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Donnerstag, 6. Oktober 2011
Lager und Isolation, eine deutsche Tradition
che2001, 01:34h
Flüchtlings-IsolationsLager in Gerstungen
Im Lager Gerstungen ist ein Mann gestorben. Er war wohl krank. Seine
Leiche wurde erst nach 10 Tagen entdeckt wahrscheinlich aus Liberia das
war alles, was bei einem Treffen von the VOICE Aktivistinnen in Jena
durch Telefonate in Erfahrung gebracht werden konnte. Und das ganze ist
wohl schon vor ein paar Wochen passiert, nur zufällig ist die Information
nach Jena gelangt. Ein Schock. If a human dies, it needs to be public.
No one informed us, how can that be. Sofort wird ein Besuch in Gerstungen
geplant, so schnell wie möglich, um zu sehen was in diesem Lager los ist,
wer der Mann war, wie er gestorben ist und wie es sein kann, dass niemand
davon berichtet.
Der Betonbau bröckelt innen und außen, der Zaun begrenzt das deprimierende
Gelände als wir vor dem Eingang stehen springt ein kleiner Junge aus dem
Flur langweilig! schreit er uns an. Ich musste helfen den Leichnam
herunter zu tragen. erzählt ein Mann, der nach unten gekommen ist Der
Afrikaner ist noch nicht lange im Lager gewesen, so ein bis zwei Monate,
er kannte ihn nicht, sieht besorgt aus, scheint darauf zu gewartet zu
haben, dass ihn jemand danach fragt. Die Polizei war hier, aber sie haben
mit uns nicht gesprochen. Er hat gehört wie der Arzt gesagt hat, dass der
Mann wohl schon mehr als eine Woche tot in seinem Zimmer gelegen hat. Nur
wegen dem Gestank, hat jemand bei der Kontrolle das Zimmer aufgemacht.
Dann sind sie rein gegangen mit Mundschutz. Und jetzt versuchen sie uns
davon abzulenken, damit wir nicht nachfragen, und wenn wir fragen ist die
einzige Antwort, wir wissen es nicht. Dazu wurde drei Tage danach ein
Kinderfest veranstaltet, sagt er, das kam ihm seltsam vor, vor drei
Tagen wurde hier noch eine Leiche runter getragen und niemand sagt uns was
genau passiert ist. Er war krank, aber er wurde vom Krankenhaus wieder
zurück gebracht.
Im Zimmer neben dem des Toten.
Wir wohnen ja neben ihm. Er hat die ganze zeit Selbstgespräche geführt.
Er hat den Tag und die Nacht vertauscht. Er ist nachts auf dem Flur hin
und hergelaufen. Wir hatten keinen Kontakt, er war immer nur in seinem
Zimmer. Den Gestank haben sie gerochen, aber das scheint hier nicht
ungewöhnlich zu sein. Es riecht nach Müll auf den Fluren, Wasserlachen auf
dem Küchenboden der Gemeinschaftsküche, die verrosteten Rohre tropfen,
verrußte Decke und Schimmel in den Zimmern. Seit das Landratsamt die
Heimleitung übernommen hat, kommt keine Reinigungskraft mehr regelmäßig.
Nur ein Mann kann uns den Namen des Toten sagen, Michael Kelly hieß der,
aus Liberia, er kannte ihn wie man einen Menschen kennt, der mit
niemandem wirklich redet
He was so sick! When he came back form spain he was sick.
Why did he come from spain, he has a wife and a doughter in spain.
Er sagt, dass er es war, der zu der Heimleitung gegangen ist, um einen
Krankenschein für Michael zu beantragen. Zusammen sind sie dann zu einem
Arzt in Suhl gegangen. Der hat daraufhin angerufen und den Mann sofort ins
Krankenhaus nach Jena geschickt. Nach drei Wochen, ist er allerdings
zurückgebracht worden.
He did not allow anybody to go to his room
One day when he forgot to close the door I could see him his breast only
bones, you could count the bones, and his chest .. (er verzieht das
Gesicht) when he saw me he covered himself quickly.
Alle dachten, dass der Tote nicht mehr im Heim ist
He said, I have to leave this country to go to another.
For one week, I always thought he was no more in the country
I was so shocked.
Auf unsere Frage, ob ein Arzt bei ihm gewesen ist, sagt er, nobody came
to visit him, they gave him some tablettes. They told him, you have to
see the doctor but he refused to go. Er hatte keine psychologische
Betreuung.
I gave him my television and when he told me that he has to leave the
country, I said he should give me back my television again before he goes
and at the day before he was gone I found a paper under my door come and
take it he put the television outside on the floor
And so I thought he was gone.
Das Zimmer ist verschlossen, seine Kleider, seine Sachen sind in blauen
Plastiktüten, von Mitarbeitern der Ausländerbehörde wegtransportiert
worden, das Zimmer sterilisiert. Aber was ist mit dem Rest des Gebäudes,
dem Gemeinschaftsbad, den Toiletten?
Draußen, zwei Frauen mit ihren Kindern, hier ist einer gestorben, sagen
sie, der hat gehustet die ganze Zeit, alles ist schmutzig hier, sie will,
dass ich mitkomme um ihr Zimmer zu filmen, Mein Sohn hustet immer, die
Ärzte sagen das ist Astma, sie zeigt mir den ärtzlichen Bescheid darin
steht die dringende Empfehlung für subkultane Hyposensibilisierung mit
Milbenlösung, was normalerweise nur bei sehr gefährlichen
Asthmaerkrankungen verordnet wird. Die Mutter zeigt mir verzweifelt wo sie
und ihre Kinder schlafen, Schimmel, bröckelnder Putz und alte Mauern
staubige Betten ich habe Angst, dass mein Sohn erstickt, sagt sie.
Sie will, dass ich das Bad filme, als ich die Tür öffne mache ich schnell
die Kamera aus, eine Frau duscht hinter einem durchsichtigen Vorhang. In
keinem der Stockwerke kann man die Duschen abschließen.
Mein Sohn ist in Deutschland geboren und hat überall Ausschlag Allergie,
sagt die andere Frau, das Kind auf ihrem arm ist übersät mit kleinen,
roten Flecken im Gesicht.
Eine andere Frau bekommt im Monat 40 euro dafür dass sie die Toiletten und
die Duschen putzt und den Müll runter bringt, aber wenn ich das nicht
mache, habe ich gar nichts, sagt sie
Als wir die Leute zu der Demonstration am 22. Oktober einladen, um gegen
genau das alles zu demonstrieren erzählen sie, dass es schwierig ist zum
Bahnhof zu gehen, vor ein paar Tagen wurde ein Junge von Nazis verprügelt,
nein, er hat das nicht angezeigt. Wir geben eine Nummer weiter, die er
anrufen kann um sich beraten zu lassen. Die Angst hat hier um sich
gegriffen, die Rechtlosigkeit und die Depression.
Beim Abschied Augen, die nach einem Ausweg aus der Angst, dem Leben, das
seit fünf, acht, fünfzehn Jahren wartet, schläft, in alten staubigen
Betten Lebensmittel von Penny aufwärmt in einer stinkenden Küche
jeden Morgen kontrolliert wird ob es auch anwesend ist, hinter dem Zaun
geblieben, nur sterben kann man hier unbemerkt, bis die Leiche anfängt zu
stinken, oder unbemerkt bleiben heißt sterben .Was bleibt ist die
unbedingte Forderung diese Verwahrlosung nicht mehr zu akzeptieren.
Protokoll
Vor ca. 2 Wochen wurde in Gerstungen ein Afrikaner (wahrscheinlich
Liberia) tot aufgefunden. Erst nach 10 Tagen wurde seine Leiche gefunden.
Der Verwesungsgeruch veranlasste eine Frau, die für die Registrierung und
Anwesenheitskontrolle der Flüchtlinge verantwortlich war, die Tür zu
seinem Zimmer mit dem für alle Sozialarbeiter zugänglichen
Generalschlüssel zu öffnen.
Michael Kelley
Ein Freund, Bewohner des Lagers, erklärte uns, dass er erst nach zehn
Tagen gefunden wurde. Vorgeschichte: Vor ein paar Wochen wechselte der
Betreiber des Heims. Nun ist das Landratsamt (Wartburgkreis) zuständiger
Betreiber. Mit diesem Wechsel kamen auch neue Sozialarbeiter. Das neue
Regime führte unter anderem ein, dass am Wochenende keine Putzfrau mehr
kommt um die sanitären Anlagen instand zu halten. Dazu an anderer Stelle
mehr. Ebenfalls neu ist, dass nun regelmäßig Kontrollen durchgeführt
werden. Beinahe jeden Tag (da gibt es von den Heimbewohnern
unterschiedliche Angaben) wird früh am morgen an die Tür geklopft und
kontrolliert, ob man auch wirklich da ist. Ein Heimbewohner äußerte, dass
es bei zu häufigem Fehlen keine Gutscheine mehr gibt, beziehungsweise,
nur Gutscheine mit einem geringeren Warenwert. Trotz dieser Neuerung ist
aber zehn Tage lang niemandem aufgefallen, dass jemand tot, verwesend in
seinem Zimmer liegt. Unser Freund und weitere der Heimbewohner halfen
dabei den in einer Schutzhülle verpackten Leichnam in den Krankenwagen zu
transportieren. Noch mal: Sie haben ihn aus dem zweiten Stock bis hinunter
in den Krankenwagen getragen. Ärzte und Sozialarbeiter rannten nur mit
Mundschutz rum, stellten fest, da ist jemand gestorben, ein Heimbewohner,
und sie ließen dann die im Heim lebenden Flüchtlinge einen Leichnam, einen
Toten, den sie kannten, aus einem nach Verwesung riechendem Raum hinaus,
durch das Heim, über die Flure, bis hinunter in den Krankenwagen
schleppen. Unser Freund erklärte uns, dass er nicht wisse, was mit dem
Leichnam passieren würde. Er vermutet, dass man ihn wohl verbrennen wird.
Eine Familienmutter erzählte uns, dass Michael direkt neben ihnen gewohnt
hätte und sie den Geruch sehr früh bemerkt hätten. Außerdem berichteten
sie, dass er chronisch krank gewesen sei. Er hätte immerzu gehustet. Zudem
war er wohl psychisch angegriffen. Er soll einen verkehrten Tagesrhythmus
gehabt haben, Selbstgespräche führend in den Fluren auf und ab gegangen
sein, kaum jemals mit jemandem anderen als einem anderen aus Afrika
stammenden Flüchtling gesprochen haben und völlig krank und abgemagert
gewesen sein. Sie hätte, wie eigentlich alle im Lager, gedacht, dass er
zurück ins Krankenhaus geschafft worden wäre. Im Gespräch erfuhren wir,
dass Michael wohl wirklich sehr krank gewesen sei. Er habe permanent
gehustet. Einmal sei sein Freund (nach dem Krankenhausaufenthalt) in
Michaels Zimmer gekommen, hat ihn überrascht. Michael lag röchelnd in
seinem Bett, den Oberkörper wohl etwas durchgebogen. Man hatte, so
erzählte der Freund, jede Rippe sehen können: You could have counted
every bone! Michael sei augenblicklich zusammengeschreckt und habe sich
die Bettdecke bis unters Kinn gezogen. Jener Freund war es auch, der
einige Wochen zuvor veranlasste, dass Michael in ein Krankenhaus gebracht
wurde. Michael kam zunächst nach Suhl, von wo aus man ihn nach Jena
verlegte, wo er drei/ vier Wochen lang behandelt wurde. Nach seiner
Entlassung wurde er, nach Aussage des Freundes allerdings nicht mehr
ärztlich betreut. Er hatte Tabletten bekommen, mehr nicht. Die (neuen, von
den meisten Bewohnern gering geschätzten) Sozialarbeiter hätten ihn zwar
einige Male darauf hingewiesen, dass er nach Suhl gehen solle um sich
untersuchen zu lassen. Jedoch taten sie das offensichtlich nicht mit dem
dringend notwendig gewesenen Nachdruck. Insgesamt sei es Michael nach dem
Krankenhausaufenthalt besser gegangen, allerdings war er nach Meinung von
seinem Freund bei weitem nicht gesund.
Besonders überraschend war, dass dieser sagte, Michael habe einen
spanischen Pass gehabt, da er dort eine Familie hatte. Frau und Kind.
Mehrmals habe er nachgefragt, wieso Michael hier in einem Heim lebte, wo
er als Inhaber eines spanischen Passes bedeutend besser hätte wohnen und
leben können. Dieser sei ihm jedoch ausgewichen. Auch die gesundheitliche
Versorgung wäre vermutlich besser ausgefallen hätte Michael angegeben,
diesen Pass zu haben. Man kann dann nur vermuten, ob das strenge Schweigen
der Behörden zu diesem Fall irgendetwas damit zu tun hat, dass Michael
EU-Bürger war. Es gilt unbedingt herauszufinden welche Krankheiten (auch
psychisch) Michael hatte, welche Umstände ihn zu der Rückkehr nach
Deutschland veranlasst haben. Ebenfalls interessant war, dass Michaels
Freund erzählt hat, dass Michael Deutschland habe verlassen wollen. Er
hätte ihm einen Zettel hinterlassen, indem er darauf hinwies, dass er
seinen Fernseher und die Sattelitenschüssel vor das Zimmer stellen würde,
bevor er geht. Der Freund könne sich seine Sachen dann abholen. Das tat er
auch und nun macht er sich Vorwürfe, weil er ernsthaft angenommen hat,
dass Michael fort gegangen sei. Aus diesem Grund habe er auch nicht
bemerkt, dass er tot in seinem Bett, in seinem Zimmer liegt. Eine
Vermutung kann man ob dieser Umstände nicht vollständig ausschließen:
Suizid.
Insgesamt schienen die Bewohner des Heimes ziemlich schockiert und
traumatisiert zu sein. In viel stärkerem Ausmaß als in den bisher (von
mir) besuchten anderen Lagern hatte man hier den Eindruck, dass die
Flüchtlinge eingeschüchtert oder in sich gedrängt waren. Die Repression,
die Zustände, das strenge Regime der Zuständigen und die immerwährende
Angst vor Ausweisung und Abschiebung, die krasse Umgebung, die
Eintönigkeit und Isolation verschließen die Flüchtlinge generell, hier in
Gerstungen allerdings nach meinem Gefühl, noch stärker. Alle hatten einen
beinahe flüchtigen Blick, waren schüchtern, verhalten und viel zu
zurückhaltend.
03.10.2011
Break Isolation Netzwerk
The VOICE Refugee Forum Jena - Info Zum Flüchtlings-IsolationsLager in
Gerstungen http://thevoiceforum.org/search/node/gerstungen
Im Lager Gerstungen ist ein Mann gestorben. Er war wohl krank. Seine
Leiche wurde erst nach 10 Tagen entdeckt wahrscheinlich aus Liberia das
war alles, was bei einem Treffen von the VOICE Aktivistinnen in Jena
durch Telefonate in Erfahrung gebracht werden konnte. Und das ganze ist
wohl schon vor ein paar Wochen passiert, nur zufällig ist die Information
nach Jena gelangt. Ein Schock. If a human dies, it needs to be public.
No one informed us, how can that be. Sofort wird ein Besuch in Gerstungen
geplant, so schnell wie möglich, um zu sehen was in diesem Lager los ist,
wer der Mann war, wie er gestorben ist und wie es sein kann, dass niemand
davon berichtet.
Der Betonbau bröckelt innen und außen, der Zaun begrenzt das deprimierende
Gelände als wir vor dem Eingang stehen springt ein kleiner Junge aus dem
Flur langweilig! schreit er uns an. Ich musste helfen den Leichnam
herunter zu tragen. erzählt ein Mann, der nach unten gekommen ist Der
Afrikaner ist noch nicht lange im Lager gewesen, so ein bis zwei Monate,
er kannte ihn nicht, sieht besorgt aus, scheint darauf zu gewartet zu
haben, dass ihn jemand danach fragt. Die Polizei war hier, aber sie haben
mit uns nicht gesprochen. Er hat gehört wie der Arzt gesagt hat, dass der
Mann wohl schon mehr als eine Woche tot in seinem Zimmer gelegen hat. Nur
wegen dem Gestank, hat jemand bei der Kontrolle das Zimmer aufgemacht.
Dann sind sie rein gegangen mit Mundschutz. Und jetzt versuchen sie uns
davon abzulenken, damit wir nicht nachfragen, und wenn wir fragen ist die
einzige Antwort, wir wissen es nicht. Dazu wurde drei Tage danach ein
Kinderfest veranstaltet, sagt er, das kam ihm seltsam vor, vor drei
Tagen wurde hier noch eine Leiche runter getragen und niemand sagt uns was
genau passiert ist. Er war krank, aber er wurde vom Krankenhaus wieder
zurück gebracht.
Im Zimmer neben dem des Toten.
Wir wohnen ja neben ihm. Er hat die ganze zeit Selbstgespräche geführt.
Er hat den Tag und die Nacht vertauscht. Er ist nachts auf dem Flur hin
und hergelaufen. Wir hatten keinen Kontakt, er war immer nur in seinem
Zimmer. Den Gestank haben sie gerochen, aber das scheint hier nicht
ungewöhnlich zu sein. Es riecht nach Müll auf den Fluren, Wasserlachen auf
dem Küchenboden der Gemeinschaftsküche, die verrosteten Rohre tropfen,
verrußte Decke und Schimmel in den Zimmern. Seit das Landratsamt die
Heimleitung übernommen hat, kommt keine Reinigungskraft mehr regelmäßig.
Nur ein Mann kann uns den Namen des Toten sagen, Michael Kelly hieß der,
aus Liberia, er kannte ihn wie man einen Menschen kennt, der mit
niemandem wirklich redet
He was so sick! When he came back form spain he was sick.
Why did he come from spain, he has a wife and a doughter in spain.
Er sagt, dass er es war, der zu der Heimleitung gegangen ist, um einen
Krankenschein für Michael zu beantragen. Zusammen sind sie dann zu einem
Arzt in Suhl gegangen. Der hat daraufhin angerufen und den Mann sofort ins
Krankenhaus nach Jena geschickt. Nach drei Wochen, ist er allerdings
zurückgebracht worden.
He did not allow anybody to go to his room
One day when he forgot to close the door I could see him his breast only
bones, you could count the bones, and his chest .. (er verzieht das
Gesicht) when he saw me he covered himself quickly.
Alle dachten, dass der Tote nicht mehr im Heim ist
He said, I have to leave this country to go to another.
For one week, I always thought he was no more in the country
I was so shocked.
Auf unsere Frage, ob ein Arzt bei ihm gewesen ist, sagt er, nobody came
to visit him, they gave him some tablettes. They told him, you have to
see the doctor but he refused to go. Er hatte keine psychologische
Betreuung.
I gave him my television and when he told me that he has to leave the
country, I said he should give me back my television again before he goes
and at the day before he was gone I found a paper under my door come and
take it he put the television outside on the floor
And so I thought he was gone.
Das Zimmer ist verschlossen, seine Kleider, seine Sachen sind in blauen
Plastiktüten, von Mitarbeitern der Ausländerbehörde wegtransportiert
worden, das Zimmer sterilisiert. Aber was ist mit dem Rest des Gebäudes,
dem Gemeinschaftsbad, den Toiletten?
Draußen, zwei Frauen mit ihren Kindern, hier ist einer gestorben, sagen
sie, der hat gehustet die ganze Zeit, alles ist schmutzig hier, sie will,
dass ich mitkomme um ihr Zimmer zu filmen, Mein Sohn hustet immer, die
Ärzte sagen das ist Astma, sie zeigt mir den ärtzlichen Bescheid darin
steht die dringende Empfehlung für subkultane Hyposensibilisierung mit
Milbenlösung, was normalerweise nur bei sehr gefährlichen
Asthmaerkrankungen verordnet wird. Die Mutter zeigt mir verzweifelt wo sie
und ihre Kinder schlafen, Schimmel, bröckelnder Putz und alte Mauern
staubige Betten ich habe Angst, dass mein Sohn erstickt, sagt sie.
Sie will, dass ich das Bad filme, als ich die Tür öffne mache ich schnell
die Kamera aus, eine Frau duscht hinter einem durchsichtigen Vorhang. In
keinem der Stockwerke kann man die Duschen abschließen.
Mein Sohn ist in Deutschland geboren und hat überall Ausschlag Allergie,
sagt die andere Frau, das Kind auf ihrem arm ist übersät mit kleinen,
roten Flecken im Gesicht.
Eine andere Frau bekommt im Monat 40 euro dafür dass sie die Toiletten und
die Duschen putzt und den Müll runter bringt, aber wenn ich das nicht
mache, habe ich gar nichts, sagt sie
Als wir die Leute zu der Demonstration am 22. Oktober einladen, um gegen
genau das alles zu demonstrieren erzählen sie, dass es schwierig ist zum
Bahnhof zu gehen, vor ein paar Tagen wurde ein Junge von Nazis verprügelt,
nein, er hat das nicht angezeigt. Wir geben eine Nummer weiter, die er
anrufen kann um sich beraten zu lassen. Die Angst hat hier um sich
gegriffen, die Rechtlosigkeit und die Depression.
Beim Abschied Augen, die nach einem Ausweg aus der Angst, dem Leben, das
seit fünf, acht, fünfzehn Jahren wartet, schläft, in alten staubigen
Betten Lebensmittel von Penny aufwärmt in einer stinkenden Küche
jeden Morgen kontrolliert wird ob es auch anwesend ist, hinter dem Zaun
geblieben, nur sterben kann man hier unbemerkt, bis die Leiche anfängt zu
stinken, oder unbemerkt bleiben heißt sterben .Was bleibt ist die
unbedingte Forderung diese Verwahrlosung nicht mehr zu akzeptieren.
Protokoll
Vor ca. 2 Wochen wurde in Gerstungen ein Afrikaner (wahrscheinlich
Liberia) tot aufgefunden. Erst nach 10 Tagen wurde seine Leiche gefunden.
Der Verwesungsgeruch veranlasste eine Frau, die für die Registrierung und
Anwesenheitskontrolle der Flüchtlinge verantwortlich war, die Tür zu
seinem Zimmer mit dem für alle Sozialarbeiter zugänglichen
Generalschlüssel zu öffnen.
Michael Kelley
Ein Freund, Bewohner des Lagers, erklärte uns, dass er erst nach zehn
Tagen gefunden wurde. Vorgeschichte: Vor ein paar Wochen wechselte der
Betreiber des Heims. Nun ist das Landratsamt (Wartburgkreis) zuständiger
Betreiber. Mit diesem Wechsel kamen auch neue Sozialarbeiter. Das neue
Regime führte unter anderem ein, dass am Wochenende keine Putzfrau mehr
kommt um die sanitären Anlagen instand zu halten. Dazu an anderer Stelle
mehr. Ebenfalls neu ist, dass nun regelmäßig Kontrollen durchgeführt
werden. Beinahe jeden Tag (da gibt es von den Heimbewohnern
unterschiedliche Angaben) wird früh am morgen an die Tür geklopft und
kontrolliert, ob man auch wirklich da ist. Ein Heimbewohner äußerte, dass
es bei zu häufigem Fehlen keine Gutscheine mehr gibt, beziehungsweise,
nur Gutscheine mit einem geringeren Warenwert. Trotz dieser Neuerung ist
aber zehn Tage lang niemandem aufgefallen, dass jemand tot, verwesend in
seinem Zimmer liegt. Unser Freund und weitere der Heimbewohner halfen
dabei den in einer Schutzhülle verpackten Leichnam in den Krankenwagen zu
transportieren. Noch mal: Sie haben ihn aus dem zweiten Stock bis hinunter
in den Krankenwagen getragen. Ärzte und Sozialarbeiter rannten nur mit
Mundschutz rum, stellten fest, da ist jemand gestorben, ein Heimbewohner,
und sie ließen dann die im Heim lebenden Flüchtlinge einen Leichnam, einen
Toten, den sie kannten, aus einem nach Verwesung riechendem Raum hinaus,
durch das Heim, über die Flure, bis hinunter in den Krankenwagen
schleppen. Unser Freund erklärte uns, dass er nicht wisse, was mit dem
Leichnam passieren würde. Er vermutet, dass man ihn wohl verbrennen wird.
Eine Familienmutter erzählte uns, dass Michael direkt neben ihnen gewohnt
hätte und sie den Geruch sehr früh bemerkt hätten. Außerdem berichteten
sie, dass er chronisch krank gewesen sei. Er hätte immerzu gehustet. Zudem
war er wohl psychisch angegriffen. Er soll einen verkehrten Tagesrhythmus
gehabt haben, Selbstgespräche führend in den Fluren auf und ab gegangen
sein, kaum jemals mit jemandem anderen als einem anderen aus Afrika
stammenden Flüchtling gesprochen haben und völlig krank und abgemagert
gewesen sein. Sie hätte, wie eigentlich alle im Lager, gedacht, dass er
zurück ins Krankenhaus geschafft worden wäre. Im Gespräch erfuhren wir,
dass Michael wohl wirklich sehr krank gewesen sei. Er habe permanent
gehustet. Einmal sei sein Freund (nach dem Krankenhausaufenthalt) in
Michaels Zimmer gekommen, hat ihn überrascht. Michael lag röchelnd in
seinem Bett, den Oberkörper wohl etwas durchgebogen. Man hatte, so
erzählte der Freund, jede Rippe sehen können: You could have counted
every bone! Michael sei augenblicklich zusammengeschreckt und habe sich
die Bettdecke bis unters Kinn gezogen. Jener Freund war es auch, der
einige Wochen zuvor veranlasste, dass Michael in ein Krankenhaus gebracht
wurde. Michael kam zunächst nach Suhl, von wo aus man ihn nach Jena
verlegte, wo er drei/ vier Wochen lang behandelt wurde. Nach seiner
Entlassung wurde er, nach Aussage des Freundes allerdings nicht mehr
ärztlich betreut. Er hatte Tabletten bekommen, mehr nicht. Die (neuen, von
den meisten Bewohnern gering geschätzten) Sozialarbeiter hätten ihn zwar
einige Male darauf hingewiesen, dass er nach Suhl gehen solle um sich
untersuchen zu lassen. Jedoch taten sie das offensichtlich nicht mit dem
dringend notwendig gewesenen Nachdruck. Insgesamt sei es Michael nach dem
Krankenhausaufenthalt besser gegangen, allerdings war er nach Meinung von
seinem Freund bei weitem nicht gesund.
Besonders überraschend war, dass dieser sagte, Michael habe einen
spanischen Pass gehabt, da er dort eine Familie hatte. Frau und Kind.
Mehrmals habe er nachgefragt, wieso Michael hier in einem Heim lebte, wo
er als Inhaber eines spanischen Passes bedeutend besser hätte wohnen und
leben können. Dieser sei ihm jedoch ausgewichen. Auch die gesundheitliche
Versorgung wäre vermutlich besser ausgefallen hätte Michael angegeben,
diesen Pass zu haben. Man kann dann nur vermuten, ob das strenge Schweigen
der Behörden zu diesem Fall irgendetwas damit zu tun hat, dass Michael
EU-Bürger war. Es gilt unbedingt herauszufinden welche Krankheiten (auch
psychisch) Michael hatte, welche Umstände ihn zu der Rückkehr nach
Deutschland veranlasst haben. Ebenfalls interessant war, dass Michaels
Freund erzählt hat, dass Michael Deutschland habe verlassen wollen. Er
hätte ihm einen Zettel hinterlassen, indem er darauf hinwies, dass er
seinen Fernseher und die Sattelitenschüssel vor das Zimmer stellen würde,
bevor er geht. Der Freund könne sich seine Sachen dann abholen. Das tat er
auch und nun macht er sich Vorwürfe, weil er ernsthaft angenommen hat,
dass Michael fort gegangen sei. Aus diesem Grund habe er auch nicht
bemerkt, dass er tot in seinem Bett, in seinem Zimmer liegt. Eine
Vermutung kann man ob dieser Umstände nicht vollständig ausschließen:
Suizid.
Insgesamt schienen die Bewohner des Heimes ziemlich schockiert und
traumatisiert zu sein. In viel stärkerem Ausmaß als in den bisher (von
mir) besuchten anderen Lagern hatte man hier den Eindruck, dass die
Flüchtlinge eingeschüchtert oder in sich gedrängt waren. Die Repression,
die Zustände, das strenge Regime der Zuständigen und die immerwährende
Angst vor Ausweisung und Abschiebung, die krasse Umgebung, die
Eintönigkeit und Isolation verschließen die Flüchtlinge generell, hier in
Gerstungen allerdings nach meinem Gefühl, noch stärker. Alle hatten einen
beinahe flüchtigen Blick, waren schüchtern, verhalten und viel zu
zurückhaltend.
03.10.2011
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Gerstungen http://thevoiceforum.org/search/node/gerstungen
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