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Donnerstag, 1. Juli 2021
Lungen-Transplantation nach COVID-19: Für manche Patienten die einzige Chance und ethisch nicht unumstritten
che2001, 20:10h
Ute Eppinger, Medscape
Lungentransplantation nach COVID-19 ? für manche Patienten ist sie die letzte Option. Mayra Ramirez hat sie das Leben gerettet, berichtet Prof. Dr. Ankit Bharat, Chefarzt der Thoraxchirurgie und Leiter der Lungentransplantation am Northwestern in Chicago, in einem Interview, das jetzt im JAMA erschienen ist [1].
Bharat hatte am 5. Juni 2020 der 28 Jahre alten Rechtsanwaltsgehilfin als erster COVID-19-Patientin in den USA eine neue Lunge transplantiert. Ramirez hatte ein Akutes Lungenversagen (ARDS) entwickelt und wurde septisch, Nieren und Leber begannen ebenfalls zu versagen. Eine Entwöhnung von der künstlichen Lunge (ECMO) gelang nicht, so wurde sie für eine Transplantation gelistet.
?Wir sahen zu Beginn der Pandemie, wie bei einigen Patienten trotz bester medizinischer Behandlung schwerste katastrophale Lungenschäden auftraten. So begannen wir, Lungentransplantationen als lebensrettende Maßnahme für diese Patienten in Betracht zu ziehen?, berichtet Bharat.
Er selbst hat bislang 19 COVID-19-Patienten transplantiert. Nach Angaben des United Network for Organ Sharing (UNOS) wurden in den USA bis zum 21. Mai 2021 insgesamt 134 Lungentransplantationen bei Patienten mit COVID-19 gemeldet. Ende Mai befanden sich in den USA noch 22 Patienten mit COVID-19-assoziiertem ARDS auf der Warteliste für eine Transplantation.
Schon vor der Pandemie waren Spenderlungen knapp
Wie Prof. Dr. Jens Gottlieb, Oberarzt an der Klinik für Pneumologie der MHH, bestätigt, sind in Deutschland nach letzter Erhebung 5 COVID-19-Patienten in mindestens 3 Zentren transplantiert worden. Die Patienten waren ? ähnlich wie Patienten, die aufgrund von ARDS lungentransplantiert wurden ? in der Regel zwischen 30 und 40 Jahre alt, berichtet Gottlieb im Gespräch mit Medscape.
Es gibt viele Patienten, die schwer an COVID-19 erkrankt sind und deren Lungen stark geschädigt sind. Man kann aber nicht alle diese Patienten lungentransplantieren. Prof. Dr. Jens Gottlieb
?Das große Problem ist: Es gibt viele Patienten, die schwer an COVID-19 erkrankt sind und deren Lungen stark geschädigt sind. Man kann aber nicht alle diese Patienten lungentransplantieren.?
Gottlieb berichtet, dass in Deutschland schon im Jahr 2018, also vor der Pandemie, über 1.600 Patienten unter 60 Jahren aufgrund von ARDS eine ECMO benötigt hatten. Dieser Zahl stehen aber nur 350 Lungentransplantationen pro Jahr gegenüber (die Zahl ist seit etwa 10 Jahren konstant). ?Wir hatten schon prä-pandemisch einen deutlichen Mangel an Spenderlungen ? und circa 15% der Patienten auf der elektiven Warteliste vor Transplantation in Deutschland sterben?, berichtet Gottlieb.
Auch in den USA ging die Zahl der Organspenden während der Pandemie zurück. Im weiteren Verlauf der Pandemie sei die Zahl der Spenden dann langsam gestiegen, ?aber die Zahl der Spenderlungen ging immer noch deutlich zurück?, berichtet Bharat.
?Das lag zum Teil daran, dass die Kliniker anfangs Bedenken hatten, bei potenziellen Spendern wegen einer möglichen COVID-19-Infektion eine Bronchoskopie durchzuführen?, sagt Bharat. Er berichtet, dass die meisten lungentransplantierten COVID-19-Patienten am Northwestern 3 Monate oder länger auf eine Lunge gewartet hatten. ?Wir haben mehrere Patienten transplantiert, die seit etwa 5 Monaten an der ECMO waren.?
Wir hatten schon prä-pandemisch einen deutlichen Mangel an Spenderlungen ? und circa 15% der Patienten auf der elektiven Warteliste vor Transplantation in Deutschland sterben. Prof. Dr. Jens Gottlieb
In den USA wurden COVID-19-Patienten transplantiert, die ein ARDS oder eine Lungenfibrose entwickelt hatten. ?Die Patienten mit ARDS machten den Großteil der COVID-19-Patienten aus, bei denen wir eine Lungentransplantation durchgeführt haben. Wir haben uns auf sie konzentriert, weil sie keine anderen Optionen haben und sonst sterben würden.?
Nach COVID-19: Wer kommt für eine Transplantation infrage?
Patienten, die nach schwerer COVID-19-Erkrankung für eine Transplantation infrage kommen, müssen sehr sorgfältig ausgewählt werden, betont Gottlieb. Marcelo Cypel und Shaf Keshavjee haben in The Lancet Respiratory Medicine im August 2020 dazu 10 Empfehlungen für die Selektion solcher Patienten aufgelistet.
Dazu zählen u.a., dass Patienten nicht älter als 65 Jahre sein sollten, kein weiteres Organversagen aufweisen sollten und auch, dass der Lunge der infrage kommenden Patienten ausreichend Zeit gegeben worden sei, sich zu erholen. Auch sollte radiologisch der Nachweis einer irreversiblen Lungenerkrankung erbracht sein ? etwa das Anzeichen einer etablierten Fibrose.
Eine Lungentransplantation ist sehr ressourcenintensiv. Spenderlungen sind knapp, Prof. Dr. Ankit Bharat
Die Autoren weisen auch darauf hin, dass der Patient wach und in der Lage sein sollte, die Transplantation zu besprechen, um ihre Auswirkungen auf seine Lebensqualität zu verstehen.
?Eine Lungentransplantation ist sehr ressourcenintensiv. Spenderlungen sind knapp, also wollen wir keine Transplantation bei einem Patienten durchführen, der sich danach nicht an die medizinische Anleitung hält. Es ist wichtig, dass die Transplantationszentren sicherstellen, dass der Patient aus psychosozialer Sicht gut zu ihnen passt?, sagt Bharat.
Er berichtet, dass Patienten mit COVID-19, die für eine Lungentransplantation in Frage kommen, größtenteils jung und gesund sind und keine schweren Begleiterkrankungen aufweisen. ?Sie waren also noch nie in einer Situation, in der sie fast gestorben wären oder in der sie über eine Transplantation als einzig verbleibende Option nachdenken mussten?, so Bharat.
Typischerweise gelte ein Alter von 65 Jahren als Grenzwert für eine Lungentransplantation bei Patienten mit COVID-19. Aber ein Alter von bis zu 70 Jahren könne in Betracht gezogen werden, wenn der Patient vor der Erkrankung in außergewöhnlich gutem Zustand war, erklärt Bharat. Jedes Zentrum sollte mindestes 4 Wochen warten, bevor eine Transplantation bei einem Patienten mit COVID-19-assoziiertem ARDS erwogen werde.
?Hängt ein Patient nach 4 bis 6 Wochen immer noch am Beatmungsgerät oder an der ECMO, wird die Lunge aber besser, dann sollten Zentren die Transplantation nicht überstürzen, sondern diesem Patienten weiterhin eine Chance zur Lungenerholung geben?, stellte Bharat klar.
Die Hauptbotschaft ist, dass wir in speziellen Zentren hervorragende Ergebnisse erzielen können. Prof. Dr. Ankit Bharat
In einer Ende März 2021 in The Lancet Respiratory Medicine erschienenen Studie hatten Bharat und seine Kollegen von 12 Patienten mit COVID-19-assoziiertem ARDS, die lungentransplantiert wurden, den weiteren Verlauf untersucht. ?Die Hauptbotschaft ist, dass wir in speziellen Zentren hervorragende Ergebnisse erzielen können. Die 12 Patienten hatten ein 30-Tage-Überleben von 100%.? Auch das Langzeitüberleben habe sich nicht von lungentransplantierten Patienten ohne COVID-19 unterschieden.
Laut Bharat hat sich die Sterblichkeit von Patienten, die sich einer Lungentransplantation unterziehen müssen, nicht verändert: ?Wir können durchaus weiterhin Transplantationen bei Patienten ohne COVID-19 zusammen mit COVID-19-Patienten durchführen. Das erfordert allerdings eine gewisse Kreativität ? etwa indem wir erweiterte Spenderkriterien anwenden, wie zum Beispiel Spender mit Hepatitis-C-Infektion, die jetzt ja eine behandelbare Krankheit ist.?
In Deutschland vergleichsweise wenig COVID-19-Patienten transplantiert
In Deutschland werden ? verglichen mit anderen Ländern ? weniger COVID-19-Patienten transplantiert. ?In Österreich allein gab es 18 Lungentransplantationen bei Patienten nach schwerer COVID-19-Erkrankung?, berichtet Gottlieb. Das mag auch daran liegen, dass die Organverfügbarkeit in Österreich höher ist als in Deutschland ? die österreichische Regelung über die Organentnahme bei Verstorbenen ist die Widerspruchslösung.
?Es könnte aber auch sein, dass zentrumsspezifisch unterschiedliche Auswahlkriterien angewendet werden?, sagt Gottlieb. Er hält es für möglich, dass langfristig durch die Entscheidung, mehr Patienten nach COVID-19 zu transplantieren, und unverändertem Mangel an Spenderorganen, die Sterblichkeit aller Patienten auf der Warteliste für Lungentransplantationen steigen könnte.
Patienten, die aufgrund von COVID-19 lungentransplantiert werden müssen, haben ein höheres Risiko als Patienten, die aus anderen Gründen eine Lunge erhalten. ?In der Regel waren Patienten mit COVID-19 längere Zeit an mechanische Ersatzverfahren angeschlossen, also an künstliche Beatmung oder ECMO.?
Das 1-Jahres-Überleben solcher Patienten liegt bei ca. 70%, das 1-Jahres-Überleben von Patienten ohne mechanische Ersatzverfahren liegt hingegen bei ca. 90%?, berichtet Gottlieb. Beispielsweise Antikoagulanzien, die bei schwerem COVID-19-Verlauf besonders an der ECMO eingesetzt werden, und eine lange Liegezeit auf Intensivstationen erhöhen die Komplikationsrate.
Die Lancet-Studie von Bharat und seinen Kollegen hat unterschiedliche und auch kritische Reaktionen ausgelöst, berichtet Gottlieb. Die Tendenz, zunehmend Patienten nach schwerer COVID-19-Erkrankung zu transplantieren, sei ?ethisch nicht unumstritten, denn ein großer Anteil solcher Patienten könnte andere auf den Wartelisten benachteiligen. Dies ist auch relevant, weil in einigen Ländern das Spenderaufkommen während der Pandemie zurückgegangen ist.?
Lungentransplantation nach COVID-19 ? für manche Patienten ist sie die letzte Option. Mayra Ramirez hat sie das Leben gerettet, berichtet Prof. Dr. Ankit Bharat, Chefarzt der Thoraxchirurgie und Leiter der Lungentransplantation am Northwestern in Chicago, in einem Interview, das jetzt im JAMA erschienen ist [1].
Bharat hatte am 5. Juni 2020 der 28 Jahre alten Rechtsanwaltsgehilfin als erster COVID-19-Patientin in den USA eine neue Lunge transplantiert. Ramirez hatte ein Akutes Lungenversagen (ARDS) entwickelt und wurde septisch, Nieren und Leber begannen ebenfalls zu versagen. Eine Entwöhnung von der künstlichen Lunge (ECMO) gelang nicht, so wurde sie für eine Transplantation gelistet.
?Wir sahen zu Beginn der Pandemie, wie bei einigen Patienten trotz bester medizinischer Behandlung schwerste katastrophale Lungenschäden auftraten. So begannen wir, Lungentransplantationen als lebensrettende Maßnahme für diese Patienten in Betracht zu ziehen?, berichtet Bharat.
Er selbst hat bislang 19 COVID-19-Patienten transplantiert. Nach Angaben des United Network for Organ Sharing (UNOS) wurden in den USA bis zum 21. Mai 2021 insgesamt 134 Lungentransplantationen bei Patienten mit COVID-19 gemeldet. Ende Mai befanden sich in den USA noch 22 Patienten mit COVID-19-assoziiertem ARDS auf der Warteliste für eine Transplantation.
Schon vor der Pandemie waren Spenderlungen knapp
Wie Prof. Dr. Jens Gottlieb, Oberarzt an der Klinik für Pneumologie der MHH, bestätigt, sind in Deutschland nach letzter Erhebung 5 COVID-19-Patienten in mindestens 3 Zentren transplantiert worden. Die Patienten waren ? ähnlich wie Patienten, die aufgrund von ARDS lungentransplantiert wurden ? in der Regel zwischen 30 und 40 Jahre alt, berichtet Gottlieb im Gespräch mit Medscape.
Es gibt viele Patienten, die schwer an COVID-19 erkrankt sind und deren Lungen stark geschädigt sind. Man kann aber nicht alle diese Patienten lungentransplantieren. Prof. Dr. Jens Gottlieb
?Das große Problem ist: Es gibt viele Patienten, die schwer an COVID-19 erkrankt sind und deren Lungen stark geschädigt sind. Man kann aber nicht alle diese Patienten lungentransplantieren.?
Gottlieb berichtet, dass in Deutschland schon im Jahr 2018, also vor der Pandemie, über 1.600 Patienten unter 60 Jahren aufgrund von ARDS eine ECMO benötigt hatten. Dieser Zahl stehen aber nur 350 Lungentransplantationen pro Jahr gegenüber (die Zahl ist seit etwa 10 Jahren konstant). ?Wir hatten schon prä-pandemisch einen deutlichen Mangel an Spenderlungen ? und circa 15% der Patienten auf der elektiven Warteliste vor Transplantation in Deutschland sterben?, berichtet Gottlieb.
Auch in den USA ging die Zahl der Organspenden während der Pandemie zurück. Im weiteren Verlauf der Pandemie sei die Zahl der Spenden dann langsam gestiegen, ?aber die Zahl der Spenderlungen ging immer noch deutlich zurück?, berichtet Bharat.
?Das lag zum Teil daran, dass die Kliniker anfangs Bedenken hatten, bei potenziellen Spendern wegen einer möglichen COVID-19-Infektion eine Bronchoskopie durchzuführen?, sagt Bharat. Er berichtet, dass die meisten lungentransplantierten COVID-19-Patienten am Northwestern 3 Monate oder länger auf eine Lunge gewartet hatten. ?Wir haben mehrere Patienten transplantiert, die seit etwa 5 Monaten an der ECMO waren.?
Wir hatten schon prä-pandemisch einen deutlichen Mangel an Spenderlungen ? und circa 15% der Patienten auf der elektiven Warteliste vor Transplantation in Deutschland sterben. Prof. Dr. Jens Gottlieb
In den USA wurden COVID-19-Patienten transplantiert, die ein ARDS oder eine Lungenfibrose entwickelt hatten. ?Die Patienten mit ARDS machten den Großteil der COVID-19-Patienten aus, bei denen wir eine Lungentransplantation durchgeführt haben. Wir haben uns auf sie konzentriert, weil sie keine anderen Optionen haben und sonst sterben würden.?
Nach COVID-19: Wer kommt für eine Transplantation infrage?
Patienten, die nach schwerer COVID-19-Erkrankung für eine Transplantation infrage kommen, müssen sehr sorgfältig ausgewählt werden, betont Gottlieb. Marcelo Cypel und Shaf Keshavjee haben in The Lancet Respiratory Medicine im August 2020 dazu 10 Empfehlungen für die Selektion solcher Patienten aufgelistet.
Dazu zählen u.a., dass Patienten nicht älter als 65 Jahre sein sollten, kein weiteres Organversagen aufweisen sollten und auch, dass der Lunge der infrage kommenden Patienten ausreichend Zeit gegeben worden sei, sich zu erholen. Auch sollte radiologisch der Nachweis einer irreversiblen Lungenerkrankung erbracht sein ? etwa das Anzeichen einer etablierten Fibrose.
Eine Lungentransplantation ist sehr ressourcenintensiv. Spenderlungen sind knapp, Prof. Dr. Ankit Bharat
Die Autoren weisen auch darauf hin, dass der Patient wach und in der Lage sein sollte, die Transplantation zu besprechen, um ihre Auswirkungen auf seine Lebensqualität zu verstehen.
?Eine Lungentransplantation ist sehr ressourcenintensiv. Spenderlungen sind knapp, also wollen wir keine Transplantation bei einem Patienten durchführen, der sich danach nicht an die medizinische Anleitung hält. Es ist wichtig, dass die Transplantationszentren sicherstellen, dass der Patient aus psychosozialer Sicht gut zu ihnen passt?, sagt Bharat.
Er berichtet, dass Patienten mit COVID-19, die für eine Lungentransplantation in Frage kommen, größtenteils jung und gesund sind und keine schweren Begleiterkrankungen aufweisen. ?Sie waren also noch nie in einer Situation, in der sie fast gestorben wären oder in der sie über eine Transplantation als einzig verbleibende Option nachdenken mussten?, so Bharat.
Typischerweise gelte ein Alter von 65 Jahren als Grenzwert für eine Lungentransplantation bei Patienten mit COVID-19. Aber ein Alter von bis zu 70 Jahren könne in Betracht gezogen werden, wenn der Patient vor der Erkrankung in außergewöhnlich gutem Zustand war, erklärt Bharat. Jedes Zentrum sollte mindestes 4 Wochen warten, bevor eine Transplantation bei einem Patienten mit COVID-19-assoziiertem ARDS erwogen werde.
?Hängt ein Patient nach 4 bis 6 Wochen immer noch am Beatmungsgerät oder an der ECMO, wird die Lunge aber besser, dann sollten Zentren die Transplantation nicht überstürzen, sondern diesem Patienten weiterhin eine Chance zur Lungenerholung geben?, stellte Bharat klar.
Die Hauptbotschaft ist, dass wir in speziellen Zentren hervorragende Ergebnisse erzielen können. Prof. Dr. Ankit Bharat
In einer Ende März 2021 in The Lancet Respiratory Medicine erschienenen Studie hatten Bharat und seine Kollegen von 12 Patienten mit COVID-19-assoziiertem ARDS, die lungentransplantiert wurden, den weiteren Verlauf untersucht. ?Die Hauptbotschaft ist, dass wir in speziellen Zentren hervorragende Ergebnisse erzielen können. Die 12 Patienten hatten ein 30-Tage-Überleben von 100%.? Auch das Langzeitüberleben habe sich nicht von lungentransplantierten Patienten ohne COVID-19 unterschieden.
Laut Bharat hat sich die Sterblichkeit von Patienten, die sich einer Lungentransplantation unterziehen müssen, nicht verändert: ?Wir können durchaus weiterhin Transplantationen bei Patienten ohne COVID-19 zusammen mit COVID-19-Patienten durchführen. Das erfordert allerdings eine gewisse Kreativität ? etwa indem wir erweiterte Spenderkriterien anwenden, wie zum Beispiel Spender mit Hepatitis-C-Infektion, die jetzt ja eine behandelbare Krankheit ist.?
In Deutschland vergleichsweise wenig COVID-19-Patienten transplantiert
In Deutschland werden ? verglichen mit anderen Ländern ? weniger COVID-19-Patienten transplantiert. ?In Österreich allein gab es 18 Lungentransplantationen bei Patienten nach schwerer COVID-19-Erkrankung?, berichtet Gottlieb. Das mag auch daran liegen, dass die Organverfügbarkeit in Österreich höher ist als in Deutschland ? die österreichische Regelung über die Organentnahme bei Verstorbenen ist die Widerspruchslösung.
?Es könnte aber auch sein, dass zentrumsspezifisch unterschiedliche Auswahlkriterien angewendet werden?, sagt Gottlieb. Er hält es für möglich, dass langfristig durch die Entscheidung, mehr Patienten nach COVID-19 zu transplantieren, und unverändertem Mangel an Spenderorganen, die Sterblichkeit aller Patienten auf der Warteliste für Lungentransplantationen steigen könnte.
Patienten, die aufgrund von COVID-19 lungentransplantiert werden müssen, haben ein höheres Risiko als Patienten, die aus anderen Gründen eine Lunge erhalten. ?In der Regel waren Patienten mit COVID-19 längere Zeit an mechanische Ersatzverfahren angeschlossen, also an künstliche Beatmung oder ECMO.?
Das 1-Jahres-Überleben solcher Patienten liegt bei ca. 70%, das 1-Jahres-Überleben von Patienten ohne mechanische Ersatzverfahren liegt hingegen bei ca. 90%?, berichtet Gottlieb. Beispielsweise Antikoagulanzien, die bei schwerem COVID-19-Verlauf besonders an der ECMO eingesetzt werden, und eine lange Liegezeit auf Intensivstationen erhöhen die Komplikationsrate.
Die Lancet-Studie von Bharat und seinen Kollegen hat unterschiedliche und auch kritische Reaktionen ausgelöst, berichtet Gottlieb. Die Tendenz, zunehmend Patienten nach schwerer COVID-19-Erkrankung zu transplantieren, sei ?ethisch nicht unumstritten, denn ein großer Anteil solcher Patienten könnte andere auf den Wartelisten benachteiligen. Dies ist auch relevant, weil in einigen Ländern das Spenderaufkommen während der Pandemie zurückgegangen ist.?
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"Drosten-Studie" bestätigt Relevanz von Superspreadern bei COVID-19
che2001, 20:07h
Michael Simm
Die nunmehr vollständige Auswertung der Daten von 25.381 SARS-CoV-2-Infizierten aus Berlin unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Drosten bestätigt, dass es zwischen den Altersgruppen keine großen Unterschiede in der Übertragbarkeit des Virus gibt ? und ein relativ kleiner Personenkreis das Infektionsgeschehen anzutreiben scheint.
Die Ausbreitung von SARS-CoV2 wird von einer Vielzahl von Parametern beeinflusst. 2 davon sind die Viruslast (die z.B. anhand der Anzahl der viralen Genome pro Volumeneinheit in einem Abstrich bestimmt wird) und die Replikationsfähigkeit des Virus, die in Zellkulturen gemessen wird.
Die Bestimmung dieser Parameter über verschiedene Altersgruppen hinweg gilt auch als bedeutsam für die Frage, ob Kinder genauso ansteckend sind wie Erwachsene und deshalb strenge Schutzmaßnahmen in den Schulen gerechtfertigt sind.
Daten zu mehr als 25.000 Infizierten
Für die Studie wurden die Daten des diagnostischen Labors am Institut für Virologie der Charité ? Universitätsmedizin Berlin bezüglich der Viruslast, Isolierbarkeit in Zellkulturen und Genomsequenzen analysiert.
Unter 415.935 Personen im Alter zwischen 0 und 100 Jahren, die zwischen 24. Februar 2020 und 2. April 2021 routinemäßig 936.423 PCR-Tests erhalten hatten, war der Test bei 25.381 (6,1%) mindestens einmal positiv. Die Daten von 4.344 Individuen mit mindestens 3 Tests ? davon 2 positiv ? wurden für eine Zeitserienanalyse herangezogen.
Die 25.381 positiv getesteten Personen (davon 1.533 mit der ?britischen? Variante Alpha) wurden 3 Gruppen zugeteilt:
Krankenhausaufenthalt mit positivem Test an einem beliebigen Zeitpunkt der Infektion (37,5%). Dies war mit durchschnittlich 63,2 Jahren die älteste Gruppe.
Präsymptomatische, asymptomatische und mild-symptomatische Individuen (PAMS) mit positivem Test in einem von 24 Berliner Testzentren (24,1%). Hier lag der Altersdurchschnitt bei 38,0 Jahren, und nur 0,8% mussten später ins Krankenhaus.
Sonstige (38,4%), mit einem Altersdurchschnitt von 49,1 Jahren.
Viruslast unterscheidet sich kaum zwischen den Altersklassen, aber zwischen Individuen
Es gab keine substanziellen Unterschiede zwischen den Altersklassen über 20 Jahren bezüglich der Viruslast beim 1. positiven Test. Bei einem Durchschnitt von 6,39 log10 RNA-Kopien pro Abstrich für die gesamte Gruppe lagen die Viruslast bei Kindern um 0,49 und bei Jugendlichen um 0,16 unter dem der 20- bis 65-Jährigen.
Die Wahrscheinlichkeit, das Virus nach einem positiven PCR-Test erfolgreich zu kultivieren, betrug für die gesamte Gruppe 0,35 und war für PAMS mit 0,44 höher als für hospitalisierte Patienten (0,32), für Kinder bis 5 Jahren 0,329 und für 20- bis 65-Jährige 0,441.
Zwischen den Individuen fanden sich große Unterschiede bei der Viruslast. Mit einer Kopienzahl von mindestens 9,0 log10 waren 8,78% hochinfektiös, mit einer geschätzten Wahrscheinlichkeit eines Kulturerfolges von 0,92 bis 1,0. In dieser Gruppe waren PAMS mit 36,09% überrepräsentiert, bei den Hospitalisierten dagegen die Altersgruppe von 80 bis 100.
Die Analyse des Zeitverlaufs der Infektion ergab einen Schätzwert von durchschnittlich 4,31 Tagen zwischen der Freisetzung der Viren aus den Wirtszellen (Shedding) und der höchsten Viruslast. Das war 1 bis 3 Tage vor dem Auftreten der ersten Symptome.
Klinische Bedeutung
Die Studie unter Leitung von Drosten sorgte bereits für intensive Debatten, als sie in Form eines weniger umfangreichen Vorabdruckes erschien und Drosten daraus ableitete, dass Kinder genauso ansteckend seien wie Erwachsene. Dieses Argument wurde auch zur Schließung von Schulen und Kitas genutzt.
?Mein anfänglicher Eindruck einer ungefähr gleich großen Infektiosität aller Altersgruppen hat sich bestätigt, nicht nur hier, sondern auch in anderen Studien?, sagt Drosten nun in einer Mitteilung der Charité.
Mein anfänglicher Eindruck einer ungefähr gleich großen Infektiosität aller Altersgruppen hat sich bestätigt, nicht nur hier, sondern auch in anderen Studien. Prof. Dr. Christian Drosten
Abseits dieses Streits liefert die Untersuchung eine Fülle von Fakten und Details, deren Kenntnis zu einer präziseren Risikoabschätzung beitragen könnte.
Eingeschränkt wird die Aussagekraft dadurch, dass es sich ?nur? um eine 14 Monate alte Momentaufnahme handelt. Die taugt auch die wegen des Auftretens neuer Virusmutanten einerseits und der wachsenden Zahl Geimpfter andererseits nur bedingt zur Rechtfertigung politischer Maßnahmen.
Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.
Die nunmehr vollständige Auswertung der Daten von 25.381 SARS-CoV-2-Infizierten aus Berlin unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Drosten bestätigt, dass es zwischen den Altersgruppen keine großen Unterschiede in der Übertragbarkeit des Virus gibt ? und ein relativ kleiner Personenkreis das Infektionsgeschehen anzutreiben scheint.
Die Ausbreitung von SARS-CoV2 wird von einer Vielzahl von Parametern beeinflusst. 2 davon sind die Viruslast (die z.B. anhand der Anzahl der viralen Genome pro Volumeneinheit in einem Abstrich bestimmt wird) und die Replikationsfähigkeit des Virus, die in Zellkulturen gemessen wird.
Die Bestimmung dieser Parameter über verschiedene Altersgruppen hinweg gilt auch als bedeutsam für die Frage, ob Kinder genauso ansteckend sind wie Erwachsene und deshalb strenge Schutzmaßnahmen in den Schulen gerechtfertigt sind.
Daten zu mehr als 25.000 Infizierten
Für die Studie wurden die Daten des diagnostischen Labors am Institut für Virologie der Charité ? Universitätsmedizin Berlin bezüglich der Viruslast, Isolierbarkeit in Zellkulturen und Genomsequenzen analysiert.
Unter 415.935 Personen im Alter zwischen 0 und 100 Jahren, die zwischen 24. Februar 2020 und 2. April 2021 routinemäßig 936.423 PCR-Tests erhalten hatten, war der Test bei 25.381 (6,1%) mindestens einmal positiv. Die Daten von 4.344 Individuen mit mindestens 3 Tests ? davon 2 positiv ? wurden für eine Zeitserienanalyse herangezogen.
Die 25.381 positiv getesteten Personen (davon 1.533 mit der ?britischen? Variante Alpha) wurden 3 Gruppen zugeteilt:
Krankenhausaufenthalt mit positivem Test an einem beliebigen Zeitpunkt der Infektion (37,5%). Dies war mit durchschnittlich 63,2 Jahren die älteste Gruppe.
Präsymptomatische, asymptomatische und mild-symptomatische Individuen (PAMS) mit positivem Test in einem von 24 Berliner Testzentren (24,1%). Hier lag der Altersdurchschnitt bei 38,0 Jahren, und nur 0,8% mussten später ins Krankenhaus.
Sonstige (38,4%), mit einem Altersdurchschnitt von 49,1 Jahren.
Viruslast unterscheidet sich kaum zwischen den Altersklassen, aber zwischen Individuen
Es gab keine substanziellen Unterschiede zwischen den Altersklassen über 20 Jahren bezüglich der Viruslast beim 1. positiven Test. Bei einem Durchschnitt von 6,39 log10 RNA-Kopien pro Abstrich für die gesamte Gruppe lagen die Viruslast bei Kindern um 0,49 und bei Jugendlichen um 0,16 unter dem der 20- bis 65-Jährigen.
Die Wahrscheinlichkeit, das Virus nach einem positiven PCR-Test erfolgreich zu kultivieren, betrug für die gesamte Gruppe 0,35 und war für PAMS mit 0,44 höher als für hospitalisierte Patienten (0,32), für Kinder bis 5 Jahren 0,329 und für 20- bis 65-Jährige 0,441.
Zwischen den Individuen fanden sich große Unterschiede bei der Viruslast. Mit einer Kopienzahl von mindestens 9,0 log10 waren 8,78% hochinfektiös, mit einer geschätzten Wahrscheinlichkeit eines Kulturerfolges von 0,92 bis 1,0. In dieser Gruppe waren PAMS mit 36,09% überrepräsentiert, bei den Hospitalisierten dagegen die Altersgruppe von 80 bis 100.
Die Analyse des Zeitverlaufs der Infektion ergab einen Schätzwert von durchschnittlich 4,31 Tagen zwischen der Freisetzung der Viren aus den Wirtszellen (Shedding) und der höchsten Viruslast. Das war 1 bis 3 Tage vor dem Auftreten der ersten Symptome.
Klinische Bedeutung
Die Studie unter Leitung von Drosten sorgte bereits für intensive Debatten, als sie in Form eines weniger umfangreichen Vorabdruckes erschien und Drosten daraus ableitete, dass Kinder genauso ansteckend seien wie Erwachsene. Dieses Argument wurde auch zur Schließung von Schulen und Kitas genutzt.
?Mein anfänglicher Eindruck einer ungefähr gleich großen Infektiosität aller Altersgruppen hat sich bestätigt, nicht nur hier, sondern auch in anderen Studien?, sagt Drosten nun in einer Mitteilung der Charité.
Mein anfänglicher Eindruck einer ungefähr gleich großen Infektiosität aller Altersgruppen hat sich bestätigt, nicht nur hier, sondern auch in anderen Studien. Prof. Dr. Christian Drosten
Abseits dieses Streits liefert die Untersuchung eine Fülle von Fakten und Details, deren Kenntnis zu einer präziseren Risikoabschätzung beitragen könnte.
Eingeschränkt wird die Aussagekraft dadurch, dass es sich ?nur? um eine 14 Monate alte Momentaufnahme handelt. Die taugt auch die wegen des Auftretens neuer Virusmutanten einerseits und der wachsenden Zahl Geimpfter andererseits nur bedingt zur Rechtfertigung politischer Maßnahmen.
Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.
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Praxistest: Wie gut mRNA-Impfstoffe vor Corona-Symptomen schützen; neuartige Vakzine hochwirksam; Long-COVID macht Sorgen
che2001, 20:05h
Michael van den Heuvel, Medscape
In der aktuellen Ausgabe des NEJM fassen mehrere Autoren zusammen, was sich bei der Bekämpfung von SARS-CoV-2 bislang getan hat ? und was auf die Gesundheitssysteme noch zukommen wird [1,2,3]. So zeigen Studien, dass die zugelassenen mRNA-Impfstoffe auch unter Real-World-Bedingungen hochwirksam sind. Und in einer Phase-3-Studie erwies sich die neuartige Vakzine NVX-CoV2373 von Novavax als sehr effektiv. Impfungen verhindern zudem nicht nur schwere COVID-19-Verläufe. Sie leisten auch einen Beitrag gegen Long-COVID. Dieses kaum verstandene Postinfektionssyndrom gilt als die große Herausforderung nach der Pandemie.
mRNA-Impfstoffe im Alltag: Gegen welche Symptome sie ab wann schützen
?Es gibt nur wenige Informationen über die Wirksamkeit der mRNA-Impfstoffe BNT162b2 (Pfizer-BioNTech) und mRNA-1273 (Moderna) zur Prävention von Infektionen mit SARS-CoV-2 und zur Abschwächung von COVID-19 unter realen Bedingungen?, schreiben Dr. Mark G. Thompson von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC), Atlanta, und Kollegen. Sie haben daher eine prospektive Kohortenstudie gemacht.
Eingeschlossen wurden 3.975 Mitarbeiter des Gesundheitswesens, Ersthelfer und weitere Angestellte. Vom 14. Dezember 2020 bis zum 10. April 2021 untersuchte Thompsons Team bei allen Probanden wöchentlich Nasenabstriche per RT-PCR.
Dabei wurde SARS-CoV-2 bei 204 Teilnehmern (5%) nachgewiesen, von denen 5 vollständig geimpft waren. Sprich: Die Infektion trat mindestens 14 Tage nach der 2. Dosis auf. 11 Personen mit positivem Nachweis hatten einen teilweisen Impfschutz; sie befanden sich also im Zeitfenster mindestens 14 Tage nach Dosis 1 und weniger als 14 Tage nach Dosis 2. Und 156 Personen waren nicht geimpft worden. 32 Teilnehmer mit unklarem Status schlossen die Forscher aus.
Viruslast reduziert, weniger Fieber, kürzere Krankheitsdauer
Als Impfeffektivität nennen sie 91% (95%-Konfidenzintervall [KI] 76% bis 97%) bei vollständiger Impfung und 81% (95%-KI 64% bis 90%) bei teilweisem Schutz. Selbst ohne 2. Dosis hatten Personen in der Kohorte einen Vorteil. Ihre mittlere virale RNA-Last war um 40% (95%-KI 16% bis 57%) niedriger als bei ungeimpften Teilnehmern. Darüber hinaus war das Risiko für fieberhafte Symptome um 58% geringer (relatives Risiko 0,42, 95%-KI 0,18 bis 0,98). Personen verbrachten auch 2,3 Tage weniger zu Hause im Bett (95%-KI 0,8 bis 3,7).
?Die zugelassenen mRNA-Impfstoffe waren bei Erwachsenen im arbeitsfähigen Alter hochwirksam zur Prävention von SARS-CoV-2-Infektionen, wenn sie unter realen Bedingungen verabreicht wurden?, fassen die Autoren zusammen. ?Vakzine verringerten auch die virale RNA-Last, das Risiko fieberhafter Symptome und die Krankheitsdauer bei Personen, die trotz Impfung eine Durchbruchinfektion hatten.?
Vakzine verringerten auch die virale RNA-Last, das Risiko fieberhafter Symptome und die Krankheitsdauer.
NVX-CoV2373: Impfstoff mit neuartigem Prinzip erweist sich als hochwirksam
Die klinische Entwicklung geht weiter. Forschende Hersteller untersuchen Impfstoffe, die auf anderen Prinzipien beruhen, etwa NVX-CoV2373 (Novavax). Es handelt sich um einen Totimpfstoff mit gentechnisch hergestelltem Virusantigen in Form von Nanopartikeln und einem Adjuvans auf Saponin-Basis.
?Frühe klinische Daten aus Studien ? zeigten, dass der Impfstoff sicher ist und zu einer robusten Immunantwort bei gesunden erwachsenen Teilnehmern führt?, berichten Forscher um Prof. Dr. Paul T. Heath von der University of London. ?Es wurden jedoch zusätzliche Daten zur Wirksamkeit, Immunogenität und Sicherheit dieses Impfstoffs in einer größeren Population benötigt.?
Jetzt liegen Ergebnisse einer randomisierten, verblindeten, Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie vor, die an 33 Standorten in Großbritannien stattfand. Die Wissenschaftler rekrutierten Erwachsene im Alter von 18 bis 84 Jahren.
Alle Teilnehmer erhielten 1:1 randomisiert 2 intramuskuläre 5-μg-Dosen von NVX-CoV2373 oder Placebo im Abstand von 21 Tagen. Als primären Endpunkt definierten Heath und Kollegen eine virologisch bestätigte leichte, mittelschwere oder schwere SARS-CoV-2-Infektion frühestens 7 Tage nach der 2. Injektion bei Teilnehmern, die zu Beginn der Studie serologisch negativ waren.
Wirksamkeit von 86% gegen die Alpha-Variante, 96% gegen andere Varianten
Insgesamt wurden 15.187 Personen randomisiert, und 14.039 wurden in die Analyse eingeschlossen. 27,9% waren 65 Jahre oder älter, und 44,6% hatten Vorerkrankungen. Infektionen wurden bei 10 Teilnehmern in der Impfstoff- und bei 96 in der Placebo-Gruppe nachgewiesen, wobei die Symptome mindestens 7 Tage nach der 2. Injektion auftraten, was einer Wirksamkeit des Impfstoffs von 89,7% entspricht (95%-KI 80,2% bis 94,6%).
Alle 10 Fälle in der Impfstoffgruppe waren mild; kein Patient musste hospitalisiert werden oder starb. 5 Fälle mit schwerem COVID-19 traten in der Placebogruppe auf.
Laut Post-hoc-Analyse zeigte das Vakzin eine Wirksamkeit von 86,3% (95%-KI 71,3% bis 93,5%) gegen B.1.1.7 (Alpha). Für andere Varianten geben die Autoren 96,4% (95%-KI 73,8% bis 99,5%) an. Unerwünschte Reaktionen nach der Impfung waren mild. Die Inzidenz von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen war gering und in beiden Gruppen ähnlich.
?Eine Zweifach-Impfung mit dem NVX-CoV2373-Impfstoff, die erwachsenen Teilnehmern verabreicht wurde, gewährte einen Schutz von 89,7% gegen eine SARS-CoV-2-Infektion und zeigte eine hohe Wirksamkeit gegen die B.1.1.7-Variante?, fassen Heath und Kollegen zusammen.
Long-COVID: Von CFS, Fibromyalgie und dem Post-Borreliose-Syndrom lernen
Klar ist, dass Vakzine einen Weg aus der Pandemie öffnen. ?Jetzt, wo mehr als die Hälfte der Erwachsenen in den USA gegen SARS-CoV-2 geimpft sind, die Masken- und Distanzierungsvorschriften gelockert wurden und die COVID-19-Fälle zurückgehen, ist das Gefühl spürbar, dass das Leben wieder normal werden kann?, schreiben Dr. Steven Phillips und Dr. Michelle A. Williams in einem Kommentar im NEJM. Sie forschen an der COVID Collaborative, Washington DC, und an der Harvard T.H. Chan School of Public Health, Boston.
Sie weisen aber darauf hin, dass zwischen 10% und 30% aller genesenen COVID-19-Patienten auch Monate nach ihrer Infektion noch unter Symptomen leiden. Oft sind Menschen im Alter von um die 40 Jahre betroffen, die mitten im Berufsleben stehen, was dem Krankheitsbild auch eine starke volkswirtschaftliche Bedeutung verleiht.
?Leider deuten die aktuellen Zahlen und Trends darauf hin, dass Long-COVID unsere nächste Katastrophe im Bereich der öffentlichen Gesundheit ist?, so die Einschätzung von Phillips und Williams. Sie raten, das Ausmaß der Erkrankung besser zu erfassen und Lehren aus Fehlern der Vergangenheit im Umgang mit chronischen Krankheitssyndromen nach einer Infektion zu ziehen.
Leider deuten die aktuellen Zahlen und Trends darauf hin, dass Long-COVID unsere nächste Katastrophe im Bereich der öffentlichen Gesundheit ist. Dr. Steven Phillips und Dr. Michelle A. Williams
Problematisch ist nur: Derzeit gibt es keine klar umrissene Definition von Long-COVID, keine objektiven Tests und keine Biomarker. Niemand weiß, wie der zeitliche Verlauf ist oder wie viele Patienten langfristige Symptome haben. Die Pathophysiologie ist ebenfalls unbekannt. Hypothesen reichen von persistierenden Viren bis hin zu Autoimmunreaktionen oder sonstigen chronisch-inflammatorischen Vorgängen.
?Um zu verstehen, warum Long-COVID eine drohende Katastrophe darstellt, müssen wir nichts weiter als auf historische Vorläufer schauen, nämlich ähnliche Postinfektionssyndrome?, schlagen die Autoren vor. Sie nennen das chronische Erschöpfungssyndrom (chronic fatigue syndrome, CFS), Fibromyalgie, das Post-Borreliose-Syndrom oder langfristige Beschwerden nach einem Pfeifferschen Drüsenfieber.
Medizinisch-wissenschaftlich sind die Krankheitsbilder umstritten, was auch für Long-COVID gilt. Manche Forscher vermuten pathophysiologische Ursachen, andere sehen eher nicht-physiologische Gründe, womöglich im psychischen Bereich.
Was ist jetzt zu tun? ?Es besteht daher ein dringender Bedarf an koordinierten nationalen gesundheitspolitischen Maßnahmen und Reaktionen, die unserer Meinung nach auf 5 wesentlichen Säulen aufgebaut sein sollten?, schreiben die Autoren.
Impfungen helfen, COVID-19 ? und damit auch Long-COVID ? zu vermeiden. Gegen die Impfmüdigkeit sollten Regierungen in allen Ländern Kampagnen entwickeln.
Wichtig seien internationale, ausreichend finanzierte Programme, um Long-COVID zu erforschen.
Bei wissenschaftlichen Projekten sollten Erkenntnisse aus Studien zu anderen Postinfektionssyndromen mit einbezogen werden.
Um Patienten mit Long-COVID zu versorgen, seien spezialisierte Behandlungszentren erforderlich. In den USA haben mehr als 30 Krankenhäuser interdisziplinäre Einrichtungen eröffnet.
Ärzte sollten Patienten Glauben schenken, wenn sie über solche Symptome berichten. Betroffene verdienten es, dass man ihnen Empathie entgegenbringe und sie ? soweit möglich ? medizinisch unterstützt.
Die Autoren sind sich einig, dass es sich bei Long-COVID medizinisch und wissenschaftlich um ein langwieriges Unterfangen handele. ?Aber insgesamt können diese 5 Strategien einen großen Beitrag dazu leisten, die zunehmende menschliche Belastung durch Long-COVID zu mindern?, schreiben sie
In der aktuellen Ausgabe des NEJM fassen mehrere Autoren zusammen, was sich bei der Bekämpfung von SARS-CoV-2 bislang getan hat ? und was auf die Gesundheitssysteme noch zukommen wird [1,2,3]. So zeigen Studien, dass die zugelassenen mRNA-Impfstoffe auch unter Real-World-Bedingungen hochwirksam sind. Und in einer Phase-3-Studie erwies sich die neuartige Vakzine NVX-CoV2373 von Novavax als sehr effektiv. Impfungen verhindern zudem nicht nur schwere COVID-19-Verläufe. Sie leisten auch einen Beitrag gegen Long-COVID. Dieses kaum verstandene Postinfektionssyndrom gilt als die große Herausforderung nach der Pandemie.
mRNA-Impfstoffe im Alltag: Gegen welche Symptome sie ab wann schützen
?Es gibt nur wenige Informationen über die Wirksamkeit der mRNA-Impfstoffe BNT162b2 (Pfizer-BioNTech) und mRNA-1273 (Moderna) zur Prävention von Infektionen mit SARS-CoV-2 und zur Abschwächung von COVID-19 unter realen Bedingungen?, schreiben Dr. Mark G. Thompson von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC), Atlanta, und Kollegen. Sie haben daher eine prospektive Kohortenstudie gemacht.
Eingeschlossen wurden 3.975 Mitarbeiter des Gesundheitswesens, Ersthelfer und weitere Angestellte. Vom 14. Dezember 2020 bis zum 10. April 2021 untersuchte Thompsons Team bei allen Probanden wöchentlich Nasenabstriche per RT-PCR.
Dabei wurde SARS-CoV-2 bei 204 Teilnehmern (5%) nachgewiesen, von denen 5 vollständig geimpft waren. Sprich: Die Infektion trat mindestens 14 Tage nach der 2. Dosis auf. 11 Personen mit positivem Nachweis hatten einen teilweisen Impfschutz; sie befanden sich also im Zeitfenster mindestens 14 Tage nach Dosis 1 und weniger als 14 Tage nach Dosis 2. Und 156 Personen waren nicht geimpft worden. 32 Teilnehmer mit unklarem Status schlossen die Forscher aus.
Viruslast reduziert, weniger Fieber, kürzere Krankheitsdauer
Als Impfeffektivität nennen sie 91% (95%-Konfidenzintervall [KI] 76% bis 97%) bei vollständiger Impfung und 81% (95%-KI 64% bis 90%) bei teilweisem Schutz. Selbst ohne 2. Dosis hatten Personen in der Kohorte einen Vorteil. Ihre mittlere virale RNA-Last war um 40% (95%-KI 16% bis 57%) niedriger als bei ungeimpften Teilnehmern. Darüber hinaus war das Risiko für fieberhafte Symptome um 58% geringer (relatives Risiko 0,42, 95%-KI 0,18 bis 0,98). Personen verbrachten auch 2,3 Tage weniger zu Hause im Bett (95%-KI 0,8 bis 3,7).
?Die zugelassenen mRNA-Impfstoffe waren bei Erwachsenen im arbeitsfähigen Alter hochwirksam zur Prävention von SARS-CoV-2-Infektionen, wenn sie unter realen Bedingungen verabreicht wurden?, fassen die Autoren zusammen. ?Vakzine verringerten auch die virale RNA-Last, das Risiko fieberhafter Symptome und die Krankheitsdauer bei Personen, die trotz Impfung eine Durchbruchinfektion hatten.?
Vakzine verringerten auch die virale RNA-Last, das Risiko fieberhafter Symptome und die Krankheitsdauer.
NVX-CoV2373: Impfstoff mit neuartigem Prinzip erweist sich als hochwirksam
Die klinische Entwicklung geht weiter. Forschende Hersteller untersuchen Impfstoffe, die auf anderen Prinzipien beruhen, etwa NVX-CoV2373 (Novavax). Es handelt sich um einen Totimpfstoff mit gentechnisch hergestelltem Virusantigen in Form von Nanopartikeln und einem Adjuvans auf Saponin-Basis.
?Frühe klinische Daten aus Studien ? zeigten, dass der Impfstoff sicher ist und zu einer robusten Immunantwort bei gesunden erwachsenen Teilnehmern führt?, berichten Forscher um Prof. Dr. Paul T. Heath von der University of London. ?Es wurden jedoch zusätzliche Daten zur Wirksamkeit, Immunogenität und Sicherheit dieses Impfstoffs in einer größeren Population benötigt.?
Jetzt liegen Ergebnisse einer randomisierten, verblindeten, Placebo-kontrollierten Phase-3-Studie vor, die an 33 Standorten in Großbritannien stattfand. Die Wissenschaftler rekrutierten Erwachsene im Alter von 18 bis 84 Jahren.
Alle Teilnehmer erhielten 1:1 randomisiert 2 intramuskuläre 5-μg-Dosen von NVX-CoV2373 oder Placebo im Abstand von 21 Tagen. Als primären Endpunkt definierten Heath und Kollegen eine virologisch bestätigte leichte, mittelschwere oder schwere SARS-CoV-2-Infektion frühestens 7 Tage nach der 2. Injektion bei Teilnehmern, die zu Beginn der Studie serologisch negativ waren.
Wirksamkeit von 86% gegen die Alpha-Variante, 96% gegen andere Varianten
Insgesamt wurden 15.187 Personen randomisiert, und 14.039 wurden in die Analyse eingeschlossen. 27,9% waren 65 Jahre oder älter, und 44,6% hatten Vorerkrankungen. Infektionen wurden bei 10 Teilnehmern in der Impfstoff- und bei 96 in der Placebo-Gruppe nachgewiesen, wobei die Symptome mindestens 7 Tage nach der 2. Injektion auftraten, was einer Wirksamkeit des Impfstoffs von 89,7% entspricht (95%-KI 80,2% bis 94,6%).
Alle 10 Fälle in der Impfstoffgruppe waren mild; kein Patient musste hospitalisiert werden oder starb. 5 Fälle mit schwerem COVID-19 traten in der Placebogruppe auf.
Laut Post-hoc-Analyse zeigte das Vakzin eine Wirksamkeit von 86,3% (95%-KI 71,3% bis 93,5%) gegen B.1.1.7 (Alpha). Für andere Varianten geben die Autoren 96,4% (95%-KI 73,8% bis 99,5%) an. Unerwünschte Reaktionen nach der Impfung waren mild. Die Inzidenz von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen war gering und in beiden Gruppen ähnlich.
?Eine Zweifach-Impfung mit dem NVX-CoV2373-Impfstoff, die erwachsenen Teilnehmern verabreicht wurde, gewährte einen Schutz von 89,7% gegen eine SARS-CoV-2-Infektion und zeigte eine hohe Wirksamkeit gegen die B.1.1.7-Variante?, fassen Heath und Kollegen zusammen.
Long-COVID: Von CFS, Fibromyalgie und dem Post-Borreliose-Syndrom lernen
Klar ist, dass Vakzine einen Weg aus der Pandemie öffnen. ?Jetzt, wo mehr als die Hälfte der Erwachsenen in den USA gegen SARS-CoV-2 geimpft sind, die Masken- und Distanzierungsvorschriften gelockert wurden und die COVID-19-Fälle zurückgehen, ist das Gefühl spürbar, dass das Leben wieder normal werden kann?, schreiben Dr. Steven Phillips und Dr. Michelle A. Williams in einem Kommentar im NEJM. Sie forschen an der COVID Collaborative, Washington DC, und an der Harvard T.H. Chan School of Public Health, Boston.
Sie weisen aber darauf hin, dass zwischen 10% und 30% aller genesenen COVID-19-Patienten auch Monate nach ihrer Infektion noch unter Symptomen leiden. Oft sind Menschen im Alter von um die 40 Jahre betroffen, die mitten im Berufsleben stehen, was dem Krankheitsbild auch eine starke volkswirtschaftliche Bedeutung verleiht.
?Leider deuten die aktuellen Zahlen und Trends darauf hin, dass Long-COVID unsere nächste Katastrophe im Bereich der öffentlichen Gesundheit ist?, so die Einschätzung von Phillips und Williams. Sie raten, das Ausmaß der Erkrankung besser zu erfassen und Lehren aus Fehlern der Vergangenheit im Umgang mit chronischen Krankheitssyndromen nach einer Infektion zu ziehen.
Leider deuten die aktuellen Zahlen und Trends darauf hin, dass Long-COVID unsere nächste Katastrophe im Bereich der öffentlichen Gesundheit ist. Dr. Steven Phillips und Dr. Michelle A. Williams
Problematisch ist nur: Derzeit gibt es keine klar umrissene Definition von Long-COVID, keine objektiven Tests und keine Biomarker. Niemand weiß, wie der zeitliche Verlauf ist oder wie viele Patienten langfristige Symptome haben. Die Pathophysiologie ist ebenfalls unbekannt. Hypothesen reichen von persistierenden Viren bis hin zu Autoimmunreaktionen oder sonstigen chronisch-inflammatorischen Vorgängen.
?Um zu verstehen, warum Long-COVID eine drohende Katastrophe darstellt, müssen wir nichts weiter als auf historische Vorläufer schauen, nämlich ähnliche Postinfektionssyndrome?, schlagen die Autoren vor. Sie nennen das chronische Erschöpfungssyndrom (chronic fatigue syndrome, CFS), Fibromyalgie, das Post-Borreliose-Syndrom oder langfristige Beschwerden nach einem Pfeifferschen Drüsenfieber.
Medizinisch-wissenschaftlich sind die Krankheitsbilder umstritten, was auch für Long-COVID gilt. Manche Forscher vermuten pathophysiologische Ursachen, andere sehen eher nicht-physiologische Gründe, womöglich im psychischen Bereich.
Was ist jetzt zu tun? ?Es besteht daher ein dringender Bedarf an koordinierten nationalen gesundheitspolitischen Maßnahmen und Reaktionen, die unserer Meinung nach auf 5 wesentlichen Säulen aufgebaut sein sollten?, schreiben die Autoren.
Impfungen helfen, COVID-19 ? und damit auch Long-COVID ? zu vermeiden. Gegen die Impfmüdigkeit sollten Regierungen in allen Ländern Kampagnen entwickeln.
Wichtig seien internationale, ausreichend finanzierte Programme, um Long-COVID zu erforschen.
Bei wissenschaftlichen Projekten sollten Erkenntnisse aus Studien zu anderen Postinfektionssyndromen mit einbezogen werden.
Um Patienten mit Long-COVID zu versorgen, seien spezialisierte Behandlungszentren erforderlich. In den USA haben mehr als 30 Krankenhäuser interdisziplinäre Einrichtungen eröffnet.
Ärzte sollten Patienten Glauben schenken, wenn sie über solche Symptome berichten. Betroffene verdienten es, dass man ihnen Empathie entgegenbringe und sie ? soweit möglich ? medizinisch unterstützt.
Die Autoren sind sich einig, dass es sich bei Long-COVID medizinisch und wissenschaftlich um ein langwieriges Unterfangen handele. ?Aber insgesamt können diese 5 Strategien einen großen Beitrag dazu leisten, die zunehmende menschliche Belastung durch Long-COVID zu mindern?, schreiben sie
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