Sonntag, 15. November 2009
Die Hölle im Ärmelkanal
Habe gerade erschütterndes Material gesichtet über das Konzentrationslager "Sylt" auf der Kanalinsel Alderney, in dem französische Juden mit Schanzarbeiten für die Fortführung des Atlantikwalls im Kanal "beschäftigt" waren. Es lief dort keine direkte Vernichtung durch Arbeit, sondern Schwerstarbeit bei Hungerrationen (2 Teller Brühe und 3 Kanten Brot am Tag bei 12 Stunden Bunkerbau unter Peitschenhieben), die Manche überlebten und Manche nicht. Als die Alliierten die Invasion vorbereiteten, nahmen die Nazis an, es ginge um eine Landung auf Alderney und deportierten die Häftlinge nach Auschwitz, wo sie vergast wurden. Einigen Wenigen gelang die Flucht, weil ihnen französische Bahnarbeiter Meißel und eine Säge zugesteckt hatten, mit denen sie ein Loch im Holzboden des Güterwaggons schufen, in den man sie gepfercht hatte und ausstiegen - bei voller Fahrt, wobei Einer die Beine verlor. Ohne diese Überlebenden wüsste man heute wohl wenig über dieses Kapitel. Die SS-Mannschaft auf Alderney sah dann ungläubig zu, wie sich niemand um die Insel kümmerte und der D-Day stattfand. Panoramablick auf Bomberangriffe und Landung. Alderney wurde erst kurz vor Berlin befreit.

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So mal am Rande, im Rahmen meines Bildungsauftrags
und als theoretische Unterfütterung der Diskussionen zu Sarrazin, Heinsohn & Co:

Politisch-ideologische Verortung der wichtigsten deutschen Sozialdarwinisten und Rassenhygieniker

Ernst Haeckel: 1834–1919, deutscher Zoologe, Philosoph und Freidenker Freisinniger, d.h. Linksliberaler, Demokrat, Republikaner, Pazifist, aber Befürworter der Todesstrafe, Wirtschaftsliberaler, Antisozialist, Anhänger eines elitären Menschenbildes, ging von biologisch festmachbaren Bildungseliten aus, Freidenker, Antidialektiker, begründete mit dem Monismus eine eigene Religion ohne Gott.

Heinrich Ernst Ziegler, (1858–1925), deutscher Zoologe: Anhänger des Haeckelschen Monismus, im Gegensatz zu diesem aber weit polemischerer Gegner der Sozialdemokratie, Befürworter der Sozialistengesetze, Sozialimperialist.

Otto Ammon, (1842–1916), deutscher Anthropologe: Freidenker, Antisemit, Sozialaristokrat, d.h. Anhänger der Vorstellung einer biologischen Inferiorität der Arbeiterklasse und einer geistigen Überlegenheit von Adel und Bourgeoisie, Militarist und Monarchist.Anhänger des nordischen Gedankens.

Ludwig Woltmann, 1871-1907, deutscher Anthropologe, Zoologe und Neukantianer: Revisionistischer Sozialdemokrat, Kautsky-Darwinist, Kolonialrassist.

Wilhelm Schallmayer, 1857–1919, deutscher Arzt: Anhänger der Fortschrittlichen Volkspartei, in religiösen Fragen indifferenter Agnostiker, forderte „Rassenkampf statt Klassenkampf“, Kriege und Kolonialkonkurrenz wurden als freier Wettbewerb im liberalen Sinne angesehen. Formulierte die Kerngedanken der Erbhygiene.

Ernst Ploetz, 1860-1940, neben Schallmayer wichtigster deutscher Eugeniker seiner Zeit: Politischer Utopist, forderte einen technokratischen Ärztestaat nach rassehygienischen Grundsätzen, befürwortete die Tötung „unwerten Lebens“, dennoch Demokrat im Sinne der Demokratie als formaler Staatsform, Anhänger des nordischen Gedankens, Thule-Mystiker, kein Gegner von „Rassenmischungen“, kein Antisemit, Befürworter der Judenassimilation.

Eugen Fischer, (1874–1967), deutscher Mediziner, Anthropologe und Rassenhygieniker: Kolonialrassist härtesten Kalibers, Vertreter der Apartheit, setzte Sterilsierungen von Mischlingen durch, Bundesgenosse von Ploetz beim Aufbau nordomanischer Logen und Bünde.

Fritz Lenz, 1887-1976, enger Kollege Fischers: Romantischer Nordomane, Sozialaristokrat, „Euthanasie“-Befürworter, Sterilisationsfanatiker, sehr moderater Antisemit, bezeichnete sich jedoch als den eigentlichen Begründer der NS-Weltanschuung.

Hans Friedrich Karl Günther (1891-1996): Überzeugter Nazi, überhaupt kein Biologe oder Anthropologe, stellte willkürlich phänotypische Rassentypen auf.

So, das als nachtrag an die Debatten bei Hartmut, Momorules, den Bissigen und hier: Man beschäftige sich mal mit diesen Namen und den Querverbindungen untereinander, dann wird schon klar, warum wir es hier weder mit einem "neuen" Rassismus noch mit Nicht-Rassismus zu tun haben, sondern mit wirklich sehr altem Wein.

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