Freitag, 9. Juli 2021
"Impf-Ruck" statt Lockerungen
Redaktion Medscape 8. Juli 2021



Spahn: Schneller impfen, später lockern?

Impfbereitschaft: Finanzielle Anreize bringen wenig

Labortest zeigt Korrelation von Antikörpertiter und Schutzwirkung ? Perspektive für die Impfstoffforschung?

Corona-Studie aus Mainz: Hohe Dunkelziffer an Infektionen ? Schutzmaßnahmen wirken

COVID-19-Therapie: Neue WHO-Empfehlungen zu Interleukin-6-Antagonisten

Innerhalb der letzten 24 Stunden haben Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut (RKI) 970 Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 gemeldet. Vor 1 Woche waren es 892 Fälle. Mittlerweile liegt die 7-Tage-Inzidenz bundesweit bei 5,2 (Vorwoche: 5,1). Die Zahl der Todesfälle durch COVID-19 hat sich verringert ? von 63 Personen (Vorwoche) auf 31 Personen.Innerhalb der letzten 24 Stunden haben Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut (RKI) 970 Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 gemeldet. Vor 1 Woche waren es 892 Fälle. Mittlerweile liegt die 7-Tage-Inzidenz bundesweit bei 5,2 (Vorwoche: 5,1). Die Zahl der Todesfälle durch COVID-19 hat sich verringert ? von 63 Personen (Vorwoche) auf 31 Personen.

Bislang wurden 39,9 % der Gesamtbevölkerung vollständig geimpft, und 57,1 % haben mindestens 1 Impfdosis erhalten.



Spahn: Schneller impfen, später lockern?
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sind diese Zahlen noch zu niedrig, um Einschränkungen für die Bevölkerung zu lockern. Er wünscht sich, dass ein ?Impf-Ruck? durch Deutschland gehe und stellt klar: ?Geimpft sein macht einen Unterschied.? Wer viel machen wolle, etwa auf Partys gehen und die Familie besuchen, solle sich impfen lassen. Deutschland würde AHA-Regeln und die Maskenpflicht noch eine Weile beibehalten. Sein Ministerium plant, intensiver als bislang für Impfungen zu werben.


Nahezu zeitgleich macht sich Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) für ein Ende aller Einschränkungen stark, sobald alle Menschen in Deutschland ein Impfangebot bekommen haben. ?Damit ist im Laufe des Augusts zu rechnen?, so Maas. Dann gebe es rechtlich und politisch keine Rechtfertigung mehr für solche Einschränkungen.

Impfbereitschaft: Finanzielle Anreize bringen wenig
Bleibt zu klären, wie es gelingen könnte, die Impfraten zu erhöhen. Boni scheinen nichts zu bringen, wie Forscher jetzt in JAMA berichten.

Ihre Daten kommen aus den USA. Im Mai kündigte der Gouverneur von Ohio, Mike DeWine, an, dass 5 Geldpreise im Wert von 1 Million Dollar an geimpfte Einwohner gehen würden, und mehrere Staaten haben ähnliche Programme ins Leben gerufen, um die Impfraten zu erhöhen ? ohne durchschlagenden Erfolg.

Zwischen dem 15. April und dem 9. Juni 2021 sanken die täglichen Impfraten bei Erwachsenen von 485 pro 100.000 Menschen auf 101 pro 100.000 Menschen in Ohio und von 700 pro 100.000 Menschen auf 97 pro 100.000 Menschen in Staaten ohne Lotterieprogramme. Die Ankündigung millionenschwerer gewinne in Ohio hatte keinen signifikanten Effekt.

Labortest zeigt Korrelation von Antikörpertiter und Schutzwirkung ? Perspektive für die Impfstoffforschung?
Apropos Impfungen: In einem Preprint berichten Forscher der Oxford University, dass sich die Schutzwirkung nach einer Impfung anhand von Laborwerten extrapolieren lässt. Die Forscher nahmen 171 Probanden in ihre Studie auf, die trotz SARS-CoV-2-Impfung an COVID-19 erkrankt waren. Hinzu kamen 1.404 geimpfte Probanden ohne COVID-19.


Im Labor bestimmte das Team verschiedene Antikörper-Titer. Neutralisationsexperimente gegen Pseudoviren mit Spike-Protein und gegen SARS-CoV-2 selbst folgten. Wie erhofft zeigte sich eine Korrelation: Je mehr Antikörper die Geimpften im Blut hatten und je besser die Neutralisationstests ausgefallen waren, desto unwahrscheinlicher war COVID-19.

Künftig könnten solche Untersuchungen von Patienten in Anspruch genommen werden, um herauszufinden, wie gut ihr Schutz ist. Die Methode eignet sich vielleicht aber auch zur Untersuchung und zur Zulassung neuer Impfstoffe.

Corona-Studie aus Mainz: Hohe Dunkelziffer an Infektionen ? Schutzmaßnahmen wirken
Neben Impfungen gehören Hygieneregeln zu den wichtigsten Maßnahmen. Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz zeigen nach 9-monatiger Forschung, welche Effekte dadurch zu erwarten sind. Sie haben jetzt Resultate einer der bundesweit größten Studien zu SARS-CoV-2 veröffentlicht.

Daten kommen von 10.250 Studienteilnehmenden im Alter von 25 bis 88 Jahren aus der Stadt Mainz und dem Landkreis Mainz-Bingen. Erfasst wurden unter anderem Informationen zur körperlichen und seelischen Gesundheit, zu ergriffenen Präventionsmaßnahmen sowie über den Alltag, die Lebens-, Arbeits- und Wohnbedingungen und die Lebensqualität der Menschen während der Pandemie.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

40% aller SARS-CoV2-positiven Personen wussten nichts von ihrer Infektion. Sie würden ? von der Studie abgesehen ? in keiner Statistik auftauchen.

Die AHA-Regeln bringen im Alltag viel. Wer sich eigenen Angaben zufolge daran hielt, hatte seltener Infektionen mit SARS-CoV-2 (-34%), gemessen an Personen, die solche Regeln selten oder nie beachtet haben.

Auch im Homeoffice infizierten sich Personen seltener (-31%) im Vergleich zu Erwerbstätigen, die vor Ort arbeiten mussten.

Menschen mit niedrigerem sozioökonomischem Status lassen sich seltener impfen als Personen mit höherem sozioökonomischem Status. Hier müsse mehr unternommen werden, so die Forderung der Wissenschaftler.

COVID-19-Therapie: Neue WHO-Empfehlungen zu Interleukin-6-Antagonisten
Von der Prävention zur Therapie. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Richtlinien aktualisiert, um Interleukin-6-Rezeptorblocker zu berücksichtigen: eine Klasse von Wirkstoffen, die bei schwer oder kritisch erkrankten Patienten mit COVID-19 lebensrettend sein kann, vor allem in Kombination mit Kortikosteroiden.

Grundlage der Empfehlung ist eine von der WHO initiierte prospektive Netzwerk-Metaanalyse mit Daten von 10.930 Patienten, die an 27 klinischen Studien teilgenommen hatten.

Insgesamt traten 1.407 Todesfälle bei 6.449 Patienten, die randomisert IL-6-Antagonisten erhalten hatten, auf. Hinzu kamen 1.158 Todesfälle bei 4.481 Patienten, die randomisiert einer Gruppe mit Standardbehandlung/Placebo zugeordnet worden waren (Odds Ratio 0,86, 95%-Konfidenzintervall 0,79-0,95, P = 0,003). Dies entspricht einem absoluten Mortalitätsrisiko von 22% für IL-6-Antagonisten im Vergleich zu 25% für die übliche Behandlung.

Für Tocilizumab geben die Autoren als ORs 0,83 (95%-KI 0,74-0,92; P<0,001), und für Sarilumab nennen sie als OR 1,08 (95%-KI 0,86-1,36; P = 0,52). Für Kortikosteroide plus Tocilizumab ergab sich als OR 0,77 (95%-KI 0,68-0,87); bei Kortikosteroiden plus

Sarilumab lag die OR bei 0,92 (95%-KI 0,61-1,38).


Die ORs für eine Progression zu invasiver mechanischer Beatmung oder für den Tod, verglichen mit üblicher Behandlung/Placebo, waren 0,77 (95%-KI 0,70-0,85) für alle IL-6-Antagonisten, 0,74 (95%-KI 0,66-0,82) für Tocilizumab und 1,00 (95%-KI 0,74-1,34) für Sarilumab.

Sekundärinfektionen traten nach 28 Tagen bei 21,9% aller Patienten auf, die mit IL-6-Antagonisten behandelt wurden, im Vergleich zu 17,6% aller Patienten in Kontrollgruppen (OR 0,99, 95%-KI 0,85-1,16).

?Unsere Forschung zeigt, dass Interleukin-6-Antagonisten Todesfälle durch COVID-19 reduzieren, also Leben retten, und das Fortschreiten zu einer schweren Erkrankung zu verhindern, die eine Atemunterstützung mit einem Beatmungsgerät erforderlich macht?, kommentiert Prof. Dr. Manu Shankar-Hari vom King's College London. ?Darüber hinaus scheinen Interleukin-6-Antagonisten sogar noch effektiver zu sein, wenn sie zusammen mit Kortikosteroiden eingesetzt werden.?

Update 5. Juli 2021

Nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm?

Impfabstand einhalten, heterologes Impfschema nach Vaxzevria® anwenden

Pflegeheime: Hohe Mortalität, fehlender Schutz zu Beginn der Pandemie

Immunität nach COVID-19 hält mindestens 10 Monate an

Experimentelle Therapie gegen Long-COVID

Innerhalb der letzten 24 Stunden haben Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut (RKI) 212 Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 gemeldet. Vor 1 Woche waren es 219 Fälle. Mittlerweile liegt die 7-Tage-Inzidenz bundesweit bei 5,0 (Vorwoche: 5,6). Die Zahl der Todesfälle durch COVID-19 hat sich ebenfalls verringert ? von 8 Personen (Vorwoche) auf 1 Person.

Nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm?
Wie geht es jetzt weiter? ?Die Bundesregierung darf die Sommermonate auf keinen Fall ungenutzt lassen, um sich auf den Herbst und eine mögliche 4. Welle vorzubereiten?, sagt Bettina Stark-Watzinger. Sie ist Parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Bundestagsfraktion. ?Es geht dabei nicht um Alarmismus, aber die Warnungen der Wissenschaftler müssen ernst genommen werden.?

Immerhin: ?Spätestens im September wird für jeden Impfwilligen ein Impfangebot verfügbar sein (?)?, erklärt der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. Bislang sind 37,9 % aller Einwohner vollständig geimpft, und 55,6 % haben mindestens 1 Impfdosis erhalten. Im Herbst müssten ?eigentlich nahezu alle Corona-Maßnahmen weg?, fordert Gassen.

SPD-Chefin Saskia Esken kritisiert dabei die Ständige Impfkommission (STIKO) am RKI: ?Wir brauchen dringend einen Impfstoff für Kinder, und ich hoffe auch, dass die STIKO ihre eingeschränkte Impf-Empfehlung für Jugendliche bald überdenkt.? Generelle Impfempfehlungen hat das Gremium für 12- bis 17-Jährige bislang nicht ausgesprochen. Nur Kinder und Jugendliche mit bestimmten Vorerkrankungen sollen das Vakzin erhalten.

Impfabstand einhalten, heterologes Impfschema nach Vaxzevria® anwenden
Apropos Impfungen: In einer Mitteilung warnen STIKO-Experten vor der Delta-Variante. Diese sei deutlich ansteckender als Alpha, wobei eine höhere Pathogenität noch nicht gesichert sei. ?Aktuelle Studienergebnisse aus dem Vereinigten Königreich zeigen, dass der Impfschutz in Bezug auf die Verhinderung schwerer Krankheitsverläufe nach abgeschlossener Grundimmunisierung gegenüber der Deltavariante im Vergleich zum Schutz gegenüber anderen SARS-CoV-2-Varianten ähnlich gut ist?, heißt es weiter. Die STIKO warnt hingegen davor, dass der ?der Schutz gegenüber der Deltavariante nach nur einer Impfstoffdosis deutlich herabgesetzt zu schein seint.?

Patienten legt die STIKO nahe, den 2. Impftermin unbedingt wie empfohlen wahrzunehmen:

Comirnaty® (BioNTech/Pfizer): Abstand 3-6 Wochen

Spikevax® (Moderna): Abstand 4-6 Wochen

Vaxzevria® (AstraZeneca): Abstand 9-12 Wochen

Außerdem weisen Experten darauf hin, dass das heterologe Impfschema Vaxzevria®/mRNA-Impfstoff dem homologen Schema mit 2 Impfstoffdosen Vaxzevria® deutlich überlegen sei. ?Vorbehaltlich der Rückmeldungen aus dem noch zu eröffnenden Stellungnahme-Verfahren empfiehlt die STIKO daher für Personen, die Vaxzevria als 1. Impfstoffdosis erhalten haben, unabhängig vom Alter einen mRNA-Impfstoff als 2. Impfstoffdosis mit mindestens 4-wöchigem Impfabstand zur 1. Impstoff-Dosis.?


Pflegeheime: Hohe Mortalität, fehlender Schutz zu Beginn der Pandemie
Inzwischen haben alle Personen über 80 Impfangebote erhalten. Bis es soweit war, ist die Sterblichkeit in Pflegeheimen aber stark angestiegen. Das fanden Forscher am Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) heraus. Ihre Daten zeigen:

3 Wochen nach Beginn des 1. Lockdowns (6. bis 12. April 2020) war die Mortalität 20% Prozent höher als im Mittel der Vorjahre.

Zwischen Oktober und Dezember 2020 überstieg sie das Niveau der Vorjahre um durchschnittlich 30%.

In der 52. Kalenderwoche 2020 wurden sogar bei 80% als Spitzenwert erreicht

?Die Infektionsschutzmaßnahmen während der Pandemie reichten nicht aus, um die im Heim lebenden pflegebedürftigen Menschen ausreichend zu schützen?, kritisiert Dr. Antje Schwinger, Leiterin des Forschungsbereichs Pflege im WIdO. Nun ist die Pandemie zwar am Abklingen, und es gibt Impfstoffe. Doch die Erkenntnis sollte in künftige Pandemie-Konzepte einfließen.

Als weitere Herausforderung kommt hinzu, psychische Folgen zu erfassen und Maßnahmen dagegen zu ergreifen. 43% der befragten Angehörigen konnten zwischen März und Mai 2020 pflegebedürftige Verwandte oder Bekannte nicht besuchen.

Immunität nach COVID-19 hält mindestens 10 Monate an
Wer eine Infektion mit SARS-CoV-2 überstanden hat, entwickelt Immunität gegen das Virus, doch wie lange? Dieser Frage sind Forscher der Universität zu Lübeck jetzt nachgegangen.

https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.06.24.21259218v1

Sie haben 412 Erwachsene mit milder oder moderater Symptomatik in ihre Studie aufgenommen. Anti-SARS-CoV-2 IgG Antikörper im Blut konnten bei 316 von 412 Probanden (76,7%) noch 10 Monate nach der Infektion nachgewiesen werden. Bei 274/412 (66,5%) der ehemaligen Patienten waren Antikörper nachweisbar und ein spezifischer Test auf Interferon-gamma fiel positiv aus.

Mitunter wurden hohe Antikörperwerte, aber niedrige IFN-γ-Spiegel gemessen und umgekehrt. Was dieser Befund bedeutet, ist unklar; weitere Untersuchungen folgen. Interferon-gamma ist einer der wichtigsten Botenstoffe im Immunsystem und wird von T-Lymphozyten freigesetzt. Diese Zellen sind unverzichtbar, damit die B-Lymphozyten Antikörper produzieren können.

?Unsere Daten zeigen, dass bei nahezu allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern nach durchgemachter COVID-Infektion eine ausreichende Immunreaktion stattgefunden hat?, kommentiert Prof. Dr. Werner Solbach vom Zentrum für Infektions- und Entzündungsforschung an der Universität zu Lübeck. ?Der Schutz hält für mindestens 10 Monate nach Infektion an.? Solbach hofft: ?Die Ergebnisse können helfen zu entscheiden, in welchen Abständen Auffrischimpfungen gegen das Virus nötig sind.?

Experimentelle Therapie gegen Long-COVID
Wer COVID-19 überstanden hat, ist noch lange nicht gesund; manche Symptome persistieren über Monate hinweg. Long-COVID gilt als ?nächste Katastrophe im Bereich der öffentlichen Gesundheit?. Jetzt berichten Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg von einem individuellen Heilversuch.

Zuvor hatten sie herausgefunden, dass selbst Monate nach COVID-19 die Durchblutung innerhalb der Netzhaut eingeschränkt ist, selbst wenn Patienten keine Sehbeschwerden haben. Forscher vermuteten, dass solche Defizite im gesamten Körper zu finden sind.

Im Blut von COVID-19-Patienten fanden sie zudem Autoantikörper gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren. Bekannt war, dass diese Proteine mit Glaukomen in Verbindung stehen und zu einer schlechteren Durchblutung der Augen beitragen.

Als ein langjähriger, am Glaukom erkrankter Patient nach überstandener SARS-CoV-2-Infektion von Geschmacksverlust, starken Konzentrationsstörungen und Abgeschlagenheit berichtete, wagten die Ärzte einen individuellen Heilversuch. Sie gaben ihm BC 007, ein Medikament, das ursprünglich zur Therapie einer Autoantikörper-assoziierten dilatativen Kardiomyopathie entwickelt worden ist.

Bei BC 007 handelt es sich um ein DNA-Oligonukleotid, das verschiedene Autoantikörper gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren neutralisiert. Es wurde von der Berlin Cures GmbH entwickelt. Nach erfolgreichem Abschluss der Phase 1/1b hat der Hersteller eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte Phase-2-Studie bei Patienten mit Herzinsuffizienz gestartet.

Bereits innerhalb weniger Stunden zeigte sich bei dem Long-COVID-Patienten eine Besserung. Auch die Konzentrationsschwierigkeiten verschwanden, die Leistungsfähigkeit verbesserte sich, und der und der Geschmackssinn kehrte zurück.

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Donnerstag, 1. Juli 2021
Lungen-Transplantation nach COVID-19: Für manche Patienten die einzige Chance und ethisch nicht unumstritten
Ute Eppinger, Medscape


Lungentransplantation nach COVID-19 ? für manche Patienten ist sie die letzte Option. Mayra Ramirez hat sie das Leben gerettet, berichtet Prof. Dr. Ankit Bharat, Chefarzt der Thoraxchirurgie und Leiter der Lungentransplantation am Northwestern in Chicago, in einem Interview, das jetzt im JAMA erschienen ist [1].

Bharat hatte am 5. Juni 2020 der 28 Jahre alten Rechtsanwaltsgehilfin als erster COVID-19-Patientin in den USA eine neue Lunge transplantiert. Ramirez hatte ein Akutes Lungenversagen (ARDS) entwickelt und wurde septisch, Nieren und Leber begannen ebenfalls zu versagen. Eine Entwöhnung von der künstlichen Lunge (ECMO) gelang nicht, so wurde sie für eine Transplantation gelistet.

?Wir sahen zu Beginn der Pandemie, wie bei einigen Patienten trotz bester medizinischer Behandlung schwerste katastrophale Lungenschäden auftraten. So begannen wir, Lungentransplantationen als lebensrettende Maßnahme für diese Patienten in Betracht zu ziehen?, berichtet Bharat.

Er selbst hat bislang 19 COVID-19-Patienten transplantiert. Nach Angaben des United Network for Organ Sharing (UNOS) wurden in den USA bis zum 21. Mai 2021 insgesamt 134 Lungentransplantationen bei Patienten mit COVID-19 gemeldet. Ende Mai befanden sich in den USA noch 22 Patienten mit COVID-19-assoziiertem ARDS auf der Warteliste für eine Transplantation.

Schon vor der Pandemie waren Spenderlungen knapp
Wie Prof. Dr. Jens Gottlieb, Oberarzt an der Klinik für Pneumologie der MHH, bestätigt, sind in Deutschland nach letzter Erhebung 5 COVID-19-Patienten in mindestens 3 Zentren transplantiert worden. Die Patienten waren ? ähnlich wie Patienten, die aufgrund von ARDS lungentransplantiert wurden ? in der Regel zwischen 30 und 40 Jahre alt, berichtet Gottlieb im Gespräch mit Medscape.

Es gibt viele Patienten, die schwer an COVID-19 erkrankt sind und deren Lungen stark geschädigt sind. Man kann aber nicht alle diese Patienten lungentransplantieren. Prof. Dr. Jens Gottlieb
?Das große Problem ist: Es gibt viele Patienten, die schwer an COVID-19 erkrankt sind und deren Lungen stark geschädigt sind. Man kann aber nicht alle diese Patienten lungentransplantieren.?

Gottlieb berichtet, dass in Deutschland schon im Jahr 2018, also vor der Pandemie, über 1.600 Patienten unter 60 Jahren aufgrund von ARDS eine ECMO benötigt hatten. Dieser Zahl stehen aber nur 350 Lungentransplantationen pro Jahr gegenüber (die Zahl ist seit etwa 10 Jahren konstant). ?Wir hatten schon prä-pandemisch einen deutlichen Mangel an Spenderlungen ? und circa 15% der Patienten auf der elektiven Warteliste vor Transplantation in Deutschland sterben?, berichtet Gottlieb.

Auch in den USA ging die Zahl der Organspenden während der Pandemie zurück. Im weiteren Verlauf der Pandemie sei die Zahl der Spenden dann langsam gestiegen, ?aber die Zahl der Spenderlungen ging immer noch deutlich zurück?, berichtet Bharat.

?Das lag zum Teil daran, dass die Kliniker anfangs Bedenken hatten, bei potenziellen Spendern wegen einer möglichen COVID-19-Infektion eine Bronchoskopie durchzuführen?, sagt Bharat. Er berichtet, dass die meisten lungentransplantierten COVID-19-Patienten am Northwestern 3 Monate oder länger auf eine Lunge gewartet hatten. ?Wir haben mehrere Patienten transplantiert, die seit etwa 5 Monaten an der ECMO waren.?

Wir hatten schon prä-pandemisch einen deutlichen Mangel an Spenderlungen ? und circa 15% der Patienten auf der elektiven Warteliste vor Transplantation in Deutschland sterben. Prof. Dr. Jens Gottlieb
In den USA wurden COVID-19-Patienten transplantiert, die ein ARDS oder eine Lungenfibrose entwickelt hatten. ?Die Patienten mit ARDS machten den Großteil der COVID-19-Patienten aus, bei denen wir eine Lungentransplantation durchgeführt haben. Wir haben uns auf sie konzentriert, weil sie keine anderen Optionen haben und sonst sterben würden.?

Nach COVID-19: Wer kommt für eine Transplantation infrage?
Patienten, die nach schwerer COVID-19-Erkrankung für eine Transplantation infrage kommen, müssen sehr sorgfältig ausgewählt werden, betont Gottlieb. Marcelo Cypel und Shaf Keshavjee haben in The Lancet Respiratory Medicine im August 2020 dazu 10 Empfehlungen für die Selektion solcher Patienten aufgelistet.

Dazu zählen u.a., dass Patienten nicht älter als 65 Jahre sein sollten, kein weiteres Organversagen aufweisen sollten und auch, dass der Lunge der infrage kommenden Patienten ausreichend Zeit gegeben worden sei, sich zu erholen. Auch sollte radiologisch der Nachweis einer irreversiblen Lungenerkrankung erbracht sein ? etwa das Anzeichen einer etablierten Fibrose.

Eine Lungentransplantation ist sehr ressourcenintensiv. Spenderlungen sind knapp, Prof. Dr. Ankit Bharat
Die Autoren weisen auch darauf hin, dass der Patient wach und in der Lage sein sollte, die Transplantation zu besprechen, um ihre Auswirkungen auf seine Lebensqualität zu verstehen.

?Eine Lungentransplantation ist sehr ressourcenintensiv. Spenderlungen sind knapp, also wollen wir keine Transplantation bei einem Patienten durchführen, der sich danach nicht an die medizinische Anleitung hält. Es ist wichtig, dass die Transplantationszentren sicherstellen, dass der Patient aus psychosozialer Sicht gut zu ihnen passt?, sagt Bharat.

Er berichtet, dass Patienten mit COVID-19, die für eine Lungentransplantation in Frage kommen, größtenteils jung und gesund sind und keine schweren Begleiterkrankungen aufweisen. ?Sie waren also noch nie in einer Situation, in der sie fast gestorben wären oder in der sie über eine Transplantation als einzig verbleibende Option nachdenken mussten?, so Bharat.

Typischerweise gelte ein Alter von 65 Jahren als Grenzwert für eine Lungentransplantation bei Patienten mit COVID-19. Aber ein Alter von bis zu 70 Jahren könne in Betracht gezogen werden, wenn der Patient vor der Erkrankung in außergewöhnlich gutem Zustand war, erklärt Bharat. Jedes Zentrum sollte mindestes 4 Wochen warten, bevor eine Transplantation bei einem Patienten mit COVID-19-assoziiertem ARDS erwogen werde.

?Hängt ein Patient nach 4 bis 6 Wochen immer noch am Beatmungsgerät oder an der ECMO, wird die Lunge aber besser, dann sollten Zentren die Transplantation nicht überstürzen, sondern diesem Patienten weiterhin eine Chance zur Lungenerholung geben?, stellte Bharat klar.

Die Hauptbotschaft ist, dass wir in speziellen Zentren hervorragende Ergebnisse erzielen können. Prof. Dr. Ankit Bharat
In einer Ende März 2021 in The Lancet Respiratory Medicine erschienenen Studie hatten Bharat und seine Kollegen von 12 Patienten mit COVID-19-assoziiertem ARDS, die lungentransplantiert wurden, den weiteren Verlauf untersucht. ?Die Hauptbotschaft ist, dass wir in speziellen Zentren hervorragende Ergebnisse erzielen können. Die 12 Patienten hatten ein 30-Tage-Überleben von 100%.? Auch das Langzeitüberleben habe sich nicht von lungentransplantierten Patienten ohne COVID-19 unterschieden.

Laut Bharat hat sich die Sterblichkeit von Patienten, die sich einer Lungentransplantation unterziehen müssen, nicht verändert: ?Wir können durchaus weiterhin Transplantationen bei Patienten ohne COVID-19 zusammen mit COVID-19-Patienten durchführen. Das erfordert allerdings eine gewisse Kreativität ? etwa indem wir erweiterte Spenderkriterien anwenden, wie zum Beispiel Spender mit Hepatitis-C-Infektion, die jetzt ja eine behandelbare Krankheit ist.?


In Deutschland vergleichsweise wenig COVID-19-Patienten transplantiert
In Deutschland werden ? verglichen mit anderen Ländern ? weniger COVID-19-Patienten transplantiert. ?In Österreich allein gab es 18 Lungentransplantationen bei Patienten nach schwerer COVID-19-Erkrankung?, berichtet Gottlieb. Das mag auch daran liegen, dass die Organverfügbarkeit in Österreich höher ist als in Deutschland ? die österreichische Regelung über die Organentnahme bei Verstorbenen ist die Widerspruchslösung.

?Es könnte aber auch sein, dass zentrumsspezifisch unterschiedliche Auswahlkriterien angewendet werden?, sagt Gottlieb. Er hält es für möglich, dass langfristig durch die Entscheidung, mehr Patienten nach COVID-19 zu transplantieren, und unverändertem Mangel an Spenderorganen, die Sterblichkeit aller Patienten auf der Warteliste für Lungentransplantationen steigen könnte.

Patienten, die aufgrund von COVID-19 lungentransplantiert werden müssen, haben ein höheres Risiko als Patienten, die aus anderen Gründen eine Lunge erhalten. ?In der Regel waren Patienten mit COVID-19 längere Zeit an mechanische Ersatzverfahren angeschlossen, also an künstliche Beatmung oder ECMO.?

Das 1-Jahres-Überleben solcher Patienten liegt bei ca. 70%, das 1-Jahres-Überleben von Patienten ohne mechanische Ersatzverfahren liegt hingegen bei ca. 90%?, berichtet Gottlieb. Beispielsweise Antikoagulanzien, die bei schwerem COVID-19-Verlauf besonders an der ECMO eingesetzt werden, und eine lange Liegezeit auf Intensivstationen erhöhen die Komplikationsrate.

Die Lancet-Studie von Bharat und seinen Kollegen hat unterschiedliche und auch kritische Reaktionen ausgelöst, berichtet Gottlieb. Die Tendenz, zunehmend Patienten nach schwerer COVID-19-Erkrankung zu transplantieren, sei ?ethisch nicht unumstritten, denn ein großer Anteil solcher Patienten könnte andere auf den Wartelisten benachteiligen. Dies ist auch relevant, weil in einigen Ländern das Spenderaufkommen während der Pandemie zurückgegangen ist.?

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"Drosten-Studie" bestätigt Relevanz von Superspreadern bei COVID-19
Michael Simm



Die nunmehr vollständige Auswertung der Daten von 25.381 SARS-CoV-2-Infizierten aus Berlin unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Drosten bestätigt, dass es zwischen den Altersgruppen keine großen Unterschiede in der Übertragbarkeit des Virus gibt ? und ein relativ kleiner Personenkreis das Infektionsgeschehen anzutreiben scheint.

Die Ausbreitung von SARS-CoV2 wird von einer Vielzahl von Parametern beeinflusst. 2 davon sind die Viruslast (die z.B. anhand der Anzahl der viralen Genome pro Volumeneinheit in einem Abstrich bestimmt wird) und die Replikationsfähigkeit des Virus, die in Zellkulturen gemessen wird.

Die Bestimmung dieser Parameter über verschiedene Altersgruppen hinweg gilt auch als bedeutsam für die Frage, ob Kinder genauso ansteckend sind wie Erwachsene und deshalb strenge Schutzmaßnahmen in den Schulen gerechtfertigt sind.

Daten zu mehr als 25.000 Infizierten
Für die Studie wurden die Daten des diagnostischen Labors am Institut für Virologie der Charité ? Universitätsmedizin Berlin bezüglich der Viruslast, Isolierbarkeit in Zellkulturen und Genomsequenzen analysiert.

Unter 415.935 Personen im Alter zwischen 0 und 100 Jahren, die zwischen 24. Februar 2020 und 2. April 2021 routinemäßig 936.423 PCR-Tests erhalten hatten, war der Test bei 25.381 (6,1%) mindestens einmal positiv. Die Daten von 4.344 Individuen mit mindestens 3 Tests ? davon 2 positiv ? wurden für eine Zeitserienanalyse herangezogen.

Die 25.381 positiv getesteten Personen (davon 1.533 mit der ?britischen? Variante Alpha) wurden 3 Gruppen zugeteilt:

Krankenhausaufenthalt mit positivem Test an einem beliebigen Zeitpunkt der Infektion (37,5%). Dies war mit durchschnittlich 63,2 Jahren die älteste Gruppe.

Präsymptomatische, asymptomatische und mild-symptomatische Individuen (PAMS) mit positivem Test in einem von 24 Berliner Testzentren (24,1%). Hier lag der Altersdurchschnitt bei 38,0 Jahren, und nur 0,8% mussten später ins Krankenhaus.

Sonstige (38,4%), mit einem Altersdurchschnitt von 49,1 Jahren.

Viruslast unterscheidet sich kaum zwischen den Altersklassen, aber zwischen Individuen
Es gab keine substanziellen Unterschiede zwischen den Altersklassen über 20 Jahren bezüglich der Viruslast beim 1. positiven Test. Bei einem Durchschnitt von 6,39 log10 RNA-Kopien pro Abstrich für die gesamte Gruppe lagen die Viruslast bei Kindern um 0,49 und bei Jugendlichen um 0,16 unter dem der 20- bis 65-Jährigen.

Die Wahrscheinlichkeit, das Virus nach einem positiven PCR-Test erfolgreich zu kultivieren, betrug für die gesamte Gruppe 0,35 und war für PAMS mit 0,44 höher als für hospitalisierte Patienten (0,32), für Kinder bis 5 Jahren 0,329 und für 20- bis 65-Jährige 0,441.

Zwischen den Individuen fanden sich große Unterschiede bei der Viruslast. Mit einer Kopienzahl von mindestens 9,0 log10 waren 8,78% hochinfektiös, mit einer geschätzten Wahrscheinlichkeit eines Kulturerfolges von 0,92 bis 1,0. In dieser Gruppe waren PAMS mit 36,09% überrepräsentiert, bei den Hospitalisierten dagegen die Altersgruppe von 80 bis 100.

Die Analyse des Zeitverlaufs der Infektion ergab einen Schätzwert von durchschnittlich 4,31 Tagen zwischen der Freisetzung der Viren aus den Wirtszellen (Shedding) und der höchsten Viruslast. Das war 1 bis 3 Tage vor dem Auftreten der ersten Symptome.

Klinische Bedeutung
Die Studie unter Leitung von Drosten sorgte bereits für intensive Debatten, als sie in Form eines weniger umfangreichen Vorabdruckes erschien und Drosten daraus ableitete, dass Kinder genauso ansteckend seien wie Erwachsene. Dieses Argument wurde auch zur Schließung von Schulen und Kitas genutzt.

?Mein anfänglicher Eindruck einer ungefähr gleich großen Infektiosität aller Altersgruppen hat sich bestätigt, nicht nur hier, sondern auch in anderen Studien?, sagt Drosten nun in einer Mitteilung der Charité.

Mein anfänglicher Eindruck einer ungefähr gleich großen Infektiosität aller Altersgruppen hat sich bestätigt, nicht nur hier, sondern auch in anderen Studien. Prof. Dr. Christian Drosten
Abseits dieses Streits liefert die Untersuchung eine Fülle von Fakten und Details, deren Kenntnis zu einer präziseren Risikoabschätzung beitragen könnte.

Eingeschränkt wird die Aussagekraft dadurch, dass es sich ?nur? um eine 14 Monate alte Momentaufnahme handelt. Die taugt auch die wegen des Auftretens neuer Virusmutanten einerseits und der wachsenden Zahl Geimpfter andererseits nur bedingt zur Rechtfertigung politischer Maßnahmen.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.

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Praxistest: Wie gut mRNA-Impfstoffe vor Corona-Symptomen schützen; neuartige Vakzine hochwirksam; Long-COVID macht Sorgen
Michael van den Heuvel, Medscape


In der aktuellen Ausgabe des NEJM fassen mehrere Autoren zusammen, was sich bei der Bekämpfung von SARS-CoV-2 bislang getan hat ? und was auf die Gesundheitssysteme noch zukommen wird [1,2,3]. So zeigen Studien, dass die zugelassenen mRNA-Impfstoffe auch unter Real-World-Bedingungen hochwirksam sind. Und in einer Phase-3-Studie erwies sich die neuartige Vakzine NVX-CoV2373 von Novavax als sehr effektiv. Impfungen verhindern zudem nicht nur schwere COVID-19-Verläufe. Sie leisten auch einen Beitrag gegen Long-COVID. Dieses kaum verstandene Postinfektionssyndrom gilt als die große Herausforderung nach der Pandemie.

mRNA-Impfstoffe im Alltag: Gegen welche Symptome sie ab wann schützen
?Es gibt nur wenige Informationen über die Wirksamkeit der mRNA-Impfstoffe BNT162b2 (Pfizer-BioNTech) und mRNA-1273 (Moderna) zur Prävention von Infektionen mit SARS-CoV-2 und zur Abschwächung von COVID-19 unter realen Bedingungen?, schreiben Dr. Mark G. Thompson von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC), Atlanta, und Kollegen. Sie haben daher eine prospektive Kohortenstudie gemacht.

Eingeschlossen wurden 3.975 Mitarbeiter des Gesundheitswesens, Ersthelfer und weitere Angestellte. Vom 14. Dezember 2020 bis zum 10. April 2021 untersuchte Thompsons Team bei allen Probanden wöchentlich Nasenabstriche per RT-PCR.

Dabei wurde SARS-CoV-2 bei 204 Teilnehmern (5%) nachgewiesen, von denen 5 vollständig geimpft waren. Sprich: Die Infektion trat mindestens 14 Tage nach der 2. Dosis auf. 11 Personen mit positivem Nachweis hatten einen teilweisen Impfschutz; sie befanden sich also im Zeitfenster mindestens 14 Tage nach Dosis 1 und weniger als 14 Tage nach Dosis 2. Und 156 Personen waren nicht geimpft worden. 32 Teilnehmer mit unklarem Status schlossen die Forscher aus.

Viruslast reduziert, weniger Fieber, kürzere Krankheitsdauer
Als Impfeffektivität nennen sie 91% (95%-Konfidenzintervall [KI] 76% bis 97%) bei vollständiger Impfung und 81% (95%-KI 64% bis 90%) bei teilweisem Schutz. Selbst ohne 2. Dosis hatten Personen in der Kohorte einen Vorteil. Ihre mittlere virale RNA-Last war um 40% (95%-KI 16% bis 57%) niedriger als bei ungeimpften Teilnehmern. Darüber hinaus war das Risiko für fieberhafte Symptome um 58% geringer (relatives Risiko 0,42, 95%-KI 0,18 bis 0,98). Personen verbrachten auch 2,3 Tage weniger zu Hause im Bett (95%-KI 0,8 bis 3,7).

?Die zugelassenen mRNA-Impfstoffe waren bei Erwachsenen im arbeitsfähigen Alter hochwirksam zur Prävention von SARS-CoV-2-Infektionen, wenn sie unter realen Bedingungen verabreicht wurden?, fassen die Autoren zusammen. ?Vakzine verringerten auch die virale RNA-Last, das Risiko fieberhafter Symptome und die Krankheitsdauer bei Personen, die trotz Impfung eine Durchbruchinfektion hatten.?

Vakzine verringerten auch die virale RNA-Last, das Risiko fieberhafter Symptome und die Krankheitsdauer.


NVX-CoV2373: Impfstoff mit neuartigem Prinzip erweist sich als hochwirksam
Die klinische Entwicklung geht weiter. Forschende Hersteller untersuchen Impfstoffe, die auf anderen Prinzipien beruhen, etwa NVX-CoV2373 (Novavax). Es handelt sich um einen Totimpfstoff mit gentechnisch hergestelltem Virusantigen in Form von Nanopartikeln und einem Adjuvans auf Saponin-Basis.

?Frühe klinische Daten aus Studien ? zeigten, dass der Impfstoff sicher ist und zu einer robusten Immunantwort bei gesunden erwachsenen Teilnehmern führt?, berichten Forscher um Prof. Dr. Paul T. Heath von der University of London. ?Es wurden jedoch zusätzliche Daten zur Wirksamkeit, Immunogenität und Sicherheit dieses Impfstoffs in einer größeren Population benötigt.?

Jetzt liegen Ergebnisse einer randomisierten, verblindeten, Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie vor, die an 33 Standorten in Großbritannien stattfand. Die Wissenschaftler rekrutierten Erwachsene im Alter von 18 bis 84 Jahren.

Alle Teilnehmer erhielten 1:1 randomisiert 2 intramuskuläre 5-μg-Dosen von NVX-CoV2373 oder Placebo im Abstand von 21 Tagen. Als primären Endpunkt definierten Heath und Kollegen eine virologisch bestätigte leichte, mittelschwere oder schwere SARS-CoV-2-Infektion frühestens 7 Tage nach der 2. Injektion bei Teilnehmern, die zu Beginn der Studie serologisch negativ waren.

Wirksamkeit von 86% gegen die Alpha-Variante, 96% gegen andere Varianten
Insgesamt wurden 15.187 Personen randomisiert, und 14.039 wurden in die Analyse eingeschlossen. 27,9% waren 65 Jahre oder älter, und 44,6% hatten Vorerkrankungen. Infektionen wurden bei 10 Teilnehmern in der Impfstoff- und bei 96 in der Placebo-Gruppe nachgewiesen, wobei die Symptome mindestens 7 Tage nach der 2. Injektion auftraten, was einer Wirksamkeit des Impfstoffs von 89,7% entspricht (95%-KI 80,2% bis 94,6%).

Alle 10 Fälle in der Impfstoffgruppe waren mild; kein Patient musste hospitalisiert werden oder starb. 5 Fälle mit schwerem COVID-19 traten in der Placebogruppe auf.

Laut Post-hoc-Analyse zeigte das Vakzin eine Wirksamkeit von 86,3% (95%-KI 71,3% bis 93,5%) gegen B.1.1.7 (Alpha). Für andere Varianten geben die Autoren 96,4% (95%-KI 73,8% bis 99,5%) an. Unerwünschte Reaktionen nach der Impfung waren mild. Die Inzidenz von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen war gering und in beiden Gruppen ähnlich.

?Eine Zweifach-Impfung mit dem NVX-CoV2373-Impfstoff, die erwachsenen Teilnehmern verabreicht wurde, gewährte einen Schutz von 89,7% gegen eine SARS-CoV-2-Infektion und zeigte eine hohe Wirksamkeit gegen die B.1.1.7-Variante?, fassen Heath und Kollegen zusammen.

Long-COVID: Von CFS, Fibromyalgie und dem Post-Borreliose-Syndrom lernen
Klar ist, dass Vakzine einen Weg aus der Pandemie öffnen. ?Jetzt, wo mehr als die Hälfte der Erwachsenen in den USA gegen SARS-CoV-2 geimpft sind, die Masken- und Distanzierungsvorschriften gelockert wurden und die COVID-19-Fälle zurückgehen, ist das Gefühl spürbar, dass das Leben wieder normal werden kann?, schreiben Dr. Steven Phillips und Dr. Michelle A. Williams in einem Kommentar im NEJM. Sie forschen an der COVID Collaborative, Washington DC, und an der Harvard T.H. Chan School of Public Health, Boston.

Sie weisen aber darauf hin, dass zwischen 10% und 30% aller genesenen COVID-19-Patienten auch Monate nach ihrer Infektion noch unter Symptomen leiden. Oft sind Menschen im Alter von um die 40 Jahre betroffen, die mitten im Berufsleben stehen, was dem Krankheitsbild auch eine starke volkswirtschaftliche Bedeutung verleiht.

?Leider deuten die aktuellen Zahlen und Trends darauf hin, dass Long-COVID unsere nächste Katastrophe im Bereich der öffentlichen Gesundheit ist?, so die Einschätzung von Phillips und Williams. Sie raten, das Ausmaß der Erkrankung besser zu erfassen und Lehren aus Fehlern der Vergangenheit im Umgang mit chronischen Krankheitssyndromen nach einer Infektion zu ziehen.

Leider deuten die aktuellen Zahlen und Trends darauf hin, dass Long-COVID unsere nächste Katastrophe im Bereich der öffentlichen Gesundheit ist. Dr. Steven Phillips und Dr. Michelle A. Williams
Problematisch ist nur: Derzeit gibt es keine klar umrissene Definition von Long-COVID, keine objektiven Tests und keine Biomarker. Niemand weiß, wie der zeitliche Verlauf ist oder wie viele Patienten langfristige Symptome haben. Die Pathophysiologie ist ebenfalls unbekannt. Hypothesen reichen von persistierenden Viren bis hin zu Autoimmunreaktionen oder sonstigen chronisch-inflammatorischen Vorgängen.

?Um zu verstehen, warum Long-COVID eine drohende Katastrophe darstellt, müssen wir nichts weiter als auf historische Vorläufer schauen, nämlich ähnliche Postinfektionssyndrome?, schlagen die Autoren vor. Sie nennen das chronische Erschöpfungssyndrom (​chronic fatigue syndrome, CFS), Fibromyalgie, das Post-Borreliose-Syndrom oder langfristige Beschwerden nach einem Pfeifferschen Drüsenfieber.


Medizinisch-wissenschaftlich sind die Krankheitsbilder umstritten, was auch für Long-COVID gilt. Manche Forscher vermuten pathophysiologische Ursachen, andere sehen eher nicht-physiologische Gründe, womöglich im psychischen Bereich.

Was ist jetzt zu tun? ?Es besteht daher ein dringender Bedarf an koordinierten nationalen gesundheitspolitischen Maßnahmen und Reaktionen, die unserer Meinung nach auf 5 wesentlichen Säulen aufgebaut sein sollten?, schreiben die Autoren.

Impfungen helfen, COVID-19 ? und damit auch Long-COVID ? zu vermeiden. Gegen die Impfmüdigkeit sollten Regierungen in allen Ländern Kampagnen entwickeln.

Wichtig seien internationale, ausreichend finanzierte Programme, um Long-COVID zu erforschen.

Bei wissenschaftlichen Projekten sollten Erkenntnisse aus Studien zu anderen Postinfektionssyndromen mit einbezogen werden.

Um Patienten mit Long-COVID zu versorgen, seien spezialisierte Behandlungszentren erforderlich. In den USA haben mehr als 30 Krankenhäuser interdisziplinäre Einrichtungen eröffnet.

Ärzte sollten Patienten Glauben schenken, wenn sie über solche Symptome berichten. Betroffene verdienten es, dass man ihnen Empathie entgegenbringe und sie ? soweit möglich ? medizinisch unterstützt.

Die Autoren sind sich einig, dass es sich bei Long-COVID medizinisch und wissenschaftlich um ein langwieriges Unterfangen handele. ?Aber insgesamt können diese 5 Strategien einen großen Beitrag dazu leisten, die zunehmende menschliche Belastung durch Long-COVID zu mindern?, schreiben sie

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Mittwoch, 30. Juni 2021
Delta-Variante schon bei 50%? Kreuzimpfung und langes Impfintervall verstärken Wirkung; STIKO aktualisiert Kinder-Empfehlung
Delta-Variante breitet sich aus " schon bei 50%"

Modifiziertes Oxford-Vakzin als Booster gegen die Beta-Variante aus Südafrika?

Kreuzimpfung mit 2 verschiedenen Vakzinen ? stärker als 2 Mal AstraZeneca

Oxford-Impfstoff: Verzögerung der 2. und 3. Dosis induziert stärkere Immunantwort

STIKO aktualisiert Impfempfehlungen für Kinder und Jugendliche

CoronaVac (Sinovac) ist auch bei Kindern und Jugendlichen sicher und wirksam

Der Trend nach unten bei den Inzidenzen setzt sich weiter fort. Nur noch 404 SARS-CoV-2-Neuinfektionen haben Gesundheitsämter bundesweit dem RKI gemeldet (Vorwoche: 455). Als 7-Tage-Inzidenz gibt das Institut 5,4 an (Vorwoche: 8,0). Jeder 10. Landkreis verzeichnete in den letzten 7 Tagen keine neuen Infektionen. Deutschlandweit wurden innerhalb der letzten 24 Stunden 57 Todesfälle durch COVID-19 verzeichnet. Vor einer Woche waren es noch 77.

Delta-Variante breitet sich aus ? schon bei 50%?
Sorgen bereitet Experten derzeit vor allem die Verbreitung der neuen Mutationen. RKI-Präsident Prof. Dr. Lothar H. Wieler sagte, die Delta-Variante mache inzwischen einen Anteil von mindestens 35% der untersuchten Proben aus. Diese Daten seien aber bereits einige Tage alt; mittlerweile könnten es sogar 50% sein. Delta verbreite sich vor allem bei nicht geimpften Menschen, so Wieler.

Laut Impf-Dashboard sind bislang nur 35,4% der Gesamtbevölkerung vollständig geimpft, und 53,6 % haben wenigstens 1 Dosis erhalten. Britische Datenanalysen zeigen, dass 2 Dosen BioNTech oder AstraZeneca auch bei Delta gut gegen einen schweren Verlauf schützen. Wer nur 1 Dosis erhalten hat, ist gegen die Variante schlechter geschützt. Daher spricht vieles dafür, die Impfabstände eventuell zu verkürzen. Derzeit prüft die STIKO alle Daten hierzu, bleibt momentan aber noch bei den bekannten Empfehlungen:

AstraZeneca: Impfwillige sollten die 2. Dosis 4-12 Wochen nach der Erstimpfung erhalten.

BioNTech/Pfizer: Hier sieht die Zulassung vor, Menschen 3-6 Wochen nach der 1. Dosis erneut zu impfen.

Modifiziertes Oxford-Vakzin als Booster gegen die Beta-Variante aus Südafrika?
Weitere Antworten können nur aus der Forschung kommen. Am 27. Juni hat die Universität Oxford zusammen mit AstraZeneca eine weitere Studie gestartet. Ziel ist, herauszufinden, ob AZD2816 auch gegen die B.1.351-Variante (Beta), wirkt, die erstmals in Südafrika nachgewiesen worden ist. Bekanntlich hat die aktuelle AstraZeneca-Vakzine gegen diese Variante nur eine eingeschränkte Wirksamkeit.

Der neue Impfstoff wurde mit der gleichen adenoviralen Vektorplattform entwickelt, die schon beim 1. Vakzin zum Einsatz kam ? mit geringfügigen genetischen Veränderungen des Spike-Proteins auf Basis der Beta-Variante.

An der Phase 2/3-Studie sollen rund 2.250 Personen aus Großbritannien, Südafrika, Brasilien und Polen teilnehmen. Für den Start der Booster-Studie in Großbritannien müssen die Teilnehmer mehr als 3 Monate vor der Studie 2 Dosen eines zugelassenen COVID-19-Impfstoffs im Abstand von 3 bis 12 Wochen erhalten haben.

Erste Daten aus der Studie werden im Laufe des Jahres erwartet. Sobald sie vorliegen, plant der Hersteller, seine Daten den Zulassungsbehörden vorzulegen. Ein beschleunigtes Zulassungsverfahren wäre möglich.

Kreuzimpfung mit 2 verschiedenen Vakzinen ? stärker als 2 Mal AstraZeneca
Forscher der Oxford University wollten auch wissen, wie wirksam Kreuzimpfungen sind. Sie haben im Februar 2021 genau 830 Teilnehmer randomisiert. Von ihnen erhielten 463 Personen 2 Impfungen innerhalb von 28 Tagen. Ergebnisse aus dieser Gruppe wurden jetzt in einem Preprint veröffentlicht; Daten zum 12-wöchigen Intervall sollen folgen.

Beide Schemata, nämlich Pfizer/BioNTech gefolgt von Oxford/AstraZeneca oder auch umgekehrt, führten zu hohen Konzentrationen von Antikörpern gegen das Spike-IgG-Protein. ?Die Ergebnisse zeigen, dass beide gemischten Schemata ? eine Immunantwort induzieren, die über dem Schwellenwert des Standardschemas des Oxford/AstraZeneca-Impfstoffs liegt?, kommentiert Prof. Dr. Matthew Snape von der Oxford University.


Bemerkenswert sei, dass die Reihenfolge der Impfstoffe einen Unterschied machte. So habe das zuerst Oxford-AstraZeneca und dann Pfizer-BioNTech-Schema höhere Antikörper-Titer und T-Zell-Antworten induziert als Pfizer-BioNTech zuerst und dann Oxford-AstraZeneca, berichtet Shape. Beide Kreuzimpfungen hätten unabhängig von der Reihenfolge zu mehr Antikörpern geführt als das 2-Dosen-Schema von Oxford-AstraZeneca.

Bereits im Mai haben Forscher berichtet, dass bei gemischten Schemata im Vergleich zu Standard-Schemata häufiger leichte bis mittelschwere unerwünschte Reaktionen aufgetreten sind, die jedoch nur von kurzer Dauer waren.

Oxford-Impfstoff: Verzögerung der 2. und 3. Dosis induziert stärkere Immunantwort
Antworten gibt es jetzt auch auf eine weitere Frage: Wird die Immunität beeinträchtigt, wenn man das Intervall zwischen der 1. und der 2. Dosis beim Oxford-Vakzin verlängert? Dem scheint nicht so zu sein. Ganz im Gegenteil. Laut einer Studie zeigten sich bei Abständen von bis zu 45 Wochen zwischen der 1. und 2. Dosis des Oxford-Vakzins sogar höhere Antikörperspiegel. ?Es gibt eine hervorragende Reaktion auf eine 2. Dosis, selbst nach einer 10-monatigen Verzögerung gegenüber der ersten Dosis?, kommentiert Prof. Dr. Andrew Pollard von der Oxford University.

Manche Länder erwägen aber auch, in Zukunft eine 3. ?Booster?-Dosis zu verabreichen. Laut Studie führte dies ebenfalls zu weiter ansteigenden Antikörpertitern. Auch die T-Zell-Antwort und die Immunantwort gegen Varianten wurde dabei verstärkt. Nach der 2. und 3. Dosis traten weniger Nebenwirkungen auf als nach der 1. Dosis. Die Forscher planen, Teilnehmer mit dem 3-Dosis-Schema noch länger nachzubeobachten.

STIKO aktualisiert Impfempfehlungen für Kinder und Jugendliche
Erfahrungsgemäß dauert es einige Zeit, bis valide Daten vorliegen, die eine Grundlage für nationale Empfehlungen bilden. Zur Impfung von Kinder und Jugendliche hat sich die STIKO bereits detailliert geäußert. Nun wurden diese Empfehlungen ergänzt. Bevorzugt sollten Heranwachsende zwischen 12 und 17 geimpft werden, falls sie folgende Vorerkrankungen haben:



Adipositas (> 97. Perzentile des BMI)

Angeborene oder erworbene Immundefizienz oder relevante

Immunsuppression

Angeborene zyanotische Herzfehler (O2-Ruhesättigung < 80%)

Chronische Lungenerkrankungen mit einer anhaltenden Einschränkung der Lungenfunktion unterhalb der 5. Perzentile, definiert als z-Score-Wert < ?1,64 für die forcierte Einsekundenkapazität (FEV1) oder Vitalkapazität (FVC). Ein gut eingestelltes Asthma bronchiale ist hier nicht gemeint.

Chronische Nierenerkrankungen

Chronische neurologische oder neuromuskuläre Erkrankungen

Diabetes mellitus, wenn nicht gut eingestellt bzw. mit

HbA1c-Wert > 9,0%

Schwere Herzinsuffizienz

Schwere pulmonale Hypertonie

Syndromale Erkrankungen mit schwerer Beeinträchtigung

Trisomie 21

Tumorerkrankungen und maligne hämatologische Erkrankungen

Neu sind die Präzisierungen bei pneumologischen Patienten aus der Pädiatrie. Ab dem Alter von 18 Jahren sei keine Priorisierung mehr erforderlich, schreiben die Autoren.

Eine weitere Empfehlung befasst sich mit Personen mit nachweislich überstandener SARS-CoV-2-Infektion ohne sonstige Vorerkrankungen. Sie sollten unabhängig vom Alter in der Regel ab 6 Monate nach Genesung bzw. Diagnosestellung eine COVID-19-Impfung erhalten.

CoronaVac (Sinovac) ist auch bei Kindern und Jugendlichen sicher und wirksam
Um Impfwillige schneller zu versorgen, hoffen Ärzte auf Neuzulassungen. Ein Vakzin des chinesischen Impfstoff-Hersteller Sinovac befindet sich unter fortlaufender Überprüfung der europäischen Arzneimittelagentur (EMA). Es handelt sich um einen Totimpfstoff, der inaktivierte Viruspartikel und Aluminiumhydroxid enthält. Jetzt liegen für diesen auch neue Daten zu Kindern und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren vor.

Zwischen dem 31. Oktober und dem 2. Dezember 2020 wurden 72 Teilnehmer in Phase 1 eingeschlossen. Die Phase 2 mit 480 Teilnehmern folgte zwischen dem 12. und dem 30. Dezember 2020. Mehr als 96% der Probanden entwickelten Antikörper gegen SARS-CoV-2.

Ähnlich wie bei anderen Impfstoffen, bei denen ein zunehmendes Alter mit einer verminderten Immunantwort einhergeht, stellen die Autoren fest, dass die Immunantworten bei Kindern und Jugendlichen höher waren als bei Erwachsenen im Alter von 18-59 Jahren und älteren Menschen ab 60 Jahren. Basierend auf ihren Ergebnissen empfehlen die Autoren 2 3-µg-Dosen des Impfstoffs für Kinder und Jugendliche im Alter von 3-17 Jahren.

Die meisten Nebenwirkungen waren in der Studie leicht oder moderat, wobei Schmerzen an der Injektionsstelle das am häufigsten berichtete Symptom waren.

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Donnerstag, 24. Juni 2021
Ein DOAC zur Antikoagulation bei stabilen COVID-19-Patienten? Rivaroxaban versagt kläglich
Sue Hughes

Die therapeutische Antikoagulation mit Rivaroxaban 20 mg einmal täglich konnte das klinische Outcome bei stabilen hospitalisierten COVID-19-Patienten mit erhöhten D-Dimer-Werten nicht verbessern, sondern verstärkte die Blutungsneigung im Vergleich zur prophylaktischen Antikoagulation im Krankenhaus. Das sind die Ergebnisse der ACTION-Studie, die Dr. Renato Lopes vom Duke University Medical Center in Durham, North Carolina, im Mai anlässlich des virtuellen Jahreskongresses 2021 des American College of Cardiology (ACC) präsentierte.

Frühere Ergebnisse dieser Gruppen hatten keinen Nutzen, aber eine erhöhte Blutungsrate bei kritisch kranken COVID-Patienten gezeigt, und diese Patienten waren nicht mehr in die Studien aufgenommen worden.

Auf die Frage, wie denn nun die Daten der jetzt vorliegenden Studien insgesamt zu interpretieren seien, sagte Lopes, die ACTION-Studien und die internationale Studienplattform seien recht unterschiedlich angelegt und könnten wohl nicht direkt miteinander verglichen werden. ?Wir haben Rivaroxaban eingesetzt, und sie haben Heparin als therapeutische Strategie verwendet. Sie haben die Ergebnisse im Krankenhaus betrachtet, während wir den Endpunkt der Untersuchung nach 30 Tagen gesetzt haben?, so Lopes.

Für den Moment können wir auf der Grundlage der ACTION-Studie sagen, dass sich Rivaroxaban in einer Dosis von 20 mg einmal täglich nicht zur Thromboseprophylaxe bei stabilen COVID-Patienten eignet, die keine andere Indikation für eine Antikoagulation wie eine TVT oder LE haben. Dr. Renato Lopes
?Die Studien müssen veröffentlicht werden, damit wir die Daten vollständig interpretieren können, bevor wir klinische Empfehlungen abgeben?, fügte er hinzu. ?Es gibt noch viele weitere Untersuchungen, die derzeit laufen und deren Ergebnisse in den nächsten Monaten verfügbar sein sollten. Dann werden wir wesentlich besser beurteilen können, was zu tun ist. Für den Moment können wir auf der Grundlage der ACTION-Studie sagen, dass sich Rivaroxaban in einer Dosis von 20 mg einmal täglich nicht zur Thromboseprophylaxe bei stabilen COVID-Patienten eignet, die keine andere Indikation für eine Antikoagulation wie eine TVT oder LE haben?, sagte Lopes.

Ergebnisse der ACTION-Studie mit 615 Patienten
Die ACTION-Studie wurde in Brasilien durchgeführt. Man wollte untersuchen, ob eine primäre therapeutische Antikoagulation mit Rivaroxaban zur Verhinderung von Komplikationen bei COVID-19-Patienten mit erhöhten D-Dimer-Werten, die stationär aufgenommen werden mussten, wirksamer ist als eine prophylaktische Antikoagulation.


Dr Renato Lopes

Die Studie sollte eigentlich auch ein therapeutisches Regime von Enoxaparin (1 mg/kg zweimal täglich) bei instabilen Patienten testen, doch konnten für diese Frage nicht genügend Personen rekrutiert werden, um zu einem aussagekräftigen Ergebnis zu kommen.

Lopes beschrieb Rivaroxaban als weitverbreitetes und wirksames orales Antikoagulans für Patienten mit Vorhofflimmern, tiefer Venenthrombose (TVT) und Lungenembolie (LE). In einigen Zentren wird es auch mit dem Ziel eingesetzt, thromboembolische Ereignisse bei COVID-19-Patienten zu verhindern. Allerdings liegen keine Daten über die optimale Dosierung und die Therapiedauer in dieser Situation vor. ?Die Aussicht auf einen oralen Wirkstoff wäre für mäßig kranke Patienten sehr verlockend, da es die Hypothese gibt, nach der die Entzündung und der prothrombotische Zustand nach der Entlassung aus dem Krankenhaus weiterhin Bestand haben?, sagte er.

Die ACTION-Studie war so angelegt, dass sie eine Überlegenheit von Rivaroxaban 20 mg gegenüber einer prophylaktischen Antikoagulation zeigen sollte, aber unsere Ergebnisse wiesen tatsächlich in die andere Richtung. Dr. Renato Lopes
?Die ACTION-Studie war so angelegt, dass sie eine Überlegenheit von Rivaroxaban 20 mg gegenüber einer prophylaktischen Antikoagulation zeigen sollte, aber unsere Ergebnisse wiesen tatsächlich in die andere Richtung. Die Zahl der thromboembolischen Ereignisse unter Rivaroxaban konnte zwar leicht reduziert werden, doch kam es zugleich zu einem nicht signifikanten Anstieg der Sterblichkeit und zu einem sehr deutlichen Anstieg bei den Blutungen. Das ist unterm Strich kein günstiger Tausch?, sagte Lopes gegenüber Medscape.

Rivaroxaban derzeit nicht zur Thromboseprophylaxe bei stabilen COVID-19-Patienten empfohlen
Die Ergebnisse dieser Studie stehen im Gegensatz zu einer Reihe von US-Studien, bei denen kürzlich ein Benefit für die Vollheparinisierung gegenüber der prophylaktischen Antikoagulation bei mäßig kranken COVID-Patienten gezeigt wurde. Die Topline-Ergebnisse aus 3 international verbundenen klinischen Studien REMAP-CAP, ACTIV-4 und ATTACC wurden im Januar bekannt gegeben und sollten zeigen, dass die Vollheparinisierung beim primären Endpunkt ?Beatmungspflicht oder andere organunterstützende Maßnahmen? 21 Tage nach Randomisierung gegenüber einer Prophylaxe mit niedrigen Dosen überlegen war. Diese Studien wurden jedoch noch nicht veröffentlicht und auch die Ergebnisse zur Sicherheit sind noch nicht bekannt. Es hieß nur, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis zugunsten der Vollheparinisierung ausfiel.

In der Studie wurden 615 solcher Patienten zufällig einer therapeutische Antikoagulation oder einer prophylaktischen Antikoagulation mit normalerweise niedrig dosiertem Enoxaparin 40 mg einmal täglich zugewiesen.

Es wurden 2 verschiedene therapeutische Strategien für 2 unterschiedliche Patientengruppen verfolgt: Stabile Patienten erhielten eine therapeutische Antikoagulation mit Rivaroxaban 20 mg täglich, und instabile Patienten erhielten im Krankenhaus Enoxaparin (1 mg/kg) zweimal täglich. Beide Gruppen erhielten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus für 30 Tage Rivaroxaban 20 mg.

Der primäre Endpunkt war eine hierarchische Analyse der Mortalität, der Dauer des Krankenhausaufenthalts und der Dauer der Sauerstoffanwendung bis zu 30 Tagen unter Anwendung der ?unmatched Win Ratio?.


Lopes erläuterte, dass dabei jeder Patient in der Behandlungsgruppe mit jedem Patienten in der Kontrollgruppe für die 3 einzelnen Komponenten des zusammengesetzten Endpunkts verglichen wird. Wenn zum Beispiel bei der Mortalität der Behandlungspatient überlebt und der Kontrollpatient stirbt, gewinnt ?Behandlung?. Wenn der Kontrollpatient überlebt und der Behandlungspatient stirbt, gewinnt eben die Kontrollgruppe. Und auch ein Unentschieden ist möglich.

Die Win Ratio ergibt sich aus der Anzahl der Gewinne in der Behandlungsgruppe geteilt durch die Anzahl der Gewinne in der Kontrollgruppe. Bei einem Verhältnis >1 gilt die Behandlung als vorteilhaft.

Nach den Basiswerten wurden über 90% der aufgenommenen Patienten als stabil eingestuft, wobei etwa 75% Sauerstoffunterstützung benötigten. 90% nahmen bereits Antikoagulanzien ein (meist als Standardprophylaxe), 8% nahmen Thrombozytenaggregationshemmer, und 83% erhielten systemische Kortikosteroide.

Bei der Analyse der Ergebnisse kam die therapeutische Strategie auf 34,8% Gewinne gegenüber 41,3% bei der prophylaktischen Strategie. Bei 23,9% der Vergleiche gab es ein Unentschieden. Dies ergab eine Win Ratio von 0,86 (95% Konfidenzintervall, KI: 0,59?1,22) für die therapeutische gegenüber der prophylaktischen Strategie.

Die gleichen Muster zeigten sich für jede einzelne Komponente des zusammengesetzten primären Endpunkts. Die therapeutische Gruppe wies zahlenmäßig weniger thromboembolische Ereignisse auf (relatives Risiko, RR: 0,75; 95% KI: 0,45?1,26) aber auch eine häufigere 30-Tage-Mortalität (RR: 1,49; 95% KI: 0,90?2,46).

Es gab in der therapeutischen Gruppe auch einen signifikanten Anstieg bei den schweren oder klinisch relevanten Blutungen (8,4% vs. 2,3%), was ein RR von 3,64 bedeutete. Die Ergebnisse waren in sämtlichen Untergruppen ähnlich.

Eine der großen Fragen: Die optimale Antikoagulationsdosierung
Dr. Robert Harrington von der kalifornischen Stanford University kommentierte die Studie auf der ACC-Sitzung. Für ihn stellte sich die brasilianische Studie einer der großen Fragen beim Thema COVID-19, nämlich der optimalen Antikoagulationsdosierung. Doch sei das Vorgehen hier ein anderes gewesen als bei den in den USA durchgeführten Untersuchungen, da man versucht habe zu klären, ob stabile und instabile Patienten unterschiedliche Strategien benötigten.

Auf die Frage, was die Studie in dieser Hinsicht ergeben habe, antwortete Lopes, dass das primäre Ziel die Prüfung der therapeutischen Dosis von Rivaroxaban gewesen sei, aber sie wollten auch den Einsatz von Heparin bei instabilen Patienten erlauben. ?Es stellte sich heraus, dass die überwiegende Mehrheit der Patienten stabil war, und um diese Frage zu beantworten, konnten wir nicht genug instabile Patienten einschließen.


Lopes weiter: ?Unsere Untersuchung wollte sich in erster Linie auf stabile Patienten konzentrieren, die ein orales Medikament erhalten, und das ist der Beitrag, den diese Studie leistet.?

Harrington stimmte Lopes Interpretation der unterschiedlichen Ergebnisse in dieser Studie und den Ergebnissen des internationalen Studienverbundes zu. ?Es waren unterschiedliche Settings. Wir sollten uns an die Daten aus den internationalen Studien zur Vollheparinisierung bei mäßig kranken Patienten halten.?

Wir sollten uns an die Daten aus den internationalen Studien zur Vollheparinisierung bei mäßig kranken Patienten halten. Dr. Robert Harrington
Zur Win Ratio meinte er, dass diese Analysemethode einige Beschränkungen der traditionellen ?Time-to-Event?-Analyse, bei der nur das erste eingetretene Ereignis in die primäre Analyse einbezogen wird, beseitigen könne.

?Manchmal ist dies vielleicht nicht das wichtigste Ereignis (z.B. Herzinfarkt statt Tod, Revaskularisation statt Herzinfarkt)?, sagte er, ?die Win Ratio erlaubt es, alle Ereignisse zu untersuchen und zwischen den Behandlungen zu vergleichen.?

Für Harrington gebührt den Leitern der ACTION-Studie ein großes Lob für die Umsetzung der Win-Ratio-Methode in der Praxis. ?Es ist schön zu sehen, dass dieser statistische Ansatz in einer echten klinischen Studie Anwendung findet.?

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com/ übersetzt und adaptiert.

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Neue Virus-Varianten, unklare Wirksamkeit der Impfstoffe: Welche Schritte jetzt erforderlich sind
Michael van den Heuvel, Medscape


Die Zahl an besorgniserregenden SARS-CoV-2-Varianten (variants of concern, VOC) steigt seit Beginn der Pandemie stetig an. Derzeit sorgt vor allem die Delta-Variante für Schlagzeilen. Im NEJM gehen Dr. Philip R. Krause von der US Food and Drug Administration und Kollegen der Frage nach, welche Strategien bei Impfstoffen weltweit erforderlich sind, sollte es zum Immune Escape kommen

Sie fordern, nicht nur mutierte Erreger zu überwachen, sondern rechtzeitig modifizierte Vakzine zu entwickeln. Internationale Forschungsprojekte sollten von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) koordiniert werden. Einfachere Studiendesigns seien aber möglich, verglichen mit den Erstzulassungen.

Unklare Daten zu SARS-CoV-2-Varianten
Zum Hintergrund: Besorgniserregende Varianten des neuartigen Coronavirus machen womöglich Erfolge von Impfkampagnen in vielen Ländern zunichte:

B.1.1.7 (Alpha) hat eine höhere Übertragbarkeit und tritt zunehmend als häufigste Mutation auf.

P.1 (Gamma) kann selbst bei Personen, die infiziert waren, eine schwere Erkrankung auslösen, obwohl abschließende Bewertungen fehlen.

Bei B.1.351 (Beta) weiß man, dass Rekonvaleszenzplasma von Patienten, die mit früher zirkulierenden Varianten infiziert waren, eine schlechtere Wirksamkeit hat.

Vorläufige Daten auf der Basis von Post-hoc-Analysen zeigen, dass Impfstoffe ? abhängig vom Typ ? weniger Schutz aufbauen. Das gilt vor allem für leichtes oder mittelschweres COVID-19, jeweils im Vergleich zum Wildtyp.

Für andere Varianten wie B.1.617.2 (Delta) fehlen noch Daten, um die Bedeutung zu bewerten. Immerhin gibt es Hinweise, dass die zugelassenen Impfstoffe wirksam bleiben. Auch das kann sich ändern, sollten weitere Mutationen auftreten. Wie können sich Gesundheitssysteme oder pharmazeutische Hersteller darauf vorbereiten? Dieser Frage ging Krause zusammen mit seinen Koautoren jetzt nach.

Die Zeit ist reif für neue Impfstoffe
Obwohl Tiermodelle und In-vitro-Studien wichtige Informationen liefern, werden klinische Daten benötigt, um festzustellen, ob zugelassene Impfstoffe ihre Wirksamkeit gegen Varianten eventuell verlieren.

Randomisierte, Placebo-kontrollierte Studien kosten Zeit ? und sind bei zugelassenen Impfstoffen auch nicht erforderlich. Die Autoren empfehlen, in Gebieten mit hoher Prävalenz einer Variante die Bevölkerung randomisiert zeitversetzt zu impfen. So könne man Personen mit oder ohne Schutz vergleichen. Harte Endpunkte wie Krankenhausaufenthalte oder schweres COVID-19 ließen sich durchaus erfassen.

Sorgfältig konzipierte Beobachtungsstudien könnten recht zuverlässige Schätzungen der relativen Impfstoffwirksamkeit gegen verschiedene Varianten liefern. Dr. Philip R. Krause und Koautoren
Solche Studien sind bekanntlich anfällig für Verzerrungen. ?Dennoch könnten in Gebieten, in denen mehrere Varianten zirkulieren und ein Teil der Bevölkerung, aber nicht die gesamte Bevölkerung geimpft wurde, sorgfältig konzipierte Beobachtungsstudien ? recht zuverlässige Schätzungen der relativen Impfstoffwirksamkeit gegen verschiedene Varianten liefern?, so Krause und Kollegen. ?Sie könnten auch den Verlust des Schutzes gegen bedenkliche Varianten bei zuvor infizierten Personen aufdecken.? Bei niedrigen Impfquoten oder niedriger Prävalenz einer Variante sei das Design aber zu ungenau, geben die Experten zu bedenken.

Modifizierte Vakzine: Nicht zu lange abwarten?
Im schlimmsten Fall zeigen solche Studien, dass zugelassene Wirkstoffe keinen ausreichenden Schutz bieten. Krause und Kollegen schreiben: ?Jetzt ist es an der Zeit, die Entwicklung modifizierter Impfstoffe zu planen, die vor resistenten Varianten schützen könnten, da solche Mutationen durchaus auftreten können.? Wer dies hinauszögere, verzögere auch die Bekämpfung von SARS-CoV-2.

Studien sollten nicht nur Geimpfte, sondern auch Personen einschließen, die bislang keinerlei Schutz hatten ? weder durch Vakzine noch durch COVID-19. ?Die Bewertung der neutralisierenden Reaktionen gegen mehrere bedenkliche Varianten und gegen das Wildtyp-Virus kann helfen, zu bestimmen, ob mehr als ein Impfstoff ? benötigt wird.? Studien, in denen ein Impfstoff mit einer späteren Dosis eines anderen Impfstoffs geboostet wird, seien ebenfalls wertvoll. Und bei Durchbruchsinfektionen mache eine Genotypisierung Sinn, die zeige, mit welcher Mutation sich Menschen infiziert hätten.

Jetzt ist es an der Zeit, die Entwicklung modifizierter Impfstoffe zu planen, die vor resistenten Varianten schützen könnten. Dr. Philip R. Krause und Koautoren
Die Hürden zur Zulassung modifizierter Impfstoffe sind jedenfalls geringer als bei der 1. Runde ab Ende 2020. ?In den jüngsten regulatorischen Diskussionen und in Leitlinien der WHO besteht Konsens darüber, dass konventionelle, große, klinische Endpunktstudien wahrscheinlich nicht notwendig sind ??, konstatieren die Autoren. Die US Food and Drug Administration (FDA), aber nicht die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) schlägt vor, auf Tiermodelle zurückzugreifen.


Nach der Einführung modifizierter oder neuer Impfstoffe, die Varianten adressieren, beginnt der Kreislauf aus Überwachung und Forschung erneut. Dabei gilt es, zu bedenken, dass in manchen Gebieten vielleicht mehrere Varianten nebeneinander persistieren.

Welche Faktoren könnten Mutationen fördern?
Impfstoffe scheinen das Auftreten veränderter Erreger jedenfalls nicht zu befeuern. ?In Anbetracht des Auftretens von Varianten, die Immunität umgehen, noch bevor Impfstoffe auf breiter Basis eingesetzt wurden, ist es schwierig, Impfstoffe oder Strategien zur Einführung von Impfstoffen als Haupttreiber der Immunevasion zu betrachten?, merken die Autoren an.

Eine verlängerte Virusreplikation bei partieller Immunität in immungeschwächten Patienten oder Umstände, unter denen hohe Viruslasten auftreten, etwa bei beengten Wohnverhältnissen, könnten jedoch zur rascheren Veränderung beitragen. Ähnliche Gefahren sehen Krause und Kollegen beim Einsatz antikörperbasierter Therapien: ?Teilweise wirksame Interventionen können die virale Evolution fördern.?

Teilweise wirksame Interventionen können die virale Evolution fördern. Dr. Philip R. Krause und Koautoren
Außerdem gilt: Je größer die Zahl an Infizierten ist, desto größer ist auch die Chance, dass neue, bedenkliche Varianten entstehen. ?Daher können wirksame Strategien ? wie soziale Distanzierung, die Verwendung von Masken und der gezielte Einsatz effektiver Impfstoffe, die sowohl die Infektion als auch die Übertragung reduzieren, dazu beitragen, die virale Evolution zu begrenzen?, heißt es im Artikel. ?Die Abwägung zwischen dem Einsatz von Impfstoffen zum Schutz vulnerabler Personen vor einer Erkrankung oder zur gezielten Verhinderung der Ausbreitung ist eine strategische Entscheidung, die auf zuverlässigen epidemiologischen Informationen beruhen sollte.?

Weltweite Koordinierung der Maßnahmen
Doch die Herausforderungen sind noch lange nicht zu Ende. Neue VOC können in jedem Winkel der Erde entstehen. Krause und Kollegen sehen die Entwicklung neuer oder modifizierter Vakzine auf internationaler Ebene, mit Federführung der WHO.

?Die Koordinierung ist von entscheidender Bedeutung bei der Beurteilung des Bedarfs an neuen oder modifizierten Impfstoffen, bei der Bewertung dieser Impfstoffe und beim Verständnis für das Risiko?, so ihre Einschätzung. ?Eine offene und wissenschaftliche Diskussion ist notwendig, um festzustellen, welche Varianten, die Anlass zur Sorge geben, Aufmerksamkeit erfordern.?

Das bedeutet: Die internationale Staatengemeinschaft braucht allgemeingültige Kriterien, um Vakzine bei neu auftretenden Varianten zu bewerten und ? falls erforderlich ? angemessen darauf zu reagieren. Als Blaupause eigne sich die Auswahl von Antigenen in Grippeimpfstoffen durch die WHO, schreiben die Experten. In die Entscheidung müssten epidemiologische Daten, Daten aus der Evolutionsbiologie sowie klinische, tierexperimentelle und In-vitro-Daten einbezogen werden.

?Durch die gemeinsame, offene Diskussion der Ergebnisse wird dieser Datenaustausch dazu beitragen, eine konsistente und durchdachte öffentliche Kommunikation über neue Varianten und ein angemessenes Vertrauen in Impfstoffe und in deren Entwicklung, Prüfung und Anwendung zu fördern?, hoffen Krause und seine Koautoren.

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Dienstag, 22. Juni 2021
Leitlinie zur Akuttherapie des Schlaganfalls aktualisiert: Neues zum Post-Stroke-Delir und zu Geschlechtsunterschieden
Andrea Hertlein

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DGS) haben die S2e-Leitlinie zur Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls zusammen mit zahlreichen weiteren Fachgesellschaften aktualisiert und erweitert [1]. Neu sind unter anderem Aspekte des Post-Stroke-Delirs und der kardiovaskulären Diagnostik sowie ein Kapitel zu geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Schlaganfall-Patienten.

Die bisherige S1-Leitlinie stammt aus dem Jahr 2012; 2015 kam eine Ergänzung zu den Rekanalisationstherapien hinzu. Nun wurde eine komplette Überarbeitung und Aktualisierung der bisherigen Leitlinie publiziert, heißt es in einer Mitteilung der DGN.

Sprecher der Leitliniensteuergruppe sind Prof. Dr. Martin Köhrmann, Universitätsklinikum Essen, und Prof. Dr. Peter Ringleb, Universitätsklinikum Heidelberg. Viele Empfehlungen hätten sich aufgrund neuer Studiendaten verändert, so die Fachgesellschaft. Außerdem wurden verschiedene Aspekte neu in die Empfehlungen aufgenommen.

Gefäßdiagnostik vor mechanischer Thrombektomie
Alle akuttherapeutischen Maßnahmen wirken besser, je früher und zielgerichteter sie angewendet werden. Neuerungen betreffen daher auch die zerebrale Diagnostik, die sofort mit CT oder MRT erfolgen sollte, um zwischen Ischämie und Blutung zu unterscheiden und somit das therapeutische Prozedere festlegen zu können.

Wenn eine mechanische Thrombektomie in Frage kommt, müsse der Leitlinie zufolge immer auch eine Gefäßdiagnostik (vom Aortenbogen aufwärts) stattfinden.

Falls bei Ankunft in der Klinik das Zeitintervall von 4,5 Stunden überschritten sei, sollte eine erweiterte Bildgebung, etwa eine Perfusionsuntersuchung mit MRT oder CT erfolgen, lautet die Empfehlung.

Tenecteplase nur in Einzelfällen
Die Standardtherapie für die systemische Thrombolyse erfolgt in der Regel mit Alteplase. Tenecteplase könnte jedoch als modifiziertes Molekül eine noch bessere Wirksamkeit haben, heißt es in der aktualisierten Fassung.

In der EU ist diese Substanz bisher allerdings nur zur Behandlung des Herzinfarktes zugelassen. Dagegen ist die Studienlage beim Schlaganfall bislang nicht einheitlich. Gemäß der neuen Leitlinie soll Tenecteplase außerhalb klinischer Studien nur in Einzelfällen eingesetzt werden.

Post-Stroke-Delir: Screening mit etablierten Scores
Neuerungen betreffen auch das sogenannte Post-Stroke-Delir, welches bei bis zu 48% der Patienten auftritt. Ein solches Delir gehe einher mit einer fast fünffach erhöhten Sterblichkeit, längeren Klinikaufenthalten und häufigeren Entlassungen in Pflegeeinrichtungen, betonen die Autoren.

Die Leitlinien empfehlen daher das gezielte Screening mit etablierten Scores. Neben der Behandlung mit speziellen Medikamenten sei es außerdem besonders wichtig, frühzeitig die Reorientierung der Patienten zu stimulieren (Kommunikation, Mobilisation, Brille, Hörgeräte, Tag-Nacht-Rhythmus).

Eine duale antithrombotische Sekundärprophylaxe (ASS plus Clopidogrel oder Ticagrelor) sollte nicht routinemäßig erfolgen, heißt es in der aktualisierten Fassung. Sie könne bei ausgewählten Patienten nach TIA oder leichten Schlaganfällen über einen Zeitraum von 21 bis 30 Tagen Vorteile haben, möglicherweise jedoch zu Lasten des Blutungsrisikos bei insgesamt unveränderter Mortalität und nur geringem Einfluss auf bleibende Behinderung und Lebensqualität. Bei erhöhtem Blutungsrisiko sollte laut Leitlinie keine duale Plättchenhemmung erfolgen.

Frauen seltener auf Stroke Units behandelt
Die überarbeitete Leitlinie betont außerdem, dass die systematische Suche in Datenbanken keinen Anhalt dafür brachte, dass Frauen mit einem Schlaganfall anders behandelt werden sollten als Männer. Es zeigten sich jedoch je nach Studie variable epidemiologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern: So waren weniger Frauen von Schlaganfällen betroffen als Männer.

Frauen waren jedoch durchschnittlich etwa 5 Jahre älter als Männer, hatten häufiger Bluthochdruck und Vorhofflimmern.

Alkohol- oder Nikotinkonsum sowie Hyperlipidämie und Diabetes mellitus waren indes bei Männern häufiger.

Bei uneinheitlicher Datenlage gebe es laut Leitlinie Hinweise darauf, dass Frauen seltener auf Stroke Units behandelt wurden, eine erhöhte Krankenhaussterblichkeit hatten (2017 starben 8,8% der Frauen und 5,8% der Männer) sowie ein schlechteres funktionelles Ergebnis.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.

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Starke Hautirritationen nach mRNA-Corona-Impfung beobachtet: Ausschläge, Erytheme, Frostbeulen ? und Aktivierung von Herpes?
PD Dr. Martin Hartmann

Manchmal bleibt es nicht bei einer Lokalreaktion: PD Dr. Martin Hartmann berichtet von Fällen an der Hautklinik Heidelberg mit dermatologischen Irritationen nach Moderna- und BioNTech-Injektionen.

Transkript des Videos von PD Dr. Martin Hartmann, Heidelberg:

Schönen guten Tag,

hier ist Martin Hartmann aus der Hautklinik Heidelberg. Es geht heute um kutane Nebenwirkungen der mRNA-Impfstoffe gegen SARS-CoV2-Infektionen.

Während beim Vektor-Impfstoff von AstraZeneca (Vaxzevria®) in den letzten Wochen viel über die thromboembolischen Komplikationen berichtet worden ist und deshalb der Impfstoff nun vorwiegend bei Älteren eingesetzt wird, gibt es jetzt immer mehr Erkenntnisse zu den Impfreaktionen bzw. Nebenwirkungen nach einer Injektion mit den mRNA-Impfstoffen.


Quelle: PD M. Hartmann

Häufig lokale Schmerzen, Schwellungen und Rötungen


Esther Freeman von der Harvard Medical School hat auf dem diesjährigen Jahrestreffen der American Academy of Dermatology Association (AAD) einen Überblick zu den Nebenwirkungen bei mRNA-Impfungen gegeben.

Bei bis zu 90% der Geimpften treten direkt nach der Impfung Schmerzen auf, seltener sind Schwellungen und Rötungen. Die Symptome flauen nach 1 bis 2 Tagen ab [5,6]. Allergische Reaktionen auf die Impfstoffe sind selten [3]

Ausschläge und verzögerte Lokalreaktionen

Es wird immer wieder beobachtet, dass auch urtikarielle Ausschläge, eine Urtikaria oder eine morbilliformer Rash, also ein masern-ähnlicher Ausschlag, im Anschluss an die Impfung auftreten. Sie flauen unter einer Therapie mit Antihistaminika oder lokalen Kortikoiden rasch wieder ab.

Interessant sind verzögerte Lokalreaktionen, die 5 bis 6 Tage nach der Injektion an der Injektionsstelle als ausgedehnte Rötung mit Schwellung und Juckreiz auftreten. Sie persistieren für einige Tage. Das wird häufig nach der 1. Impfung beobachtet, nach der 2. Impfung wiederholt sich das in weniger als 50% der Fälle und tritt dann auch nicht ausgeprägt auf [2].

Multiforme Erytheme

Dann gibt es Berichte von selteneren Nebenwirkungen wie multiforme Erytheme, pernio-artige Nebenwirkungen oder Reaktivierung von Infektionen [8].

Ich möchte von einigen Fällen hier aus der Hautklinik, Heidelberg, berichten.

Vor wenigen Wochen kamen 2 Patienten am gleichen Tag zur stationären Überwachung nach jeweils einer Impfung mit dem Impfstoff von Moderna und BioNTech, die am ganzen Körper multiforme Erytheme hatten.

Sie hatten also eine Art von Ausschlag, der multiform, teilweise wie ein Erythema exsudativum multiforme aussah. Die Schleimhäute waren bei beiden Patienten nicht betroffen. Wenige Tage nach einer Therapie mit Steroiden konnten die Patienten die Klinik auch wieder verlassen.


Multiformes Exanthem nach mRNA-Impfung (Copyright: PD M. Hartmann)

Frostbeulen-ähnliche Reaktionen

Interessant sind die Perniones-artigen Nebenwirkungen, die auch bei COVID-19 beobachtet wurden. Bei uns wurde eine Patientin aufgenommen, die eine bläulich-livide Verfärbung der Zehen und auch der Hände hatte, also Frostbeulen-artige Veränderungen direkt im Anschluss an eine mRNA-Impfung aufwies. Die Histologie zeigte eine Vaskulitis. Auch diese Veränderungen flauten unter einer Steroidtherapie sehr schnell wieder ab [7].

Dann hatten wir noch einen jungen Patienten aufgenommen mit einer akuten generalisierten ekzematischen Pustulose, also mit disseminiertem Auftreten von Pusteln am ganzen Körper. Ebenso wie die Frostbeulen-artigen Veränderungen werden diese Pusteln auch bei COVID-19-Patienten beschrieben.

Reaktivierung von Herpes-Viren

Interessant sind auch die Berichte über die Reaktivierung von Herpesviren. Wenige Tage nach einer Impfung tritt entweder erstmals oder wieder sehr ausgeprägt eine Herpes-simplex-Reaktivierung auf. Wir haben einen jungen Mann aufgenommen, der erstmals eine HSV-Reaktivierung hatte, die weit über den normalen Herpes labialis hinausging.

Zudem haben wir gehäuft Patienten beobachtet, die direkt nach der mRNA-Impfung einen Herpes Zoster hatten. Das sind Patienten mit Risikoprofil, aber auch junge Menschen, z. B. eine 29jährige Frau, die bei uns nach der 2. Impfung mit einem Zoster ophthalmicus aufgenommen wurde. Das ist in diesem Alter relativ selten.

Es gibt Berichte aus Israel, aber auch aus der Schweiz, dass der Zoster gehäuft im Anschluss an die Infektion auftritt.

Inwieweit das nur ein zufälliger Zusammenhang mit der inzwischen häufig durchgeführten Impfung ist, oder wirklich seine Ursache in der Impfung hat bleibt im Moment noch unklar.

Das war es zu den Impfungen.

Vielen Dank, auf Wiedersehen

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Durchbruch bei Impfstoffen aus Kuba
https://www.gmx.net/magazine/news/coronavirus/corona-news-ticker-kubanischer-impfstoffkandidat-abdala-90-prozent-wirksam-35891232

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