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Samstag, 19. Oktober 2013
Abschiebungshaft möglicherweise bald Geschichte - ein richtungsweisendes Urteil
che2001, 21:02h
Die Abschiebungshaft in Bayern in ihrer derzeitigen Form steht vor dem
Aus. Das Landgericht München II hat am Mittwoch einen eritreischen
Flüchtling mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die Europarechtswidrigkeit
der Haftbedingungen aus der JVA München-Stadelheim entlassen. Die
Entscheidung dürfte Ausstrahlungswirkung auch für etliche weitere
Bundesländer haben.
Das Landgericht orientiert sich am Vorlageverfahren des BGH zum
Europäischen Gerichtshof vom Sommer diesen Jahres (V ZB 40/11). Es sei
überwiegend wahrscheinlich, dass dieser einen Verstoß gegen die
EU-Rückführungsrichtlinie feststellen werde. Der BGH hatte in seiner
Vorlage erhebliche Zweifel daran geäußert, dass es mit der Richtlinie
vereinbar sei, in einem Bundesland Haft in gewöhnlichen Gefängnissen zu
vollziehen, wenn anderswo im Bundesgebiet spezialisierte Hafteinrichtungen
mit günstigeren Vollzugsbedingungen zur Verfügung stünden. Diese Frage
hatte die EU-Kommission bereits 2011 in einer Stellungnahme an den
Jesuiten-Flüchtlingsdienst Europa verneint.
Das Landgericht stellt klar fest: "Die konkrete Ausgestaltung der Haft ist
mit der Frage von deren Rechtmäßigkeit nach den europarechtlichen Vorgaben
untrennbar verbunden." Es sei offensichtlich möglich, den Betroffenen in
anderen Bundesländern in einer mit dem Europarecht vereinbaren Weise
unterzubringen. Unter diesen Umständen, "insbesondere auch angesichts
einer bereits seit nunmehr bald 3 Jahren abgelaufenen Umsetzungsfrist"
halte "die Kammer es nicht für vertretbar, einen mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit richtlinienwidrigen Zustand aufrechtzuerhalten".
In dem aktuellen Verfahren aus München hatte die Bundespolizei versucht,
den Betroffenen in die Abschiebungshafteinrichtung Ingelheim in
Rheinland-Pfalz verlegen zu lassen. Dies war daran gescheitert, dass das
Bayerische Staatsministerium des Innern die erforderliche
Kostenübernahmezusage verweigerte.
Angesichts der Entscheidung, die eine spätestens seit 2010 rechtswidrige,
aber immer noch bundesweit verbreitete Haftform brandmarkt, fordert der
Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland die Bundesländer erneut dazu auf,
die Abschiebungshaft in Justizvollzugsanstalten umgehend zu beenden und
alternative Unterbringungsformen zu entwickeln, die ohne
Freiheitsentziehung auskommen. Dies wäre insbesondere für Asylsuchende in
Dublin-Verfahren wichtig, die seit geraumer Zeit die überwiegende Mehrheit
der Inhaftierten stellen. Auch eine Zentralisierung der Abschiebungshaft
an wenigen Standorten in Deutschland kann keine dauerhafte Lösung sein, da
dies für viele Betroffene die Trennung von Angehörigen, sozialem Umfeld
und Rechtsbeiständen bedeuten würde.
Aus. Das Landgericht München II hat am Mittwoch einen eritreischen
Flüchtling mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die Europarechtswidrigkeit
der Haftbedingungen aus der JVA München-Stadelheim entlassen. Die
Entscheidung dürfte Ausstrahlungswirkung auch für etliche weitere
Bundesländer haben.
Das Landgericht orientiert sich am Vorlageverfahren des BGH zum
Europäischen Gerichtshof vom Sommer diesen Jahres (V ZB 40/11). Es sei
überwiegend wahrscheinlich, dass dieser einen Verstoß gegen die
EU-Rückführungsrichtlinie feststellen werde. Der BGH hatte in seiner
Vorlage erhebliche Zweifel daran geäußert, dass es mit der Richtlinie
vereinbar sei, in einem Bundesland Haft in gewöhnlichen Gefängnissen zu
vollziehen, wenn anderswo im Bundesgebiet spezialisierte Hafteinrichtungen
mit günstigeren Vollzugsbedingungen zur Verfügung stünden. Diese Frage
hatte die EU-Kommission bereits 2011 in einer Stellungnahme an den
Jesuiten-Flüchtlingsdienst Europa verneint.
Das Landgericht stellt klar fest: "Die konkrete Ausgestaltung der Haft ist
mit der Frage von deren Rechtmäßigkeit nach den europarechtlichen Vorgaben
untrennbar verbunden." Es sei offensichtlich möglich, den Betroffenen in
anderen Bundesländern in einer mit dem Europarecht vereinbaren Weise
unterzubringen. Unter diesen Umständen, "insbesondere auch angesichts
einer bereits seit nunmehr bald 3 Jahren abgelaufenen Umsetzungsfrist"
halte "die Kammer es nicht für vertretbar, einen mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit richtlinienwidrigen Zustand aufrechtzuerhalten".
In dem aktuellen Verfahren aus München hatte die Bundespolizei versucht,
den Betroffenen in die Abschiebungshafteinrichtung Ingelheim in
Rheinland-Pfalz verlegen zu lassen. Dies war daran gescheitert, dass das
Bayerische Staatsministerium des Innern die erforderliche
Kostenübernahmezusage verweigerte.
Angesichts der Entscheidung, die eine spätestens seit 2010 rechtswidrige,
aber immer noch bundesweit verbreitete Haftform brandmarkt, fordert der
Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland die Bundesländer erneut dazu auf,
die Abschiebungshaft in Justizvollzugsanstalten umgehend zu beenden und
alternative Unterbringungsformen zu entwickeln, die ohne
Freiheitsentziehung auskommen. Dies wäre insbesondere für Asylsuchende in
Dublin-Verfahren wichtig, die seit geraumer Zeit die überwiegende Mehrheit
der Inhaftierten stellen. Auch eine Zentralisierung der Abschiebungshaft
an wenigen Standorten in Deutschland kann keine dauerhafte Lösung sein, da
dies für viele Betroffene die Trennung von Angehörigen, sozialem Umfeld
und Rechtsbeiständen bedeuten würde.
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