Dienstag, 13. Juli 2021
Afghanistan weigert sich, Abschiebungen zu akzeptieren
Die afghanische Regierung hat erklärt, dass sie in den nächsten 3 Monaten keine Abschiebungen aus Deutschland akzeptieren wird.



In der Bundesregierung scheint man diese Aussage nicht so absolut zu verstehen, sondern sie eher als "Bitte" aufzufassen, wie aus der Mail von Jutta Graf, der Referentin für Flüchtlingspolitik der grünen Bundestagsfraktion, hervorgeht (Zitat aus einem Welt-Artikel: "Zunächst werde sich die Bundesregierung aber mit den europäischen Partnern über die Bitte aus Kabul austauschen").

Es bleibt abzuwarten, welchen Druck die Bundesregierung auf die afghanische Seite ausüben wird und wie ernst es letzterer mit ihrere Aussage, keine Abschiebungen zu akzeptieren, ist.

Statement des afghanischen Ministry of Refugees and Repatriations vom 11.07.2021

https://morr.gov.af/en/node/3938

Declaration Of MoRR Related To Stop Of Forced Return From Europe Temporarily

The escalation of violence by the terrorist group of Taliban in the country and the spread of the third wave of the COVID-19 have caused much economic and social unrest and created many challenges for the people.

Considering the security situation in the country, the Ministry of Refugees and Repatriations is concerned about the return of Afghan migrants and does not consider the current situation in the country condusive for the forced return of Afghan migrants until the security situation improves.

The leadership of the Ministry of Refugees and Repatriations has repeatedly expressed its strong reservations with host countries and international agencies in this regard.

Therefore, as a result of these efforts and after the consultation with the Ministry of Foreign Affairs and the Office of the National Security Council, the Ministry of Refugees and Repatriations has stopped the forced return of Afghan migrants from the EU and other European countries for the next three months.

The Afghan government has officially informed the host countries to stop the deportation from 08 July 2021 onwards.

The Government of Afghanistan took this action in relation to the Joint Declaration between Afghanistan and the European Union on Cooperation in the Field of Migration (JDMC), the Joint Declaration with Germany on Cooperation in the Field of Migration, and the bilateral and trilateral Memoranda of Understanding (MoUs) with Sweden, Norway, Finland, and France as well as Denmark, the United Kingdom, Switzerland, and the Netherlands.

Additionally, the Ministry of Refugees and Repatriations considers forced return as inappropriate in light of the increasing number of internally displaced people and due to aforementioned deteriorating security situation which led to a new wave of migration abroad.

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Indeskretion Ehrensache
Hier die Email von Jutta Graf:

Die afghanische Regierung hatte Ende letzter Woche die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten schriftlich gebeten, Abschiebungen gemäß dem EU-Afghanistanrückübernahmeabkommen oder der bilateralen deutsch-afghanischen gemeinsamen Erklärung -wegen der angespannten Sicherheitslage, aber auch der Covis-19-Pandemie, zunächst für 3 Monate auszusetzen (sh. hierzu den Artikel der WELT):
https://www.welt.de/politik/ausland/article232426393/Afghanistan-fordert-voruebergehenden-Abschiebestopp-aus-Europa.html

Heute wurde auch in der Bundespressekonferenz dazu gefragt - die Einlassungen des Regierungssprechers lassen aber nicht erkennen, dass man der Bitte der afghanischen Regierung nachkommen will....


12. Juli 2021 13:02
Bereich: Politik »Priorität: 4 »Agentur: afpd »Thema: D/EU/Flüchtlinge/Migration/Afghanistan
Deutschland will Abschiebepraxis nach Afghanistan zunächst nicht ändern - Berlin sagt Prüfung der Bitte aus Kabul zu
DEU632 4 pl 212 DEU /AFP-CA70

D/EU/Flüchtlinge/Migration/Afghanistan Deutschland will Abschiebepraxis nach Afghanistan zunächst nicht ändern
- Berlin sagt Prüfung der Bitte aus Kabul zu =
BERLIN (AFP) - Ungeachtet der Bitte der afghanischen Regierung um eine Aussetzung von Abschiebungen plant die Bundesregierung derzeit keine Änderung ihrer Abschiebepraxis. «Diejenigen, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland bekommen, sollen unser Land wieder verlassen», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Die Entscheidung zur Abschiebung falle weiterhin «auf der Basis einer immer wieder aktualisierten, sehr genauen Beobachtung der Lage» in den Herkunftsländern, sagte er.
Das Auswärtige Amt kündigte noch für diesen Monat einen neuen Bericht zur Sicherheitslage in Afghanistan an. Auf dieser Grundlage werde dann in der Abschiebungsfrage entschieden, «wie es weitergeht», sagte Seibert.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums kündigte an, in der Frage der Abschiebungen «sehr zeitnah das Gespräch mit der afghanischen Regierung» zu suchen. Zunächst werde sich die Bundesregierung aber mit den europäischen Partnern über die Bitte aus Kabul austauschen. Diese werde nun geprüft.
Angesichts der instabilen Lage hatte die afghanische Regierung europäische Staaten zu einer Aussetzung der Abschiebungen nach Afghanistan für drei Monate aufgerufen. Die von den Taliban ausgehende Gewalt, aber auch die dritte Corona-Welle, hätten in Afghanistan «wirtschaftliche und soziale Unruhen» ausgelöst, erklärte am Wochenende das Flüchtlingsministerium in Kabul. Dass derzeit Abschiebeflüge aus Europa in Afghanistan landeten, sei besorgniserregend. Beobachter befürchten, dass die Taliban nach dem vollständigen Abzug der USA und ihrer Nato-Partner aus Afghanistan wieder die Macht in dem Land übernehmen könnten. Die Islamisten stoßen bei ihrem Vormarsch teilweise kaum auf Gegenwehr. pw/cp


12. Juli 2021 13:11
Bereich: Politik »Priorität: 4 »Agentur: dpa »Thema: Migration/Flüchtlinge/Deutschland/Afghanistan/
Innenministerium prüft Pause für Abschiebungen nach Afghanistan
bdt0312 4 pl 202 dpa 0821

Migration/Flüchtlinge/Deutschland/Afghanistan/
Innenministerium prüft Pause für Abschiebungen nach Afghanistan =

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung prüft einen zeitlich begrenzten Stopp von Abschiebungen nach Afghanistan. Die afghanische Regierung hatte europäische Staaten am vergangenen Wochenende aufgefordert, Rückführungen in das Krisenland für drei Monate auszusetzen. «Diese Bitte ist auch bei uns in Deutschland eingegangen, und wir prüfen das jetzt», sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag in Berlin. Die Bundesregierung werde darüber «zeitnah» entscheiden und auch das Gespräch mit den anderen EU-Staaten sowie mit der Regierung in Kabul suchen.
Das Auswärtige Amt arbeitet aktuell an einem neuen Lagebericht für Afghanistan, der nach Angaben einer Sprecherin voraussichtlich noch in diesem Monat fertiggestellt werden soll.
Wegen der zunehmenden Gewalt der militant-islamistischen Taliban und steigender Corona-Infektionen sei die Rückführung abgelehnter Asylbewerber derzeit ein Grund zur Sorge, hieß es in einer Erklärung des für Flüchtlinge zuständigen afghanischen Ministeriums vom Samstag. Außerdem sei man besorgt über eine wachsende Zahl von Menschen, die im Ausland Asyl suchten sowie im Land selbst auf der Flucht seien.

Am vergangenen Mittwoch war eine Maschine mit 27 abgeschobenen Männern an Bord in Kabul eingetroffen. Die meisten von ihnen waren in Deutschland mit Straftaten aufgefallen. Seit Beginn des Abzugs der internationalen Truppen aus Afghanistan Anfang Mai hat sich die Sicherheitslage zugespitzt. Die Islamisten sind auf dem Vormarsch.


Jutta Graf
Referentin für Flüchtlingspolitik
Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen Platz der Republik 1
11011 Berlin

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