http://www.antibuerokratieteam.net/2008/06/30/ich-bin-dann-mal-weg
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den Lebenswirklichkeiten von Asylbewerber_innen in und um Frankfurt
(Oder) am 25.06.2008
Vor einem Jahr gründete sich in Frankfurt (Oder) eine Initiative “ progress “ die es sich zum Ziel
gesetzt hat, etwas gegen den alltäglichen Rassismus in der Stadt zu tun. Schlechte
Lebensverhältnisse von Flüchtlingen in Heimen, verbale und tätliche Angriffe durch Neonazis oder
Diskriminierungserfahrungen im Umgang mit Behörden bestimmen die Lebensverhältnisse von
Flüchtlingen. Ziel dieses Films ist es, über rassistische Zustände mitten in unserer Gesellschaft
aufzuklären und zu animieren, sich gegen diese einzusetzen. Vor diesem Hintergrund entstand eine
Videodokumentation, bei der Asylbewerber_innen aus Frankfurt (Oder) sowie Bürger_innen der
Stadt und ein Anwalt zu Wort kommen, um Probleme aus verschiedenen Perspektiven zu
beleuchten.
Wir sind gespannt, welchen Eindruck die Dokumentation auf die Besucher_innen machen wird.
Nach der Filmpremiere wird diesbezüglich mit den Besucher_innen und Flüchtlingen über die in
der Dokumentation aufgeworfenen Fragen diskutiert.
Termin: 25. Juni 2008 um 19 Uhr im Hörsaal 2 des Gräfin-Dönhoff-Gebäudes der
Europa-Universität Viadrina
Anja Jobst im Auftrag von progress
Kontakt: progress-ffo@web.de
http://www.global-progress.org
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Die Abschieberichtlinie der Europäischen Union bedroht die Menschenrechte
und die internationale Zusammenarbeit. Ein Appell des bolivianischen
Präsidenten Evo Morales Ayma
Von Evo Morales Ayma
Mit nachfolgendem Brief wandte sich Evo Morales am Dienstag gegen die
geplante Abschieberichtlinie der EU. Das Dokument wurde in Bolivien im
Internet veröffentlicht und von den Botschaften verbreitet.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war Europa ein Kontinent der
Emigranten. Dutzende Millionen Europäer gingen nach Amerika, als
Kolonisten, vertrieben von Hunger, Finanzkrisen, Kriegen oder auf der Flucht
vor totalitären Regimen und der Verfolgung ethnischer Minderheiten.
Heute verfolge ich mit Besorgnis die Verhandlungen über die sogenannte
Abschieberichtlinie der EU. Der Text, der am 5. Juni von den Innenministern
der 27 Mitgliedsstaaten verabschiedet wurde, soll am 18. Juni im
Europäischen Parlament zur Abstimmung stehen. Ich bin sicher, daß die
Regelung auf drastische Weise die Voraussetzungen für Inhaftierung und
Ausweisung von Migranten ohne Papiere verschärfen würde, wie lange sie
sich auch schon in den europäischen Ländern aufhalten mögen; ungeachtet
ihrer Arbeitssituation, ihrer familiären Beziehungen, ihres
Integrationswillens und ihrer Integrationsfortschritte.
In die Länder Lateinamerikas und nach Nordamerika kamen die Europäer
massenweise, ohne Visa und ohne Bedingungen, die ihnen von den Behörden
gestellt wurden. Heute wie damals sind sie willkommen in unseren Ländern
des amerikanischen Kontinents, der damals mit den Flüchtlingen auch das
wirtschaftliche Elend Europas und seine politischen Krisen aufgenommen hat.
Die Europäer waren auch auf unseren Kontinent gekommen, um seine
Reichtümer auszubeuten und nach Europa zu schicken. Der Preis für die
Urbevölkerungen Amerikas war hoch, wie das Beispiel der Stadt Potosí am
Fuße des Cerro Rico mit seinen berühmten Silberminen zeigt. Sie lieferten
dem europäischen Kontinent seit dem 16.Jahrhundert und bis zum
19.Jahrhundert den Rohstoff für Münzen.
Die europäischen Migranten, ihr Hab und Gut sowie ihre Rechte wurden bei
uns immer respektiert.
Wirtschaftsfaktor Migration
Heute ist die Europäische Union das Hauptziel der Migranten der Welt. Der
Grund ist der gute Ruf der Europäischen Union als Region von Prosperität
und öffentlichen Freiheiten. Die Migranten kommen mehrheitlich in die EU,
um zu dieser Prosperität beizutragen, nicht um sich ihrer zu bedienen. Sie
wirken bei öffentlichen Arbeiten mit, in der Baubranche, im Bereich der
Dienstleistungen und in Krankenhäusern. Sie übernehmen meist Tätigkeiten,
die Europäer nicht ausüben können oder wollen. Sie tragen zur
demographischen Dynamik des europäischen Kontinents bei, zur
Aufrechterhaltung des notwendigen Verhältnisses zwischen aktiven und
passiven Arbeitskräften, das seine großzügigen sozialen Systeme möglich
macht. Sie geben dem Binnenmarkt neue Impulse und stützen den sozialen
Zusammenhalt. Die Migranten bieten eine Lösung für die demographischen und
finanziellen Probleme der EU.
Uns wiederum bieten die Migranten eine Hilfe zur Entwicklung, die uns die
Europäer verweigern – da nur wenige Länder tatsächlich das Minimalziel
von 0,7 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Entwicklungshilfe
aufwenden. Lateinamerika erhielt im Jahr 2006 indes 68 Milliarden US-Dollar
Geldüberweisungen von Migranten. Das ist mehr das Doppelte der
ausländischen Investitionen in unseren Ländern.
Weltweit erreichen diese Überweisungen von Migranten an ihre Familien 300
Milliarden US-Dollar. Dieser Betrag übersteigt die 104 Milliarden US-Dollar
Entwicklungshilfe bei weitem. In meinem eigenen Land, Bolivien, entsprechen
die Überweisungen mehr als zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes, rund
1,1 Milliarden US-Dollar und dem Wert eines Drittels unserer jährlichen
Gasexporte.
Die Wirtschaftskraft der Migranten ist trotzdem vor allem für die Europäer
von Vorteil und nur marginal für uns in der Dritten Welt. Wir verlieren
Millionen unserer qualifizierten Arbeitskräfte, in die unsere Staaten,
obwohl sie arm sind, unzählige Ressourcen investiert haben.
Leider verschlimmert die Abschieberichtlinie der EU diese Situation in
erschreckender Weise. Auch wenn wir davon ausgehen, daß jeder Staat oder
jede Staatengruppe die eigene Migrationspolitik in voller Souveränität
definieren kann, können wir nicht akzeptieren, daß unseren Mitbürgern und
lateinamerikanischen Brüdern die Grundrechte verweigert werden. Denn die
EU-Abschieberichtlinie sieht die Möglichkeit der Einkerkerung der Migranten
ohne Papiere bis zu 18 Monate vor. Danach folgt die Ausweisung oder ihre
»Entfernung«, wie der exakte Terminus der Direktive lautet. 18 Monate!
Ohne Urteil und Gerechtigkeit! Der vorliegende Entwurf der Richtlinie
verletzt damit eindeutig die Artikel 2, 3, 5, 6, 7, 8 und 9 der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte von 1948. Darin heißt es unter anderem:
»Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und
seinen Aufenthaltsort frei zu wählen«. Und weiter: »Jeder hat das Recht,
jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land
zurückzukehren.«
Und was das Schlimmste ist: Es wird die Möglichkeit geschaffen, Mütter und
Minderjährige, ohne ihre familiäre oder schulische Situation zu
berücksichtigen, in Internierungszentren einzusperren. Die Folge sind
Depressionen, Hungerstreiks und Selbstmorde. Wie können wir tatenlos
akzeptieren, daß Mitbürger und lateinamerikanische Brüder ohne Papiere in
Lagern eingepfercht werden? Und das, obwohl sie mehrheitlich seit Jahren
dort gearbeitet haben und integriert sind. Auf welcher Seite besteht heute
die Pflicht zu humanitärer Einmischung? Was ist mit der
»Bewegungsfreiheit«, mit dem Schutz gegen willkürliche Haft?
Appell an das Gewissen
Parallel zu dieser Politik versucht die Europäische Union, die
Andengemeinschaft (Bolivien, Kolumbien, Ecuador und Peru) davon zu
überzeugen, ein »Assoziierungsabkommen« zu unterzeichnen, das einen
Freihandelsvertrag einschließt, der sich in Charakter und Inhalt nicht von
den Verträgen unterscheidet, die die Vereinigten Staaten unseren Ländern
aufzwingen.
Wir stehen unter intensivem Druck aus der Europäischen Kommission, die
vollständige Liberalisierung im Handel, in den Finanzdienstleistungen, beim
intellektuellen Eigentum und in unseren öffentlichen Diensten zu
akzeptieren. Außerdem bedrängt man uns unter dem Vorwand des
»juristischen Schutzes« wegen der Nationalisierung von Wasser, Gas und
Telekommunikation, die wir am Internationalen Tag der Arbeit vorgenommen
haben. Ich frage: Wo ist die »juristische Sicherheit« für unsere Frauen,
unsere Jugendlichen, Kinder und Werktätigen, die in Europa bessere
Aussichten suchen? Die Freiheit des Handels und der Finanzen soll
gewährleistet werden, während wir unsere Brüder in Gefängnissen ohne
Urteil sehen. Dies zu akzeptieren hieße, die Grundlagen der Freiheit und
der demokratischen Rechte negieren.
Wenn die Abschieberichtlinie verabschiedet werden sollte, stehen wir vor
einem ethischen Dilemma. Die Verhandlungen über Handelsfreiheit mit der EU
könnten nicht vertieft werden. Wir behalten uns auch das Recht vor, für
EU-Bürger die gleichen Visapflichten festzulegen, die den Bolivianern seit
dem 1. April 2007 auferlegt werden. Bisher haben wir nichts unternommen,
weil wir auf günstige Signale aus der EU gehofft haben.
Die Welt, ihre Kontinente, ihre Ozeane und ihre Pole sind von Problemen
belastet: die globale Erwärmung, die Verschmutzung, der langsame aber
sichere Verbrauch der Energieressourcen und die bedrohte Biodiversität.
Hunger und Armut wachsen in allen Ländern und schwächen unsere
Gesellschaften. Die Migranten, ob mit oder ohne Papiere, zu Sündenböcken
für diese globalen Probleme zu machen, ist keine Lösung. (...) Diese
Probleme sind das Ergebnis eines vom Norden aufgezwungenen
Entwicklungsmodells, das den Planeten zerstört und die Gesellschaften der
Menschen fragmentiert.
Im Namen des Volkes von Bolivien, aller meiner Brüder auf dem Kontinent und
in Regionen der Erde wie dem Maghreb und den übrigen Ländern Afrikas
richte ich einen Appell an das Gewissen der führenden europäischen
Politiker und Abgeordneten, der Völker, Bürger und politisch aktiven
Kräfte Europas: Die Abschieberichtlinie darf nicht verabschiedet werden. Es
ist eine Direktive der Schande. Ich appelliere an die EU, in den nächsten
Monaten eine Migrationspolitik zu erarbeiten, die die Menschenrechte
respektiert, die es ermöglicht, diese vorteilhafte Dynamik zwischen den
beiden Kontinenten zu erhalten. Ich appelliere an sie, die gewaltigen
historischen, wirtschaftlichen und ökologischen Schulden zu begleichen, die
die Länder Europas gegenüber einem großen Teil der Dritten Welt haben.
Die offenen Adern Lateinamerikas müssen verheilen. (Anspielung auf das Buch
»Die offenen Adern Lateinamerikas« des Uruguayers Eduardo Galeano)
Die »Integrationspolitik« darf heute nicht auf die gleiche Weise versagen,
wie die »zivilisatorische Mission« in der Zeit der Kolonien gescheitert
ist. Nehmen Sie alle, Regierungsvertreter, Europa-Parlamentarier,
Compañeras und Compañeros, brüderliche Grüße aus Bolivien entgegen.
Unsere Solidarität gilt besonders allen »Illegalen«.
Evo Morales Ayma amtiert seit Januar 2006 und ist der erste indigene
Präsident der Republik Bolivien
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minderschweren Fall der Körperverletzung mit Todesfolge. Das Urteil ist Ausdruck von Missachtung sozial Randständiger
*
In der vorigen Woche wurde am Landgericht Erfurt das Urteil im Prozess um den
gewaltsamen Tod von Hartmut Balzke (48) am 25. Januar 2003 in Erfurt in
Folge eines rechtsextremen Angriffs verkündet. Die 2.
Schwurgerichtskammer verurteilte den mittlerweile 28-jährigen Dirk Q. zu
zwei Jahren Haft auf zwei Jahre Bewährung und zu 200 Stunden
gemeinnütziger Arbeit. Damit folgte das Gericht im Wesentlichen dem
Antrag der Staatsanwaltschaft. Hinsichtlich des Todes von Hartmut Balzke
ging die Kammer von einem minderschweren Fall der Körperverletzung mit
Todesfolge aus. Die gezielten Schläge und Tritte gegen den wehrlos am
Boden liegenden überlebenden Nebenkläger Sebastian Q. ahndete die Kammer
als einfache Körperverletzung.
In ihrer Urteilsbegründung führte die Kammer aus, dass Dirk Q. Hartmut
Balzke so schlug, dass er stürzte und sich dadurch die tödliche
Kopfverletzung zuzog. Bei dem Angriff auf den im Prozess als Nebenkläger
auftretenden Sebastian Q. ging sie davon aus, dass Dirk Q. ihn ebenfalls
niederschlug und auf ihn eintrat. Allerdings, so die Kammer, hätten die
Tritte gegen den Kopf des Betroffenen, die zu dem Gesichtstrümmerbruch
führten, auch von anderen, unbekannt gebliebenen Angreifern ausgeführt
worden sein können.
Darüber hinaus bezeichnete die Kammer die Tatsache, dass zwischen der
Tat und der erstinstanzlichen Verhandlung fünfeinhalb Jahre gelegen
haben, als "rechtswidrig". Die Tatsache, dass Q. nach dem Tod von Balzke
nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, veranlasste die
Kammer in ihrer Urteilsbegründung dazu, den Tod von Balzke als einen
"heilsamen Schock" für den Angeklagten zu bezeichnen.
"Das Urteil und das gesamte Strafverfahren sind Ausdruck einer tiefen
Missachtung gegenüber Punks und sozial Randständigen. Offenbar sind sie
in den Augen der Richter Opfer zweiter Klasse." resümiert eine
Sprecherin der Mobilen Opferberatung. Die Nebenkläger werden bis Anfang
nächster Woche über das Einlegen von Rechtsmitteln entscheiden.
Der Ausgangspunkt: Rechte Provokation bei Punk-Party
Am 25. Januar 2003 versuchte Dirk Q. sich gemeinsam mit einem
"Kameraden" Zutritt zu einer Party von Punks im Stadtteil Erfurt-Nord zu
verschaffen. Die Gastgeber der Party verwehrten ihnen aufgrund ihrer
Zugehörigkeiten zur rechtsextremen Szene den Zutritt. Daraufhin
provozierten Q. und sein Begleiter bewusst weiter; die beiden Männer
riefen immer wieder "kommt doch her, kommt doch her" und wollten ganz
offensichtlich eine Schlägerei auf offener Straße auslösen.
Tatsächlich begaben sich dann einige Partygäste aus der Punkszene, die
ohnehin zum Alternativen Jugendzentrum wollten, auf die Straße und
begannen, die beiden Neonazis zu verfolgen. Dabei kam es zu einer
Auseinandersetzung, an deren Ende Dirk Q. eine leichte Stichverletzung
durch ein Messer erlitt. Es ist bis heute ungeklärt, wer Dirk Q. diese
Stichverletzung zufügte.
Gesichert ist hingegen, dass Dirk Q. daraufhin in der Triftstraße
zunächst eine Kneipe namens "Werners Billard Pub" betrat. Die Kneipe
galt nach Aussagen von Bewohnern des Viertels als Treffpunkt für Gäste,
die sich der politischen Rechten zuordnen. Als Dirk Q. die Gaststätte
wieder verließ, befanden sich noch Hartmut Balzke sowie der Nebenkläger
Sebastian Q. in unmittelbarer Nähe der Kneipe. Es ist unklar, wie viele
Personen zusammen mit dem Angeklagten die Kneipe verließen und Hartmut
Balzke sowie Sebastian Q. angriffen.
Schläge und Tritte gegen Wehrlose
Unterschiedliche ZeugInnen haben im Prozess am Landgericht Erfurt
ausgesagt, dass sie beobachtet haben, wie ein großer, breitschultriger
Mann mit heller Jacke und Basecap zunächst Hartmut Balzke gezielt mit
der Faust schlug, so dass dieser zusammensackte und "wie ein nasser
Sack" und mit dem Hinterkopf auf der Straße aufschlug. Hartmut Balzke
erlitt durch den Aufprall eine tödliche Hirnschwellung. Darüber hinaus
haben mehrere Zeugen beschrieben, wie der gleiche Mann den jetzigen
Nebenkläger Sebastian Q. niederschlug und dann mit brutaler Gewalt
mehrfach gegen den Oberkörper und Kopf des bewusstlos am Boden Liegenden
trat. Sebastian Q. erlitt einen Gesichtstrümmerbruch -- er trägt seit
dem Angriff mehrere Implantate im Kopfbereich. Zwei der Zeugen betonten
im Landgericht, dass das Ereignis zwar schon fünf Jahre her sei. Die
Bilder aber, wie dieser Mann -- bei dem es sich nach den Beschreibungen
der Zeugen um den Angeklagten Dirk Q. handelte -- auf sein regungslos am
Boden liegendes Opfer eintrat, könnten sie nicht vergessen.
Dirk Q. wurde am Tatort zunächst nicht festgenommen, sondern in einem
Krankenwagen abtransportiert, aus dem er flüchtete. Erst drei Tage nach
dem Tod von Hartmut Balzke fand eine Hausdurchsuchung bei Dirk Q. statt;
die Jacke war inzwischen entsorgt, das T-Shirt, was er am Tatabend
getragen hatte, gewaschen. Dennoch fanden sich an seinen Schuhen
Blutspuren, die von dem Nebenkläger Sebastian Q. stammten.
Sowohl Hartmut Balzke als auch Sebastian Q. waren nicht in der Lage
gewesen, sich gegen den Angriff zu wehren. Beide waren mit 3,1 und 2,9
Promille so stark alkoholisiert, dass an eine Gegenwehr nicht mehr zu
denken war -- und dass dies für alle Angreifer erkennbar war.
Ein Toter vom Rand der Gesellschaft: Für die Thüringer Justiz eine Bagatelle
Obwohl Dirk Q. schnell unter dringendem Tatverdacht stand, Hartmut
Balzke den tödlichen Schlag versetzt und den Nebenkläger Sebastian Q.
schwerste Kopfverletzungen zugefügt zu haben, wurde er -- trotz
laufender Bewährung -- nicht in Untersuchungshaft verbracht.
Ein absolut unüblicher Vorgang: Denn Dirk Q. war zum Zeitpunkt des
Angriffs unter Bewährung: gerade einmal zwei Monate zuvor war er im
November 2002 u.a. wegen Körperverletzung und dem Zeigen des
Hitlergrußes zu einer Jugendstrafe von einem Jahr auf Bewährung
verurteilt worden.
Im November 2003 erhob die Staatsanwaltschaft Erfurt dann Anklage gegen
Dirk Q. wegen Körperverletzung und Körperverletzung mit Todesfolge. Doch
dann passierte drei Jahre lang gar nichts. Im Dezember 2006 lehnte die
1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Erfurt die Zulassung der
Anklage ab; es habe sich lediglich um eine "Schlägerei mit Todesfolge"
gehandelt, so das Gericht. Gegen den Beschluss legte die
Staatsanwaltschaft Erfurt beim Oberlandesgericht Thüringen erfolgreich
Beschwerde ein. Am 5. März 2007 entschied das OLG Thüringen, Dirk Q. sei
im Sinne der ursprünglichen Vorwürfe vor einer anderen Kammer des
Landgerichts Erfurt anzuklagen. Dann dauerte es noch einmal ein Jahr,
bis zum 10. März 2008, bis der Prozess vor der 2. Schwurgerichtskammer
des Landgerichts Erfurt begann.
"Diese jahrelange Verzögerung ist rechtlich gesehen absolut unerklärlich
ebenso wie die Tatsache, dass der damals unter Bewährung stehende
Beschuldigte nicht in Untersuchungshaft genommen wurde", kritisiert
Nebenklägervertreter Scharmer.
Das Gericht ignoriert rechtsextreme Gefahr
"Im Prozess wurde deutlich, dass der Tod von Hartmut Balzke von der
Thüringer Justiz lediglich als Bagatelle angesehen wird," stellt eine
Sprecherin der Mobilen Opferberatung fest. Zudem legte das Schwurgericht
eine völlige Missachtung für die Situation der Nebenkläger und deren
Umfeld aus der Punkszene an den Tag. So bestand der Vorsitzende Richter
darauf, dass alle Zeugen ihre Anschrift und Wohnort laut zu nennen
hatten. Ein absolut unübliches Vorgehen in Prozessen, bei denen die
Zeugen erkennbar Angst vor rechtsextremen Racheakten haben -- und diese
Angst ist angesichts der Bedrohung von allen in Thüringen, die nicht ins
rechte Weltbild passen, mehr als berechtigt ist. Zuletzt war es im März
2008 zu einem schweren Angriff von einem Dutzend Neonazis auf bekannte
antifaschistische AktivistInnen in Erfurt gekommen. Dabei wurde ein
Betroffener bis zur Bewusstlosigkeit getreten.
Zwei der Zeugen aus der Punkszene wurden im Gerichtssaal verhaftet, weil
sie u.a. Geldstrafen wegen Beleidigungen von Polizeibeamten nicht
bezahlt hatten; einer der Zeugen muss deshalb eine Ersatzfreiheitsstrafe
von einem Jahr absitzen. Demgegenüber hat die Staatsanwaltschaft für den
Angeklagten Dirk Q. für die Tatbestände der Körperverletzung und der
Körperverletzung mit Todesfolge lediglich eine Bewährungsstrafe von zwei
Jahren gefordert. Das Gericht hatte sich zuvor geweigert, auf Antrag
der Nebenklage einen rechtlichen Hinweis zu erteilen, dass es sich bei
den Tritten auf den Kopf des Nebenklägers Sebastian Q. keineswegs um
eine einfache Körperverletzung, sondern nach gängiger Rechtssprechung um
eine gefährliche Körperverletzung gehandelt habe.
Punks und sozial Randständige als Opfer zweiter Klasse
Hartmut Balzke ist einer von mehr als 120 Menschen, der seit 1990 an den
Folgen rechtsextremer oder rassistischer Gewalt in Deutschland gestorben
sind. Der 48-jährige Familienvater aus Forst (Brandenburg) kam aus einem
sozial randständigen Milieu und hatte am 25. Januar 2003 seinen Sohn
Daniel zu einem Ausflug zu Freunden nach Erfurt begleitet. Zwei Jahre
nach dem Tod von Hartmut Balzke nahm sich dessen Ehefrau das Leben: Der
Sohn ist nun Vollwaise.
Für Rückfragen:Mobile Opferberatung unter der
Telefonnummer 01 70 / 2 92 53 61.
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http://rebellmarkt.blogger.de/stories/1156114/
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Die schäbigen Mietskasernen mit ihren zu kleinen Wohnungen mit Plumpsklo auf dem Treppenhaus, Gaslicht und Kanonenofen und Waschküche im Keller, in denen zu Zeiten der Dampmaschine die Arbeiter hausten sind heute teilweise zu schicken Lofts umgebaut. Die Leute, die hier heute wohnen, gehören zur kreativen oder akademischen Intelligenz und rümpfen tendenziell die Nase über die Spießer in ihren Einfamilienhäusern am Stadtrand.

Das Haus und die Dampfmaschine gehören zwar noch in den Horizont unserer Zeit, aber eben nur in dem Sinne wie die Türme aus weißen Kanvaswolken, Klipper genannt, als Transportmittel für Tee, Wolle, Opium und Sklaven. Um die Hälfte näher an uns dran ist dieses Stahlross hier, doch damit zu fahren hat die gleiche Art von Coolness wie das Wohnen im Loft - älter als sein Besitzer ist es allemal. Und wie Dampfmaschine und Haus ist seine heutige Nutzung sozusagen ein Transfer gegenüber dem Ursprung: Damals war ein Motorrad ein Fahrzeug für Leute, die sich kein Auto leisten können, heute ein Zweit- oder Drittfahrzeug mit Kultstatus.

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http://www.brainworker.ch/WAP/Liberalismus_3.htm
http://www.reitschule.ch/reitschule/anti-wto/texte/megafon_diedingebeimnamen.shtml
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Ein Rokoko-Atlant geht eine organische Verbindung ein mit einem geometrischen Muster, das spezifisch spätes 19. Jahrhundert ist.


Die Rosette zeigt besonders deutlich, dass hier ein Spiel gespielt wird: Die Stuck- und Steinfassaden des Barock und Rokoko, auch noch des Klassizismus verkleideten die dahinter befindlichen Ziegelmauern komplett, sie sollten über die wahre Bausubstanz hinwegtäuschen. Hier hingegen wird der Zierat von der tatsächlichen Struktur abgesetzt und als reine Dekoration präsentiert. Im Gegensatz zur Kopie antiker Baustile im Historismus erfolgt das Zitat vergangener Stile sozusagen auf aufgeklärte Weise.

Und ich überlege mir, ob sich eine solche Philosophie nicht auf modernes Bauen übertragen ließe - etwa Bauhausstil mit kubistischen Masken als Fassadenschmuck o.ä.. Zitieren ohne zu kopieren, das wäre wichtig.
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http://www.antibuerokratieteam.net/2008/06/03/der-abbau-von-vorurteilen/#comment-52822
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Der Ablauf der Ereignisse ist Gegenstand eines kurz vor dem Abschluss stehenden Verfahrens vor dem Landgericht Erfurt. Anscheinend hatte der Angeklagte Dirk Q. zusammen mit einem anderen Rechtsradikalen bei einer bekannten Punker-Wohngemeinschaft im Ammertalweg geklingelt und gefragt, ob er sich auf ein Bier einladen darf. Allen Beteiligten muss klar gewesen sein, daß kein rechter Skinhead ernsthaft mit Punks Bier trinken will, sondern eine Provokation vorlag, die auch weiter geführt wurde. Nachdem der Einlass verwehrt wurde, haben die Rechten durch Gesten und Sprüche die Konfrontation mit den Punks gesucht, so Staatsanwalt Scholz am vorletzten Verhandlungstag. Ob es danach zu zwei- oder dreimaligem Schlagabtausch gekommen ist, lässt sich aus den Aussagen der mehr als 40 ZeugInnen nicht eindeutig rekonstruieren. Fest steht, daß mehrere Anwohner unabhängig voneinander gesehen haben, wie der Angeklagte die beiden Geschädigten mit der Faust zu Boden schlug – mit Faustschlägen, die die Gesichtsknochen des einen zertrümmerten und die in der Folge zum Tod des anderen Geschädigten geführt haben.
Die polizeilichen Ermittlungen im Jahr 2003 beginnen damit, die Opfer und ZeugInnen der Gewalttat mit Blaulicht zuhause abzuholen, und unter Druck zu vernehmen. Auch werden andere Angehörige der Punk-Szene auf der Straße von der Polizei angehalten und durchsucht, vermeintlich gefährliche Gegenstände beschlagnahmt - bis nach einer Woche auffällt, daß es keine Rechtsgrundlage dafür gibt.
Am 9.11.2003 erhebt die Staatsanwaltschaft Erfurt Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge.
Dann liegen die Akten auf einem Stapel. Und liegen, bis die erste Strafkammer des Gericht am 22.12.2006 beschließt, das Verfahren ans Amtsgericht zu geben. Dazu ein Betroffener: „Scheinbar ist der Tod eines Punks nicht wichtig genug für die Thüringer Justiz“. Gegen die Entscheidung geht eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft ein, der diese Bagatellisierung rechter Gewalt anscheinend doch zu weit geht. Auch danach passiert wieder lange nichts, bis das Oberlandesgericht am 5.3.2007 den Fall zurück an das Landgericht gibt, daß dann am 12.3.2008 — mehr als fünf Jahre nach der Tat — die Hauptverhandlung eröffnet.
In der Verhandlung wird die ganz besondere Thüringer Linie fortgesetzt. Einer der damals beteiligten Punks kann unter dem Druck der belastenden Situation nicht aussagen und wird vom Vorsitzenden Richter in Erzwingungsgewahrsam geschickt - er wird beim nächsten Verhandlungstag am 26.5. in Hand- und Fußfesseln vorgeführt und wird auch so bald nicht mehr die Justizvollzugsanstalt verlassen. Der junge Mann konnte einige Geldstrafen nicht aufbringen und verbüßt bis Mitte des nächsten Jahres eine Ersatzfreiheitsstrafe.
Der Angeklagte muss indessen wahrscheinlich weniger Repression fürchten. Durch die ewig lange Verschleppung des Verfahrens sind seine Bewährungsfristen aus früheren Delikten erlassen worden. Ebenso sind die Verjährungsfristen für etwaige zivilrechtliche Ansprüche der Opfer abgelaufen - so zumindest die Rechtsauffassung des Vorsitzenden der zweiten Strafkammer.
Positiv sind den Angeklagten — da sind sich die Prozessbeteiligten einig — zuzurechnen, daß er immer pünktlich und ordentlich zum Verfahren erschienen ist. Anders als der Nebenkläger, der vom Richter ermahnt wurde, doch nicht so oft den Gerichtssaal während der Verhandlung zu verlassen.
Die Staatsanwaltschaft beantragt also eine Bewährungsstrafe von 2 Jahren und 100 Arbeitsstunden für einen minderschweren Fall von Körperverletzung mit Todesfolge in Tatmehrheit mit Körperverletzung.
Die GewerkschafterInnen gegen Rechts erklären zu diesem Vorgang: „Es liegt uns fern, härtere Strafen zu fordern. Aber die Konsequenz, mit der in diesem Vorgang die Tat verharmlost, ihre Aufklärung verschleppt und die Opfer schikaniert wurden, ist ein Skandal. Der selbe Justizapparat, der in Thüringen alle Hebel in Bewegung setzt, um eine schnelle und harte Betrafung von AntifaschistInnen zu erreichen, lässt sich im vorliegenden Fall alle Zeit der Welt.“
Das Urteil wird aller Voraussicht nach am 19.6. um 9.45 vor dem Landgericht Erfurt verkündet.
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Ansonsten können auch größere Blöcke durchaus Ästhetik, Funktionalität und Wohnkomfort in überzeugender Weise verbinden.


Ein Blog weiter war gerade von Idyllen die Rede. Nun, da rangiert bei mir der eigene Garten ganz weit vorne.

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Autoren des "Schwarzbuches Markenfirmen", ein prominenter Gast nach
Hildesheim (Ort und Zeit siehe unten). Das in
zehn Sprachen und gut 6-stelliger Auflage erschienene Buch hat viel Staub
aufgewirbelt. Auf die Frage, ob die Autoren von kritisierten
transnationalen Konzernen verklagt worden wären, antworten sie im Vorwort:
"Nein. Von keinem einzigen. Das liegt zum einen daran, dass wir uns bei
den Recherchen an belegbare Fakten gehalten haben. Gleichzeitig wissen die
großen Konzerne, dass jede Klage oder Bedrohung die geballte
Medienaufmerksamkeit auf das betreffende Unternehmen lenken würde."
Wer wissen möchte, welche Kritik Klaus Werner an Markenkonzerne wie
adidas, Puma oder Nike richtet, ist herzlich eingeladen, die
Veranstaltung am 10.6. in Hildesheim oder am 11.6. in Hannover zu
besuchen. Denn, wie Klaus Werner auf seine Homepage
(http://www.weltnachrichten.org/) zitiert:
"Ich würde nie ein Buch lesen, wenn ich die Gelegenheit hätte, mich eine
halbe Stunde mit dem Mann zu unterhalten, der es geschrieben hat."
(Woodrow Wilson)
Die Veranstaltung findet in einer Kooperation von EL PUENTE, dem Verband
Entwicklungspolitik Niedersachsen und der Volkshochschule Hildesheim
statt.
Zur Veranstaltung:
Dienstag, 10.6.2008
19 Uhr
Riedel-Saal
Volkshochschule Hildesheim
Pfaffenstieg 4-5
31134 Hildesheim
(und wer in HI nicht kann:)
Mittwoch, 11.6.2008
19 Uhr
Pavillon Hannover
Lister Meile 4
30161 Hannover
Macht und Machenschaften der Markenkonzerne
Am Beispiel Sportbekleidung - mit Klaus Werner ("Schwarzbuch Markenfirmen")
Mit den Olympischen Spielen in China sowie der Fußball-EM in Österreich
und der Schweiz stehen in diesem Jahr zwei sportliche Großereignisse an.
Die Fans freuen sich. Die Sportbekleidungsindustrie auch - über die zu
erwartenden Gewinne. Was steckt jedoch hinter den großen Playern wie
Adidas, Puma oder Nike? Worauf stößt man, wenn man nachforscht, welchen
Weg die beliebten Produkte hinter sich haben, bevor sie die Ladentheke
erreichen? Bestsellerautor Klaus Werner hat geforscht. Er berichtet von
seinen Recherche-Ergebnissen, die im „Schwarzbuch Markenfirmen“
veröffentlicht wurden. Er deckt Hintergründe auf und zeigt, wie sich
jede(r) einzelne für Arbeits- und Menschenrechte einsetzen kann.
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Eilentscheid den Antrag auf Aussetzung der Abschiebung von Mohammed Sbaih
positiv entschieden. Das teilte die Karawane für die Rechte der
Flüchtlinge und Migranten in Hamburg mit. Der
Palästinenser war einer der Sprecher der im Barackenlager Katzhütte
(Thüringen) untergebrachten Flüchtlinge, die dort wiederholt gegen
menschenunwürdige Zustände protestiert hatten. Die Karawane wies darauf
hin, daß die Aussetzung der Abschiebung nur aus formalen Gründen verfügt
wurde und daher mit weiteren Versuchen der Ausländerbehörden zu rechnen
sei.
Ist ja auch praktisch: Flüchtlinge, die sich für ihre Rechte engagieren sofort deportieren. Deutschland ist überhaupt ein sehr praktisches Land, in dem oft die Flüchtlingsunterkünfte direkt am Flughafen sind.
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Es empfing ihn ein in eine Azzarro-Wolke gehüllter junger Mann von vielleicht 23 Jahren im Armani-Anzug, mit einem Pfund Pomade im Haar, fettem goldenen Siegelring und einer ebenso protzig wie billig aussehenden Uhr made in Singapore.
Sein Gegenüber erwiderte weder seinen Gruß, noch stellte er sich namentlich vor, sondern blätterte heftig schwitzend in der Bewerbungsmappe meines Freundes und fragte, ohne ihm ins Gesicht zu sehen: “Wieso haben Sie sich beworben, um bei uns als Trainer für Trainer zu arbeiten?”. Es klang wie “was willst Du Wichser hier?”. Um es kurz zu machen, unter Trainer für Trainer war nichts anderes zu verstehen als ein Coach für Motivationstrainer im Strukturvertrieb, eine Tätigkeit so halbwegs zwischen Drückerkolonne und Scientology. Und dafür werden Akademiker gesucht….
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http://www.washingtonpost.com/wp-srv/nation/specials/immigration/
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Lenins “Umwandlung des Weltkriegs in einen Bürgerkrieg” war die kaltblütige und terroristische Beseitigung jener Massen, die die Revolution insgesamt gemacht hatten und für die die Bolschewiki die Oktoberrevolution gemacht zu haben behaupteten. Nach dem Ende des offenen Bürgerkriegs setzte dieser sich als sozialer Bürgerkrieg unter Stalin fort: Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, Säuberung des Militärs, Massenhinrichtung “unerwünschter” Bevölkerungsgruppen (”gewesene Menschen”, Vorbild für Orwells Begriff “Unpersonen”), Schauprozesse gegen die ganze bolschewistische Elite, schließlich sogar Massenhinrichtungen der Geheimdienstmörder selber.
Heiner Müllers Stück “Mauser” um den im Akkord hinrichtenden Genickschützen, der wegen Planübererfüllung am Ende selbst hingerichtet wird, beschreibt diese Zeit ganz gut. Aber auch das deutsche Programm sah ähnlich aus. So war 1920 mit “Die Freigabe der Tötung lebensunwerten Lebens, ihr Maß und ihre Form” von Binding und Hoche im demokratischen Staat bereits die Blaupause für das Massenmordprogramm der Nazis geliefert worden. Horrorszenarien von einer “Überschwemmung der Bevölkerung” mit erblich Geisteskranken und Behinderten beherrschten den gesundheitspolitischen Diskurs der Weimarer Republik.
Mit der Lenkung des Augenmerks auf die angeblich am “Volkskörper schmarotzenden” Anstaltsinsassen versuchte sich der Staat von seiner Verantwortung für die Kriegsversehrten loszusagen, und praktisch die gesamte Anthropologie und Humanbiologie arbeitete ihm hierbei begeistert zu. Ein anderer, nämlich der nationalsozialistische Staat sollte es diesen Wissenschaften danken, indem er ihnen massenweise “Menschenmaterial” für ihre Laboratorien zur Verfügung stellte. “Euthanasie”, Shoah und Vernichtungskrieg bedeuteten die Aufnahme der sowjetischen Sozialpolitik durch Vernichtung mit noch brutaleren Mitteln und einer beispiellos effizienteren Bürokratie.
Der italienische und österreichische Faschismus hatten vor den gleichen Konsequenzen zurückgeschreckt und lediglich Knast, Verbannung, Zensur und im Falle Italiens sozialimperialistische Feldzüge gegen Albanien und Abessinien als Mittel eingesetzt, das Grundprinzip war aber das Gleiche: Soziale Forderungen und Ansprüche der Massen gar nicht erst aufkommen zu lassen, indem die Dynamik des Terrors in Gang gesetzt wurde.
Diese Wirkungsgeschichte war mit dem Zweiten Weltkrieg keineswegs zu Ende, sondern setzt sich bis heute fort, ob chinesische Kulturrevolution oder südamerikanische Militärdiktaturen. Insbesondere die Bürgerkriege in Jugoslawien und Kongo machen m.E. in erster Linie “Sinn”, wenn sie unter diesem Aspekt analysiert werden.
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Wellington (dpa) - Das größte Auge, das Forscher bislang untersucht haben, gehört einem sogenannten Koloss-Kalmar aus der Tiefsee. Mit 27 Zentimetern Durchmesser ist es deutlich größer als ein Bundesliga-Fußball (etwa 22 Zentimeter).
Es ist ein wirklich phänomenales Auge", berichtete der neuseeländische Kalmar-Experte Steve O'Shea am Mittwoch in Wellington. Sein Team untersucht am Nationalmuseum Te Papa derzeit den Koloss-Kalmar (Mesonychoteuthis hamiltoni), der Fischern im Februar 2007 in der Antarktis ins Netz gegangen war.
Der 495 Kilogramm schwere und zehn Meter lange Kopffüßer ist einer der größten je gefangenen Kalmare.
Die Fischer auf der Jagd nach Seehechten hatten das Tier zufällig gefangen. Das zweite Auge wurde dabei zerstört. Bisher war das Tier eingefroren, seit Montag wird es in einem Chemikalienbad vorsichtig konserviert. Der überaus seltene Fang zieht gleichermaßen die Aufmerksamkeit zahlreicher Forscher und Kamerateams auf sich.
Mit seinem massiven Schnabel habe der Kalmar das Rückgrat von zwei Meter langen Fischen "ohne Schwierigkeiten" zerbeißen können, ergänzte O'Shea.
Der Schnabel des Tieres ist zweigeteilt. Die beiden Hälften - eine ist 42,5 Millimeter lang - sind einzeln im Gewebe "aufgehängt". Damit lässt sich der Schnabel viel weiter öffnen als etwa bei einem Papagei. Die Schnäbel gehören zu den besonders harten biologischen Materialien.
Im Magen von Walen wurden nach Angaben der Forscher aber schon 49 Millimeter lange Kalmar-Schnäbel gefunden - daher müsse es auch noch viel größere Koloss-Kalmare geben.
Um das Exemplar noch in diesem Jahr möglichst originalgetreu präsentieren zu können, untersuchen die Forscher den Mageninhalt nur mit einem Endoskop. Nach Auskunft von Forschungsassistentin Kat Bolstad fraß der Kalmar hauptsächlich Seehechte, die er mit seinen hakenbewehrten Tentakeln erbeutete.
Die Forscher gehen mit großer Vorsicht ans Werk, weil der sehr empfindliche Kadaver schnell einreißt. Inzwischen ist auch klar, dass es sich bei dem Tier um ein Weibchen handelt: Im Inneren fanden sich mehrere tausend Eier.
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