel angeht. Oder er hat wohl auch bewirkt, dass ich nun dich aufgrund deiner Selbstbeschreibung in diesen Themenkomplexen schon für kompetenter halte als mich und du mir auch ruhig ordentlich über den Mund fahren kannst. Deshalb hat der meinen Respekt auf eine gewisse Weise, denn wer regt einen im hohen Alter denn noch nachhaltig zum Nachdenken an?
Andererseits halte ich MR im Blog-Dauerbetrieb für einen ziemlichen Dünnbrettbohrer, weil er die immer gleichen Maschen anwendet. Einerseits das bewusste Missverständnis, die Aufladung des Themas mit nicht themenbezogenem, andererseits die Einteilung von Menschen in Schubladen, wobei der sich selbst jegliche Einteilung verbittet.
Andererseits diese Aggressivität, das Wegbeißen.
Der hat irgendeine Macke, um das mal so umgangssprachlich auszudrücken, was ihn ja nicht per se weniger lesenswert macht, aber das sollte man mitdenken, sonst zieht man sich ständig Schuhe an, die einem nicht passen. Und diese Macke, die vielleicht auch gesellschaftlich bedingt ist, führt m.E. auch zu seinen rigorosen Thesen.
Ich kenne mich mit CW nicht aus, mich interessiert das auch nicht genug, um mich da einzulesen, aber ich finde alleine die Sprache verdächtig, was da neuerdings bei der mädchenmannschaft und reclaimsociety geschrieben wird. Wer eine solche Sprache gebraucht, dem misstraue ich tief, weil sie entmenschlicht, verschleiert, dogmatisiert.
Ich finde diese Konstellationen, wie man sie bei MR mit seinem Kollegen loellie findet, jedenfalls ziemlich interessant, weil sich da ein in sich geschlossenes System gebildet hat, in das aber man via Blogs Einblick bekommt. Man definiert sich als Daueropfer und die anderen als Dauertäter. Und deshalb kann man machen, was man will, weil der Dauertäter sowieso nur die Klappe halten darf. Ich habe da auch immer wieder das Gefühl, was du, qwertzu, in deinem Beitrag wohl auch meinst, bezogen auf somlu: Die hat ein Problem, so wie sie ihren Auftritt in der Öffentlichkeit beschreibt, und das will ich nicht kleinreden, aber das kann ich nicht zu hundert Prozent gesellschaftlich verorten, sondern ich muss das stärker vom Indidiuum her betrachten. Das will die aber nicht, sonst würde es vielleicht schmerzhaft werden.
Es hat etwas fanatisches, sektenartiges, verbohrtes.
(Ein netter Artikel dazu steht heute in der taz, zur mädchenmannschaft.)
Das sind die Gedanken, die mir spontan kommen, aber das kann man in diesem abgeschlossenen System namens MR und RS etc. nicht äußern. Das ist eine Leerstelle, die bewusst und unter allen Umständen gehalten werden muss, weil das ganze mühsam aufgebaute System sonst zusammenbricht. Es ist eine Radikalisierung, die wohl auch etwas mit der Bedienung von Feindbildern zu tun hat, was Erleichterung schafft.
Einen ähnlichen Gedanken hatte ich bei der Mohrenlampendebatte und Noah Sow, und zwar aufgrund ihrer eigenen Beschreibung des Falls. Die beschrieb sich m.E. als ziemlich aggressiv, aber das ist eben wieder die Leerstelle, weil natürlich nur "die Gesellschaft" schuld ist, was auch immer das dann genau ist. Was nichts über den rassistischen Gehalt der Lampe aussagt, sondern den konkreten Umgang in der Situation meint.
So weit erst mal. Viel zu lang, sehe ich gerade. Ist das überhaupt verständich?
P.S. Update, weil ich es gerade sehe und es passt:
In dem erwähnten taz-Artikel schreibt Heide Oestreich, dass die mädchenmannschaft "nicht mit der Presse spricht", also auch nicht mit der taz. Was twittert lantzschi dazu?
Das:
"Die Fakten, die wir Oestreich hätten nennen können, hätten leider ihren unsäglichen Artikel überflüssig gemacht."
Das hätte dann wohl den Kampf "Wir gegen den Rest der Welt" erschwert.
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Ich bin ganz sicher kein Experte für interne Vorgänge des Blogs Mädchenmannschaft - aber:
Ich folge da eher der Sichtweise von Frau Lantsch, jedenfalls denke ich auch, dass der taz-Artikel einige Irrtümer enthält. Es ist nicht mein Eindruck, dass es ein aktuelles Zerwürfnis gibt. Die Veränderung des Gemeinschaftsblogs stellt imho eher eine längerfristige Transformation dar.
Uninteressant war der taz-Artikel aber dennoch nicht. Deinen Hinweis auf die Sprache halte ich für völlig richtig, würde aber an Stelle von "entmenscht" eher "entindividualisiert" setzen bzw. die Beobachtung, dass dort nicht mehr der Mensch als Mensch - sondern nur noch anhand zugeschriebener bzw. tatsächlicher Sprecherpositionen und (!) ideologischer Positionen wahrgenommen wird.
Im Grunde genommen ist das Ganze ein Treppenwitz. Das, was ursprünglich zur Stärkung von Marginalisierten gedacht war, das wird dort eher als Herrschaftsmechanismus genutzt bzw. zur eigenen Profilierung weisser Schreihaelse und wirkt faktisch sogar zur Verdrängung von nichtakademischen PoC bzw. wertet diese ab, und sei es, dass diese zwar sprechen duerfen, aber nicht mehr ernst genommen werden, weil sie nicht den akademischen Jargon beherrschen.
Ich bin in reallife ein geradezu klassischer PoC. Das Problem zwischen mir und Momorulez liesse sich insofern problemlos so deuten, dass ein weisser Privilegienpimmel mir gegenueber weisse Herrschaft reproduziert.
Doch trifft es das? Nutzen mir CWS bei der Deutung des Konfliktes?
Das bezweifel ich. So nuetzlich CWS meiner Meinung nach sind, ihre reduzierten und autoritaer aufgeladenen Versionen scheinen geradezu das Gegenteil zu bewirken, ja sogar kritische Selbstreflektion zu verhindern.
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"Denn jenseits der auf Äußerem oder vermeintlichen Zugehörigkeiten basierenden Zuschreibung als „anders“ gibt es viel mehr Unterschiede."
Hm, ja. Das erscheint mir ja als das positive, dass Bezeichnungen wie PoC, Kanaken oder Andere Deutsche eigentlich ja grade nicht identitär sind, sondern als einzige Verbindung auf die Betroffenheit von rassistischer Diskriminierung verweist. Allerdings ist diese Betroffenheit ja auch sehr unterschiedlich; der Asylbewerber aus Äthiopien ist in anderer Weise betroffen als die Frau mit deutschem Pass und türkischen Eltern, und die als illegalisierte Pflegekraft arbeitende Ukrainerin anders als Anshu Jain. Darauf verweisen ja auch die Kanak Attak-Leute in dem iz3w-Streitgespräch (http://www.linksnet.de/de/artikel/19087), imho allerdings in einer Weise, die man durchaus als Entsolidarisierung lesen kann.
"Ja, darum ist Goels einem Punkt:
„Wenn nun Kritisch-Weiße jemenschen zur Positionierung auffordern, geht das zudem mit einer (gewaltvollen) Zuschreibung und Eingriff in die Privatspähre einher.“
nicht zuzustimmen, falls sie sich damit komplett gegen Positionierungen stellt."
Naja, FALLS. Glaub nicht, dass sie das so umfassend meint, ich verstehe das eher so, dass sie auf ritualisierte und auf erzwungene Selbstpositionierung zielt. Bei letzterem hab ich grade vor Augen, wie jetzt bei Momorulez @logog nach seiner Positionierung ausgefragt wurde. Das ging schon arg in Richtung Ahnenforschung.
@Genova: Was Noah Sow und die "M.....lampe" betrifft, so würde sie wohl darauf verweisen, dass von Rassismus Betroffene nun nicht die Verpflichtung haben, nett zu bleiben, sondern auch das Recht haben, aggressiv zu reagieren. Und das zudem als "tone argument" zurückweisen, siehe http://www.derailingfordummies.com/temper.html Wo ja auch was dran ist. Aber davon ab zeigt der Umgang mit dem Vorfall auch das ganze Elend der gewöhnlichen CW-Praxis: Die zumeist weißen, sich "Unterstützer" nennenden Claqueure treten oft aggressiver auf als die Betroffenen selbst, und die Attackierten reagieren wahlweise mit Immunisierung oder Selbstgeißelung (oder erst das eine und dann das andere).
@Mark: Als ich gestern deinen "female choice"-Kommentar gelesen habe, dachte ich mir gleich: Oha, das wird eng... *g*
Also, in der Sache finde ich, dass MR i.W. schon recht hat. Nur das wie ist mal wieder bezeichnend...
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@all: Kann man hier eigentlich html-Tags verwenden? Ausprobieren wollte ich's lieber nicht...
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Was dann Momos "wie" angeht, bin ich i.d.R. souverän genug, ihm etwas mehr Spielraum zuzugestehen, den ich mir selber nicht unbedingt nehmen würde - etwa zu behaupten, Ihr Schwuppen habt doch alle einen an der Klatsche. Zumal ich damit - selbst wenn ich dieser Auffassung wäre - eh nicht durchdringen würde, dafür sind die Abwehrreflexe, die dann gleich Pathologisierung rufen, zu intakt.
Da und dort empfinde ich natürlich auch das schon vielfach beklagte Missverhältnis, dass der marginalisierte Momo selbst auf kleinste Piekser mit dem allergrößten Haubitze zurückkartätscht. Aber im Zweifelsfall komme ich mit Momo trotzdem besser klar als mit seinem Sidekick.
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dass der taz-Text vielleicht Irrtümer enthält, könnte ja gerade damit zusammenhängen, dass die mädchenmannschaft nicht mit der taz spricht, trotz Anfrage. Wie gesagt: Wem nutzt diese Nichtsprechen?
Lustigerweise hat Lantzsch ja selbst mal beim Tagesspiegel gearbeitet, sollte also wissen, wie das ist mit Anfragen von Journalisten.
Du bist PoC? So langsam sollte ich mir ernsthafte Gedanken darüber machen, was der Begriff eigentlich bedeutet.
earendil,
danke für den Hinweis auf das tone argument. Ich schwanke da irgendwie. Natürlich kann Sow machen, was sie will, aggressiv sein oder nicht, das kann ich ihr ja nicht vorschreiben. Aber wenn sie diese Geschichte einerseits selbst erzählt, man also nur ihre Perspektive kennt und sie deutlich mehr Medienmacht besitzt als die Antifafrau, die sie da stehen ließ, andererseits seinerzeit um Verbreitung ihres Textes im Netz bat, dann muss Kritik an ihrem Verhalten doch möglich sein. Kritik als ein Sichverhalten zu etwas, als Meinung. Und, wie gesagt, ihre lebendige Schilderung des Tathergangs ließ bei mir unvermittelt den Eindruck ihrer Aggressivität aufkommen, und zwar nur sehr bedingt einer Aggressivität, die sie auf ihr Schwarzsein schieben kann. Wie gesagt, mein Eindruck.
Ich halte die von dem her, was ich so über sie mitbekommen habe, für recht energetisch, lautstark und manchmal aggressiv. Soll sie sein, aber warum soll das in die Bewertung des Fuldavorfalls nicht einfließen? Zumal sie ein Buch über Rassismus geschrieben hat und einen Vortrag über Rassismus halten wollte und dann ganz geschockt ist, wenn es Rassismus in Form dieser Lampe tatsächlich gibt.
Diese Haltung, dass ich als WHM eine Schwarze nicht zu kritisieren habe, finde ich auf einer Seite richtig, aber doch nicht komplett immer und überall, in jeder einzelnen Situation. Das hieße doch, sie nicht mehr Ernst zu nehmen.
Im Weiteren kommen dann Legitimationsfragen: MR verbat sich mal mir gegenüber jegliche Einmischung in das Engagement Schwuler, er lasse sich von der Mehrheitsgesellschaft nichts vorschreiben. Mich interessierte dann die Selbstlegitimation und brachte wegen seiner gewollten Begriffsstutzigkeit das Beispiel ETA, die sich vom spanischen Staat nichts vorschreiben lassen will, dann aber andere Legitimationsmechanismen braucht. Das kann dann offenbar bis hin zum Bombenbasteln gehen. Ich wollte damit natürlich MR keinen Terrorismus unterstellen, mir ging es nur um die Strukturen. Ist doch eigentlich nicht so schwer zu verstehen.
Die Frage blieb natürlich unbeantwortet.
Ich bin da unschlüssig, aber, wie schon erwähnt, vielleicht könnte man dazu aus ethisch-philosophischer Perspektive etwas schreiben.
Ich denke über sowas jedenfalls hin und wieder nach, und das ist doch was :-)
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Mir ging es ganz ähnlich bei diesem Leser „logog“: nachdem er schon seine Familienverhältnisse offenbart hat, die genaue Nachfrage ob sein Vater „bioweißdeutsch“ sei. Das finde ich dreist, gerade unter dem Gesichtspunkt „wer fragt hier wen“. Von mir hätte es da keine Antwort gegeben. Wie gut paßt da mal wieder der AK-Artikel:
„An diesen Fragen kristallisiert sich ein zentrales Problem des Whiteness-Konzepts: Differenz und rassistische Hierarchie müssen im Sprechen über Rassismus immer sichtbar gemacht werden, die Einteilungen in »white« und »of Color« allerdings werden schnell zu Etiketten, die als Labels stabiler Kategorien erscheinen. Spätestens wenn ein Nachweis über die Herkunft der Eltern verlangt wird, zeigt sich, wo das Whiteness-Konzept aufhört, kritisch zu sein.“
@ Earendil: „Hm, ja. Das erscheint mir ja als das positive, dass Bezeichnungen wie PoC, Kanaken oder Andere Deutsche eigentlich ja grade nicht identitär sind“
hatte ich denn das Gegenteil behauptet? Das wäre wohl ein großes Mißverständnis.
„Allerdings ist diese Betroffenheit ja auch sehr unterschiedlich“, so meinte ich das auch mit den Unterschieden: Jenseits der Zwangsgleichmachung durch othering gibt es eine Bandbreite an unterschiedlichen Positionen und Konstellationen, u.a. wie von Dir benannt, durch staatlichen Rassismus oder Klassismus bestimmt.
Zur Frage nach der „Autonomie der Migration“ aus Deinem link, in der Diskussion hat sich KA damals für mich ziemlich elitär-abgehoben geäußert, wenn ich auch ihre Position sehr wichtig fand. Ist das eine notwendige Zumutung oder schlicht eine unsolidarische? Es prallen nunmal Welten aufeinander, wenn die einen ums Überleben kämpfen müssen und die anderen nicht. Gibt’s dafür überhaupt eine Lösung?
@Genova68: Danke für die Kompetenzzuschreibung...war alles verständlich!
Das mit der Macke... ob es die gibt, und wie auch immer bedingt, na Ihr kennt Euch alle ja schon länger. Ich für mich möchte nur das besprechen, was politisch relevant ist: Wie rechtfertigt sich dieser Stil, was will er erreichen, was hat er in unserer Debatte hervorgebracht?
Du findest den Anteil des Individuums wichtig, wie ich das verstehe. Das müßte echt ausführlich diskutiert werden. Denn genau das wird ja quasi als Pathologisierung verstanden, der sich verteidigenden Marginalisierten auch noch ihre Art und ihren Ton vorzuwerfen. Und die kann dann wiederum das Totschlag-tone-argument zurückgeben.
Ich möchte durch meinen Vergleich mit Somlu jedenfalls nicht irgendwie mindern, was sie erlebt. Auch wenn es von anderen vielleicht instrumentalisierend so gebraucht werden kann. Im Gegenteil beweist es doch, daß Menschen mit verschiedenen Erfahrungen gleiche Forderungen stellen können, ohne daß eine von beiden als wahrer oder unwahrer dasteht.
Kritisch finde ich, daß Du M.....lampe so ausschreibst, nichtmal mit Anführungszeichen (obwohl, bei Earendil springt das Wort trotz Anführungszeichen so entgegen..). Es ist auch zu reinen Beschreibungszwecken (die ja nie so rein sind) kein Wort, das ohne weiteres da so stehen kann. Da würde ich mehr Sensibilität „mir wünschen“ (nach gfk) bzw „einfordern“ (nach CW), sucht Euch was aus...
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@Genova: "... dann muss Kritik an ihrem Verhalten doch möglich sein."
Ist es doch auch. Das klingt ja so wie "das wird man doch noch sagen dürfen!" (Mit der impliziten Unterstellung, man dürfe das irgendwie nicht.) Noah Sow mag eine gewisse Medianmacht haben, aber so gewaltig ist sie gewiss nicht, dass etwa die besagte Antifafrau nicht auch ihre Sicht der Dinge ins Netz stellen könnte.
Andererseits ist es richtig, hier auch - ganz intersektional - noch andere Verhältnisse zu reflektieren, etwa die von anerkannter Expertin zu einfacher Studentin. Deshalb fand ich ja Momos
"Korrigiert also Noah Sow, eine weltweit anerkannte Rassismus-Expertin, als blödes, mutmaßlich weißes Antifa-Kid."
so daneben. (Bezog sich jetzt nicht konkret auf diesen Vorfall, war eher allgemein.)
"... nur sehr bedingt einer Aggressivität, die sie auf ihr Schwarzsein schieben kann."
Das ist jetzt aber arg missverständlich ausgedrückt. So klingt das wie das rassistische Klischee von der "angry black woman". Aber ich nehme mal an, du meintest sowas wie "... die sie auf ihr Betroffensein von rassistischer Diskriminierung schieben kann", oder?
Deinen ETA-Vergleich verstehe ich jetzt so ehrlich gesagt (sic! ;) ) auch nicht. Wenngleich ich Momos grundsätzliches "Kritikverbot" bekanntlich nicht teile. Das macht es ja auch so schwierig, dass er jede Kritik sofort als Vorschreiben, Bevormunden, über den Mund Fahren ansieht. Analyse von Diskursmachtverhältnissen ist ja was feines, aber wenn es dazu führt, dass man sich Diskussion auf Augenhöhe gar nicht mehr vorstellen kann... (Wobei ich natürlich nicht weiß, wie euer Streit damals konkret ablief.)
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Was das Stichwort mit der Lampe angeht, kommt mir das Beharren auf dem kritisierten Begriff ein bisschen trotzig vor (ich habe das vor Jahren übrigens auch noch vehement verteidigt, den althergebrachteren Begriff für Eierschaumgebäck mit Schokoladenüberzug zu verwenden, um auch ja nicht den Eindruck zu erwecken, ich würde mich da irgendwelchen politisch korrekten Sprechverboten unterwerfen). Für die Lampe des Anstoßes schlage ich vor: anthropomorpher Beleuchtungskörper mit kolonialem Flair.
@earendil: loellie
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"hatte ich denn das Gegenteil behauptet?"
Nee, nicht wirklich. Ich schrieb das ja auch eher zustimmend.
Ja, genau den Eindruck, den du beschreibst, hatte ich bei der Diskussion mit Kanak Attak auch.
"Gibt’s dafür überhaupt eine Lösung?"
Weiß ich auch nicht wirklich, aber vielleicht ganz unoriginell mit Solidarität, Respekt, Sensibilität und Interesse für die - teils ähnlichen, teils ganz anderen - Problemlagen der anderen? Allerdings verschwinden dadurch nicht die Widersprüche, wie dass die einen sich gezwungen sehen, z.B. bei der Flüchtlingsarbeit im Rahmen der staatlichen Setzungen zu argumentieren und zu handeln, während die anderen genau diese Setzungen angreifen wollen. Hat aber beides seine Berechtigung und sollte nicht gegeneinander ausgespielt werden, wenigstens nicht durch Antirassist_innen selbst.
@Mark: Ach so. Ok, kann ich mir vorstellen...
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"mich da irgendwelchen politisch korrekten Sprechverboten unterwerfen" >antideutsch? So mit "Kopfwindel" und "Fusselbart"?
zu Deinem Vorschlag: das klingt irgendwie als wolltest Du Dich darüber lustig machen, daß eine andere Form der Beschreibung gefordert wird, was ich unangebracht fände.
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Nein, das täuscht, ich halte die Forderung, bestimmte Begriffe nicht mehr zu benutzen, durchaus für legitim. Aber ich bekenne durchaus innere Widerstände dagegen, immer gleich bereitwillig das jeweils sozial erwünschte Neusprechwort zu benutzen.
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So eine dusslige Koloniallampe gehoert einfach nicht in einen Raum, wo Noah Sow spricht. Ich frage mich bis heute, wie so ein Scheissteil in einen Raum gelangt ist, wo sich regelmaessig progressive linke Studierende treffen.
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Mit Sprachregelungen (gerade wenn sie so sehr ins formalistische abdriften wie dieser grauenhafte reclaimsociety-Jargon) habe ich auch meine liebe Not. Aber ich muss auch nicht mehr das N-Wort benutzen, nur um mir zu beweisen, was ich doch für ein unangepasster Held bin. Da fehlt mir nichts (mehr), wenn ich das aus meinem Wortschaft streiche.
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danke für den Schreibhinweis mit der Lampe, hätte mir auch selbst einfallen können. Ich finde das das "einfordern" von mehr Sensibilität (oder mehr Sprachbewusstsein) ja völlig richtig, wieso keine Forderungen stellen? Wünschen klingt da so nach Kindergeburtstag.
Ich finde den Anteil des Individuums wichtig, ja, nicht nur und die Frage der Gewichtung ist eine komplizierte, aber dieser Teil kann doch unmöglich komplett außen vor gelassen werden. Das ist eine verlockende Strategie, sich nicht mit persönlichen Defiziten zu befassen, aber mit dem Ansatz ändert sich nicht. Und es bedeutet ja nicht, dass die persönlichen Defizite (oder sagen wir: Verhaltensweisen) nicht auch über viele Ecken gesellschaftliche Ursachen haben, aber dennoch kann ich versuchen, selbst etwas zu ändern. Das sieht man auch an sich selbst an vielen kleinen Beispielen, denke ich.
Das ist keine Pathologisierung, das ist m.E. wieder nur eine Abwehrstrategie, um sich nicht mit sich selbst zu befassen. Bei MR sieht man ja, wo das hinführt, da fahren dann im Zweifelsfall taz, freitag und ak massive publizistische rechte Strategien, um lantzsch und sow "zum Schweigen zu bringen". Es wird gar nicht daran gedacht, die Entwicklungen der mädchenmannschaft und diese Sprache zu thematisieren, denn das ist alles deren Ding. Und wenn daran jemand Kritik übt, dann ist es Teil einer rechten Verschwörung.
(DAS hat dann vielleicht wirklich etwas pathologisches.)
Und da sind wir bei dem anderen Punkt und earendil: Ja, ich darf Sow natürlich kritisieren, ich meine aber die Form der Reaktion auf die Kritik. Wenn die dann lautet: Rassist, dann ist meine Kritik nur bedingt möglich, weil dann wieder das ins Spiel kommt, was ich mit vernichten bezeichnet habe. Wobei es natürlich möglich sein muss, Rassismus als solchen zu bezeichnen, aber ich fände das beim Thema Sow/Fulda und ihrem vermeintlich aggressiven Auftritt völlig überzogen.
Und, ja, Earendil, ich meinte nicht die black angry woman, sondern es so, wie du es besser ausdrückst.
Zur Medienmacht: Da drückt sich die Kompliziertheit der realen Verhältnisse ganz gut aus: Sow hat eine relative Medienmacht, was sich schon daran zeigt, dass sie ein dermaßen großes Echo mit ihrem Fulda-Auftritt auslösen konnte, ein Echo, das sie erzeugen WOLLTE. Ich würde vermuten, dass die Antifafrau das nicht im Ansatz hingekriegt hätte.
Ich finde diese Fragen alle interessant, es betrifft mich und jeden ja auch, wenn es um das Verhältnis von Gesellschaft und Individuum geht. Ich habe keine Antworten.
Ganz deutlich, was ich meine, wird es bei der aktuellen Stellungnahme von Frau Lantzsch zum taz-Artikel auf ihrem Blog:
http://medienelite.de/2012/10/23/stellungnahme-zum-taz-artikel-uber-die-madchenmannschaft/
Das ist so grauenhaft dämlich, das sollte man sofort zur Textanalyse im Proseminar verwenden. Zuerst der Rechtfertigungsversuch, der automatisch zur Anklage wird, und dann das übliche gestanzte Geplapper ohne Inhalt, die reine Form, immer anklagend, immer ungefähr, immer mit der Haltung: Alle sind fies außer mir.
Dass sowas als Avantgarde durchgeht, finde ich traurig.
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"Und es bedeutet ja nicht, dass die persönlichen Defizite (oder sagen wir: Verhaltensweisen) nicht auch über viele Ecken gesellschaftliche Ursachen haben, aber dennoch kann ich versuchen, selbst etwas zu ändern. Das sieht man auch an sich selbst an vielen kleinen Beispielen, denke ich."
Genau. Ich finde jedoch den Rahmen hier, also einen Kontakt mit deutlich eingeschränkter Kommunikation übers Netz bei gleichzeitiger Öffentlichkeit, nicht dafür passend, jemandem das zu sagen. Sowas kannst Du in einer Freundschaft oder in einer Gruppe machen, in der Vertrauen und Wertschätzung und persönlicher Kontakt herrschen, um die betreffende Person und/oder die Beziehungen weiterzubringen. Aber hier wirkt das irgendwie unpassend und eskalierend, finde ich. Das sage ich auch als „von außen kommend“, weil ich mit kommentieren im Netz hier meine erste Erfahrung mache.
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na, das mit dem Palavern sehe ich anders. Wenn die taz einen Artikel zur MM schreiben will und deren Protagonistin (oder zumindest eine der Protagonistinnen) deswegen anschreibt, dann sollte die zur Verfügung stehen, Punkt. Das ist eine Frage halbwegs professioneller Pressearbeit. Ich entscheide ja selbst, was ich sage und würde die taz bzw. Oestreich für halbwegs fair halten.
Dieses Nichtreagieren ist bei Politikern, wenn ihnen unangenehme Fragen gestellt werden sollen. Sinnvoll finde ich das Nichtkommunizieren nur mit Rechtsaußen und meinetwegen der Bildzeitung. Mit der taz und Oestreich sollte Reden möglich sein.
Es geht ja um die Veränderung von Gesellschaft, um nichts geringeres. Was soll da die totale Abgrenzung?
Davon ab ging mir bei Lantzsch die Verlogenheit spontan auf den Keks: Zuerst twittert sie, dass sie ganz bewusst nicht mit der taz geredet hat, weil es nicht brächte, dann beschwert sie sich auf ihrem blog darüber, dass Oestreich nicht die MM-Adresse gewählt habe, sondern ihre eigene. Das ist Kindergarten, und zwar ein ziemlich dummer, gerade angesichts der Tatsache, dass die früher im professionellen Journalismus gearbeitet hat. Die weiß genau, wie das läuft. Die hat ihre Sichtweise, sich als Opfer darzustellen, perfektioniert, das läuft ihr dann auch in so einer Situation in die Tastatur.
Dieses Dummseinwollen, das nervt mich daran.
Der zweite Teil ist schon anders als der RS-Sprech, ja. Aber das Argumentieren geht in das übliche Freund-Feind-Schema über, das sich selbst zum Opfer macht. Selbst Ex-MM-Bloggerinnen werden so beschrieben:
"gerade jetzt, wo uns diese für mich positiv besetzte machtrolle zuteil wird, die so selten ist bei feministischen projekten, wird versucht, uns gewaltsam totzureden und damit auch ein stück feminismus. von menschen, die teil des projektes MM waren."
Gewaltsam totreden, klar, was sonst. Das hat schon etwas stalinistisches: Es werden nur absolut konforme Kommentare freigeschaltet und der Kritiker ist der Gegner, der gewaltsam totredet. Gegen den darf dann sicher auch wie vorgegangen werden?
Wie gesagt, das ist nur meine Sicht von außen, eher sprachlich orientiert. Kann auch sein, dass mich das deshalb interessiert, weil ich von solchem Verhalten nciht komplett frei bin. Ich will mich da gar nicht komplett drüberstellen.
qwertzu,
vom richtigen Ort: Wenn Sow die Geschichte öffentlich macht, also komplett ihre Sicht da reinpackt, muss ich doch das Gefühl, das mir da kommt, nämlich das zum Thema Agression, äußern können. Ich finde nicht, dass das unpassend ist, sondern, wie ich vorher versuchte zu erklären, ein Teil des Problems oder der Auseinandersetzung. Ich kann das nicht rein rational begutachten. Ich finde es auch nicht persönlich, weil ich die nicht kenne. Aggressivität steckt in jedem, mehr oder weniger.
Internetkommunikation sehe ich generell eher als trial and error denn als die Fabrikation fertiger Statements. Als permanente Versuche.
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"und würde die taz bzw. Oestreich für halbwegs fair halten."
Ich nicht. Schon gar nicht nach diesem Artikel.
"Gewaltsam totreden, klar, was sonst."
Tja, was sonst. "Vernichten" vielleicht?
Immerhin, ein bisschen merkst du's ja offenbar selber...
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Zum virtuellen Vernichten habe ich genug geschrieben, glaube ich. Der Ausdruck ist offenbar so missverständlich, dass ich ihn gerne weglasse. Das mit der ETA scheint auch nicht so einfach, ok. Es ist das Internet, das Kommunikation auch erschwert.
Den taz-Artikel finde ich in Ordnung. Ich habe den Eindruck, dass die Erstbetreiberinnen vielleicht ein wenig zu sehr auf dem Karrieretrip waren, vielleicht auch nicht, und dann wurde der Laden nach und nach von der lantzschi-Fraktion übernommen.
Dass sich Oestreich zwischen den Zeilen über den aktuellen Kindergarten dort, beispielsweise über die Berichterstattung zum fünften Geburtstag inklusive der Kontroverse lustig macht, liegt an der Darstellung der MM. Selbst schuld.
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„Wenn Sow die Geschichte öffentlich macht, also komplett ihre Sicht da reinpackt, muss ich doch das Gefühl, das mir da kommt, nämlich das zum Thema Agression, äußern können.“
Warum nicht. Aber solltest es auch so sehen, daß diese Aggression eben eine reaktive ist, provoziert durch die an sie herangetragene Zumutung durch diese Lampe, die eine von vielen rassistischen Zumutungen in ihrem Leben ist.
Vielleicht relativiert sich dann auch Dein Gefühl zu ihrer Wut? Und dann kann man immer noch darüber sprechen, ob z.B. Arroganz nötig ist?
Und ähnlich wie Du finde ich den Text von Nadine L. anstrengend, sie ist ganz von der eigenen Wichtigkeit erfüllt. Also mein (politisches) Leben hat sich auch bewegt, bevor ich vor zwei Wochen zum allerersten Mal von der MM las, und ich werd sie auch jetzt nicht zu meiner Startseite machen.
Aus dem Statement
"weil ihre persönlichen befindlichkeiten und betroffenheitslagen nicht mehr teil unseres selbstverständnisses sind, weil sich aus der weißen worklifebalance-karrierehetera mit kind nun mal keine feministische politik formulieren lässt, die für viele menschen interessant und wichtig ist.“
spricht eine solche Bitterkeit -„meine Befindlichkeit ist wichtiger, Deine hat hier keinen Platz mehr“ - erinnert mich an den Ton (…) in dieser Gendercampdebatte.
@Mark: finde ich gut was Du Katrin R. in die Kommentarspalte schreibst.
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und guckt ma hier:
http://www.akweb.de/ak_s/ak545/34.htm
Die Grenzen des Antirassismus- Der antirassistische Diskurs ist mit neoliberalen Gleichheitsbildern kompatibel
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"Aber solltest es auch so sehen, daß diese Aggression eben eine reaktive ist, provoziert durch die an sie herangetragene Zumutung durch diese Lampe, die eine von vielen rassistischen Zumutungen in ihrem Leben ist.
Vielleicht relativiert sich dann auch Dein Gefühl zu ihrer Wut? Und dann kann man immer noch darüber sprechen, ob z.B. Arroganz nötig ist?"
Ja. Mein Problem dabei ist eben, dass ich den individuellen Part nicht KOMPLETT aus der Geschichte, aus der Gesellschaft heraus ableiten möchte. Menschen haben unterschiedliche Temperamente, es gibt laute und es gibt leise, und Sow gehört offenbar eher zu den lauten. Soll sie ruhig, aber ich halte es lieber mit den leisen, also ich finde, dass es wichtiger ist, die zu unterstützen. Die lauten haben es nötig, öfter mal einen auf den Deckel zu kriegen. Ich schließe mich da ein.
Das ist als Problem jetzt nicht komplett aufzudröseln, ist auch wurscht. Es ist nur meine Kritik an dem, was ich von CW mitbekomme, dass der individuelle Part überhaupt keine Rolle spielt. Und deshalb auch die merkwürdige, entindividualisierte, vorgestanzte Sprache.
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Weiter darüber nachgedacht, ist die Angst vor der passiven Rolle, also vor Penetration, ja letztlich die Angst vor der Vergewaltigung, weil man sich penetriert werden nur als Ausdruck der Unterwerfung vorstellen kann. Was auch wieder zumindest zwei Ebenen hat: Einerseits die ebenso frauen- wie schwulenfeindliche gedankliche Verknüpfung von Penetrationssex mit Macht und Gewalt, die sich etwa im "asexuellen" umgangssprachlichen Gebrauch von "ficken" und "gefickt werden / sein" ausdrückt. Andererseits ist zumindest homosexueller Penetrationssex für (100%ige) Heteros persönlich tatsächlich nur als Vergewaltigung denkbar.
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Nicht alles, was bizarr ist: ist mein Werk. Und dein Wort vom "Vernichten" ist kaum minder bizarr, jedenfalls sehe ich das so, sorry. Vielleicht solltest du dir über andere Formulierungsvarianten Gedanken machen, z.B. "intellektuell niederringen" oderwasauchimmer.
@ all
Ich kapiere die Diskussion da drüben nicht, verfolge sie aber auch nur ausschnittsweise. Das ist mir zu anstrengend, ich kann dazu außer WTF??! nicht viel sagen. Vielleicht das:
Wenn sich Kritikunfähigkeit und Tugendwächtertum paaren, kommt selten was Gutes dabei raus. M.E. hat Momorulez gewisse Probleme, Ambivalenzen und Andersmeinung auszuhalten.
@ earendil
Andererseits ist zumindest homosexueller Penetrationssex für (100%ige) Heteros persönlich tatsächlich nur als Vergewaltigung denkbar.So sehe ich das auch. Aber ich gehe mal davon aus, erstens, dass die Anzahl von Homosexuellen, die darauf Wert legen einen dicken Hetero wie mich zu vergewaltigen, so ziemlich gegen Null geht, zweitens, dass ich für den extremen und unwahrscheinlichen Fall der Fälle mich bestens wehren könnte. Das äußerste der Gefühle wäre für mich, wenn eine gut vertraute Partnerin mal zur Abwechslung mich penetrieren wollte. Aber damit würde ich mich vermutlich auch unwohl fühlen, zumal mir das noch nicht vorgekommen ist, dass eine Partnerin einen entsprechenden Wunsch geäußert hätte. Ich kann mich nur an eine Geschichte erinnern, wo mir eine Partnerin ihr riesiges Entsetzen über ihren Ex-Freund geschildet hat, weil der sich von ihr gewünscht hatte, von ihr penetriert zu werden...
Ich weiß nicht, wie sinnvoll und erkenntnissteigernd es ist, einvernehmliche, persönliche sexuelle Vorlieben/Abneigungen als Ausdruck einer defizitären Persönlichkeitsentwicklung zu deuten. Ich tendiere persönlich halt mehr, zumal im Intimbereich der Sexualität, zum "alles ist okay", wenn es denn einvernehmlich ist. Heterosexualität zum Problem zu theoretisieren, finde ich insofern fast genauso panne wie das Diskreditieren von Homosexualität oder irgendeiner anderen Form einvernehmlicher Anderssexualität.
Was dieses "Bücken in der Dusche"-Stereotyp betrifft: Ich tippe mal, dass dieses Stereotyp eher bei Leuten eine Rolle spielt, die sexuell unsicher sind.
Ich hatte jedenfalls noch nie Probleme damit, nach dem Sport mit Homosexuellen oder Bis gemeinsam unter der Dusche zu stehen. Ja, warum denn auch?
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Dass "umgekehrter" Penetrationssex, gerade in Zeiten, in denen Sexspielzeug aller Art nun wahrlich nicht neu ist, unter Heteros so extrem wenig verbreitet ist*, hat m.E. schon was damit zu tun, dass sich Heteromänner damit bewusst oder unbewusst in ihrer Männlichkeit angegriffen sähen. Also nicht unbedingt jeder einzelne, aber viele. Ist ja nicht so, dass Heteromänner biologisch grundsätzlich nicht auf die Weise stimulierbar wären. Und klar haben auch Frauen diese Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit drauf und sind dann bei so einem Wunsch oft entsprechend befremdet.
Das soll nun natürlich keine Aufforderung an Heteromänner sein wie "Lasst euch penetrieren!" Sowas finde ich völlig albern; Sex soll allen Beteiligten Spaß machen und nicht irgendwelchen politischen Vorgaben entsprechen. Das ist erstmal nur ne Analyse. Allenfalls kann man für sich selber daraus ableiten, sich zu fragen, wo man die eigenen Begehren evtl. durch solche vielleicht unbewussten Rollenbilder einschränkt.
Kurz: Das Problem ist nicht Heterosexualität, sondern Heteronormativität. Um die analytisch in den Griff zu kriegen, ist es allerdings notwendig, weg von der Fixierung auf das "Andere" und hin zu einer Betrachtung des "Normalen" zu kommen. Genau das ist ja auch der produktive Ansatz von Critical Whiteness im Rassismus-Bereich.
Bei der besagten "Angst vor Vergewaltigung" geht es ja normalerweise nicht um Angst vor einer realen Gefahr. Zuweilen mag das anders sein, etwa im Knast. Und wenn Lesben oder auch Heteras Ekel und Angst vor Penetration haben, ist das darum auch noch etwas anders zu sehen. Aber meistens geht es bei Heteromännern ja nur um die gedankliche Vorstellung, und da können sie sich homosexuelle Penetration eben nur als Vergewaltigung vorstellen.
Was allerdings "dicker Mann" angeht... schon mal was von schwulen Vorlieben für "Bären" gehört? So sicher solltest du dich also nicht fühlen... ^^
* So ist jedenfalls mein Eindruck von außen, wird Che vielleicht bestreiten. Gibt's dazu umfragebasierte Statistiken? (Hier kann man damit ja ankommen, ohne dass gleich jemand die bell curve läuten hört... ;) )
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Hier wird die Idee die ich "drüben" wohl mit zu sexistischer Sprache aufgegriffen habe also weitergesponnen.
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Trotzdem: Habe ein bißchen das Gefühl, daß durch diese Situation hier ein "wir“ der „mißverstandenen Guten“ entstanden ist... und hoffe das legt sich noch :)
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Aber ich hatte den Eindruck, dass du und ich von der Denke her zum Teil nicht so weit auseinander waren und da du drüben ja keinen Bock mehr hattest, was ich ja irgendwie auch verstehe, schaue ich jetzt halt hier rein. ;-)
Und weil das Thema Phallozentrismus hier fortgeführt wird.
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"Angeblich liest Momo hier ja gar nicht mehr." ist doch egal! ich nehme einfach ernst was er schreibt, und denke nicht für ihn mit.
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earendil, che selbst und (wenn ich das richtig verstehe) dean haben drüben hausverbot, du bist von dir aus gegangen und mark und ich jetzt "fahren zweigleisig".
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Wenn er solche (dramatisch-pauschalen) Aussagen macht, die seinen Blog dem Außerhalb gegenüberstellen - dann meint er das wohl so, und ich will mir nicht noch den Kopf zerbrechen ob er wirklich "hier" in dieses Außerhalb miteinbezieht. Er schreibt es so, ich nehme es auf, Ende.
Das dreht sich sonst für mich viel zu sehr um die Person, ich will weg von der Person hin zu Strukturen. In diesem Fall das Bekannte "wir dreieinhalb Aufrechten im Blog gegen das Außen".
Und die Unterschiede die Du nennst sind da, klar!
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meine Kolumne kann nun auch in meinem Blog kommentiert werden. http://blog.katrin-roenicke.net/?p=1527 und ich würde mich sehr freuen, wenn eure da stünde.
Ich weiß, dass ich an einigen Stellen verkürzt und überspitzt habe. Das muss ich im Rahmen dieser Kolumne immer wieder tun. Im Kern steht aber nichts darin, was ich zurücknehmen würde.
Mich interessiert vor allem der positive Impact von Critical Whiteness, und zwar im Sinne von: Über die Reflektion von Privilegien hinausgehend. Für eine Reflektion meiner eigenen Privilegien brauche ich kein Critical Whiteness - da komme ich in meinen Augen ganz gut mit Bourdieu zurande, genauso wie mit Judith Butler, oder Beck-Gernsheim ("Wir und die Anderen" ist ein sehr gutes Buch).
Was ich sehe ist, dass CW instrumentalisiert wird. Das Argument lautet dann: Es seien nur die Menschen, die das ganze Konstrukt, das eigentlich gut ist, verdrehen. Das glaube ich irgendwie nicht. Die Probleme mit CW, die wir hier beobachten können (No Border Camp z.B.) zeigen sich in meinen Augen weltweit.
Critical Whiteness, so wie es mir immer und immer wieder erklärt wird und begegnet, beinhaltet diesen "Freifahrtsschein" schon in der Theorie. Aber auch hier: lasse ich mich gerne belehren. Vielleicht ist das Problem, dass ich mich bislang immer bei den Leuten darüber bilden wollte, die eben die CW verdrehen und dann entsprechende Quellen posten... ich bin da ganz offen!
Viele Grüße
Kadda
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Ich verstehe zwar dass sich dir dieser Eindruck aufdrängt, zumal vor dem Hintergrund des aktuellen Szene-Herumgestreites. Aber ich bin sicher, dass es viele Vertreter_innen von CW gibt, die ganz anders drauf sind. Wenn du dir mal anschaust, welche Leute hierzulande Diversitytrainings bzw. antirassistische Seminare anbieten, dann wirst du feststellen, dass da eine große Anzahl wirklich vernünftiger Leute aktiv ist. Und für viele dieser Leute spielen CWS eine große Rolle. Die sind einfach nicht so drauf wie RS & Co.
Sobald Intersektionalität bzw. die Multidimensionalität von Problemlagen ins Spiel kommt, auch die Ambivalenz menschlichen Seins, bekommt CWS eine andere Ausrichtung, imho. Die Vereinseitigung und radikale Zuspitzung bzw. Instrumentalisierung von CW-Ansätzen in Schland innerhalb bestimmter linker Szenen hat imho auch damit zu tun, erstens, mit szenetypischem Platzhirschgehabe, zweitens, dass das Rezeptionsniveau von CWS in Schland größtenteils eher niedrig ist - auch seitens der Leute, die CWS innerhalb linker Szenen hierzulande vertreten. Es würde viel helfen, denke ich, wenn CWS als nützliches "Tool" antirassistischer Arbeit verstanden werden, und nicht als Komplettalternative zu allen übrigen Diskursen.
Ähem, manchmal kommen mir bestimmte deutsche Hardcore-CW-Vertreter_innen wie Szene-Evangelikale vor, vom Habitus her jedenfalls...
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Solche Auswüchse sollten vielleicht auszuhalten sein, zumal von Weißen, die ja sonst vergleichsweise wenig auszuhalten haben.
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Früher sagte man einfach "Kritik und Selbstkritik". Oder für die nicht bibelfesten Kleinbürger unter uns: Umerziehungslager, Rote Khmer .
"Rezeptionsniveau von CWS in Schland größtenteils eher niedrig"
CW ist intellektuell eher "niedrig". "Man" hatte ab 1990 ein großes Interesse daran, "kritische Soziologie" aus dem marxistischen, antikapitalistischen Lager zu lösen und in eine infantilisierte Form zu gießen, die außerhalb der Uniszene(n) bedeutungslos sein sollte ... oder sich bestenfalls eignete, um die Massen zu disziplinieren.
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Das Böse ist immer und überall!
(aus: Ba-Ba-Banküberfall)
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Ich halte Selbstreflexion und Selbstkritik, wenn sie von moralischen Anklagen freigehalten, nicht mit Macht erzwungen und nicht zum Ritual oder selbstreferentiellen Dauerbeschäftigung werden, für eine gute Sache, ja für unverzichtbar, um zu vernünftigen Erkenntnissen und richtiger Politik zu gelangen.
@Dean: Was soll an Awareness-Teams grundsätzlich auszusetzen sein?
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@Dean: Was soll an Awareness-Teams grundsätzlich auszusetzen sein?Das hängt vom Einzelfall ab - es kann ja auch mal gut laufen. Nur besteht die Gefahr, sich auf diese Weise repressive und undurchsichtige Strukturen einzuhandeln, die politisch missbraucht werden. Im Extremfall wird konstruktive politische Arbeit unmöglich gemacht.
Wenn am Ende AntiRas sich untereinander zerfleischen bzw. ausgerechnet AntiRas unter Rassismusverdacht gestellt werden, dann ist das wohl kontraproduktiv.
Wenn ich es einmal sehr konkret auf mich selbst beziehe (manchmal ist das ja auch nützlich): Ich mache gelegentlich AntiRa-Politik, teils sogar richtig erfolgreich (aus Betroffenensicht her beurteilt). Wenn ich als Jude dann von einem verpeilten, privilegierten weissen Akademiker wegen meiner Andersmeinung "Schädelvermesser" genannt werde (wiederholt und schamlos), und zwar ganz direkt aus einem Überschwang ausgerechnet an "Awareness" (und weil dieser Typ nur linientreue Argumentation erträgt), dann läuft da etwas schief.
Wenn irgendwelche hochprivilegierten Bürgersöhnchen, die in Wahrheit kein Bock auf echte Politik haben, die stattdessen nur tagaus und tagein ihre "akademischen" Sprachspiele spielen und diese dann politischen Aktivisten aufdrücken, mehr noch, tatsächlich politisch tätige und wirksame Aktivisten heftigst beleidigen dürfen (weil die Sprachspieler ja auf der richtigen Seite stehen, so wunderbarst geschult mit CWS und akademischer Awareness, also richtig toll weiss und überlegen), dann läuft da etwas schief.
Und ich denke, ein Teil dieses Problems liegt tatsächlich an einem repressiven und allzusehr auf Sprachdetails achtenden Awarenesskonzept. Die sogenannte "Awareness" kann imho leider allzuschnell dazu dienen, Andersmeinende, ideologisch Abweichende oder bereits das schlichte Nachfragen (!) zu stigmatisieren oder auszuschließen.
Daran ist etwas auszusetzen, earendil, finde ich.
Ich kann es nicht so richtig in Worte fassen - und es wird wohl furchtbar einfach sein, meinen eben geäußerten Standpunkt zu zerlegen - und sei es, dass gerade das, was ich geschildert habe, bei richtiger Anwendung von Awareness (siehe: real scotsman) garnicht passieren könne. Mein Eindruck ist aber, dass die aufgeführten Gefahren tatsächlich gegeben sind und sich in der Praxis oft nur wenige Zentimeter hinter "Awareness" ein autoritärer Anspruch verbirgt.
(...der dann ironischerweise gerade zu Lasten Marginalisierter geht)
Wie gesagt: Mein ungeschliffener Standpunkt, meine unbeholfenen Worte lassen sich leicht ins Lächerliche drehen. Aber vielleicht ist ja trotzdem ein wenig rübergekommen, was ich meine.
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http://che2001.blogger.de/stories/2117286/
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Keine Ahnung genau, vermutlich liege ich falsch. Aber der entscheidende Faktor ist imho, ob diese Konzepte solidarisch angewandt werden oder eben diskreditierend, spaltend. Das Potential, mit diesen Methoden Streit und Lähmung in linke Gruppierungen zu bringen, besteht wohl. Aber es hängt wohl wesentlich davon ab, ob die Verfechter_innen dabei dogmatisch und repressiv vorgehen. Zu den Unarten rechne ich jedenfalls die erbärmliche Psychologisierung einer Vielzahl strittiger bzw. diskutierbarer sprachlicher Begriffe als "gewaltsam" oder "retraumatisierender Trigger", und die Diskreditierung deren Verwender_innen als "Rassisten" oder "Gewalttäter".
Das mag ja als Dramatisierungsperformance von akademisch geprägten CW-Aktivisten lustig sein, aber es ist unsachlich und behindert politische Arbeit bereits an der Basis:
beim Gespräch.
(harmloses Beispiel: Ich finde den Begriff "Geflüchtete" auch besser als "Flüchtlinge", aber jedesmal eine Diskussion ins Stocken zu bringen mit dem altklugen Hinweis darauf, warum und wieso das so viel besser ist, ähem, das ist m.E. ziemlich panne, zumal wenn damit Wortmeldungen von Rassismusbetroffenen der sprachlichen Zensur unterworfen werden)
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Problematisch sehe ich, dass Sivanandan letztlich doch wieder bei einer Art Nebenwiderspruchsdenken landet, das hat Mark schon richtig gesehen. "Es ist ganz klar, dass es hoffnungslos wäre, zu versuchen die Einstellungen und das Verhalten des ärmsten und verelendetsten Teils der weißen Bevölkerung zu verändern, ohne zunächst ihre materiellen Existenzbedingungen zu verändern." Das klingt für ich so, als würde sich mit erfolgreich geführtem Klassenkampf das Problem des Rassismus von selber erledigen. Mal abgesehen davon, dass der Realsozialismus imho gezeigt hat, dass mit der Überwindung des Kapitalismus weder Rassismus noch Sexismus noch Heteronormativität einfach verschwinden: Ist es nicht eher umgekehrt? Besteht nicht solange keine Aussicht auf Änderung der materiellen Existenzbedingungen mittels Klassenkampf, solange sich ein Großteil der Arbeiterklasse per Rassismus ins nationale bzw. weiße Boot holen lässt, solange weiße Proleten und Subproleten lieber ihr kleines Stück vom Kuchen gegen nichtweiße (Sub-)Proleten verteidigen, anstatt mit ihnen gemeinsam die Bäckerei zu stürmen? Und war das nicht - weiß nicht, ob ich das richtig einordne - auch mal einer der besseren Gedanken im CW-Bereich, dass Weiße sich kritisch zu ihrer weißen Identität stellen sollten, weil diese sie vom Klassenkampf abhält?
Was nun grade nicht heißen soll, das Ablegen jeglicher rassistischer Denkmuster, das Erlernen einer CW-Sprache und das ständige Selbstmarkieren zur Vorbedingung für Klassenkampf oder auch nur antirassistische Arbeit zu machen. Das ist ja ein Hauptproblem von CW, dass es ein fast ausschließlich akademischer Diskurs ist und durch seinen Duktus, seine rigide Sprachpolitik und überhaupt seinen ganzen Fokus ausschließend wirkt. (Mit letzterem meine ich: Wer, möglichst noch als gut situierter Akademiker, von dem biodeutschen Elektrikergesellen zuerst mal verlangt, seine Privilegien zu reflektieren, kann nur ein abwehrendes "Was, ich und privilegiert???" ernten.)
Ist jetzt alles etwas unausgegoren, aber das war das, was mir bei Sivanandan durch den Kopf ging.
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findet sich ein interessanter Aufsatz von einem amerikanischen Historiker zu „Whiteness“, unbedingt lesenswert. Die ganze Diskussion ist offenbar entstanden, als amerikanische Historiker versuchten, zu erklären, warum es niemals einen Zusammenschluss oder auch nur eine Kooperation zwischen schwarzen und weißen Arbeitern in den USA gegeben hat. Die Antwort der Whiteness-Theoretiker ist klar: Teilhabe am „White Privilege“ durch die weißen Arbeiter verhinderte sie.
Der Autor weißt detailliert nach, warum diese These nur eine sehr begrenzte Erklärungskraft hat und auf die ganz andere Situation in Europa nicht angewandt werden kann.
„The imperative of racial reductionism -finding whiteness and color at the heart of every example-suggests a critical weakness in much whiteness scholarship. It is largely driven by its theoretical assumptions and evinces a disregard for evidence and primary research. The consequence is a cultural history that is always provocative but, at root, untrustworthy.”
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von Haupt-und Nebenwidersprüchen kann hier erst mal gar keine Rede sein, Sivanandan und die ganze Debatte zwischen linksradikalen Antiras geht vom Drei- zu- Eins-Widerspruch aus. Der Witz dabei ist der, dass im GB der frühen Thatcherjahre antirassistische Kämpfe und Klassenkämpfe noch aufeinander bezogen, miteinander kontextualisiert wurden und später immer weniger.
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/id-verlag/BuchTexte/DreiZuEins/DreiZuEinsViehmann.html
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Warum nehmen denn Rassismus, Sexismus und Homophobie unter Proleten und Subproleten besonders offene und gewaltsame Formen an? Einerseits, weil sie, wie Sivanandan richtig schreibt, keine anderen Machtmittel als die direkten, persönlichen besitzen, und andererseits, weil sie sich verzweifelt an den "Besitz" klammern, den ihnen vermeintlich niemand nehmen kann: die deutsche, männliche, heterosexuelle Identität mit den damit verbundenen Privilegien.
Vom Bürgertum aus betrachtet gehen Rassismus und Proletenverachtung sowieso ineinander über, bzw. ist ersterer die Form, in der letztere so artikuliert werden kann, dass auch das biodeutsche Proletariat dem Klassenkampf von oben zustimmt. Mustergültig zu sehen bei Sarrazin.
@Che: Also ich lese bei Sivanandan, gerade in Sätzen wie dem zitierten, durchaus eine Art "Vorrangstellung" des Klassenkampfes heraus.
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http://mariasfirst.wordpress.com/2012/09/27/thema-des-tages-antirassismus/
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Critical Whiteness: Alle Konflikte zwischen Menschen werden auf den Rassenkonflikt heruntergebrochen, mit Gewalt. Wenn die alteingesessenen amerikanischen Arbeiter die irischen oder polnischen Einwanderer nicht akzeptieren wollten, dann kann das nur daran gelegen haben, dass sie sie nicht als Weiße betrachteten. Was für ein Schwachsinn. Arnesen weisst ja darauf hin: die katholische Kirche und die demokratische Partei haben sie nicht abgelehnt
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"Es bestätigt sich erneut das, was ich schon so oft sagte: Es geht ums virtuelle Vernichten, das extrem selektives Lesen voraussetzt und mit Hass grundiert ist.
Wir nicht bedingungslos für uns ist, ist gegen uns, unser Feind. So ähnlich war Kohl drauf, früher, dem ein Psychologe einmal attestierte, auf dem Stand eines Dreizehnjährigen stehengeblieben zu sein.
Es ist dort, in den Momorulezschen Kreisen, nicht möglich, den Text von Frau Rönnicke einfach zu kritisieren, was in Teilen m.E. Not täte. Nein, die muss komplett ausgegrenzt, auf die Feindesseite gestellt werden.
Die eigenen Neurosen nicht als solche anerkennen, aber gleichzeitig unausgesprochen permanent vergesellschaften. Psychologisch alles interessant, aber auch sehr traurig.
......
Ich rede vom virtuellen Vernichten und meine damit den bewussten Ausschluss aus der Diskussion mittels Stigmatisierung PI, rechts etc., also mit Etiketten, die dich und andere zum Schmuddelkind machen, mit dem man nicht spielt. Jemanden als mehr oder weniger rechtsradikal abstempeln und damit aus der Diskussion und somit aus allem, was virtuell existiert, ausschließen. Das nenne ich virtuelle Vernichtung, die man den echten Nazis vorbehalten sollte."
Mit Vernichtungsmetaphern möchte ich nicht hantieren, da halte ich nach wie vor Vorsicht für angebracht. Die eigenartige Kommunikations- oder Nichtkommunikationsweise von Momorulez habe ich aber nun über Jahre sattsam mitbekommen. Der hat ja Debatten um Sachfragen, (z.B. wie Willy Brandt historisch einzuordnen sei) als persönliche Angriffe bzw. Dominanz- und Umerziehungsversuche wahrgenommen. Ich war der Meinung, auf Augenhöhe im gemütlichen Plauderton eine interessante Diskussion zu führen, er aber hielt Augenhöhe zwischen uns von Vornherein für unmöglich und sah unsere Diskussionen immer als hierarchisiert an mit mir oben und ihm unten und dann Angriffe bis hin zu Beschimpfungen dann halt als die gerechte und legitime Gegenwehr des Marginalisierten. Wenn ich ihn richtig verstanden habe war unser Verhältnis allein schon deswegen hierarchisiert, weil er schwul ist und ich hetero bin (was bei einem Leben, in dem Partnersex insgesamt nur sehr vereinzelt vorkommt auch schon fast eine theoretische Angelegenheit ist, abgesehen davon, dass ich als rollenambivalenter SMer bestimmt nicht heteronormativ bin und auch kein "guter Schwiegersohn") und weil ich politisch aktiv und über enge Szene-Lebenszusammenhänge sozialisiert bin und er ein politisch denkender, aber politisch-praktisch nicht aktiver Einzelgänger. ie gesagt, aus dieser "Hierarchie" leitete er immer sein Recht ab, sich mir und Anderen gegenüber polemisch, unsachlich und aggressiv zu verhalten und ebenso besondere Schonung für sich zu verlangen. Ein Dauerbrenner ist bei ihm auch die Tatsache, Nörgler, Netbitch, Workingclasshero oder ich würden auf die Formulierung "schwuler Positionen" von ihm oder Loellie mit Aggression oder sogar Hass reagieren. Schwule Positionen im Sinne von Gay Pride finden sich da aber gar nicht, ganz zu Anfang unserer Kommunikation hatte ich ihn genau dazu mal ermuntert. Was da kommt würde ich eher als wütendes Schimpfen und lautstasrke Jammern über die eigene Marginalisierung und die Schilderung teils entsetzlich traumatischer Marginalisierungserfahrungen bezeichnen, aber nicht als schwule Positionen mit irgendeiner Perspektive, aus der positive Forderungen abgeleitet werden können.
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"Wenn die alteingesessenen amerikanischen Arbeiter die irischen oder polnischen Einwanderer nicht akzeptieren wollten, dann kann das nur daran gelegen haben, dass sie sie nicht als Weiße betrachteten. Was für ein Schwachsinn."
Inwiefern? Was waren denn nach Arnesen stattdessen die Gründe?
"die katholische Kirche und die demokratische Partei haben sie nicht abgelehnt"
Und? Es müssen doch nicht alle Kräfte in gleicher Weise rassistisch sein, das ist doch nie so. Und dass die katholische Kirche katholische Einwanderer nicht ablehnt, ist irgendwie logisch. Andereseits waren und sind Katholiken ja an sich schon nicht besonders beliebt bei den weißen amerikanischen Protestanten. Der Protestantismus war bzw. ist dort ja Teil der weißen Identität.
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"How did the Irish become white?" To pose this question is to assert that nineteenth century Irish immigrants to the United States were not white upon their arrival, that is, they were not seen as white by the larger American society, and did not see themselves as white. Over time, they "became white" through a process that involved the adoption of anti-black perspectives, the conscious self-identification with the larger white group, and that group's acceptance of the Irish as white. …
Here it appears as if becoming white primarily involves a group's adherence to some monolithic ideology held by whites or to a group's acceptance by the only group that apparently matters: the white elite. Presented as a novel theoretical contribution, whiteness functions largely as an unacknowledged surrogate for, though not replacement of, earlier accepted formulations. …
Upon close inspection, whiteness scholars' assertions of Irish non-whiteness rest largely upon their conflation of racialization and the category of whiteness. For Ignatiev and Roediger, the increased popularity of the "racialization of the Irish"-the tendency to see the Irish as a distinct and inferior race- is equated with their exclusion from "whiteness" itself. The two, however, are by no means equivalent. Matthew Jacobson's “Whiteness of a Different Color” becomes relevant here. … Jacobson insists that racial science produced, and American culture popularized, the notion of an "increasing fragmentation and hierarchical ordering of distinct white races." The Irish become the Celtic race, but it is a white, if inferior white, race. Jacobson´s formulation, if taken at its face value, can effectively dispatch the "how the Irish became white" question, re placing it with "how immigrants became racialized."
...
Roediger acknowledges in passing that there were two institutions that did not question the whiteness of the Irish: the Democratic party and the Catholic church. Neither can be described as insignificant in size or influence. But it matters little to historians of whiteness that one of the two major political parties in the United States-the Democrats- embraced, defended, and even championed the Irish, including them without hesitation in the category of "white" or "Caucasian." Instead, the historians of whiteness ignore the significance of this counter-discourse and focus almost exclusively on the more explicitly racialist discourse of the American Anglo-Saxon elite, the nativists, and their ilk. How and why whiteness historians present the views of only one portion of the "American public"-one that did not exercise unquestioned and continuous power, despite the elite status of many in its ranks- as the truly significant discourse on the racial construction of the Irish is never addressed. To return to the initial query of "how the Irish became white," the short answer is a simple one: by manipulating definitions and putting words into historical subjects' mouths, the Irish became white because historians, not their contemporaries, first made them "nonwhite" before making them "white."
Die Einwände sind also 1) Andere, für die Nichtakzeptanz der Iren durch die alteingesessenen Amerikaner wichtige Faktoren, werden nicht berücksichtigt, so z.B. der Katholizismus der Iren, 2) wird nicht gesehen, dass die Spaltung nicht zwischen Weißen und Nichtweißen („PoC“) verlief, sondern dass durchaus auch innerhalb der Weißen rassische Differenzierungen getroffen wurden („Keltische Rasse“).
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„Ich fahre mit der bahn jetzt erster Klasse. Im Jahr zuvor fuhr ich zweiter Klasse. Irgendwann hatte ich einfach die Schnauze voll von Arschlöchern mit Thor-Steinar-Klamotten und nazi-Band-CDs auf dem Tisch, die besoffen „White Pride“ gröhlten, von Familien, die mich mit offenem Mund anstarren und anfangen zu tuscheln, wenn ich auf dem Weg zum Bordrestaurant über den Flur gehe, von Wochenend-Wichsern, die mich ansehen und dann sofort N…-Witze reißen, … von den alleinreisenden Aktenkofferfuzzis, die sich ungefragt neben mich setzen und mir unaufgefordert erzählen, dass sie immer nach Brasilien fahren, weil die Frauen dort ja viel freizügiger seien, und ob ich nicht Lust hätte, mal mit ihnen auszugehen… Ich möchte behandelt werden wie ein normaler Mensch. Darum fahre ich erster Klasse. Dort fahren viel mehr Schwarze, keiner kuckt dumm… und Faschistenrudel habe ich dort auch noch keine getroffen. Der Spaß kostet mich im Jahr zweitausend Euro Aufschlag.“
(„Deutschland Schwarz weiss“, S. 205/6)
Dass es in der ersten Klasse nur deshalb so angenehm ist, weil die Proleten auch gerne dort fahren würden, aber die 2000 Euro im Jahr nicht über haben, dass Rassismus auch noch mit anderen Faktoren zu tun hat, als mit der Hautfarbe, kommt ihr nicht in den Sinn. Alles muss in das schwarz/weiß-Schema gepresst werden.
Wenn sie Kinder hätte, würde sie sicher auch nicht wollen, dass die mit den Kindern des Packs auf die gleiche Schule gehen. Und solche Leute werden zur Linken gezählt. Ich danke
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"wird nicht gesehen, dass die Spaltung nicht zwischen Weißen und Nichtweißen („PoC“) verlief, sondern dass durchaus auch innerhalb der Weißen rassische Differenzierungen getroffen wurden (...)."
fehlt mir zwar ein "nur" hinter dem zweiten "nicht", aber im Prinzip ist das berechtigt. Richtig an den Thesen der whiteness studies bleibt aber imho, dass die Inklusion der irischen und polnischen Einwanderer in die dominante In-Group wenn dann über ihre Akzeptanz als Weiße lief. Also ungefähr: "Das sind zwar Katholiken und außerdem Kelten bzw. Slawen, aber wenigstens sind sie weiß."
Die Frage, ob irische und polnische Einwanderer als Weiße galten, scheint mir ähnlich der, ob Schwule als Männer gelten. Da wird so direkt ja auch kaum bestritten, allerdings ist das eine marginalisierte Männlichkeit, die auch wichtig ist für die Konstruktion hegemonialer Männlichkeit. Diese lebt also nicht nur (wenn auch hauptsächlich) vom aufgemachten Gegensatz zu Frauen, sondern auch von der Abgrenzung und -wertung von "unmännlichen Männern". Ähnlich wie das Selbstverständnis der weißen amerikanischen Dominanzgruppe nicht nur (wenn auch hauptsächlich) von der Hautfarbe abhängt, sondern auch von der protestantischen und angelsächsischen Identität.
Und wenn sexistische Männer Schwule akzeptieren, dann eben, weil diese (zumindest irgendwie doch) als Männer gelten. Kann man wunderbar bei Maskulisten beobachten.
Deinen Anwurf gegen Noah Sow verstehe ich nicht. Wenn eine Schwarze die Schnauze voll hat von jenem direkten, persönlichen, unkaschierten Rassismus, der so eben in der "besseren Gesellschaft" viel weniger anzutreffen ist, und wenn sie sich das Ausweichen in die erste Klasse leisten kann - so what? Und dass Rassismus nicht immer nur über die Hautfarbe laufen muss - jo mei, aber in diesem Fall tut er's ja ganz offensichtlich! Da mit "alles muss in das schwarz/weiß-Schema gepresst werden" anzukommen ist ein bisschen albern.
Übrigens fand ich weiter oben
"Der Autor weißt detailliert nach"
einen wunderschönen Freudschen Verschreiber. ^^ (Kommt später in ähnlicher Form nochmal.)
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http://faculty.umf.maine.edu/walter.sargent/public.www/web%20200/race%20whiteness.pdf
„There can be no doubt, for example, that many antebellum Americans viewed the Irish as a degraded and savage people, but whether they saw lack of whiteness as the key source of this inferior status is dubious; to most Americans, for whom Protestantism went hand in hand with both republicanism and Americanism, the Irish immigrants' Catholicism was far more alarming than their color. Indeed, some abolitionists managed to combine a passionate belief in the goodness and intellectual potential of black people with an equally passionate conviction of the unworthiness of the Irish, and in the 1850s many nativists saw little difficulty in moving from the anti-Irish Know-Nothing party into the antislavery Republican party, a trajectory that would have been truly remarkable had their dominant perception of the Irish been that they were nonwhite. And as Jacobson points out, the 1790 law that limited naturalization to "free white persons" "allowed Irish immigrants entrance as 'white persons"'; in what sense, then, should one speak of their subsequently "becoming" white? This can make sense if whiteness is to be understood metaphorically, meaning "acceptable," but Jacobson and other whiteness studies authors clearly intend the term to serve as more than a metaphor; indeed, if it is understood only metaphorically, much of their analysis collapses.“
Zum zweiten Punkt: Was glaubst du, warum in der zweiten Klasse mehr Rassisten fahren, als in der ersten? Weil in der ersten Klasse „viel mehr Schwarze“ fahren (was ich für ein Gerücht halte)?
Warum stellt sich Noah Sow diese Frage nicht?
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Ich glaube eher, dass der Rassismus in der zweiten Klasse - in der Bahn wie in der Gesellschaft - tendenziell andere Formen annimmt und sich anders äußert als in der ersten. Warum, dazu hab ich oben schon was geschrieben: http://che2001.blogger.de/stories/2145909/#2148973
"Warum stellt sich Noah Sow diese Frage nicht?"
Tut sie das denn nicht? Und wenn nicht: Vielleicht war das (an der Stelle) einfach nicht ihr Thema? Aber das musst du sie wenn dann schon selber fragen. Jedenfalls gibt oder impliziert sie hier ja keine Antwort, also auch keine falsche. (Sie will ja imho nicht sagen, dass es in der 1. Klasse weniger offenen Rassismus gibt, weil dort mehr Schwarze fahren, sondern umgekehrt - weil es dort weniger offenen Rassismus gibt, weichen Schwarze, die es sich leisten können, eher dorthin aus, darum fahren dort mehr Schwarze. Ob das tatsächlich so ist, weiß ich nicht, u.a. weil ich in meinem Leben erst zweimal erster Klasse gefahren bin.) Und generell finde ich es immer blöd, jemanden, der_die sich mit A auseinandersetzt, zu fragen, warum er_sie sich nicht auch mit X befasst.
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Das war die platte Antwort, die ausdifferenzierte, mit Bezug auf Klasse und triple oppression dauert wesentlich länger, wobei ich gerade überlege, ob ich dazu überhaupt Lust habe.
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“All too often, “racism” is the subject of sentences that imply intentional activity or is characterized as an autonomous “force.” In this kind of formulation, “racism,” a conceptual abstraction, is imagined as a material entity. Abstractions can be useful, but they shouldn’t be given independent life.
I can appreciate such formulations as transient political rhetoric; hyperbolic claims made in order to draw attention and galvanize opinion against some particular injustice. But as the basis for social interpretation, and particularly interpretation directed toward strategic political action, they are useless. Their principal function is to feel good and tastily righteous in the mouths of those who propound them. People do things that reproduce patterns of racialized inequality, sometimes with self-consciously bigoted motives, sometimes not. Properly speaking, however, “racism” itself doesn’t do anything more than the Easter Bunny does.”
Sehe ich genauso, es geht weniger um politische Praxis (da ist das Oberverwaltungsgericht Koblenz wesentlich effektiver, s. http://www.dw.de/polizeikontrollen-wegen-hautfarbe-unzul%C3%A4ssig/a-1634574) als darum, sich gut und „im Recht“ zu fühlen.
„Yes, racism exists, as a conceptual condensation of practices and ideas that reproduce, or seek to reproduce, hierarchy along lines defined by race. Apostles of antiracism frequently can’t hear this sort of statement, because in their exceedingly simplistic version of the nexus of race and injustice there can be only the Manichean dichotomy of those who admit racism’s existence and those who deny it.”
Beschreibt sehr gut das manichäische Weltbild von “Critical Whiteness”
“In the logic of antiracism, exposure of the racial element of an instance of wrongdoing will lead to recognition of injustice, which in turn will lead to remedial action—though not much attention seems ever given to how this part is supposed to work. I suspect this is because the exposure part, which feels so righteously yet undemandingly good, is the real focus. But this exposure convinces only those who are already disposed to recognize.”
Es macht eben viel mehr Spaß, anderen ihren Rassismus vorzuwerfen, als konkrete Maßnahmen zu seiner Bekämpfung zu entwerfen.
„From this perspective even the “left” antiracist line that we must fight both economic inequality and racial inequality, which seems always in practice to give priority to “fighting racism” (often theorized as a necessary precondition for doing anything else), looks suspiciously like only another version of the evasive “we’ll come back for you” (after we do all the business-friendly stuff) politics that the Democrats have so successfully employed to avoid addressing economic injustice.”
Nichts hinzu zu fügen. Den text gibt es jetzt auch in deutscher Übersetzung hier:
http://www.akweb.de/ak_s/ak545/34.htm Allerdings ist die Übersetzung ziemlich schlecht.
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