Mittwoch, 7. März 2018
Der neuerliche Verrat der Sozialdemokratie
In einem dieser Eichborn-Bände mit linken Parolen, ich weiß nicht mehr ob Sponti-Sprüche oder Radikalauer, gab es mal den schönen Satz: "Die SPD grenzt sich so lange ab bis sie außer sich ist." Das ist sie spätestens jetzt, nachdem Festhalten an HartzIV die nicht mehr verhandelbare, ja die Verhandelbarkeit nicht einmal mehr denkbare Basis der großen Koalition ist. Angesichts eines die Armen rücksichtslos übergehenden und verachtenden Inwertsetzungsprogramms, das eher unter "innovatives Sozialmanagement" oder "Kapitalrevolution" zu fassen wäre als unter "Arbeiterbewegung" und andererseits einer CDU, in der es den dogmatisch-altkonservativen "Stahlhelmflügel" nicht mehr gibt entfällt die Notwendigkeit für die Existenz dieser Partei. Kluge Überlegungen dazu, wobei ich mit der Einordnung des ganzen PC-Komplexes defintiv nicht übereinstimme und zum Thema Lilla gar nichts sagen kann da mir hierzu die Kenntnis fehlt finden sich bei Momorulez:

https://metalust.wordpress.com/2018/03/05/die-bruchlose-brutale-fortsetzung-von-hartz-iv-ist-das-einzige-und-zentrale-thema-der-grossen-koalition/

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Der Stahlhelmflügel der CDU ist die CSU und AFD, reicht dir das nicht, und zu Lilla kann man ja mal Eribon befragen: "Ach ja, Mark Lilla entdeckt heute ganz plötzlich die Tugenden des Klassenkampfes, dabei führt er schon seit Jahrzehnten einen erbitterten Krieg gegen das 68er-Erbe. Er hat eine lange Karriere des konservativen Kampfes gegen alle Emanzipationsbewegungen hinter sich, ob es sich nun um den Feminismus, die Schwulenbewegung, den Antirassismus oder kritische französische Philosophen wie Foucault, Derrida, Deleuze, Bourdieu handelt. Lilla ist ein reaktionärer Ideologe, und er hat gerade grossen Erfolg, weil er sagt, was die Leute hören wollen. Leute, die denken, sagen aber Dinge, die man nicht erwartet."

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Es geht nicht darum was mir reicht sondern um die Faktoren die zum Niedergang der SPD führten. Und für mich gilt die Maxime Diskussionen sine ira et studio zu führen. Emotionen haben in politischen Analysen nichts verloren. Was Du da allerdings von Eribon zitierst lässt das Lilla-Thema dann in einem sehr eindeutigen Licht erscheinen. Wo schreibt er das?

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Wie auch immer man zu Lilla stehen mag, seine Beobachtung, dass die Überbetonung von individuellen Minderheiteninterssen seitens der Demokraten dem Durchmarsch des Neoliberalismus nichts Wirksames entgegengestellt hat, ist nun mal nicht von der Hand zu weisen.

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Es wird immer gesagt, dass die SPD überflüssig geworden ist, durch ihren neoliberalen Schwenk aber ist das nicht eher enttäuschter SPD-Wähler-Sprech? Überschätzt man da nicht die Wähler sowieso? Wenn ich mich an die Schröder-SPD erinnere, dann hatte die hohe Zustimmung und lag auch 2005 nur knapp hinter der Union. Die CDU/CSU haben die Politik fortgeführt und wurden gewählt. Sind es nicht eher profane taktische Fehler, "falsche" Personen, Pech dass die SPD heute so schlecht dasteht.
Naja ohne Emotionen braucht es erst gar nicht kritische Analysen und mir geht nun mal deine Liberalisierungsthese dieses Landes auf die Nerven.

https://www.republik.ch/2018/02/19/interview-eribon-teil1

"Das halte ich für Unsinn. So wurde ja auch mein Buch von Vielen gelesen, ganz besonders in DEUTCHLAND. Es wurde so getan, als wäre meine Botschaft: «Hört auf von Feminismus, LGBT-Rechten und Einwanderern zu reden. Wir müssen uns wieder auf linke Werte und die Arbeiterklasse besinnen.»" haha

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Was für eine Liberalisierungsthese vertrete ich denn Deiner Meinung nach? Das möchte ich wirklich gerne wissen.

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Ich verstehe nicht, was er hat. Die SPD hat zumindest seit Schröder nicht mehr Vorsitzender ist, genau das getan, Was Momo et.al. immer fordern: Sie versucht "weiblicher" zu werden, obwohl die Wähler das nicht belohnen, sie macht sich die Interessen aller möglichen Minderheiten zu eigen und strebt ein gerechteres Steuersystem nicht mehr an ("mit der CDU nicht zu machen" nach Aussage von Gabriel), macht die Schulen zum pädagogischen Experimentierfeld (und lässt sie gleichzeitg verkommen) inkl. Genderpädagogik usw. usw.

Ansonsten die übliche Flut von haltlosen Unterstellungen und Verdächtigungen.

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Einen sehr viel besseren beitrag zum Thema findet man hier:

https://man-tau.com/2018/03/05/spd-essen-tafel/

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Sich jahrelang einen Scheissdreck um Hartz IV kümmern, oder nicht darüber hinauszugelangen, staatlich subventionierte Arbeit zu fordern, aber plötzlich wenn "Ausländer" diese Tafel-Rackets in Anspruch nehmen, worauf sie ein Anrecht haben, dass Herz aus Rassismus für die AG2-Empfänger entdecken und dumme Ablenkungsdiskurse darüber führen, ob man sich mit 150€ im Moment ernähren kann, natürlich kann man das, das Hauptroblem ist nicht die Höhe, sondern dass die Leute um ihr niedriges ihr AG2 beschissen werden, durch Sanktionen, durch fehlende Erstattungen, durch nicht Übernahme von Mieten etc.

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An den Bildern über diesem Artikel kann man schon den Tafel-Irrsinn erkennen. Lild sponsort, wie als würde nicht gerade Lidl durch seine Arbeitsverhältnisse für Armut und Repression stehen.

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So geht es eben zu in einer immer unsolidarischer werdenden Gesellschaft in der immer weniger die Notwendigkeit einer Selbstverteidigung der Klasse gesehen wird und noch die prekär Beschäftigten auf die Hartzer herabsehen.

Mit "Liberalisierung" meinte ich die historische Entwicklung die die CDU in den letzten Jahrzehnten genommen hat - weg von einer ideologisch auf "christliches Abendland mit Westbindung" fixierten und homophoben Ausrichtung. Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften wäre in der CDU der Achtziger nicht diskutierbar und Sexismusdebatten wären in ihr nicht führbar gewesen (zu meiner Studienzeit kam ein Professor, der im Seminar zum Referat einer Studentin sagte: "Ihr Vortrag ist genauso flach wie Ihr Busen" damit problemlos durch). Ein CSU-Gauweiler erwägte damals ernsthaft ein zentrales Schwulenregister um bei einer Zunahme der Aids-Erkrankungen die Leute wegsperren zu können.

CDU-Innenpolitiker betrieben ernsthaft die Einführung von Gummigeschossen und Nervengas und den Einsatz scharfer Hunde auf Demos, wozu es dann aber doch nicht kam.

Legalisierung weicher Drogen oder Zustimmung zu medizinischer Anwendung von Cannabis wäre undenkbar gewesen, es galt Nulltoleranz, Maximalstrafen und bei Junkies kalter Entzug im Polizeigewahrsam.

Helmut Kohl ließ sich politisch aus Zeitschriften wie "Mut", "Nation und Europa" und "Criticon" inspirieren, seine Grenzübertretungen wie eine Gefallenengedenkveranstaltung auf einem Soldatenfriedhof auf dem SS-Männer lagen waren gezielte Provokationen und nicht, wie das liberale Feuiileton wähnte "Tappsigkeiten". Ausgerechnet ein Professor der Hochschule der Bundeswehr, Wolfgang Gessenharter, schrieb damals, die Neue Rechte regiere durch Kohl ein Stück weit mit und seine Politik stünde teils außerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung. Einzig Rita Süßmuth war damals liberales Aushängeschild ihrer Partei.


Diese CDU gibt es nicht mehr. Die Unterschiede zwischen CDU und SPD sind verglichen mit den 70ern und 80ern nivelliert, und das ist einer der Gründe für die Schwäche der SPD, die übrigens einem europaweiten Trend entspricht.

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Im Begriff Hartzer drückt sich doch schon das Menschenbild aus, dass du kritisieren würdest, komischerweise nutzt du den Begriff und leider machen Arbeitslose oft genug bei der rassistischen Scheisse mit und lassen sich gegen ihre Interesse instrumentalisieren, als würden sie einen Cent mehr bekommen, wenn die Armen noch ärmer sind und selbst wenn es so wäre, müssten sie sich darüber empören. Und sie bekommen auch keinen Cent weniger, wenn es plötzlich drei Geschlechter gibt, auch wenn ihnen das sicherlich welche mit dickerer Brieftasche erzählen würden.

Ich habe keine Lust dir einzelne Gegenbeispiele hinzuklatschen (bspw. wurden bei G20 Gummigeschosse eingesetzt und 40 Prozent der Deutschen finden es eklig, wenn sich Homosexuelle küssen), es geht ja nicht nur um die wirklich liberaler gewordene CDU, sondern deine allgemeine Wahrnehmung, aber das führt doch zu nix, diese Diskussion über Schland, das müsstest du doch langsam wissen, du kannst mir dafür auch ein Schreibverbot erteilen, wenn es dich zu sehr nervt.

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Das werde ich ganz gewiss nicht tun. Jede Diskussion lebt vom Austausch gegenteiliger Standpunkte, deshalb lehne ich ja gerade diese ganze Löscherei rigoros ab.

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zu Tafeln: Im von fabsefab bei berrains Artikel über 68 (1) verlinkten Artikel bei http://nichtidentisches.de/2018/02/tafelneid/ in der "Fußnote zur Praxis":


"Sollte es zu einem seriellen Problem gekommen sein, wäre die adäquate Praxis wie folgt:

1. eine mit kräftiger Stimme vorgetragene Standpauke hilft in einer sozialen Einrichtung wie der Tafel sicher ebensoviel wie im Bus, wenn Spätadoleszente nicht durchgehen oder die Lichtschranke der Tür stören.

2. Gerade unter jungen Geflüchteten findet sich eine hohe Bereitschaft zum Mitmachen bei sozial nützlichen Projekten. Ebenfalls findet sich die Bereitschaft innerhalb einer diskriminierten Gruppe, negatives Verhalten anderer Angehöriger der diskriminierten Gruppe harscher zu verdammen als die Mehrheitsgesellschaft. Ein ehrenamtlicher Ordnungsdienst für die Tafel ließe sich unter Geflüchteten sicher leicht und bei Bedarf spontan auf Ansprache rekrutieren, wenn man nicht davon ausgeht, dass sich die deutsche Oma durch den bloßen Anblick von Ausländern beleidigt fühlt."

Das kann ich aus eigener Beobachtung bestätigen. Die Mitmachbereitschaft ist bei jüngeren da (am (Anfänger)Sprachkurs zum Übersetzen teilnehmen; einen direkteren Draht herstellen); sein Vorschlag, dass Flüchtlinge bei Tafeln mitmachen, wird ja auch anderswo verwirklicht (gestern in der Glotze). Auch die Bereitschaft, das negative Verhalten anderer diskriminierter harscher zu verdammen, als es Akteure der Mehrheitsgesellschaft hinbekommen, habe ich selber ziemlich deutlich mitbekommen. Die drei Brüder (immer noch in einer Turnhalle wohnend) standen ziemlich unter dem Einfluss des ältesten, der sich offensichtlich berufen fühlte, eine Art Vaterrolle einzunehmen, nach dem Motto, "Hauptsache, wir halten zusammen!" - Ein Hindernis für die jüngeren, die im Grunde sehr aufgeschlossen für alles waren. Die drei nahmen nun nicht regelmäßig am (allerdings freiwilligen) Sprachkurs teil (drohten ins Hintertreffen zu geraten), aber die Leiterin wollte den durchziehen; ihre etwas autoritätre Art und ihr Frontalunterricht zeigten teils sehr gute Erfolge (auch bei denjenigen Erwachsenen, die noch nie ne Schule von Innen gesehen hatten). Also forderte sie Edris auf, denen klarzumchen, dass sie jetzt immer kommen müssten, sonst nämlich rausfliegen würden (einige Teilnehmer bestehen sogar darauf, dass ihre Teilnahme akribisch vermerkt wird).

Also, das hättet ihr hören müssen, wie Edris dann vom Leder zog! Also seine "Standpauke". Jedenfalls kamen die dann jedesmal und Nichtidentischens Aussage ist durch meine Beobachtung bestätigt.

Bei meiner Tafel ist übrigens alles gut organisiert, wer regelmäßig kommt, bekommt ne Gruppennummer A, B, C, ... Nr. 123, die Gruppen im Turnus, allen anderen wird nach Zeit, wann wer kommt, mitgeteilt, wo ihr Platz in der Schlange ist. In ca. 1 1/2 Jahren unregelmäßiger Teilnahme von mir hat es nur eine kleine, nicht nennenswerte Unregelmäßigkeit gegeben.

PS. ´n lustiger Anfang bei Nichtidentisches: "Die Zwangshandlung, die Kanzlerin Merkel auf die traditionelle Frauenrolle „Mutter“ zurückzuzwingen, ist misogyner Wunsch nach einer mafiösen Vaterfigur, der einer ambivalenten Mutter ein unambivalent drakonisches Gesetz entgegenstellt, das nur die Anderen bestraft und das Selbst belohnt."

Psychologiseirung als ironisch-subversive bzw. subversiv-ironische Affimation linken Selbstzerfleischungsdiskurses?

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@willy: "Ansonsten die übliche Flut von haltlosen Unterstellungen und Verdächtigungen." ----- Auf der politisch-deskriptiven Ebene stimme ich so manchem was Momo da schreibt durchaus zu. Ich würde auch sagen dass ich auf der gleichen Seite stehe wie er auch wenn er das anders sieht. Erstaunen tut indes die Art wie er das herleitet und was für Konsequenzen und Schlussfolgerungen sich daraus ergeben, etwa dass Leute wie Lilla ihre Gedanken aus persönlichem Beleidigtsein weil sie ihren Narzissmus nicht wie gewollt ausleben können usw. entwickeln, dass Weiße grundsätzlich beleidigt wären wenn Schwarze nicht "fortwährend" ihre Großmut bauchpinseln würden etc (er benutzt da seit Jahren die immer gleichen Sprachstanzen).



Aus rein inhaltlichen Kritiken an seinen Standpunkten leitet er schon mal ein Eintreten auf ihn aus reinem Sadismus ab. Auf dieser pubertären Küchenpsychologie-Ebene erklärt er sich das politische Weltgeschehen.

Einerseits. Andererseits sind solche Textauszüge goldrichtig und das würde ich alles unterschreiben: "Dass Sarrazin als SPD-Senator sich zunächst mit solchen Sprüchen profilierte, um anschließend den Bestseller für den schnellstmöglichen Untergang aller demokratischen Systeme in Deutschland zu verfassen, ja, es gehört zu eben jener Folgerichtigkeit der politischen Dynamik, innerhalb derer nach Jahren von Freihandels- und Flexibilisierungs-Doktrinen nun wieder Nationalismus und Rassismus offen und ungeschönt das freie Wirtschaften flankieren. Dessen Rahmen-Mechaniken suchen sich ja je nach Status der Entwicklung der Kapitalismus und seine Verfechter je nach Zweckmäßigkeit aus. Sie sind da höchst flexibel: Geschürt wird, was nützt.

Mittels Doktrinen, die – wie z.B. die Agitation gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Schweiz belegte – immer libertärer ihre Propaganda anheizen und handeln.

Diese Unterströmungen – Hans-Herrmann Hoppe, Robert Nozick, Murray Rothbard – sind es ja, die von Koeppel bis Sebastian Kurz, von Trump bis Bannon überall durchschimmern und sich radikalisieren:....."

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