Mittwoch, 25. November 2020
Superspreader im Klassenzimmer?
Neue Studien geben Entwarnung – aber zeigen auch, wie kritisch die Belüftung ist
Michael van den Heuvel, Medscape



Generelle Schulschließungen sind nach wie vor kein Thema, auch wenn die Leopoldina vor rund 1 Woche vor steigenden Inzidenzen bei Kindern und Jugendlichen gewarnt hat und die Weihnachtsferien verlängert werden sollen. Aber sind Klassenzimmer vielleicht doch unerkannte Corona-Hotspots in denen symptomfreie Superspreader sitzen – oder nicht?

Wie hoch die Dunkelziffer in dieser Altersgruppe ist, war bisher unklar, denn getestet wird nur bei Symptomen oder nach Risikokontakten. Jetzt geben Pädiater aus Deutschland Entwarnung: Bei Screenings mit 110.000 Kindern und Jugendlichen fielen nur 0,53% aller Tests positiv aus [1].

„Wir testen an deutschen Kinderkliniken zum Großteil routinemäßig alle Kinder, die aufgenommen werden“, so Prof. Dr. Matthias Keller. Er ist ärztlicher Direktor und Chefarzt der Kinderklinik Dritter Orden, Passau. An der Stichprobe zeige sich, so Keller, dass es keine wesentliche Untertestung von Kindern gebe.

Prof. Dr. Johannes Hübner, stellvertretender Klinikdirektor der Kinderklinik und Poliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital, München, ergänzt: „Alles deutet darauf hin, dass die Infektionsraten in Schulen die Prävalenz von COVID-19 in der Umgebung widerspiegeln.“ In Schulen sieht er keine Hotspots. „Der Konsens ist wirklich, dass Kinder und Schulen nicht der Hauptfaktor für die Übertragung von COVID-19 sind.“

Der Konsens ist wirklich, dass Kinder und Schulen nicht der Hauptfaktor für die Übertragung von COVID-19 sind. Prof. Dr. Johannes Hübner
Der Experte weiter: „Wenn wir einen Schulbetrieb für die Kinder ermöglichen wollen, dann liegt es an uns Erwachsenen – und natürlich allen, einen Beitrag zu leisten, und das ist in der momentanen Situation die Kontaktreduktion.“ Dies gelte auch für Kinder außerhalb der Schule.

Keller und Hübner haben zusammen mit Prof. Dr. Michael Kabesch, Leiter der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Barmherzige-Brüder-Klinik St. Hedwig Regensburg, die Analyse durchgeführt.

Bundesweite Ad-hoc-Analyse mit mehr als 110.000 Kindern
Zwischen dem 18. und dem 20. November 2020 erhielten die Forscher Daten von 105 aller 145 angefragten Kinderkliniken und Kinderabteilungen. Rund 80% davon führen bei der Aufnahme ein Routinescreening auf SARS-CoV-2 durch.


Die Stichprobe umfasste bis 18. November mehr als 110.000 PCR-Tests an Kindern und Jugendlichen zwischen 0 und 18 Jahren. Meist handelte es sich um Routine-Screenings vor chirurgischen Eingriffen oder sonstigen stationären Behandlungen.

Die Positivrate schwankte bei einem generellen Screening je nach Klinik zwischen 0% und 0,2%. Führten Häuser symptomatische Screenings durch oder testeten Kinder im Auftrag der Gesundheitsämter, lag der Wert bei bis zu 3%. Im Mittel waren 0,53% aller Tests positiv.

„Die öffentliche Diskussion und Darstellung, wie z.B. brandgefährlicher Schulunterricht, wird durch … Daten an über 110.000 Kindern und Jugendlichen auch in dieser Phase der Pandemie nicht gestützt und untergräbt das Engagement von Lehrenden, Schülerinnen und Schülern und Eltern, die sich tagtäglich mit Erfolg für einen Schulbetrieb und damit für die Bildung und Zukunft unserer Zivilgesellschaft einsetzen“, heißt es in der Pressemeldung.

Es gibt jedoch deutlich Hinweise, dass die Infektionsquelle in der Mehrzahl außerhalb des schulischen Bereiches liegen. Prof. Dr. Johannes Hübner und Kollegen
Es stehe außer Frage, dass Kinder und Jugendliche sich infizierten und auch das Virus weitergeben könnten. „Es gibt jedoch deutlich Hinweise, dass die Infektionsquelle in der Mehrzahl außerhalb des schulischen Bereiches liegen, so dass neben den notwendigen Hygienemaßnahmen in den Schulen es weitere außerschulische Ansätze zur Eindämmung der Pandemie und Reduktion der Inzidenzzahlen geben muss“, so die Studienautoren.

Ihre Analyse ist ein gemeinsames Projekt der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie, der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, des Verbands der leitenden Kinderärzte und Kinderchirurgen Deutschlands, des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Bayerns und des Verbands der leitenden Kinderärzte und Kinderchirurgen Landesverband Bayern.

Corona-Schulstudie bestätigt Ergebnisse
Zeitgleich wurden Ergebnisse der 2. Dresdner Corona-Schulstudie publiziert [2]. Sie fokussiert sich auf Jugendliche im mittleren Alter von 15 Jahren und deren Lehrer; Blutproben von 2.000 Personen standen zur Verfügung. Erfasst wurden Antikörper gegen SARS-CoV-2. Bei der 1. Schulstudie fanden die Wissenschaftler einen Immunisierungsgrad von 0,6%. Obwohl rund 50% der Schüler und 16% der Lehrer zwischenzeitlich eine Infektion der Atemwege unklarer Genese hatten, änderte sich die SARS-CoV-2-Seroprävalenz nicht.

Unsere Daten zeigen, dass der Nachweis von SARS-CoV-2-Antikörpern in der Population der Jugendlichen mindestens bis zu den Herbstferien sehr gering war. Prof. Dr. Reinhard Berner
„Unsere Daten zeigen, dass der Nachweis von SARS-CoV-2-Antikörpern in der Population der Jugendlichen mindestens bis zu den Herbstferien sehr gering war“, kommentiert Prof. Dr. Reinhard Berner. Er ist Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Dresden und leitete die Studie.


Die Untersuchung zeige, dass es „weder während der ersten Welle noch in den 4 Monaten nach Wiedereröffnung der Schulen zu unerkannten Übertragungen gekommen ist und dass es keine Hinweise gibt, dass Schulen sich zu Silent Hotspots dieser Pandemie entwickelt haben“.

Alles halb so wild? Zweifel im Einzelfall bleiben
Andere Studien widersprechen diesen Ergebnissen teilweise. So fanden Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München heraus, dass zwischen April und Juli 2020 im Schnitt 0,87% aller untersuchten Kinder Antikörper gegen SARS-CoV-2 hatten: ein 6-fach höherer Wert als im Zeitraum vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Ernährung offiziell gemeldet.

Für die Studie wurden knapp 12.000 Blutproben von Kindern in Bayern im Alter zwischen 1 und 18 Jahren untersucht. Es handelte sich um Teilnehmer der Fr1da-Studie zur Früherkennung von präsymptomatischem Typ-1-Diabetes. Als Einschränkung muss erwähnt werden, dass heute weitaus mehr Menschen getestet werden als im Studienzeitraum. Damit liegt die Dunkelziffer wahrscheinlich auch niedriger.

Laut Forschern der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) könne auch Klassenzimmer sehr wohl zur Gefahr werden. Nicht alle Schulen haben Lüftungssysteme – und wer öffnet im Winter schon regelmäßig die Fenster? Ihrer Untersuchung zufolge kann das Infektionsrisiko in Räumen mit 35 Personen fast 12-fach höher sein als in Zimmern mit mechanischen Systemen zum Luftaustausch. Selbst wenn man die Belegung auf 18 Personen senken würde, müsste die Luft in dem Raum 3,3-mal pro Stunde ausgetauscht werden, was praktisch unmöglich ist. Das gilt für Klassen ohne die Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

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Zwei Kulturen
Zu meiner weit aufgestellten selbstständigen Tätigkeit gehört neben dem Finanz-Vorsorgeberater und dem PR-Mann und Journalisten noch die des Dozenten für Kulturgeschichte. In diesem Rahmen leitete ich mal einen Bildungsurlaub im Harz. Mein Seminar bestand aus MalocherInnen und Krankenpflegepersonal. Parallel dazu fand auch ein Seminar der Landesschulbehörde statt. Die Kontraste zeigten sich beim abendlichen Umtrunk: Die LehrerInnen unterhielten sich leise, fast im Flüsterton über schwierige pädagogische Probleme, die Leute aus meinem Seminar erzählten sehr laut Anekdoten und zotige Witze. Im Dunkeln - alles spielte sich im Freien ab - konnte man unsere Gruppe an den lauten Lachsalven erkennen und sich daran orientieren. Unbeirrt zog auch noch ein Fuchs seinen Wechsel quer durch die Menschengruppen.

Eines Abends veranstaltete die LehrerInnengruppe eine Party, wo auch wir mit ein paar Leuten hereinschneiten. An der Theke saß eine einzelne hübsche sehr junge Frau, Referendarin, und ich setzte mich neben sie und stellte mich vor. Sie zuckte zusammen und schrie mich an: "Verpiss Dich! Wie kommst Du alter Bock dazu eine junge Frau anzuquatschen?".

Wir verzogen uns. Am nächsten Tag erzählte ich das in meiner Gruppe, und eine VW-Arbeiterin fragte: "Was haste denn gemacht? Haste Ihr an die Düsen gepackt?" Und den Malocherinnen war völlig unverständlich wie die Referendarin reagiert hatte. Für die fing sexuelle Belästigung erst bei unerwünschtem Körperkontakt an.

Zwei getrennte Welten.
Am nächsten Abend flirtete ich dann mit der Dozentin des Lehrerseminars - vor den irritierten Blicken meiner "Stichflamme".

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Droht Deutschland in einen Dauer-Lockdown zu rutschen?
Der Medizin-Professor Matthias Schrappe zeigt sich aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie und der damit verbundenen Maßnahmen und Beschränkungen der Regierung alarmiert. Im Interview mit der "Bild"-Zeitung findet er harte Worte für die Corona-Politik in Deutschland.
Medizin-Experte kritisiert Corona-Politik der Regierung

Denn das erklärte Ziel der Bundesregierung, den Inzidenzwert unter 50 zu halten, hält Schrappe für nicht realistisch. Der Inzidenzwert gibt an, wie vieleNeu-Infektionen es pro 100.000 Einwohner gibt. Schrappe hält es für unmöglich, die Infektionszahlen im Winter zu senken und dauerhaft niedrig zu halten. Er erklärte gegenüber der "Bild": "Ein Zielwert von 50 pro 100 000 Einwohner ist ein völlig irreales Ziel. Wir werden das in den Wintermonaten nicht erreichen". Weiterhin mahnt er: "Die Bevölkerung wird in einen Dauer-Schockzustand versetzt."

Mediziner warnt vor unendlichem Lockdown in Deutschland

Zudem besteht die Gefahr eines unendlichen Lockdowns, wenn die Politik den Grenzwert tatsächlich dauerhaft niedrig halten will. Weiterhin gibt der Medizin-Experte zu bedenken, dass es ungünstig ist, von einer "zweiten Corona-Welle" zu sprechen. "Es ist keine Welle, die man brechen kann, es ist ein kontinuierliches Anwachsen", so Schrappe, der von 2007 bis 2011 Vize-Chef des von der Bundesregierung berufenen Sachverständigenrats für Gesundheit war.
Kritik an Corona-Politik! "Es ist falsch, die Bevölkerung in Schrecken zu versetzen"

Ein Lockdown bewirkt seiner Meinung nach jedes Mal nur ein kurzes Abflachen der Infektionsraten. Werden die Maßnahmen wieder gelockert, steigen die Zahlen wieder an. Auch einen Vergleich mit dem Massensterben in Bergamo, vor dem aktuell auch in Deutschland gewarnt wird, hält Schrappe für unangebracht und unangemessen, schließlich sei das Gesundheitssystem in Bergamo nicht mit dem deutschen zu vergleichen. "Es ist falsch, die Bevölkerung in Schrecken zu versetzen", bekräftigt Schrappe.
Mediziner appelliert: Fokus auf Schutz der Risikogruppen

In seinen Augen müsse man vor allem die Risikogruppen schützen. "Die stark gefährdete Risikogruppe setzt sich aus Menschen zusammen, die ein gewisses Alter haben, bestimmte Erkrankungen aufweisen und sich in Heimen, Betreuungseinrichtungen oder der ambulanten Pflege befinden". In seinen Augen eine "eine gut handhabbare Anzahl von Menschen", auf die man sich konzentrieren müsse.

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