Sonntag, 15. April 2018
Die Zukunft der Vergangenheit
Habe kürzlich eine Präsentation gesehen in der die Elektronik-Highlights der Vergangenheit gezeigt wurden, gerichtet an eine junge Zielgruppe die diese Dinge nicht mehr kennt. Dazu gehörten Pager, Super8-Kameras, Walkman und CD Portable, aber auch schon der MP3Player, da angeblich heutzutage alle Leute zu diesem Zweck ihr Smartphone benutzen.

HM. Ich finde es ja eine Unsitte, beim Joggen oder Fitnesstraining Musik zu hören, aber wenn ich tatsächlich portabel Musik hören will nehme ich selbstverständlich meinen CD Man, auch der Audiokassettenwalkman ist bei mir noch in Betrieb. Ich würde nie auf die Idee kommen auf meinem Smartphone Musik zu hören. Waipu TV finde ich noch affiger. Da bräuchte ich ja eine Lupe um auf dem Display überhaupt etwas zu erkennen.

BTW Ist eh eine witzige Entwicklung: Erst wurden die Monitore immer größer, unter 21 Zoll ging ab 2000 gar nichts mehr, entsprechend sieht auch mein Arbeitsplatz aus, selbst mein Hauptlaptop hat 20 Zoll (das Surface ist nur für Außentermine gedacht), und jetzt die immer weiter fortschreitende Miniaturisierung, wahrscheinlich kommt bald Fernsehgucken mit der Armbanduhr. Und alles nur wegens des tendenziellen Falls der Profitrate.

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Dudelmusik
Beim Frühstücken und beim Autofahren höre ich normalerweise Radio, und die Musik die da läuft ist für mich nicht unangenehm, aber eher ein Hintergrundrauschen als Musik die ich mir bewusst anhören würde. Einen entsprechenden Stellenwert haben für mich die Interpreten und Bands, halt Dudelmusiker, deren Namen alle paar Jahre wechseln: Clowns&Helden, Juli, Wir sind Helden, Giesinger, Laith el Din, Adel Tawil, Joris, alles irgendwie austauschbar. Im Augenblick ohrwurmt ja "Herz über Kopf", da hatte ich bisher nach dem Prinzip "Oma fiel ins Klo" und "der weiße Neger Wumbaba" einen Textpassage falsch verstanden und sogar als interessante vieldeutige Metapher aufgefasst: "Immer wenn es seitwärts geht". Jetzt las ich den Text einmal und stellte fest dass der viel unmetaphorischer und langweiliger ist: "Und immer wenn es Zeit wär zu gehen vergess ich, was mal war und bleibe stehen".
:-)

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Freitag, 13. April 2018
Essen als Form der Diskriminierung oder die administrative Verfügung über Lebenschancen
Diese Diskussion hier möchte ich noch einmal aufgreifen weil hier klar wird dass viele Dinge die für unsereins selbstverständlich sind nicht mehr gewusst werden oder aber andere Leute sie völlig anders sehen als ich.

https://che2001.blogger.de/stories/2682632

Zu den Schikanen denen Flüchtlinge und Asylsuchende in Deutschland ausgesetzt sind gehört die Art und Weise wie ihre Versorgung organisiert wird. Im Asylbewerberleistungsgesetz, das ursprünglich Ausländerleistungsgesetz hieß und für alle in Deutschland lebenden Nicht-Eu-Ausländer gelten sollte die keinen Arbitesplatz haben, womit der Ursprung dieses Gesetzes als rassistisches Sondergesetz belegt ist ist vorgesehen dass Asylsuchende deutlich weniger Geld bekommen als Sozialhilfeempfänger, also weniger als das was amtlicherseits als kleinstes Existenzminimum definiert ist. Außer "sind halt Untermenschen" fällt mir ehrlich gesagt keine Begründung für eine Leistung deutlich unterhalb des garantierten Minimums ein. Damit nicht genug: In vielen Fällen wird dieses zuwenige Geld nicht ausgezahlt, sondern den Geflüchteten werden Sachleistungen zugeteilt. Diese sind nicht gerade zielgruppengerecht; Schweinefleisch in Essenspaketen für Muslime kommt öfter vor, außer Fertiggerichten, die kurz nach Lieferung gegessen werden müssen da die Flüchtlinge in vielen Sammelunterkünften keine Möglichkeit haben sie aufzuwärmen sind das meistens einfach überzählige Einmannpackungen ("eiserne Rationen") der Bundeswehr die da ausgegeben werden.


Weit verbreitet ist die Ausgabe von Einkaufsgutscheinen statt Bargeld, die mit der aktuellen Fluchtwelle verstärkt wieder aufkommt - dabei hatten wir es in einem fast ein Jahrzehnt dauernden Kampf geschafft diese abzuschaffen und die Auszahlung von Bargeld durchzusetzen. Das sah normalerweise so aus dass einerseits Deutsche die Gutscheine eintauschten und den Flüchtlingen so Bargeld verschafften (die Gutscheine waren übrigens in ihrem A5 Format und grellen Farben schon ein Diskriminierungsinstrument bei dem Einem der Judenstern einfallen mag, es konnte nicht alles für sie eingekauft werden, nur Grundnahrungsmittel, kein Alkohol, keine Zigaretten, keine hochwertigen Kosmetika). Ein knappes Jahrzehnt lang sass ich in meiner Mittagspause in Mensa- und Kantineneingängen und vertickte die Gutscheine, in der linken Szene war es geradezu hip mit den Gutscheinen einzukaufen.

Andererseits führten wir regelmäßig Antigutscheinaktionen in den Supermärkten durch. Die sahen so aus dass Einkaufswagen bis obenhin vollgeladen wurden mit Produkten die nicht mit Gutscheinen gekauft werden konnten so dass die Kassiererinnen bei Vorlegen der Gutscheine Storno machen mussten. Das wurde dann so koordiniert dass es sämtliche Kassen parallel nebeneinander betraf so dass der ganze Betrieb zum Erliegen kam und Artikel wie etwa Speiseeis weggeworfen werden mussten weil inzwischen aufgeschmolzen, das Ganze unter Pressebegleitung und mit laufenden Kameras. Ansonsten pflegten wir in Supermärkten auf die Verpackungen von Eis oder Rasierwasser zu schreiben: "Achtung, Genussmittel, nicht für Flüchtlinge!".

Die Aktionen waren erfolgreich, Supermarkt für Supermarkt, Kommune für Kommune stieg aus der Gutscheinregelung aus. Und jetzt geht das Ganze wieder von vorne los.

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Mittwoch, 11. April 2018
Militärische Überlegungen aus dem Jahr 1973
Wo in der Blognachbarschaft und auch in letzter Zeit öfter mal von Think-tanks, der Rolle der Dienste usw. die Rede war, hier ein Zitat aus einem BBC-Beitrag von 2004: "It was thought that US airborne troops would seize the oil installations in Saudi Arabia and Kuwait and might even ask the British to do the same in Abu Dhabi."

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Montag, 9. April 2018
Facebook, that´s too much
Ricken Patel von Avaaz schreibt hierzu:


An Mark Zuckerberg, die Geschäftsführer großer Internet-Firmen und staatliche Aufsichtsbehörden:

Genug ist genug. Wir rufen Sie dazu auf, unsere Demokratien zu schützen und sofort den folgenden Forderungen nachzukommen:

Sagen Sie die Wahrheit über gefälschte Benutzerkonten und Desinformationskampagnen, und lassen Sie unabhängige Überprüfungen zu.
Verbannen Sie Bots - sperren Sie ALLE unechten oder betrügerischen Benutzerkonten.
Klären Sie die Öffentlichkeit auf - informieren Sie alle Ihre Benutzer, und zwar JEDES Mal, wenn diese gefälschten oder böswilligen Inhalten ausgesetzt sind, und veröffentlichen Sie Richtigstellungen.
Finanzieren Sie Fakten-Checker - eine unabhängige Gruppe von Menschen, groß und schnell genug, um die Verbreitung von Lügen zu unterbinden.

In nur wenigen Monaten finden wichtige Wahlen statt. Das Motto von Facebook war früher “Move Fast and Break Things”. Jetzt müssen Sie schnell handeln und Dinge richtigstellen.



Datenmissbrauch: Bis zu 87 Millionen Facebook-Nutzer betroffen (Zeit.de)
http://www.zeit.de/digital/internet/2018-04/datenmissbrauch-facebook-zuckerberg-cambridge-analytica

Facebook & Co und der der fahrlässige Umgang mit Nutzerdaten (Deutsche Welle)
http://www.dw.com/de/facebook-co-und-der-der-fahrl%C3%A4ssige-umgang-mit-nutzerdaten/a-43083381

Zahl der Geschädigten deutlich höher als bislang bekannt (Spiegel Online)
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/facebook-skandal-daten-von-87-millionen-nutzern-betroffen-a-1201288.html

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Ein letzter Funke Hoffnung
Familiennachzug in Deutschland

Die syrische Familie Haj Ali leidet unter dem ausgesetzten Familiennachzug. Die Mutter ist mit vier Kindern in der Türkei, der Vater mit dreien in Northeim.
NORTHEIM taz |

http://www.taz.de/%215492787/


Die Kinder liegen auf dem Bauch auf dem weichen hellgrünen Teppich. Im Fernsehen läuft ein arabischer Trickfilm. Die drei Brüder schauen teilnahmslos zu. Zubeir (9), Fermis (8) und Murad (6) kichern nicht über die einfach gezeichneten Figuren im Fernsehen. Sie lächeln nicht einmal – und das wird in den folgenden fünf Stunden dieses Besuchs so bleiben.
Es ist Dienstagnachmittag. Draußen regnet es. Die Jungs haben noch ihre Schlafanzüge mit Schneemännern und Autos darauf an. Seitdem ein Facharzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie aus dem niedersächsischen Northeim sie für schulunfähig erklärt hat, ist das ein typischer Tag. „Sie spielen nicht“, sagt Samir Faziki. Der junge Mann sitzt auf dem blauen Ledersofa und hebt hilflos die Hände.
Faziki ist ein Erziehungsbeistand vom Jugendamt der Stadt Northeim, nördlich von Göttingen. Hierher sind die Jungs mit ihrem Vater Maher Haj Ali aus dem syrischen Bürgerkrieg geflüchtet und leben jetzt in einer Altbauwohnung.
Faziki soll die Jungs dazu motivieren, dass sie rausgehen, lernen, Spaß haben, aber das klappt nicht. „Für sie wäre es wie ein Verrat, wenn sie jetzt spielen würden“, sagt Faziki.
Die Kinder protestieren. Sie kämpfen auf ihre Weise dagegen an, dass ihre Mutter und ihre vier anderen Geschwister nicht bei ihnen sein dürfen. Das verhindert der deutsche Staat.
Halbgarer politischer Kompromiss
In den Sondierungsverhandlungen, als noch gar nicht klar war, ob Union und SPD gemeinsam regieren würden, waren sich die Parteien schon in einer Sache einig: Sie setzten den Familiennachzug für Geflüchtete mit subsidiärem Schutzstatus noch bis August dieses Jahres aus. Danach dürfen 1.000 Menschen pro Monat nachgeholt werden. Wie diese ausgewählt werden, ist noch unklar.
Horst Seehofer (CSU), der damals noch nicht Innenminister war, hatte argumentiert, dass ohne die Obergrenze eine „massive Zuwanderung“ drohe und die „Integrationsfähigkeit Deutschlands total überfordert wäre“. Die SPD schluckte diese Kröte, und die Familie Haj Ali wurde Opfer eines halbgaren politischen Kompromisses.
Die Kinder haben ihre Mutter seit Oktober 2015 nicht mehr gesehen, nur mit ihr telefoniert. Sie sitzt mit vier Kindern in Izmir in der Türkei fest, die jüngste Tochter, Malven, ist erst auf der Flucht zur Welt gekommen. „Ich habe meine Schwester noch nie gesehen“, sagt Zubeir mit leiser Stimme und dann lauter: „Kann das sein?“
Seine langen Haare fallen ihm ins Gesicht. Er ist mit neun Jahren der Älteste der Brüder. „Ich kann nicht mehr“, sagt er in gutem Deutsch. „Immer heißt es, sie kommt noch ein Jahr später, noch ein Jahr später. Ich will meine Mama haben.“
In der Schule war die Situation zuletzt unerträglich für ihn. Er sah, wenn andere Kinder von ihren Müttern zur Schule gebracht wurden. „Ich bin dann traurig“, sagt Zubeir. „Ich will niemanden sehen, der mit seiner Mutter zusammen ist. Ich hab keine Lust auf das.“
Ein neues Zuhause
Die Situation eskalierte. „Alle drei Kinder zeigen provokatives Verhalten und äußern, dass sie so nicht mehr leben wollen“, heißt es in einem Bericht der Schulleiterin der Ganztagsschule, in die Zubier, Fermes und Murad gingen, der der taz vorliegt. Sie setzten sich gefährlichen Situationen aus, kletterten auf Fensterbretter oder Treppenbrüstungen, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen. „Sie äußern, dass sie damit erreichen möchten, dass wir ihre Mutter nach Deutschland ­holen.“
Faziki erklärt das so: „Sie denken, die Schule könne etwas machen und will nur nicht.“ Er versuche den Kindern zu erklären, dass die Lehrer nichts unternehmen könnten, genau wie er selbst und auch die ehrenamtliche Unterstützerin der Familie nicht.
Dabei sah bis Mai 2017 noch alles ziemlich gut aus: Die Kinder gingen zur Schule, fanden Freunde und lernten Deutsch. Auch der Vater, Maher Haj Ali, besuchte einen Sprachkurs. Er machte aus der Wohnung ein Zuhause. In den Regalen im Wohnzimmer stehen Glasbilderrahmen mit den Fotos aller Kinder. Über dem Fernseher kleben schwarz-silberne Wandtattoos in Herzform.
Die Familie kam im November 2015 nach Deutschland. Erst im Januar 2017 entschied das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dass die Haj Alis nicht den vollen, sondern nur den subsidiären Flüchtlingsstatus bekommen. Der Familiennachzug für Geflüchtete mit subsidiärem Schutz ist aber seit dem Asylpaket vom 17. März 2016 ausgesetzt.
Haj Ali klagte dagegen, dass ihm das Bundesamt für ­Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht den vollen ­Flüchtlingsstatus zuerkannt hatte, ­sondern nur den subsidiären. Das Verwaltungsgericht Göttingen gab ihm im April 2017 recht. Anerkannte Flüchtlinge haben ein Recht auf Familiennachzug.
Ruhelos und depressiv
„Da war hier Halligalli“, sagt Kerstin Munzinger. Die ehrenamtliche Helferin unterstützt die Familie schon seit zwei Jahren. „Wir haben gefeiert“, erinnert sie sich. Da dachten sie noch, die vierwöchige Widerspruchsfrist gegen das Urteil wäre reine Formsache und die Familie bald wieder vereint. Doch drei Tage vor Ablauf legte das Bamf Widerspruch ein – und bekam vom Oberverwaltungsgericht recht. „Seitdem ist die Stimmung dramatisch gekippt“, sagt Munzinger, eine 55-jährige Northeimerin, die als Gartenbauingenieurin arbeitet. „Ab diesem Zeitpunkt ging es für alle so richtig den Bach runter.“
Maher Haj Ali vergaß Termine und wurde immer ruheloser, am Ende depressiv. Die Kinder bekamen regelmäßig heftige Albträume, ständig taten ihnen der Kopf weh. „Sie sind schon mehrfach in der Schule eingeschlafen“, heißt es im Bericht der Schulleiterin.
Die Kinder vermissen nicht nur ihre Mutter, auch ihre Flucht allein hätte ausgereicht, um einen Menschen zu traumatisieren
Wenig später erklärt ein Arzt die Kinder für schulunfähig. „Der Vater als auch die Kinder brechen unter der Last der Sorge um die Mutter mit ihren Kindern zunehmend zusammen“, schreibt der Psychiater. Seither kommt eine Lehrerin für ein paar Stunden am Tag, um mit den Kindern Deutsch und ­Mathe zu üben, aber die Probleme sind dieselben wie in der Schule.
Maher Haj Ali, ein sportlicher Typ mit ordentlich frisierten Haaren und silbernen Ringen an den Fingern, schickt die Kinder aus dem Raum und öffnet ein Fenster, bevor er sich eine Zigarette ansteckt. Er sieht erschöpft aus. Zwischen seinen Augenbrauen hat sich eine tiefe Falte in die Haut gegraben. Ein Arzt stellte eine schwere Depression bei ihm fest. Jetzt nimmt er Antidepressiva. „Es gibt keine guten Tage, nur weniger schlimme“, sagt Haj Ali auf Arabisch. Faziki übersetzt für ihn.
Die Kinder vermissen nicht nur ihre Mutter, auch ihre Flucht allein hätte ausgereicht, um einen Menschen zu traumatisieren. In der syrischen Stadt Amuda hatte Haj Ali als Maler und Taxifahrer gearbeitet. Doch durch den Bürgerkrieg wurde der Ort abgeschnitten. „Erst kamen keine Lebensmittel mehr rein, dann gab es auch kein Benzin mehr.“
„Mit einem Bein im Boot, mit dem anderen im Grab“
Er floh in den Irak, holte auch seine Familie in das Zeltlager im kurdischen Autonomiegebiet im Regierungsbezirk Dahuk nach. Von Deutschland hat Haj Ali schon lange geträumt. „Ich bin mit dem Wissen aufgewachsen, dass Deutschland den Kurden Asyl gibt“, sagt er. Auch seine Mutter lebte da schon in Northeim. Das Ziel war also klar, aber das Geld fehlte. Denn um vom Irak über die türkische Grenze zu kommen, mussten sie Schlepper bezahlen. Die Familie trennte sich.
Haj Ali machte sich mit Fermes und Murad auf den Weg über die Berge. Einen Teil der Strecke mussten sie laufen. „Da war eine Schlucht und darüber nur ein Brett“, sagt der Familienvater. „Da mussten wir rüber.“ Die Route führte über Schleichwege weiter. Sie schafften es. Ein Freund brachte Zubeir später nach.
In der Türkei bezahlten die vier den nächsten Schlepper für die Überfahrt nach Griechenland. Das Schlauchboot war überfüllt, der Motor zu klein und das Wetter schlecht. Man braucht keinen Dolmetscher, um Haj Alis Gesten zu verstehen: Mit der Hand zeigt er, wie sich die Wellen aufgebaut haben und dann das Boot abrupt heruntergestürzt ist.
„Wir hatten Angst, dass wir umkippen“, sagt er und zieht den sechsjährigen Murad zu sich heran. Er legt den Arm um dessen Oberkörper. „So habe ich ihn festgehalten. Die ganze Zeit.“ Die Kinder zitterten vor Kälte, weil das Wasser im Boot bis zu den Knien stand. Alle schöpften mit ihren Turnschuhen das Wasser heraus. Da ging auch noch der Motor aus. „Wir standen mit einem Bein im Boot und mit dem anderen im Grab“, sagt Haj Ali.
Sie trieben ab, zurück zur türkischen Küste, als endlich jemand den Motor wieder zum Laufen bekam. Von Griechenland ging es in Bussen über die Balkanroute bis nach Österreich. Da folgte die größte Katastrophe. Haj Ali und die Kinder verloren sich in der Menschenmenge vor den Bussen Richtung Deutschland aus den Augen. Der Zufall rettete sie: Ein Fremder, von dessen Telefon Haj Ali seine Mutter in Northeim angerufen hatte, erkannte die Kinder. Er kontaktierte die Großmutter und brachte die Jungen zu ihr, bevor er weiterreiste. Erst Tage später konnten sie sich dort wieder in die Arme schließen.
In Deutschland lieh sich Haj Ali überall Geld, damit seine Frau mit den Kindern in die Türkei reisen konnte. Sie müssten da jetzt mit sehr wenig Geld überleben, sagt die Helferin Kerstin Munzinger und redet sich dann über das deutsche Asylsystem in Rage.
Die Zustimmung fehlt noch
„Ich hätte das als Deutsche nicht für möglich gehalten.“ Sie meint, dass sich an der Situation nichts ändere, obwohl es den Kindern offensichtlich schlecht gehe. Die Helferin schreibt deshalb an Bundestagsabgeordnete und hält den Kontakt zu den Behörden sowie der Anwältin der Familie. „Aber diese dramatische Situation fällt hier komplett durchs Raster.“ Munzinger reibt sich auf, investiert einen Großteil ihrer Freizeit. Aufgeben will sie nicht – auch wenn sie sieht, dass Haj Ali den Mut verloren hat.
Die 55-Jährige hat noch eine Hoffnung: Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes. Der besagt, dass Ausländern aus dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann. Diese dringenden Gründe müssen allerdings bei der Mutter und ihren Kindern in der Türkei vorliegen – dass die Kinder hier ihre Mutter vermissen, zählt nicht. Deshalb fieberten alle auf einen Termin der 32-jährigen Mutter im Generalkonsulat in Izmir hin.
Ein paar Tage später kam tatsächlich eine Mail vom Auswärtigen Amt: Das Generalkonsulat Izmir sei gebeten worden, das Visumverfahren für die Frau und ihre Kinder durchzuführen, heißt es darin. Nun fehle nur noch die Zustimmung der zuständigen Ausländerbehörde.
„Wir trauen uns noch nicht, uns zu freuen“, sagt Munzinger am Telefon. „Wir wissen ja noch nicht, was wieder dazwischenkommen kann.“ Trotzdem schleicht sich die Hoffnung ein. Dieses Mal könnte es klappen.
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Neuregelung des Familiennachzugs für subsidiär geschützte Flüchtlinge verletzt Bürgerrechte
BMI-Entwurf zur Neuregelung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten: Weitgehender Ausschluss des Eltern- und Geschwisternachzugs.

Anfang April ist ein Entwurf des Bundesministeriums des Innern (BMI) zur Neuregelung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten bekannt geworden (Bearbeitungsstand 21.03.2018). Die hier bekannt gewordenen Reformvorschläge geben Anlass zur Sorge. Der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) appelliert an die Bundesregierung, die Verpflichtungen aus der UN-Kinderrechtskonvention einzuhalten und Kindern ein Zusammenleben mit ihren Eltern und Geschwistern zu ermöglichen.

Der derzeitige Entwurf würde das Gegenteil davon bedeuten. Kinder und Jugendliche ohne Eltern wären die großen Verlierer. Verfassungsrechtlich vermag die damit dauerhaft intendierte Trennung von Eltern und Kindern kaum standzuhalten.

Eltern unbegleiteter Minderjähriger (uM) mit subsidiärem Schutz sollen in Zukunft grundsätzlich unter die Kontingentregelung von monatlich bis zu 1000 Personen fallen können. Der Nachzug von minderjährigen Geschwistern ist von der Kontingentregelung jedoch nicht erfasst. Eltern würden vor die Wahl gestellt, zu entscheiden für welches ihrer minderjährigen Kinder sie sorgen möchten und welches sie im Stich lassen möchten.

Die in der Begründung zum Entwurf geplanten Voraussetzungen für den Elternnachzug würden darüber hinaus auch zu einem Ausschluss des Großteils der Eltern vom Nachzug führen.

- Die Kindeswohlinteressen werden so eng gefasst, dass auch der Elternnachzug zu großen Teilen scheitern würde. So wird „eine besondere Schutzwürdigkeit […] bei Kindern unter 14 Jahren“ angenommen. Der Großteil der Antragstellenden uM war im Jahr 2017 16 oder 17 Jahre alt (ca. 81%). Unter 14-jährige reisen zudem oft mit Verwandten ein, für ihre Eltern wäre ein Nachzug prinzipiell leichter möglich. Doch auch für diesen Fall hat das BMI Abwägungsvorgaben formuliert, die zur Versagung des Nachzugs führen würden: Wenn „Familienangehörige in räumlicher Nähe des Kindes leben, zu denen der Minderjährige ein vertrauensvolles Verhältnis hat oder die ggf. bereits als Vormund bestellt sind“, soll dies ebenfalls bei der Einzelfallprüfung Berücksichtigung finden.

- Das kindliche Zeitempfinden und die langen Wartezeiten, die Minderjährige ohne ihre Eltern leben mussten, werden nicht berücksichtigt: Maßgeblich für die Dauer der Trennungssituation soll nämlich nicht sein, wie lange Kinder oder Jugendliche ohne Eltern leben mussten, sondern lediglich der Zeitraum ab der Asylantragsstellung. Viele uM waren jedoch Monate und zum Teil Jahre auf der Flucht bevor für sie ein Asylantrag gestellt wurde.

- Berücksichtig werden soll außerdem, ob die „Trennung der Familie bewusst herbeigeführt wurden“. Unberücksichtigt bleiben hingegen die vielfältigen Notlagen, die gerade Eltern dazu zwingen, ihre Kinder durch die Flucht zu schützen. So wird vielen uM aus Afghanistan und Somalia bewusst von ihren Eltern die Flucht ermöglicht, um sie vor Rekrutierungen durch die islamistischen Taliban oder die al-Shabaab Milizen zu schützen.






- Die „Eigenständige Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnraumes“ soll ebenfalls Berücksichtigung finden. Für Minderjährige ist beides nicht möglich.

„Bleibt dieser Entwurf bestehen, werden unbegleitete Minderjährige mit subsidiärem Schutz dauerhaft von Eltern und Geschwistern getrennt. Statt Minderjährige besser zu stellen und besonders zu schützen, ist das Gegenteil geplant. Kinder und Jugendliche, die alleine flüchten müssen, wären die großen Verlierer“, erklärt Tobias Klaus vom Bundesfachverband umF, „Für nahezu jede Fallkonstellation würde sich ein Ausschlussgrund finden lassen. Kaum ein Elternteil würde nachziehen können, Geschwister bleiben komplett außen vor.“

Anstatt der im Grundgesetz festgeschriebenen Garantie auf Schutz der Familie, würde eine unbegrenzte Trennung von Eltern und Kindern festgeschrieben. Dies ist nicht nur kinder- und menschenrechtlich kaum haltbar, es erscheint auch verfassungsrechtlich höchst fragwürdig.

Auch die im Gesetz vorgesehene Härtefallregelung bietet keinen Ausweg: Die Bezugnahme auf § 22 AufenthG als Härtefallregelung abseits des Kontingentes führt den Schutz der Familie ad absurdum: § 22 AufenthG ist vom Sinn und Zweck her keine Regelung zum Familiennachzug, sondern für humanitäre und völkerrechtliche Härtefälle. Daher werden bei seiner Anwendung auch keine sonst geltenden Schutzgarantien für Familien eingehalten. Neben der Unklarheit des Verfahrens und dem ineffektiven Rechtsschutz, sind die Hürden bereits bei der Antragstellung hoch. Obwohl im Jahr 2016 insgesamt 153.700 Personen und im Jahr 2017 insgesamt 98.074 Personen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt wurde, wurde 2017 gerade mal in 114 Fällen auch tatsächlich ein Härtefallverfahren nach § 22 AufenthG eingeleitet und in 66 Fällen ein Visum auf der Grundlage von § 22 AufenthG gewährt.

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Und weil es so schön ist
https://www.youtube.com/watch?v=fZwygE-YJl8

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Montag, 9. April 2018
Wenn der Sommer nicht mehr weit ist
Heute mit dem G. einen wunderschönen Spaziergang im Park gemacht den ich seit Herbst nicht sah

https://www.youtube.com/watch?v=aL8qALP5_PA

und die alten, aber restaurierten und dort neu ausgestellten Putten bewundert. Besonders hart trainiert, schließlich muss der Weinhnachtsspeck weg und im Sommer muss ich große Berge bezwingen. Da passte es dass mich die Fitnesscentergöttin heute in ihren neuen Kickboxkurs einlud. Vor einem Jahr hielt sich mich noch für zu schlapp dafür. Es geht voran!














https://www.youtube.com/watch?v=Htk2ELTOjnU

https://www.youtube.com/watch?v=nNSQxxDKgGY

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Freitag, 6. April 2018
Migration und Integration - Worüber sprechen wir eigentlich (nicht)?
Die Region Hannover und das Ev. Flüchtlingsnetzwerk Hannover Garbsen Seelze organisieren Vortrag mit renommiertem Migrationsforscher Professor Jochen Oltmer (Institut für Migration und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück)

Migration verändert die Welt – aber warum, auf welche Weise und mit welchen Folgen? Antworten auf diese Fragen sowie viele Anregungen und Denkanstöße gibt der renommierte Osnabrücker Migrationsforscher Professor Jochen Oltmer am Freitag, 27. April, Haus der Region, Hildesheimer Straße 18 (Raum N002/N003). Der Vortrag auf Einladung des Evangelischen Flüchtlingsnetzwerks Hannover Garbsen Seelze und der Region Hannover beginnt um 19.30 Uhr. Einlass ist um 19 Uhr.

Oltmers Interesse gilt dabei seit 1990 dem Wandel der deutschen, europäischen und globalen Migration vom späten 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Im Mittelpunkt seiner historischen Migrationsforschung stehen Formen von Migration wie Arbeits- und Siedlungswanderung sowie Gewaltmigrationen wie Flucht, Vertreibung und Deportation. Zudem untersucht er die Reaktionen aller beteiligten Akteure.

„Migration war schon immer normal in der Geschichte der Menschheit“, sagt Oltmer, „Menschen waren immer schon in Bewegung.“ Der Migrationsexperte wird sich auch den Fragen widmen, was Integration überhaupt ist, und warum sich Gesellschaften zum Teil offen gegenüber Migration zeigen und sich manche dem Thema verschließen. Zudem erläutert er die Grundzüge des Redens und Schreibens über Migration und ihre Folgen.

Gerade der Blick auf Migration und Asylpolitik hänge von der Perspektive ab und werde permanent neu ausgehandelt. Migration sei weder grundsätzlich gut noch schlecht, so Oltmer. Dennoch beherrschten einseitige Positionierungen und Polarisierungen das Reden und Schreiben über das soziale Phänomen: Die einen verstünden Migration als Ergebnis von Krisen, Katastrophen und Defiziten – und ihre Folgen als Gefahr für Sicherheit, Wohlstand, gesellschaftliche und kulturelle Homogenität. Migration erscheine damit als Risiko, das dringend der intensiven politischen Vor- und Nachsorge bedürfe.

Andere wiederum sähen vornehmlich Potenziale für die Entwicklung des Arbeitsmarkts sowie Perspektiven für ökonomische, soziale und kulturelle Innovationen – im Zielland oder im Herkunftsland der Bewegungen. Nichts daran sei falsch: Wie für jedes soziale Phänomen könnten die Folgen und Effekte von Migration sehr unterschiedlich wahrgenommen und eingeschätzt werden.

Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist erforderlich: www.eeb-hannover.de oder per E-Mail: eeb.hannover@evlka.de, Telefon: 0511 1241-663. Vor allem Oberstufenkurse werden gebeten, sich mit der Anzahl der SchülerInnen anzumelden.

Zur Vita von Jochen Oltmer:

Jochen Oltmer ist Außerplanmäßiger Professor für Migrationsgeschichte am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück. Er arbeitet zu deutschen, europäischen und globalen Migrationsverhältnissen in Vergangenheit und Gegenwart.

Oltmer ist unter anderem Herausgeber des „Handbuch Staat und Migration in Deutschland vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart.“ sowie Autor von „Migration vom 19. bis zum 21. Jahrhundert“ und des Jugendsachbuchs „Vom Ein- und Auswandern. Ein Blick in die deutsche Geschichte.

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Mittwoch, 4. April 2018
Unsere Antwort auf Tellkamp und die Erklärung 2018
hat Klaus Farin formuliert:

http://vtz4.r.ca.d.sendibm2.com/kiblv1b8bf7f.html

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73 Jahre Befreiung des KZs Buchenwald
Einladung
des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos zur Gedenkveranstaltung anlässlich des 73. Jahrestag der Selbstbefreiung der Häftlinge des KZ-Buchenwald



Sonntag, den 15. April 2018 ab 13.30 Uhr, auf dem ehemaligen Appellplatz.



Im Anschluss findet eine gemeinsame Kranzniederlegung am Glockenturm statt.

Die LAG Buchenwald-Dora wird am 15. April ab 10 Uhr das IX. Treffen der Nachkommen voraussichtlich im Kinosaal der Gedenkstätte Buchenwald durchführen. Das Treffen, an dem traditionell ehemalige Häftlinge, sofern möglich Nachkommen und Angehörige sowie Menschen, denen die Wahrung des antifaschistischen Vermächtnisses und der Verwirklichung des Schwurs von Buchenwald politische Herzensangelegenheit sind, teilnehmen.

Thema: „Der Novemberpogrom von 1938 und die solidarische Unterstützung für Juden durch den Lagerwiderstand“. In das Programm werden Thüringer Schüler*innen einbezogen.



(Aus: „Die Glocke“ Nr. 229-Mitteilungsblatt der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora/Freundeskreis e.V.)


"Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht. Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung! Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel! Das sind wir unseren gemordeten Kameraden und ihren Angehörigen schuldig."

Aus dem Schwur von Buchenwald

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Mittwoch, 4. April 2018
Ali Baba Felafel
Eine Bekannte fragte meinen Freund Osman wie Azad mit Nachnamen heiße. Nun gibt es im Irak keine Nachnamen, die wurden von Saddam Hussein als "bürgerlich-reaktionär" abgeschafft, damit niemand darauf kommen sollte dass praktisch sein gesamter Ministerrat den gleichen Familiennamen hatte wie er. Osman sagte aus einer Laune heraus: "Der Nachname ist Ali Baba Felafel."

Es wurde geglaubt.

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Montag, 2. April 2018
Zur Wahl in Costa Rica
Noch einmal davongekommen. Ein erzreaktionärer Durchmarsch wurde verhindert. Durchatmen.

https://www.tagesschau.de/ausland/stichwahl-costa-rica-103.html

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Sonntag, 1. April 2018
Das Wort zu Ostern bei Bersarin
https://bersarin.wordpress.com/2018/04/01/was-sucht-ihr-den-lebendigen-bei-den-toten

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Samstag, 31. März 2018
Lasst Zahlen sprechen
2017 haben 11.000 überwiegend junge Geflüchtete Ausbildungen beim deutschen Handwerk angetreten. In vielen Fällen waren deutsche Azubis gar nicht verfügbar.

Da erzähle mir noch jemand etwas von "Propaganda", "Selbsttäuschung" oder "Augenwischerei", gar "Gutmenschentum" bei den flüchtlingspositiven Erwartungen fürs deutsche Handwerk. Die als rotgrüne Multikultiideologen imaginierten Integrationsbefürworter sind vielfach robuste Maurerpoliere.

btw. übrigens eine Branche mit der ich mehr zu tun habe als dem Irgendwasmitmediensumpf.

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Psychoterror
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verängstigt derzeit Tausende von anerkannten syrischen Flüchtlingen, indem es diese mit Nachdruck zu Anhörungsgesprächen einlädt. In diesen Gesprächen solle geklärt werden, ob sie nach wie vor schutzbedürftig sind.

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Migration nach Europa - Einflussmöglichkeiten auf die Entscheider
Auf der Webpräsenz „Ihre Meinung zählt“ der Europäischen Kommission
gibt es neue Inhalte.
http://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say_de
daraus:
Hintergrund

Migration ist eine der politischen Prioritäten der Kommission Juncker. Das Problem soll gesamtheitlich angegangen werden.

Weitere menschliche Tragödien müssen verhindert und die Soforthilfekapazität der EU muss gestärkt werden. Die Kommission nennt in ihrer Migrationsagenda entsprechende Sofortmaßnahmen.

Die Krise im Mittelmeerraum hat jedoch auch gezeigt, wo die EU-Migrationspolitik und -instrumente strukturell an ihre Grenzen stoßen. Es gilt, das richtige Gleichgewicht zu finden und EU-weit deutlich zu machen, dass Migration alle angeht und gemeinsam besser bewältigt werden kann. Darum enthält die Strategie auch einen neuen mittel- und langfristigen Ansatz zur Steuerung der Migration.

Umfassende Informationen – Website der Generaldirektion Migration und Inneres

Zur Entschärfung der extremen Notsituation entlang der östlichen Mittelmeerroute/Westbalkanroute haben sich die EU und die am meisten betroffenen Länder in der Region auf einen 17-Punkte-Aktionsplan geeinigt. Vorgesehen sind:

permanenter Informationsaustausch
Begrenzung von Sekundärbewegungen
Unterstützung der Flüchtlinge und Bereitstellung von Unterkünften und Ruhemöglichkeiten
gemeinsame Steuerung der Migrationsströme
Grenzschutz
Bekämpfung von Schleuserkriminalität und Menschenhandel

Im Rahmen ihres Gesamtansatzes für Migration und Mobilität arbeitet die EU außerdem mit der Afrikanischen Union zusammen. Der im April 2014 angenommene Aktionsplan konzentriert sich auf folgende Schwerpunkte:

Menschenhandel
Heimatüberweisungen
Diaspora
(v. a. innerafrikanische) Mobilität und Arbeitsmigration
internationaler Schutz (Binnenvertriebene)
irreguläre Migration




#
"Vielleicht liegt das Geheimnis faschistischer Propaganda darin, daß sie einfach die Menschen als das nimmt, was sie sind: echte, ihrer Selbstständigkeit und Spontaneität weitgehend beraubte Kinder der heutigen standardisierten Massenkultur, und daß sie keine Ziele aufstellt, deren Verwirklichung ebenso über den psychologischen wie über den gesellschaftlichen Status Quo hinausginge. Die faschistische Propaganda braucht nur die Seelenverfassung für ihre Zwecke zu reproduzieren." Adorno,1951

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Einer flog über das Osternest
Held der Sowjetunion Juri Gagarin wurde vom Genossen Generalsekretär zu einer Privataudienz empfangen und gefragt ob er dort oben im Weltall Gott gesehen hätte. "Ja, Genosse Generalsekretär!" "Das habe ich befürchtet. Dafür, dass Du darüber nichts verlauten lässt bekommst Du eine Datscha am Strand von Sotschi und den Jahresertrag einer Sowchose."

Gagarin erhielt auch eine Privataudienz beim Papst, der ihm die gleiche Frage stellte. Diesmal anwortete er: "Nein, es gibt ihn nicht." "Das habe ich befürchtet. Wenn Du schweigst bekommst Du eine dicke Pfründe der Kirche."

Auch Kennedy hatte ein Vieraugengespräch mit Gagarin und stellte ihm die gleiche Frage. "Mr. President, die Antwort wird ihnen nicht gefallen."

"Ich habe mit der Wahrheit keine Probleme. Ich bin der katholische Präsident eines Multieinwandererstaates mit protestantischer Mehrheit und starken jüdischen und muslimischen Minoritäten und selber ein Liberaler."

"Gut, okay, Mr. President. Sie ist schwarz."

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Der laue Frühling naht
Gestern zum ersten Mal in diesem Jahr im Garten in der Sonne gesessen, eine halbe Stunde lang. Den ersten Zitronenfalter und die erste Kohlmeise gesehen. Und Schreie von Vögeln gehört die wie "Hijääh" und "Kli-Kli-Kli" klangen. Schreie großer Vögel. Ich schaute in den blauen Himmel und dann sah ich sie. In großer Höhe, vielleicht 300 m, kreisten in der Thermik drei Adler über der Stadt. Die Seeadler sind zurück, der Frühling ist da.

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Heißt es eigentlich immer Rückführungszentrum
oder darf man auch mal KZ sagen?

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Donnerstag, 29. März 2018
Oury Yalloh - Das war Mord!
Ein Beitrag meines Dessauer Genossen Mouctar Bah

28. März 2018 — Liebe Unterstützer*innen,

ich melde mich heute bei Ihnen, weil sich gerade erneut einer der Gutachter im Fall meines Freundes Oury Jalloh ganz klar die Selbsttötungsthese widerlegt hat. Ein aktuelles MDR-Interview mit dem Gutachter finden Sie im Anhang dieses Updates.

Oury Jalloh wurde in einer deutschen Polizeizelle gefoltert und verbrannt. Die zuständigen Ermittlungsbehörden behandelten dies aber nicht als Mordfall. Stattdessen waren ihre Ermittlungen geleitet von der These, Oury Jalloh habe sich in der Zelle selbst angezündet. Deutsche Staatsbeamte vernichteten Beweise, um die Selbstentzündungsthese aufrechterhalten zu können. Sie schüchternten Zeug*innen ein, kriminalisierten Aktivist*innen und schützten so die Täter*innen. Bis heute – 13 Jahre später – ist der Mord nicht aufgeklärt.

Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh hat in den letzten Jahren selbstständig Ermittlungsaufgaben übernommen und mehrere internationale Gutachten in Auftrag gegeben. Mit Erfolg: Der langjährig ermittelnde Oberstaatsanwalt Folker Bittmann hat angesichts unserer Gutachten im April 2017 angesichts zugeben müssen: Oury Jalloh kann sich nicht selbst angezündet haben. Er räumte zudem ein, dass das Landeskriminalamt das zentrale Beweisstück der Selbstentzündungsthese manipuliert haben könnte.

Nun soll eine unabhängige, von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh organisierte, internationale Kommission den staatlichen Täterschutz dokumentieren und aufklären wie es zu Oury Jallohs Tod und dessen Vertuschung kam. Staatsbeamt*innen, die einen Mord vertuschen, gehören auf die Anklagebank. Das schaffen wir aber nur mit Eurer Hilfe!

Unterstützt die Arbeit der Untersuchungskommission mit Eurer Spende. Jeder Euro zählt!

➡️ Sie können über Betterplace spenden:

https://www.betterplace.org/de/projects/32717-ermittlung-der-brand-und-todesursache-von-oury-jalloh

➡️ Oder direkt auf unser Spendenkonto:

Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.
Bank für Sozialwirtschaft
BIC: BFSWDE33BER
IBAN: DE22100205000001233601

USA, Senegal, Italien, Côte d’Ivoire: Die Kommission ist international aufgestellt. Wir müssen hunderte Ermittlungsakten und Beweismittel übersetzen lassen. Wir finanzieren zudem die Flüge der Expert*innen zu den Treffen in Deutschland, Übernachtungen und Verpflegung. Die Für das Jahr 2018 rechnen wir mit Kosten von mehreren tausend Euro.

Helft uns, den Staatsschutz für Täter*innen auf die Anklagebank zu bringen. 10 EUR helfen uns schon immens!

Oury Jalloh ist kein Einzelfall. Dass Deutschland ein institutionelles Rassismus-Problem hat, bestätigte im März 2017 auch eine Untersuchungskommission der UN. Ein Mangel an unabhängigen Beschwerdemechanismen und das Leugnen von Racial Profiling durch die Behörden befördere Straflosigkeit in Fällen rassistischer Diskriminierung durch deutsche Sicherheitskräfte. Diese Stellungnahme war wichtig. Damit sich aber wirklich etwas ändert, braucht es eine zivilgesellschaftliche Kontrolle von Polizei und Justiz. Das ist das Ziel der unabhängigen Untersuchungskommission. Hier htps://initiativeouryjalloh.files.wordpress.com/2018/01/grc3bcndungserklc3a4rung-29-1-18.pdf findet ihr die Gründungserklärung.

Helft uns, mit eurer Spende, damit die Todesumstände und die Vertuschung im Fall unseres Freundes Oury Jalloh endlich aufgeklärt werden!

➡️ Sie können über Betterplace spenden:

https://www.betterplace.org/de/projects/32717-ermittlung-der-brand-und-todesursache-von-oury-jalloh

➡️ Oder direkt auf unser Spendenkonto:

Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.
Bank für Sozialwirtschaft
BIC: BFSWDE33BER
IBAN: DE22100205000001233601

Vielen Dank!

Mouctar Bah und
die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh

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Montag, 26. März 2018
Willkürliche Abschiebepraxis - eine Pesseerklärung des AK Asyl Göttingen
Presseerklärung


Drohende Abschiebung einer Familie aus Göttingen nach Rumänien


Beim ersten Abschiebeversuch soll Familie T. nach Bulgarien abgeschoben
werden. Beim Zweiten soll es Rumänien sein. Welches Land soll es beim
dritten Mal sein? Das BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge)
scheint die Dublin-Regelung sehr freizügig auszulegen - sehr zum
Nachteil einer afghanischen Familie, die in Göttingen lebt und die
Leidtragende dieses Lotteriespiels ist.

Familie T. floh 2017 vor den unmenschlichen Bedingungen in Afghanistan.
Zunächst landete das Ehepaar mit ihren drei kleinen Töchtern (heute 7, 6
und 3 Jahre alt) in Bulgarien. Dort wurden sie gezwungen, ihre
Fingerabdrücke abzugeben und Asyl zu beantragen. Dort wurden sie 7 Tage
in einem Haus festgehalten. Alle Habseligkeiten wurden ihnen
weggenommen. Dann mussten sie aufs Polizeirevier zur Registrierung. Die
Familie wurde voneinander getrennt verhört, 3 Tage lang ohne Essen, bis
die Frau ohnmächtig zusammenbrach. Sie wurden für 28 Tage in das Lager
Harmanli* eingesperrt.
Nach 5 Monaten gelang es ihnen, weiter zu fliehen. In Serbien wurden sie
erneut in ein Flüchtlingslager gezwungen. 6 Monate verbrachten sie dort.
Diesmal unter Aufsicht des UNHCR. Dann ging es wieder weiter. Sie
durchquerten in einer Nacht Rumänien und gelangten nach einem Jahr auf
der Flucht im August 2017 nach Deutschland. Hier wollten sie endlich zur
Ruhe kommen, hofften auf Sicherheit und Erholung von den Strapazen. Die
Ehefrau war hochschwanger.

Aber am 14.02.2018 klopfte es mitten in der Nacht an der Tür. Die
Polizei wollte die Familie nach Bulgarien abschieben. Die Polizei hatte
einen Wohnungsschlüssel und kam mit mehreren Beamt_innen in die kleine
Wohnung, weckten die Kinder auf, auch das inzwischen in Göttingen
geborene Baby. Alle haben geweint, hatten wahnsinnige Angst, konnten
kaum verstehen, was geschehen sollte. Der Vater rief einen Freund an,
der am Telefon dolmetschte. Unterdessen durchsuchten 2 Polizist_innen
die ganze Wohnung, schauten selbst unter den Teppichen nach. Warum sie
das taten, ist nicht bekannt, sie erklärten überhaupt nichts. Auch der
Bruder des Vaters telefonierte mit der Polizei, erklärte, dass die
Familie gar keinen Bescheid bekommen habe. Die Situation muss so unklar
gewesen sein, dass die Polizei die Abschiebung abbrach. Vielleicht war
es auch die Verzweiflung und die weinenden Kinder, die die Polizei
abhielt. Sie sagten nur, das nächste Mal würden sie sie mit Sicherheit
mitnehmen. Zurück blieb die völlig verzweifelte und aufgelöste Familie.
Die eingeschaltete Anwältin stellte einen Eilantrag bei Gericht, der
aber abgelehnt wurde. Das Gericht hatte festgestellt, dass der
Abschiebebescheid vom BAMF zugeschickt worden sei. Dass der jedoch die
Familie nicht erreicht hatte, weil die Adresse in der Europaallee nicht
an das BAMF weitergeleitet worden ist, könne nicht dem Bundesamt zur
Last gelegt werden. Inzwischen hatte das BAMF auch mitgeteilt, die
Familie solle jetzt nach Rumänien abgeschoben werden. Auch hierzu gab es
keinerlei Begründung.

Dann kam der zweite Abschiebeversuch - auch dieses mal scheiterte die
Abschiebung. Aus Verzweiflung und purer Angst unternahm der
Familienvater kurz dannach einen Suizidversuch, den er überlebte.

Der AK Asyl verurteilt das Vorgehen von BAMF, Ausländerbehörde und
Polizei aufs Schärfste. Die Praxis des Dublin-Abkommens ist unmenschlich
und völlig sinnlos. Das Hin- und Herschieben quer durch Europa ist
zahlenmäßig für die beteiligten Staaten eher ein Nullsummenspiel, ist
aber für die Betroffenen eine Qual, die sie nicht zur Ruhe kommen lässt.
Bei Familie T. verstoßen die Behörden auch noch gegen ihre eigenen
Regeln. Nach dem Dublin-Abkommen ist dasjenige Land zuständig, in dem
die Geflüchteten das erste Mal registriert werden. Und das ist in diesem
Fall Bulgarien. Erst Anfang des Jahres hat das OVG Lüneburg die
Abschiebungen nach Bulgarien für unzulässig erklärt. „Es ist mit Art. 3
EMRK unvereinbar, wenn sich ein Asylbewerber, der von staatlicher
Unterstützung vollständig abhängig ist und sich mit einer gravierenden
Mangel- oder Notsituation befindet, staatlicher Gleichgültigkeit
ausgesetzt sieht.“

Da hat das BAMF anscheinend kurzerhand umdisponiert. Da die afghanische
Familie auch in Rumänien ihre Fingerabdrücke abgeben musste, soll sie
jetzt nach Rumänien abgeschoben werden. So einfach und willkürlich kann
eine Entscheidung sein.

Dass die Situation in Rumänien für geflüchtete Familien auch alles
andere als gut ist, ist nicht unbekannt. Es gibt einige wenige
entsprechende Urteile dazu etwa aus Köln oder Schwerin. Schilderungen
von Haft und Misshandlung durch die rumänische Polizei, Geldleistungen
von 80 Cent pro Tag für Geflüchtete, Obdachlosigkeit und keine
eingehende Prüfung von Asylanträgen etwa waren Gründe für diese
Gerichte, systemische Mängel zu konstatieren und Abschiebungen nach
Rumänien zu unterbinden.

Da die Dublin-Frist (6 Monate) für Familie T. bald vorbei ist und damit
Deutschland für das Asylverfahren zuständig werden würde, hat die
Ausländerbehörde Göttingen, die für die Durchführung der Abschiebungen
zuständig ist, der Familie eine Hausarrestverfügung geschickt. Sie
sollen nachts zwischen 24.00 und 7.00 Uhr zu Hause bleiben, damit die
Abschiebung durchgeführt werden könne.

Wir werden einem dritten Abschiebeversuch nicht tatenlos zusehen. Eher
werden wir nachts Wachen aufstellen, um die Familie vor der Abschiebung
zu schützen.

Wir fordern das BAMF und die Ausländerbehörde Göttingen dazu auf, diese
Abschiebungen endlich zu unterlassen und für die Familie T. von ihrem
Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen!

Wir fordern die Polizei und die Ausländerbehörde dazu auf ihre Praxis zu
beenden mit Schlüsseln in die Wohnungen von Geflüchteten einzubrechen!

Bleiberecht und gleiche Rechte für alle!




Bündnis gegen Abschiebung, März 2018





*Weitere Infos zur Situation im Lager Harmanli findet ihr unter anderem
unter:
https://www.amnesty.de/2013/11/21/den-grenzen-europas-keine-herzliche-begruessung-fuer-fluechtlinge-bulgarien

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Sonntag, 25. März 2018
Der Dreißigjährige Krieg ein Religionskrieg? It´s the economy, stupid!
In der Geschichtsschreibung gilt bis heute der Dreißigjährige Krieg als der letzte europäische Religionskrieg, die Zeit nach ihm als das "Zeitalter der Vernunft".


Eine nähere Beschäftigung mit dem Thema zeigt allerdings dass die Dinge etwas anders und zum Teil überraschend um nicht zu sagen erschreckend modern aussehen.

Zunächst ist der ganze Konflikt nicht verständlich ohne den ihm vorausgegangenen "Langen Türkenkrieg" von 1593 bis 1606 zu kennen und die regionalen Balkankriege die in dessen Verlauf ein Eigenleben führten. Grob skizziert geschah Folgendes: Ein osmanisches Heer marschierte auf Wien zu, eroberte Ungarn und kam bis in die Steiermark, wurde dann aber von einem kaiserlichen Heer zurückgeschlagen, das nun sukzessive Ungarn eroberte. Ihm schlossen sich verbündete Fürsten an: Sigísmund Bathory von Siebenbürgen, Michael Vateazul von der Walachei und Moldawien sowie Söldnerhaufen vom ganzen Balkan. Das kaiserliche Heer wurde von einem Condottiere geführt, Giorgio Basta, der es vom 14 jährigen Tambour zum Hauptmann einer Reiterschützenkompanie gebracht hatte und nun vom Kaiser zum General erhoben wurde, um an der Spitze eines spanischen Heeres in Ungarn einzumarschieren. Basta hatte große Schwierigkeiten mit der Versorgung seiner Truppen, da der Tross nicht genug Proviant transportierte und die Verbindung nach Österreich abgeschnitten wurde. So musste die Truppe sich selbst ernähren: Durch Plünderungen. Als mitten in diesen Auseinandersetzungen Sultan Mehmed III. starb und sein dreizehnjähriger Sohn Ahmed zum Nachfolger ausgerufen wurde erklärte der Schah dem Osmanischen Reich den Krieg. Er strebte danach Mesopotamien und Syrien wenn nicht gar Anatolien einem Großiran einzuverleiben und so das alte Perserreich wiederherzustellen. Dies sollte ihm nicht gelingen, aber das Osmanische Reich war für die christlichen Truppen militärisch zunächst neutralisiert. Deren Ziele änderten sich rasch: Basta wandte sich gegen das verbündete Siebenbürgen und eroberte es, seinen wichtigsten verbliebenen Verbündeten Michael Vateazul ermordete er - es kann nur einen geben. Gegen die Schreckensherrschaft der Söldner empörten sich die Ungarn unter ihrem Anführer Boszkai.

Dieser rekrutierte ein neues Heer, indem er 5000 Landstreicher, Bettler, Diebe und Hirten in den Adelsstand erhob und ihnen versprach, über die neu zu erobernden Ländereien zu herrschen. Dieses Heiduckenheer bereitete den Kaiserlichen empfindliche Niederlagen, und Boszkai wurde sogar zum König von Ungarn gekrönt - vom Großwesir mit einer in Istanbul gefertigten Krone.

Unter der Führung von Erzherzog Matthias griff ein reorganisiertes kaiserliches Heer erneut an und veränderte abermals den Status Quo. Die Kaiserlichen verfolgten nun eine neue Strategie: Protestantische und muslimische Bauern sollten von ihren Anwesen vertrieben werden (wenn sie nicht sowieso ermordet wurden) und das Land an Soldaten vergeben werden, die damit nach ihrer Demobilisierung ihr Auskommen haben sollten und an landlose Katholiken aus dem Reich. Damit wurden Dinge wie "Eroberung von Lebensraum", "Umvolkung" und "Ethnische Säuberung", wie wir sie aus dem Vernichtungskrieg der Nazis und dem Jugoslawischen Bürgerkrieg kennen schon in der Frühen Neuzeit erfunden.

Zur Umsetzung dieser Pläne kam es nur sehr begrenzt, schließlich wurde ein Verhandlungsfrieden geschlossen, an dem sowohl die Landtage der betroffenen Fürstentümer als auch die Großmächte beteiligt waren und in deren Folge die Hohe Pforte und die Hofburg erstmals offizielle diplomatische Beziehungen miteinander aufnahmen.


In der Folge stand das Reich vor dem Problem, dass in ihm bewaffnete Söldnerhaufen umhervagabundierten, die Sold für mehrere Jahre forderten und dass der Kaiser pleite war - seine Haupteinnahmequelle, die Kupferminen, waren an die Fugger verpfändet. Diese Situation ist gar nicht so unähnlich der von 1991 im Irak, als Saddam seine nicht mehr benötigten Truppen aus dem Ersten Golfkrieg aus den verschiedensten Gründen - u.a. Ersatz ihrer Arbeitsplätze durch Migrationsarbeiter und Frauen, keine Geldreserven zur Alimentierung der demobilisierten bzw. zu demobilisierenden Streitkräfte - nicht einfach in den Zivilstand rückversetzen konnte. Resultat war der bekannte Überfall auf Kuwait, der als klassischer Raubkrieg mit Plünderung durch die Soldateska geführt wurde.

Zurück ins 17. Jahrhundert: Der Frieden auf dem Balkan war durch verschiedene Kompromisse mit weitgehenden Verhandlungsfreiheiten der Landtage zustandegekommen, an denen sich in der Folge auch die Notablenversammlungen im Reich orientierten, zum Beispiel die böhmischen Stände. Für das kaiserliche Regime bot sich als einzige Lösung, sowohl die eigene wirtschaftliche Krise als auch das soziale Konfliktpotenzial bezogen auf die Söldnerheere und ihre mächtigen Anführer dadurch zu lösen, dass nach dem Muster des Vorgehens im Türkenkrieg, aber in viel gewaltigerer Dimension der Gegner, das heißt auch die gegnerische Zivilbevölkerung ausgeplündert oder ausgelöscht werden musste. In der letzten Phase des Türkenkriegs hatte ein junger Kommandant gelernt wie man das macht: Albrecht von Wallenstein.

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Redewendungen und Verfluchungen
Wenn in Brasilien irgendetwas schief geht, egal ob nun das Auto nicht anspringt, die Kreditkarte ungültig ist, das Essen angebrannt ist oder die Freundin einen versetzt hat sagt man dazu: "Tor für Deutschland!".


In Afghanistan ebenso wie in der Westbank ist es eine besondere Beleidigung bzw. Verwünschung zu sagen: "Dein Haus komt live im deutschen TV!".

Manche Verwünschungen und Beleidigungen, besonders in Südosteuropa und dem Nahen Osten sind blumig und langatmig. Zum Beispiel diese hier aus Rumänien: "Ich pisse auf den Wald in dem das Holz geschlagen wurde aus dem die Kommode angefertigt wurde in dem Dein Vater das Kondom aufbewahrt hat das bei Deiner Zeugung geplatzt ist!". Der Serbe macht es kürzer: "Bei Deine Beerdigung ficke ich die erste Reihe der Trauergäste!".

Arabische Beleidigungen sind fast nur bei in Westeuropa lebenden jungen arabischstämmigen Männern platt-sexistisch und vulgär, in den arabischen Ländern selbst hingegen eher harmlos und fast poetisch. Sehr verbreitet ist "Inti Ras ishti via ful" bzw. (ägyptisch) "Demerek isti via ful", was heißt "Dein Kopf ist mit gekochtem Bohnenmus gefüllt".

Unerreicht eine jüdische Verfluchung: "Sollest Du haben ein großes Haus. Soll es haben finfzig Stuben. Soll stehen in jeder Stube eine Bett. Und die Cholerje (Cholera) soll Dich werfen von Bett zu Bett zu Bett!"

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