Sonntag, 11. April 2010
Bloggerin des Monats
che2001, 17:20h
ist Netbitch.
Erstens für diese Worte hier:
"Dass der Marxismus und die Lehre von Marx selber zwei verschiedene Paar Schuhe sind wurde hier schon öfter erwähnt. Schon zu Lebzeiten des Philosophen, erst recht nach seinem Tod bildeten sich rasch zwei unterschiedliche marxistisch inspirierte Richtungen. Einmal der von Marx selber verspottete Arbeiterbewegungsmarxismus, der die komplexen volkswirtschaftlichen und philosophischen Überlegungen des Kalle zu einem klappernden Mechanismus dialektischer Zwangsläufigkeiten vereinfachte und Marxsche Erkenntnisse sich je nach Situation zu tagespolitischen Zwecken zurechtbog. Und dann zum Anderen etwas später der Kathedersozialismus, eine rein abstrakte volkswirtschaftliche Lehre, die sich von Marx her kommend eher wieder seinem Vorgänger Ricardo annäherte und aus Marx´Diktum “Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert. Es kömmt aber darauf an, sie zu verändern.” das genaue Gegenteil machte. Lenin brachte beides dann zusammen, erschuf sein Modell der autoritär aufgebauten, wie ein Geheimbund organisierten “Partei neuen Typs” und plante das nachrevolutionäre russische Staatswesen erklärtermaßen nach dem Vorbild der Deutschen Reichspost – während Marx vom allmählichen Absterben des Staates gesprochen hatte und hier den Anarchisten näher war als Lenin. Stalin, vor dem Lenin noch auf dem Totenbett gewarnt hatte, machte dann daraus ein nationales Projekt – Sozialismus in einem Land – etwas, das Marx selber verworfen hatte.
Gäbe frau für das alles also Marx die Schuld oder nähme an, Stalin ließe sich aus einer “Leerstelle” in Marx´ Schriften ableiten, dann ließe sich dieses Modell auch auf andere politische Systeme und andere Philosophien übertragen. Diktaturen, die sich demokratisch legitimieren, aber trotzdem Diktaturen sind wie der Iran, Zimbabwe oder Tunesien oder Halbdemokratien mit Folter und Hyperkorruption wie Mexiko oder die Türkei müssten Anlass zum Nachdenken geben, weil sie sich demokratisch legitimieren. Da muss dann ja an der Demokratie etwas faul sein, und wir sollten anfangen, in der UN-Erklärung der Menschenrechte nachzulesen, wo da die Leerstelle ist um uns zu überlegen, wie es so schnell von Kant zu Atatürk, von Rousseau zu Ahmadinedschad, von Aristoteles zu Mugabe und von George Washington zu Alfredo Stroessner kommen konnte. Übrigens müssten wir auch “zerschlagt England” fordern, denn der Staat legitimiert sich überhaupt nicht demokratisch, sondern über ein Königtum von Gottes Gnaden. Dass es sich um eine Demokratie handelt, stört da nur geringfügig." und dann dafür:
http://netbitch1.twoday.net/stories/6283465
Erstens für diese Worte hier:
"Dass der Marxismus und die Lehre von Marx selber zwei verschiedene Paar Schuhe sind wurde hier schon öfter erwähnt. Schon zu Lebzeiten des Philosophen, erst recht nach seinem Tod bildeten sich rasch zwei unterschiedliche marxistisch inspirierte Richtungen. Einmal der von Marx selber verspottete Arbeiterbewegungsmarxismus, der die komplexen volkswirtschaftlichen und philosophischen Überlegungen des Kalle zu einem klappernden Mechanismus dialektischer Zwangsläufigkeiten vereinfachte und Marxsche Erkenntnisse sich je nach Situation zu tagespolitischen Zwecken zurechtbog. Und dann zum Anderen etwas später der Kathedersozialismus, eine rein abstrakte volkswirtschaftliche Lehre, die sich von Marx her kommend eher wieder seinem Vorgänger Ricardo annäherte und aus Marx´Diktum “Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert. Es kömmt aber darauf an, sie zu verändern.” das genaue Gegenteil machte. Lenin brachte beides dann zusammen, erschuf sein Modell der autoritär aufgebauten, wie ein Geheimbund organisierten “Partei neuen Typs” und plante das nachrevolutionäre russische Staatswesen erklärtermaßen nach dem Vorbild der Deutschen Reichspost – während Marx vom allmählichen Absterben des Staates gesprochen hatte und hier den Anarchisten näher war als Lenin. Stalin, vor dem Lenin noch auf dem Totenbett gewarnt hatte, machte dann daraus ein nationales Projekt – Sozialismus in einem Land – etwas, das Marx selber verworfen hatte.
Gäbe frau für das alles also Marx die Schuld oder nähme an, Stalin ließe sich aus einer “Leerstelle” in Marx´ Schriften ableiten, dann ließe sich dieses Modell auch auf andere politische Systeme und andere Philosophien übertragen. Diktaturen, die sich demokratisch legitimieren, aber trotzdem Diktaturen sind wie der Iran, Zimbabwe oder Tunesien oder Halbdemokratien mit Folter und Hyperkorruption wie Mexiko oder die Türkei müssten Anlass zum Nachdenken geben, weil sie sich demokratisch legitimieren. Da muss dann ja an der Demokratie etwas faul sein, und wir sollten anfangen, in der UN-Erklärung der Menschenrechte nachzulesen, wo da die Leerstelle ist um uns zu überlegen, wie es so schnell von Kant zu Atatürk, von Rousseau zu Ahmadinedschad, von Aristoteles zu Mugabe und von George Washington zu Alfredo Stroessner kommen konnte. Übrigens müssten wir auch “zerschlagt England” fordern, denn der Staat legitimiert sich überhaupt nicht demokratisch, sondern über ein Königtum von Gottes Gnaden. Dass es sich um eine Demokratie handelt, stört da nur geringfügig." und dann dafür:
http://netbitch1.twoday.net/stories/6283465
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Sonntag, 11. Oktober 2009
Was will der Neue Antiimperialismus?
che2001, 01:52h
Ich blogge hier nun seit 2003 und habe immer mal wieder darauf Bezug genommen, dass ich mich selber ins Lager des Neuen Antiimperialismus rechne. Was aber darunter zu verstehen ist fiel mir wohl schwer zu vermitteln, zumindest weisen Reaktionen von LeserInnen meines Blogs darauf hin, denen dann Gestalten wie Chavez einfallen, die sich sicherlich als Antiimperialisten bezeichnen würden, mit dem Neuen Antiimperialismus aber so viel zu tun haben wie Kim Wilde mit Corazon Aquino.
Tatsächlich ist der Neue Antiimperialismus ja in starker Abgrenzung von dem entwickelt worden, was ansonsten unter Antiimperialismus firmierte, insbesondere von den Antiimps als Bewegung. Verlinkungen auf die Homepage der Materialien für einen Neuen Antiimperialismus waren auch wenig hilfreich, da die Sprache der Materialien von vielen Leuten, die gewohnt sind, online zu lesen bereits kaum noch verstanden wird und man zudem Marx gelesen haben sollte, um die Materialien rein semantisch überhaupt zu begreifen. Da mir diese Thematiken aber äußerst wichtig sind, möchte ich einmal mit eigenen Worten darstellen, was der Ansatz des Neuen Antiimperialismus bedeutet, wie ich ihn persönlich interpretiere und was politisch und theoretisch daraus folgt.
Zunächst kann man sich dem Neuen Antiimperialismus von unterschiedlichen Zugangswegen her nähern. Einen wichtigen Aspekt bildet sein sozialhistorisches Paradigma, das in einer Metakritik der Marx´schen Theorie begründet liegt. Bei Marx wird davon ausgegangen, dass Revolutionen sich immer dann ereignen, wenn ihre historische Notwendigkeit gekommen ist. Gesellschaftliche Umstürze, die eine historische Formation durch eine andere ersetzen, wie den Feudalismus durch den Kapitalismus und die Klassenherrschaft des Adels durch die des Bürgertums – oder eben den Kapitalismus durch den Sozialismus oder die diesem vorausgehende Diktatur des Proletariats, die bei Marx im Gegensatz zu Denen, die sich später auf ihn beriefen noch nicht als reale Diktatur gedacht war, solche Umstürze also begriff Marx als die „Theorie, die die Massen ergreift“.
Wenn sich die französische und die 1848er Revolution sich so also wunderbar als materialisierte Hegel´sche Theorie begreifen lässt, so sticht allerdings ins Auge, dass die Massen gar keine Theorie hatten. Die Mehrzahl Derer, die auf der Straße kämpften und das Ende des Regimes erzwangen gehörten nicht den Bildungsschichten an, viele waren Analphabeten.
Umgekehrt ist die Vorstellung, in einer künftigen, den Kapitalismus überwindenden Revolution ergriffe die Theorie die Massen nur dann denkbar, wenn diese sozusagen pädagogisch zur Theorie geführt würden.
Eine Kernfrage des Neuen Antiimperialismus, die zugleich eine Bruchlinie zum klassischen Marxismus darstellt, ist dann eben die, was Massen denn überhaupt zur Revolte treibt. Warum lehnt sich wann wer auf, und nach welchen Gesetzmäßigkeiten? Wenn sich die Zeitschrift „Autonomie“ früher mit Brotpreisaufständen in Mexiko und Ägypten beschäftigte und diese mit Hungerrevolten in Europa um 1830 verglich ging es genau darum: Die Beweggründe des Aufstands zu erforschen und ein allgemeines sozialhistorisches Modell zu entwickeln, wann die Unterschichten rebellieren.
Verbunden war dieser Ansatz von allem Anfang an auch mit Alltagsgeschichte, da nur diese für in der Lage gehalten wird, proletarische Subjektivität zu erfassen.
Und wenn ich mich auf diesem Blog z.B. mit dem Aufstand Ende 2008 in Griechenland beschäftige geschieht dies aus dem gleichen Grund. Es geht mir weder um Revolutionsromantik, noch um formalisierte internationale Solidarität nach dem Prinzip „Solidemos für Aufstände anderswo“ oder gar „wenn da Randale ist, muss hier auch welche sein“, sondern um die Frage nach den Ursachen, Motivationen und Perspektiven des Aufstands. Und ich bin auch so old fashioned, zu sagen, dass ich es für die Pflicht und Aufgabe der Linken halte, sich mit solchen Dingen auseinanderzusetzen, jedenfalls wenn sie einen gesellschaftsverändernden Anspruch hat.
Die sozialhistorische Perspektive des Neuen Antiimperialismus wird dann noch einmal besonders aus dem Operaismus gespeist. Die Erfahrung von Streiks bei FIAT und Ford Anfang der 70er, die von MigrationsarbeiterInnen getragen wurden war die einer Feindschaft gegen die Arbeit an sich.
Nicht gewerkschaftliche Forderungen nach Lohnerhöhungen oder neuen Tarifverträgen brachten die Leute auf die Palme, sondern die unmittelbare körperliche Erfahrung von Entfremdung in der Akkordarbeit bei Menschen, die aus ländlichen Milieus stammten, denen diese Art Arbeit fremd war. Eine Kernperspektive des Neuen Antiimperialismus ist daher gerade die Aufstandsbereitschaft von Menschen, die aus ihrem bisherigen Lebenszusammenhang herausgerissen wurden und auch der Gegensatz Subjektivität/Eigen-Sinn – Unterwerfung unter maschinenförmige Machtapparate oder formelhaft ausgedrückt der Gegensatz das Leben gegen die Maschine.
Dazu kommt dann noch eine feministische Perspektive bzw. Patriarchatskritik, die sich analog des Drei – zu – Eins – Widerspruchs darstellen lässt.
http://www.idverlag.com/BuchTexte/DreiZuEins/DreiZuEins.html
Von diesen Voraussetzungen ausgehend, die für sich noch keinen Antiimperialismus ausmachen, sondern eine sozialrevolutionäre Perspektive innerhalb der Industriesoziologie, Geschichtswissenschaft und politischen Theorie folgte dann die Anwendung auf Armut und Konflikte im Weltmaßstab bzw. Entwicklungs- und Schwellenländern. Während der alte Antiimperialismus der ML-Linken auf Solidarität mit bestimmten sozialistischen Regimes wie Kuba oder Vietnam und bestimmten Befreiungsbewegungen wie der PLO oder PFLP sich bezog, ist die Perspektive des Neuen Antiimperialismus die der Solidarität der um das unmittelbare Existenzrecht kämpfenden Unterschichtsbewegungen, seien es nun landlose Bauern, die irgendwelche Estancias besetzen oder Bootsflüchtlinge, die versuchen, über das Mittelmeer von Afrika nach Europa zu kommen.
Von daher wird auch klar, wo sich VertreterInnen des Neuen Antiimperialismus (die sich „Autonome“ nannten, bevor der Begriff sich als Generalbezeichnung für Schwarzvermummte oder Steinewerfer auf Demos einbürgerte, aber hey, wir sind das Original) politisch hauptsächlich engagieren, nämlich in der „Dritte Welt“ – Soliarbeit und der Unterstützung von Flüchtlingen.
Bezogen auf soziale Lagen und Konflikte im Trikont kommt dann eine Verbindung aus Kritischer Theorie, den Foucault´schen „Dispositiven der Macht“ und Dependenztheorie zur Anwendung. So wird Entwicklungspolitik analog der Dialektik der Aufklärung als Umschlagen des Fortschritts in die Barbarei begriffen – Grüne Revolution und Industrialisierung in Entwicklungsländern erzeugen neue Armut - und andersherum die Ausweitung der Kulturindustrie und z.B. Bereiche wie die Pornoindustrie in den Metropolen als Kolonialisierung emotionaler Bedürfnisse.
Und um mich selbst zu verorten, stehe ich zwischen der hier geschilderten Interpretation des Neuen Antiimperialismus und der Verbindung mit den Ansätzen von Baudrillard und Bourdieu.
Tatsächlich ist der Neue Antiimperialismus ja in starker Abgrenzung von dem entwickelt worden, was ansonsten unter Antiimperialismus firmierte, insbesondere von den Antiimps als Bewegung. Verlinkungen auf die Homepage der Materialien für einen Neuen Antiimperialismus waren auch wenig hilfreich, da die Sprache der Materialien von vielen Leuten, die gewohnt sind, online zu lesen bereits kaum noch verstanden wird und man zudem Marx gelesen haben sollte, um die Materialien rein semantisch überhaupt zu begreifen. Da mir diese Thematiken aber äußerst wichtig sind, möchte ich einmal mit eigenen Worten darstellen, was der Ansatz des Neuen Antiimperialismus bedeutet, wie ich ihn persönlich interpretiere und was politisch und theoretisch daraus folgt.
Zunächst kann man sich dem Neuen Antiimperialismus von unterschiedlichen Zugangswegen her nähern. Einen wichtigen Aspekt bildet sein sozialhistorisches Paradigma, das in einer Metakritik der Marx´schen Theorie begründet liegt. Bei Marx wird davon ausgegangen, dass Revolutionen sich immer dann ereignen, wenn ihre historische Notwendigkeit gekommen ist. Gesellschaftliche Umstürze, die eine historische Formation durch eine andere ersetzen, wie den Feudalismus durch den Kapitalismus und die Klassenherrschaft des Adels durch die des Bürgertums – oder eben den Kapitalismus durch den Sozialismus oder die diesem vorausgehende Diktatur des Proletariats, die bei Marx im Gegensatz zu Denen, die sich später auf ihn beriefen noch nicht als reale Diktatur gedacht war, solche Umstürze also begriff Marx als die „Theorie, die die Massen ergreift“.
Wenn sich die französische und die 1848er Revolution sich so also wunderbar als materialisierte Hegel´sche Theorie begreifen lässt, so sticht allerdings ins Auge, dass die Massen gar keine Theorie hatten. Die Mehrzahl Derer, die auf der Straße kämpften und das Ende des Regimes erzwangen gehörten nicht den Bildungsschichten an, viele waren Analphabeten.
Umgekehrt ist die Vorstellung, in einer künftigen, den Kapitalismus überwindenden Revolution ergriffe die Theorie die Massen nur dann denkbar, wenn diese sozusagen pädagogisch zur Theorie geführt würden.
Eine Kernfrage des Neuen Antiimperialismus, die zugleich eine Bruchlinie zum klassischen Marxismus darstellt, ist dann eben die, was Massen denn überhaupt zur Revolte treibt. Warum lehnt sich wann wer auf, und nach welchen Gesetzmäßigkeiten? Wenn sich die Zeitschrift „Autonomie“ früher mit Brotpreisaufständen in Mexiko und Ägypten beschäftigte und diese mit Hungerrevolten in Europa um 1830 verglich ging es genau darum: Die Beweggründe des Aufstands zu erforschen und ein allgemeines sozialhistorisches Modell zu entwickeln, wann die Unterschichten rebellieren.
Verbunden war dieser Ansatz von allem Anfang an auch mit Alltagsgeschichte, da nur diese für in der Lage gehalten wird, proletarische Subjektivität zu erfassen.
Und wenn ich mich auf diesem Blog z.B. mit dem Aufstand Ende 2008 in Griechenland beschäftige geschieht dies aus dem gleichen Grund. Es geht mir weder um Revolutionsromantik, noch um formalisierte internationale Solidarität nach dem Prinzip „Solidemos für Aufstände anderswo“ oder gar „wenn da Randale ist, muss hier auch welche sein“, sondern um die Frage nach den Ursachen, Motivationen und Perspektiven des Aufstands. Und ich bin auch so old fashioned, zu sagen, dass ich es für die Pflicht und Aufgabe der Linken halte, sich mit solchen Dingen auseinanderzusetzen, jedenfalls wenn sie einen gesellschaftsverändernden Anspruch hat.
Die sozialhistorische Perspektive des Neuen Antiimperialismus wird dann noch einmal besonders aus dem Operaismus gespeist. Die Erfahrung von Streiks bei FIAT und Ford Anfang der 70er, die von MigrationsarbeiterInnen getragen wurden war die einer Feindschaft gegen die Arbeit an sich.
Nicht gewerkschaftliche Forderungen nach Lohnerhöhungen oder neuen Tarifverträgen brachten die Leute auf die Palme, sondern die unmittelbare körperliche Erfahrung von Entfremdung in der Akkordarbeit bei Menschen, die aus ländlichen Milieus stammten, denen diese Art Arbeit fremd war. Eine Kernperspektive des Neuen Antiimperialismus ist daher gerade die Aufstandsbereitschaft von Menschen, die aus ihrem bisherigen Lebenszusammenhang herausgerissen wurden und auch der Gegensatz Subjektivität/Eigen-Sinn – Unterwerfung unter maschinenförmige Machtapparate oder formelhaft ausgedrückt der Gegensatz das Leben gegen die Maschine.
Dazu kommt dann noch eine feministische Perspektive bzw. Patriarchatskritik, die sich analog des Drei – zu – Eins – Widerspruchs darstellen lässt.
http://www.idverlag.com/BuchTexte/DreiZuEins/DreiZuEins.html
Von diesen Voraussetzungen ausgehend, die für sich noch keinen Antiimperialismus ausmachen, sondern eine sozialrevolutionäre Perspektive innerhalb der Industriesoziologie, Geschichtswissenschaft und politischen Theorie folgte dann die Anwendung auf Armut und Konflikte im Weltmaßstab bzw. Entwicklungs- und Schwellenländern. Während der alte Antiimperialismus der ML-Linken auf Solidarität mit bestimmten sozialistischen Regimes wie Kuba oder Vietnam und bestimmten Befreiungsbewegungen wie der PLO oder PFLP sich bezog, ist die Perspektive des Neuen Antiimperialismus die der Solidarität der um das unmittelbare Existenzrecht kämpfenden Unterschichtsbewegungen, seien es nun landlose Bauern, die irgendwelche Estancias besetzen oder Bootsflüchtlinge, die versuchen, über das Mittelmeer von Afrika nach Europa zu kommen.
Von daher wird auch klar, wo sich VertreterInnen des Neuen Antiimperialismus (die sich „Autonome“ nannten, bevor der Begriff sich als Generalbezeichnung für Schwarzvermummte oder Steinewerfer auf Demos einbürgerte, aber hey, wir sind das Original) politisch hauptsächlich engagieren, nämlich in der „Dritte Welt“ – Soliarbeit und der Unterstützung von Flüchtlingen.
Bezogen auf soziale Lagen und Konflikte im Trikont kommt dann eine Verbindung aus Kritischer Theorie, den Foucault´schen „Dispositiven der Macht“ und Dependenztheorie zur Anwendung. So wird Entwicklungspolitik analog der Dialektik der Aufklärung als Umschlagen des Fortschritts in die Barbarei begriffen – Grüne Revolution und Industrialisierung in Entwicklungsländern erzeugen neue Armut - und andersherum die Ausweitung der Kulturindustrie und z.B. Bereiche wie die Pornoindustrie in den Metropolen als Kolonialisierung emotionaler Bedürfnisse.
Und um mich selbst zu verorten, stehe ich zwischen der hier geschilderten Interpretation des Neuen Antiimperialismus und der Verbindung mit den Ansätzen von Baudrillard und Bourdieu.
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Freitag, 8. Juni 2007
Antwort auf Momorules
che2001, 21:45h
Da Momos Weblog meine Kommentare nicht schluckt, mache ich einfach hier weiter, anknüpfend an Kommentar 56 in diesem Thread hier: http://www.blogfrei.de/metalust/2007/06/hahnchenschenkel_mehrwertsteue.html#comments
Nö, hat er (loellie) nicht. RAR sagt mir nichts. Aber es ist eine ewige Crux, dass wir Sozrevs (oder neue Antiimperialisten) regelmäßig mit Kasernenhofkommunisten in Verbindung gebracht werden, während wir real so etwas sind wie antieurozentristische, antipositivistische, dekonstruktivistische Anhänger eines Marx, Kritische Theorie und französischen Spät- und Poststrukturalismus benutzende Anarchosyndikalisten, oder auch: Luxemburg meets Fanon meets Wallerstein meets Adorno meets Lacan meets Butler meets Marcuse meets Bourdieu meets Zapatistas.Die dann in der Praxis das Recht der Kleinbauern verteidigen, sich und ihr Eigentum gegen die Industrialisierung der Landwirtschaft zu zu verteidigen. Entsprechend sind wir Radikaldemokraten mit Verbindung zu autochthonen Basisbewegungen in den Ländern des globalen Südens, trotzdem wird uns von Liberalen bis Antideutschen mit schöner Regelmäßigkeit vorgehalten, wir seien Stalinisten.
Nö, hat er (loellie) nicht. RAR sagt mir nichts. Aber es ist eine ewige Crux, dass wir Sozrevs (oder neue Antiimperialisten) regelmäßig mit Kasernenhofkommunisten in Verbindung gebracht werden, während wir real so etwas sind wie antieurozentristische, antipositivistische, dekonstruktivistische Anhänger eines Marx, Kritische Theorie und französischen Spät- und Poststrukturalismus benutzende Anarchosyndikalisten, oder auch: Luxemburg meets Fanon meets Wallerstein meets Adorno meets Lacan meets Butler meets Marcuse meets Bourdieu meets Zapatistas.Die dann in der Praxis das Recht der Kleinbauern verteidigen, sich und ihr Eigentum gegen die Industrialisierung der Landwirtschaft zu zu verteidigen. Entsprechend sind wir Radikaldemokraten mit Verbindung zu autochthonen Basisbewegungen in den Ländern des globalen Südens, trotzdem wird uns von Liberalen bis Antideutschen mit schöner Regelmäßigkeit vorgehalten, wir seien Stalinisten.
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Sonntag, 25. März 2007
Kernbegriffe linker Theorie, heute: Antiimperialismus
che2001, 21:26h
Antiimperialistische Vielfalt
Wenn man, z.B. googelnderweise, den Begriff „Antiimperialismus“ eingibt, stößt man, außer bei Wikipedia mit einer vergleichweise umfassenden und neutralen Zusammenfassung meist auf Erklärungen wie „eine linksradikale Richtung, die vornehmlich in den USA und Israel die Feinde sozialistischer Entwicklungen und menschlicher Emanzipation sieht und daher wegen antisemitischer Tendenzen kritisiert wird“ oder Ähnliches. Das ist nun einerseits platt, andererseits wahr und falsch zugleich. Es gibt nicht DEN Antiimperialismus. Linke sind für gewöhnlich gegen Imperialismus, wie sie für gewöhnlich gegen Faschismus, Sexismus, Rassismus oder Ausbeutung sind, und insofern gibt es auch verschiedene Wege, Antiimperialismus zu leben, bzw. verschiedene Antiimperialismen. Ich kann mich an Zeiten erinnern, als der Tierremondisme, das aus internationalistischer Solidarität, aber auch romantischem Fernweh Sich Begeistern für bestimmte exotische Ethnien und Kampf um deren Rechte, bei manchen Linken dazu führte, Sprachen wie Lakota, Kannada oder Kisuaheli zu lernen und mehrmonatige Rucksacktouren durch die entsprechenden Länder zu unternehmen. Na ja, und Brigaden für Nicaragua war ja auch mal angesagt. Was hingegen an der heute stereotypen Gleichsetzung Antiimperialismus=linker Antisemitismus dran oder nicht dran ist, das bezieht sich auf eine ganz bestimmte Spielart von Antiimperialismus, deren Anhänger sich ausschließlich als Antiimperialisten und nichts anderes bezeichneten, zumeist allerdings in der Kurzform: Die Antiimps.
Unter dieser Bezeichnung firmierte ein politisches Lager, das von 1977 bis 1990 die militanteste Fraktion der linken Szene Westdeutschlands bildete und sich im Verlauf der 1990er auflöste. Sozial waren sie weitgehend in die autonome Szene integriert, sie verstanden sich aber nicht als Autonome. Ihr Weltbild, das nur vor dem Hintergrund der politischen Auseinanderetzungen und Kräfteverhältnisse der 1970er verständlich wird,
sah in etwa so aus: Aufgrund des Entwicklungsgrades des modernen Kapitalismus hat der Klassenwiderspruch einen geopolitischen Charakter angenommen. Die Arbeiterklasse in den kapitalistischen Industriestaaten (Der Metropole) hat deshalb wenig Interesse an einer sozialen Revolution, weil sie in relativem Wohlstand und sozialer Sicherheit lebt und ist eigentlich kein Proletariat mehr. Erkauft wird dieser Wohlstand durch die Ausbeutung der Rohstoffe und der billigen Arbeitskräfte aus weniger industrialisierten und entwickelten Staaten der Peripherie, wobei hinsichtlich der Welthandelsbedingungen (terms of trade) die drei Kontinente (der Trikont) Südamerika, Afrika und Asien südlich der Sowjetunion/Chinas am schlechtesten gestellt sind.
Eine Revolution, die nur und ausschließlich als Weltrevolution denkbar ist, könne nur von den verarmten Massen der drei Kontinente bzw. dortigen Guerrillabewegungen ausgehen. Die sozialistischen Staaten seien, gefangen zwischen Kaltem Krieg, friedlicher Koexistenz und Systemkonkurrenz, hauptsächlich mit ihrer Selbsterhaltung beschäftigt und würden zwar dosiert solche Guerrillabewegungen unterstützen, aber weder uneingeschränkt noch uneigennützig.
Die Aufgabe der Revolutionäre in der Metropole, dem „Herzen der Bestie“, könnte daher kein traditionell proletarischer Klassenkampf, etwa im Sinne von Gewerkschafts- oder auch gewerkschaftsoppositioneller Betriebsarbeit sein, sondern nur Solidaritätsarbeit für die Kämpfe im Trikont plus antimlitaristischer Kampf in der Metropole, der von Engagement in der Friedensbewegung bis Mitgliedschaft in der RAF reichen konnte. Es wäre sicher denunziatorisch zu sagen, die Antiimps seien insgesamt RAF-Sympathisanten (einem Flugblatt, das dies behauptete, erwiderten wir, selber keine Antiimps, das hätte das Niveau der HSV-Stadionpost: die Antiimps als Fanclub) gewesen, aber zumindest rekrutierten sich die UnterstützerInnen der RAF aus der Antiimpszene. Mit dem sogenannten „linken Antisemitismus“ der Antiimps hat es seine eigene Bewandnis. Ich stimme ja den verständigeren VertreterInnen des antideutschen oder antideutsch-nahen Spektrums wie z.B. der Zeitschrift Phase II durchaus zu, wenn sie das Umkippen von zunächst affirmativer Israel-Begeisterung in Israel-Hass bei der RAF-Gründergeneration oder sonstigen FreundInnen des bewaffneten Kampfes (schlimmstes Beispiel: Flugzeugentführung von Entebbe) tiefenpsychologisch mit einem mit der NS-Vergangenheit zusammenhängenden verdrängten Schuldkomplex und einem sich der Verantwortung für die deutsche Vergangenheit entinnern wollens erklären und als sekundären Antisemitismus bezeichnen. Aber für die Antiimps war eine knappe Dekade später die Israel-Feindschaft nur noch Bestandteil einer Agenda mit einer als gegeben angenommenen Feindliste, auf der Israel nicht einmal besonders wichtig war. Verschiedene Staaten wurden aufgrund der internationalen Rolle, die sie damals spielten, als imperialistische Frontstaaten angesehen und daher als Hauptfeinde: Die USA, alle südamerikanischen Diktaturen mit Chile und Uruguay an der Spitze, Großbritannien, Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, das Apartheid-Südafrika und Israel. Ebenso war der Begriff der Antiimps von internationaler Solidarität keine Solidarität mit den armen Massen im Trikont im Allgemeinen, sondern primär mit bestimmten Guerrillabewegungen: Mit den Tupamaros in Peru und Uruguay, mit der Frente Polisario in Westsahara, mit dem ANC in Südafrika und mit der PFLP und DFLP in Palästina. Die sich aus der Palästina-Solidarität ergebende Israelfeindlichkeit hatte teilweise haarsträubende Ergebnisse, etwa eine Pro-Saddam-Haltung bei einem Teil der Antiimps im Golfkrieg von 1991. Genau aus diesem Grunde begann aber auch Ende der 80er/Anfang der 90er das antiimperialistische Selbstverständnis zu bröckeln. Aus unserem Lager, dem der sozialrevolutionären Autonomen, wurde generell das an Organisationen, Nationen, Staaten festgemachte Politikverständnis der Antiimps gerade hinsichtlich der Palästinafrage kritisiert: https://che2001.blogger.de/stories/386740/
Parallel dazu setzte eine Debatte um linken Antisemitismus ein, die nach dem zweiten Golfkrieg an Heftigkeit und Intensität zunahm. Beides nagte am Selbstverständnis der Antiimps und spaltete beispielsweise manche Palästinagruppe, wie es auch das Verhältnis zwischen Palästina- und Kurdistangruppen belastete. Parallel dazu stellte die RAF den bewaffneten Kampf ein und wurden Grams und Hogefeld von der Staatsmacht erwischt. Alle diese Entwicklungen ließen die antiimperialistischen Gruppen zusammenschrumpfen. Eine letzte Mobilisierungswelle brachten die großen Kurdistan-Demos und kurz darauf die Aktionen gegen das PKK-Verbot Mitte der 1990er, dann löste die Antiimp-Szene sich endgültig auf und verlor sich in Einzelschicksale.
Die Probleme und Fallstricke der Antiimp-Ideologie sind hier recht gut dargestellt: http://www.wildcat-www.de/zirkular/56/z56asem1.htm
Andererseits ist der Beitrag, dem ich inhaltlich weitestgehend zustimme, ein Zeugnis der Begriffsverwirrung und Geschichtslosigkeit in der deutschen Linken. Die Tatsache nämlich, dass die Schlussfolgerungen, die die/der Autor/in da zieht, bereits 1982 zur Formulierung des sogenannten Neuen Antiimperialismus führte, der radikal mit der Antiimp-Ideologie bricht, ohne dabei das Ziel eines Kampfes für eine gerechtere Weltordnung aus den Augen zu verlieren, ist ihr/ihm offensichtlich nicht bekannt. Da nun die ursprüngliche Wildcat-Redaktion und die Redaktion der Materialien für einen Neuen Antiimperialismus (bzw. Autonomie Neue Folge, wie die Schriftenreihe ursprünglich hieß) ein sehr enges Verhältnis zueinander hatten, heißt das nichts weiter, dass hier eine Person, die linke Theoriegeschichte betreibt, schon die Theoriegeschichte der eigenen Zusammenhänge in den letzten 10-20 Jahren nicht mehr kennt. Der Neue Antiimperialismus kritisiert die patriarchal-positivistische Konzeption der westlichen Moderne an sich und wendet sich gegen die von Antiimps öfter unterstützten Modernisierungsdiktaturen im Trikont. Nicht marxistisch-leninistische Guerrillagruppen, die für vom Reißbrett entworfene Revolutionen kämpfen, finden die Solidarität der VerteterInnen des Neuen Antiimperialismus (die sich nicht Neue AntimperialistInnen, sondern sozialrevolutionäre Autonome, kurz Sozrevs nannten und heute meist unter der Rubrik Antiras laufen), sondern zum Beispiel Brotpreisrevolten oder die Landbesetzungen landloser Bauern. Von zentraler Bedeutung ist die Position, dass die Verteidigung von Subsistenzwirtschaft gegen die Kapitalisierung der Landwirtschaft ein Anliegen ist. Subsistenzwirtschaft wird als Ressource angesehen, die einerseits Rückhalt für rebellisches Verhalten am Arbeitsplatz gibt, andererseits Menschen ein Auskommen
gibt, die sonst in den Slums der Megastädte des Trikont eine erbärmliche Existenz führen würden. Das dortige Massenelend wird als direktes Ergebnis der Grünen Revolution und einer Vertreibung der bäuerlichen Bevölkerung von ihrer Scholle betrachtet, insofern richtet sich der Neue Antiimperialismus gegen die gängigen Konzepte von Entwicklungspolitik und steht sowohl dem westlichen als auch den übriggebliebenen Resten des prosowjetischen Entwicklungsmodells ablehnend gegenüber. Da das unmittelbare Schicksal der Opfer imperialistischer Gewalt ein zentrales Anliegen ist, ist ein Großteil der Sozrevs in der Flüchtlingsarbeit engagiert und trägt einen Großteil der ehrenamtlichen Asylberatung und Flüchtlingssozialarbeit.
http://www.materialien.org/index.html
- Der Begriff Antiimperialismus wird heute oft operationalisiert bis zum Missbrauch. Einerseits wird Kritikern der Vorgehensweise des US-Militärs im Irak oder der israelischen Streitkräfte im Libanon regelmäßig die Antiimperialismuskeule übergebraten, wobei unter Antiimperialismus ausschließlich die alte Antiimp-Linie gemeint ist, die vor 12 Jahren von ihren Protagonisten mit wirklich guten Gründen aufgegeben wurde, und diese als Antisemitismus bezeichnet wird. Und zum Anderen beziehen sich Linke vorwiegend, aber nicht nur aus dem PDS-Umfeld, heute ihrerseits positiv auf diese Art Antiimperialismus, noch gewürzt um eine besondere Note. Hinsichtlich des Nahostkonflikts wird es mittlerweile als durchaus konsequent betrachtet, sich mit Hamas oder der Hizbollah zu solidarisieren. Nun war aber die Palästina-Solidarität der Antiimps keine Solidarität mit dem palästinensischen Volk im allgemeinen, zumindest war sie das nicht in erster Linie, sondern sie bezog sich auf zwei konkrete marxistische Palästinenserorganisationen, die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) und die Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP). Hamas ist eine Organisation, die mit saudischem Kapital und westlicher Geheimdiensthilfe aufgebaut wurde, um PFLP und DFLP die Mitgliederbasis abzugraben – mit glänzendem Erfolg übrigens. Die Hizbollah ist ein iranisches Projekt zum Export der Ayatollah-Revolution, in dem Sinne also eine Art iranischer Mini-Imperialismus.
Alles in allem zeugen diese Entwicklungen von einer desolaten Bewusstseinslage. Es wird vielleicht wirklich einmal Zeit zur Gründung der Vereinigung zur Wahrung des rationalen politischen Diskurses angesichts der herrschenden Verwirrung.
Wenn man, z.B. googelnderweise, den Begriff „Antiimperialismus“ eingibt, stößt man, außer bei Wikipedia mit einer vergleichweise umfassenden und neutralen Zusammenfassung meist auf Erklärungen wie „eine linksradikale Richtung, die vornehmlich in den USA und Israel die Feinde sozialistischer Entwicklungen und menschlicher Emanzipation sieht und daher wegen antisemitischer Tendenzen kritisiert wird“ oder Ähnliches. Das ist nun einerseits platt, andererseits wahr und falsch zugleich. Es gibt nicht DEN Antiimperialismus. Linke sind für gewöhnlich gegen Imperialismus, wie sie für gewöhnlich gegen Faschismus, Sexismus, Rassismus oder Ausbeutung sind, und insofern gibt es auch verschiedene Wege, Antiimperialismus zu leben, bzw. verschiedene Antiimperialismen. Ich kann mich an Zeiten erinnern, als der Tierremondisme, das aus internationalistischer Solidarität, aber auch romantischem Fernweh Sich Begeistern für bestimmte exotische Ethnien und Kampf um deren Rechte, bei manchen Linken dazu führte, Sprachen wie Lakota, Kannada oder Kisuaheli zu lernen und mehrmonatige Rucksacktouren durch die entsprechenden Länder zu unternehmen. Na ja, und Brigaden für Nicaragua war ja auch mal angesagt. Was hingegen an der heute stereotypen Gleichsetzung Antiimperialismus=linker Antisemitismus dran oder nicht dran ist, das bezieht sich auf eine ganz bestimmte Spielart von Antiimperialismus, deren Anhänger sich ausschließlich als Antiimperialisten und nichts anderes bezeichneten, zumeist allerdings in der Kurzform: Die Antiimps.
Unter dieser Bezeichnung firmierte ein politisches Lager, das von 1977 bis 1990 die militanteste Fraktion der linken Szene Westdeutschlands bildete und sich im Verlauf der 1990er auflöste. Sozial waren sie weitgehend in die autonome Szene integriert, sie verstanden sich aber nicht als Autonome. Ihr Weltbild, das nur vor dem Hintergrund der politischen Auseinanderetzungen und Kräfteverhältnisse der 1970er verständlich wird,
sah in etwa so aus: Aufgrund des Entwicklungsgrades des modernen Kapitalismus hat der Klassenwiderspruch einen geopolitischen Charakter angenommen. Die Arbeiterklasse in den kapitalistischen Industriestaaten (Der Metropole) hat deshalb wenig Interesse an einer sozialen Revolution, weil sie in relativem Wohlstand und sozialer Sicherheit lebt und ist eigentlich kein Proletariat mehr. Erkauft wird dieser Wohlstand durch die Ausbeutung der Rohstoffe und der billigen Arbeitskräfte aus weniger industrialisierten und entwickelten Staaten der Peripherie, wobei hinsichtlich der Welthandelsbedingungen (terms of trade) die drei Kontinente (der Trikont) Südamerika, Afrika und Asien südlich der Sowjetunion/Chinas am schlechtesten gestellt sind.
Eine Revolution, die nur und ausschließlich als Weltrevolution denkbar ist, könne nur von den verarmten Massen der drei Kontinente bzw. dortigen Guerrillabewegungen ausgehen. Die sozialistischen Staaten seien, gefangen zwischen Kaltem Krieg, friedlicher Koexistenz und Systemkonkurrenz, hauptsächlich mit ihrer Selbsterhaltung beschäftigt und würden zwar dosiert solche Guerrillabewegungen unterstützen, aber weder uneingeschränkt noch uneigennützig.
Die Aufgabe der Revolutionäre in der Metropole, dem „Herzen der Bestie“, könnte daher kein traditionell proletarischer Klassenkampf, etwa im Sinne von Gewerkschafts- oder auch gewerkschaftsoppositioneller Betriebsarbeit sein, sondern nur Solidaritätsarbeit für die Kämpfe im Trikont plus antimlitaristischer Kampf in der Metropole, der von Engagement in der Friedensbewegung bis Mitgliedschaft in der RAF reichen konnte. Es wäre sicher denunziatorisch zu sagen, die Antiimps seien insgesamt RAF-Sympathisanten (einem Flugblatt, das dies behauptete, erwiderten wir, selber keine Antiimps, das hätte das Niveau der HSV-Stadionpost: die Antiimps als Fanclub) gewesen, aber zumindest rekrutierten sich die UnterstützerInnen der RAF aus der Antiimpszene. Mit dem sogenannten „linken Antisemitismus“ der Antiimps hat es seine eigene Bewandnis. Ich stimme ja den verständigeren VertreterInnen des antideutschen oder antideutsch-nahen Spektrums wie z.B. der Zeitschrift Phase II durchaus zu, wenn sie das Umkippen von zunächst affirmativer Israel-Begeisterung in Israel-Hass bei der RAF-Gründergeneration oder sonstigen FreundInnen des bewaffneten Kampfes (schlimmstes Beispiel: Flugzeugentführung von Entebbe) tiefenpsychologisch mit einem mit der NS-Vergangenheit zusammenhängenden verdrängten Schuldkomplex und einem sich der Verantwortung für die deutsche Vergangenheit entinnern wollens erklären und als sekundären Antisemitismus bezeichnen. Aber für die Antiimps war eine knappe Dekade später die Israel-Feindschaft nur noch Bestandteil einer Agenda mit einer als gegeben angenommenen Feindliste, auf der Israel nicht einmal besonders wichtig war. Verschiedene Staaten wurden aufgrund der internationalen Rolle, die sie damals spielten, als imperialistische Frontstaaten angesehen und daher als Hauptfeinde: Die USA, alle südamerikanischen Diktaturen mit Chile und Uruguay an der Spitze, Großbritannien, Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, das Apartheid-Südafrika und Israel. Ebenso war der Begriff der Antiimps von internationaler Solidarität keine Solidarität mit den armen Massen im Trikont im Allgemeinen, sondern primär mit bestimmten Guerrillabewegungen: Mit den Tupamaros in Peru und Uruguay, mit der Frente Polisario in Westsahara, mit dem ANC in Südafrika und mit der PFLP und DFLP in Palästina. Die sich aus der Palästina-Solidarität ergebende Israelfeindlichkeit hatte teilweise haarsträubende Ergebnisse, etwa eine Pro-Saddam-Haltung bei einem Teil der Antiimps im Golfkrieg von 1991. Genau aus diesem Grunde begann aber auch Ende der 80er/Anfang der 90er das antiimperialistische Selbstverständnis zu bröckeln. Aus unserem Lager, dem der sozialrevolutionären Autonomen, wurde generell das an Organisationen, Nationen, Staaten festgemachte Politikverständnis der Antiimps gerade hinsichtlich der Palästinafrage kritisiert: https://che2001.blogger.de/stories/386740/
Parallel dazu setzte eine Debatte um linken Antisemitismus ein, die nach dem zweiten Golfkrieg an Heftigkeit und Intensität zunahm. Beides nagte am Selbstverständnis der Antiimps und spaltete beispielsweise manche Palästinagruppe, wie es auch das Verhältnis zwischen Palästina- und Kurdistangruppen belastete. Parallel dazu stellte die RAF den bewaffneten Kampf ein und wurden Grams und Hogefeld von der Staatsmacht erwischt. Alle diese Entwicklungen ließen die antiimperialistischen Gruppen zusammenschrumpfen. Eine letzte Mobilisierungswelle brachten die großen Kurdistan-Demos und kurz darauf die Aktionen gegen das PKK-Verbot Mitte der 1990er, dann löste die Antiimp-Szene sich endgültig auf und verlor sich in Einzelschicksale.
Die Probleme und Fallstricke der Antiimp-Ideologie sind hier recht gut dargestellt: http://www.wildcat-www.de/zirkular/56/z56asem1.htm
Andererseits ist der Beitrag, dem ich inhaltlich weitestgehend zustimme, ein Zeugnis der Begriffsverwirrung und Geschichtslosigkeit in der deutschen Linken. Die Tatsache nämlich, dass die Schlussfolgerungen, die die/der Autor/in da zieht, bereits 1982 zur Formulierung des sogenannten Neuen Antiimperialismus führte, der radikal mit der Antiimp-Ideologie bricht, ohne dabei das Ziel eines Kampfes für eine gerechtere Weltordnung aus den Augen zu verlieren, ist ihr/ihm offensichtlich nicht bekannt. Da nun die ursprüngliche Wildcat-Redaktion und die Redaktion der Materialien für einen Neuen Antiimperialismus (bzw. Autonomie Neue Folge, wie die Schriftenreihe ursprünglich hieß) ein sehr enges Verhältnis zueinander hatten, heißt das nichts weiter, dass hier eine Person, die linke Theoriegeschichte betreibt, schon die Theoriegeschichte der eigenen Zusammenhänge in den letzten 10-20 Jahren nicht mehr kennt. Der Neue Antiimperialismus kritisiert die patriarchal-positivistische Konzeption der westlichen Moderne an sich und wendet sich gegen die von Antiimps öfter unterstützten Modernisierungsdiktaturen im Trikont. Nicht marxistisch-leninistische Guerrillagruppen, die für vom Reißbrett entworfene Revolutionen kämpfen, finden die Solidarität der VerteterInnen des Neuen Antiimperialismus (die sich nicht Neue AntimperialistInnen, sondern sozialrevolutionäre Autonome, kurz Sozrevs nannten und heute meist unter der Rubrik Antiras laufen), sondern zum Beispiel Brotpreisrevolten oder die Landbesetzungen landloser Bauern. Von zentraler Bedeutung ist die Position, dass die Verteidigung von Subsistenzwirtschaft gegen die Kapitalisierung der Landwirtschaft ein Anliegen ist. Subsistenzwirtschaft wird als Ressource angesehen, die einerseits Rückhalt für rebellisches Verhalten am Arbeitsplatz gibt, andererseits Menschen ein Auskommen
gibt, die sonst in den Slums der Megastädte des Trikont eine erbärmliche Existenz führen würden. Das dortige Massenelend wird als direktes Ergebnis der Grünen Revolution und einer Vertreibung der bäuerlichen Bevölkerung von ihrer Scholle betrachtet, insofern richtet sich der Neue Antiimperialismus gegen die gängigen Konzepte von Entwicklungspolitik und steht sowohl dem westlichen als auch den übriggebliebenen Resten des prosowjetischen Entwicklungsmodells ablehnend gegenüber. Da das unmittelbare Schicksal der Opfer imperialistischer Gewalt ein zentrales Anliegen ist, ist ein Großteil der Sozrevs in der Flüchtlingsarbeit engagiert und trägt einen Großteil der ehrenamtlichen Asylberatung und Flüchtlingssozialarbeit.
http://www.materialien.org/index.html
- Der Begriff Antiimperialismus wird heute oft operationalisiert bis zum Missbrauch. Einerseits wird Kritikern der Vorgehensweise des US-Militärs im Irak oder der israelischen Streitkräfte im Libanon regelmäßig die Antiimperialismuskeule übergebraten, wobei unter Antiimperialismus ausschließlich die alte Antiimp-Linie gemeint ist, die vor 12 Jahren von ihren Protagonisten mit wirklich guten Gründen aufgegeben wurde, und diese als Antisemitismus bezeichnet wird. Und zum Anderen beziehen sich Linke vorwiegend, aber nicht nur aus dem PDS-Umfeld, heute ihrerseits positiv auf diese Art Antiimperialismus, noch gewürzt um eine besondere Note. Hinsichtlich des Nahostkonflikts wird es mittlerweile als durchaus konsequent betrachtet, sich mit Hamas oder der Hizbollah zu solidarisieren. Nun war aber die Palästina-Solidarität der Antiimps keine Solidarität mit dem palästinensischen Volk im allgemeinen, zumindest war sie das nicht in erster Linie, sondern sie bezog sich auf zwei konkrete marxistische Palästinenserorganisationen, die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) und die Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP). Hamas ist eine Organisation, die mit saudischem Kapital und westlicher Geheimdiensthilfe aufgebaut wurde, um PFLP und DFLP die Mitgliederbasis abzugraben – mit glänzendem Erfolg übrigens. Die Hizbollah ist ein iranisches Projekt zum Export der Ayatollah-Revolution, in dem Sinne also eine Art iranischer Mini-Imperialismus.
Alles in allem zeugen diese Entwicklungen von einer desolaten Bewusstseinslage. Es wird vielleicht wirklich einmal Zeit zur Gründung der Vereinigung zur Wahrung des rationalen politischen Diskurses angesichts der herrschenden Verwirrung.
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Donnerstag, 30. November 2006
Der einzig sinnvolle Freiheitsbegriff
che2001, 15:01h
In einem interessanten Thread formulierte Statler die Position, der Begriff der negativen Freiheit (Abwesenheit von Zwang) nach Isaiah Berlin sei der einzig sinnvolle Freiheitsbegriff:
https://che2001.blogger.de/stories/620170/#621401
Demgegenüber würde ich sagen, wenn ich mich schon auf einen "einzig sinnvollen" Freiheitsbegriff festlegen wollte (an sich mag ich keine einzigen Wahrheitenund keine absoluten Begriffe, weil ich lieber so frei bin, unterschiedliche Wahrheiten gelten zu lassen und in Facetten und Annäherungen zu denken), wäre das für mich der Begriff der Autonomie. Das ist ja das Thema, mit dem Jaspers, De Beauvoir, Benjamin, Horkdorno sich abgeplagt haben.
Autonomie bedeutet die reale Fähigkeit eines jeden Menschen (auch und gerade der Schwächsten in einer Gesellschaft), das eigene Leben so weit als möglich nach dem eigenen freien Willen zu gestalten. Voraussetzung dafür ist auch, dass der freie Wille sich überhaupt zu bilden vermag. In totalitären Systemen mit ihren Propagandaapparaten ist dies völlig unmöglich, aber der Spätkapitalismus mit seiner Beherrschung der Öffentlichkeit durch eine werbende Wirtschaft und die Simulation von Realität durch eine interessengeleitete Kulturindustrie ist da nicht viel besser, wenn wir Adorno, Sonntag und Postman folgen. Nach Adorno sind alle unfrei unter dem Anschein frei zu sein, kollektive Freiheitsberaubung wird als organisiertes Vergnügen geliefert, "Alles, was heute Komunikation heißt, ist nur der Lärm, der die Stummheit der Gebannten übertönt".
Zur Freiheit gehört auch die Freiheit von den Einflüsterungen der Bewusstseinsindustrie, in diesem Sinne ist der Mensch in der postmodernen Gesellscháft alles Andere als autonom.
Wie der große Meister Horkheimer sprach:
"Die soziologische Meinung, daß der Verlust des Halts in der objektiven Religion, die Auflösung der letzten vorkapitalistischen Residuen, die technische und soziale Differenzierung und das Spezialistentum in kulturelles Chaos übergegangen sei, wird alltäglich Lügen gestraft. Kultur heute schlägt alles mit Ähnlichkeit. Film, Radio, Magazine machen ein System aus. Jede Sparte ist einstimmig in sich und alle zusammen. Die ästhetischen Manifestationen noch der politischen Gegensätze verkünden gleichermaßen das Lob des stählernen Rhythmus. Die dekorativen Verwaltungs- und Ausstellungsstätten der Industrie sind in den autoritären und den anderen Ländern kaum verschieden. Die allenthalben emporschießenden hellen Monumentalbauten repräsentieren die sinnreiche Planmäßigkeit der staatenumspannenden Konzerne, auf die bereits das losgelassene Unternehmertum zuschoß, dessen Denkmale die umliegenden düsteren Wohn- und Geschäftshäuser der trostlosen Städte sind. Schon erscheinen die älteren Häuser rings um die Betonzentren als Slums, und die neuen Bungalows am Stadtrand verkünden schon wie die unsoliden Konstruktionen auf internationalen Messen das Lob des technischen Fortschritts und fordern dazu heraus, sie nach kurzfristigem Gebrauch wegzuwerfen wie Konservenbüchsen. Die städtebaulichen Projekte aber, die in hygienischen Kleinwohnungen das Individuum als gleichsam selbständiges perpetuieren sollen, unterwerfen es seinem Widerpart, der totalen Kapitalmacht, nur um so gründlicher. Wie die Bewohner zwecks Arbeit und Vergnügen, als Produzenten und Konsumenten, in die Zentren entboten werden, so kristallisieren sich die Wohnzellen bruchlos zu wohlorganisierten Komplexen. Die augenfällige Einheit von Makrokosmos und Mikrokosmos demonstriert den Menschen das Modell ihrer Kultur: die falsche Identität von Allgemeinem und Besonderem. Alle Massenkultur unterm Monopol ist identisch, und ihr Skelett, das von jenem fabrizierte begriffliche Gerippe, beginnt sich abzuzeichnen. An seiner Verdeckung sind die Lenker gar nicht mehr so sehr interessiert, seine Gewalt verstärkt sich, je brutaler sie sich einbekennt. Lichtspiele und Rundfunk brauchen sich nicht mehr als Kunst auszugeben. Die Wahrheit, daß sie nichts sind als Geschäft, verwenden sie als Ideologie, die den Schund legitimieren soll, den sie vorsätzlich herstellen. Sie nennen sich selbst Industrien, und die publizierten Einkommensziffern ihrer Generaldirektoren schlagen den Zweifel an der gesellschaftlichen Notwendigkeit der Fertigprodukte nieder.
Aber dafür sind Sprache und Gestik der Hörer und Zuschauer bis in Nuancen, an welche bislang keine Versuchsmethoden heranreichen, vom Schema der Kulturindustrie noch stärker durchsetzt als je zuvor. Heute hat sie die zivilisatorische Erbschaft der Frontier- und Untemehmerdemokratie angetreten, deren Sinn für geistige Abweichungen auch nicht allzu zart entwickelt war. Alle sind frei, zu tanzen und sich zu vergnügen, wie sie, seit der geschichtlichen Neutralisierung der Religion, frei sind, in eine der zahllosen Sekten einzutreten. Aber die Freiheit in der Wahl der Ideologie, die stets den wirtschaftlichen Zwang zurückstrahlt, erweist sich in allen Sparten als die Freiheit zum Immergleichen. Die Art, in der ein junges Mädchen das obligatorische date annimmt und absolviert, der Tonfall am Telephon und in der vertrautesten Situation, die Wahl der Worte im Gespräch, ja das ganze nach den Ordnungsbegriffen der heruntergekommenen Tiefenpsychologie aufgeteilte Innenleben bezeugt den Versuch, sich selbst zum erfolgsadäquaten Apparat zu machen, der bis in die Triebregungen hinein dem von der Kulturindustrie präsentierten Modell entspricht. Die intimsten Reaktionen der Menschen sind ihnen selbst gegenüber so vollkommen verdinglicht, daß die Idee des ihnen Eigentümlichen nur in äußerster Abstraktheit noch fortbesteht: personality bedeutet ihnen kaum mehr etwas anderes als blendend weiße Zähne und Freiheit von Achselschweiß und Emotionen. Das ist der Triumph der Reklame in der Kulturindustrie, die zwangshafte Mimesis der Konsumenten an die zugleich durchschauten Kulturwaren."
Der Mensch als Person gerät hierbei also unter völllige Heteronomie.
Ach ja, am Rande: Der Freiheitsbegriff bei Jiddo Krishnamurti ist ebenfalls eine diskutierenswerte Angelegenheit.
https://che2001.blogger.de/stories/620170/#621401
Demgegenüber würde ich sagen, wenn ich mich schon auf einen "einzig sinnvollen" Freiheitsbegriff festlegen wollte (an sich mag ich keine einzigen Wahrheitenund keine absoluten Begriffe, weil ich lieber so frei bin, unterschiedliche Wahrheiten gelten zu lassen und in Facetten und Annäherungen zu denken), wäre das für mich der Begriff der Autonomie. Das ist ja das Thema, mit dem Jaspers, De Beauvoir, Benjamin, Horkdorno sich abgeplagt haben.
Autonomie bedeutet die reale Fähigkeit eines jeden Menschen (auch und gerade der Schwächsten in einer Gesellschaft), das eigene Leben so weit als möglich nach dem eigenen freien Willen zu gestalten. Voraussetzung dafür ist auch, dass der freie Wille sich überhaupt zu bilden vermag. In totalitären Systemen mit ihren Propagandaapparaten ist dies völlig unmöglich, aber der Spätkapitalismus mit seiner Beherrschung der Öffentlichkeit durch eine werbende Wirtschaft und die Simulation von Realität durch eine interessengeleitete Kulturindustrie ist da nicht viel besser, wenn wir Adorno, Sonntag und Postman folgen. Nach Adorno sind alle unfrei unter dem Anschein frei zu sein, kollektive Freiheitsberaubung wird als organisiertes Vergnügen geliefert, "Alles, was heute Komunikation heißt, ist nur der Lärm, der die Stummheit der Gebannten übertönt".
Zur Freiheit gehört auch die Freiheit von den Einflüsterungen der Bewusstseinsindustrie, in diesem Sinne ist der Mensch in der postmodernen Gesellscháft alles Andere als autonom.
Wie der große Meister Horkheimer sprach:
"Die soziologische Meinung, daß der Verlust des Halts in der objektiven Religion, die Auflösung der letzten vorkapitalistischen Residuen, die technische und soziale Differenzierung und das Spezialistentum in kulturelles Chaos übergegangen sei, wird alltäglich Lügen gestraft. Kultur heute schlägt alles mit Ähnlichkeit. Film, Radio, Magazine machen ein System aus. Jede Sparte ist einstimmig in sich und alle zusammen. Die ästhetischen Manifestationen noch der politischen Gegensätze verkünden gleichermaßen das Lob des stählernen Rhythmus. Die dekorativen Verwaltungs- und Ausstellungsstätten der Industrie sind in den autoritären und den anderen Ländern kaum verschieden. Die allenthalben emporschießenden hellen Monumentalbauten repräsentieren die sinnreiche Planmäßigkeit der staatenumspannenden Konzerne, auf die bereits das losgelassene Unternehmertum zuschoß, dessen Denkmale die umliegenden düsteren Wohn- und Geschäftshäuser der trostlosen Städte sind. Schon erscheinen die älteren Häuser rings um die Betonzentren als Slums, und die neuen Bungalows am Stadtrand verkünden schon wie die unsoliden Konstruktionen auf internationalen Messen das Lob des technischen Fortschritts und fordern dazu heraus, sie nach kurzfristigem Gebrauch wegzuwerfen wie Konservenbüchsen. Die städtebaulichen Projekte aber, die in hygienischen Kleinwohnungen das Individuum als gleichsam selbständiges perpetuieren sollen, unterwerfen es seinem Widerpart, der totalen Kapitalmacht, nur um so gründlicher. Wie die Bewohner zwecks Arbeit und Vergnügen, als Produzenten und Konsumenten, in die Zentren entboten werden, so kristallisieren sich die Wohnzellen bruchlos zu wohlorganisierten Komplexen. Die augenfällige Einheit von Makrokosmos und Mikrokosmos demonstriert den Menschen das Modell ihrer Kultur: die falsche Identität von Allgemeinem und Besonderem. Alle Massenkultur unterm Monopol ist identisch, und ihr Skelett, das von jenem fabrizierte begriffliche Gerippe, beginnt sich abzuzeichnen. An seiner Verdeckung sind die Lenker gar nicht mehr so sehr interessiert, seine Gewalt verstärkt sich, je brutaler sie sich einbekennt. Lichtspiele und Rundfunk brauchen sich nicht mehr als Kunst auszugeben. Die Wahrheit, daß sie nichts sind als Geschäft, verwenden sie als Ideologie, die den Schund legitimieren soll, den sie vorsätzlich herstellen. Sie nennen sich selbst Industrien, und die publizierten Einkommensziffern ihrer Generaldirektoren schlagen den Zweifel an der gesellschaftlichen Notwendigkeit der Fertigprodukte nieder.
Aber dafür sind Sprache und Gestik der Hörer und Zuschauer bis in Nuancen, an welche bislang keine Versuchsmethoden heranreichen, vom Schema der Kulturindustrie noch stärker durchsetzt als je zuvor. Heute hat sie die zivilisatorische Erbschaft der Frontier- und Untemehmerdemokratie angetreten, deren Sinn für geistige Abweichungen auch nicht allzu zart entwickelt war. Alle sind frei, zu tanzen und sich zu vergnügen, wie sie, seit der geschichtlichen Neutralisierung der Religion, frei sind, in eine der zahllosen Sekten einzutreten. Aber die Freiheit in der Wahl der Ideologie, die stets den wirtschaftlichen Zwang zurückstrahlt, erweist sich in allen Sparten als die Freiheit zum Immergleichen. Die Art, in der ein junges Mädchen das obligatorische date annimmt und absolviert, der Tonfall am Telephon und in der vertrautesten Situation, die Wahl der Worte im Gespräch, ja das ganze nach den Ordnungsbegriffen der heruntergekommenen Tiefenpsychologie aufgeteilte Innenleben bezeugt den Versuch, sich selbst zum erfolgsadäquaten Apparat zu machen, der bis in die Triebregungen hinein dem von der Kulturindustrie präsentierten Modell entspricht. Die intimsten Reaktionen der Menschen sind ihnen selbst gegenüber so vollkommen verdinglicht, daß die Idee des ihnen Eigentümlichen nur in äußerster Abstraktheit noch fortbesteht: personality bedeutet ihnen kaum mehr etwas anderes als blendend weiße Zähne und Freiheit von Achselschweiß und Emotionen. Das ist der Triumph der Reklame in der Kulturindustrie, die zwangshafte Mimesis der Konsumenten an die zugleich durchschauten Kulturwaren."
Der Mensch als Person gerät hierbei also unter völllige Heteronomie.
Ach ja, am Rande: Der Freiheitsbegriff bei Jiddo Krishnamurti ist ebenfalls eine diskutierenswerte Angelegenheit.
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Montag, 13. Februar 2006
Von Antisemitismus, Neuem Antiimperialismus und purer Vernunft
che2001, 17:06h
Es ist nun schon fast zwei Jahrzehnte her, aber die jüngsten Ereignisse zeigen, dass die Inhalte noch immer erstaunlich aktuell sind. Da war an der Fassade eines wichtigen linken Zentrums in meterhohen Lettern zu lesen "Boykottiert "Israel". Waren, Strände, Kibbuzim. Palästina, das Volk wird dich befreien!" Es gab in Teilen der Linken damals einen Aufschrei, die VerfasserInnen wurden des linken Antisemitismus bezichtigt. Diese bis heute aufrechterhaltene Anschuldigung geht m.E. etwas an den Tatsachen vorbei. Die Leute, die aus Solidarität mit der Infifada und insbesondere einer Sympathisantenhaltung zur PFLP (Volksfront für die Befreiung Palästinas) diese Parolen geschrieben hatten, hatten ja nichts gegen andere Menschen, wenn oder weil diese Juden waren, sondern sie waren gegen den Staat Israel, weil sie diesen als eine Art Apartheid betrachteten, ein rassistisches Staatsgebilde, das seit den 40ern vertriebene Palästinenser und deren Nachkommen kategorisch von der israelischen Staatsbürgerschaft ausschloss und die seit 1967 besetzten Gebiete zwar de facto annektierte, ihren BewohnerInnen aber ebenfalls staatsbürgerlicher Rechte in Israel vorenthielt.
Antisemitismus hingegen hat eine komplexe, im Bereich der Paranoia verwurzelte Vorurteilsstruktur zum Inhalt https://chuzpe.blogger.de/stories/385800/#386016,
und das ist etwas Anderes als reiner Antizionismus.
Hinsichtlich der GründerInnengeneration der RAF und ihres plötzlichen Umkippens von erst euphorischer Begeisterung für die Kibbuzzim und dann umso rigoroserer Israelfeindschaft inklusive ihrer sowohl projektiven als auch instrumentalen Umgangsweise mit der Shoah lässt sich der Begriff eines "sekundären Antisemitismus" vielleicht noch verwenden, aber er lässt sich nicht von diesem Fluchtpunkt aus generell auf die Verurteilung der Besatzungspolitik oder eine positive Bezugnahme auf palästinensische Kämpfe übertragen. Die PFLP wiederum vertritt ein teilweise ziemlich an den Haaren - oder der Kufaya - herbeigezogenes Modell, in dem "den Juden" das Heimatrecht in Israel abgesprochen werden soll, aber auch das würde ich nicht linken Antisemitismus nennen. Erstens kann Antisemitismus nicht links sein. Links bedeutet, sich an Kategorien wie Klasse, verfolgter Minderheit oder Gender zu orientieren, wer Antisemit ist, begibt sich damit von Vornherein außerhalb der Linken. Abgesehen davon sind PalästinenserInnen sprachlich und ethnisch tatsächlich Semiten, was man von Juden/Jüdinnen nur dann sagen kann, wenn man selber an rassistische Konstrukte glaubt. Ich weiß nicht, wie ich die PFLP-Idologie einordnen soll, ich würde erstmal Schwurbel dazu sagen, aber den Begriff "linken Antisemitismus" halte ich für nicht anwendbar.
- späterer Einschub: Mit der Hamas ist das etwas ganz Anderes, und ich halte es hier durchaus für berechtigt, deren Ideologie als religiösen Faschismus zu bezeichnen, wobei ich auch diese Organisation noch differenziert betrachten möchte Unser Umgang. Aber Hamas wurde im Ursprung gegen die PLO aufgebaut. edit. -
Unser Umgang mit den Parolen war denn auch ein ganz Anderer, und ich halte ihn weiterhin für richtig.
Wir gingen die AutorInnen semantisch an. Wieso steht Israel in Anführungsstrichen, Palästina aber nicht? Entweder, man lehnt Nationalitäten als Konstrukte bürgerlichen Denkens grundsätzlich ab und schreibt sie immer in Anführungszeichen, oder man erkennt Nationalitäten, etwa im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts der Völker, generell an und schreibt sie nie in Anführungszeichen. Hier zweierlei Wertigkeiten von Nationen anzunehmen, bedeutet, selber Nationalist zu sein, und dann ist man nicht links.
"Palästina, das Volk wird dich befreien!" Ah ja, sehr schön! Was ist Palästina? Die Bezeichnung für ein Territorium. Was ist ein Volk? Ein politisch-semantisches Konstrukt, das als Herrschaftsinstrument der Bourgeoisie dient (wahrscheinlich muss man bald sagen: diente). Also: ein bürgerliches Herrschaftsinstrument soll ein Territorium befreien. Von was denn? Etwa vom Kapitalismus? Nein, bzw. das auch, aber zuerst einmal von der Herrschaft der Israelis. Was interessiert uns als Linke, ob Israelis oder PalästinenserInnen das Territorium kontrollieren? Seit wann interessieren uns Flaggen? Was uns interessiert, ist, wie es dort mit der Eigentumsfrage, mit Selbstbestimmung der ArbeiterInnen, mit Frauenrechten, Menschen-und BürgerInnenrechten allgemein aussieht. Gegen das israelische Besatzungsregime, solange dieses Menschen- und BürgerInnenrechte bricht mit den PalästinenserInnen solidarisch sein ist keine Frage - aber ob die Zukunft in einem sozialistischen Israel liegt oder in zwei verschiedenen Staaten bleibt offen, ein palästinensischer Nationalismus, der das Existenzrecht Israels bestreitet ist einerseits mit linken Vorstellungen nicht identisch, andererseits ein Rückfall hinter die historische Erfahrung des Nationalsozialismus, da nicht die Juden/Jüdinnen es sind, die die Existenz eines israelischen Staates als Schutzwehr der Verfolgten nötig gemacht haben.
"Für die sozialistische Einheit in Israel und Palästina", das wäre eine Forderung, die für uns als westliche Linke auf der Tagesordnung stehen müsste.
Gut, das vertraten wir AnhängerInnen des Neuen Antiimperialismus 1988 und trieben damit einen Teil der Pro-PFLP-Antiimps schier zur Verzweiflung. Entlarvend war, dass von denen Einige (ich betone, Einige, nicht die Gruppen in ihrer Gesamtheit) nichts zu sagen hatten, als im gleichen Jahr Saddams Truppen die Bevölkerung von Halabja vergasten. Die brutale Logik des "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" und der Identifikation vermeintlich internationalistischer Linker mit sogenannten Befreiungsnationalismen, in diesem Fall dem arabischen Nationalismus, war wohl übermächtig.
Wenn heute religiös-nationalistischer Hass in dieser Region alles zu überschwemmen droht, ist die scheinbar anachronistische Geste, die Klassenfrage zu stellen, vielleicht die einzige Form der Vernunft, die noch bleibt. Es muss nicht gleich die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln auf der Tagesordnung stehen, sondern zunächst der Kampf gegen das fundamentalistische Patriarchat und für Minderheitenrechte. Und da sehen sich unter Umständen palästinensische und israelische Mächtige wie auch die Marginalisierten in beiden Lagern ähnlicher, als Mancher wahrhaben will.
Antisemitismus hingegen hat eine komplexe, im Bereich der Paranoia verwurzelte Vorurteilsstruktur zum Inhalt https://chuzpe.blogger.de/stories/385800/#386016,
und das ist etwas Anderes als reiner Antizionismus.
Hinsichtlich der GründerInnengeneration der RAF und ihres plötzlichen Umkippens von erst euphorischer Begeisterung für die Kibbuzzim und dann umso rigoroserer Israelfeindschaft inklusive ihrer sowohl projektiven als auch instrumentalen Umgangsweise mit der Shoah lässt sich der Begriff eines "sekundären Antisemitismus" vielleicht noch verwenden, aber er lässt sich nicht von diesem Fluchtpunkt aus generell auf die Verurteilung der Besatzungspolitik oder eine positive Bezugnahme auf palästinensische Kämpfe übertragen. Die PFLP wiederum vertritt ein teilweise ziemlich an den Haaren - oder der Kufaya - herbeigezogenes Modell, in dem "den Juden" das Heimatrecht in Israel abgesprochen werden soll, aber auch das würde ich nicht linken Antisemitismus nennen. Erstens kann Antisemitismus nicht links sein. Links bedeutet, sich an Kategorien wie Klasse, verfolgter Minderheit oder Gender zu orientieren, wer Antisemit ist, begibt sich damit von Vornherein außerhalb der Linken. Abgesehen davon sind PalästinenserInnen sprachlich und ethnisch tatsächlich Semiten, was man von Juden/Jüdinnen nur dann sagen kann, wenn man selber an rassistische Konstrukte glaubt. Ich weiß nicht, wie ich die PFLP-Idologie einordnen soll, ich würde erstmal Schwurbel dazu sagen, aber den Begriff "linken Antisemitismus" halte ich für nicht anwendbar.
- späterer Einschub: Mit der Hamas ist das etwas ganz Anderes, und ich halte es hier durchaus für berechtigt, deren Ideologie als religiösen Faschismus zu bezeichnen, wobei ich auch diese Organisation noch differenziert betrachten möchte Unser Umgang. Aber Hamas wurde im Ursprung gegen die PLO aufgebaut. edit. -
Unser Umgang mit den Parolen war denn auch ein ganz Anderer, und ich halte ihn weiterhin für richtig.
Wir gingen die AutorInnen semantisch an. Wieso steht Israel in Anführungsstrichen, Palästina aber nicht? Entweder, man lehnt Nationalitäten als Konstrukte bürgerlichen Denkens grundsätzlich ab und schreibt sie immer in Anführungszeichen, oder man erkennt Nationalitäten, etwa im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts der Völker, generell an und schreibt sie nie in Anführungszeichen. Hier zweierlei Wertigkeiten von Nationen anzunehmen, bedeutet, selber Nationalist zu sein, und dann ist man nicht links.
"Palästina, das Volk wird dich befreien!" Ah ja, sehr schön! Was ist Palästina? Die Bezeichnung für ein Territorium. Was ist ein Volk? Ein politisch-semantisches Konstrukt, das als Herrschaftsinstrument der Bourgeoisie dient (wahrscheinlich muss man bald sagen: diente). Also: ein bürgerliches Herrschaftsinstrument soll ein Territorium befreien. Von was denn? Etwa vom Kapitalismus? Nein, bzw. das auch, aber zuerst einmal von der Herrschaft der Israelis. Was interessiert uns als Linke, ob Israelis oder PalästinenserInnen das Territorium kontrollieren? Seit wann interessieren uns Flaggen? Was uns interessiert, ist, wie es dort mit der Eigentumsfrage, mit Selbstbestimmung der ArbeiterInnen, mit Frauenrechten, Menschen-und BürgerInnenrechten allgemein aussieht. Gegen das israelische Besatzungsregime, solange dieses Menschen- und BürgerInnenrechte bricht mit den PalästinenserInnen solidarisch sein ist keine Frage - aber ob die Zukunft in einem sozialistischen Israel liegt oder in zwei verschiedenen Staaten bleibt offen, ein palästinensischer Nationalismus, der das Existenzrecht Israels bestreitet ist einerseits mit linken Vorstellungen nicht identisch, andererseits ein Rückfall hinter die historische Erfahrung des Nationalsozialismus, da nicht die Juden/Jüdinnen es sind, die die Existenz eines israelischen Staates als Schutzwehr der Verfolgten nötig gemacht haben.
"Für die sozialistische Einheit in Israel und Palästina", das wäre eine Forderung, die für uns als westliche Linke auf der Tagesordnung stehen müsste.
Gut, das vertraten wir AnhängerInnen des Neuen Antiimperialismus 1988 und trieben damit einen Teil der Pro-PFLP-Antiimps schier zur Verzweiflung. Entlarvend war, dass von denen Einige (ich betone, Einige, nicht die Gruppen in ihrer Gesamtheit) nichts zu sagen hatten, als im gleichen Jahr Saddams Truppen die Bevölkerung von Halabja vergasten. Die brutale Logik des "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" und der Identifikation vermeintlich internationalistischer Linker mit sogenannten Befreiungsnationalismen, in diesem Fall dem arabischen Nationalismus, war wohl übermächtig.
Wenn heute religiös-nationalistischer Hass in dieser Region alles zu überschwemmen droht, ist die scheinbar anachronistische Geste, die Klassenfrage zu stellen, vielleicht die einzige Form der Vernunft, die noch bleibt. Es muss nicht gleich die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln auf der Tagesordnung stehen, sondern zunächst der Kampf gegen das fundamentalistische Patriarchat und für Minderheitenrechte. Und da sehen sich unter Umständen palästinensische und israelische Mächtige wie auch die Marginalisierten in beiden Lagern ähnlicher, als Mancher wahrhaben will.
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