Mittwoch, 22. April 2020
Warum Schweden ein schlechtes Beispiel ist
KritikerInnen des deutschen Lockdown führen Schweden als Beispiel an wie man es besser machen sollte. Das Problematische daran ist aber, dass sich die Situation mit der deutschen nicht vergleichen lässt, aus mehreren Gründen.

1) haben die Schweden eine besondere Mentalität, wo sehr viele Sachen mit Freiwilligkeit, ohne Vorschriften, Verbote und Kontrollen funktionieren. Die schwedische Gesellschaft ist eine Konsensgesellschaft mit einem hohen Maß an Selbstdisziplin. Schon die deutsche Diszipliniertheit hat es in Italien nicht gegeben, erst als echte Ausgangssperren auf die harte Tour durchgesetzt wurden haben die aufgehört, sich zur Begrüssung zu küssen z.B.

2) und ebenso haben Schweden von vornherein ein anderes Verhältnis zu räumlicher Distanz. Umarmen tun sich dort Liebespaare. Die übliche schwedische Begrüßung ist ein Winken mit der Hand und "Hi!" oder "God Dag!", kein Händeschütteln.

3) leben Schweden räumlich weiter verteilt. Selbst die Großstädte sind weniger verdichtet als in Frankreich oder Deutschland (man vergleiche in dieser Hinsicht mal Dortmund mit Stockholm), sie liegen weiter auseinander, der Grad der Verstädterung ist geringer, es gibt Dörfer die Hunderte Kilometer auseinander zum Nachbardorf liegen und Einzelgehöftsiedlungen mit Kilometerabständen zwischen den einzelnen Höfen

und 4) die Sterblichkeitsquote in Schweden ist höher als in Deutschland und wird bewusst in Kauf genommen. Im als politisch besonders korrekt geltenden Schweden herrscht eine erbarmungslose Eugenik-Gesinnung. "Wenn die Hauptrisikogruppen BewohnerInnen von Pflegeheimen, HerzpatientInnen und ähnlich schwer Vorgeschädigte sind, dann ist deren Sterblichkeitsquote eine ganz normale darwinistische Auslese, und in vielen Fällen würden die ja eh in den nächsten paar Jahren sterben, also was solls" wäre eine in Schweden durchaus konsensfähige Haltung.

Dort findet die Triage nicht erst im Krankenhaus sondern schon auf der gesellschaftlichen Makroebene statt.

Bin ziemlich froh dass aufgrund der NS-Vergangenheit so etwas in Deutschland nicht praktizierbar ist.

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Montag, 20. April 2020
Ziviler Ungehorsam der falschen Sorte
Meine Schlange wollte ihre Maus nicht fressen. Da Schlangen- und Mäusehaltung in einem Terrarium aber auch nicht funktioniert holte ich das arme Tierchen heraus um es im benachbarten Park freizusetzen. Es war schon Nacht, etwa 23 Uhr, und ich stellte fest dass ein benachbartes Fitnesscenter hell erleuchtet war. Machen die da illegalerweise zu unwahrscheinlichen Zeiten Training?

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Tor des Monats
ist mal wieder Donald Trump mit seiner Aufforderung an die US-Bürger, den Lockdown-Vorschriften der Gouverneure zu widersprechen und arbeiten und auf die Straße zu gehen. Früher gab es mal in der Titanic die Rubrik "Die 7 peinlichsten Persönlichkeiten." Die hätte der komplett für ein Jahrzehnt verbucht. Während der Weltwirtschaftskrise hatten die USA Franklin Delano Roosevelt, den Architekten des New Deal, den Sieger über Hitler, während der schwersten Krise seither haben sie die peinlichste Schmachgestalt ihrer Geschichte.

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Freitag, 3. April 2020
Die Corona-Krise und die Bürgerrechte
Unter dem Titel "Bleibt wachsam!" befasst sich in der Welt am Sonntag vom 29. 03. Susanne Gaschke mit der Verhältnismäßigkeit der Kontaktsperre und den verfassungsrechtlichen Konsequenzen. Zu diesem Themenkomplex hat sie mit namhaften VerfassungsrechtlerInnen telefoniert.

Christoph Möllers, Professor für Öffentliches Recht an der Berliner Humboldt-Universität äußert sich wie folgt: "Ich habe gar nichts gegen die Maßnahmen der Kontaktreduzierung. Aber das Infektionsschutzgesetz, das jetzt zur Grundlage des politischen Handelns gemacht wird, gibt die weitreichenden Einschränkungen der Freiheitsrechte der Bürger einfach nicht her. Man kann auf dieser Grundlage nicht wochenlang ein ganzes Land zumachen. Auch Richter lesen Zeitung und sind anfällig für Stimmungen. Gegenwärtig kommt es mir so vor, als ob jede politische Debatte vermieden werden soll - Hauptsache, das Ergebnis stimmt."

Auch die Verfassungsrechtlerin Andrea Edenharter warnt vor unverhältnismäßigen Eingriffen, besonders bezogen auf die Situation in Bayern. Der Kieler Verfassungsrechtler Sebastian Graf von Kielmannsegg sagt: "Ich habe den Eindruck, dass da auch Dinge beschlossen wurden, die wir gar nicht mehr für die aktuelle Corona-Krise brauchen, sondern allenfalls für die nächste Epidemie", und der Göttinger Kirchen- und Verfassungsrechtler Hans Michael Heinig warnt davor, "dass sich unser Gemeinwesen von einem demokratischen Rechtsstaat in kürzester Frist in einen faschistoid-hysterischen Hygienestaat" verwandelt.

Der ehemalige Präsident des Bundesverfasungsgerichts, Hans Jürgen Papier, resümmiert: "Notlagenmaßnahmen rechtfertigen nicht die Außerkraftsetzung von Freiheitsrechten zugunsten eines Obrigkeits- und Überwachungsstaates. Ausgangs- und Kontakbeschränkungen sind an sich schon schwerwiegende Grundrechtseingriffe. Sie mögen im Hinblick auf die gegenwärtige Gefährdung von Leib und Leben der Menschen noch verfassungsgemäß sein -aber sie müssen auf jeden Fall aufgehoben oder gelockert werden, sobald die Gefährdungslage es zulässt. Eine totale Ausgangssperre, die weder regional, zeitlich noch personell oder sachlich begrenzt ist würde definitiv das Verhältnismäßigkeitsgebot verletzen."

Der emeritierte Staatsrechtsprofessor Ulrich Battis argumentiert: "Wir sind trotz aller dramatisierenden Rhetorik nicht im Krieg, deshalb sollten Verfassungsänderungen oder Regelungen für Notfallparlamente auf keinen Fall übers Knie gebrochen werden" und kritisiert die Expertenherrschaft einiger weniger Virologen "die haben doch ihre Meinung zur Seuche schon dreimal geändert." Tatsächlich sagte Christian Drosten auf ZEIT Online: "Wenige Entscheidungen der letzten Tage waren rein evidenzbasiert - viele waren vor allem politisch." Und so kommt Battis zu der Schlussfolgerung: "Mit Blick auf unsere gesamte Demokratie müssen wir immer bedenken: Die Medizin darf nicht gefährlicher sein als die Krankheit."

vgl. auch hier:

https://www.welt.de/politik/deutschland/article206964441/Erosion-des-Rechtsstaats-Hans-Juergen-Papier-sieht-Grundrechte-bedroht.html


---- Dies würde ich auch außerhalb der Frage der demokratischen Legitimität der Notstandsmaßnahmen konzidieren. Es wird absurd, wenn aufgrund der Bereithaltung von Notfallbetten für Covid19-PatientInnen lebensnotwendige Herz-OPs und Chemotherapien nicht mehr stattfinden. Ein völliger Downturn der Wirtschaft ist langfristig nicht durchhaltbar, und spätestens dann wenn es aufgrund anhaltenden Lagerkollers und dauerhaft sinkender Einkommen zu einer exzessiven Zunahme häuslicher Gewalt, häufigen Suiziden und Plünderungen von Supermärkten inklusive Schusswaffengebrauch der Polizei kommt stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Maßnahmen ganz neu.

Den aktuellen Status halten wir ganz gut durch. Aber der point of no return könnte relativ bald ins Blickfeld rücken.

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Dienstag, 31. März 2020
Orban schafft sich sein Ermächtigungsgesetz
und die Covid-schockstarre Welt schaut zu.

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Dienstag, 24. März 2020
Der Neoliberalismus ist am Ende oder hat fertich
Ein Resultat der Corona-Krise scheint mir deutlich sichtbar: Der enthemmte globalisierte Turbokapitalismus funktioniert nicht mehr wie bisher. Die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen laufen auf einen Ultrakeynesianismus hinaus, und soziale Fragen werden neu gestellt.


https://www.youtube.com/watch?v=fbe76DlASY8

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Samstag, 7. März 2020
Freiheit für Julian Assange!
„Eine konstruierte Vergewaltigung und manipulierte Beweise in Schweden, Druck von Großbritannien, das Verfahren nicht einzustellen, befangene Richter, Inhaftierung, psychologische Folter – und bald die Auslieferung an die USA mit Aussicht auf 175 Jahre Haft, weil er Kriegsverbrechen aufdeckte.“ So fasst der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, die Situation von Julian Assange zusammen. Es ist höchste Zeit, dieses Unrecht zu beenden! Forderungen an die deutsche Regierung, die britische Regierung, die US-Regierung, die Regierungen aller EU-Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und die Europäische Kommission.

Der Fall Julian Assange stellt die westlichen Gesellschaften vor eine Schicksalsfrage: Führen wir unsere Grundwerte wie Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Pressefreiheit nur dann ins Feld, wenn wir andere Staaten kritisieren, oder nehmen wir sie wirklich ernst und praktizieren sie? Dann müssen wir sie nicht nur in politischen Belehrungen anderer hochhalten, sondern auch in schwierigen und als unbequem empfundenen Situationen anwenden. Sie würden dann nicht nur für diejenigen Personen gelten, die Regierungen unterstützen oder sich im Sinne des Status quo äußern, sondern besonders für diejenigen, die laut Kritik üben, den Finger in die Wunde legen und sich mit den Mächtigen anlegen.

Gerade für diese Menschen müssen Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Pressefreiheit gelten, gerade für diese Menschen sind sie gedacht, denn genau diese Menschen benötigen den Schutz. Versagen wir als Gesellschaft in solchen Fällen den Schutzbedürftigen ihre Rechte und Freiheiten, so sind unsere Werte tatsächlich nichts wert, weil sie genau dann nicht gelten würden, wenn es überhaupt auf sie ankommt. Gefälliger Journalismus benötigt keinen Schutz, Julian Assange hingegen braucht ihn dringend.

„Der Fall ist ein Riesen­skandal und die Bankrott­erklärung der westlichen Rechts­staatlichkeit. Wenn Julian Assange verurteilt wird, dann ist das ein Todes­urteil für die Pressefreiheit.“
Nils Melzer, UN-Sonderberichterstatter für Folter

Forderungen

Wir fordern von der deutschen Regierung, der britischen Regierung, der US-Regierung, den Regierungen aller EU-Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und der Europäische Kommission, ihr Handeln strikt an der Rechtsstaatlichkeit, den Menschenrechten und der Pressefreiheit auszurichten und auch gegenseitig auf deren Einhaltung hinzuwirken. Konkret fordern wir:

Julian Assange muss sofort die nötige psychologische und medizinische Versorgung bekommen.
Die USA müssen die Spionage-Anschuldigungen gegen Julian Assange sofort fallen lassen und in der Folge muss Großbritannien ihn sofort freilassen.
Großbritannien darf Julian Assange keinesfalls an die USA ausliefern, weil ein unfaires Gerichtsverfahren und Folter drohen.
Die Vorgehensweisen der Behörden in Schweden und Großbritannien, die zu diesem unhaltbaren Zustand geführt haben, sind lückenlos und öffentlich aufzuklären.

Wir müssen Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Pressefreiheit gerade in diesem Fall mit Nachdruck die nötige Geltung verschaffen.

Unterzeichnen Sie unsere Forderungen auf der Kampagnenseite des Forums InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF)!

https://www.fiff.de/

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Samstag, 29. Februar 2020
Corona, Italien und die Kontrollen
Ein paar scharfsichtige Beobachtungen zu der Thematik beim Don:

https://rebellmarkt.blogger.de/stories/2754327/

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Donnerstag, 20. Februar 2020
Klimaflüchtlinge
Die Vertreibung des Menschen durch Katastrophen gilt als eine der grössten
humanitären Herausforderungen dieses Jahrhunderts. Die in Genf ansässige
"Platform on Disaster Displacement"befasst sich mit dem Thema Klimaflüchtlinge.

https://www.swissinfo.ch/ger/klima-und-migration_genfer-plattform-hilft-klimafluechtlingen-auf-der-ganzen-welt/45563934?utm_source=multiple&utm_campaign=swi-rss&utm_medium=rss&utm_content=o

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Sonntag, 9. Februar 2020
Mobbing bei VW: Arbeiter stirbt am Band, Meister fordert Kollegen zum Weitermachen auf
1972 führte solches Verhalten bei FIAT dazu, dass die ganze Schicht sich den Meister vornahm und solange zuschlug bis er sich nicht mehr rührte. Anschließend waren 30.000 Leute im Streik.


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