Samstag, 26. Oktober 2013
Flüchtlingskämpfe, Queerkämpfe und Antietatismus
Gerade zur Zeit entwickeln sich gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen in eine Richtung, die hochinteressant ist. In Griechenland wird endlich gegen eine rasssistische Partei vorgegangen, die bisher gemeinsam mit den Bullen Jagd auf Flüchtlinge gemacht hat. Eine Genossin von mir hatte es erlebt, dass bei einer Demo für die Rechte von Refugees Nazis und Bullen Seite an Seite auf die DemonstrantInnen eingeprügelt hatten, bis sie selber völlig blutbespritzt war. Das Blut war nicht von ihr, die Umgebenden waren zusammengehauen bzw. teilweise mit Schrotflinten beschossen worden. (Comment an FreundInnen von Triggerwarnungen: So ist die Realität, und es wird nicht gewarnt.Take or leave real live). In Hamburg und Berlin läuft die Konfrontation zwischen Flüchtlings und ihren UnterstützerInnen und dem Staat an sich, mit durchaus militanten Aktionen von uns, also den antirassistischen Leuten gegen das System. In Frankreich mobilisierte sich eine mehrheitsfähige radikale Rechte gegen Schwule und Lesben, EinwanderInnen und Roma, und junge Leute, z.B. SchülerInnen, gehen vehement gegen diese vor, mit Streiks und Demos gewohnten französischen Charakters - wenn da gestreikt wird, fliegen die Bohrmaschinen durch die Fabrikhallen und werden Chefs in ihren Büros eingeschlossen. Was 1992 in dem Materialien für einen Neuen Antiimperialismus-Band "From Resistance to Rebellion" konstatiert wurde, nämlich, dass die Rassismus-Einwanderungs- und Sexismusfrage zur Grundlage einer Aufstandsbewegung werden könnte ist nun zumindest in Ansätzen da. Diese Ansätze aufzugreifen ist jetzt Aufgabe der Linken. Und das geht nicht ohne Kämpfe, es geht nicht ohne Risiko, ohne Verluste oder ohne Wagnisse. Es geht nur mit Angriff von unserer Seite. Fight the System! Millie, tanz!

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Stellungnahme zum Brandanschlag auf das Kulturzentrum des Freundeskreises für Sinti und Roma "Maro Kher"
Wie der ortsansässigen Presse zu entnehmen ist, wurde Sonntagnacht ein Brandanschlag auf das Kulturzentrum des Freundeskreises für Sinti und Roma "Maro Kher" im Oldenburger Stadtteil Kreyenbrück verübt. Die Fußmatte an der Eingangstür ist vermutlich mit Hilfe eines Brandbeschleunigers angezündet worden.



Zwei Tage zuvor, in der Nacht von Freitag auf Samstag wurde das Kulturzentrum schon einmal angegriffen, diesmal jedoch mit Eiern, Mehl und Milch. Zudem hat einige Tage vor dem Angriff ein Mann Drohungen gegenüber dem Kulturzentrum geäußert und bekannte Neonazis wohnen in der Nähe.



Laut Polizeisprecher gibt es keinen Grund, auf einen politisch motivierten Hintergrund des Brandanschlages zu schließen. Der Freundeskreis für Sinti und Roma hingegen geht von einem rechtsextremistischen Anschlag aus.



Als Interkulturelle Arbeitsstelle sind wir am friedlichen und vielfältigen Zusammenleben der Menschen in unserer Stadt interessiert und können es nicht hinnehmen, dass dieses durch solche Anschläge gestört wird.



IBIS e.V. verurteilt den Brandanschlag auf das Kulturzentrum des Freundeskreises für Sinti und Roma aufs schärfste. Oldenburg ist eine weltoffene Stadt, in der Toleranz gegenüber allen Kulturen, Religionen und Nationen gelebt wird.



Insbesondere nach den Erfahrungen der NSU-Morde und rechtsextremen Anfeindungen gegenüber anderen Organisationen in der Vergangenheit im Stadtteil Kreyenbrück überrascht es uns sehr, dass die Polizei einen rassistischen Hintergrund zum jetzigen Zeitpunkt deutlich verneint. Wir würden uns wünschen, dass der Brandanschlag, unvoreingenommen untersucht und in alle denkbaren Richtungen ermittelt wird.



Dem Freundeskreis für Sinti und Roma gilt unsere Solidarität und Unterstützung.



IBIS – Interkulturelle Arbeitsstelle e.V.

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Déjà Vu
Die Auseinandersetzugen rund um die Mädchenmannschaft, die Einzelblogs der Mitstreiterinnen dort, RS usw. haben für mich eine ganz eigene, ich will mal sagen, zwiespältige Faszination. Dies liegt zum Einen daran, dass sie sich an sich mit wirklich wichtigen gesellschaftlichen Konflikten und Widersprüchen wie Sexismus, Rassismus und Patriarchat beschäftigen, dies aber auf eine Weise tun, die ich nicht lösungsorientiert und auch nicht kritisch-materialistisch wahrnehme, sondern eher das Problem ins Aussichstslose weiterentwickeln und zum Anderen extrem moralisieren (moralisieren ist etwas, das ich grundsätzlich nicht abkann, vor allem, wenn es mit Humorlosigkeit verbunden ist, vor allem aber führt moralischer Rigorismus auf politisches angewandt zwangsläufig in die Irre).

Wichtiger ist nicht nur für mich, sondern auch für so einige, die hier kommentieren oder das mal taten aber noch ein ganz anderer Aspekt. Wir sind sozialisiert über das Göttinger Jugendzentrum Innenstadt, das JUZI, wo sehr viele Debatten geführt wurden, gute und schlechte, theoretische und aktionsorientierte, auch sehr anspruchsvolle Debatten rund um Antiimperialismus, Geschlechterwiderspruch/Patriarchat und Rassismus. Es gab aber auch die entgleisenden, ins Absurde abstürzenden Debatten, und die fanden immer dann statt, wenn über mehr oder weniger homogene, durch gegenseitiges Vertrauen geprägte Gruppen hinaus übergreifende Diskussionen stattfanden, bei denen es um Vergewaltigung, Sexismus allgemein, eine "korrekte Lebensweise" (z.b. Veganismus, allgemeine Bescheidenheit im Lebensstil usw.) und derlei Themen ging und die Ebene des Analytischen verlassen wurde, um auf einer rein moralischen zu landen. Fast immer kam da Hysterie bei heraus und bei Leuten, die eigentlich als bunte lasterhafte Bürgerschrecks unterwegs waren ein geradezu klösterlicher moralischer Fundamentalismus. Ein Teil der aktuellen Blogdebatten kommt mir - und nicht nur mir - vor wie ein Remix der schlechtesten JUZI-Plena der 1980er und 1990er, im Gegensatz zu den aus guten Gründen geschlossenen Runden im Original mit kommentarfunktion ins Netz gestellt.


Btw.: Beim Stöbern in meinem Comicregal stieß ich auf die alten Lauzier-Comics aus den 1980ern. Die schildern satirisch und mit beißender Häme den Lebenstil der postrukturalistischen Intelligenz im Paris der 70er und 80er Jahre. Da gibt es "Antipärchen", die nach potenziellen PartnerInnen suchen, die möglichst hässlich zu sein haben, um so gegen den ableistischen Körperkult zu protestieren bzw. gegen diesen zu leben, und Anhänger der "Neuen Sinnlichkeit" sind langweilige Labertaschen mit ungelebten Macho-Größenwahnfantasien, "Nouvelle Philosophes" hingegen besser im Bett. In einem Frauenhaus werden sofort große Kampagnen geplant, als ein Vergewaltigungsopfer um Hilfe bittet (ohne das Opfer zu fragen, ob es überhaupt an die Öffentlichkeit gehen will). Als sich nach und nach herausstellt, dass die Vergewaltigung nicht vollzogen wurde, weil ein Mann dazwischengegangen ist (Skandal! Eine Frau hat sich bei einer Vergewaltigung nicht von einem Mann helfen zu lassen, außerdem nährt das machistische Beschützerfantasien), dieser Mann ein Jude, der Vergewaltiger hingegen ein Moslem und das Opfer auch keine biologische Frau im XX-Sinne, sondern eine Transe ist wird das Opfer aus dem Frauenhaus fast rausgeschmissen, weil dies gegen alle linken Feindbilder bzw. Normen der politischen Korrektheit verstößt. Na ja und solche Geschichten, über die unsereins, als diese Debatten in Gruppenräumen in geschlossenen Runden geführt wurden herrlich gelacht hatten. Die aber etwas sehr Ernstes auf die Schippe nahmen.

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