Donnerstag, 1. Februar 2024
PRO ASYL kritisiert: Bundesländer machen Bezahlkarte zum Diskriminierungsinstrument
Nach der heutigen Einigung von 14 der 16 Bundesländer auf gemeinsame Standards bei der Bezahlkarte für eine bestimmte Gruppe von Geflüchteten hält PRO ASYL an der grundsätzlichen Kritik an der Bezahlkarte fest: Bund und Länder planen mit der Bezahlkarte ein Diskriminierungsinstrument, das den schutzsuchenden Menschen in Deutschland das Leben schwer machen soll.

„Bund und Länder haben mit der Einigung zur Bezahlkarte ein Diskriminierungsprogramm verabredet. Denn das erklärte Ziel der Ministerpräsident*innen mit dem Bundeskanzler im November 2023 war, mit unterschiedlichen Maßnahmen die Asylzahlen zu senken. Mit der Bezahlkarte wird also vor allem der Zweck verfolgt, den Menschen das Leben hier schwer zu machen und sie abzuschrecken. Schon allein wegen dieses unverhohlenen Motivs wirft die Bezahlkarte verfassungsrechtliche Fragen auf. Das Bundesverfassungsgericht hat 2012 entschieden, dass die Menschenwürde nicht aus migrationspolitischen Gründen relativiert werden darf“, sagt Andrea Kothen, Referentin bei PRO ASYL.

An der heutigen Einigung sind drei Punkte besonders problematisch:

- Überweisungen sollen nicht möglich sein: Ohne eine Überweisungsmöglichkeit werden Geflüchtete aus dem Alltagsleben ausgegrenzt. Überweisungen sind heutzutage aber unentbehrlich – etwa für einen Handyvertrag und kleine Einkäufe im Internet. Geflüchtete müssen auch ihre für das Asylverfahren nötigen Rechtsanwält*innen per Überweisung bezahlen können.

- Kein Mindestbetrag für die Barabhebung: Die Möglichkeit, über Bargeld zu verfügen, ist vor allem zur Sicherung des – verfassungsrechtlich verbürgten – soziokulturellen Existenzminimums geboten. Wer dies angreift, greift die Menschenwürde der Betroffenen an. Wer in Deutschland ohne Bargeld lebt und nur wenige Dinge in wenigen Läden kaufen kann, verliert an Selbstbestimmung und macht demütigende Erfahrungen, etwa wenn der Euro für die öffentliche Toilette oder der Beitrag für die Klassenkasse feht.

- Regionale Einschränkung: Die regionale Einschränkung der Karte stellt offenkundig den Versuch einer sozialpolitischen Drangsalierung dar, die Freizügigkeit der Betroffenen durch die Hintertür zu beschränken: Wer Verwandte oder Freund*innen besucht oder einen weiter entfernten Facharzt oder eine Beratungsstelle aufsuchen möchte, kann in ernste Schwierigkeiten geraten, wenn er nicht einmal eine Flasche Wasser kaufen kann.

„Die Bezahlkarte ist, ebenso wie die gerade vom Bundestag beschlossene Verlängerung der Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, keine rationale, konstruktive Asylpolitik. Die Bezahlkarte wird absehbar zu einer Menge Ärger im Alltag führen und das Ankommen und die Integration der Menschen erschweren – aber rein gar nichts verbessern. Auch den nach wie vor engagierten Unterstützer*innen und Willkommensinitiativen fällt man mit einer diskriminierenden Bezahlkarte in den Rücken“, sagt Andrea Kothen, Referentin bei PRO ASYL.

Bundesländer müssen bestehenden Spielraum positiv nutzen!

Die nun beschlossenen angeblichen Standards der Bezahlkarte sind allerdings keine Standards, sondern lediglich der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die Bundesländer einigen konnten, um eine schändliche politische Willenserklärung abzugeben. Die Bundesländer können aber trotzdem großzügigere Regelungen als die dort festgehaltenen anwenden. PRO ASYL appelliert an die Eigenverantwortung der Länder und Kommunen, die nach wie vor vorhandenen Spielräume zu nutzen und auf eine Bezahlkarte zu verzichten oder diese zumindest diskriminierungsfrei auszugestalten. Dazu hatte PRO ASYL im Dezember 2023 unter dem Motto „Menschenrechtliche Standards beachten!“ notwendige Eckpunkte veröffentlicht.

Auch die Kommunen werden nicht entlastet: Denn die Kürzung von Sozialleistungen und der Umstieg auf mehr Sachleistungen halten die Menschen nicht davon ab, vor Krieg oder Vertreibung zu fliehen. Wissenschaftliche Untersuchungen, wie zum Beispiel die des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, zeigen zudem: Rechtsstaatlichkeit, Freund*innen, Familie und die Arbeitsmarktbedingungen in einem Land sind Faktoren für den Zielort einer Flucht. Sozialleistungssysteme dagegen wirken sich nicht als entscheidungsrelevant aus. Auch die Bezahlkarte wird also an den Fluchtwegen von Menschen nichts ändern.


Dass es mit der Karte auch anders geht zeigt allerdings das Beispiel Hannover:

https://www.ndr.de/nachrichten/info/Hannover-fuehrt-Socialcard-fuer-Gefluechtete-ein,ndrinfo53840.html


https://taz.de/Leistungen-fuer-Gefluechtete/!5989524/

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Dass die Bezahlkarte zur Abschreckung konzipiert wurde, kommunizieren die Politiker ja unverhohlen. Und man kann sie nach Belieben einschränken, sie nur noch auf Landkreis- oder PLZ-Ebene nutzbar machen, Produktpalette beschränken usw. Außerdem hat man die Kontrolle über sämtliche Ausgaben der Menschen. Der gläserne Flüchtling: Feuchter Traum aller Faschos. Schon deshalb müsste der Zwang zur Karte verfassungswidrig sein.

Wir sollten aber verstärkt kommunizieren, dass dies nur der Anfang ist. Warten wir mal ab, bis die Politiker von massiven "Bürgergeldmissbrauch" schwafeln und mehr Kontrollen fordern. Und schwuppdiwupp gibt's die Zwangs-Bezahlkarte für alle Bürgergeldempfänger.

Vielleicht brauchen wir gar keine AfD. Menschenverachtung bekommt auch die Ampel (die Union sowieso) recht gut hin.

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Du bist ja gar nicht so naiv.

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Auf einer anderen Ebene macht England vor, wie Überwachungsstaat geht: Dort gibt es inzwischen bei den Videokameras, mit denen öffentliche Plätze kontrolliert werden, Lautsprecher, über die Bürger angeranzt werden, wenn sie Zigarettenkippen oder Kaugummis aufs Straßenpflaster schnippen.


China oder wenigstens Singapur sind da nicht mehr weit.

BtW: Die Flüchtlinge sind die schwächste Gruppe, an der neue Überwachungs- und Kontrolltechniken ausprobiert werden. Eine Übertragung auf in Heimen untergebrachte Obdachlose, Drogensüchtige usw., dann auf die normalen Langzeitarbeitslosen ist abzusehen. Derlei Szenarien hatten wir schon in den Neunzigern in unseren Publikationen "Generaldirektion Innere Sicherheit" und "Das Ausländerleistungsgesetz. Rassismus im Sozialstaat" durchgespielt und zum Widerstand aufgerufen. Wir machten dann Spaßguerrillaaktionen, z.B. Flugblätter mit dem Absender der Stadtverwaltung, in denen angekündigt wurde, dass Sozialhilfe nun in Wertgutscheinen und Fresspaketen ausgegeben würde und die BezieherInnen sich zur Registrierung bei der Stadt melden sollten. Diese "Amtsschreiben" wurden in Häuserblocks mit Sozialwohnungen in die Briefkästen geworfen.

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Die entsprechenden Sabotageaktionen von früher lassen sich natürlich auch heute noch anwenden.

Bezahlkarte von Flüchtlingen für eigene Einkäufe verwenden und den Besitzern das Geld bar zurückgeben.

Haufenweise Zeug einkaufen, dass nicht mit der Bezahlkarte bezahlt werden kann und Stornochaos verursacht (die Supermärkte werden sich freuen).

Profis könnten auf die Idee kommen, Karten zu klonen und damit Chaos verursachen (damit an einem Ort einkaufen, an dem der Inhaber nachweislich nicht gewesen sein kann).

Oder verschärft: Vor öffentlichen Toiletten urinieren, weil dort keine Bezahlkarte genommen wird.

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

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In der Tat. Nach dem Motto: Zelle Paul lebt!
(Insider)

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Bayerns Sonderweg wird konkreter: Nach Vorstellung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sollen Bargeldzahlungen an Asylbewerber im Freistaat rascher und umfassender als in anderen Bundesländern eingeschränkt werden. "Unsere Bezahlkarte kommt schneller und ist härter", sagte der CSU-Chef der "Bild am Sonntag".

Die "Bayern-Karte" soll dem Bericht zufolge deutlich weniger Bargeldabhebungen ermöglichen, als es in anderen Bundesländern vorgesehen sei. Sie solle nur in der Nähe der Unterkunft genutzt werden können und für ein stark eingeschränktes Warensortiment gelten. "Es können nur noch Waren in Geschäften des täglichen Gebrauchs gekauft werden", sagte Söder. "Wir stoppen Online-Shopping, Glücksspiel und Überweisungen ins Ausland. Bargeld gibt es nur noch als kleines Taschengeld bis 50 Euro."

https://www.br.de/nachrichten/bayern/schneller-und-haerter-bezahlkarte-fuer-asylbewerber-in-bayern,U3I7S1s

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Na das ging ja fix
Motivation zu mehr Arbeit, so Raffelhüschen, kann allerdings in Form einer aktivierenden Sozialhilfe geschehen. Denen, die sich nicht an diese Regeln halten, müsse man mit Mut entgegentreten und sagen: „Sozialhilfe für die, die nichts tun, muss eine Sachleistung sein“, betont der Ökonom.

https://www.merkur.de/wirtschaft/gutschein-zahlungen-geld-bernd-raffelhueschen-linnemann-buergergeld-reform-zr-92816124.html

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Also sprach das Gemüt des Fleischerhundes
Man sollte auch endlich die Autisten für ihre mangelnde soziale Kompetenz, die Rollstuhlfahrer für ihre zu geringe Bereitschaft zu körperlicher Mobilität und die ADSler für ihr allgemein unkonzentriertes Verhalten zur Rechenschaft ziehen und ev. bezahlen lassen.

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Nun gehört Raffelhüschen zu den Leuten, die wahrscheinlich schon bei der Aussprache des Worts "sozial" einen Würgereflex bekommen.

Arme, die nach noch Ärmeren treten, landen am Ende bei den Getretenen.

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Wer mit dem Blick auf Sylt aufgewachsen ist hat halt keinen Bezug zu den sozialen Nöten in dieser Gesellschaft;-)

BTW Genossin Netbitch hätte vielleicht noch ein freies Plätzchen im Umerziehungslager.

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