Samstag, 29. Oktober 2011
Nur ein paar Cent Unterschied
James wollte nach Ghana fliegen, seine Familie besuchen und zu diesem Zweck Geld eintauschen, hatte zu dem Zweck einen Termin bei der Sparkasse gemacht, da die Währung seines Landes so schnell und einfach nicht zu beschaffen ist. Als er nun zur Sparkasse hinkam empfing ihn dort eine Sparkassenmitarbeiterin, die sagte, sein Geld sei schon da, Francs der Zentralafrikanischen Republik. Da sagte er, nein, das ist ein Irrtum, in Ghana gelte der Cedi.


Die Sparkassentante erwiderte, er sei doch aber schon vor ein paar Tagen dagewesen und habe das Geld bestellt. "Nein", erwiderte James, ich habe den Termin telefonisch gemacht." "Dann war das ihr Freund. Macht aber auch gar nichts, zwischen allen diesen Ländern sind das ja nur ein paar Cent Unterschied."


Aua. Da war irgendein Schwarzer in der Bank gewesen, der mit James überhaupt nichts zu tun hatte. Der Halbsatz "zwischen allen diesen Ländern sind das ja nur ein paar Cent Unterschied." kam James wie die völlige Entwertung seiner Identität vor. Frau Sparkasse wird der Auffassung sein, dass sie es nur gut gemeint habe, jaja.

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120 Tage von Sodom oder Du hast ja Filme am Laufen
Zu meinen liebsten Beschäftigungen gehört es, mit anderen Leuten zusammen anspruchsvolle Filme zu sehen und anschließend über diese zu diskutieren. Bei keinem waren die Gespräche so kontrovers und vielschichtig wie bei Pier Paolo Pasolinis "Saló" aka "Die 120 Tage von Sodom".

http://de.wikipedia.org/wiki/Die_120_Tage_von_Sodom_(Film)

Um es vorweg zu nehmen: Ich halte diese Film für ein Meisterwerk. Nicht nur als Umsetzung des Buchs von de Sade, sondern als Parabel auf den Faschismus, dessen Stützen der Gesellschaft in Form der Viererbande verkörpert sind, mit je Tätergruppe un terschiedlichen Vorlieben und Gewohnheiten (z.B. hält sich der Monsignore beim Vergewaltigen und Foltern eher zurück und übernimmt die Rolle des Voyeurs, ist aber trotzdem eine der treibenmden Kräfte, was sowohl der Rolle der katholischen Kirche im Faschismus als auch der der Priester bei der Inquistion entspricht.


Es gibt Leute, die mein Interesse an diesem Film teilen, teilweise zu Symbolik und Hintergründen der Charaktere viel mehr wussten als ich und mir mit ihrem Wissen und ihrer Beobachtungsgabe sehr auf die Sprünge halfen, andere schreckte die exzessive Gewalt und Dinge wie Scheiße fressen einfach nur ab.


Gar nicht diskutieren konnte man diesen Film mit dem Großteil meines engeren Szeneumfelds. In meiner letzten WG dachte ein Wohngenosse und damals enger Freund, es handele sich schlicht um einen Hardcoreporno, wobei er auch noch die 120 Tage und Fellinis Stadt der Frauen für ein und densdelben Film hielt. Als ich ihm Inhalte und Unterschiede erklärte war er entsetzt. Entsetzt darüber, dass ich diese beiden Filme gesehen hatte, denn für ihn war eisenhart klar, dass ein Linker sich so etwas nicht ansieht. Die Antipornohaltung mancher GenossInnen war analog der Einstellung, die ein Mensch des 14. Jahrhunderts zum Teufel gehabt hätte. Noch nicht einmal Brian de Palmas "Der Tod kommt zweimal" war in Szenekreisen sehbar, da nach Auffassung einiger Leute bereits die ersten 5 Minuten so voller Sexismus starrten, dass lautstark "abschalten!" verlangt wurde.


Völlig anders reagierten ein paar aus Indien stammende Kumpel auf die 120 Tage von Sodom: Die fanden ihn gut, nahmen ihn aber als gutgemachte Mischung aus Porno und Splatterfilm wahr. Dies waren neben den für sie im Mittelpunkt und Vordergrund stehenden Bollywood-Produktionen die Filmsorten, die sie am Meisten konsumierten, und die gesamte europäische Geschichte war ihnen völlig unbekannt, sie konnten auch mit dem Namen Mussolini nichts anfangen (Hand aufs Herz: wer weiß schon, was Jainas sind oder was die Yogacaras war?). Tja, es gehört halt ein bestimmter kultureller Kontext dazu, innerhalb dessen man einen Film schaut.

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Weg mit Gutscheinen und Fresspaketen! Korrekt Bargeld für alle Flüchtlinge!
Mehr und mehr stellen andere Bundesländer (wieder) auf eine Auszahlung
von Hilfe zum Lebensunterhalt in Form von Bargeld um: Rund 70% der
Flüchtlinge in Deutschland erhalten mittlerweile Barleistungen, 15%
bekommen Gutscheine, 15% Sachleistungen.

Allein diese Zahlen verdeutlichen, wie absurd die Argumentation des nds.
MI ist, die Auszahlung von Bargeld an Asylsuchende und Geduldete nach
AsylbLG sei "rechtswidrig". Auch weiterhin hält das Land Niedersachsen
freilich nicht nur starrsinnig an seiner Rechtsauffassung fest, sondern
verpflichtet auch die Landkreise und kreisfreien Städte zur Ausgabe von
Gutscheinen.

Wir hatten es zumindest in einzelnen Kommunen schon mal hinbekommen, die Gutscheinregelung durch massenweisen Umtausch gegen Bargeld und öffentlich inszenierte Großeinkäufe von Deutschen mit Gutscheinen und zeitgleichem Storno an sämtlichen Kassen mehrerer Supermärkte gleichzeitig zu kippen. Nun denn, auf einen solidarisch bewegten Herbst!

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